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Inhalt
Umschrift arabischer Wörter............................................................................... 2
1. Einleitung ................................................................................................. 4
1.1. Fragestellung ........................................................................................... 6
1.2. Vorgehensweise ...................................................................................... 7
2. Definition der arabischen Welt ................................................................. 8
3. Die Modernisierungstheorie von Daniel Lerner ...................................... 11
3.1. Die vier Phasen der Modernisierung ..................................................... 11
3.2. Partizipation ........................................................................................... 12
3.3. Kritikpunkt „Verwestlichung“ und Überschätzung der Medien als Träger
des sozialen Wandels ...................................................................................... 13
3.4. Modernisierung als Zusammensetzung verschiedener Subprozesse .... 13
3.5. Empathie als Schlüsselmechanismus ................................................... 14
3.6. Modernisierung als Transformation und nicht als oberflächlicher
Institutionen-Transfer ....................................................................................... 15
3.7. Ausblick/Konklusion ............................................................................... 15
4. Entwicklungsstand und Besonderheiten der MENA-Region .................. 17
Human Development Index .............................................................................. 18
4.2. Bevölkerungszahl, Bevölkerungswachstum und Arbeitslosigkeit ........... 19
4.2.1. Die Bevölkerungszahlen der arabischen Staaten mit dem jeweiligem
Durchschnittsalter im Einzelnen: ...................................................................... 19
4.2.2. Bevölkerungswachstum ......................................................................... 20
4.2.3. Arbeitslosigkeit ...................................................................................... 22
4.2.4. Jugendarbeitslosigkeit ........................................................................... 25
4.3. Menschliche Unsicherheit durch Konflikte ............................................. 30
4.4. Bildungssystem ..................................................................................... 32
4.5. Analphabetismus in der MENA-Region ................................................. 33
Exkurs Kinderarbeit .......................................................................................... 34
4.6. Qualität der Bildungssysteme ................................................................ 35
4.7. Forschung und Wissenschaft ................................................................ 38
4.8. Unterdrückung, Willkür und Zensur ....................................................... 40
Exkurs Zivilgesellschaft .................................................................................... 43
4.9. Frauenrechte ......................................................................................... 44
4.10. Rentierstaat-Charakter und Korruption .................................................. 46
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Exkurs: Renten und Rentierstaat ...................................................................... 46
4.11. Fundamentalismus in der arabischen Welt ............................................ 49
5. Das Satelliten-Fernsehen in der arabischen Welt .................................. 51
5.1. Die technische Entwicklung des Satellitenfernsehens ........................... 51
5.2. Die Geschichte des arabischen Satellitenfernsehens ............................ 52
5.3. Art und Anzahl der Satelliten-Sender ..................................................... 54
6. Das Internet in der arabischen Welt ....................................................... 56
6.1. Die Entstehung des Internets ................................................................. 56
6.2. Die Entwicklung des Internets in der arabischen Welt ........................... 57
6.2.1. Nutzerzahlen und Reichweite ................................................................ 58
6.2.2. Alterstruktur, Geschlecht, Bildung, Einkommen ..................................... 59
6.3. Internet-Zensur ...................................................................................... 61
6.4. Cyber-Dschihad ..................................................................................... 62
7. Kurzauswertung der 12 Interviews ......................................................... 64
8. Schlussbetrachtung................................................................................ 66
Abkürzungsverzeichnis Quellenverzeichnis
Die folgende Arbeit berücksichtigt Daten und Ereignisse
bis zum Jahr 2009/Jan.-Feb. 2010.
Aufgrund der revolutionären Ereignisse in Tunesien, Ägypten und dem Rest der arabischen Welt haben sich natürlich neue Situationen ergeben. Doch viele Grundprobleme der Region sind und bleiben leider immer noch vorhanden. Auf dem Weg zu einem demokratischen, rechtsstaatlichen Gesellschaftssystem sind die Herausforderungen, angesichts der Rahmenbedingungen in der arabischen Welt, weiterhin ungemein hoch. Ob es zu einer nachhaltigen Demokratisierung kommen wird und kommen kann, bleibt abzuwarten. Die vorliegende Arbeit versucht einen kompakten Überblick über die Grundprobleme der Region zu geben. (Berlin, Februar 2011).
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Umschrift arabischer Wörter
Die Schreibweise arabischer Eigennamen orientiert sich in der Regel an der Internet-
Präsentation der jeweiligen arabischen Organisationen/Institution, soweit dies möglich
ist. Die Umschrift arabischer Namen von Autoren englisch- oder deutschsprachiger
Publikationen wird ausschließlich in der Form verwendet, in der sie dort angegeben ist,
ohne eine eigene wissenschaftliche Transliteration hinzuzufügen. Hier wird dem Gebot
der Zitiertreue Vorrang vor dem Gebot der Einheitlichkeit gegeben. Dies kann bei
einigen Namen und Ausdrücken eine uneinheitliche Verwendung zur Folge haben. (z.B.
Al Dschasira und Al Jazeera, Al Arabia und Al Arabiya oder Dschihad und Jihad,
Qatar oder Katar usw.). Es wird darauf geachtet, eine möglichst leserfreundliche, an
der deutschsprachigen Medienlandschaft orientierte Umschrift zu verwenden. Daher
werden die Substantive in der Umschrift in der Regel groß geschrieben, auch wenn das
Arabische keine Großschreibung kennt.
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Einleitung
So ist die islamische Welt mit der europäisch-amerikanischen durch tausend Fäden
verbunden. Löst man die historischen Bande, so sind weder die islamische noch die
europäische Welt […] zu verstehen. 1
Die arabische Welt hat historisch gesehen einen wichtigen zivilisatorischen Beitrag zur
kulturellen und wissenschaftlichen Entwicklung des Westens geleistet. Man muss nur
die Forschung einiger Universalgelehrter, wie Ibn Rushd2 z.B., im goldenen Zeitalter3
der arabischen Welt betrachten4. Es ist die direkte Nachbarregion Europas und schon ein
Blick auf den Ursprung einiger deutscher Vokabeln, reicht aus, um zu erkennen, wie
sehr sich diese beiden Regionen beeinflusst haben5. Doch Wissenschaftler in den
arabischen Ländern spielen schon lange keine Rolle mehr im Weltgeschehen. Im
Gegenteil, jegliches technologische Know-how muss teuer importiert werden. Die
Wissenskluft zwischen Orient und Okzident ist besonders im Prozess der
Globalisierung mehr als offensichtlich.
Die Region besticht also nicht durch Innovationen in Lehre und Forschung, sondern
durch Konflikte geopolitischer und gesellschaftlicher Natur. Dementsprechend herrscht
nun eine große Fremdheit in den Beziehungen zwischen beiden Regionen, und dies trotz
des Fortschrittes auf dem Gebiet der Kommunikation und trotz der Modernisierung der
weltweiten Transportsysteme, die die Welt zu einem potenziellen globalen Dorf
zusammenwachsen ließ. Nichts ist mehr geografisch unerreichbar und ein fort-
währender globaler Kommunikationsaustausch ist durch das Aufkommen der neuen
Übertragungssysteme problemlos in Echtzeit realisierbar.
