professor dr. kai maaz: chancengleichheit im deutschen bildungssystem. realität oder illusion?
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Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem. Realität oder Illusion? didacta. Die Bildungsmesse Kai Maaz
Köln, didacta. Die Bildungsmesse vom 16. bis 20. Februar 2016
„Ungleichheit im Bildungssystem ist ein Stück sozialer Realität,
Chancengleichheit ein normatives Postulat.“
(Meulemann, 1979, S. 15).
Chancengerechtigkeit und soziale Ungleichheit
Kopplung von sozialer Herkunft
und
Bildungsbeteiligung Zugang zu Bildungszertifikaten
/-abschlüssen
Kompetenzerwerb Zuwächse in Wissen und Fähigkeiten
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem: Fiktion oder Realität?
Vorschulischer B
ereich K
ita
Elementar- bereich
• Elementarbereich • Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft und Migration
• Unterschiede in der Nutzung zusätzlicher Bildungsangebote
• Kitanutzung abhängig von sozialer Herkunft in Migration
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem: Fiktion oder Realität?
Vorschulischer B
ereich K
ita
Elementar- bereich
• Primarbereich • Effekte sozialer Herkunft und Migration beim Schulübertritt
• Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft und Migration
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem: Fiktion oder Realität?
Vorschulischer B
ereich K
ita
Elementar- bereich
• Sekundarstufe I • Effekte sozialer Herkunft beim Übergang in die SEK I
• Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft und Migration
• Bewertungsunterschiede nach sozialer Herkunft
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem: Fiktion oder Realität?
Vorschulischer B
ereich K
ita
Elementar- bereich
• Sekundarstufe II • Effekte sozialer Herkunft beim Übergang in die SEK II (allgemein)
• Effekte sozialer Herkunft beim Übergang in die SEK II (beruflich)
• Kompetenzunterschiede nach sozialer Herkunft
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem: Fiktion oder Realität?
Vorschulischer B
ereich K
ita
Elementar- bereich
• Tertiärbereich • Effekte sozialer Herkunft beim Übergang in die Hochschule
• Effekte sozialer Herkunft bei der Studienfachwahl
• Effekte sozialer Herkunft bei der Promotion
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem: Fiktion oder Realität?
Vorschulischer B
ereich K
ita
Elementar- bereich
• Quatärbereich • Effekte sozialer Herkunft bei der Partizipation an Weiterbildung
• Effekte der sozialen Herkunft finden sich in allen Bildungsbereichen
• Bezogen auf die Übergänge
• Bezogen auf die Bildungsbeteiligung
• Bezogen auf die Kompetenzstände
• Soziale Ungleichheiten des Kompetenzerwerbs nehmen seit PISA 2000 moderat
aber kontinuierlich ab
• Entwicklung neuer Schulstrukturen, die das System offener werden lassen
• Bedeutung der sozialen Herkunft für den Bildungserfolg ist nachweisbar und
bedeutsam, darf aber nicht dramatisiert werden, sie ist ein Merkmal von vielen
Chancengerechtigkeit im Bildungssystem: Fiktion oder Realität? – Zusammenschau I
Wo entsteht soziale Ungleichheit im Bildungssystem?
An Bildungsübergängen durch Empfehlungen und Entscheidungen?
Innerhalb einer Institution des Bildungssystems?
Zwischen institutionalisierten Bildungsprogrammen durch differenzielle Lern- und Entwicklungsmilieus?
Außerhalb des Bildungssystems?
Entstehen soziale Ungleichheiten innerhalb einer Institution des Bildungssystems?
Entstehen soziale Ungleichheiten innerhalb einer Institution des Bildungssystems?
