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Research Collection Doctoral Thesis Zur Kenntnis der unipolaren Leitfähigkeit von thermisch erzeugten Kupferoxydulschichten Author(s): Winkelmann, Richard Publication Date: 1947 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000090574 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Doctoral Thesis

Zur Kenntnis der unipolaren Leitfähigkeit von thermischerzeugten Kupferoxydulschichten

Author(s): Winkelmann, Richard

Publication Date: 1947

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ETH Library

Zur Kenntnis der unipolaren

Leitfähigkeit von thermisch erzeugten

Kupferoxydulschichten

VON DER

EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN

HOCHSCHULE IN ZÜRICH

ZUR ERLANGUNG

DER WÜRDE EINES DOKTORS DER

TECHNISCHEN WISSENSCHAFTEN

GENEHMIGTE

PROMOTIONSARBEIT

VORGELEGT VON

Richard Winkelmann

aus Thalwil

Referent: Herr Prof. Ür. W. D. Treadwell

Korreferent: Herr Prof. Dr. G. Trümpier

iZÜRICH 1947

Dissertations-Druckerei A.-G. Gebr. Leemann & Co.

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MEINEN LIEBEN ELTERN

IN DANKBARKEIT GEWIDMET

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Inhalt

Seite

Einleitung 9

THEORETISCHER TEIL

A. Das Kupferoxydul 10

1. Allgemeines 10

2. Darstellung 10

3. Löslichkeit und chemisches Verfahren 11

B. Die elektrische Leitfähigkeit von Kupferoxydul 12

1. Leitfähigkeit von kompaktem Kupferoxydul 12

2. Theorie der Leitfähigkeit 16

3. Unsymmetrische Leitfähigkeit 19

4. Theorien der unsymmetrischen Leitfähigkeit 21

5. Versuch einer neuen Formulierung der Sperrschichttheorie .23

C. Die thermische Oxydation von festem Kupfer 28

1. Zusammensetzung und Struktur der Oxydulschicht ...29

2. Oxydation von Cu20 zu CuO 30

3. Die Geschwindigkeit der Oxydation von Kupfer .... 31

4. Oxydationstheorien 32

EXPERIMENTELLER TEIL

Leitfähigkeitsmessungen an thermisch auf Kupfer aufgewachsenen

Oxydulschichten 38

1. Ausführung der Oxydation und Temperung 38

2. Ausführung der Widerstandsmessungen 39

3. Untersuchung der Leitfähigkeit unter variablem Druck. .

41

4. Einfluß der Oxydationsatmosphäre 43

5. Einfluß der Oxydationstemperatur 44

6. Einfluß der Oxydationsdauer 45

7. Zusammenhang zwischen Kristallitgröße und Leitfähigkeit .48

8. Einfluß einer Sauerstofftemperung 50

9. Abhängigkeit von der Schichtdicke 52

10. Verteilung der Leitfähigkeit in der Oxydulschicht ...54

11. Ueber die analytische Bestimmung des Sauerstoffüberschusses

im Kupferoxydul 56

Zusammenfassung 60 i

Literaturverzeichnis 61

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Herrn Prof. Dr. W. D. TREADWELL

möchte ich für seine wertvollen Ratschläge "und für die

Unterstützung, die er mir während der Ausführung

dieser Arbeit zukommen ließ, herzlich danken.

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Einleitung

Obschon das Phänomen der unipolaren elektrischen Leitfähig¬keit an der Grenzfläche zwischen Metall und Halbleiter schon vor

mehr als 70 Jahren entdeckt wurde (Braun, 1874), hat man erst

zu Beginn dieses Jahrhunderts versucht, solche Kontakte, die als

Halbleiter hauptsächlich Schwermetallsulfide oder Selen enthiel¬

ten, zur Gleichrichtung von Wechselströmen zu verwenden. Doch

erst der große Aufschwung in der elektrotechnischen Industrie,den die Entwicklung des Radiowesens mit sich brachte, verhalf

dem Gleichrichter zu seiner heutigen Bedeutung. Immer dring¬licher wurde der Ruf nach einem leistungsfähigen und doch bil¬

ligen Gleichrichterelement. Während der Elektrolytgleichrichter,der eine periodische Wartung erfordert, bald durch die wesent¬

lich handlichere und beständigere Diode verdrängt wurde, erwuchs

dieser durch die in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelten

Kupferoxydul- und Selen-Gleichrichter eine immer größere Kon¬

kurrenz. Da die Trockengleichrichter fast unbegrenzt haltbar sind

und nicht der geringsten Wartung bedürfen, stehen sie heute in

vielen Anwendungsgebieten an führender Stelle.

Problemstellung: In dieser Arbeit sollte durch che¬

mische Analyse und mechanischen Abbau versucht werden, weitere

Einblicke in die Natur und Lage der Sperrschicht zu erhalten.Hierzu mußte zunächst die sehr umfangreiche Forschungs- und

Patentliteratur des Gebietes einer kritischen Sichtung unterzogenwerden, um aus der sehr großen Fülle empirischer und fabrik¬

technischer Angaben die wesentlichen Züge des Gleichrichter¬

problems herauszuschälen.

THEORETISCHER TEIL

A. Das Kupferoxydul Cu20

1. Allgemeines

Der natürliche Cuprit (Rotkupfererz) und das thermisch er¬

zeugte Kupferoxydul sind in der Form von dunkelroten durchsich¬

tigen Kristallen bekannt. Sind diese bei hoher Temperatur ent¬

standen, so zeigen sie kubisch hexaedrische, sonst oktaedrische,

selten dodekaedrische Struktur. Der Elementarwürfel, der 2 Cu20-

Molekülen entspricht, besitzt 4,25.10~8 cm Kantenlänge, woraus

sich die Dichte zu 6,15 berechnet. Die gemessene Dichte des na¬

türlichen und künstlichen Oxyduls schwankt jedoch zwischen 5,8

und 6,0.

Nach Gudden und Mönch [8]*) sind Oxydulschichten bis zu

einigen Zehntelmillimetern Dicke für Wellenlängen über 5750 À

bis weit ins Ultrarot durchlässig.

2. Darstellung von Kupferoxydul

Während metallisches Kupfer in Luft bei einer Temperatur

über 1025° vollständig und ausschließlich zu Cu20 oxydiert wird,

ist es bei tieferen Temperaturen notwendig, den Sauerstoffpartial-

dmck unter dem Dissoziationsdruck des CuO zu halten, um eine

gleichzeitige Bildung von Oxyd zu verhindern.

Stickpxyd NO führt reduziertes Kupfer bei Olühtemperatur

quantitativ in Cu20 über {Sabatier u. Seitderens [105] ; Schröder

u. Tammann [111]). Aus Kupferoxyd läßt sich das Oxydul durch

thermische Zersetzung bei hoher Temperatur unter vermindertem

*) Die Ziffern in eckigen Klammern beziehen sich auf die Autoren im

Literaturverzeichnis.

— 11 —

Druck gewinnen, ferner durch Reduktion mit verschiedenen or¬

ganischen Substanzen. Bei der Elektrolyse von verdünnter

Schwefelsäure kann sich eine Kupferanode, besonders bei hoher

Stromdichte, mit einem Oxydulfilm überziehen, während sich in

einem schwach alkalischen Bad an der Anode oft feinverteiltes

gelbes bis rotes Oxydul abscheidet (Abel u. Redlich [135]).Durch kathodische Reduktion gewisser Kupfersalze, beson¬

ders Salze der Carbonsäuren, lassen sich bei kleinen Stromdichten

auf der Kathode kristalline Oxydulschichten bis zu einer Dicke

von mehreren Zehntelsmillimetern erzeugen (Kravtzoff [136],Stareck u. Taft[\31\; Hogaboom [138]).

Durch Reduktion alkalischer Kupfer(2)-salzlösungen, z. B.

Fehling'scher Lösung, mit Hydroxylamin, arseniger Säure oder

durch Elektrolyse gewinnt man das gelbe CuOH, das beim Er¬

wärmen leicht in das rote Oxydul übergeht.Die elektrischen und optischen Untersuchungen verlangen

einen kompakten kristallisierten Oxydulkörper, was eine Verwen¬

dung von gepreßtem Pulver ausschließt. Das Cu20 schmilzt bei

einer Temperatur von etwa 1235°C. In geschmolzenem Zustand

kann es jedoch nur sehr schwer rein erhalten werden, da es nur

unter einem bestimmten Sauerstoffdruck (0,6 mm Hg) bestän¬

dig ist und schon eine kleine Abweichung von diesem Druck eine

Ausscheidung von metallischem Kupfer oder von CuO bewirkt.

Eine weitere Schwierigkeit wird dadurch hervorgerufen, daß das

Oxydul bei dieser Temperatur fast alle Qefäßmaterialien angreift.Es bleibt also nur die Methode der thermischen Oxydation

von festem Kupfer in Luft oder Sauerstoff zwischen 900 und

1050°C oder die Methode der kathodischen Abscheidung aus

Kupferlösungen.

3. Löslichkeit und chemisches Verhalten von Kupferoxydul

Während sich gefälltes Oxydul leicht in überschüssiger Alkali¬

lauge oder in Ammoniak löst, kommen für thermisch erzeugtesOxydul folgende Lösungsmittel in Betracht: Salpetersäure, konz.

Salzsäure, heiße 10 «/oige Salzsäure, salpetrige Säure, sowie Lö¬

sungen von Alkalicyaniden (im Überschuß), Ammonchlorid, Am-

— 12 —

monpersulfat, Eisen(3)-chlorid. Schwefel-, Phosphor- und kalte

verdünnte Salpetersäure, auch organische Säuren, wie Oxal-, Wein-,

Citronen-, Essig- und Milchsäure reagieren mit dem Oxydul unter

Disproportionierung nach der Formel:

Cu20 + 2H- -> Cu2" + H20

Cu2" 5=* Cu" + Cu fest

Eine vollständige Lösung wird in diesem Fall nur erreicht, wenn

Luftsauerstoff oder ein Oxydationsmittel zugegen ist1).Sowohl Cl2 als auch Br2 reagieren mit dem Oxydul unter Bil¬

dung von Oxyd und Halogenid.Durch Ammonkarbonat neutralisierte siedende Kupfersulfat¬

lösung verändert Cu20 nicht. Es läßt sich deshalb von metalli¬

schem Kupfer trennen, das in Lösung geht und beim Erkalten

sich abscheidet.

B. Die elektrische Leitfähigkeit des Kupferoxyduls

1. Die elektrische Leitfähigkeit von kompaktem Kupferoxydul

Das Kupferoxydul gehört zur Klasse der elektrischen Halb¬

leiter, in der alle Körper zusammengefaßt sind, deren Leitfähig¬

keit bei Zimmertemperatur zwischen der untern Grenze der Me߬

barkeit und 102 Ohm-1 cm-1 liegt. Es besitzt je nach den Be¬

dingungen, unter denen es hergestellt wurde, einen spezifischen

Widerstand zwischen 1010 und 102 Ohm cm.

An allen Kupferoxydulproben macht sich eine größere oder

kleinere Photoleitfähigkeit bemerkbar, deren störender Einfluß bei

allen exakten Leitfähigkeitsmessungen berücksichtigt werden muß.

Trotzdem ist von verschiedenen Forschern der Beweis erbracht

worden, daß die Dunkelleitfähigkeit des Oxyduls streng dem

Ohm'schen Gesetz gehorchtl43] [44].Diese Gesetzmäßigkeit, die bis zu hohen Feldstärken (150

kV • cm-1) erfüllt wird, erweckt den Eindruck, daß der Leitungs¬

mechanismus im Oxydul einfacher Natur und mit demjenigen der

J) Über das Gleichgewicht 2 Cu' ;=± Cu" -j- Cu siehe Randies [140].

Randies: J. ehem. Soc. Londonl94l, 802—811.

— 13 —

metallischen Leiter verwandt sei. Die verschiedenartigen, am

Oxydul auftretenden Effekte widerlegen jedoch diese Vermutung.Nach /usé und Kurtschatow[\\] folgt die Leitfähigkeit bei

niedrigen Temperaturen dem Exponentialgesetz:

u

logL = A-e_ir?F (1)

wobei T die absolute Temperatur, u die Ablösearbeit des Elek¬

trons und k die Boltzmann'sche Konstante bedeuten. Diese beiden

Forscher finden an möglichst reinem Oxydul mit einem Wider*

stand (20 °C) von 10"> Ohm • cm für u den Wert 0,72 -Elektron¬

volt. An gutleitendem Oxydul mit einem jodometrisch bestimm¬

ten SauerstoffÜberschuß von etwa 0,1 o/0 und einem Widerstand

(20 °C) von 475 Ohm • cm berechnen sie dagegen die Elektronen-

ablösearbeit zu u = 0,13 Elektronvolt, was der Dissoziationsarbeit

des Elektrons im reinen Kupferoxyd entspricht.

a) Abhängigkeit der Leitfähigkeit von überschüssigem Sauer¬

stoff. Die Beobachtung, daß die großen Unterschiede in der Leit¬

fähigkeit von kompaktem Oxydul (bis 8 Zehnerpotenzen) auf den

Gehalt an überschüssigem Sauerstoff, bezw. Kupferoxydgehalt,zurückzuführen sind, veranlaßte verschiedene Forscher, sich ein¬

gehend mit dieser Frage zu befassen. Zu ihnen gehören u.a.:

Auwers undKerschbaum[5A], Waibel[9], Dubar[57,63], Le Blanc

und Sachse[5,14], /usé und Kurtschatow[\\], Dünwald und

Wagner\VU,\*>,2\\, Schottky und Waibel [18, 28], Wagner [30],Gundermann und Wagner[38,39], Wagner und Hämmert [45].

Vor allem wurde versucht, durch analytische Bestimmung den

Zusammenhang zwischen Sauerstoffüberschuß und Leitfähigkeitzu finden. Da dieser Sauerstoffüberschuß stets unter 0,1 °/o liegt,ist es nicht verwunderlich, wenn die Resultate dieser Untersuchun¬

gen, je nach der angewandten analytischen Methode, weit ausein¬

anderliegen. Die Sauerstoffbestimmungen wurden gravimetrisch[29], jodometrisch [11] und chromometrisch[45] ausgeführt. Daß

das Problem auf diesem Weg kaum befriedigend gelöst werden

kann, zeigen beispielsweise folgende Resultate von Jusé und Kurt¬schatow[\\ ] :

— 14

Tabelle 1.

Sauerstoffüberschußin •/,

Leitfähigkeit (20° C)in Ohm-1 cm-1

0,060,10

10-io

0,15 • 10"3

2,1 10"3

Die röntgenographische Analyse, die von Dubar[43] nach dem

Debeye-Scherrer-Verfahren durchgeführt wurde, scheiterte eben¬

falls an der zu geringen Menge des überschüssigen Sauerstoffes.