Trotzdem dominieren Klischees und Vorurteile das Bild auf beiden Seiten. Durch das
Zusammenrücken der Welt können die Probleme der direkten Nachbarn nun zu eigenen
Problemen mutieren. Zumal eine große arabische Diaspora in Europa lebt. Europa muss
daher ein vitales Interesse am Wohl der arabischen Welt haben, denn ein Entwicklungs-
rückstand verbunden mit sozialer Ungleichheit und Unterdrückung kann nicht im Sinne
eines verantwortungsbewussten Nachbarn sein. Dies passiert vor allem, wenn sich eine
Drohkulisse wie illegale Einwanderung, Extremismus und Terror durch diese Ausein-
anderentwicklung manifestieren.
1 Carl Heinrich Becker, Der Islam im Rahmen einer allgemeinen Kulturgeschichte, in Islamstudien, Bd. 1, 1924. C. H. Becker (1876-1933) gilt als Mitbegründer einer modernen Islamwissenschaft, welche die Orientalische Philologie durch kultur- und religionsgeschichtliche wie auch soziologische Ansätze im Sinne einer Verflechtungsgeschichte erweitert hat. Als Kulturpolitiker und preußischer Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung setzte er sich maßgeblich für die Stärkung der Auslandskunde als Bestandteil nationaler Bildung und zur Vermeidung von Konflikten ein. (Auch wenn nicht explizit von der arabisch-islamischen Welt die Rede ist, kann das Zitat aufgrund der geschichtlichen Verflechtung, treffend auf die arabische Welt angewandt werden, zumal es im Kontext des Nahen Ostens gemeint ist.) 2Nbn Rụschd, Abu l-Walid Muhammad Ibn Ahmad Ibn Muhammad, latinisiert Avẹrroes, arabischer Philosoph,
Theologe, Jurist und Mediziner, * Córdoba 1126, † Marrakesch 11. 12. 1198. Lexikon der Arabischen Welt (1972): 199f. 3 Vom 9. Jh. bis zum 13. Jh. entfalteten sich die „rationalen“ Wissenschaften von der Mathematik, Geographie, Astronomie bis zur Medizin, stark beeinflusst vom griechischen Erbe (…) Gudrun Krämer „Die Geschichte des Islam“, S. 89 f..4 Naturwissenschaften, Medizin und Philosophie in Europa wären nicht auf ihrem heutigen Stand ohne die arabischen Anregungen im Laufe der Jahrhunderte. Sogar die antike Philosophie, ein Symbol der westlichen Kultur, wurde über die Werke arabischer Gelehrter, wie z. B. Ibn Rushd, aufgenommen. „Die muslimische Welt und der Westen“, Aus Politik und Zeitgeschehen (B37/2003) S.6-15 ; Krämer, S.97. 5 Vgl. „Safran, öffne dich“, www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,druck-628655,00.html
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Der Region scheinen trotz Globalisierung positive Entwicklungen verwehrt zu bleiben.
Statt wettbewerbsfähiger Märkte dominieren Bürokratie und Klientelismus, statt der
Etablierung rechtsstaatlich-demokratischer Institutionen herrscht Unterdrückung und
Repression. Schlagzeilen machen nicht Entwicklungsfortschritte in Wirtschaft, Staat
und Gesellschaft, sondern vielmehr die unbewältigten Probleme kulturellen und
sozialen Wandels.6 Der Nutzung neuer Technologien kommt somit eine immer
wichtigere Rolle in der Entwicklung der modernen Gesellschaften zu, da sie inzwischen
diverse Lebensbereiche prägen. Auf der anderen Seite bestehen zwischen hoch
entwickelten Ländern und weniger entwickelten Staaten große Unterschiede im Maß, in
dem die Technologien zur Verfügung stehen. Dieser „digitale Graben“ könnte in
Zukunft noch tiefer werden und die sonst schon benachteiligten Staaten weiter
zurückwerfen.
Falling prices of electronical equipment, convergence between telecommunications,
computing, the media, the postal sector, and the development of the internet,
coupled with public policies that foster competition and private investment, have
increased the possibilities for providing more widespread access to communications
services. However, while some countries and regions have increasing access to
these services, other countries and regions are marginalized from the prospects of
growth and development because of this lack of access.7
Die globale Informationsrevolution verdeutlicht also die Kluft zwischen beiden
Kulturkreisen. Viele Experten und Beobachter waren zu Beginn der Digitalisierung der
Welt der Meinung, dass die neuen Medien, speziell Internet und Satellitenfernsehen, als
Kommunikationskanäle zu einer Liberalisierung und Demokratisierung in der
arabischen Welt führen könnten.
Zwar kann dank digitaler Techniken nun von und zu fast jedem Ort der Erde gesendet
werden und Anbieter müssen sich nicht mehr den nationalen Zensurgesetzen
unterwerfen, doch auf eine Demokratisierung der arabischen Welt wartet man immer
noch vergeblich.8
Arabische Fernsehzuschauer können mittlerweile aus einer Großzahl von verschiedenen
arabisch-sprachigen Satellitensendern auswählen. Auch die arabische Welt wählt jetzt
ihren gecasteten Superstar 9. Castingshows, Soap Operas, aber auch religiöse Sendungen
weisen höchste Einschaltquoten auf und fesseln vor allem die jungen Zuschauer vor den
Fernsehbildschirmen. Das Chatten, Bloggen oder das Hochladen von Fotos im Internet
sind ebenfalls keine unbekannten Aktivitäten und werden besonders von der jungen,
besser gebildeten Generation stark in Anspruch genommen. Zwar vermitteln diese
6 Gregor Meiering, Länderberichte, Sankt Augustin, 18. Juni 2003 Hrsg.: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., http://www.kas.de/wf/de/33.1979/ 7 “Telecommunications and Information Services for the Poor” World Bank Discussion Paper No. 432, http://rru.worldbank.org/Documents/PapersLinks/1210.pdf 8 Vgl. Gregor Meiering, http://www.kas.de/wf/de/33.1979/ Der Libanon ist zwar eine parlamentarische Demokratie, jedoch auf der Basis eines Konfessionsproporzes. Das libanesische System wird von der Zusammenarbeit der verschiedenen Konfessionen getragen, daneben spielen auch Familien- und regionale Interessen eine große Rolle. Die Aufteilung der politischen Macht geschieht streng nach konfessionellen Gesichtspunkten. Danach ist der Staatspräsident maronitischer Christ, der Ministerpräsident sunnitischer Moslem und der Parlamentspräsident schiitischer Moslem. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Libanon/Innenpolitik.html 9 Vgl. Berliner Zeitung „Alle wollen Ibrahim“, 12.06.2009
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Aspekte ein gewisses Gefühl von Mitbestimmung, doch politisch gesehen ist in der
arabischen Welt alles beim Alten geblieben. Es herrschen weiterhin autoritäre Regimes
und der Mangel an rechtsstaatlich-demokratischen Institutionen ist mehr als
offensichtlich.
Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass sich die autoritären Regime der
Region als dauerhaft und stabil erweisen, während die langjährige Politik der
Demokratieförderung hier bisher erfolglos bleibt10.
1.1. Fragestellung
Die Unterschiedlichkeit der betrachteten Kommunikationssysteme und Medien-
technologien sowie die Anzahl der verschiedenen arabischen Nationalstaaten schließen
eine umfassende, den Anspruch auf Vollständigkeit erfüllende Untersuchung des
Themas aus.
Das Ziel des Autors ist es, einen kompakten Überblick über die arabische Welt im
Zeitalter der Digitalisierung zu geben. Herrschende Informationsdefizite zu überwinden
und dem Leser Einblicke zu vermitteln, die oft auf dem ersten Anschein verborgen sind.
Dies soll hauptsächlich mit Hilfe der 12 angefertigten Expertengespräche11 mit Personen
aus Bereichen des Journalismus, der Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und
internationalen Zusammenarbeit, die beruflich und/oder privat mit dem arabischen
Kulturkreis verbunden sind, erfolgen.
Die Tatsache, dass die Digitalisierung für ein rasches Zusammenwachsen von Telefon,
Fernsehen und Internet gesorgt hat und auf der anderen Seite neue Angebots- und
Nutzungsformen generiert, ist unbestritten. Folglich wird der Frage nachgegangen, wie
weit eine Veränderung der arabischen Gesellschaften durch die neuen Informations-
und Kommunikationstechnologien erfolgt ist und ob diese allein, trotz eines
gegenwärtigen Entwicklungsrückstandes und der zum großen Teil fehlenden
Zivilgesellschaft, eine Demokratisierung ermöglichen können.
Was sind die Hindernisse, die die Entstehung einer freien, auf Wissen basierenden
Gesellschaft verhindern? Kann durch den Einsatz der neuen Kommunikationsformen
des Web 2.0 12 eine neue Zivilgesellschaft entstehen, die den Entwicklungsrückstand des
arabischen Kulturkreises verringert, ja sogar aufholt?
10 Irmtraud Seebold, Partner auf dem Weg zur Demokratie?, 2006, S.4. Nach den Ereignissen im Januar/Februar 2011 bleibt es nun abzuwarten, ob es zu einer nachhaltigen Demokratisierung kommen kann. 11 Demokratisierung der arabischen Welt mit Hilfe der neuen Medien. Zwölf Expertengespräche. 12 Mit dem Begriff Web 2.0 handelt es sich nicht um eine neue Technik, sondern um einen sogenannten generischen, recht unspezifischen (Ober-) Begriff, der die zukünftigen, veränderten Möglichkeiten und Entwicklungen des Internets beschreibt. Die Bezeichnung wurde vom amerikanischen Verlag O’Reilly und einem Konferenzveranstalter namens MediaLive (wurde mittlerweile umbenannt) als Marketingschlagwort „erfunden“, um damit Konferenzreihen über die zukünftige Entwicklung des Internets zu bewerben. Anfang 2006 hat O’Reilly Web 2.0 auch als Markenzeichen angemeldet (…) Der Begriff ist relativ unscharf und bezieht sich nicht auf konkrete Techniken, Protokolle oder Programme. Er wird gern als Synonym für alle möglichen neuen Trends des Internets verwendet. (…) In der Regel meint damit neue Möglichkeiten, bei denen die Einbindung der Anwender und ihre Interaktion untereinander wesentlich stärker in den Vordergrund tritt. Man spricht auch vom partizipativen „SOCIAL WEB“; dem alle beteiligenden, sozialen Internet. Typische Beispiele sind sogenannte soziale Programme und Webportale wie Weblogs, Podcasting, Wikis und „social Communities“, bei denen der „Content“ (Inhalte, Medien) überwiegend von den Anwendern erstellt und vernetzt wird. Man spricht daher auch manchmal vom „Gemeinschaftsweb“. Vgl. PC-Lexikon 2009, Dr. Andreas Voss, DATA BECKER.
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1.2. Vorgehensweise
Der kausale Zusammenhang der sozio-ökonomischen, politischen und
gesellschaftlichen, kulturellen Rahmenbedingungen soll neben den 12 Interviews
Gegenstand der Betrachtung sein. Zunächst wird zum klaren Verständnis definiert, was
genau mit MENA-Region, bzw. „arabischer Welt“ gemeint ist. Danach wird die
Modernisierungstheorie von Daniel Lerner vorgestellt, der in seinem Buch „The Passing
of Traditional Societies“ Anfang der 1950er Jahre den Nahen Osten mit Hilfe von
Interviews Feldstudien analysiert hat. Lerner’s Thesen sind aufgrund der
wissenschaftlichen Anerkennung ihres global gültigen Modells13 hinsichtlich des
Wandlungsprozesses der MENA-Region von großer Bedeutung.
Bevor es zur Kurz-Auswertung der 12 geführten Expertengespräche kommt, wird ein
Blick auf die oben genannten Rahmenbedingungen geworfen. Weiterführend werden
das arabische Satellitenfernsehen und das Internet betrachtet.14
Will man verstehen, wieso trotz der so positiv eingeschätzten neuen Technologien
bisher noch keine nachhaltige Demokratisierung eingetreten ist, ist der Blick auf die
Rahmenbedingungen und die bisherige Entwicklung von Satellitenfernsehen und
Internet voraussetzend. Er ist darüber hinaus auch notwendig, um einen verständlichen
Hintergrund für die geführten Expertengespräche zu garantieren.
Die 12 Expertengespräche15 bilden den eigentlichen Hauptteil der Arbeit. Es ist vom
Autor gewünscht, jedes Interview für sich zu betrachten. Sie werden im letzten Teil der
Arbeit in einer Kurz-Analyse zusammengefasst, um dann zur Schlussbetrachtung der
Thematik zu kommen.
13 Vgl. „Schlüsselwerke der Soziologie“, Papcke/Oesterdiekhoff: 269. 14 Zwar fällt auch die Mobiltelefonie als neues Kommunikationsmedium darunter, doch kann diese Thematik aufgrund des engen Rahmens der Arbeit nicht berücksichtigt werden. 15 Demokratisierung der arabischen Welt mit Hilfe der neuen Medien. Zwölf Expertengespräche.
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2. Definition der arabischen Welt
Die Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten wie Sprache, Kultur oder Religion sind
dominierend und ziehen sich wie ein roter Faden durch die arabischen Staaten.
Natürlich gibt es teilweise erhebliche Unterschiede und Ungleichheiten im Hinblick auf
die sozialen, politischen und vor allem wirtschaftlichen Strukturen. So gehören Länder
wie Mauretanien oder der Jemen zu den ärmsten Ländern der Welt16, wo hingegen ein
Emirat wie Abu Dhabi in der Lage ist, mit seinem Staatsfond IPIC auf
milliardenschwere Investitionstour zu gehen. Ein anderes Beispiel ist die
Golfmonarchie Katar, die im Juli 2009 sieben Milliarden Euro für Anteile des deutschen
Sportwagenherstellers Porsche erwerben möchte.17
Nichtsdestotrotz sind die wichtigsten Gemeinsamkeiten der arabischen Welt die neo-
patriarchale, konservative Natur des Gesellschafts- bzw. Wertesystems, und vor allem
das Fehlen einer freiheitlich-parlamentarischen Grundordnung, die das Recht des
Individuums auf freie Entfaltung und Meinungsäußerung respektiert. So ist das
durchschnittliche Dienstalter der herrschenden Eliten in dieser Region höher als in jeder
anderen regionalen Staatengruppe18.