Parallele Leistungsentwicklung in der Grundschule bei Kontrolle der Leistungsvoraussetzungen
Mittlerer SES
SES -1 SD
50
75
100
125
150
T1 T2 T3
Leis
tung
stes
t
SES +1 SD
Quelle: Lehmann et al., 2008
Mittlerer SES
SES + 1 SD
SES - 1 SD
Entstehen soziale Ungleichheiten zwischen institutionalisierten Bildungsprogrammen durch
differenzielle Lern- und Entwicklungsmilieus?
Entstehen soziale Ungleichheiten zwischen institutionalisierten Bildungsprogrammen?
Gymnasium
Realschule Gesamtschule Hauptschule
50
100
150
200
250
7. Jahrgangsstufe 10. Jahrgangsstufe
Mat
hem
atik
leis
tung
Jahrgang Quelle: Köller & Baumert, 2008
Entstehen soziale Ungleichheiten zwischen institutionalisierten Bildungsprogrammen?
• Wodurch kommen die unterschiedlichen Lernzuwächse zustande?
• Unterschiede in den individuellen Lernvoraussetzungen führen zu unterschiedlichen individuellen Lernraten.
• Kompositionseffekte, die sich aus der unterschiedlichen leistungsmäßigen, sozialen und kulturellen Zusammensetzung der Schülerschaft ergeben.
• Institutionelle Unterschiede in Form unterschiedlicher Stundentafeln, Lehrpläne, Unterrichtskulturen und schulformspezifischer Traditionen der Lehrerbildung.
Entstehen soziale Ungleichheiten an Bildungsübergängen durch Empfehlungen und
Entscheidungen?
Bekannter und gut dokumentierter Befund
Ressourcen der sozialen Herkunft
Ökonomisches Kapital Kulturelles Kapital
Soziales Kapital
Bildungserfolg
Theoretisches Erklärungsmodell (Boudon, 1974)
Ressourcen der sozialen Herkunft
Ökonomisches Kapital Kulturelles Kapital
Soziales Kapital
Bildungserfolg
Primäre Herkunftseffekte
Schulische Performanz
Ressourcen der sozialen Herkunft
Ökonomisches Kapital Kulturelles Kapital
Soziales Kapital
Bildungsübergang Soziale Ungleichheit
Theoretisches Erklärungsmodell (Boudon, 1974)
Sekundäre
Herkunftseffekte Bildungsentscheidung
Kosten- und Nutzenkalkulation
Primäre Herkunftseffekte
Schulische Performanz
Ressourcen der sozialen Herkunft
Ökonomisches Kapital Kulturelles Kapital
Soziales Kapital
Bildungsübergang Soziale Ungleichheit
Theoretisches Erklärungsmodell (Boudon, 1974)
Realschule
Gymnasium
Hauptschule
???
Gemeinschafts- schule
Gymnasium ???
Gemeinschafts- schule
Gymnasium
U = PB – C Nettonutzen =
Erfolgswahrscheinlichkeit x Bildungsrendite - Kosten
Grundannahme: − Akteure entscheiden rational danach, was am
„wertvollsten“ (Wert) und am wahrscheinlichsten (Erwartung) ist
− Kosten, Nutzen und Erwartungen sind zwischen verschiedenen sozialen Gruppen unterschiedlich ausgeprägt
• Das theoretische Modell findet empirische Evidenz
• Wichtig für Maßnahmen zum Abbau von sozialen
Ungleichheiten
• Soziale Ungleichheiten werden an
Übergängen durch sozial selektive Bildungs-
beteiligungen sichtbar, entstehen aber (viel) früher
• Modelle, Maßnahmen, die nur auf das Entscheidungsverhalten abzielen,
greifen zu kurz
Entstehen soziale Ungleichheiten an Bildungsübergängen durch Empfehlungen und Entscheidungen?
Primäre und sekundäre Effekte vor dem Schuleintritt
Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014
Primäre und sekundäre Effekte vor dem Schuleintritt
Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2014
Entstehen soziale Ungleichheiten an Bildungsübergängen durch Empfehlungen und Entscheidungen?