Durch ein geeignetes Temperverfahren ist es möglich, den

Sauerstoffgehalt und damit die Leitfähigkeit einer Oxydulprobe

weitgehend und reversibel zu verändern. Waibel[9], der den Ein¬

fluß der Temperung auf die Leitfähigkeit genau untersuchte, fand,daß unterhalb 500 °C die Temperwirkung unabhängig vom Sauer¬

stoffdruck der Atmosphäre ist, und daß das Maximum der Kalt¬

leitfähigkeit erreicht wird, wenn man das Oxydul bei 450—500 °C

längere Zeit (einige Stunden) in sauerstoffhaltiger Atmosphäre

tempert und dann abschreckt. Bei Temperung unter 400° und

über 600 ° nimmt die Leitfähigkeit einer gutleitenden Probe wieder

ab, und zwar umso langsamer, je niedriger die Temperatur (Al¬terung) .

b) Einfluß metallischer Verunreinigungen auf die Leitfähig¬keit. Im Gegensatz zur Abhängigkeit der Leitfähigkeit vom Sauer¬

stoffüberschuß ist der Einfluß anderer Verunreinigungen noch

wenig untersucht.

Dubar [43] ließ Ag, Ni, Cd, Zn bei Glühtemperatur in das.

Oxydul eindiffundieren und stellte dabei fest, daß die Leitfähig¬keit kaum verändert wird. Anderseits kann durch Einführung von

Sb die Leitfähigkeit so stark herabgesetzt werden, daß die Er¬

höhung durch den Sauerstoffüberschuß beinahe wieder aufgehobenwird. In reinem, schlechtleitendem Oxydul dagegen bewirkt das

Antimon eine leichte Herabsetzung des Widerstandes. Diese Tat¬

sache scheint für die Fabrikation der Gleichrichter von Wichtig¬keit zu sein, indem durch Anwesenheit von Antimon die Sperr¬

wirkung stark verschlechtert wird.

— 15 —

c) Die' Oberflächenleitfähigkeit des Kupferoxyduls. Bei

exakten Leitfähigkeitsmessungen am Oxydul macht sich vor allem

seine recht hohe Oberflächenleitfähigkeit störend bemerkbar. Letz¬

tere übertrifft sogar oft die innere Leitfähigkeit, besonders an

schlechtleitenden Proben.

Setzt man für die Oberflächenleitfähigkeit den Wert:

Lo = ^ '

(2)

wo J0 den Oberflächenstrom, der gleichmäßig über 1 cm Breite'

verteilt ist, V das Potential auf 1 cm Länge bedeuten, so setzt sich

die Qesamtleitfähigkeit folgendermaßen zusammen:

L = -1= Li-^+Lo-^ (3)

Darin ist L, die innere Leitfähigkeit, L0 die Oberflächenleitfähig¬keit, 1 die Länge, u der Umfang und q der Querschnitt der Probe.

Die innere Leitfähigkeit mißt man in Ohm-1 • cm-1, die Ober¬

flächenleitfähigkeit in Ohm-1 [42, 43].

Die genaue Untersuchung der Oberflächenströme stößt jedochtrotz verschiedener Kunstgriffe auf große Schwierigkeiten, was

eine quantitative Erfassung dieses Effektes praktisch verunmög-licht. Durch Veränderung der Gesamtleitfähigkeit bei verschie¬

dener Behandlung der Oberfläche lassen sich hingegen einigeSchlüsse auf die Art der Oberflächenleitung ziehen.

Dubar[A2\ beobachtete, daß die Leitfähigkeit einer durch

Bruch frisch erzeugten Oxyduloberfläche durch die Einwirkungvon Luftsauerstoff rasch anwächst und zwar umso rascher, je

größer der Sauerstoff-Partialdruck der umgebenden Atmosphäreist. Ist zugleich Wasserdampf zugegen, so wird die Einwirkungdee Sauerstoffs stark verzögert oder sogar aufgehoben. Feuch¬

tigkeit ruft daher bei allen gelagerten Oxydulproben eine rever¬

sible Reduktion der Leitfähigkeit hervor. Denselben Effekt er¬

zielt man auch durch Atzung der Oberfläche mit verschiedenen

Lösungen.

— 16 —

2. Theorie der elektrischen Leitfähigkeit des Kupferoxyduls

Wie schon früher erwähnt, gehört das Kupferoxydul zur

Gruppe der Halbleiter. Von den 3 Typen der Halbleitung:

1. Ionenleitung (elektrolytische Leitung)2. Elektronenleitung (metallische Leitung)

3. gemischte Leitung

kann hier bei Zimmertemperatur nur Elektronenleitung angenom¬

men werden, da stoffliche Veränderungen an Ein- und Austritts¬

stelle des Stromes, die stets mit der Ionenleitung verbunden sind,

nicht beobachtet werden. Erst bei höheren Temperaturen (über500 °C), wenn durch die thermisch bedingte Auflockerung des

Gitters ein Wandern der Ionen möglich wird, macht sich eine

gemischte Leitung bemerkbar. Eingehende Untersuchungen dar¬

über wurden von Wagner[127] und seinen Mitarbeitern[38] aus¬

geführt.In elektronisch halbleitenden Metalloxyden lassen sich 2 ganz

verschiedene Leitungsmechanismen unterscheiden: 1. Überschu߬

leitung, 2. Defektleitung, die folgendermaßen in Erscheinung

treten :

Tabelle 2.

Überschußleitung Defektleitung

Beispiele Al203, Cr203, ZnO Cu20, Cu20, NiO

Erhöhung des O-Oehalts

Verminderung d. Me-Oehalts

Erhöhung des Me-Oehalts

Verminderung des O-Gehalts

Ursache der

Gitterstörstelle

Qitterstörstelle wirkt als

Thermoeffekt

Halleffekt

Ladungsträger

Abnahme der Leit¬

fähigkeit

Zunahme der Leit¬

fähigkeit

"Metallüberschuß oder

Sauerstoffunterschuß

Elektronenquelle

positiv

negativ

Elektronen negativ

Zunahme der Leit¬

fähigkeit

Abnahme der Leit¬

fähigkeit

Sauerstoffüberschußoder Me-Unterschuß

Elektronenlücke

negativ

positiv

Defektelektronen pos.

I

— 17 —

Das Kupferoxydul gehört eindeutig zur Gruppe der Defekt¬

oder Oxydationshalbleiter. Im Gegensatz zu den Überschuß- oder

Reduktionshalbleitern beruht hier die elektronische Leitung nicht

auf der Bewegung freier, überschüssiger Leitungselektronen, son¬

dern auf der Wanderung positiver Elektronenlücken.

Da man nun im allgemeinen an Elektronenhalbleitern die

Beobachtung macht, daß die Leitfähigkeit und damit die Anzahl

der Störstellen direkt von der prozentualen Menge der Verunreini¬

gung, bezw. von der Zahl der überschüssigen Ionen abhängt, ver¬

sucht man, eine solche Störstelle geometrisch zu erklären. Dabei

stellt man fest, daß 3 verschiedene Grundtypen zu unterscheiden

sind:

1. Zwischengittertypus: Die Atome, bezw. Ionen,des überschüssig vorhandenen Bestandteils sind zwischen die re¬

gulären Gitterbausteine eingelagert. Diese Art der Störstelle ist

nur wahrscheinlich, wenn die Überschußatome, bezw. -ionen, re¬

lativ klein sind.

2. Leerstellentypus: Einzelne Gitterplätze des unter¬

schüssig vorhandenen Bestandteiles sind leer, während die Gitter¬

plätze des überschüssig vorhandenen Ions voll besetzt sind.

3. Substitutionstypus: Einzelne Atome des einen Be¬

standteiles sind durch Atome des andern ersetzt.

Dieser Fall ist nur denkbar bei Ionen mit gleichgerichteterLadung (intermetallische Verbindungen).

Es ist offensichtlich, daß für ein Metalloxyd, dessen Leitfähig¬keit vom überschüssigen Sauerstoff abhängt, der Leerstellentypusin Frage kommt.

Das Gittes des Oxydulkristalls éetzt sich aus einwertigen Cu*-

und zweiwertigen 0"-Ionen zusammen. Jeder leere Platz im

Kupfergitter stellt eine solche Stör- oder Leerstelle dar, die be¬

wirkt, daß ein benachbartes Cir-Ion sein zweites Valenzelektron

abgeben muß, damit die Ladung wenigstens intermolekular kom¬

pensiert wird.

Fig. 1. Schematische Darstellung einer Leerstelle (—) im Oxydulgitter

Cu- Cu- (—) Cu-CT O" O" O"

Cu' Cu' Cu" Cu1

— 18 —

Da wir jedoch in diesem Fall nicht ein einzelnes Molekül,

sondern einen Ionenverband (Kristall) vor uns haben, ist diese

Kompensation nur bedingt möglich; denn keines der in einem

bestimmten Umkreis von der Gitterstörstelle gelegenen Cu--Ionen

zeichnet sich von einem andern aus und ist deshalb befähigt, sein

zweites Valenzelektron abzugeben. Durch Platzwechsel dieser ge¬

lockerten Elektronen kann die Stelle des Cu", nicht jedoch das

Ion selbst, als eine Art positiver Ladungsträger wandern, und

zwar wird sie sich umsomehr von der Gitterstörstelle entfernen,

je größer die von außen angelegte Spannung ist. Die Umgebung

der Gitterstörstelle ist also nichts anderes als ein Dipol, dessen

positives Landungszentrum das Cu"-Ion darstellt, während das

negative Zentrum in der Gegend der Gitterstörstelle liegt. Wird

nun die Feldstärke so groß, daß das positive Ladungszentrum ins

Gebiet der nächsten Störstelle gelangt, so wird eine kontinuier¬

liche Elektrizitätsleitung möglich. Auf diese Weise läßt sich das

Phänomen einer Elektrizitätsleitung durch positive Ladungsträger

auf die Bewegung negativer Elektronen zurückführen.

Nach Engelhard und Gudden[à] weist eine im Vakuum ge¬

glühte, schlechtleitende Oxydulprobe pro ccm 0,1 • 1017, nach

der Temperung in Sauerstoff 200-1017 elektronenabgabefähige

Atome, bezw. Gitterstörstellen auf. Da in 1 ccm etwa 2,5-102?

Cu20-Moleküle vorhanden sind, kommt auf 2,5- 106 Moleküle der

ungetemperten Probe nur eine Fehlstelle, bei der getemperten

Probe auf etwa 1000 Moleküle eine solche; d. h. rund jedes zehnte

„Molekül" in einer bestimmten Richtung ist aktiv. Anderseits muß

die freie Weglänge der Elektronen bei Zimmertemperatur, die aus

der Hallkonstanten berechnet werden kann, zu 2—3-10-7 cm an¬

genommen werden, was etwa dem 7—9-fachen Abstand der Sauer¬

stoffionen entspricht. Man kann daraus ohne weiteres den Schluß

ziehen, daß die Elektronen und damit auch die „Elektronen¬

lücken", trotz der relativ kleinen Anzahl der aktiven Zentren, von

einer Störstelle zur andern springen können.

Die hohe Oberflächenleitfähigkeit läßt sich ebenfalls durch

die große Affinität des Sauerstoffs zum Oxydul und die dadurch

bedingte Erhöhung der Gitterstörstellen-Konzentration an der

Oberfläche erklären. Nach Dubar [ 43 ] bildet sich auf der Ober-

— 19 —

fläthe des Oxyduls stets, auch bei tiefen Temperaturen (z. B. Zim¬

mertemperatur), eine molekulare Kupferoxydschicht. Die rever¬

sible Veränderung durch Einwirkung von Wasserdampf kann man

in diesem Falle auf eirçe Hydratisierung des Oxyds zurückführen.

3. Die unsymmetrische Leitfähigkeit am SystemMetall/Halbleiter

In dieser Arbeit interessiert uns nicht in erster Linie die im

vorigen Kapitel betrachtete gesetzmäßige Elektronenleitung im

Kupferoxydul, sondern vielmehr das Phänomen der unipolaren

Leitfähigkeit, das an den verschiedensten Halbleitern auftreten

kann.

So beobachtete Braun schon im Jahre 1874 eine unsymme¬

trische Leitfähigkeit an Sulfiden und Schuster an oxydierten

Kupferstücken. 1883 stellte sodann Fritts eine Selenphotozellemit Gleichrichterwirkung her. Um die Jahrhundertwende sind fol¬

gende 3 Gleichrichtertypen bekannt:

1. Kristallgleichrichter (Detektoren, Fritter, Kohärer)2. Elektrolytgleichrichter3. Selengleichrichter.

Der letztere wurde vorerst nicht weiter entwickelt. Der erste tech¬

nisch brauchbare Trockengleichrichter (Cu2S zwischen AI- und Cu-

Folie) ist im Jahre 1904 von Pawlowski patentiert worden.

Erst im Jahre 1926 entdeckten Grondahl und Geiger[49] die

große Gleichrichterwirkung von thermisch erzeugten Oxydul¬schichten, als sie versuchten, auf Grund der von Pfund[\33] erst¬

mals beobachteten Photoleitfähigkeit des Kupferoxyduls, eine

Photozelle herzustellen.

Dieser Ventileffekt steht eigentlich im Widerspruch zur früher

festgestellten Tatsache, daß das Oxydul bei einer bestimmten

Temperatur und einem bestimmten Sauerstoffüberschußgehalteinen fest definierten Leitfähigkeitskoeffizienten aufweist und daß

die Leitfähigkeit streng dem Ohm'sehen Gesetz folgt. Eine Durch¬

brechung dieser Gesetzmäßigkeit läßt sich nur dann erklären, wennman annimmt, daß der Gleichrichtereffekt durch einen Vorgang

— 20 -

in der Grenzschicht, bezw. Kontaktfläche, zwischen der Met'all-

elektrode und dem Halbleiter hervorgerufen wird.

Das folgende symmetrische System:

Elektrode homogener Halbletter I Elektrode

z. B. Cu z. B. kompaktes Cu20 | z. B. Cu

zeigt keine Ventilwirkung, vorausgesetzt, daß die Elektroden

gleich groß sind (keine Spitzenwirkung), die gleiche Tempera¬tur aufweisen und, sofern sie durchsichtig sind, gleich stark be¬

lichtet werden. Jede Änderung dieser Symmetrie führt zu einem

größeren oder kleineren Qleichrichtereffekt.

Da anderseits das System:

Mutterkupfer [ aufgewachsenes Cu20 | Kupfer

eine hohe Unsymmetrie in der Leitfähigkeit aufweist, liegt es auf

der Hand, diese auf den Unterschied der beiden Kontakte zu¬

rückzuführen. In dieser Ansicht wird man vor allem bestärkt,

wenn man andere gleichrichtende Systeme zum Vergleich heran¬

zieht.

Die folgenden Oleichrichtertypen setzen sich alle aus einem

Halbleiter und zwei Elektroden zusammen, von denen eine durch

eine dünne Isolierschicht (10~6 bis lO^5 cm Dicke) vom Halbleiter

getrennt ist.

Tabelle 3.

Elektrode Isolierschicht Halbleiter Elektrode Isolierschicht Halbleiter

AI A1203 Cu2S Cu Si02 Cu20Mg MgO Cu2S Cu BeO Cu20Ta Ta204 Pb02 Cu B203 Cu20Zn ZnO Pb02 Cu Qlas Cu20Si Si02 PbQ2 Cu Kunstharze Cu20

Als weitere Halbleiter kommen in Betracht: Sulfide von Pb,

Sn, Ag und Mn02.

Da das Schema

Elektrode | Isolierschicht | Halbleiter [ Gegenelektrode

— 21 —

nicht ohne weiteres auf den thermisch erzeugten Kupferoxydul¬

gleichrichter (und Selengleichrichter) anwendbar ist, ist es nicht

verwunderlich, daß in den letzten beiden Jahrzehnten eine ganze

Reihe verschiedener Gleichrichtertheorien aufgestellt wurde.

4. Theorien der unsymmetrischen Leitfähigkeit im System

Kupfer / Oxydul

a) Elektrolyttheorie.

Nach Pelabon[55] soll der Mechanismus der Stromleitung

im Kupferoxydulgleichrichter rein elektrolytischer Natur sein. Die

Kupferoxydulkristalle sind von einem CuO-Netz eingeschlossen,das beim Stromdurchgang zersetzt wird, wobei in der Durchla߬

richtung „Kupferbrücken" entstehen, die die beiden Elektroden

kurzschließen. Bei Stromumkehr würden diese Brücken wieder

zerstört.

Die Trägheitslosigkeit des Gleichrichtereffektes (Hochfre¬

quenzgleichrichter) und die große Stabilität der Elemente lassen

sich mit dieser Theorie jedoch nicht in Einklang bringen. Man

ist heute eher geneigt, das Phänomen durch rein elektronische

Vorgänge zu erklären.

b) Spannungstheorie.

Jaçquelet[59] mißt den hohen mechanischen Spannungen im

Gleichrichterelement die entscheidende Rolle bei. Hierzu ist zu

sagen, daß tatsächlich in jedem Kupferoxydulgleichrichter durch

die verschiedenen Abschreckverfahren sehr hohe mechanische

Spannungen erzeugt werden infolge der Verschiedenheit der Aus¬

dehnungskoeffizienten von Kupfer und Oxydul. Man kann kaum

bestreiten, daß diese Spannungen einen Einfluß auf die Leit¬

fähigkeit besitzen, wenn er wahrscheinlich auch nicht von pri¬märer Bedeutung ist.

c) Spitzenkontakttheorie.

Schottky\\\\\ hat seine erste Theorie, die auf der Annahme

einer großen Zahl punktförmiger Kontakte zwischen dem Mutter¬

kupfer und dem Oxydul beruht, widerrufen, da die innige Bindung

— 22 —

zwischen dem Kupfer und dem Oxydul die Annahme einer durch

Punktberührung unterteilten Kontaktfläche nicht zuläßt.

d) Feldtrichtertheorie.

Auf Grund der Verschiedenheit der Gitter von Kupfer und

Kupferoxydul nimmt Teichmann [142] an, daß an der Berührungs¬stelle zwischen Mutterkupfer und Oxydul das elektrische Feld

so gestört wird, daß es auf die Elektronen die gleiche Wirkungausübt, wie ein Trichter auf materielle Teilchen (Reusenwirkung).Die erweiterte Trichteröffnung wäre dabei auf das Mutterkupfergerichtet, so daß die Elektronen leicht vom Metall zum Halb¬

leiter gehen, während sie in der andern Richtung fast vollständigaufgehalten werden. Bernard\\A3], der Teichmanns Berechnun¬

gen wieder aufgenommen hat, zeigt jedoch, daß sich die Form

dieser Feldtrichter mit der Stromrichtung ändern müßte und so¬

mit die Erscheinung der Gleichrichtung nicht zu deuten vermag.

e) Elektronendiffusionstheorie.

Grondûhl[70] geht von der Annahme aus, daß, infolge der

innigen Verbindung des Oxyduls mit dem Mutterkupfer, die

Kupferatome bezw. -Ionen der Grenzschicht sowohl einem Kupfer-,als auch gleichzeitig einem Oxydulkristall angehören können. Da¬

durch findet leicht eine Elektronendiffusion vom Metall in den

Halbleiter statt. Liegt nun das Kupfer am negativen Pol der Strom¬

quelle, so stellt sich dem Elektronenstrom kein Hindernis ent¬

gegen; kommt dieser jedoch von der andern Seite, so stößt er

mit den vom Kupfer emittierten und in das Oxydul eindiffundierten

Elektronen (neg. Raumladung) zusammen.

f) Sperrschichttheorie\

Diese Theorie, die heute trotz einiger Unsicherheiten am

meisten Verbreitung gefunden hat, ist eigentlich nichts anderes als

eine Erweiterung der alten Kontaktgleichrichtertheorie. Sie hält

sich im allgemeinen an folgende Tatsachen:

1. Die Kontakte zwischen. 2 verschiedenen Metallen oder

zwischen 2 verschieden geformten Stücken des gleichen Metalls

— 23 —

(Spitze gegen Platte) sind nur schwach gleichrichtend. Die Elek¬

tronen gehen leichter vom gutleitenden Metall zum schlechtleiten¬

den oder von der Spitze zur Platte.

2. Der Kontakt zwischen Halbleiter und Metall (hoher Druck,

saubere Kontaktflächen) ist im allgemeinen nicht gleichrichtend.

Bei sogenannten „schlechten" Kontakten (Verunreinigung durch

fette Stoffe, Oxyde oder Staub) erscheint die unsymmetrische

Leitfähigkeit. Die Elektronen gehen dabei stets leichter vom

Metall zum Halbleiter als umgekehrt.

3. Die Gleichrichtung ist an ein isolierendes Intervall (Sperr¬

schicht) gebunden.

Während nun die eben erwähnten drei Punkte heute fast über¬

all anerkannt werden, gehen die Ansichten der Forscher über die

Art und Natur dieses isolierenden, Intervalls auseinander. Die

einen vergleichen den Kupferoxydulgleichrichter mit einer Diode,

indem sie einen Vakuumspalt zwischen dem Mutterkupfer und

dem Oxydul annehmen, durch den eine kalte Elektronenentladung

stattfindet [92]. Andere schließen auf eine materielle Sperrschicht

aus reinem, isolierendem Kupferoxydul, während sie z. B. nach

Schottky\ 144] mehr physikalischer Natur ist. Er nimmt an, daß

entlang der Berührungsflächen zweier Leiter mit verschiedenen

Elektronenablösearbeiten sogenannte Randverarmungsschichten

entstehen, da der Leiter mit der kleineren Ablösearbeit oberfläch¬

lich die Ladungsträger verliert.

5. Versuch einer neuen Formulierung der Sperrschichttheorie

Ausgehend von den Theorien Wagners und Schottkys über die

Fehlordnungserscheinungen in Halbleitern soll nun versucht wer¬

den, die Bildung einer Sperrschicht zwischen dem Mutterkupfer

und dem aufgewachsenen Oxydul zu erklären.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß, wie später noch gezeigt

werden soll, bei der thermischen Oxydation hauptsächlich die

Kupferatome bezw. Kupfer-Ionen durch die bereits gebildete

Oxydulschicht nach außen diffundieren, wo sie je nach Tempera¬

tur und Sauerstoffdruck weiter zu Cu*'-Ionen oxydiert werden.

Es besteht also stets ein bestimmtes Cu'-Ionen-Konzentrations-

— 24 —

gefalle zwischen dem Mutterkupfer und der Oberfläche der

Oxydulschicht, dem in den abgeschreckten Proben ein Störstellen-

Konzentrationsgefälle in umgekehrter Richtung entspricht. Da die

Störstellen-Konzentration wiederum mit der Leitfähigkeit, d. h. mitdem Potentialabfall in der Schicht in Zusammenhang gebrachtwerden kann, scheint es möglich, daß auf Grund von Leitfähig¬keitsmessungen ein Einblick in den Aufbau der Sperrschicht ge¬wonnen werden kann. Stark hemmend wirkt dabei allerdings die

Tatsache, daß die auf dem Kupfer aufgewachsene Oxydulschichtsowohl senkrecht als auch parallel zur Oberfläche eine inhomo¬

gene Zusammensetzung aufweist. Wie noch gezeigt werden soll,scheint die Sauerstoffdiffusion entlang der Kristallitgrenzen eineörtliche Erhöhung der Störstellenkonzentration zur Folge zu

haben. Die Untersuchungen, die von verschiedenen Forschern

(Schottky und Deutschmann [53]; Waibel [82]) mit Hilfe von

Sonden durchgeführt wurden, ergaben aus diesem Gründe ganzverschiedene Resultate, abgesehen von dem dabei störend wirken¬den Spitzeneffekt. Ein wesentlich zuverlässigeres Bild vermittelndie Untersuchungen an stufenweise abgeätzten Oxydulschichten,wenn auch hier gewisse, durch die mechanischen Spannungen unddurch die Kristallitgrenzen verursachten Fehler zu berücksich¬tigen sind.

Außer durch Kapazitätsmessungen scheint es bis heute nicht

gelungen zu sein, die Existenz einer Sperrschicht nachzuweisen.Trotzdem ist die Annahme eines Intervalls gerechtfertigt, schonin Bezug auf die Analogie zu den früher erwähnten, mit künst¬licher Sperrschicht versehenen Trockengleichrichtertypen.

Eine bei hoher Temperatur auf Kupfer aufgewachsene Oxydul¬schicht setzt sich aus folgenden kontinuierlich ineinander über¬

gehenden makroskopischen Schichten zusammen:

1. Mutterkupfer2. dünne Schicht aus Cu • Cu20-Mischkristallen3. Cu20-Schicht mit überschüssigem Sauerstoff4. dünne CuO-Schicht.

Es erscheint nun zulässig, zwischen der Cu • Cu20-Mischkristall-schicht und der Cu20-Schicht mit überschüssigem Sauerstoff eine

— 25 —

dünne Schicht aus reinem Cu20 anzunehmen, die eine materielle

Sperrschicht darstellen konnte. Das System wurde dann durch

folgendes elektrisches Schema wiedergegeben:

Überschußleiter

metallisches Cu

Isolierschicht

reines Cu20

Defekthalbleiter

halbleitendes Cu20

Zunächst soll nun ein kompakter und homogener halbleitender

Oxydulkorper (z. B. Cu20-Einkristall) betrachtet werden. Wie

schon im Abschnitt über die Leitfähigkeit des Oxyduls angenom¬

men wurde, kann jede einzelne Storstelle und damit der ganze

Oxydulkorper durch ein äußeres Feld polarisiert werden. Indem

sich die „gelockerten" Valenzelektronen in der Richtung gegen

die Anode verschieben, erzeugen die gegenüber der Kathode an¬

gehäuften Elektronenlucken (Defektelektronen) eine positive

Raumladung (Fig. 2). Im Innern des Halbleiters findet also eine

Verschiebung von Elektronen -statt, die von der Storstellendichte

abhangt und nur soweit geht, bis samtliche Elektronenlucken

gegenüber der Anode „ausgefüllt", bezw. neutralisiert sind. Wer¬

den die Elektroden umgepolt, so ändert auch die Polarisation

ihr Vorzeichen.

Fig. 2. Polarisation im halbleitenden Cu20 durch Einwirkung eines

äußern Feldes

+ Cu Cu (-) Cu+ (-) Cu+ —

+ O O o o O O —

+ (-) Cu+ Cu Cu Cu Cu —

+ Cu Cu Cu (-) Cu+ Cu —

+ O O O O O O —

+ Cu (-) Cu+ Cu (-) Cu+ —

Isolierschichtt

Isolierschicht

(-) = Leerstelle im Cu'-Oirter

Cu+ = positive Elektronenlucke (Defektelektron)

Dabei gehe ich von der wichtigen Annahme aus, daß hier,im Gegensatz zu den Uberschußhalbleitern, keine negative Raum¬

ladung in Form von überschüssigen Elektronen auftritt. Da der

— 26 —

Fig. 3. Defektelektronen-Konzentration im Kupferoxydulgleichrichtermit künstlicher Sperrschicht

IE M W

\

I \ Iff riîrTrrnTrrrr^—

. i

Fig. 4. Defektelektronen-Konzentration im gewöhnlichen

Kupferoxydul-Oleichrichter

I Elektrode

II SperrschichtIII Halbleiter

IV Gegenelektrode

Fig. 3

z. B. AI

z. B. A1203

kompaktes CuaO

z. B. Graphit

Fig. 4

Cu

reines Cu20

aufgewachsenes Cu20

z. B. Graphit

1 mittlere Defektelektronen-Konz. (Ruhezustand)2 Defektelektronen-Konz. in Durchlaßrichtung (Elektronenstrom I- —» IV+)3 Defektelektronen-Konz. in Sperrichtung (Elektronenstrom 1+ <— IV-)

R positive Raumladung

— 27 —

Oxydulkörper mit den Elektroden nicht leitend verbunden ist.

findet kein Abfließen der Ladungen statt. Wird nun aber, wie in

Fig. 3 gezeigt wird, die rechte Elektrode mit dem Oxydul in

Verbindung gebracht, während das isolierende Intervall zwischen

der linken Elektrode und dem Halbleiter erhalten bleibt, so haben

wir ein unsymmetrisches System mit Qleichrichtereigenschaftenvor uns.

Fig. 3 zeigt, daß, in Durchlaßrichtung, das äußere Feld ge¬

genüber der Kathode eine positive Raumladung erzeugt, und bei

einer bestimmten Grenzfeldstärke durchschlagen die an der Ka¬

thode austretenden Elektronen die dünne Isolierschicht, worauf

ein. kontinuierlicher Stromfluß einsetzt. Werden die Elektroden

umgepolt (Sperrichtung), so fließen die positiven Ladungsträger

(Defektelektronen) von der Isolierschicht weg ins Innere des Halb¬

leiters und, da die zurückbleibende negative Raumladung (Cu'-

Leerstellen, bezw. 0"-Ionen) unbeweglich ist, erscheint eine Strom¬

leitung durch die Isolierschicht unmöglich.

Geht man nun einen Schritt weiter und ersetzt das bisherigeSchema:

Leiter

Graphit

Leiter

z. B. AI

1 Isolierschicht

1 Al203

Homogener Defekthalbleiter

Cu20

ch das Schema:

Leiter Defekthalbleiter

schlecht leitend gut leitend

Leiter

z. B. Cu au gewachsenes Cu2Q Graphit

das dem Kupferoxydulgleichrichter am nächsten kommt, so läßt

sich auch hier entsprechend dem bisher Gesagten leicht eine Er¬

klärung für die Gleichrichterwirkung dieses Systems finden.

Fig. 4 zeigt den Verlauf der Defektelektronenkonzentration

in Durchlaß- und Sperrichtung, unter der Annahme, daß die Stör¬

stellenkonzentration im aufgewachsenen Oxydul von außen gegen

das Mutterkupfer kontinuierlich und linear bis auf Null abnehme.

In diesem Fall erkennt man, daß die dünne Isolierschicht, die

an der Grenze des Oxydulkörpers gegenüber dem Mutterkupfer

— 28 -

angenommen werden muß, und die offensichtlich aus reinem Cu20bestehen würde, in der Durchlaßrichtung vollständig „über¬schwemmt" wird, während sie sich in der Sperrichtung, infolgedes Abfließens der positiven Ladungsträger, weit ins Innere des

Halbleiters ausdehnt.

Auf Grund der hier entwickelten Theorie läßt sich nun die

Erscheinung, daß der Durchlaßstrom und damit auch die Gleich¬

richterwirkung eines gewöhnlichen Kupferoxydul-Gleichrichtersunter 0,2 Volt Spannung verschwindend klein ist, über 0,25 Volt

jedoch rasch ansteigt, leicht erklären; denn zur Polarisation, bezw.

Erzeugung der positiven Raumladung, ist eine bestimmte Grenz¬

feldstärke notwendig.Die zeitabhängigen Erscheinungen des „Kriechens" und des

„Alterns", denen mit dieser Theorie kaum beizukommen ist, haben

ihren Ursprung wahrscheinlich mehr in reversiblen und irrever¬

siblen Vorgängen an der Oberfläche des Oxyduls, sowie entlangder Kristallitgrenzen.

In Bezug auf die Herstellung der Gleichrichterelemente hat

man nach obiger Theorie folgende Punkte zu beachten :

1. Die Störstellenkonzentration muß groß sein und zwar bis

möglichst nahe ans Mutterkupfer (Temperung und anschließendes

Abschrecken).

2. Die Gegenelektrode muß möglichst innig und sperrschicht¬frei mit dem Oxydulkörper verbunden sein. Sie darf weder oxy¬

dierende noch reduzierende Wirkung auf das Oxydul ausüben.

3. Ein Temperaturgefälle vom Mutterkupfer zur Gegen¬elektrode wird die Gleichrichterwirkung verstärken.

C. Die thermische Oxydation von festem Kupfer

Nach Biltz[\20] oxydiert metallisches Kupfer in Gegenwartvon Sauerstoff nach den Formeln:

2Cu + 7202 -» Cu20 + 39,4 kcal (20° C)Cu + V2O2 -» CuO f 36,4 kcal (20° C)

Cu20 + V202 ^± 2CuO+ 33,4 kcal (20 ° C)

— 29 —

Schon bei gewöhnlicher Temperatur überzieht sich frisch re¬

duziertes Kupfer durch Einwirkung von trockenem Sauerstoff

oder trockener Luft mit einem Oxydfilm von 10—20 À Dicke. Eine

in Luft, Wasser oder Benzol polierte Kupferoberfläche zeigt sogar

einen Oxydfilm von 30—70 À [128]. Bei höheren Temperaturennimmt die Filmdicke rasch zu, so daß bei 200° schon in kurzer

Zeit Interferenzfarben auftreten, was auf Schichtdicken von einigenHundert À zurückzuführen ist [130].

Erhöht man die Temperatur auf über 550 °, so beobachtet man

auf der primär gebildeten Oxydschicht, die zur Hauptsache aus

Cu20 besteht, Nadelkristalle, die der Oberfläche ein samtschwar¬

zes Aussehen verleihen. Bei Temperaturen über 750 ° „verschmel¬zen" die Enden dieser Kristalle zu einer grauen Kruste, die bei

Temperaturen über 1025° einer glasartigen, purpurroten Cu20-Schicht Platz macht. Bei 1025° erreicht der Dissoziationsdruck

des CuO den Sauerstoffpartialdruck der Luft.

Die obere Grenze der Oxydationstemperatur wird durch

den Schmelzpunkt des Eutektikums Cu • Cu20 (1065°) und den

Schmelzpunkt des Kupfers (1083°) festgelegt, doch hat man bei

allen Oxydationsversuchen die hohe Reaktionswärme in Rechnungzu stellen, die bewirkt, daß die Temperatur der Probe und damit

die eigentliche Oxydationstemperatur oft Wesentlich über der

Ofentemperatur liegt.

1. Zusammensetzung und Struktur der Oxydulschichten

Mit Hilfe der elektrolytischen Reduktionsmethode untersuch¬

ten Campell und Thomas [128] die Zusammensetzung von Oxydul¬filmen bis zu einer Dicke von etwa 1500 À. Dabei zeigte sich die

interessante Tatsache, daß Filme unter etwa 600 À (400—800 À)

unabhängig von derOxydationstemperatur, bezw. Oxydationsdauer,aus reinem Cu20 bestehen, während dickere Filme stets einen

geringen Gehalt an überschüssigem Sauerstoff (CuO) aufweisen.

Diese „kritische Filmdicke" hängt jedoch von der Reinheit des

Kupfers und von der Zusammensetzung der Oxydationsatmosphäre

ab[130].

— 30 —

Während die bei hohen Temperaturen (über 1025° in Luft)gebildeten Oxydschichten wieder aus fast reinem Cu20 bestehen,

lassen sich bei mittleren Temperaturen stets 2 Schichten unter¬

scheiden, eine innere, grobkristalline, die vorwiegend aus Cu20besteht, und eine äußere, feinkristalline aus CuO.

Oxydulschichten, die viel CuO enthalten, neigen zum Abblät¬

tern. Dabei wird eine hellrote, feinkristalline Schicht freigelegt,die fest auf dem Mutterkupfer haftet und aus etwa 60 <y0 Cu20und etwa 40 °/o Cu bestehen soll [92]. Es scheint erwiesen zu sein,

daß, besonders bei dickeren Schichten, die Kupferkristalle nicht

orientierend auf das Wachstum der Oxydkristalle einwirken. Letz¬

tere wachsen säulenartig als fünf- oder sechseckige Prismen durch

die ganze Schicht. Ihre Grenzen stimmen nicht mit den Kristall¬

grenzen des darunter liegenden Kupfers überein. Wird eine

Kupferfolie vollständig durchoxydiert, so läßt sich der gebildete

Cu20-Körper in 2 Hälften teilen.

Die Kristallitgröße nimmt mit der Schichtdicke (Oxydations¬

dauer) und mit der Oxydationstemperatur zu. Bei tieferen Tem¬

peraturen (unter 850°) zeigen die Kristallite verschiedene Höhe.

Tempert man eine Probe in C02-Atmosphäre, so beobachtet man

ebenfalls Kristallwachstum, d. h. benachbarte Kristalle können von

einem wachsenden Kristall „aufgezehrt" werden (Rekristallisa¬

tion). Besonders große Kristalle erhält man durch Oxydation bei

tiefer Temperatur und anschließender Temperung bei hoher Tem¬

peratur in C02-Atmosphäre[114].Wird Kupfer in Gegenwart von Spuren von Os geglüht, so

zeigt die noch blanke Metalloberfläche abgerundete Kristall¬

buckel aus Oxydul, die bei längerer Oxydationsdauer eine zusam¬

menhängende höckerige Schicht von 500—1000 Â Dicke bilden,die nach der Kupferstruktur orientiert ist [114].

2. Oxydation von Cu20 zu CuO

Die Geschwindigkeit der Oxydation von grobkristallinem

Cu20 auf Kupfer zu CuO ist sehr klein und erreicht im Gebiet

von 750—850° ihr Maximum. Die Dicke der CuO-Schicht beträgtstets nur ein Bruchteil der gesamten Schichtdicke. Das CuO zeigt

— 31 —

im Gegensatz zum CusO stets feinkristallinen Aufbau, und es

läßt sich kein Kristallwachstum erkennen. Die Kristallitgröße ist

unabhängig von der Temperatur. Über 850° beobachtet man

jedoch öfters Orientierung nach dem darunter liegenden Cu20.

Liegt der Sauerstoffpartialdruck wesentlich über dem Dissozia¬

tionsdruck des CuO, so ist das primär gebildete Cu20 schon in

kurzer Zeit von einer dünnen CuO-Schicht bedeckt, durch die die

Farbe des Cu20 matt hindurchscheint. Bei längerer Oxydation

wird die Oberfläche grau. Zwischen 650 und 750° entsteht ein

schwarzer Flaum von unorientierten Nadeln. Liegt der 02-Partial-

druck jedoch nur wenig über dem Dissoziationsdruck des CuO,

so bilden sich auf der glasigen Cu20-Schicht schwarze kreisrunde

Flecken aus CuO, die allmählich zusammenwachsen.

Murison [123] beobachtete, daß die Oxydationsgeschwindig¬keit von Cu20 zu CuO in Gegenwart von C02 oder S02 stark her¬

abgesetzt ist.

3. Die Geschwindigkeit der Oxydation von Kupfer

Die Oxydationsgeschwindigkeit von Kupfer wurde eingehend

untersucht von Pilling und Bedworth[\\0], Dunn\\\2], Tam-

mann [113] und Feitknecht [114]. Alle diese Arbeiten zeigen in

Übereinstimmung mit den eigenen Versuchen, daß die Oxydation

von reinem kompaktem Kupfer im großen und ganzen nach der

parabolischen Gleichung

x2 = k-t (1)

vor sich geht, wobei x die Gewichtszunahme (bezw. Schicht¬

dicke), t die Oxydationsdauer und k eine Konstante bedeuten.

Nach Pilling und Bedworth [110] wird diese Gleichung im Tem¬

peraturbereich 600—1000° ziemlich genau erfüllt.

Bei genauerer Nachprüfung der Ergebnisse findet Feit-

knecht[\\A\, daß, besonders bei Oxydation in reinem Sauerstoff,

die Oxydationsgeschwindigkeit zu Beginn größer ist als der para¬

bolischen Gleichung (1) entsprechen würde und k erst bei dicke¬

ren Schichten konstant wird. Er führt dies auf eine Abnahme

der Durchlässigkeit der Oxydschicht zurück.

— 32 -

Zwischen 600 und 1000° gilt ziemlich genau:

k = a-ebT (2)

wenn der Sauerstoffpartialdruck der Atmosphäre über dem Disso¬ziationsdruck des CuO liegt, d. h. bei einer gegebenen Tempera¬tur T und unter Bedingungen, bei denen die Bildung von CuO

möglich ist, übt der Sauerstoffdruck keinen Einfluß auf die Oxy¬dationsgeschwindigkeit aus. Liegt der Sauerstoffdruck jedochunter dem Dissoziationsdruck des CuO, so nimmt k ungefähr pro¬portional dem log. des 02-Partialdruckes ab [114].

Es scheint, daß die Oxydationsgeschwindigkeit zu Beginn derReaktion durch die Anwesenheit von Wasserdampf, N2, C02 etc.

vergrößert wird.

4. Oxydationstheorien

Die meisten Forscher, die sich mit der Oxydation von Kupferbeschäftigt haben, schreiben dem Sauerstoff die aktive Rolle beim

Oxydationsvorgang zu, d. h. sie nehmen an, daß der Sauerstoffdurch die bereits gebildete Oxydschicht diffundiert und an der

Grenzfläche Oxydul/Mutterkupfer mit dem Metall reagiert. IhreAnsichten unterscheiden sich nur in der verschiedenen Aufstel¬

lung des Diffusionsgesetzes. So erklärt Feitknecht\\\\\ die Ab¬

weichungen vom Parabelgesetz mit der Überlagerung von 2 Dif¬

fusionsvorgängen, der Diffusion des Sauerstoffs durch die Cu20-Kristallite und der Diffusion entlang der Kristallgrenzen.

Ein Beweis für die Richtigkeit der Sauerstoffdiffusions¬theorien wurde bisher nicht erbracht. Demgegenüber gelang es

Wagner [119] nachzuweisen, daß im System Ag/Ag2S/S das Ag-Atom durch die Sulfidschicht zum Schwefel diffundiert und aufGrund seiner Leitfähigkeitsmessungen am System Cu/Cu20/02glaubt er annehmen zu dürfen, daß die Metallatome, und zwar

hauptsächlich in Form von Cu'-Ionen und Elektronen, durch die

Cu20-Schicht diffundieren [127].Nach Mott [ 131 ] geht es um die Frage: Diffundiert der Sauer¬

stoff oder das Metall durch die Oxydschicht? Nach meiner Auf¬

fassung ist diese Fragestellung unglücklich, denn sie vernachläs¬

sigt das Problem der Ionendiffusion. Sie lautet besser: An welcher

— 33 —

Stelle des Systems Cu/Cu20/02 findet eine chemische Reaktion

statt? Man hat also folgende 4 Möglichkeiten zu untersuchen:

a) Reaktion ausschließlich an der Grenzfläche Me/Oxydul:

(02-Molekül diffundiert durch Cu20 und reagiert mit Cu.)

Dieser Vorgang erscheint unwahrscheinlich, wenn man die

Größe des 02-Moleküls mit den Abständen im Cu20-Gitter ver¬

gleicht.

b) Reaktion ausschließlich an der Grenzfläche Cu2Of02:

(Cu-Atome diffundieren durch Cu20 und reagieren mit 02.)

Da das Cu-Atom wesentlich kleiner ist als das 02-Molekül,wäre die Löslichkeit im Cu20-Gitter eher möglich. Da man im

Cu20 jedoch immer einen gewissen Cu-Unterschuß und nie einen

Gu-Überschuß nachweisen kann, erscheint auch diese Annahme

abwegig.

c) Reaktion im Innern der Cu20-Kristalle:

(02-Moleküle und Cu-Atome diffundieren gegeneinander.)

Hier gilt das unter a) und b) Gesagte.

d) Reaktion an beiden Grenzflächen (Ionendiffusion).

Hier lassen sich folgende Teilvorgänge annehmen:

a.) Reaktion an der Grenzfläche Cu20/02.

2Cu20 + 02 -> 4CuOoder

4Cu- +• 02 —- 4Cu" + 2 0"

Gewisse Cu'-Ionen an der Oberfläche der Oxydulschicht werden

zu Cu''-Ionen oxydiert. Durch diesen Vorgang wird das örtliche'

Cu'-Gitter aufgelockert, da jedem Cu"-Ion eine Leerstelle im Cu-

Gitter entspricht, d. h. die Bewegungsfreiheit der Cu-Ionen und

insbesondere der Cu-'-Ionen wird erhöht. Diese Cu"-Ionen (bezw.Leerstellen) diffundieren nun gegen das Mutterkupfer, und an der

Grenzfläche Cu20/Cu findet folgende Reaktion statt:

- 34 —

ß) Reaktion an der G r en zf lä ch e C u20/C u.

Cu + Cu"+ Leerstelle -* 2Cir

Die ankommenden Leerstellen werden durch neugebildete Qr-

Ionen ausgefüllt. Die Cu*-Ionen bewegen sich also durch Platz¬

wechsel von Leerstelle zu Leerstelle in der Richtung Oxydulober¬

fläche. Wahrscheinlich diffundiert nicht das Cu"-Ion als solches

gegen den Strom der Cu'-Ionen, sondern Elektronen wandern

sprungweise von Leerstelle zu Leerstelle zur Oxyduloberfläche.Die Oxydationsgeschwindigkeit läßt sich also zurückführen

auf die Diffusionsgeschwindigkeiten von Cu--Ionen und Elektronen.

Bezeichnet man nun die Cu'-Ionenkonzentration an der Grenz¬

fläche Cu/Cu20 mit c1; die Cu'-Ionenkonzentration an der Grenz¬

fläche Cu20/02 mit c2, so folgt für die Anzahl Z der Cu--Ionen,

die pro Zeiteinheit durch eine Flächeneinheit diffundieren:

Z = D •^=^ (3)

x

(D = Diffusionskoeffizient, x = Schichtdicke,

— = Konzentrationsgradient.)

Ist v das Volumen des Oxydes pro Qr-Ion, so folgt für die

Wachstumsgröße :

^= Z • v =

D-v-(c'-c2>(4>

dt x

oderx2 = 2 • D • v • t • (d — Cj) (5)

Da cx eine Konstante darstellt, läßt sich die Gleichung folgender¬maßen schreiben:

x2 = (A - B • c2) • t (6)

Daraus ersieht man, daß unter Bedingungen, bei denen alle Cu--

Ionen an der Oberfläche zu Cu"'-Ionen oxydiert werden (c2 = O),d. h. vor allem bei fortgeschrittener Oxydation, die Oxydationsge¬

schwindigkeit bei einer bestimmten Temperatur nur noch von der

Oxydationsdauer abhängen muß, was mit den Versuchsergebnissenübereinstimmt.

— 35 —

Nach den Versuchen von Dunn[\\2] verläuft die Oxyda¬

tionsgeschwindigkeit von zahlreichen Metalloberflächen in Sauer¬

stoff nach dem Ansatz:

log (Oxydationsgeschwindigkeit) = -=r + C (7)

Als Maß für die Oxydationsgeschwindigkeit benützt der Autor

die Oxydationskonstante, nämlich die pro cm2 und Stunde aufge¬nommene Sauerstoffmenge in Grammen.

Während das bekannte Parabelgesetz (6) häufig in einem

gewissen Zeitabschnitt des Anlaufvorganges gut stimmt, muß nach

Fischbeck, Neundeubel und Salzer [121] vom Beginn des Anlauf¬

vorganges an über eine größere Zeitspanne t mit dem Ansatz

a • x + ^ = k • t (8)

gerechnet werden. Hierin bedeutet wiederum x die Schichtdicke

und t die Anlaufzeit. Zu diesem Ansatz gelangt man, wenn in

Gl. 4 die wirksame Schichtdicke des Diffusionsgefälles statt durch

x durch a -f- x gemessen wird, wobei a eine Konstante bedeu¬

ten soll.

Ganz am Anfang der Oxydation, solange x •< a ist, gilt dann

die lineare Gleichung:a • x c^ k • t (9)

und erst wenn x>>a geworden ist, verläuft der Anlaufprozeß nach

der Gleichung:x2 oo 2 k • t (10)

Im Zwischengebiet mit hinreichend kleinen Werten von x

kann man Gl. 8 in folgender Weise umformen: Indem wir auf

beiden Seiten 1 zufügen und durch a2 dividieren, folgt:

1 ,x

,

l (XV ,k-t -

,*,*

^T + T-It)=

l+-ir~e. (II)

und daraus:

a

•(ea-l) "(12)

— 36 —

Diese Form des Zeitgesetzes hatten schon vor längerer Zeit

Tammann und Köster [108] vorgeschlagen.Bei der Ableitung der obigen Zeitgesetze geht man von der

Annahme aus, daß die Diffusion der Ionen vollkommen gleich¬

mäßig durch die Anlauffläche hindurch erfolgt und der gasför¬

mige Sauerstoff nur an der Oberfläche fixiert wird. Beim prakti¬schen Versuch entstehen nun offenbar durch das Vorhandensein

der Kristallgrenzen erhebliche Störungen. Besonders am An¬

fang wird man auch mit einer merklichen Diffusion von Sauer¬

stoffgas längs der Kristallitgrenzen ins Innere des Oxyduls zu

rechnen haben. In der Tat kann man bei der Oxydation des Kupfers

feststellen, daß das Mutterkupfer unter den Kristallgrenzen stärker

korrodiert wird. Dies erklärt zum Teil die Überhöhung der Wachs¬

tumsgeschwindigkeit des Oxyduls zu Beginn der Oxydation. Damit

im Zusammenhang steht wohl auch die Bildung der „Kristall¬buckel" zu Beginn der Oxydation. Diese vergrößern die Oberfläche

und damit die Eintrittswege des Sauerstoffs. Im weitern Verlauf

der Oxydation wachsen dann die Kristallbuckel zu einer kompak¬

ten Fläche zusammen, wodurch der Eintritt von molekularem

Sauerstoff längs der Kristallgrenzen ins Innere des Kristallgefüges

stark gehemmt wird.

EXPERIMENTELLER TEIL

Bis heute scheint es nicht gelungen zu sein, mit Hilfe von

gewöhnlichen analytischen und röntgenographischen Methoden

die Zusammensetzung der aufgewachsenen Oxydulschichten zu

ermitteln, da der zu bestimmende Sauerstoffüberschuß, bezw.

Oxydgehalt, im allgemeinen zu gering ist.

Es wurde deshalb versucht, die elektrolytische Abbaumethode

von Miley [126,128,130], die zur Untersuchung von Oxydfilmen

auf Metallen dient, so zu erweitern, daß sie sich auch für dickere

Oxydulschichten eignet. Als Elektrolyt wurden dabei Ammon- und

Kaliumchloridlösungen verschiedener Konzentration verwendet.

Sämtliche Abbauversuche endigten mit einem Mißerfolg, da alle

über 0,001 mm starken Schichten ungleichmäßig angegriffen

werden.

Es drängte sich nun die Frage auf, ob durch Untersuchung

der Leitfähigkeit von Oxydulschichten, die unter verschiedenen

Bedingungen erzeugt wurden und durch messende Verfolgung der

Leitfähigkeit beim stufenweisen mechanischen Abbau der Schicht,

ein Einblick in den innern Aufbau derselben gewonnen werden

könne.

Im folgenden sind die wichtigsten Resultate der Versuche zu¬

sammengefaßt, die ich in dieser Richtung ausführte.

Leitfähigkeitsmessungen an thermisch auf Kupfer

aufgewachsenen Oxydulschichten

1. Ausführung der Oxydation und Temperung

Die aus durchschnittlich 0,360 mm starkem Elektrolytkupfer¬blech ausgeschnittenen und mit Salpetersäure (1:1) geätzten

Proben (20 • 40 mm) werden mit Hilfe eines Platindrahtes in den

— 38 —

Oxydationsofen eingebracht, sobald in diesem die gewünschteTemperatur und Atmosphäre herrscht. Der Ofen besteht zur

Hauptsache aus einem 100 cm langen Porzellanrohr von 30 mm

lichter Weite, das an beiden Enden durch wassergekühlte Flansche

gas- und vakuumdicht verschlossen werden kann. Das Oxydations-,bezw. Tempergas wird kontinuierlich durch den Ofen geleitet.Der Platindraht, an dem das Kupferblättchen hängt, ist am obern

Ende an einem Glasfaden befestigt, der nach Beendigung der

Oxydation oder Temperung durch Drehen eines Hahns zerstört

wird, ohne daß der Ofen geöffnet werden muß. Dabei fällt das;

oxydierte oder getemperte Plättchen in das am untern Ende des

Ofens angebrachte Abschreckgefäß.Die Messung der Ofentemperatur geschieht mit Hilfe eines

Pt-Pt.Ir-Thermoelements.

Die oxydierten und dann abgeschreckten Proben können ein

zweites Mal in den Ofen eingeführt, getempert und nochmals

abgeschreckt werden, oder man läßt sie nach der Oxydation in

verschiedenen Atmosphären und Temperaturen auf die zur Tem¬

perung notwendige Temperatur abkühlen.

Die Oxydations- und Temperversuche wurden bei Tempera¬turen zwischen 900 und 1050°, bezw. 450—600° durchgeführt und

zwar in folgenden Atmosphären :

1. Luft von gewöhnlichem Druck (720 mm Hg)2. Luft von vermindertem Druck (10—100 mm Hg)3. Gemisch von Stickstoff mit wenig Sauerstoff (1—5 o/o)

unter gewöhnlichem Druck (720 mm Hg).

2. Ausführung der Widerstandsmessungen

Zur Messung der Widerstände der Oxydulschichten bei Zim¬

mertemperatur wurde eine Quecksilberelektrode verwendet, be¬

stehend aus einem mit Quecksilber gefüllten, geschliffenen Glas¬

rohr von 1 cm2 innerem Querschnitt, das auf die Oxyduloberflächegepreßt wird. Diese Elektrodenanordnung hat außer der leichten

Handhabung den Vorteil, daß die eigentliche Kontaktfläche nur

wenig von der Ebenheit der zu messenden Oxydulschicht abhängt.

— 39 —

Zur Messung der Leitfähigkeit bei erhöhter Temperatur (20

bis 300°), sowie unter verschiedenem Aufsatzdruck der Gegen¬

elektrode wurde ein spezielles Leitfähigkeitsmeßgerät1) verwen¬

det, das zur Hauptsache aus einem feststehenden, jedoch aus¬

wechselbaren Meßstempel aus Stahl (Kontaktfläche: 0,01; 0,1;

1 cm2), einem beweglichen Gegendruckstempel und einem elek¬

trisch geheizten Blockofen besteht. Der Druck des Gegenstempels

wird über einen Hebel auf einen Waagebalken übertragen. Diese

Konstruktion erlaubt, die gewünschte Druckkraft durch ein zehn¬

mal kleineres Gewicht in der Waagschale zu erzeugen. Das zu

untersuchende Gleichrichterelement wird an einem Metallstreifen

in das Gerät eingehängt. Es läßt sich mit Hilfe zweier Meßschrau¬

ben beliebig in seiner Ebene verschieben, was eine Abtastung

der ganzen Oxydulfläche ermöglicht.Die Widerstandsmessungen wurden ausschließlich nach dem

in Fig. 5 dargestellten Schaltschema durchgeführt.

Fig. 5

1. Oxydulschicht 6. Voltmeter (150 V)

2. Mutterkupfer 7. Potentiometer

3. Gegenelektrode (Stahl oder Hg) 8. Spannungsteiler (10 M Q)4. Röhrenvoltmeter (Meßber. bis 1 V) 9. Taster

5. Amperemeter (Meßber. 3 mA bis 6 A) 10. Umpoler

Als Stromquelle diente der 8 Volt-Anschluß der Hausbatterie.

Die gewünschte Meßspannung (bis ca. 10 Volt) wurde mit dem

J) In der Werkstatt des Instituts durch die Herren Iseli und Starrer

hergestellt.

— 40 —

Potentiometer (7) einreguliert. Um mit dem Röhrenvoltmeter

(Meßber. 1 Volt) auch höhere Spannungen messen zu können,wurde dieses über einen hochohmigen Spannungsteiler (8) ge¬schaltet. Dabei diente das Voltmeter (6) als Eichinstrument. Da

die Temperatur der Oxydulproben bei hohen Stromstärken rasch

zunimmt, muß die Messung innert kürzester Zeit erfolgen, wes¬

halb ein Taster in den Stromkreis geschaltet wurde.

Durch diese Anordnung, bei der die Leitfähigkeit, bezw. der

Widerstand der aufgewachsenen Oxydulschicht zwischen dem

Mutterkupfer und einer Gegenelektrode aus Stahl oder Quecksilbergemessen wird, läßt sich aber der eigentliche Widerstand der

Oxydulschicht nicht bestimmen; vielmehr entspricht der erhaltene

Wert dem Gesamtwiderstand des Systems

Mutterkupfer j Oxydulschicht | Gegenelektrode

der sich aus folgenden Teilwiderständen zusammensetzt:

1. Widerstand des Mutterkupfers2. Widerstand des Kontaktes Mutterkupfer/Oxydul3. Widerstand des Oxyduls4. Widerstand des Kontaktes Oxydul/Gegenelektrode5. Widerstand der Gegenelektrode.

Dabei können jedoch 1 und 5 gegenüber 2, 3 und 4 vernachläs¬

sigt werden; die in unserem Falle angegebenen Widerstandswerte

müssen deshalb als Summe der Teilwerte 2 bis 4 betrachtet

werden.

Da die Fläche der vom Strom durchflossenen Oxydulschicht,besonders bei getemperten Proben, infolge der beträchtlichen Leit¬

fähigkeit des Oxyduls nicht mit der Fläche der Gegenelektrodeübereinstimmt (Streuung), ist es notwendig, die zu messende

Oxydulfläche von der übrige^ Schicht abzutrennen. Dies wird

durch eine mit Hilfe eines Reißzirkels in die Oxydulschicht einge¬ritzte Furche erreicht. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen,daß die entlang der Grenzfläche stattfindende Oberflächenleitungdurch diese Abgrenzung wesentlich verstärkt wird. Bei verschie¬denen Messungen wurde daher versucht, diesen Fehler möglichstkonstant zu halten, indem die Grenzfläche durch einen Lacküber-

— 41 —

zug gegen chemische und atmosphärische Einflüsse geschütztwurde.

Bei allen Temperungen entsteht auf der Oxydulschicht eine

je nach Dauer, Temperatur und Sauerstoffdruck dünnere oder

dickere Oxydschicht, die der Oberfläche ein samtartiges graues

Aussehen verleiht. Diese CuO-Schicht verursacht eine beträcht¬

liche Erhöhung des Gesamtwiderstandes, verbunden mit einer

starken Herabsetzung der Gleichrichterwirkung. Aus diesem

Grunde ist sie, wenn nichts anderes gesagt wird, durch Abschleifen

einer etwa 0,005 bis 0,010 mm dicken Schicht entfernt worden.

Auch bei ungetemperten Proben ist eine allerdings unsichtbare

CuO-Schicht vorhanden, die wahrscheinlich dann entsteht, wenn

das Element durch die kalte Luftsäule ins Abschreckbad fällt. Auch

hier wurde deshalb die Oberfläche mit Hilfe von Schmirgelpapier

(Nr. 0 und Nr. 00) geschliffen und poliert.Da der Widerstand einer aufgewachsenen Oxydulschicht außer

von der Richtung auch von der Größe der angelegten Spannung

abhängig ist, sind die Messungen im allgemeinen auf 1 Volt

Gleichspannung bezogen. Dasselbe gilt für den ebenfalls span¬

nungsabhängigen Gleichrichterkoeffizienten

PDurchlaßsfrom Sperrwiderstand

Sperrstrom Durchlaßwiderstand

Die Dicke der Oxydulschichten (0,005—0,200 mm) wurde durch

Messung der Blättchendicke, vor und nach der mechanischen Ent¬

fernung des Oxyduls, mit Hilfe eines Mikrometers ermittelt. Aus

dem gemessenen Widerstand (Ohm/cm2 Oxydulfläche) und der

Schichtdicke ließ sich der mittlere spezifische Widerstand

(Ohm • cm) des Oxyduls berechnen. Die Resultate der ausgeführ¬ten Untersuchungen sind in den Tabellen der folgenden Abschnitte

zusammengefaßt.

3. Untersuchung der Leitfähigkeit unter variablem Druck

Mit Hilfe der beschriebenen Meßapparatur prüfte ich die von

Wehner [94] durchgeführten Untersuchungen über die Druck¬

abhängigkeit der Durchlaß- und Sperrwiderstände nach. Durch

— 42 —

Auflegen von Gewichten (bis 2000 g) in die Waagschale des Ge¬

rätes konnten bei einer Stempelfläche von 1 mm2 Drucke im Be¬

reich von 0—20 kg, bezw. 0—2000 at erzeugt werden.

Es wurde nun der Verlauf des Durchlaß- und Sperrwiderstan¬des bei zunehmendem Aufsatzdruck ermittelt. Damit die dabei

auftretenden reversiblen und irreversiblen Änderungen einzeln be¬

stimmt werden konnten, reduzierte ich den Druck nach jeder Mes¬

sung wieder auf den Ausgangswert. Tabelle 3 zeigt den Verlauf

der Sperr- und Durchlaßwiderstände einer 0,037 mm starken

Oxydulschicht während und nach der Einwirkung des Druckes.

Der Ausgangsdruck beträgt 2 kg (200-at), der Enddruck 20 kg

(2000 at).Aus Tabelle 3 ist ersichtlich, daß der Sperrwiderstand bis

zu einem Druck von 12 kg (1200 at) unverändert bleibt, um dann

Tabelle 3.

Oxydationstemperatur :

Oxydationsatmosphäre :

Oxydationsdauer :

Nachbehandlung:

Dicke des Mutter-Cu:

Dicke der Oxydulschicht:Meßkonstante:

Stempelfläche:

1000°

Luft (15 mm Hg)5 Min.

Temperung (10 Min. bei 450—500°), ab¬

schrecken in dest. Wasser (20°), getrocknet,

geschliffen

0,325 mm

0,037 mm

10 Volt Gleichspannung1 mm2

Stempel¬druck

Widerstand

G

Widerstand bei 2 kg/mm2Stempeldruck O

Durchlaß- Sperr- Sperr- Durchlaß-

kg/mm3 Ohm/cm2 Ohm/cm2 Ohm/cm2 Ohm/cm2

2 6,7-10* 1,8-10' 38 6,7-10* 1,8-10' 38

4 6,7-10* 1,6-10' 42 6,7 10* 1,810' 386 6,7-10* 1,5-10' 45 6,7-10* 1,810' 388 6,7-10* 1,4-10' 48 6,7-10* 1,7-10» 39

10 6,7 10* 1,3-10» 51 6,7-10* 1,610» 42

12 6,7 10* 1,1-10' 61 6,7-10* 1,4-10» 48

14 3,3-10* 1,0 10' 33 5,0-10* 1,3-10» 38

16 2,2-10* 1,0-10» 22 2,2-10* 1,3 10» 17

18 1,8-10* 0,9-10' 20 2,0-10* 1,2-10» 17

20 1,710* 0,9-10' 19 1,7 10* 1,2-10» 14

— 43 —

plötzlich, wahrscheinlich infolge Zerstörung der Sperrschicht (Ab¬

scherung), rasch und irreversibel abzunehmen. Der Durchla߬

widerstand zeigt von 2 kg (200 at) bis 6 kg (600 at) eine rever¬

sible Abnahme von 1800 auf 1500 Ohm/cm2. Höhere Drucke (600

bis 2000 at) erzeugen eine zum größten Teil irreversible Herab¬

setzung des Durchlaßwiderstandes von 1500 auf 900 Ohm/cm2.

Der Qleichrichterkoeffizient zeigt unter wachsendem Druck

zunächst eine Zunahme, um dann bei einem Aufsatzdruck von etwa

13 kg (1300 at) an plätzlich wieder abzunehmen.

Diese Werte hängen jedoch stark von der Größe der Stempel¬

fläche, der Dicke der Oxydulschicht und des Mutterkupfers ab

und können nur bei Konstanthaltung dieser Faktoren reproduziert

werden. Bei einer Zunahme der Stempelfläche auf 1 cm2 oder

bei drei mal dickeren Oxydulschichten wachsen diese kritischen

Drucke auf etwa das Doppelte. Nimmt die Dicke des Mutterkupfers

ab, so wird die Druckempfindlichkeit erhöht, und zwar fallen die

kritischen Drucke bei Verdoppelung der Kupferschichtdicke um

etwa die Hälfte. Plättchen, bei denen die Oxydulschicht auf der

Rückseite entfernt wurde, zeigen eine 2—3 mal höhere Druck¬

empfindlichkeit.Unter diesen Einschränkungen stimmen meine Beobachtungen

mit denen Wehners [94] überein.

Auf Grund dieser Resultate vermute ich, daß Aufsatzdrucke

bis etwa 500 at nur den Kontaktwiderstand zwischen der Oxydul¬

fläche und der Gegenelektrode beeinflussen, ohne direkt auf die

Sperrschicht einzuwirken. Diese Annahme würde auch die Beob¬

achtung erklären, daß durch Verbesserung des Kontaktes Oxydul/

Gegenelektrode (z. B. durch Versilbern der Oxydulfläche) die

reversiblen Widerstandsänderungen weitgehend verhindert werden

können.

4. Einfluß der Oxydationsatmosphäre auf die Leitfähigkeit

Bei der Oxydation der Kupferplättchen unter verschiedenen

Sauerstoffpartialdrucken beobachtete ich, daß die Leitfähigkeit der

erzeugten Oxydulschicht in Durchlaßrichtung variiert. Sie ist

umso kleiner, je tiefer diese unter dem Dissoziationsdruck des

_ 44 —

CuO liegt. Bei Sauerstoffdrucken von 1—2 mm Hg und Oxyda¬tionstemperaturen zwischen 1000 und 1040° wurden 0,05—0,1 mm

starke Schichten erzeugt, die einen spez. Durchlaßwiderstand von

50 000—100 000 Ohm • cm und einen spez. Sperrwiderstand von

100 000—400 000 Ohm • cm aufwiesen. Bei Sauerstoffdrucken zwi¬

schen 50 und 100 mm Hg lagen diese Werte zwischen 10 000 und

50 000 Ohm cm, bezw. 100 000 und 300 000 Ohm • cm.

Es scheint also, daß der Sperrwiderstand durch die Oxyda¬tionsatmosphäre kaum beeinflußt wird.

Liegt der Sauerstoffpartialdruck über dem Dissoziationsdruck

des CuO, so erreicht der Durchlaßwiderstand (IV, 20 °C) der

Oxydulschicht ein Minimum von etwa 3 103 Ohm-cm.

Über die in gewissen Patentschriften erwähnten Zusätze von

Wasserdampf, Kohlendioxyd, Chlor, Brom, Borsäure wurden keine

Versuche angestellt.

Ganz allgemein kann also gesagt werden, daß ein hoher Sauer¬

stoffdruck bei hohen Oxydationstemperaturen (über 1000°C) die

Störstellenkonzentration und damit die Leitfähigkeit in Durch¬

laßrichtung und die Gleichrichterwirkung günstig beeinflußt.

5. Einfluß der Oxydationstemperatur auf die Leitfähigkeit

Wurden Kupferplättchen bei Temperaturen zwischen 900 und

1050° nach dem früher beschriebenen Verfahren oxydiert, so be¬

obachtete ich, daß die bei tieferen Temperaturen (900—950 °) er¬

zeugten Oxydulschichten oft zum Absplittern neigen, während

die über 1000° gebildeten Schichten im allgemeinen fest auf dem

Mutterkupfer haften. Das schlechte Haften des bei niedrigerTemperatur erzeugten Oxyduls auf dem Kupfer hängt wahrschein¬

lich mit der bei solchen Elementen häufig beobachteten inhomo¬

genen Verteilung der Leitfähigkeit über die ganze Fläche zu¬

sammen. So kann z. B. der Durchlaßwiderstand am Rand des

Plättchens ein Mehrfaches des Widerstandes in der Mitte betragen.Aus diesem Grunde beschränkte ich mich bei den weiteren

Untersuchungen auf Kupferblättchen, die bei Temperaturen zwi¬

schen 1000 und 1050° oxydiert wurden.

— 45 —

Zur Veranschaulichung des Einflusses der Oxydationstempera¬tur möchte ich folgende Beispiele anführen:

Tabelle 4.

Qxydationsdauer : 10 Min.

Oxydationsatmosphäre: Luft (720 mm Hg)

Nachbehandlung: Abschrecken in dest. Wasser (20°), getrock¬

net, geschliffen, poliert

Oxydations¬temperatur

Schicht¬

dicke

spezifischerSperr¬

widerstand

spezifischerDurchla߬

widerstand

Gleichrichter¬

koeffizient

»c

900

950

1000

mm

0,0350,0610,095

Ohm • cm

1.6-1051,5 -105

1,910s

Ohm • cm

1310'

11-10'

5,3-10'

12

14

36

Tabelle 4 zeigt, daß durch Erhöhung der Oxydationstempera¬tur von 900 auf 1000° der Sperrwiderstand leicht zunimmt, wäh¬

rend der Durchlaßwiderstand auf weniger als die Hälfte verrin¬

gert wird; mit anderen Worten: durch Erhöhung der Oxydations¬

temperatur wird der Gleichrichtereffekt gesteigert.Die Zunahme des Sperrwiderstandes ist sehr wahrscheinlich

darauf zurückzuführen, daß das Störstellen-Konzentrations-Oefälle

bei Erhöhung der Oxydationstemperatur flacher wird und so die

Ausdehnung der Sperrschicht ins Oxydul begünstigt.Die Abnahme des Durchlaßwiderstandes hängt vermutlich

mit der Sauerstoffdiffusion entlang der Kristallitgrenzen zusam¬

men, die durch die höhere Oxydationstemperatur verstärkt wird.

Darüber soll in einem der folgenden Abschnitte mehr ausgesagtwerden.

6. Einfluß der Oxydationsdauer auf die Leitfähigkeit

Die Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der Oxydationsdauer,bezw. von der Schichtdicke, tritt durch folgende Versuchsreihe

deutlich in Erscheinung. Sie zeigt, daß sowohl der Widerstand

(Ohm/cm2) als auch der spezifische Widerstand (Ohm • cm) in

— 46 —

Durchlaßrichtung mit der Oxydationsdauer zunimmt (Tab. 5 und

Tab. 6).

Gleichzeitig wird der spezifische Sperrwiderstand vermindert,während der Sperrwiderstand selbst nur wenig variiert. Dies un¬

terstützt von neuem die Annahme, daß der Sperreffekt vorwie¬

gend auf die Grenzfläche zwischen Mutterkupfer und Oxydul be¬

schränkt ist.

Tabelle 5.

Oxydationstemperatur: 1000—1020°

Öxydationsatmosphäre: Luft (720 mm Hg)Nachbehandlung: Abschrecken in dest. Wasser (20°), getrock¬

net, roh

Dauer

der Oxy¬dation

Schicht¬dicke

Widerstand spezif. Widerstand Gleichrichter¬

koeffizientOSperr- Durchlaß- Sperr- Durchlaß-

Min.

2

3

5

10

15

20

mm

0,0400,0450,0600,1000,1250,160

Ohm/cm2

18Q0

2040

2130

2220

2280

2300

Ohm/cm3

130

143

185

264

312

346

Ohm cm

4,7 105

4,5 105

3,5 105

2,2-1051,8-1051,4 105

Ohm • cm

3,2-10*3,2 10*

3.1 10*

2,6-10*2,5 10*

2.2 10*

14,514,311,58,57,36,6

Darnach bewirkt also eine Zunahme der Oxydationsdauer von

2 auf 20 Minuten :

1. eine kleine Erhöhung des Sperrwiderstandes von etwa 1900

auf 2300 Ohm/cm2;2. eine Erhöhung des Durchlaßwiderstandes von 130 auf etwa

350 Ohm/cm2;3. eine Abnahme des spezifischen Sperrwiderstandes von

4,7-105 auf 1,4-105 Ohm-cm;

4. eine Abnahme des spezifischen Durchlaßwiderstandes von

3,2 104 auf 2,2-10* Ohm-cm (Fig. 6);5. eine Abnahme des'Gleichrichtereffektes von 14,5 auf 6,6.

Aus diesen Beobachtungen kann man den Schluß ziehen, daß

die mittlere Störstellenkonzentration der Oxydulschicht, die wir

nach unserer Annahme mit der Leitfähigkeit identifizieren, mit

— 47 —

wachsender Oxydationsdauer zunimmt. Dies ist leicht verständ¬

lich, wenn man berücksichtigt, daß zu Beginn der Oxydation in¬

folge der hohen Reaktionsgeschwindigkeit die Oxydationsatmo¬

sphäre in der Nähe 'der Probe an Sauerstoff verarmt und so die

Bildung der Störstellen erschwert wird.

Fig. 6. Abhängigkeit der Leitfähigkeit in Durchlaßrichtung von der

Oxydationsdauer

Ohm-7, cm'7

4.40 *

3.40-*

2. HD'

tfo-

gresc/f////èr>

—o-o—o—

roh

Ojtya/<3f/onsc/3L

fO zort/n.

Entfernt man die äußerste, etwa 0,005 bis 0,010 mm dicke

Schicht des Oxydes durch mechanisches Abschleifen und Polie¬

ren, so zeigt die Leitfähigkeit einen ganz andern Verlauf. Als we¬

sentlicher Unterschied macht sich hier eine starke Erhöhung des

spezifischen Durchlaßwiderstandes mit zunehmender Oxydations¬dauer bemerkbar (Tab. 6, Fig. 6). Dieser entgegengesetzte Ver¬

lauf beweist, daß die äußerste Schicht des Oxyduls eine sehr ge-

— 48 —

ringe Leitfähigkeit besitzt. Es muß deshalb angenommen werden,

daß bei zunehmendem Sauerstoffüberschuß (CuO-Qehalt) das

Oxydul schließlich seine Struktur ändern muß (z. B. durch

Cu2OCuO-Mischkristallbildung), was einer Herabsetzung der

Leitfähigkeit in Durchlaßrichtung gleichkäme.

Tabelle 6.

v Oxydationstemperatur: 1000—1020°

Oxydationsatmosphäre: Luft (720 mm Hg)Nachbehandlung: Abschrecken in dest. Wasser (20°), getrock¬

net, geschliffen, poliert

Dauer

der Oxy¬dation

Schicht¬

dicke

Widerstand spezif. Widerstand Gleichrichter¬

koeffizient

OSperr- Durchlaß- Sperr- Durchlaß-

Min.

2

3

5

10

15

20

mm

0,0300,0350,0500,0950,1200,155

Ohm/cm3

1900

1400

2200

1850

1700

1800

Ohm/cm3

9

14

23

50

82

140

Ohm • cm

6.3 105

4,0 105

4.4 105

1,9-1051,4 105

1,2 105

Ohm cm

3,0-1034,0 103

4,6-1035,3 103

6,8 103

9,0-103

211

100

96

37

21

13

Der Gleichrichtereffekt nimmt also auch hier mit wachsender

Oxydationsdauer rasch ab.

7. Zusammenhang zwischen Kristallitgröße und Leitfähigkeitin Durchlaßrichtung

Die schon von Feitknecht [114] gemachte Beobachtung, daß

die Größe der Oxydulkristallite mit wachsender Oxydationsdauer

infolge eines Rekristallisationsvorganges zunimmt, läßt einen

direkten Zusammenhang zwischen Kristallitgröße und Leitfähig¬keit vermuten.

Ätzt man die Oxyduloberfläche mit Salpetersäure oder noch

besser mit einer konzentrierten Kaliumcyanidlösung, so kann der

mittlere Durchmesser der Kristallite mit Hilfe eines Metallmikro-

skopes leicht bestimmt werden. Macht man nun die vereinfachende

Annahme, daß die Oxydulschicht aus lauter gleich großen regu-

— 49 —

lären sechsseitigen Prismen mit zur Oxyduloberfläche senkrechter

Hauptachse bestehe, so läßt sich aus der Kristallitgröße, bezw.

Anzahl der Kristalle pro Flächeneinheit, die Länge der Kristallit-

grenzen berechnen.

Tabelle 7 zeigt nun, daß zwischen der Leitfähigkeit einer von

der Oxydationstemperatur aus in kaltem Wasser abgeschreckten

(ungetemperten) Probe und der Länge der Kristallgrenzen Pro¬

portionalität besteht.

Tabelle 7.

Oxydationstemperatur: 1000—1020°

Oxydationsatmosphäre: Luft (720 mm Hg)Nachbehandlung: Abschrecken in dest. Wasser (20°), getrock¬

net, geschliffen, poliert

Dauer Anzahl mittlerer Länge derLeit¬

fähigkeit

Leitfähigkeitder Oxy¬ Kristalle Kristall¬ Kristallgrenzen pro Kristall¬dation pro mm2 durchmesser pro cm2 grenzlänge

Min. mm cm Ohm-1 • cm-1 Ohm-1 . cm-2

2 1500 0,020 450 3,3 10* 7,3-10'3 1000 0,025 380 2,5-10* 6,6-1075 700 0,035 370 2,2-10* 6,0-10710 400 0,050 300 1,9 10* 6,3 107

15 300 0,055 250 1,5-10* 6,0 10720 200 0,060 180 1,1-10* 6,1 107

Auf Grund meiner Vorstellungen vom Leitungsmechanismusim halbleitenden Oxydul kann deshalb angenommen werden, daß

die Störstellenkonzentration entlang der Kristallitgrenzen im Ver¬

gleich zu derjenigen im Innern der Kristalle relativ groß ist. Mit

andern Worten: die Stromleitung erfolgt wahrscheinlich vorwie¬

gend entlang der Kristallgrenzen.

Dies würde auch folgende Erscheinungen erklären:

1. Wird eine Oxydulschicht galvanisch verkupfert, so scheidet

sich das Kupfer zunächst netzförmig entlang der Kristallitgren¬zen ab.

2. Jede Ätzung der Oxyduloberfläche setzt die Leitfähigkeitdes kristallinen Oxyduls stark herab. Dabei werden die Kristall¬

kanten, bezw. die Grenzstellen, stärker korrodiert, und die ent-

— 50 —

stehenden Furchen erschweren den Kontakt mit der Gegenelek¬trode. Zudem wird die Oberflächenleitfähigkeit, wahrscheinlich

durch die Entfernung des dünnen Oxydfilmes, vermindert. Durch

erneutes Polieren der Oberfläche kann der frühere Zustand wieder

hergestellt werden.

Meine frühere Annahme, daß bei der Kupferoxydation bei

hoher Temperatur die Cu'-Ionendiffusion durch eine Diffusion von

molekularem Sauerstoff entlang der Kristallitgrenzen überlagert

wird, scheint also auch in dieser Hinsicht berechtigt zu sein. Da

nach einer Sauerstofftemperung diese Abhängigkeit zwischen

Durchlaßwiderstand und Kristallitgröße verschwindet, liegt die

Vermutung auf der Hand, daß durch eine solche thermische Be¬

handlung ein Ausgleich der inhomogenen Verteilung der Stör¬

stellen über die ganze Fläche erzielt wird.

8. Einfluß einer Sauerstofftemperung auf die Leitfähigkeit

Seit etwa einem Jahrzehnt ist bekannt, daß durch eine Tem¬

perung zwischen 400 und 500° in sauerstoffhaltiger Atmosphäre

Tabelle 8.

Oxydationstemperatur :

Oxydationsatmosphàre :

Oxydationsdauer :

Temperung:

Nachbehandlung :

1010—1030°

Luft (720mmHg)5 Min. (anschl. in Wasser abgeschr.)500—550° in Luft (720 mm Hg)Abschrecken in dest. Wasser (20°), getrock¬net, geschliffen, poliert

DauerSchicht¬

dicke

Widerstand spezif. Widerstand Oleichrichter¬

der Tem¬ koeffizient

perung Sperr- Durchlaß- Sperr- Durchlaß- O

Min. mm Ohm/cm2 Ohm/cmo Ohm cm Ohm cm

0 0,070 380 25,0 54 000 3 600 15

5 0,065 300 3,5 46000 540 86

30 0,070 830 3,7 120000 530 225

60 0,055 590 2,7 110 000 490 220

120 0,070 770 3,0 110000 430 255

240 0,055 530 2,3 96000 420 230

360 0,075 630 3,1 84 000 410 200

— 51 —

die Leitfähigkeit von kompaktem Cu20 stark erhöht werden kann.

Heute wird diese Erkenntnis allgemein in der Praxis verwertet, um

die Leistungsfähigkeit der Kupferoxydulgleichrichter-Elemente zu

steigern.Über die Abhängigkeit der Sperr- und Durchlaßwiderstände

von der Dauer einer Sauerstofftemperung bei 500—550° (an¬schließendes Abschrecken in kaltem Wasser) geben die in Ta¬

belle 8 und Figur 7 zusammengestellten Resultate Auskunft.

a) Verlauf des Durchlaßwiderstandes während der Temperung.

Der Durchlaßwiderstand einer während 5 Minuten getemper¬ten Probe ist ungefähr 7 mal kleiner als der einer direkt von der

Oxydationstemperatur (1000°) aus in kaltem Wasser abgeschreck¬ten Probe. Eine länger dauernde Temperung (bis 6 Stdt.) bewirkt

nur noch eine kleine Zunahme der Leitfähigkeit (Fig. 7).

Fig. 7. Verlauf der spezifischen Widerstände wahrend der Temperung

Durchlaßwiderstand Spez. Sperrwiderstand

Ohm

cm

1O0O.' ~~—~^^ Sperrhf/c/ersfenc/

500' I "^"—-o~^_^^ ßurch/assMdersfana/ -

Ohm

cm

10.10*

5.10*

100 200 300 Min

b) Verlauf des Sperrwiderstandes während der Temperung.

Der Sperrwiderstand zeigt einen ganz andern Verlauf als der

Durchlaßwiderstand (Fig. 7). Eine kurze Temperung (5 Min.)bewirkt zunächst eine kleine Abnahme, aber schon nach wenigen

— 52 —

Minuten steigt er auf mehr als das Doppelte, um dann allmählich

wieder zu fallen. Die Unregelmäßigkeit zu Beginn der Temperungist wahrscheinlich durch den Ausgleich der hohen mechanischen

Spannungen bedingt, die beim Abschrecken der Probe von 1000°

auf 20° entstanden sind.

Im Bereich von 1 bis 150 mm Hg-Druck zeigte sich keine

Abhängigkeit der Temperwirkung vom Sauerstoffpartialdruck der

Temperatmosphäre.

Die in Fig. 7 dargestellten Widerstandskurven führen zu fol¬

genden Mutmaßungen:

1. In den ersten Minuten der Temperung werden die entlangder Kristallitgrenzen angehäuften Gitterstörstellen gleichmäßigüber die ganze Fläche verteilt und dadurch aktiviert (rasche Zu¬

nahme der Leitfähigkeit in Durchlaßrichtung).

2. Gleichzeitig wird jedoch an der Grenze Mutterkupfer/

Oxydul die „eingefrorene" Cu-Cu20-Lösung in reine Cu20-Kri-stalle und Cu • Cu20-Mischkristalle geschieden, was zur Bildungeines schlechtleitenden Intervalls führt (Abnahme der Leitfähig¬keil in Sperrichtung).

3. Bei fortgesetzter Temperung wandern weitere Störstellen

von der Oberfläche der Oxydulschicht (oder Kristallitgrenzen)

gegen das Mutterkupfer (langsame Zunahme der Leitfähigkeit in

Durchlaßrichtung), was zugleich eine Verminderung der Sperr¬schichtdicke zur Folge hat (langsame Zunahme der Leitfähigkeitin Sperrichtung).

Der Gleichrichtereffekt läßt sich also durch eine Sauerstoff-

Temperung von 20 bis 60 Minuten (je nach der Schichtdicke) bei

500—550 °ganz erheblich steigern.

9. Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der Schichtdicke

Verringert man die Schichtdicke einer Oxydulprobe durch

stufenweises mechanisches Abschleifen (die Ätzverfahren sind

wegen der mechanischen Spannungen weniger geeignet) und Po¬

lieren, so zeigen die Widerstandswerte einen je nach der Herstel¬

lung und Behandlung charakteristischen Verlauf.

— 53 —

Im folgenden sollen nun drei ungefähr gleich starke, jedochverschieden nachbehandelte Oxydulschichten in der eben erwähn¬

ten Weise näher untersucht werden:

Probe 1: wurde nach der Oxydation (1010—1030°, Luft,10 Min.) in Luft abgekühlt.

Probe 2: wurde nach der Oxydation (1010—1030°, Luft,10 Min.) in kaltem Wasser abgeschreckt.

Probe 3: wurde nach der Oxydation (1010—1030°, Luft,10 Min.) einer Temperung (500—550°, Luft, 6 Stdn.) unterworfen

und dann in kaltem Wasser abgeschreckt.

Tabelle 9.

Probe

Nr.

Schicht¬

dicke

Widerstand spezif. Widerstand Gleichrichter¬

koeffizient

GSperr- Durchlaß- Sperr- Durchlaß-

1

mm

0,1100,0900,0700,0500,030

Ohm/cm2

12 500

8 300

5 000

4 000

2 200

Ohm/cm2

870

625

525

475

425

Ohm cm

11,4-1059.2 105

7,1 105

8,0-1057.3 105

Ohm cm

7,9-10*6,9-10*7,5-10*9,5 10*

14,210*

14

13

10

8

/ 5

2

0,1200,1050,0850,0650,0450,025

500

455

435

385

310• 175

-

80,738,527,018,912,35,6

4.2 10*

4.3 10*

5,1 10*

5,9-10*6,9 10*

7,0-10*

6,7 103

3,7 103

3,2 103

2,9 103

2,7 103

2,2-103

6

12

16

20

25

31

3

0,1150,0950,0700,0500,030

665

625

600

350

230

16,45,03,12,82,5

5,8 10*

6,6-10*8.6 10*

7,0-10*7.7 10*

1430

525

440

560

830

40-

125

195

125

95

Aus Tabelle 10 ist also mit fortschreitendem Abbau der

Schicht folgender Verlauf der Widerstandswerte ersichtlich:

-f- = Zunahme

— = Abnahme

— 54 —

Tabelle 10.

Probe 1 Probe 2 Probe 3

Sperrwiderstandspezifischer SperrwiderstandDurchlaßwiderstand

spezif. DurchlaßwiderstandGleichrichterkoeffizient

1

1

1

+1

+

i

T

Maximum

Minimum

Maximum

Bei der in Luft abgekühlten Probe 1 nimmt die Qleich-

richterwirkung durch das Abschleifen immer mehr ab, bei der ab¬

geschreckten Probe 2 stetig zu, während die getemperte Probe 3

ein Maximum aufweist, das bei einer Schichtdicke von etwa

0,070 mm liegt.Es ist nun möglich, aus den Widerstandswerten vor und nach

dem Schliff die Leitfähigkeit der jeweils abgeschliffenen Oxydul¬

menge zu bestimmen. Allerdings dürfen in diesem Fall nicht die

bei konstanter Meßspannung (1 Volt) ermittelten Werte benutzt

werden, da diese mit der Schichtdicke, bezw. Feldstärke, va¬

riieren.

10. Verteilung der Leitfähigkeit in der Oxydulsdiicht

Durch messende Verfolgung der Schleifversuche mit einem

konstanten Meßstrom gelang es, die Verteilung der Leitfähigkeitin der Oxydulschicht zu ermitteln, indem jeweils der durchschnitt¬

liche spezifische Widerstand des entfernten Oxyduls berechnet

wurde.

Dabei wurde wieder die Beobachtung gemacht, daß der Sperr¬widerstand fast ausschließlich auf die Gegend der Berührungs¬fläche Mutterkupfer/Oxydul begrenzt erscheint.

Die Leitfähigkeit in Durchlaßrichtung besitzt, w'ie Fig. 8 zeigt,stets ein Maximum etwa in der Mitte der Oxydulschicht. Sie nimmt

sowohl gegen das Kupfer als auch gegen die Oberfläche hin be¬

trächtlich ab. Die in Luft von der Oxydationstemperatur auf Zim¬

mertemperatur abgekühlte Probe hat an jeder Stelle eine niedri¬

gere (Kurve 1), die getemperte Probe eine höhere Leitfähigkeit

— 55 —

(Kurve 3) als die von der Oxydattonstemperatur aus in Wasser

abgeschreckte Probe (Kurve 2). Diese Unterschiede können fol¬

gendermaßen erklärt werden:

Während der relativ langsamen Abkühlung in der Luft hat

das Kristallgitter Zeit, einzelne Ionenbereiche zu ordnen und so

Störstellen zu eliminieren. Beim Abschreckverfahren wird dies

weitgehend verhindert. Die Kurve der getemperten Probe 3 er¬

weckt den Anschein, als ob während der Temperung Cir-Ionen aus

dem Innern der Oxydulschicht gegen die Oberfläche wandern

würden, unter Zurücklassung von Störstellen, die eine Erhöhung

Fig. 8. Verteilung der Leitfähigkeit in einer aufgewachsenen Oxydulschicht

Oxydationstemperatur : 1020—1030°.

Oxydationsatmosphäre: Luft (720 mm Hg)

Oxydationsdauer : 10 Min.

Ohm'/. c/n~

0 0,05 QfO mm

1 Nachbehandlung: In Luft (20°) abgekühlt2 Nachbehandlung: In Wasser (20°) abgeschreckt3 Nachbehandlung: Abgeschreckt, getempert (500—550°, 6. Std.) und

nochmals abgeschreckt

— 56 -

der Leitfähigkeit bewirken. Dabei müßte allerdings die Bedin¬

gung erfüllt sein, daß mehr Cu'-Ionen nach der Oberfläche diffun¬

dieren als aus dem Mutterkupfer nachgeliefert werden können.