Die Religion der meisten Araber ist der Islam, es gibt aber auch große arabische
Minderheiten verschiedener Konfessionen, z. B. die Christen in Ägypten oder im
Libanon. Außerdem finden sich einige nichtarabische Bevölkerungsgruppen in der
Region, wie z. B. die Berber oder Kurden.
Zu beachten ist, dass der Begriff „arabische Welt“ neben der territorialen Bestimmung
auch eine emotionale Assoziation des Arabertums beinhaltet19: Die Gemeinsamkeiten
der historischen Erfahrung, die sowohl in Nordafrika als auch im Nahen Osten
westliche Kolonialherrschaft beinhaltete, die gemeinsame Muttersprache20 und vor
allem die Religion werden als ein besonderer Faktor transnationaler Solidarität und als
einende Faktoren eingestuft. Dies gilt auch für die arabischen Christen21.
Eine einfache Aufzählung der Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga22 ist in diesem
Sinne nicht zutreffend, denn hier gibt es einige Überraschungen, wie die Mitgliedschaft
16 CIA World Fact Book (Juli 2009), Country Comparison: GDP - per capita (PPP)https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/rankorder/2004rank.html Nach dieser Liste ist Mauretanien z. B. auf Rang 186, Katar hingegen auf Rang 2, knapp hinter Liechtenstein. 17 Vgl. http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=5089656/17iz5aw/index.html, http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,630392,00.html 18 Der YIPPI (years in power per incumbent)-Index, der das durchschnittliche Dienstalter der jeweils obersten Entscheidungsträger misst, (…) lag 1998 noch bei 21 Jahren für die arabische Welt. 2001 lag das durchschnittliche Alter (nach Ableben dreier Führer) der arabischen Staatschefs noch bei fast 16 Jahren. Volker Perthes „Geheime Gärten – Die neue arabische Welt“, 2002: 103. 19 Die arabische Welt – Ein kleines Sachlexikon, A. Flores, 2008, S. 48 f. 20 Die eigentliche Muttersprache der „Araber“ sind heute die arabischen Dialekte, die sich von Land zu Land teilweise deutlich unterscheiden. Das heute praktizierende „Neuhocharabisch“ wird zwar von allen verstanden, findet aber nur Verwendung in Presse, Literatur und Wissenschaft, z. B. bei Fernsehnachrichten, politischen Ansprachen, wissenschaftlichen Vorträgen und Predigten. Eine Art inoffizieller panarabischer Dialekt ist das Ägyptisch-Arabische, da dieser durch die ehemalige Vormachtstellung der ägyptischen Medien, Fernsehserien und Kinofilmen, von so gut wie jedem „Araber“ verstanden wird. „Die Arabische Welt im Spiegel der Kulturgeografie“, ZEFAW 2004: 10. 21 Arabische Christen haben bei der Entstehung des Panarabismus eine entscheidende Rolle gespielt. „Der Islamismus und die arabischen Gesellschaften: eine Zustandsbeschreibung“, Sfeir / Lagrange, DOI, 2004: 143 f. 22 Arabische Liga, eine zwischenstaatliche Organisation, gegründet 1945 mit Sitz in Kairo mit dem Ziel der panarabischen Integration. In der Praxis ein Treffpunkt und Debattierklub, dessen Manko, die strukturellen und
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von Somalia, Dschibuti und dem Inselstaat der Komoren. In allen drei Ländern leben
arabische Minderheiten, in Dschibuti und auf den Komoren ist Arabisch sogar eine der
offiziellen Landessprachen.23 Bei der Mitgliedschaft in der Arabischen Liga handelt es
sich jedoch um eine rein politische Entscheidung.24 Deshalb werden diese Länder in der
vorliegenden Studie ausgeschlossen.
Bezüglich der geografischen Unterteilung der arabischen Welt trifft man in der
wissenschaftlichen Literatur oft auf die Zweiteilung in eine westliche (arab. Maghreb)
und in eine östliche (arab. Mashrek) Region. Man kann die Aufteilung aber wie Flores25
auch ausführlicher beschreiben, und zwar in Maghreb, Niltal, Levante und
Mesopotamien. Für die vorliegende Studie ist dies jedoch unerheblich. Die arabischen
Staaten sind im Einzelnen folgende: Mauretanien, Marokko, Algerien, Tunesien,
Libyen, Ägypten, Sudan, Jordanien, Palästina, Libanon, Syrien, Irak, Kuwait, Saudi-
Arabien, Bahrain, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Oman und Jemen.26 Diese 19
Staaten stehen in dieser Studie für die Begriffe „arabische Welt“ oder „arabischer
Kulturkreis“27.
Seit einigen Jahren wird in der Wissenschafts- und Wirtschaftsliteratur verstärkt der
Begriff MENA-Region verwendet. MENA ist ein Akronym für Middle East and North
Africa. Die Definition dieser Bezeichnung variiert jedoch in der Wissenschaft, vor
allem aber in der Wirtschaftswelt. Oft werden unter dem Begriff MENA auch noch die
Türkei und der Iran zusammengefasst, wie z. B. die World Bank es tut. Diese beiden
Länder gehören jedoch nicht dem arabischen Kulturkreis an. Daher folgt diese Arbeit
der oben erwähnten Länder-Auflistung, wenn der Begriff MENA verwendet wird.
Die folgende Landkarte von Herbert Popp28 stellt die arabische Welt am zutreffendsten
dar. Die durchgezogene Linie ist die Grenze der arabischen Staatswelt. Die gestrichelte
Linie zeigt die geografische Verbreitung der Arabisch sprechenden Bevölkerung.
regionalen Gegensätze nicht überwinden zu können, in den letzten Jahren offen zu Tage getreten ist. Vgl. „Der Islamismus und die arabischen Gesellschaften: eine Zustandsbeschreibung“, Sfeir / Lagagrange, DOI, 2004: 145. 23 „Der Islam in der arabischen Welt“, Ulrike Freitag, Aus Politik und Zeitgeschichte, Bundeszentrale für politische Bildung, B 37 / 2003, S.25-31. 24 Ebd. 25 Die arabische Welt – Ein kleines Sachlexikon, A. Flores, 2008, S. 48 f.26 Vgl. „Die Arabische Welt im Spiegel der Kulturgeografie“, ZEFAW 2004, S. 8f. Die arabische Welt – Ein kleines Sachlexikon, A. Flores, 2008, S. 48 f.27 Geografisch gesehen können Mauretanien und der Sudan auch zur Region Subsahara-Afrika gezählt werden. Beide Länder weisen eine schwarzafrikanische Dimension auf. Die Regierungen beider Staaten wurden aber immer von dem arabischen Bevölkerungsteil gestellt (oft zum Nachteil der schwarzafrikanischen Bevölkerung), sodass beide Länder (beim Sudan handelt es sich vor allem um den nördlichen Teil mit der Hauptstadt Khartoum) sich klar zur arabischen Kultur und Welt bekennen. 28 Landkarte der arabischen Welt von Herbert Popp aus „Die Arabische Welt im Spiegel der Kulturgeografie“, ZEFAW 2004, S.10.
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Grafik Nr.1: Landkarte Poppe aus „DIE ARABISCHE WELT“ im Spiegel der Kulturgeographie,
ZEFAW, Mainz 2004.
Abschließend ist hervorzuheben, dass die arabischen Staaten ein sehr heterogenes Bild
verkörpern, dies gilt wie beschrieben in geografischer, ethnischer und in religiöser
Hinsicht.29 Trotzdem überwiegt die Gemeinsamkeit in vielen Kernpunkten, so dass man
die genannten Staaten, die MENA-Region mit dem Begriff „arabische Welt“ oder
„arabischer Kulturkreis“ zusammenfassen kann.
29 „Der Islam in der arabischen Welt“, Ulrike Freitag. B 37 / 2003.
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3. Die Modernisierungstheorie von Daniel Lerner
They (People) don’t do what, on any rational course of behavior, they should do.
They want more consumption, but they don’t worry about saving and think little
about productive investment. (…)We now recognize that modernization can suceed
only in the measure that it meets its second paramount difficulty – its people
problems.30
Bevor der gegenwärtige Entwicklungsstand der MENA-Region anhand verschiedener
Datenquellen skizziert wird, ist ein Blick auf die Modernisierungstheorie von Daniel
Lerner31 hinsichtlich der Wandlungsprozesse in der arabischen Welt sehr
aufschlussreich.
Daniel Lerner untersuchte u.a. welchen Einfluss die Medien der 1950er Jahre auf den
Prozess des sozialen Wandels haben und wie die Menschen im Nahen Osten mit
Wandlungsprozessen umgingen
Wie wir wissen, sind all diese Länder seitdem im Strudel der
Modernisierungsprozesse gefangen, sie sind jedoch bis in die Gegenwart nicht
modern wie die westlichen Gesellschaften geworden. Im Gegenteil, zum Großteil
herrschen in diesen Ländern mehr oder minder immer noch traditionelle Strukturen,
so schwanken diese Staaten wie vor 50 Jahren immer noch zwischen Tradition und
Moderne! „Syrien befindet sich seit 50 Jahren im Leerlauf der Modernisierung“.32
Lerners grundlegende Modernisierungstheorie33, die u.a. davon ausgeht, dass
Massenmedien ein wichtiger Indikator, als auch ein Träger des sozialen Wandels sind34,
verdeutlicht sehr einleuchtend das Dilemma, in dem die arabische Welt noch immer
steckt.
3.1. Die vier Phasen der Modernisierung
Folgende vier Phasen eines langfristigen Modernisierungsprozesses sind für Lerner
charakteristisch: Urbanisierung, Elementarbildung, Massenmedien und politische
Teilnahme.
(…) the Western model of modernization exhibits certain components and
sequences whose relevance is global. Everywhere, for example, increasing
urbanization has tended to raise literacy; rising literacy has tended to increase
media exposure; increasing media exposure has “gone with” wider economic
30 Daniel Lerner „The Passing of Traditional Society: Modernizing the Middle East (1958)“ Preface (vii) 31Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, von 1950 – 1951, führte der Soziologe Daniel Lerner im Auftrag des Bureau of Applied Social Research an der Columbia University Feldstudien durch über Modernisierungsprozesse im Nahen Osten.(…) Die Studie befasst sich mit Auflösungsprozessen “traditioneller” Gesellschaftsstrukturen, Phänomene des Übergangs in moderne Gesellschaften und die eventuelle Etablierung moderner Gesellschaften im Nahen Osten. Schlüsselwerke der Soziologie, Papcke/Oesterdiekhoff, 2001: 267. 32 Paul Drechsel in „Schlüsselwerke der Soziologie“, Papcke/Oesterdiekhoff: 267. 33 Mit seinem Buch „The Passing of Traditional Society: Modernizing the Middle East (1958)“ prägte Daniel Lerner den Begriff der Modernisierung, da es die erste systematische Anwendung der strukturell-funktionalistischen Ansätze auf die Problematik der Entwickungsländer darstellt. Geiger/Mansila, Diesterweg 1983:78. 34 Michael Kunczik 1985, 76
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participation (per capita income) and political participation (voting). The model
evolved in the West is an historical fact.35
Im Verständnis Lerners vollzieht sich der Wandel von einer traditionellen Gesellschaft
zu einer modernen in den vier genannten Phasen.
So führt eine anwachsende Urbanisierung zu einer höheren Alphabetisierung, bzw.
Elementarbildung. Die gewonnenen Lese- und Schreibfähigkeiten sind grundlegende
Voraussetzungen zu einer steigenden Nutzung von Massenmedien. Der steigende
Medienkonsum wiederum eröffnet neue Möglichkeiten wirtschaftlicher Produktivität.
Die Bedeutung der Massenmedien beim Modernisierungsprozess als potenzielle Träger
des sozialen Wandels durch ihre Funktion als Multiplikatoren ist dabei von integraler
Bedeutung: “The mass media opened to the large masses of mankind the infinite
vicarious Universe” (Lerner 1958, S.52).
Die neuen Erfahrungen, Perspektiven und Inhalte die die Massenmedien vermitteln,
können bei gleichzeitig steigender Bildung für „eine Erhöhung der Teilnahmeraten in
allen Sektoren des sozialen Systems“ sorgen36
Am Ende der Entwicklung zu einer modernen Gesellschaft, als Krönung sozusagen,
steht die politische Partizipation. Demokratie als Krönung eines langen
Entwicklungsweges.37
3.2. Partizipation
Traditional society is nonparticipant – it deploys people by kinship into communities
isolated from each other and from a center; (….) Modern society is participant in that
it functions by “consensus”. (Lerner 1958, S.50)
Unter Partizipation im modernen Sinne versteht man die
Beteiligung des Bürgers an gesellschaftlichen Prozessen, und zwar sowohl an
Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen als auch an sozialen und speziell
politischen Aktivitäten selbst.38
Ausgehend von dieser Definition und angesichts der Tatsache, dass der Mangel an
Freiheit in der arabischen Welt offenkundig ist, verwundert es kaum, dass Partizipation
in der MENA-Region keinen großen Anklang gefunden hat.39
Die Gründe dafür werden im weiteren Teil dieser Arbeit aufgezeigt.
Vorab kann man Länder übergreifend den autoritären Zentralismus mit dem damit
verbundenen Obrigkeits- und Hierarchiedenken als einen Hauptgrund für den Mangel
an Partizipation ausmachen. Staatliche Autoritäten werden dementsprechend nicht als
35 Daniel Lerner „The Passing of Traditional Society: Modernizing the Middle East (1958)“, 46. 36 Lerner, D. (1971): Die Modernisierung des Lebensstils: eine Theorie, S. 372. In: Zapf, W. (Hrsg.). Theorien des sozialen Wandels. Kiepenheuer & Witsch, Köln. 37 “Democratic governance comes late, historically, and typically appears as a crowning institution of the participant society”. (Lerner 1958, S.64) 38 Vilmar 1986: 339, Handlexikon zur Politikwissenschaft. Bonn 1986, S: 339 – 344. 39 Wie der Arab Human Development Report 2002 festgestellt hat, ist die mangelnde Freiheit einer der Gründe für die Stagnation in weiten Teilen der arabischen Welt: „This freedom deficit undermines human development ... While de jure acceptance of democracy and human rights is enshrined in constitutions, legal codes and government pronouncements, de facto implementation is often neglected and, in some cases, deliberately disregarded ... Freedoms of expression and association are frequently curtailed.“ (UNDP 2002: 2).
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Diener des Staates betrachtet, sondern als machtvolle Gegenspieler ohne
Verantwortungsbewusstsein.40 Darüber hinaus wird Partizipation durch Armut,
Informationsmangel und durch ein niedriges Bildungsniveau erschwert. Hinzu kommen
der Mangel an Pressefreiheit und die fehlende demokratische Erfahrung und das damit
verbundene Fehlen einer funktionierenden Zivilgesellschaft. 41
3.3. Kritikpunkt „Verwestlichung“ und Überschätzung der Medien als Träger des sozialen Wandels
Der Vorwurf, dass Lerner’s Theorie ethnozentrisch auf die Werte der westlichen Welt
fixiert sei, ist mittlerweile aufgrund der wissenschaftlichen Anerkennung ihres global
gültigen Modells42 hinfällig. Dazu haben auch die Untersuchungen von Ronald Inglehart
zum kulturellen Wandel von 43 Gesellschaften beigetragen.43
Die veranschaulichendste Bestätigung der globalen Gültigkeit, haben vor allem die Ost-
und Südost-Asiatischen Staaten in den letzten Jahrzehnten geliefert.44 Bezüglich der
Wichtigkeit der Massenmedien, war Lerner von Beginn an klar, dass die Medien nur in
einem freien Umfeld die volle Wichtigkeit als Träger des sozialen Wandels einnehmen
können. Wenn Regierungen jedoch die Massenmedien nur zu eigenen Propaganda-
zwecken nutzen, dann dienen diese „eher der sozialen Kontrolle als der individuellen
Teilnahme“.45
3.4. Modernisierung als Zusammensetzung verschiedener Subprozesse
Der Prozess der Modernisierung ist also ein multidimensionaler Vorgang. Die
verschiedenen Aspekte fügen sich zu einem umfassenden Wandlungsprozess
zusammen. Eine weitere forschungsleitende Überzeugung der Modernisierungs-
theorie insistiert darauf, dass die verschiedenen Komponenten des Prozesses
einander nicht im Wege stehen, sondern sich wechselseitig ergänzen und
unterstützen.46
Ein wichtiger Aspekt im Modernisierungsprozess ist der wirtschaftliche Faktor. Die
sogenannte Lipset-These "The more well-to-do a nation, the greater the chances that it
40 Vgl. am Beispiel Ägypten: Zetter/ Hamza 1998: 191ff.; El-Mikawy 2001b: 24f.; Fahmy 2002: 30ff. 41 Vgl. am Beispiel Ägypten: Fergany 1995: 33f. und UNDP 2003a: 8 42 Lerner sprach schon 1958 davon, dass die von ihm von aufgestellten westlichen Modernisierungsprinzipien „global“ gültig sind. Im Jahr 2000 veröffentlichte die Weltbank ihren Bericht in Deutsch unter dem Titel „Weltentwicklungsbericht 1999/2000. Globalisierung und Lokalisierung. Neue Wege im entwicklungspolitischen Denken“ (Frankfurt: FAZ 2000). Unter anderem sind die vier kausalen Modernisierungsfaktoren von Lerner explizit und implizit darin enthalten. Papcke/Oesterdiekhoff, Schlüsselwerke der Soziologie: 268. Vgl. The World Bank, Weltentwicklungsbericht 1999/2000( Frankfurt FAZ 2000): 3, 10 ff. 43„Zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte wurde Modernisierung mit dem Okzident gleichgesetzt; heute ist offensichtlich, dass dieser Prozeß global ist, und auf gewisse Weise liegt Ostasien heute an der Spitze des Modernisierungsprozesses“. Inglehart, 1998, S.22. 44( …)die „vier kleinen Tiger“ (Südkorea, Taiwan, Hong Kong, Singapur) haben gezeigt, wie eine eigenständige Entwicklung im kapitalistischen Weltsystem möglich ist. Heute gehören Thailand, Malaysia und Indonesien zu den Wachstumsländern. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ihre Bevölkerungen bis vor kurzem in Armut belassen haben und dass die demokratischen Reformen später und langsamer in Gang kamen als die wirtschaftliche Entwicklung. ZAPF aus Leviathan Jg. 24 1996, S.66 (S.63-77)45 Lerner erwähnt als Beispiel die Gratis-Verteilung von Radiogeräten in Ägypten in den 1950/60er Jahren. LERNER 1971, S.377. 46Johannes Berger, Modernisierung und Modernisierungstheorie, Leviathan Jg.24 1996, 8.
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will sustain democracy”47 gilt im Wesentlichen weltweit als bestätigt, auch wenn klar
ist, dass es natürlich Ausnahmen geben kann.
Die höheren Chancen für wirtschaftlich prosperierende Gesellschaften bezüglich einer
Hinwendung zu einer freiheitlich parlamentarischen Grundordnung sind ganz
offenkundig.48 Wirtschaftlicher Wachstum ermöglicht es Staaten, Bildungsinvestitionen
zu tätigen, die bei der Aufholjagd der unterentwickelten Länder ausschlaggebend sind.49
3.5. Empathie als Schlüsselmechanismus
We conceive modernity as a participant style of life; we identify its distinctive
personality mechanism as empathy.50
Die Quintessenz Lerner’s ist, dass die Probleme bei der Entwicklung der traditionellen
Gesellschaft hin zur modernen Gesellschaft, hauptsächlich auf psychologischen
Barrieren und der mangelnden Bereitschaft, Veränderungen im politischen und sozio-
kulturellen Bereich vorzunehmen, liegen. Diesen psychologischen Aspekt umschreibt er
mit den Begriffen der Empathie und psychischer Mobilität. Dabei ist das Sich-
Hineinversetzen in eine andere Person als Bestandteil der Empathie der wichtige Punkt.
Dieser Aspekt ist eine Voraussetzung, um z. B. in der Kommunikation und
Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Personen und unter unterschiedlichen
Rahmenbedingungen zu nachhaltigen Ergebnissen zu kommen.
We are interested in empathy as the inner mechanism which enables newly mobile
persons to operate efficiently in a changing world (…) Empathy, to simplify the
matter, is the capacity to see oneself in the other fellow’s situation. This is an
indispensable skill for people moving out of traditional settings.51
Unmissverständlich macht Lerner klar, dass das Bildungswesen auf dem Weg zu einer
modernen Gesellschaft hierbei ein absolutes Schlüsselelement bei der Entwicklung der
Empathie darstellt: „Literacy is the the basic personal skill that underlies the whole
modernizing sequence. With literacy people aquire more than the simple skills of
reading.”52
Wissenschaft und Bildung spielen also eine zentrale Rolle im Modernisierungsprozess.
Das Bildungswesen fungiert als Motor für den technologischen Fortschritt und für das
Wachsen einer funktionierenden Zivilgesellschaft.
Aus diesen genannten Aspekten entsteht als Synthese die Empathie als wichtigstes
Merkmal des modernen Individuums. Empathie als Notwendigkeit bezüglich einer
innovationsfähigen Gesellschaft, die in der Lage ist auf veränderte Situationen mit
neuen Ideen, flexibel zu reagieren. Sei es im technischen, sozialen oder kulturellen
Bereich.
47 Seymour Martin Lipset “Political Man: The Social Bases Of Politics” 1959, Heinemann Educational Books Ltd, 1981 Edition: 31. 48 Vgl. Diamond 1992, S.106: “Higher levels of socioeconomic development generate a significant higher probality of democratic governement”. 49 Bendix 1971, S.510. 50 Lerner 1958, S.78. 51 Daniel Lerner „The Passing of Traditional Society: Modernizing the Middle East (1958)“, 49ff.. 52 Daniel Lerner „The Passing of Traditional Society: Modernizing the Middle East (1958)“, 64.
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3.6. Modernisierung als Transformation und nicht als oberflächlicher Institutionen-Transfer
Transformation, not transfer. The indispensable lesson, taught by failures to transfer
institutions is that modernization must be systemic if it is to be durable.53
Es reicht nicht aus, nur gewisse Scheinmodernisierungen vorzunehmen. Die
Transformation von einer traditionellen zu einer modernen Gesellschaft muss
umfassend erfolgen. Scheinmodernisierungen sind zum Scheitern verurteilt, denn sie
besitzen in der Regel keine Nachhaltigkeit. Eine aufgesetzte Fassade ersetzt keine
fundierte und konstruktive Auseinandersetzung mit Wandlungsprozessen. Doch dies ist
das große Problem von traditionellen Gesellschaften im Umbruch. Sie missverstehen
Modernisierung mit einem einfachen Institutionen-Transfer und erfassen dabei nicht die
Substanzlosigkeit ihrer Entscheidungen, die ohne ein echtes Umdenken nicht fruchten
können.
Wanted are modern institutions but not modern ideologies, modern power but not
modern purposes, modern wealth but not modern wisdom, modern commodities but
not modern cant.54
Genau dieser Aspekt verdeutlicht das Dilemma der arabischen Welt. Yassin
Musharbash hat dies im Expertengespräch am Beispiel von Bassam Tibi und dessen
Betrachtung über Islamisten hervorragend auf den Punkt gebracht:
„Islamisten akzeptieren zwar die technische Moderne, aber eben nicht die Denkweise,
die Idee, die den technischen Fortschritt möglich gemacht hat.“55
Es ist ein „Drama der halben Moderne“56.
3.7. Ausblick/Konklusion
Fakt ist, dass erhebliche Hemmnisse im Modernisierungsprozess der arabischen Welt
existieren. Sie verhindern den Fortschritt, die Entwicklung zu einer freien, auf Wissen
basierenden Gesellschaft.
Hierbei ist es ganz gleich, ob sie endogenen oder exogenen Ursprungs sind.
Um den Hindernissen entgegen zu wirken, muss man sich der Probleme bewusst
werden, man muss sie erkennen und verstehen, um sie dann gezielt und nachhaltig zu
bekämpfen. Dies erfordert jedoch ein großes Maß an Empathie.
Um nachhaltige Wandlungsprozesse anstoßen zu können, muss eine Gesellschaft dazu
befähigt werden. Erst wenn Menschen einen gewissen Bildungsgrad erreicht haben,
sind sie in der Lage neue Handlungsspielräume zu schaffen. Dabei muss allen
Beteiligten klar sein, dass dies ein langwieriger Prozess ist.57
53 Lerner, 1968: Modernization, in: International Encyclopedia of the Social Sciences, Bd. 10, S. 390. 54 Lerner 1958, S. 47. 55 Expertengespräch Yassin Musharbash, beziehend auf Bassam Tibi. 56 Die Bezeichnung „halbe Moderne“ bzw. „Traum von der halben Moderne“ wurde von Bassam Tibi geprägt, u.a. in: “Die fundamentalistische Herausforderung – Der Islam und die Weltpolitik, S. 46, München 1992. Vgl.ders.: „Islamischer Fundamentalismus, moderne Wissenschaft und Technologie“, Frankfurt a.M. 1992; vgl. ders.: „Islamischer Fundamentalismus als Antwort auf die doppelte Krise“, Essay zur Neuausgabe von „Die Krise des modernen Islams. Eine vorindustrielle Kultur im wissenschaftlich-technischen Zeitalter, Frankfurt a.M. 1991(Erstausg. München 1981) 57 What the West accomplished gradually over three past centuries is not so easy for the East to achieve rapidly in the present century. Lerner 1958, S.65.
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Dass Medien das Potenzial besitzen, einen Wandel in Entwicklungsländern
herbeizuführen, dem sind sich alle Ansätze einig. In der arabischen Welt war dies
bislang mit den Massenmedien Print, Radio und terrestrisches Fernsehen aufgrund der
ungünstigen Rahmenbedingungen nicht der Fall.
Welches Potenzial haben nun die neuen digitalen Kommunikationstechnologien Internet
und Satelliten-TV? Ist das Potenzial für Demokratisierung durch den technologischen
Fortschritt, durch die Entterritorialisierung der digitalen Medien und den besseren
Zugang zu Informationen gestiegen? Kann sich durch Internet und Satelliten-Fernsehen
eine Gesellschaft mit Empathie entwickeln?
Es ist erwiesen, dass gesellschaftlich-kulturelle, politische sowie technische
Gegebenheiten der jeweiligen Zeit eine bedeutende Rolle spielen.
Wie diese Gegebenheiten aussehen, wird in den folgenden Kapiteln untersucht.
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4. Entwicklungsstand und Besonderheiten der MENA-Region
Um den Hintergrund des gegenwärtigen Entwicklungsrückstands der arabischen Welt
verständlich zu machen, wird in diesem Kapitel die entwicklungspolitische
Ausgangssituation der MENA-Region skizziert.
Im Auftrag der UNO haben führende arabische Wirtschafts-, Bildungs-, und
Politikexperten im letzten Jahrzehnt die Entwicklungschancen der arabischen Staaten
anhand von fünf Berichten untersucht58.
Der letzte Entwicklungsbericht der arabischen Welt erschien im Juli 2009.
Mehr als sieben Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Arabischen Berichts (2002)
über die menschliche Entwicklung bleiben die Ergebnisse Besorgnis erregend.
Die Berichte haben die wesentlichen Ursachen für die Stagnation von Entwicklung in
den arabischen Ländern in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit gerückt. Dabei
wurden Defizite in den Bereichen Wissen, wirtschaftliche und politische Entwicklung,
Pressefreiheit und Frauenrechte deutlich gemacht.59 Es wurde darauf hingewiesen, dass
vor allem eine fundierte, auf die Menschen ausgerichtete Entwicklungspolitik fehlt und
deshalb eine Vielzahl von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen
Missständen existiert. Allgemein gesehen ist der Mangel an Freiheit als Haupthindernis
identifiziert worden. Durch die Berichte ist klar geworden, dass die menschliche
Freiheit ausschlaggebend ist für die Entwicklung einer freien auf Wissen basierenden
Gesellschaft.
