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Hochwasser - Raumplanung 1 Vlbg Landesregierung Hochwasser August 2005 Raumplanung und Hochwasserschutz Ass.-Prof. Arthur Kanonier Fachbereich für Rechtswissenschaften, TU Wien Wien, 21.3.2006 „Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.“ (§ 2 Abs. 1 Vlbg RplG)

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Page 1: Raumplanung und Hochwasserschutz - VOL.AT

Hochwasser - Raumplanung 1

Vlbg Landesregierung

Hochwasser August 2005

Raumplanung und HochwasserschutzAss.-Prof. Arthur Kanonier

Fachbereich für Rechtswissenschaften, TU WienWien, 21.3.2006

„Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.“(§ 2 Abs. 1 Vlbg RplG)

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Page 2: Raumplanung und Hochwasserschutz - VOL.AT

Hochwasser - Raumplanung 2

Inhalt

Einleitung

Naturgefahrenmanagement

Möglichkeiten und Grenzen der Raumplanung

Planungsinstrumente und -maßnahmen

! Überörtliche Raumplanung

! Örtliche Raumplanung

An- und Herausforderungen

Resümee

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Hochwasser - Raumplanung 3

Einleitung

! Erhebliche Schäden durch Naturkatastrophen, insb. 2002 u. 2005

! Intensive Beschäftigung mit Naturgefahren und (Raum)Planung! Raumordnungsrecht als Referatsgrundlage! Bislang geringe Vorgaben auf europäischer Ebene

! Richtlinienentwurf für Hochwassermanagement (Dezember 2005)

! Raumplanung als Querschnittsmaterie! Grundsätzliche Landeszuständigkeit! Bundesmaterien des Bundes (Art 10 Abs. Z 10 B-VG: Forstwesen,

Wasserrecht)! Raumordnungsgesetze der Länder, z.B.

! Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz, idF. LGBl. Nr. 115/05! Tiroler Raumordnungsgesetz, idF. LGBl. 35/05

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Hochwasser - Raumplanung 4

Naturgefahrenmanagement (FloodRisk)

Nachsorgende Gefahrenabwehr stößt an finanzielle u. technische GrenzenNaturgefahrenmanagement als planerische Herausforderung

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Hochwasser - Raumplanung 5

Möglichkeiten der Raumplanung

Unterschiedlicher Einfluss der Raumplanung auf ! Naturgefahr, Gefährdung! Schadenspotential

" Raumordnung als Maßnahme des präventiven Gefahrenschutzes

" Umfangreiche raumplanerische Maßnahmen zur Minderung des Schadenspotentials

" Einschränkung schadensintensiver Nutzungen in Gefährdungsbereichen durch Bodennutzungsregelungen

" Freihalten von Gefährdungs- und Retentionsbereichen durch Widmungsverbote

" Umfassende verfahrenstechnische Kenntnisse" Interessensfeststellungen und -abstimmungen" Partizipative Planung

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Hochwasser - Raumplanung 6

Grenzen der Raumplanung

- Geringe Beeinflussung von Naturgefahren durch planerische Maßnahmen

- Gesellschaftliches Verhalten wird nur bedingt durch Planung verändert- Langfristig stabile Zielsysteme sind in der Raumplanung selten

- Eintrittswahrscheinlichkeit einer Naturkatastrophe kann durch planerische Maßnahmen kaum verringert werden

- Aktive Maßnahmen durch Raumordnung nur mittelbar- Verwirklichung von Sicherungsmaßnahmen in der Kompetenz

anderer Fachmaterien- Geringe Möglichkeiten in (Bau-)Bestand einzugreifen- Kaum Einfluss auf die Verteilung und Durchführung von Investitionen- Wenig Einflussmöglichkeiten bei der Vergabe von Fördermitteln

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Hochwasser - Raumplanung 7

Naturgefahren und Raumordnung

! Räumliche Abgrenzung von Gefährdungsbereichen! Naturgefahr muss räumlich abgrenzbar sein! Informationen über Gefährdungsbereiche

! Beschränkungen in Gefährdungsbereichen! Räumliche Abgrenzung verbindlicher Nutzungsbeschränkungen! Planungsebenen! Widmungsverbote/Beschränkungen! Neuausweisungen/Rechtsbestand

! Ausnahmeregelungen! Abweichungen zur Widmungs- und Baubewilligungspraxis! Tatsächliche Bautätigkeit

! Erhebliche Defizite bei der Umsetzung planerischer Vorgaben! Es wird nicht nur dort und so gebaut, wie in Gesetzen vorgesehen

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Hochwasser - Raumplanung 8

Prävention durch (Raum-)Planung

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Hochwasser - Raumplanung 9

Anhaltender Flächenverbrauch

! Intensive Raumnutzung! 5% der Landesfläche sind Bau- oder Verkehrsflächen ! 528 m² Flächenverbrauch pro Kopf ! Durchschnittliche Wohnnutzfläche/Person

! 1972: 22 m²! 2004: 38 m² (+70%)

! Tägliche Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrstätigkeit liegt bei etwa 21 Hektar

! Flächenverbrauch hat insgesamt in den letzten Jahren abgenommen

! 50 Gemeinden haben Dauersiedlungsraumanteil unter 5%

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Hochwasser - Raumplanung 10

Dauersiedlungsraum 2004 (Quelle: BEV)

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Hochwasser - Raumplanung 11

Lebensraum und Gefahrengebiete im Wandel (Bundesamt für Raumentwicklung Bern, 2005)

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Hochwasser - Raumplanung 12

Konfliktreiche Siedlungsentwicklung

Intensive Raumnutzung

Hohes Schadenspotential

Fehlender Platz für Extremereignisse

Hohe Schadensereignisse

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Hochwasser - Raumplanung 13

Raumordnungssystematik

! Raumordnungsziele in den ROG´s als Vorgaben! Umsetzung durch ua. hoheitliche Planungsmaßnahmen

(insb. Nutzungsbeschränkungen):! auf überörtlicher Ebene! auf örtlicher Ebene

! Örtliches Entwicklungskonzept! Flächenwidmungsplan! Bebauungsplan

! Berücksichtigung kompetenzfremder Planungen und Nutzungsbeschränkungen

! Umsetzung der raumplanerischen Festlegungen im Bauverfahren

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Hochwasser - Raumplanung 14

Herausforderungen Gefahrenzonen

! Informationen über Gefährdungsbereiche! Fehlende Anschlaglinien, überalterte Gefahrenzonenpläne

! Verschiedene Gefahrenzonen (WLF, BWV) mit unterschiedlichen Zuständigkeiten

! Veränderte Gefahrenzonen ! Verkleinerte Gefahrenzonen (Sicherungsmaßnahmen)! Vergrößerte Gefahrenzonen (Natürliche Ereignisse,

Ermittlungsmethodik, Sicherheitszuschläge)

! Dynamische Gefährdungsbereiche mit fließenden Übergängen! Rechtswirkung von Gefahrenzonen! Langfristige Konzepte für Sicherstellungsmaßnahmen

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Hochwasser - Raumplanung 15

Raumordnungsgrundsätze und -ziele

! Schutz der Bevölkerung vor Naturgewalten und Umweltgefahren ist eine zentrale Raumordnungsaufgabe

! § 2 Abs. 1 Z 4 Ktn ROG: „Die Bevölkerung ist vor Gefährdungen durch Naturgewalten und Unglücksfälle außergewöhnlichen Umfanges sowie vor vermeidbaren Umweltbelastungen durch eine entsprechende Standortplanung zu schützen.“

! Daneben besteht eine Vielzahl von anderen Grundsätzen und Zielen

! Inwieweit bei Zielkonflikten dem Schutz vor Naturgefahren Priorität zukommt, ist nicht eindeutig abzuleiten und ist jeweils für den Einzelfall zu beurteilen

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Hochwasser - Raumplanung 16

Überörtliche Raumplanung

! Verstärkte überörtliche Planungsaktivitäten in den Ländern

! Naturgefahrenbezogene Festlegungen sind nicht ausgeschlossen, zählen aber nicht zu den Kerninhalten

! Besondere Anforderungen an die überörtliche Raumplanung! Ersichtlichmachung von Gefährdungsbereichen sowie von

Retentionsbereichen ! Reduktion des kommunalen Ermessenspielraums, wenn

überörtliche Interessen dominieren! Festlegungen an Flüssen, z.B. in Form von überörtlichen

Bauverbotsbereichen in Gefährdungs- und Retentionsbereichen! Heikle Planungsaufgaben. Z.B. Welche Flächen sollen im

Katastrophenfall überflutet werden?! Neue Nutzungskategorien: Risikobereiche

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Hochwasser - Raumplanung 17

Stmk: Programm zur hochwassersicheren Entwicklung der Siedlungsräume (2005)

§ 4 Maßnahmen! Folgende Bereiche sind von Baugebieten und von

Freilandnutzungen, die das Schadenspotential erhöhen sowie Abflusshindernisse darstellen, freizuhalten:! Hochwasserabflussgebiete des HQ 100,! Rote Gefahrenzonen der nach den forstrechtlichen

Bestimmungen erlassenen Gefahrenzonenplänen,! … blaue Vorbehaltsbereiche der nach den forstrechtlichen

Bestimmungen erlassenen Gefahrenzonenplänen und! Uferstreifen entlang natürlich fließender Gewässer von

mindestens 10 m

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Hochwasser - Raumplanung 18

Ausnahmen (in HQ-100 Bereichen)

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Hochwasser - Raumplanung 19

Flächenwidmungsplan

! Zentrales ordnungsplanerisches Instrument! Funktionelle Gliederung des

Gemeindegebietes durch Nutzungsplanung! Verbindliche Vorgabe für das Bauverfahren! Alle Gemeinden verfügen über Flwp! Inhalte: Kenntlichmachungen und

Widmungen! Widmungsbeschränkungen und -verbote

können beitragen, dass in Gefährdungsbereichen nicht gebaut wird

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Hochwasser - Raumplanung 20

Widmungsbeschränkungen für Bauland

! Voraussetzung für eine Baulandwidmung ist nach allen ROG´s eine Eignung der Flächen

! Nicht als Bauland dürfen Gebiete festgelegt werden, die im Gefährdungsbereich von Hochwasser, Steinschlag, Lawinen, Muren u. ä. gelegen sind

! Ermessensentscheidungen in der Planungspraxis (Kenntlich gemachte Gefährdungsbereiche sind nicht gleichzeitig Widmungsverbotsbereiche)

! Ausnahmslose Widmungsverbote für Bauland selten:! HQ-30- Bereiche, rote Gefahrenzonen

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Hochwasser - Raumplanung 21

§ 21 Abs. 1a Oö ROG 2005

! Flächen im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich dürfen nicht als Bauland gewidmet werden

! Baulandwidmungsverbot im 100-jährlichen HW-Abflussbereich, es sei denn, dass1. Hochwasserabfluss- und Rückhalteräume nicht beeinträchtigt

werden und ein Ausgleich für verloren gehende Retentionsräume nachgewiesen wird sowie

2. das Bauland dadurch nicht um Bereiche mit erheblich höherem Gefahrenpotential erweitert wird.

! Ausgenommen von diesen Verboten sind Flächen für standortgebundene Bauwerke (z.B. Schifffahrtseinrichtungen).

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Hochwasser - Raumplanung 22

Gefährdeter Bestand

! Dynamische Gefahrenbereiche treffen auf bestehende Rechte! Eingriff in bestehende Rechte

! Geltende (Bauland-)Widmungen! Baubestand (geringe Eingriffsmöglichkeiten)! Absiedlungen in Ausnahmefällen

! Maßnahmen für unbebautes Bauland in Gefährdungsbereichen:! Reduzierung von unbebautem Bauland in Gefährdungsbereichen! Allgemeine Bestimmungen für Planänderungen! Verpflichtungen zur Rückwidmung

! Widmungsänderung – Rückwidmung! Wertverlust durch Neueinschätzung der Gefahrensituation! Entschädigungsfragen

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Hochwasser - Raumplanung 23

Erhöhte Eigenverantwortung

! Starke Nachfrage nach Bauland/Bauten in Gefahrenzonen! Mangelnde Verfügbarkeit ungefährdeter Flächen! Günstige Grundstückspreise, Attraktive Lagen und Standorte

! (Rechtliche) Konsequenzen von Bauten sind gering! Erwartung auf Sicherungsmaßnahmen und weitgehende Sicherstellung! Umfassende Hilfestellung im Katastrophenfall! Standort- und Errichtungsgarantie nach einer Naturkatastrophe

! Schwach ausgeprägte Eigenverantwortung! Aufklärungstätigkeit, Informationen und Beratungen ! Aufzeigen der Kosten für die Sicherstellung künftiger Bauführungen

! Bei selbst gewähltem Risiko soll (ein Teil der) Verantwortung von dem getragen werden, der das Risiko gewählt hat ! Beteiligung an Widmungsgewinnen bei Sicherstellung! Keine Errichtungsgarantie bei zerstörten Gebäuden

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Hochwasser - Raumplanung 24

Resümee! Verbesserungen in den letzten Jahren

! Auf allen Ebenen des Naturgefahrenmanagements (z.B. Bewältigung von eingetretenen Naturgefahren)

! Herausforderungen sind nicht (viel) geringer geworden! Unmittelbare Beeinflussung von Naturgefahren, Verringerung der

Eintrittswahrscheinlichkeiten! Eingriffe in Rechtsbestand in Gefährdungsbereichen! Erhöhte Eigenverantwortung! Haftungsfragen! Umgang mit Restrisiko

! Vielschichtige Maßnahmenbündel sind notwendig! Kooperation und Koordination aller Entscheidungsträger! Raumplanung als (wichtiger) Teil des

Naturgefahrenmanagements mit begrenzter Steuerungswirkung