Dies ist sehr wahrscheinlich der Fall, denn bei mittleren Tem¬

peraturen (400—600°) können in gestörten Kristallgittern, z.B.

durch Platzwechsel, schon ganz beträchtliche Diffusionserschei¬

nungen auftreten, während das Gitter des reinen Oxyduls, das

sich direkt an der Grenze zum Mutterkupfer befindet, bei diesen

Temperaturen keine oder nur geringfügige Veränderungen erfährt.

11. Über die analytische Bestimmung des Sauerstoffübersdiusses

im Kupferoxydul

Wie schon früher erwähnt wurde, haben verschiedene Forscher

versucht, den Sauerstoffüberschußgehalt (bezw. CuO-Gehalt) in

gutleitenden kompakten Oxydulproben zu bestimmen. Die Resul¬

tate zeigen, je nach der angewandten analytischen Methode, großeUnterschiede:

Jusé und Kurtschatow'[11] finden jodometrisch bestimmte

Sauerstoffgehalte bis zu 1 Atom-°o, Wagner und seine Mitarbei¬

ter [15, 21, 45] kommen mit der chromometrischen Methode nur

auf etwa 0,3 Atom-°o, und schließlich findet Waibel [29], der den

SauerstoffÜberschuß durch Abpumpen bei 1000° und erneutes

Tempern gravimetrisch bestimmt, Werte von etwa 0,1 Atom-°/o,die er aber immer noch als zu hoch betrachtet.

Diese geringen Sauerstoffgehalte erfordern außerordentlich

empfindliche analytische Methoden.

Chi omometrische Bestimmung des SauerstoffÜberschußgehaltes.

Wagner und Hammen[45] arbeiteten mit folgender maßana¬

lytischer Methode nach Zintl und Rienäcker [145]:Sie lösen die Oxydulprobe in siedender Salzsäure auf und

titrieren mit 1/30-n. Chromosulfatlösung bei 80° den Gehalt an

Kupfer(2)-Ionen. Bei einer Einwaage von etwa 1/i0 Mol Cu20entspricht ein Skalenteil der Bürette (0,05 cm3) ungefähr 3 10 5

g-Atom O pro 1 Mol Cu20.

— 57 —

Infolge des kleinen Sauerstoffüberschusses ist man bei allen

analytischen Untersuchungen gezwungen, mit relativ großen Ein¬

waagen (einige Gramme) zu arbeiten. Aus diesem Grunde er¬

scheint eine analytische Untersuchung der Sauerstoffverteilung in

aufgewachsenen Oxydulschichten unmöglich, da die beim stufen¬

weisen Abschleifen anfallenden Oxydulmengen höchstens einige

Milligramme betragen.Es wurde jedoch der Versuch unternommen, eine chromo-

metrische Methode auszuarbeiten, mit der Gemische von Oxydulund Oxyd, bezw. Gemische von Kupfer(l)- und Kupfer(2)-Salzen,im Verhältnisbereich von etwa 1:20 bis 20:1 untersucht werden

können und zwar mit möglichst kleiner Einwaage.Nach Zintl und Rienäcker [ 145] und Sommer [146] läßt sich

das Kupfer in Kupfer(2)-Salzlösungen auf folgende 2 Methoden

mit Chromosalzlösungen titrieren:

1. Titration des Kupfer(2)-Ions in salzsaurer Lösung mit

Chromochlorid.

Die Kupfer(2)-Ionen werden zu Kupfer(l)-Ionen reduziert,worauf ein

*

scharfer Potentialsprung auftritt. ÜberschüssigesChromochlorür reduziert, besonders in schwach salzsauren Lösun¬

gen, allmählich zu metallischem Kupfer. Stark chloridhaltige Lö¬

sungen verhindern jedoch das Auftreten eines zweiten Sprunges,wahrscheinlich infolge der starken komplexen Bindung des Cu-

proions.Zu analytischen Zwecken wird daher ausschließlich der erste

Sprung (Cu*-—*Cu") benützt.

2. Titration des Kupfer(2)-Ions in schwefelsaurer Lösungmit Chromosulfat.

In schwefelsaurer Lösung ist das Cuproion sehr unbeständig,und es tritt eine leichte Dismutation nach der Gleichung:

2Cu- —>• Cu-+ Cu

auf, die sich durch eine Abscheidung von metallischem Kupferbemerkbar macht. Bei dieser Titration wird der erste Sprung

— 58 —

(Cu*- —*-Cu') zu Gunsten des zweiten Sprunges (Cw—* Cu) un¬

terdrückt. Auch diese Methode eignet sich ausgezeichnet für

Kupferbestimmungen.Es sollte nun Versucht werden, durch geeignete Kombination

der beiden vorstehenden Titrationsmethoden die scharfe Ausbil¬

dung beider Sprünge (Cu-- —>Cu' und Cu- —* Cu) zu erreichen,was eine Bestimmung sowohl des ein- als auch des zweiwertigenKupfers ermöglichen würde, ohne daß die zu untersuchende Probe

eingewogen werden müßte.

Die Ausbildung der beiden Sprünge bei wechselnder Salz- und

Schwefelsäurekonzentration und bei verschiedenen Temperaturenwurde untersucht. Als Titerlösung dienten 0,02 bis 0,04-n. Chromo-

sulfatlösungen, die durch Reduktion einer Bichromatlösung ge¬wonnen wurde (Zn-amalgam-Reduktor oder Elektrolyse). Sämt¬liche Titrationen wurden potentiometrisch durchgeführt unter Be¬

nützung von sauerstoffreiem Stickstoff als Spül-und Rührgas.Die beste Ausbildung beider Sprünge wurde bei einer Salz¬

säurekonzentration im Titriergefäß zwischen 2 und 7 °,o (zu Be¬

ginn der Titration) beobachtet. Zunehmende Salzsäurekonzentra¬tion bewirkt eine Verschlechterung des zweiten Sprunges, abneh¬

mende verlangsamt die Einstellung des Potentials.

Höhere Temperaturen (70—90°) beschleunigen die Potential¬

einstellung, so daß hier schon bei einer etwa 1 °/oigen Salzsäure¬

konzentration eine relativ gute Ausbildung der Sprünge zu beob¬achten ist.

Alle diese Versuche zeigen, daß infolge der Wirkung der Salz-und Schwefelsäure in entgegengesetztem Sinn ein recht labylesSystem entsteht, indem schon geringe Konzentrationsänderungendes einen Kontrahenten den Potentialverlauf stark beeinflussenkönnen. Befriedigende Resultate werden daher nur erreicht, wenn

alle aktiven Faktoren streng konstant gehalten werden.

Der Verlauf der Potentialsprünge ist aus folgenden zwei Bei¬

spielen ersichtlich:

Das zu untersuchende Oxyd, bezw. Oxydul-Oxyd-Gemischwurde in das Titriergefäß gegeben und dieses anschließend mit

sauerstoffreiem Stickstoff ausgespült. Hierauf ließ man 2—5 ccm

konz. Salzsäure zufließen und verdünnte nach der vollständigen

— 59 —

Lösung auf etwa 25 ccm. Während der Titration wurde die Kupfer¬lösung- mittelst Stickstoff gerührt. Zur Messung- der Potentiale

diente eine Platindrahtsonde, ein Kalomelhalbelement (1-n. KCl)und eine Meßbrücke.

Titrierlösung: CrS04-Lösung, 2-n. an Schwefelsäure

ccm ccm

Chromo-Lösung Potential Chromo-Lösung Potential

0,0145-n. mV 0,0455-n. mV

1 461 2 456

3 419 4 431

5 384 5 4106 356 6 380

6,5 330 6,5 323c

6,7 307 7 120

7 119Q

14a

8 — 8

7,5 9 - 10)8 9 13

INJ uooo9 14) 17

10 19 19

11 19 }2) 21

13 19 22 - 40

13,5 17 J 23 — 177 S14 — 56 Q

— 178a

24 — 298

14,5 25 — 31615 — 216 27 — 33216 — 246 29 — 342

Einwaage 10,0 mg CuO 24,1 mg CuO 28,7 mg Cu20Gefunden 10,2 mg CuO 24$ mg CuO 30,8 mg Cu20

Wenn auch die elektrometrische Titration eine recht gute Be¬

stimmung von Cu' neben Cu" in Kupferoxydschichten ermög¬licht, so reicht die Leistungsfähigkeit dieser Methode doch noch

nicht aus, um die feinen Unterschiede analytisch zu erfassen, auf

denen die Änderungen der Leitfähigkeit des Kupferoxydules be¬

ruhen. Hierzu müßte die analytische Methode noch bedeutend

verfeinert werden. Sauerstoff-Überschüsse von der Größenord¬

nung von 0,1 o/o lassen sich indessen durch Titration mit 0,01 n

Chromosulfatlösung bei elektrometrischer Bestimmung des End¬

punktes noch gut ermitteln.

2) Infolge der Dismutation (2 Cu' —» Cu" -f- Cu) wachsen diese Po¬

tentialwerte mit zunehmendem Zeitintervall zwischen Titrierlösungszugabeund Ablesung.

Zusammenfassung

1. An Hand von neugewonnenen experimentellen Daten über

die unipolare Leitung von Kupferoxydulschichten wurden die be¬

stehenden Theorien des Kupferoxydulgleichrichters einer kritischen

Sichtung unterzogen und versucht, die Theorie der Oleichrich¬

tung unter Annahme einer Defektleitung neu zu formulieren. Hier¬

bei wurde auch die Kinetik der Oxydulbildung behandelt.

2. Der Einfluß der Oxydationsbedingungen auf die Oleich¬

richter-Eigenschaften der gebildeten Kupferoxydulschicht wurde

systematisch untersucht. Hierbei wurde die Notwendigkeit der

thermischen Nachbehandlung zur Erlangung hoher Gleichrichter¬

koeffizienten festgestellt.3. Der Einfluß des Aufsatzdruckes der Gegenelektrode auf

die Leitfähigkeit der Oxydulschicht wurde mit Hilfe einer beson¬

deren Meßapparatur untersucht: Änderungen des Flächendruckes

im Bereich von 1 —1000 Atm. beeinflußten den Sperrwiderstandnoch nicht merklich, verminderten jedoch den Durchlaßwiderstand.

4. Es wurde gezeigt, daß zwischen der Länge der Kristallit-

grenzen einer abgeschreckten Oxydulschicht und ihrer Leitfähig¬keit in der Durchlaßrichtung Proportionalität besteht.

5. Durch stufenweisen mechanischen Abbau der Kupfer¬oxydulschicht wurde ein Einblick in den räumlichen Aufbau der

Sperrschicht gewonnen, der für die theoretische Deutung des

Gleichrichtereffektes, wie auch für die zweckmäßige Herstellungder Gleichrichterelemente, wertvoll war.

6. Es wurden elektrolytische, gravimetrische und maßanaly¬tische Methoden auf ihre Verwendbarkeit zur Bestimmung des

Sauerstoffüberschusses in den Kupferoxydulschichten von Gleich¬

richtern geprüft. Hierbei wurde gezeigt, daß ein Sauerstoff-Über¬

schuß von ca. 0,1 o/o bei der Titration mit 0,01-n CrSO^ noch gutbestimmt werden kann.

Literaturverzeichnis

I. Über die Leitfähigkeit des Kupferoxyduls

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II. Über den Kupferoxydul-Gleidirichter

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(1927).114. Feitknecht: Z. Elektrochem. 35, 142—151 (1929).115. Wilkins: Z. Elektrochem. 35, 500—501 (1929).116. Leroux und Raub: Z. anorg. Chem. 188, 205—231 (1930).117. Wilkins: J. chem. Soc. London 1931, 330—335.

*

118. Rother und Bomke: Physikal. Z. 34, 865—870 (1933).119. Wagner: Z. phys. Chem. (B) 21, 25—41 (1933).120. Blitz, Rohlff und Vogel: Z. anorg. Chem. 220, 113—141 (1934).121. Fischbeck, Neundeubel und Salzer: Z. Elektrochem. 40, 517 (1934).122. Mehl, Candless und Rhines: Nature 134, 1009 (1934).123. Murlson: Phil. Mag. 17, 96 (1934).124. Preston und Blrcumshaw: Philos. Mag. 20, 706—720 (1935).125. Valensi: C. r. 203, 1354—1356 (1936).126. Evans und Miley: Nature 139, 283 (1937).127. Wagner: Z. phys. Chem. (B) 40, 455—475 (1938).128. Campbell und Thomas: Nature 142, 253—254 (1938); Trans, electro-

chem. Soc. 76, 303—324 (1939).129. Ransley: J. Inst. Metals 65, 147—172 (1939).130. Cruzan und Miley: J. appl. Physics 11, 631—634 (1940).131. Mott: Nature 145, 996—1000 (1940).132. Graf: Z. Elektrochem., angew. Phys. Ch. 48, 181 (1942).

IV. Verschiedenes

133. Pfund: Physical. Rev. 7, II, 289-301 (1916).134. Pionchon und Démora: C r. 178, 1885—1887 (1924). \

135. Abel und Redlich: Z. Elektrochem. 34, 323—326 (1928).136. Kravtzoff: Cr. 197, 137—140 (1933); Cr. 199, 1029—1031, 1105—1107

(1934); Cr. 202, 1036—1038 (1936).137. Stareck und Taft: Trans, electrochem. Soc. 69 (1936).138. Hogaboom: Metal Ind. 10, 503—504 (1937).139. Fink und Adler: Trans, electrochem. Soc. 79, (1941).140. Randies: J. chem. Soc. London 1941, 802—811.

141. Schottky, Störmer und Waibel: Z. f. HF-Techn. 37, 162, 175 (1931).142. Teichmann: Ann. Physik 13, 649 (1932).143. Bernard: Bull. Soc. fr. Phys. 389, 93 (1936).144. Schottky: Z. Physik 113, 113 (1939).145. Zintl und Rienäcker: Z. anorg. Chem. 161, 374 (1927).146. Sommer: Diss. Bern (1942).

Lebenslauf

Ich wurde am 5. März 1919 in Zürich geboren. Meine Eltern

sind Carl Winkelmann, Kaufmann, und Anna geb. Bartholdi. Ab

1926 besuchte ich in Thalwil während 6 Jahren die Primär- und

während 3 Jahren die Sekundärschule. Hierauf trat ich an die

Kantonale Oberrealschule in Zürich über, die ich 1939 mit dem

Maturitätszeugnis verließ. Anschließend studierte ich an der Ab¬

teilung Chemie der Eidg. Techn. Hochschule und legte im Früh¬

jahr 1944 die Diplomprüfung als Ingenieur-Chemiker ab. Seither

arbeite ich als Forschungsassistent am anorg.-analytischen Insti¬

tut der Eidg. Techn. Hochschule, wo ich unter Leitung von Herrn

Prof. Dr. W. D. Treadwell die vorliegende Promotionsarbeit aus¬

führte.

Zürich, Juli 1946.