• Das theoretische Modell findet empirische Evidenz
• Wichtig für Maßnahmen zum Abbau von sozialen
Ungleichheiten
• Soziale Ungleichheiten werden an
Übergängen durch sozial selektive Bildungs-
beteiligungen sichtbar, entstehen aber (viel) früher
• Modelle, Maßnahmen, die nur auf das Entscheidungsverhalten abzielen,
greifen zu kurz
• Mit bedacht werden müssen institutionelle Regelungen (Bewertungssysteme)
Herkunftseffekte bei der Bewertung
• Auch bei Berücksichtigung der mit Hilfe standardisierter Tests erfassten Leistungen von Schülerinnen und Schülern finden sich Effekte der sozialen Herkunft (z.B. SES, Bildungshintergrund) auf die Notenvergabe (z.B. Angelone, Beck & Moser, 2012; Maaz & Nagy, 2010; Maaz et al., 2011; Neumann et al., 2010; Schauenberg, 2007)
• In einigen Untersuchungen auch bei Berücksichtigung motivationaler
Merkmale Effekte der sozialen Herkunft feststellbar (z.B. Ditton & Krüsken, 2006; Stahl, 2007; Stubbe & Bos, 2008)
• Die Bewertungsunterschiede lassen sich nahezu vollständig durch die
Berücksichtigung der Anstrengungsbereitschaft und der Begabungseinschätzung durch die Lehrkräfte erklären (Neumann et al., in Vorbereitung)
• Das theoretische Modell findet empirische Evidenz
• Wichtig für Maßnahmen zum Abbau von sozialen
Ungleichheiten
• Soziale Ungleichheiten werden an
Übergängen durch sozial selektive Bildungs-
beteiligungen sichtbar, entstehen aber (viel) früher
• Modelle, Maßnahmen, die nur auf das Entscheidungsverhalten abzielen,
greifen zu kurz
• Mit bedacht werden müssen institutionelle Regelungen (Bewertungssysteme)
• Hauptursächlich für soziale Ungleichheiten zumindest im Schulbereich sind
Leistungsunterschiede, die auf die soziale Herkunft zurückgehen
• Leistungsunterschiede entwickeln sich langfristig und über Bildungsbereich hinweg
• Die Gewährung von gleichen Bildungschancen beginnt im frühkindlichen Bereich
Entstehen soziale Ungleichheiten an Bildungsübergängen durch Empfehlungen und Entscheidungen?
Entstehen soziale Ungleichheiten Außerhalb des Bildungssystems?
Entstehen soziale Ungleichheiten außerhalb des Bildungssystems
Lesen & Mathematik
Mathematik
Erw
arte
te S
chül
erle
istu
ng
Reguläres Schuljahr Sommerferien Reguläres Schuljahr
Lesen
Sommerlocheffekte
0
50
100
150
200
250
1.Schuljahr
1.Sommer
2.Schuljahr
2.Sommer
3.Schuljahr
3.Sommer
4.Schuljahr
4.Sommer
Lese
leis
tung
Hoch SES Mittel SES Niedrig SES
„Ungleichheit im Bildungssystem ist ein Stück sozialer Realität, Chancengleichheit ein normatives Postulat.“ • Chancengleichheit bezogen auf eine Ergebnisperspektive bleibt in einer
differenzierten Gesellschaft eine Utopie
• Chancengleichheit bezogen auf die Realisierungschance muss und kann
verbessert werden: • Institutionelle Barrieren abbauen und Kontextbedingungen berücksichtigen
• Leistungsunterschiede in den Blick nehmen, diagnostizieren und fördern
• Maßnahmen zum Abbau sozialer Ungleichheiten nicht ausschließlich auf den
Entscheidungs- und Übergangsprozess ausrichten
• Den gesamten Bildungsverlauf betrachten
• Eltern als Akteure aktiv einbinden
• Informieren aller an den Übergängen beteiligten Akteure
• Früh fördern ist besser als spätes reparieren
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit