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Die Ressource Blutwird zunehmend knapper das erfordert ihren rationalen Ein- satz. Mit dieser Zielsetzung hat sich Patient Blood Management (PBM) in den letzten Jahren zu einem multimodalen, evidenzbasierten klinischen Behandlungsmodell entwickelt. Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen PBM-Komponenten der präopera- tiven Phase: Management einer Anämie, prätransfusionelle Vorbereitungen und präoperatives Management von Antikoagulanzien. PBM-Konzept Aufgrund medizinischer, gesellschaftlicher und ökono- mischer Veränderungen wird Blut zu einer zunehmend knappen Ressource. Gleichzeitig stellt die Transfusion zel- lulärer Blutpräparate als Transplantation des flüssigen Organs Bluttrotz Blutgruppenkompatibilität immer auch eine immunologische Herausforderung für den Empfängerorganismus dar. In diesem Sinn ist sie durch- aus mit Risiken verbunden [1, 2]. Vor diesem Hintergrund fordert die Weltgesundheitsorganisation seit 2011 die Einführung eines Patient Blood Managements-Kon- zepts [3]. Patient Blood Management (PBM) wurde inzwi- schen zu einem standardisierten, multimodalen, evidenz- basierten klinischen Behandlungsmodell mit mehr als 100 Einzelmaßnahmen entwickelt [4]. Die wesentlichen 3 Säulen sind aber ein umfassendes präoperatives Anämiemanagement, die Minimierung (unnötiger) iatrogener Blutverluste und die Ausschöpfung der natürlichen Anämietoleranz mit rationalem Einsatz von Erythrozytenkonzentrat- (EK-)Transfusionen. Eine optimale PBM-AmbulanzEin individueller präoperativer PBM-Plan startet idealer- weise mit Indikationsstellung zur elektiven Operation. Für ein erfolgreiches präoperatives PBM-Programm sind verschiedene Voraussetzungen wichtig [5, 6]: Präoperative Vorbereitung: Patient Blood Management Was ist optimal? Patrick Meybohm, Markus M. Müller, Kai Zacharowski Abb. 1 Quelle: psdesign1/Fotolia [rerif]. CME-Fortbildung | Topthema 326 Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung: Patient Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326340 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Page 1: Präoperative Vorbereitung: Patient Blood Management Was ......Anämie der chronischen Erkrankung (40%)≈ Vitamin-B / Folsäuremangel, ideopathisch 12-prä-operative Anämie (chronische

Präoperative Vorbereitung: Patient BloodManagement – Was ist optimal?

Patrick Meybohm, Markus M. Müller, Kai Zacharowski

▶ Abb. 1 Quelle: psdesign1/Fotolia [rerif].

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Die „Ressource Blut“ wird zunehmend knapper – das erfordert ihren rationalen Ein-satz. Mit dieser Zielsetzung hat sich Patient Blood Management (PBM) in den letztenJahren zu einem multimodalen, evidenzbasierten klinischen Behandlungsmodellentwickelt. Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen PBM-Komponenten der präopera-tiven Phase: Management einer Anämie, prätransfusionelle Vorbereitungen undpräoperatives Management von Antikoagulanzien.

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PBM-Konzept

Aufgrund medizinischer, gesellschaftlicher und ökono-mischer Veränderungen wird Blut zu einer zunehmendknappen Ressource. Gleichzeitig stellt die Transfusion zel-lulärer Blutpräparate als „Transplantation des flüssigenOrgans Blut“ trotz Blutgruppenkompatibilität immerauch eine immunologische Herausforderung für denEmpfängerorganismus dar. In diesem Sinn ist sie durch-aus mit Risiken verbunden [1,2]. Vor diesem Hintergrundfordert die Weltgesundheitsorganisation seit 2011 dieEinführung eines „Patient Blood Managements“-Kon-zepts [3]. Patient Blood Management (PBM) wurde inzwi-schen zu einem standardisierten, multimodalen, evidenz-basierten klinischen Behandlungsmodell mit mehr als

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung:

100 Einzelmaßnahmen entwickelt [4]. Die wesentlichen3 Säulen sind aber▪ ein umfassendes präoperatives Anämiemanagement,▪ die Minimierung (unnötiger) iatrogener Blutverluste

und▪ die Ausschöpfung der natürlichen Anämietoleranz

mit rationalem Einsatz von Erythrozytenkonzentrat-(EK-)Transfusionen.

Eine „optimale PBM-Ambulanz“

Ein individueller präoperativer PBM-Plan startet idealer-weise mit Indikationsstellung zur elektiven Operation.Für ein erfolgreiches präoperatives PBM-Programm sindverschiedene Voraussetzungen wichtig [5, 6]:

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▪ klare personelle Verantwortlichkeiten für das präope-rative PBM-Programm – ein PBM-erfahrener Anästhe-sist kann hier als Ansprechpartner und Gatekeeper dieFührung des PBM-Teams übernehmen,

▪ im Bedarfsfall ein erweitertes PBM-Team aus Spezialis-ten verschiedener Fachrichtungen, darunter Anästhe-sist, Chirurgen der verschiedenen Spezialgebiete,Transfusionsmediziner, Hämatologen, Gastroentero-logen, um individuelle Problemlösungen aufzeigen zukönnen,

▪ ein gut kommuniziertes und geschultes PBM-Konzept,das für alle präoperativen Ambulanzen und das betei-ligte pflegerische sowie ärztliche Personal als Arbeits-anweisung dient.

In Zukunft wäre eine engere Kooperation mit den zuwei-senden (ambulanten) Kollegen wünschenswert. Wenndiesen der Wert des präoperativen PBM-Programms klarist, können sie eine optimale Vorbereitung ihrer elektivenPatienten umsetzen.

Eine präoperative PBM-Ambulanz ist auf eine enge Ver-zahnung mit der chirurgischen und der anästhesiologi-schen Ambulanz angewiesen. Zum einen geht es darum,gemeinsam präoperative organisatorische und medizini-sche Herausforderungen zu lösen. Zum anderen rücktdeutlich stärker bzw. zusätzlich der individuelle Patientin den Mittelpunkt der interdisziplinären Eingriffspla-nung: die potenzielle präoperative Optimierung seinesErythrozytenvolumens und die Minimierung seines peri-operativen Blutverlusts.

Eine langfristige Verpflichtung der Klinik und der Kliniklei-tung sowie des PBM-Teams auf die Umsetzung des PBM-Programms ist für eine nachhaltige Verankerung desPBM-Gedankens wichtig.

MerkeOhne klar definierte Verantwortlichkeiten im PBM-Team, gute Kommunikation und Schulung aller inner-und außerklinischen Beteiligten ist langfristig keinbleibender Erfolg des präoperativen PBM-Programmszu erwarten.

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Präoperatives Managementder Anämie

Relevanz

Entsprechend den Kriterien der WHO besteht eine Anä-mie, wenn der Hämoglobinwert bei Frauen unter 12 g/dlund bei Männern unter 13 g/dl liegt [7]. Musallam et al.berichten in einer Gesamtkohorte von 227425 stationä-ren Patienten von einer Prävalenz der präoperativen Anä-mie von 30% [8]. Im Krankenhaus ist die präoperativeAnämie einer der stärksten Prädiktoren für die Gabe vonEK während oder nach einer Operation. Außerdem ist

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung: Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfall

eine präoperative Anämie – auch in milder Form – als ei-genständiger und unabhängiger Risikofaktor für post-operative Komplikationen und eine erhöhte postopera-tive Sterblichkeit einzustufen [8–10].

Die Rationale für das präoperative Anämiekonzept ergibtsich somit aus▪ der hohen Prävalenz der präoperativen Anämie und▪ der medizinischen Notwendigkeit, diese – insbeson-

dere vor elektiven Risikoeingriffen – zu diagnostizierenund so weit wie möglich vor der Operation zu behan-deln.

Dabei spielen neben medizinischen und qualitätssichern-den Aspekten auch betriebswirtschaftliche Überlegun-gen eine Rolle: Bei präoperativ anämischen Patientenkommt es zu längeren postoperativen Aufenthalten underhöhten Komplikationsraten. Es erscheint daher gebo-ten, einen Schwerpunkt der Qualitätssicherung im statio-nären sowie im ambulanten/prästationären Bereich aufPBM zu legen. Denn ein modernes präoperatives Anämie-management trägt zu einer höheren Patientensicherheitbei.

MerkeEine präoperative Anämie ist häufig und mit signifi-kant erhöhter perioperativer Morbidität und Mortali-tät assoziiert. Jede Anämie sollte präoperativ abge-klärt und jeder nicht dringliche Eingriff bis nach derAnämiebehandlung – wenn medizinisch umsetzbar –verschoben werden [11].

Ursachen

Die Ursachen der Anämie können angeboren sowie er-worben sein und sind vielfältig [12–15]. Zu den Ursachengehören u. a.:▪ erhöhter Eisenbedarf (Schwangere, Blutspender, Leis-

tungssport)▪ Ernährung (Vegetarier, Veganer)▪ Störung der enteralen Eisenresorption (Zöliakie, Heli-

cobacter-pylori-Gastritis, Z. n. Gastrektomie, duode-naler Bypass/Magenbypass, atrophische Gastritis,chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Colitisulcerosa, Morbus Crohn, genetische Faktoren)

▪ chronischer Blutverlust über den Magen-Darm-Trakt(Angiodysplasien, Neoplasien, Ulkus, Divertikel, Hä-morrhoiden, Wurmerkrankungen)

▪ chronischer Blutverlust urogenital (Menorrhagie, Hä-molyse)

▪ Medikamente (u. a. Antazida und Säureblocker [z. B.Pantoprazol], nicht steroidale Antirheumatika, Azetyl-salizylsäure etc.)

▪ chronische Niereninsuffizienz und EPO-Therapie▪ chronische Herzinsuffizienz (Resorption reduziert und

Inflammation)▪ Adipositas (chronische Inflammation)▪ geriatrische Patienten (multifaktoriell)

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( 5%)≈

Eisenmangel

( 40%)≈

Anämie der chronischen Erkrankung

( 40%)≈

Vitamin-B /

Folsäuremangel,

ideopathisch

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prä-

operative

Anämie

(chronische Entzündung,

Tumoren, Autoimmunerkrankungen,

Niereninsuffizienz)

▶ Abb. 2 Ursachen der präoperativen Anämie und ihre Häufigkeit.

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Für den praktischen Alltag vereinfacht dargestellt, liegtbei bis zu 40% der Patienten eine Eisenmangelanämie[12] vor. In ca. 40% besteht eine Anämie bei chronischenErkrankungen (z. B. Tumoranämie, Autoimmunerkran-kungen, Infektionen) und in ca. 5% der Fälle eine seltene-re Form (▶ Abb. 2).

Differenzialdiagnosen

Im Alltag sind die Symptome einer Anämie relativ unspe-zifisch und für den Patienten aufgrund natürlicher Kom-pensationsmechanismen in der Regel recht spät wahr-nehmbar. Auftretende Konzentrationsstörungen und Er-müdungserscheinungen werden im Allgemeinen oftdem stressigen Alltag oder dem Alter zugeschrieben. Fürdie Differenzialdiagnose der Anämie können die in▶ Tab. 1 dargestellten Laborparameter genutzt werden[11,16].

Laborbefunde

Die Basis bildet ein kleines Blutbild mit den Erythrozyten-indizes MCV (mittleres Zellvolumen der Erythrozyten)und MCH (mittlerer Hämoglobingehalt der Erythrozy-ten). Daneben können je nach Anamnese, Befund undVorbefunden auch Retikulozytenzahl (Retis) sowie Reti-kulozytenhämoglobin (Ret-He/CHr) für die Einordnungund das Management des Patienten bedeutungsvoll sein.

Beim Verdacht auf Eisenmangel sind Ferritin, Transferrin-sättigung und – je nach Labormöglichkeiten –weitere Pa-rameter wie der Anteil hypochromer Erythrozyten, lös-liche Transferrinrezeptoren (sTfR) oder Zinkprotoporphy-rin zu bestimmen. Bei Entzündung/Infektion, Autoim-munerkrankung, hepatozellularer Erkrankung, Alkoholis-mus, Hypothyreose oder der Einnahme oraler Kontrazep-tiva ist Ferritin als Akute-Phase-Protein bei einmaliger Be-

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung:

stimmung ein schlechter Indikator. Dagegen ist sTfR beiInflammation normal.

Besteht der Verdacht auf eine Nierenbeteiligung, so istzumindest die Bestimmung von Kreatinin, Harnstoff undElektrolyten, evtl. sogar der Kreatinin-Clearance, oder dieErythropoetin-Bestimmung sinnvoll.

Bei Verdacht auf eine Hämolyse, die immunologisch,medikamenteninduziert oder selten einmal auch physi-kalisch ausgelöst sein kann, eignen sich Haptoglobin,LDH und Bilirubin zur weiteren Klärung. Bei Verdacht aufeine antikörperinduzierte Hämolyse sollte immer auchtransfusionsmedizinische Expertise zugezogen werden.

Weiterführende Diagnostik

In Abhängigkeit von den bis zu diesem Zeitpunkt erhobe-nen anamnestischen Daten und Untersuchungsbefundenkann aus dem PBM-Team heraus weitere Diagnostik ver-anlasst werden.

Einfache diagnostische Verfahren wie die Stuhluntersu-chung auf okkultes Blut haben leider eine geringe Sensiti-vität und Spezifität. Bei Verdacht auf eine Anämieursacheim Magen-Darm-Trakt kann die Diagnostik daneben auchauf endoskopische Verfahren wie Gastroskopie und Kolo-skopie sowie auf sonografische Verfahren ausgeweitetwerden.

Eine weitere diagnostische Eskalation muss im Einzelfallvom zuständigen Facharztkollegen initiiert und im PBM-Team hinsichtlich der Eingriffsplanung besprochen wer-den. ▶Abb. 3 zeigt am Beispiel des UniversitätsklinikumsFrankfurt ein praktikables Vorgehen.

Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

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▶ Tab. 1 Diagnostische Maßnahmen zur Eingrenzung der Ursache einer Anämie.

Differenzialdiagnose Laborbefunde und Untersuchungen

Verdacht auf Eisenmangel(-Anämie)

▪ Ferritin < 30 ng/ml (< 100 ng/ml bei Entzündungen; < 300 ng/ml bei Herzinsuffizienz/chronischer Niereninsuffizienz)

▪ Transferrinsättigung < 20%▪ hypochrome (MCH < 27 pg), mikrozytäre (MCV < 80 fl) Erythrozyten▪ Retikulozyten-Hämoglobin < 27 pgoptional:

▪ löslicher Transferrinrezeptor (sTfR) erhöht (> 1,75mg/dl beim Dade-Behring-Test;> 5mg/dl beim Roche-Test)

▪ Transferrinrezeptor-Index > 2 (= sTfR/Log Ferritin); bei Inflammation < 1▪ Anteil hypochromer Erythrozyten > 5% (normwertig < 2,5%)▪ Zinkprotoporphyrin erhöht

Verdacht auf Vitamin-B12-Mangel, Folsäuremangel

▪ Vitamin B12 < 200 pg/ml (Norm: 197–866)▪ Folsäure < 2 ng/ml (Norm: 2,0–9,1)▪ hyperchrome (MCH > 34 pg), makrozytäre (MCV > 98 fl) Erythrozyten▪ Medikamentenanamnese!▪ Gastroskopie bei Vitamin-B12-Mangel; Intrinsic Factor (inkl. Antikörperbestimmung gegen

Parietalzellen, Intrinsic Factor, Schilddrüsenantigene)▪ neurologische Untersuchung!

Verdacht auf renale Anämie ▪ Elektrolyte (Na, K, Ca, Cl etc.)▪ Harnstoff, Kreatinin, ggf. Kreatinin-Clearance▪ ggf. Erythropoetin-Bestimmung

Verdacht auf hämolytischeAnämie

▪ direkter Coombs-Test: Nachweis von antikörperbeladenen Erythrozyten▪ indirekter Coombs-Test (z. B. beim Antikörpersuchtest), Nachweis nicht gebundener, im Serum

zirkulierender antierythrozytärer Antikörper▪ LDH erhöht▪ Haptoglobin erniedrigt▪ Fragmentozyten erhöht▪ Medikamentenanamnese!▪ indirektes Bilirubin erhöht▪ Hämoglobinurie (bräunlicher Urin)▪ je nach Vorbefunden auch transfusionsmedizinisches Konsil!

Verdacht auf chronische(okkulte) GI-Blutung

▪ Stuhluntersuchung auf okkultes Blut, ggf. auch sofort Gastroskopie bzw. Koloskopie,ggf. radiologische Diagnostik

Verdacht auf gynäkologische/urologische Blutungsquelle

▪ Vorstellung beim gynäkologischen Konsiliarius▪ Urinuntersuchung auf Blut (Schnelltest), Vorstellung beim Urologen

GI: gastrointestinal, LDH: Laktatdehydrogenase, MCH: mittleres korpuskuläres Hämoglobin, MCV: mittleres korpuskuläres Volumen

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MerkeKörperliche und Laboruntersuchungen – vor allemParameter des Eisenstoffwechsels – sollen beimanämischen präoperativen Patienten die häufigstenAnämieursachen abklären. Je nach deren Ergebnissenfolgen ggf. apparative und weitere Laborunter-suchungen.

Therapie

Eine präoperative Anämiekorrektur in enger Zusammen-arbeit mit Hausärzten senkte in einer englischen Studiedie Inzidenz einer präoperativen Anämie am OP‑Tag von26 auf 10%. Auch die Notwendigkeit einer intraoperati-ven Fremdbluttransfusion wurde um die Hälfte von 26auf 13% verringert [17].

Im deutschen Krankenhausalltag werden häufig Argu-mente gegen eine präoperative Behandlung der Anämiegenannt: insbesondere Kosten, die Trennung von ambu-

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung: Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfall

lanter und stationärer Versorgung sowie die potenziellezeitliche Verschiebung des operativen Eingriffs. Doch imVergleich zur Fremdbluttransfusion könnte sich die prä-operative Anämiebehandlung lohnen [11,17–19]:▪ hinsichtlich der Kosten,▪ für den Patienten selbst (weniger transfusionsassozi-

ierte Risiken und Nebenwirkungen),▪ für die Klinik (Patientenrekrutierung und Marketing)

als auch▪ für die Allgemeinheit (Blutkonservenknappheit,

schnellere Rehabilitation).

Eisensubstitution

Für den Fall, dass eine Eisenmangelanämie präoperativdiagnostiziert wurde, sollte ein Therapieintervall vonidealerweise 2–4 Wochen eingeplant werden. Aus die-sem Grund ist die Vorstellung des Patienten in der PBM-Ambulanz zum frühestmöglichen Zeitpunkt wichtig. Diesgilt vor allem bei Eingriffen mit einer Transfusionswahr-

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„elektiv“

(Eingriff in 5 Tagen geplant)≥

„nicht elektiv“

(Eingriff innerhalb von

4 Tagen geplant)

Transfusionswahrscheinlichkeit

10%≤

(unabhängig von Anämie)

OP-Wartezeit nutzen

Eisenmangel

Transferrinsättigung < 20%

Ferritin < 30 ng/ml

Eisen (intravenös)

siehe FachinformationOperation

Transfusionswahrscheinlichkeit

10%≥

(unabhängig von Anämie)

Eisenstatus

Eisenmangel

unwahrscheinlich

PBM/Anämie Konsil

für spezielle Diagnostik/Therapie

Anämie nach WHO

Hb < 13 g/dl Hb < 12 g/dlHb 13 g/dl≥ Hb 12 g/dl≥

▶ Abb. 3 Algorithmus zum Vorgehen bei präoperativer Anämie bei elektiven und nicht elektiven Eingriffen (Daten des UniversitätsklinikumsFrankfurt).

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scheinlichkeit von > 10% oder einem erwarteten Blutver-lust von > 500ml. In aller Regel macht die Dringlichkeitdes Eingriffs (< 6 Wochen) einen Behandlungsversuchmit oralen Eisenpräparationen unmöglich. Oft haben Pa-tienten eine orale Eisensubstitution in der Vergangenheitwegen gastrointestinaler Probleme und Unverträglichkei-ten abbrechen müssen. Es finden sich aber auch Berichteüber mangelnde oder fehlende Effizienz der oralen Eisen-substitution trotz gesicherter Compliance.

Die Alternative sind parenterale Eisensubstitutionsprä-parate, die sich u.a. durch ihre Komplexstabilität von-einander unterscheiden [20–22]. Bei geringer Komplex-stabilität werden vermehrt Eisenionen in der Blutbahnfreigesetzt, bevor der Komplex von Makrophagen desmononukleären Phagozytensystems – insbesondere inLeber und Milz – phagozytiert werden kann. Solche freienEisenionen im Blut können die Transportkapazität vonTransferrin übersteigen und zu oxidativem Stress, Blut-druckabfall und Endothelschäden führen.

Bei der Etablierung des präoperativen PBM-Programmsist es deshalb wichtig, dass alle Entscheidungsträger ge-meinsam festlegen, welche diagnostischen Wege gegan-gen werden und welche Therapeutika im Rahmen despräoperativen PBM-Programms verwendet werden sol-

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung:

len. Es bieten sich hierzu neuere stabile i. v. Eisenpräpara-te an, mit denen im Rahmen einer einmaligen Gabe 500–1500mg Eisen substituiert werden können (s. „Fallbei-spiel“). Ein häufig gehörtes Argument gegen Eisen i. v.ist ein erhöhtes Infektionsrisiko. Dies konnte in eineraktuellen Metaanalyse von 103 Studien (Zeitraum 1965–2013) mit 19253 Patienten jedoch nicht bestätigt wer-den [20]. Typische unerwünschte Arzneimittelwirkungenvon Eisen i. v. können eher Übelkeit, Erbrechen, Juckreiz,Kopfschmerzen, Quaddeln und Erythem sein. Eine para-venöse Infusion von Eisen verursacht „lebenslang“ sicht-bare Hautverfärbungen.

Im Oktober 2013 wurde ein Rote-Hand-Brief veröffent-licht, der auf schwere Überempfindlichkeitsreaktionenbei i. v. Eisenpräparaten hinweist [23]. Das Nutzen-Risi-ko-Verhältnis der i. v. Eisenpräparate aber wurde weiter-hin positiv bewertet, vorausgesetzt die unter „Info“ ge-nannten Empfehlungen [23] werden befolgt.

Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

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FALLBEISPIEL

Eine 71-jährige Patientin wird von den Viszeralchirurgen um

10:30 Uhr zur Prämedikation in die Anästhesie-Ambulanz geschickt

(geplante Whipple-OP in ca. 2–3Wochen). Da die Wahrscheinlich-

keit einer EK-Transfusion > 10% liegt (▶ Tab. 2), nimmt die Ambu-

lanz-Arzthelferin ein kleines Blutbild, Eisenstatus sowie Routinelabor

ab und sendet das Blut ins Zentrallabor. Während der Wartezeit auf

das Anästhesiegespräch erfolgt die Analytik. GegenMittag liegen die

Laborbefunde elektronisch vor: Hb 10,5 g/dl, Ferritin 20 ng/ml und

Transferrinsättigung 8%. Gemäß der WHO-Definition besteht ein

Eisenmangel (Ferritin < 30 ng/ml) mit einer Anämie (Hb < 12 g/dl).

Eine orale Eisensubstitution würde innerhalb von 3 Wochen kaum

einen Effekt erzielen. Daher erhält die Patientin bei fehlenden Kon-

traindikationen (u. a. CRP 0,9mg/dl) einmalig 1000mg Eisencar-

boxymaltose i. v. (in 100ml NaCl) über 20min ohne besondere

Auffälligkeiten. Sie wird währenddessen an einem Monitor mit

3-Kanal-EKG, nicht invasivem Blutdruck und peripherer Sauerstoff-

sättigung überwacht. Kurz vor 13:00 Uhr verlässt die Patientin zu

Fuß die Anästhesie/Anämie-Ambulanz. Am OP‑Tag 3 Wochen

später zeigt sich in der 1. intraoperativen BGA ein Hb-Wert von

12,1 g/dl. Der intraoperative Blutverlust wird auf ungefähr 1100ml

geschätzt. Die Patientin verbringt 1 Nacht im 24-h-Aufwachraum

und kann am nächsten Tag hämodynamisch stabil mit einem Hb-

Wert von 8,6 g/dl ohne allogene Bluttransfusion auf die Normal-

station verlegt werden.

▶ Tab. 2 Prätransfusionelle Analytik in Abhängigkeit von der Transfusionswahrscheinlichkeit.

Transfusionswahrscheinlichkeit(basierend auf hausinternen Daten)

Analytik

< 1% (z.B. Hernienchirurgie) keine Analytik

1–10% (z. B. Laparoskopie, primäre Gelenkendoprothetik) Bestimmung von Blutgruppe, Antikörpersuchtest („Type & Screen“)

> 10% (z.B. Herzchirurgie, große Gefäßchirurgie, onkologi-sche Viszeralchirurgie, Revisions-Endoprothetik)

Bestimmung von Blutgruppe, Antikörpersuchtest, Kreuzprobe undBereitstellung (zentral oder in Satelliten-Depots)

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INFO

Empfehlungen zu i. v. Eisenpräparaten

▪ Beachtung von Kontraindikation bei Überemp-

findlichkeit gegen den Wirkstoff

▪ Anwendung nur, wenn geschulte Fachkräfte so-

wie eine vollständige Ausrüstung zur Reanima-

tion unverzüglich verfügbar sind

▪ Patientenüberwachung während und bis mindes-

tens 30min nach jeder i. v. Applikation

▪ Behandlung während der Schwangerschaft auf

das 2. und 3. Trimenon begrenzen, sofern der

Nutzen der Therapie eindeutig die potenziellen

Risiken für die Mutter und den Fetus überwiegt

▪ Eisenpräparate zur i. v. Applikation sind bei Eisen-

mangelzuständen indiziert, wenn die orale Gabe

unzureichend ist oder schlecht vertragen wird

Anmerkend muss noch hinzugefügt werden, dass dieseEmpfehlungen zwar für alle i. v. Eisenpräparate gelten,die Sicherheitsbedenken bezüglich des Risikos schwererÜberempfindlichkeitsreaktionen aber auf älteren (z. B. Ei-sendextran, ‑glukonat, ‑sucrose) und nicht auf den kom-plexeren Eisenpräparaten (z. B. Eisencarboxymaltose, ‑ox-ytol) beruhten.

Als Kontraindikation für eine parenterale Eisensubstitu-tion gelten u.a. Überempfindlichkeit gegendenWirkstoff,Hämochromatose, akute Infektionen, chronische Leber-erkrankungen, myelodysplastisches Syndrom. WeitereInformationen müssen der jeweiligen Fachinformationentnommen werden.

Folsäure/Vitamin-B12-Substitution

Im Fall einer (eher selten) nachgewiesenen Anämie alsFolge eines Mangels von Folsäure/Vitamin B12 sollte eineentsprechende Substitution erfolgen:▪ Folsäure (z. B. 10mg p.o./d über 30 Tage)▪ Vitamin B12 (z.B. 1000 µg/Woche i. v./s. c. über

90 Tage)

Erythropoese-stimulierende Agenzien

Erythropoese-stimulierende Agenzien (ESA) wie Erythro-poetin haben sicherlich einen ausgeprägten Stellenwertsowie eine Zulassung für die Behandlung renaler Anämien

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung: Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfall

mit einem nachweisbaren Erythropoetin-Mangel. Auchim Rahmen der sehr selten indizierten präoperativenautologen Eigenblutspende spielen ESA eine Rolle: bei-spielsweise bei Patienten, die aufgrund komplexer anti-erythrozytärer Antikörpergemische sehr schwer mitFremdblut zu versorgen sind. Inwieweit auch bei anderenAnämieformen der Einsatz von ESA gerechtfertigt ist, istGegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen [24–26]. In Deutschland fiele im präoperativen Setting der Ein-satz von ESA (z. B. Epoetin alfa 2 × 40000 IE) unter „Off-Label-Use“. Eine Ausnahme sind erwachsene Patientenohne Eisenmangel vor großen orthopädischen Eingriffen.

MerkeEin relevanter Anteil der Patienten mit einer präope-rativen Anämie zeigt Potenzial für eine präoperativeAnämietherapie. Die Indikation sollte so früh wiemöglich gestellt werden.

331med Schmerzther 2017; 52: 326–340

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Präoperative prätransfusionelleVorbereitungen

Zum PBM-Programm gehört neben einem Anämiema-nagement zentral in Abhängigkeit vom Blutungs- undTransfusionsrisiko auch die möglichst frühzeitige Bestim-mung von Blutgruppe und Antikörpersuchtest des Patien-ten [5]. Häufig sind die anämischen Patienten – vor allem,wenn präoperativ die Anämie nicht behandelt wird – peri-operativ Kandidaten für eine allogene EK-Transfusion. So-mit ist die Kenntnis der Blutgruppe des Patienten für dieOperationsplanung erforderlich. Darüber hinaus ist eswichtig zu wissen, ob ein klinisch relevanter antierythro-zytärer Antikörper im Plasma vorliegt. Denn diese Anti-körper erschweren eine ggf. notwendige und dringlicheTransfusion aufgrund des dann nötigen Zeitaufwands fürdie Auswahl der Präparate.

Kreuzprobe/Bereitstellung

Nur wenn die Transfusionswahrscheinlichkeit nach denhauseigenen Daten über 10% liegt (▶ Tab. 2), müssen EKpräoperativ gekreuzt und bereitgestellt werden. Der Pa-tient ist zudem über Transfusionsalternativen (v. a. Anä-miemanagement, autologe Hämotherapieverfahren wieHämodilution und maschinelle Autotransfusion) auf-zuklären. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass vorder Operation eine aktuelle Kreuzprobe und ein aktuellerAntikörpersuchtest vorliegen müssen. Beide sind 3 Tage(plus Abnahmetag) nach Blutentnahme gültig. Der Anti-körpersuchtest muss also ggf. kurzfristig vor dem Opera-tionstermin wiederholt werden. Kreuzproben und EK-Be-reitstellung sollten erst bei diesem Blutabnahmeterminkurz vor Operation erfolgen.

MerkeAktuelle hausinterne Daten sollten berücksichtigtwerden. Eine Kreuzprobe mit Bereitstellung von EKsoll nur für Eingriffe mit einer Transfusionswahr-scheinlichkeit > 10% erfolgen. Das vermeidet unnö-tige Analytik und schont Fremdblutressourcen.

Blutgruppe und Antikörpersuchtest

Es ist sinnvoll, bei den Beratungen der Transfusionskom-mission des Krankenhauses das Vorgehen für die opera-tiven Eingriffe mit einer Transfusionswahrscheinlichkeitvon 1 bis 10% festzulegen. Das heißt, es gilt zu entschei-den, ob hier eine Blutgruppenbestimmung und ein aktu-eller Antikörpersuchtest präoperativ durchzuführen sind– das sog. „Type & Screen“-Verfahren.

Vorteile dieses Verfahrens sind, dass bei einer unerwarte-ten Blutungskomplikation▪ die Blutgruppe des Patienten bereits bekannt ist,▪ ein negativer Antikörpersuchtest auch gefahrlos eine

Notfalltransfusion blutgruppengleich mit ungekreuz-

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung:

ten EK (und Nachkreuzen, sobald der Notfall dies er-laubt) ermöglicht und

▪ aktuelles Blut des Patienten bereits im Labor für dieKreuzproben vorliegt – falls ein kleiner Zeitpuffer da-für vorhanden ist.

Auch im Fall eines präoperativ positiven Antikörpersuch-tests bleibt genügend Zeit, die Diagnostik durchzuführenund ggf. sogar die Operation zu verschieben, bis aus-reichend kompatible EK für den Patienten bereitstehen(▶ Tab. 2).

MerkeBei Patienten mit vorbekannten antierythrozytärenAlloantikörpern soll präoperativ Rücksprache mitdem verantwortlichen Labor gehalten werden.

Präoperatives Managementvon Antikoagulanzien

Individuelle Risikostratifizierung

Etwa 1–3% der Bevölkerung erhalten zur Verhinderungarterieller und venöser Thromboembolien oder nachStentintervention dauerhaft eine Antikoagulation. Hier-bei können je nach Indikation u. a. Heparine, (direkte)orale Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregati-onshemmer zum Einsatz kommen. Eine unkritische Ein-nahme der Medikamente bis zum OP‑Tag würde miteinem sehr hohen Blutungsrisiko und einer intra-/post-operativen Koagulopathie einhergehen. Ein generellesfrühzeitiges Absetzen der Medikation wäre aber genausounverantwortlich, da in diesem Fall Thromboembolienoder Stentverschlüsse drohen würden [27].

Um für den Patienten sowohl das Blutungs- als auch dasThromboembolierisiko zu minimieren, hat daher in derpräoperativen PBM-Ambulanz die Medikamentenanam-nese eine besondere Bedeutung. Dabei sollten sowohlGerinnungs- und Thrombozytenfunktionshemmer, u. a.aber auch Medikamente mit Einfluss auf den Eisenstoff-wechsel (z. B. Säureblocker und Antazida) aktiv abgefragtwerden [28,29]. Hierbei ist auch Wert auf nicht ver-schreibungspflichtige Arzneimittel zu legen, die vielenPatienten als „unwichtig“ erscheinen, z. B. nicht stero-idale Entzündungshemmer (NSAID).

Eine frühzeitige individuelle Risikostratifizierung solltefolgende Faktoren berücksichtigen [30]:▪ Indikation für die Antikoagulation▪ Risikoprofil für Thrombose und Blutung▪ Komorbidität (Nieren, Leber, Knochenmark)▪ Komedikation (Plättchenaggregationshemmer, nicht

steroidale Antirheumatika)▪ Dringlichkeit der Operation▪ Regionalanästhesie

Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

Page 8: Präoperative Vorbereitung: Patient Blood Management Was ......Anämie der chronischen Erkrankung (40%)≈ Vitamin-B / Folsäuremangel, ideopathisch 12-prä-operative Anämie (chronische

▶ Tab. 3 Schlaganfallrisikoabschätzung bei Patienten mitVorhofflimmern nach dem CHA2DS2-VASc-Score (maxi-mal 9 Punkte).

Buchstabe Bedeutung Punkte

C chronische Herzinsuffizienz 1

H arterielle Hypertonie 1

A2 Alter ≥ 75 Jahre 2

D Diabetes mellitus 1

S2 vorangegangener Schlag-anfall, transitorische ischä-mische Attacke, Embolie

2

V periphere arterielle Ver-schlusskrankheit

1

A Alter 65 bis 74 Jahre 1

Sc weibliches Geschlecht 1

≥ 2 Punkte: hohes Schlaganfallrisiko→ orale Antikoagulationempfohlen

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▪ Blutungsrisiko durch die geplante Operation (gering/moderat/hoch)

▪ Wechsel der Antikoagulation (Bridging/Switching)

MerkeEine sorgfältige Medikamentenanamnese und eineindividuelle Risikostratifizierung sind die wichtigstenVoraussetzungen für das perioperative Managementvon Antikoagulanzien.

Direkte orale Antikoagulanzien

Aktuell werden direkte orale Antikoagulanzien (DOAK)bei folgenden 5 Indikationen eingesetzt:▪ Thromboseprophylaxe bei elektivem Huft- oder Knie-

gelenkersatz▪ Therapie und Sekundärprophylaxe der tiefen Venen-

thrombose▪ Schlaganfallprophylaxe bei nicht valvulärem Vorhof-

flimmern▪ akutes Koronarsyndrom▪ Lungenarterienembolie

Dabei stellen die Patienten mit Vorhofflimmern die mitAbstand größte Gruppe dar. Bei Patienten mit Vorhof-flimmern erfolgt die Risikostratifizierung für Schlag-anfall/Thromboembolien mithilfe des CHA2DS2-VASc-Scores (▶ Tab. 3).

INFO

Wirkmechanismus der DOAK

Die Wirkung der DOAK basiert auf der direkten

Hemmung der aktiven Zentren der Gerinnungsenzy-

me, wie Faktor Xa (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxa-

ban) oder Thrombin (Dabigatran). Durch die hohe

Bindungsaffinität direkt an das aktive Zentrum der

Enzyme wird die Substratumsetzung verhindert. Die

Wirkung der DOAK setzt daher sofort nach Einnahme

und Resorption ein. Die Wirkung ist reversibel und

hat eine dem niedermolekularen Heparin (NMH)

vergleichbar kurze Halbwertszeit.

Die Zulassungsstudien zeigten für DOAK gegenüber

den klassischen oralen Antikoagulanzien mindestens

einen vergleichbaren klinischen Effekt zur Prävention

der venösen Thrombose/des ischämischen Schlag-

anfalls.

Vor- und Nachteile der DOAK

Die Vorteile der DOAK liegen vor allem bei wenigerschweren Blutungskomplikationen (z.B. intrakranielleBlutung), schnellerem Wirkeintritt, kürzerer Halbwerts-zeit und damit besserer Steuerbarkeit mit weniger Moni-toring.

Patientenindividuelle Faktoren haben allerdings Einflussauf die Pharmakokinetik. So wurde eine zunehmende Va-

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung: Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfall

riabilität vor allem bei Patienten in hohem Alter, mit ein-geschränkter Nierenfunktion, eingeschränkter Leber-funktion, Unter- und Übergewicht sowie Komedikationmit Plättchenaggregationshemmern beschrieben. Dieaktuell publizierten Empfehlungen zum prä- und periope-rativen Vorgehen unter DOAK sind teilweise widersprüch-lich. Viele Empfehlungen stammen aus konservativenFachrichtungen, wo die perioperative Problematik nurunzureichend abgebildet wird.

Niedriges Blutungsrisiko(unabhängig vom Thromboembolierisiko)

▶ Abb. 4 beschreibt das Management für DOAK bei Ein-griffen mit niedrigem Blutungsrisiko. Dies sind Eingriffe,bei denen chirurgische Blutungen selten sind, oder Ein-griffe, bei denen chirurgische Blutungen aufgrund ihrerLokalisation gut beherrschbar sind, z. B. Zahnbehand-lung, Dermatologie. Hier ist in der Regel aufgrund derkurzen Halbwertszeit keine Überbrückungstherapie inder perioperativen Phase erforderlich. Die notwendigeTherapiepause kann durch einfaches Weglassen vor OPerreicht werden.

Hohes Blutungs- und niedriges/mittleresThromboembolierisiko

Verschiedene Komorbiditäten (z.B. eingeschränkte Nie-renfunktion, eingeschränkte Leberfunktion) und Komedi-kationen (z. B. zusätzliche Antikoagulanzien) könnentrotz einer Therapiepause von 2-facher Halbwertszeitmit einer relevanten Blutungsneigung assoziiert sein. Da-her muss bei Eingriffen mit hohem Blutungsrisiko die ge-rinnungshemmende Therapie mit DOAK frühzeitigerpausiert werden (5-fache Halbwertszeit, ▶Abb. 5). Diessind Eingriffe, bei denen eine klinisch signifikante Blutungnicht ausgeschlossen werden kann: große Bauch- oderGefäßoperationen, große orthopädische Operationen,

333med Schmerzther 2017; 52: 326–340

Page 9: Präoperative Vorbereitung: Patient Blood Management Was ......Anämie der chronischen Erkrankung (40%)≈ Vitamin-B / Folsäuremangel, ideopathisch 12-prä-operative Anämie (chronische

niedrige Dosis (Thromboseprophylaxe) niedrige Dosis (Prophylaxe)

Rivaroxaban (Xarelto )®

Apixaban (Eliquis )®

Edoxaban (Lixiana )®

Dabigatran (Pradaxa )®

volle Dosis (therapeu-

tische Antikoagulation)

volle Dosis (therapeutische Antikoagulation)

Regionalanästhesie

Dabigatran 1 × 150–220 mg

(GFR < 80 ml/min)

–5 d –4 d –3 d –2 d –1 d OP +1 d +2 d +3 d

bei fehlender Blutungsneigung postoperativ Neustart

mit niedriger Dosis so bald als möglich (aber nicht < 6–8 h)

Rivaroxaban (Xarelto ) 1 × 10 mg® NMH

(ggf. DOAK)

DOAK

NMH

Rivaroxaban 1 × 20 mg

Rivaroxaban 1 × 10–20 mg

Apixaban (Eliquis ) 2 × 2,5 mg®

Apixaban 2 × 5 mg

Apixaban 2 × 2,5–5 mg

Edoxaban 1 × 60 mg

Edoxaban 1 × 60 mg

Edoxaban 1 × 60 mg

Dabigatran (Pradaxa ) 1 × 150–220 mg

(GFR > 80 ml/min)

®

▶ Abb. 4 Perioperatives Management für direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) bei niedrigem Blutungsrisiko (unabhängig vom Thrombo-embolierisiko) (Vorgehen am Universitätsklinikum Frankfurt). NMH: niedermolekulares Heparin

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CME-Fortbildung | Topthema

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große intrathorakale Eingriffe, Punktion nicht kompri-mierbarer Gefäße.

Maximales Blutungsrisiko (unabhängig vomThromboembolierisiko)/Hohes Blutungsrisiko &hohes Thromboembolierisiko

Liegt ein maximales Blutungsrisiko (unabhängig vomThromboembolierisiko) oder ein hohes Blutungsrisikound ein hohes Thromboembolierisiko vor, so sollte einechtes „Switching“ erfolgen (▶Abb. 6).▪ maximales Blutungsrisiko (unabhängig vom Throm-

boembolierisiko): Eingriffe an „kritischen Organen“(Neurochirurgie, intraokulär), bei denen bereits kleineBlutungen großen Schaden verursachen können,

▪ hohes Blutungsrisiko und hohes Thromboembolie-risiko:– Eingriffe, bei denen eine klinisch signifikante Blu-

tung nicht ausgeschlossen werden kann: großeBauchoperationen, große Gefäßoperationen, gro-ße orthopädische Operationen, große intrathora-kale Eingriffe, Punktion nicht komprimierbarer Ge-fäße und

– hohes Thromboembolierisiko, z. B. CHA2DS2-VASc-Score > 5, venöse Thromboembolie < 3 Monate.

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung:

MerkeDas perioperative Management der direkten oralenAntikoagulanzien richtet sich nach dem Blutungsrisi-ko des geplanten chirurgischen Eingriffs und demindividuellen Thromboembolierisiko des Patienten.

Umgang mit Thrombozytenaggregations-hemmernAzetylsalizylsäure

Die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiol-ogy empfehlen grundsätzlich die perioperative Weiter-gabe von Azetylsalizylsäure (ASS) im Rahmen der Sekun-därprävention [27]. Insbesondere bei negativer Blutungs-anamnese stellt die Monotherapie mit ASS 100mgi.d.R. keine Kontraindikation für chirurgische Eingriffedar.

Bei intrakraniellen Eingriffen, Operationen am Spinal-kanal oder Augenhintergrund ist das Absetzen derThrombozytenaggregationshemmer aufgrund des hohenBlutungsrisikos jedoch erforderlich. Hierbei sollte ASS100mg 7 Tage präoperativ pausiert werden.

Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

Page 10: Präoperative Vorbereitung: Patient Blood Management Was ......Anämie der chronischen Erkrankung (40%)≈ Vitamin-B / Folsäuremangel, ideopathisch 12-prä-operative Anämie (chronische

niedrige Dosis (Thromboseprophylaxe) niedrige Dosis (Prophylaxe)

Rivaroxaban (Xarelto )®

Apixaban (Eliquis )®

Edoxaban (Lixiana )®

Dabigatran (Pradaxa )®

volle Dosis (therapeu-

tische Antikoagulation)

volle Dosis (therapeutische Antikoagulation)

Regionalanästhesie

Dabigatran 1 × 150–220 mg

(GFR < 80 ml/min)

–5 d –4 d –3 d –2 d –1 d OP +1 d +2 d +3 d

bei fehlender Blutungsneigung postoperativ Neustart

mit niedriger Dosis so bald als möglich (aber nicht < 6–8 h)

Rivaroxaban (Xarelto ) 1 × 10 mg® NMH

(ggf. DOAK)

DOAK

NMH

Rivaroxaban 1 × 20 mg

Rivaroxaban 1 × 10–20 mg

Apixaban (Eliquis ) 2 × 2,5 mg®

Apixaban 2 × 5 mg

Apixaban 2 × 2,5–5 mg

Edoxaban 1 × 60 mg

Edoxaban 1 × 60 mg

Edoxaban 1 × 60 mg

Dabigatran (Pradaxa ) 1 × 150–220 mg

(GFR > 80 ml/min)

®

▶ Abb. 5 Perioperatives Management für direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) bei hohem Blutungsrisiko und niedrigem/mittlerem Thrombo-embolierisiko (Vorgehen am Universitätsklinikum Frankfurt). NMH: niedermolekulares Heparin

Rivaroxaban (Xarelto )®Rivaroxaban (Xarelto )®

Apixaban (Eliquis )®Apixaban (Eliquis )®

Edoxaban (Lixiana )®Edoxaban (Lixiana )®

Dabigatran (Pradaxa )®Dabigatran (Pradaxa )®

therapeutische Antikoagulation mittels

niedermolekularem Heparin (NMH)

oder

unfraktioniertem Heparin (UFH)

–5 d –4 d –3 d –2 d –1 d OP +1 d +2 d +3 d +4 d +5 d

▶ Abb. 6 Perioperatives Management für direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) bei maximalem Blutungsrisiko (unabhängig vom Thromboem-bolierisiko)/hohem Blutungsrisiko und hohem Thromboembolierisiko (Vorgehen am Universitätsklinikum Frankfurt).

335Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung: Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

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FALLBEISPIEL

Ein 63-jähriger Patient erhält wegen paroxysmalen

Vorhofflimmerns und Z. n. Beckenvenenthrombose

2 × 5mg Apixaban. Wegen eines akuten Koronarsyn-

droms und Implantation von 3 Drug-eluting Stents

(DES) vor ca. 3 Monaten steht er nun zusätzlich unter

dualer Thrombozytenhemmung (100mg ASS, 75mg

Clopidogrel). Seit 2 Wochen berichtet der Patient zu-

nehmend Schwindel, Kopfschmerz und Doppelbilder.

Im cCT zum Ausschluss einer intrakraniellen Blutung

und dem nachfolgenden cMRTstellt sich der Verdacht

auf eine raumfordernde zerebelläre Metastase, die

dringlich neurochirurgisch entfernt werden soll. Nach

DES-Implantation und nicht valvulärem Vorhofflim-

mern wäre eine Tripletherapie für 6 Monate indiziert,

danach duale Therapiemit oraler Antikoagulation plus

1 Thrombozytenhemmer für weitere 6 Monate. Das

perioperative Management muss nun 2 Faktoren be-

rücksichtigen: ein hohes Thromboembolierisiko und

einmaximales Blutungsrisiko. Die Antikoagulationmit

Apixaban wird 5 Tage präoperativ abgesetzt und nach

1 Tag Unterbrechungmit einem NMH (Clexane

2 × 40mg s. c.) bis 24 h präoperativ fortgeführt. Auch

Clopidogrel wird 5 Tage vor OP ausgesetzt, ASS am

Tag vor der OP. Die OP verläuft problemlos, bei diffu-

ser Blutungsneigung werden amOP-Ende 2 Throm-

bozytenkonzentrate transfundiert. Postoperativ wird

bei fehlender Blutungsneigung die Antikoagulation

langsam gesteigert: 10 h postoperativ Clexane

1 × 20mg; 1. Tag Clexane 1 × 40mg; 2. Tag ASS

100mg + Clexane 2 × 40mg; 3. Tag ASS/Clexane

2 × 60mg; ab 10. Tag ASS/Clopidogrel/Clexane;

nach der Rehaklinik Umstellung auf Tripletherapie

inkl. Apixaban.

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CME-Fortbildung | Topthema

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Duale Plättchenhemmung –ASS und P2Y12-Rezeptorinhibitor

Präoperativ sollte bei stabilen Patienten nur ASS als Mo-notherapie bis zur OP fortgeführt werden. Die dualePlättchenhemmung mit Gabe von ADP-Rezeptor-Blo-ckern sollte 5–7 Tage präoperativ pausiert werden:▪ Clopidogrel/Ticagrelor: 5 Tage▪ Prasugrel: 7 Tage

Ausnahmen stellen Hochrisikopatienten nach Stent-implantation dar, bei denen eine Kombinationstherapie(duale Plättchenhemmung) indiziert ist. In dieser Patien-tengruppe ist das jährliche Wiederholungsrisiko einesatherothrombotischen Verschlusses bzw. einer Stent-thrombose nach Absetzen der Therapie hoch bis sehrhoch. Daher muss die kombinierte Gabe von ASS undP2Y12-Rezeptorinhibitoren mindestens für folgendeZeiträume beibehalten werden:

Meybohm P et al. Präoperative Vorbereitung:

▪ 4 Wochen nach einem Bare Metal Stent (BMS)▪ 6 Monate nach einem Drug-eluting Stent (DES)

Ist ein operativer Eingriff in diesem Zeitraum zwingendnotwendig, sollte dieser in der kritischen Phase nachMöglichkeit immer mit dualer Plättchenhemmungdurchgeführt werden. Die Leitlinie der European Societyof Cardiology 2012 besagt: Ein Pausieren des P2Y12-Re-zeptorinhibitors wäre bei einem „Bridging“ durch kon-tinuierlich i. v. kurz wirksames Tirofiban oder Eptifibatidzur reversiblen Plättchenhemmung möglich. Hierzu lie-gen aber keine Studien vor und die praktische Umsetzungpräoperativ auf einer Normalstation ist eher schwierig.Vor diesem Hintergrund bietet sich auch das sog. „in-verse Bridging“ an. Hierbei wird die duale Plättchenhem-mung als aktive Antikoagulation bis zum Tag vor derOperation fortgeführt. Am OP‑Tag erfolgt vor dem Haut-schnitt die Transfusion von 2 Thrombozytenkonzentra-ten. Postoperativ wird ASS dann nach 6 h wieder ange-setzt, um bei diesen Hochrisikopatienten die Phase derinadäquaten Thrombozytenhemmung so kurz wie mög-lich zu halten.

Im Fall einer therapiebedürftigen perioperativen Koagu-lopathie sollten (weitere) Thrombozytenkonzentrate un-ter Überwachung der Thrombozytenfunktion (z.B. Im-pedanzaggregometrie) transfundiert werden.

CaveAktive Metabolite von Prasugrel, und auch Clopido-grel können bei intra- oder postoperativer Blutungauch substituierte Thrombozyten hemmen!

Fazit

Das Hauptaugenmerk eines präoperativen PBM-Pro-gramms liegt darauf, patienteneigene Ressourcen zuschonen und zu stärken durch▪ präoperatives Erkennen und Therapie einer Anämie,▪ risikoadaptierte prätransfusionelle Diagnostik sowie▪ abgestuftes präoperatives Management der Anti-

koagulanzien unter Berücksichtigung des individuel-len Risikoprofils von Blutung und Thromboembolie.

Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

Page 12: Präoperative Vorbereitung: Patient Blood Management Was ......Anämie der chronischen Erkrankung (40%)≈ Vitamin-B / Folsäuremangel, ideopathisch 12-prä-operative Anämie (chronische

KERNAUSSAGEN

▪ Hauptaufgabe eines präoperativen PBM-Pro-

gramms ist es, patienteneigene Ressourcen zu

schonen und zu stärken.

▪ Das gelingt mit einem individuell adaptierten pro-

fessionellen Management der Anämie, prätrans-

fusionellen Vorbereitungen sowie Management

von Antikoagulanzien.

▪ Eine präoperative Anämie, auch in milder Form, ist

ein eigenständiger und unabhängiger Risikofaktor

für postoperative Komplikationen und eine erhöhte

postoperative Sterblichkeit.

▪ Prinzipiell sollte man jede Anämie präoperativ ab-

klären und nicht dringliche Eingriffe bis zum Ab-

schluss der entsprechenden Anämiebehandlung

bei behandelbaren Ursachen verschieben.

▪ Ein großer Teil der Patienten mit präoperativer

Anämie zeigt Potenzial für eine präoperative Anä-

mietherapie (z.B. parenterale Substitution von sta-

bilen Eisenkomplexen). Die Indikation sollte so früh

wie möglich gestellt werden.

▪ Die präoperative prätransfusionelle Analytik sollte

aktuelle hausinterne Daten berücksichtigen. Die

Diagnostik richtet sich nach der Transfusionswahr-

scheinlichkeit des Eingriffs:

– < 1%: keine Diagnostik

– 1–10%: nur Bestimmung der Blutgruppe und

Antikörpersuchtest (Type & Screen-Konzept)

– > 10% eine Kreuzprobe mit Bereitstellung von EK

▪Weder eine unkritische Antikoagulation bis zum

OP‑Tag (hohes Blutungsrisiko) noch ein generelles

frühzeitiges Absetzen (Risiko für Thromboembo-

lien oder Stentverschlüsse) ist adäquat. Vielmehr

muss das präoperative Management von Anti-

koagulanzien unter Berücksichtigung des individu-

ellen Risikoprofils von perioperativer Blutung und

Thromboembolie erfolgen.

▪Ohne klar definierte Verantwortlichkeiten im PBM-

Team, gute Kommunikation und Schulung aller

inner- und außerklinischen Beteiligten kann sich

langfristig kein bleibender Erfolg des präoperativen

PBM-Programms einstellen.

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Interessenkonflikt

Meyb

P.M. und K.Z. erhielten finanzielle Förderungen von B. BraunMelsungen, CSL Behring, Fresenius Kabi und Vifor Pharma füreine Investigator-initiierte Studie zur Implementierung desPatient Blood Management Programms in vier Universitätskli-nika.P.M. und/oder K.Z. erhielten Förderungen oder Reisekosten-unterstützung für Beratungen und Vorträge der folgendenFirmen: Abbott GmbH & Co. KG, AesculapAkademie GmbH,AQAI GmbH, AstellasPharma GmbH, AstraZeneca GmbH,Aventis Pharma GmbH, B. Braun Melsungen AG, Baxter

ohm P et al. Präoperative Vorbereitung: Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Sc

Deutschland GmbH, Biosyn GmbH, Biotest AG, Bristol-MyersSquibb GmbH, CSL Behring GmbH, Dr. F. KöhlerChemieGmbH, Dräger Medical GmbH, Essex Pharma GmbH, FreseniusKabi GmbH, Fresenius Medical Care, Gambro Hospal GmbH,Gilead, GlaxoSmithKline GmbH, Grünenthal GmbH, HamiltonMedical AG, HCCM Consulting GmbH, Heinen + LöwensteinGmbH, Janssen-Cilag GmbH, med Update GmbH, MedivanceEU B.V., MSD Sharp & Dohme GmbH, Novartis Pharma GmbH,Novo Nordisk Pharma GmbH, P. J. Dahlhausen & Co. GmbH,Pfizer Pharma GmbH, Pulsion Medical Systems S. E., SiemensHealthcare, Teflex Medical GmbH, Teva GmbH, TopMedMedi-zintechnik GmbH, Verathon Medical, ViforPharma GmbH.M.M.M. gibt keine weiteren Interessenskonflikte an.

Über die Autoren

hmerzther 2017

Patrick Meybohm

Prof. Dr. med., Leitender Oberarzt für die Be-reiche Anästhesiologie und Operative Intensiv-medizin am Universitätsklinikum Frankfurt amMain. Klinische und wissenschaftliche Schwer-punkte: Patient Blood Management, Intensiv-medizin, Immunsystem und Gerinnung, peri-operatives Outcome und Patientensicherheit.

Markus M. Müller

Dr. med., Facharzt für Transfusionsmedizin,Hämostaseologie. Oberarzt und Abteilungslei-ter Blutentnahme (Außendienst) am Institut fürTransfusionsmedizin und Immunhämatologiedes DRK-Blutspendediensts Baden-Württem-berg/Hessen in Frankfurt, Universitätsklinikum

Frankfurt am Main. Darüber hinaus ist er als einer von 6 Fach-arztkollegen für das MVZ DRK-Blutspendedienst tätig.

Kai Zacharowski

Prof. Dr. Dr. med., Direktor der Klinik für Anäs-thesiologie, Intensivmedizin und Schmerzthe-rapie des Universitätsklinikums Frankfurt amMain. Klinische und wissenschaftliche Schwer-punkte: Patient Blood Management, Intensiv-medizin, Immunsystem und Gerinnung, peri-operatives Outcome und Patientensicherheit.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Patrick Meybohm

Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizinund SchmerztherapieUniversitätsklinikum Frankfurt am MainTheodor-Stern-Kai 760590 Frankfurt am [email protected]

Literatur

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Page 13: Präoperative Vorbereitung: Patient Blood Management Was ......Anämie der chronischen Erkrankung (40%)≈ Vitamin-B / Folsäuremangel, ideopathisch 12-prä-operative Anämie (chronische

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Bibliografie

Patien

DOI https://doi.org/10.1055/s-0042-108925Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52:326–340 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0939-2661

t… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

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m P et al. Präoperativ

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Frage 1

Welche der folgenden Voraussetzungen ist für ein erfolgreichespräoperatives PBM-Programm am wenigsten wichtig?A enge interdisziplinäre Kooperation, u. a. mit Chirurgen, Inter-

nisten, TransfusionsmedizinernB enge Kooperation mit den niedergelassenen ZuweisernC gut kommunizierter und akzeptierter präoperativer PBM-

PlanD Algorithmus für MassivblutungE ein gut kommuniziertes und geschultes PBM-Konzept, das

für alle präoperativen Ambulanzen und das beteiligte pflege-rische sowie ärztliche Personal als Arbeitsanweisung dient

Frage 2

Welche Aussage zur präoperativen Anämie ist richtig?A Die präoperative Anämie ist eher selten (weniger als 5% der

Fälle).B Zur Abklärung einer präoperativen Anämie sind aufwendige

und teure Messmethoden notwendig.C Eisenmangel stellt eine häufige, leicht behandelbare Ursache

einer präoperativen Anämie dar.D Die Behandlung der präoperativen Anämie ist sinnlos, da der

Patient durch die Anämie für die Operation bereits präkon-ditioniert ist und die Risiken der Anämie besser verträgt.

E Da die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten amschnellsten den Hämoglobinwert anhebt, ist sie 1. Wahl zurTherapie der präoperativen Anämie.

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Frage 3

Welche Aussage zur präoperativen prätransfusionellen immun-hämatologischen Diagnostik ist falsch?A Sie sollte bei Verdacht auf eine antikörperinduzierte Hämo-

lyse unter Angabe dieses Verdachts eingeleitet werden.B Sie ist nicht notwendig, weil sie postoperativ aussagekräfti-

ger ist.C Sie umfasst bei Patienten mit einer Transfusionswahrschein-

lichkeit von 1–10% Blutgruppenbestimmung und Antikör-persuchtest.

D Sie umfasst bei Patienten mit einer Transfusionswahrschein-lichkeit > 10% die Blutgruppenbestimmung, den Antikörper-suchtest und die Bereitstellung gekreuzter Erythrozytenkon-zentrate.

E Sie dient neben der Blutgruppenbestimmung dem Aus-schluss bzw. der Bestimmung antierythrozytärer Antikörper.

Frage 4

Was gehört nicht zu den typischen Ursachen für eine Anämie?A EisenmangelB niedriger Body-Mass-Index aufgrund einer MangelernährungC InflammationD chronische KrankheitenE Polycythaemia vera

Frage 5

Welche der folgenden Maßnahmen ist in der präoperativen Pha-se nicht bei jedem chirurgischen Patienten erforderlich?A Prüfung der Notwendigkeit für Thrombozytenaggregations-

hemmerB sorgfältige Gerinnungs- und MedikamentenanamneseC Prüfung der Notwendigkeit von oralen AntikoagulanzienD Bestimmung von Blutgruppe, Antikörpersuchtest, Kreuzpro-

ben und Bereitstellung von ErythrozytenkonzentratenE Abklärung einer präoperativen Anämie, vor allem bei erwar-

tetem Blutverlust von > 500ml

▶ Weitere Fragen auf der folgenden Seite…

339erzther 2017; 52: 326–340

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Frage 6

Wann könnten Erythropoetin-Rezeptor-stimulierende Substan-zen bei Patienten mit einer Anämie am ehesten von Nutzen sein?A bei MangelernährungB bei chronisch entzündlichen ErkrankungenC bei EisenmangelD bei renaler AnämieE bei hämolytischer Anämie

Frage 7

Welche Maßnahme sollte in der Regel nicht zur Optimierung derErythropoese präoperativ eingesetzt werden?A Diagnose und Behandlung einer AnämieB Einbeziehung Erythropoese-stimulierender SubstanzenC Einbeziehung von intravenöser EisensubstitutionD präoperative BluttransfusionE Einbeziehung von Folsäure oder Vitamin B12

Frage 8

Was gehört nicht zu den Vorteilen einer präoperativen Behand-lung einer Anämie im Vergleich zur allogenen Bluttransfusion?A Eine Anämiebehandlung ist für den Patienten medizinisch

von Nutzen.B Eine Anämiebehandlung kann für Patient und Krankenhaus

kostengünstiger sein.C Die präoperative Anämiebehandlung ist effektiver und

schneller im Vergleich zur allogenen Bluttransfusion.D Die präoperative Substitution von intravenösem Eisen stei-

gert bei Eisenmangelanämie den Hämoglobinwert innerhalbvon 2–4 Wochen in der Regel um 1–2 g/dl.

E Eine präoperative Anämiebehandlung reduziert die Wahr-scheinlichkeit einer perioperativen Transfusion von Erythro-zytenkonzentraten.

340 Meybohm P et al. Präoperative Vorb

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Frage 9

Welche Aussage zu den direkten oralen Antikoagulanzien(DOAK) ist falsch?A Zu den typischen Indikationen gehört die Thromboseprophy-

laxe bei elektivem Huft- oder Kniegelenkersatz.B Zu den typischen Indikationen gehört die Therapie und

Sekundärprophylaxe der tiefen Venenthrombose.C Zu den typischen Indikationen gehört die Schlaganfallpro-

phylaxe bei nicht valvulärem Vorhofflimmern.D Die Risikostratifizierung für Schlaganfall/Thromboembolien

bei Vorhofflimmern erfolgt mithilfe des CHA2DS2-VASc-Scores.

E Ein typischer Vertreter der DOAK ist Warfarin.

Frage 10

Welche Aussage zum Management der DOAK ist falsch?A Aufgrund der kurzen Halbwertszeit von DOAK kann bei nied-

rigem Blutungsrisiko und niedrigem Thromboembolierisikodie Gabe bis 1 Tag präoperativ erfolgen, und es ist keineÜberbrückungstherapie in der perioperativen Phase erforder-lich.

B Die Schlaganfallrisikoabschätzung bei Patienten mit Vorhof-flimmern sollte nach dem Revised Cardiac Risk Index erfol-gen.

C Bei Eingriffen mit hohem Blutungsrisiko sollte die gerin-nungshemmende Therapie frühzeitiger pausiert werden (5-fache Halbwertszeit).

D Bei Eingriffen mit einem maximalen Blutungsrisiko (kritischeOrgane, bei denen bereits kleine Blutungen großen Schadenverursachen können, z.B. Neurochirurgie, intraokulär) sollteein Switching auf eine therapeutische Antikoagulation mit-tels niedermolekularem Heparin/unfraktioniertem Heparinerfolgen.

E Bei Eingriffen mit hohem Blutungsrisiko und zeitgleich ho-hem Thromboembolierisiko sollte ein Switching auf eine the-rapeutische Antikoagulation mittels niedermolekularem He-parin/unfraktioniertem Heparin erfolgen.

ereitung: Patient… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52: 326–340

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