Hierbei werden fünf Kategorien der Freiheit, bzw. der Rechte benannt:60
- Politische Freiheit, die Möglichkeit freier Meinungsäußerung, Kritikbewusstsein,
eine Gesellschaft ohne Zensur, die Möglichkeit einer zivilgesellschaftlichen
Beteiligung
- Wirtschaftliche Freiheit, freie Entfaltungsmöglichkeiten unternehmerische Ideen
umzusetzen, Chancengleichheit, Zugang zu Ressourcen und Institutionen
- Soziale Freiheit, bzw. Recht auf den Zugang zu Bildung und zu qualitativer
Gesundheitsversorgung, individuelle Selbstbestimmung
- Recht auf Transparenz und Verhältnismäßigkeit, Angebot und Nachfrage regeln
Interaktion
- Recht auf Sicherheit, Wahrung der Integrität, Rechtssicherheit, Schutzsysteme für
gefährdete soziale Gruppen und Minderheiten, Umweltschutz
Die Gesamtentwicklung der MENA-Region lässt sich im Folgenden an
demographischen, sozialen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Indikatoren
festmachen.
58 United Nations Development Programme (UNDP): Arab Human Development Report 2002: Creating Opportunities for Future Generations. Arab Human Development Report 2003:Building a Knowledge Society Arab Human Development Report 2004:Towards Freedom in the Arab World. Arab Human Development Report 2005:Towards the Rise of Women in the Arab World Arab Human Development Report 2009:Challenges to Human Security in the Arab Countries http://www.arab-hdr.org/ 59 DGVN Informationsdienst Nr. 56, Dez. 2004, S.1. 60 Schwanitz IP Juni 2006, S.128.
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4.1. Human Development Index
Der "Human Development Index
(HDI)" ist eine Messzahl für den
Entwicklungsstand eines Landes.61
Quelle: Bundeszentrale für Politische
Bildung
Im Jahr 2005 befanden sich die arabischen Länder beim "Human Development Index
(HDI)" im Schnitt klar hinter den Regionen Lateinamerika u. Karibik, Ostasien u.
Pazifik und mit weitem Abstand hinter den OECD-Ländern. Die MENA-Region stand
aber vor den Regionen Sub-Sahara Afrika und Südasien.
Für das Jahr 200962 befinden sich Kuwait (31), Katar (33) und die Vereinigten
Arabische Emirate (35) in der Gruppe der Staaten mit einem „Very High Human
Development“.
Bahrein (39), Libyen (55), Oman (56), Saudi-Arabien (59) und der Libanon (83) folgen
im Segment „High Human Development“.
Jordanien (96), Tunesien (98), Algerien (104), Syrien (107), Palästina (110), Ägypten
(123), Marokko (130), Yemen (140), Sudan (150), Mauretanien (154) befinden sich
unter den Staaten mit einem „Medium Human Development“.
Die Auflistung, bzw. die teilweise sehr großen Unterschiede im Ranking der einzelnen
arabischen Länder verdeutlichen das heterogene Bild der MENA Region. So gehören
Kuwait, Katar und die VAE zu den höchst entwickelten Ländern gemäß den aktuellen
HDI-Rankings. Vor allem fällt die wirtschaftliche Diskrepanz zwischen den reichen
Golfstaaten (mit Ausnahme Libyens) und den restlichen arabischen Staaten auf.
Immerhin befindet sich kein arabisches Land unter den am wenigsten entwickelten
Ländern der Welt.
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass durch die Einteilung in die drei, bzw.
vier Kategorien, die teilweise immensen Abstände in der Rangliste nicht sehr zum
61 Der "Human Development Index" (HDI) kombiniert mehrere Indikatoren, wobei 1,0 den höchsten erreichbaren Wert darstellt. Diese Indikatoren sind: Lebenserwartung, Ausbildung und BIP (Bruttoinlandprodukt). Im Einzelnen werden erfasst: Lebenserwartung bei der Geburt, Alphabetisierung der erwachsenen Bevölkerung, Einschulungsrate in Grund-, Sekundär- und Hochschulen, Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Darüber hinaus enthält der jährlich von UNDP herausgegebene Human Development Report eine Vielzahl zusätzlicher Daten aus dem ökonomischen, sozialen und politischen Bereich. Bundeszentrale für politische Bildung, Prof. Dr. Eckhart Ribbeck: http://www1.bpb.de/themen/26G2CN,0,0,Human_Development_Index_%28HDI%29.html, Vgl. http://hdr.undp.org/en/statistics/faq/question,68,en.html 62Human Development Report 2009 - HDI rankings: http://hdr.undp.org/en/statistics/ In Klammern ist jeweils die Position im HDI-Ranking angegeben. Der Bereich „Very High Human Development“ geht von Rang 1 bis 38, der Bereich „High Human Development“ geht von Rang 39 bis 83, der Bereich „Medium Human Development“ von Rang 84 bis 158 und die Staaten des „Low Human Development“ (bis auf Ost-Timor und Afghanistan alles Länder in Afrika südlich der Sahara) nehmen die Plätze 152 bis 182 ein.
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Vorschein kommen. So reicht z. B. die Liste für die Länder des „Medium Human
Development“ von Rang 84 bist Rang 154.
Allgemein kann von positiven wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in den
letzten 20-30 Jahren gesprochen werden. So hat sich in allen arabischen Ländern z. B.
die Bildungs- und Gesundheitssituation von Kindern und Jugendlichen seit den 1980er,
1990er Jahren gebessert. Große Fortschritte wurden vor allem in der Steigerung der
Lebenserwartung der Menschen in der arabischen Welt erzielt. Sie ist in den
vergangenen drei Jahrzehnten um 15 Jahre gestiegen ist.63 Die Kindersterberate in
Ägypten z.B. sank von 157 Toten je 1000 Lebendgeburten 1970 auf 30 Tote im Jahr
2001.64
Insgesamt hat sich die Infrastruktur gebessert. So haben nun laut Weltbank mindestens
88% der Bewohner der MENA-Region Zugang zu sauberem, frischem Trinkwasser und
91% haben Zugang zu Elektrizität.65
Hervorzuheben sind die höheren Einschulungsraten von Kindern, die für eine deutliche
Steigerung der Alphabetisierung und der Elementarbildung gesorgt haben. Ungeachtet
der gestiegenen Einschulungsraten, hat die arabische Welt jedoch weiterhin große
Defizite in der Schul- und Hochschulbildung. Auch konnte durch die bislang getätigten
Bildungsinvestitionen die sehr hohe Arbeitslosenquote, vor allem die
Jugendarbeitslosigkeit, nicht gesenkt werden.66
Darüber hinaus ist die Diskriminierung der Frauen aufgrund kultureller und
traditioneller Strukturen ein Entwicklungshemmnis. So zählte 2002 noch die Hälfte aller
arabischen Frauen zu den Analphabetinnen.67
Im folgenden Kapitel werden die Einwohnerzahlen, das Bevölkerungswachstum und die
Arbeitslosigkeit in der MENA-Region untersucht.
4.2. Bevölkerungszahl, Bevölkerungswachstum und Arbeitslosigkeit
Die Daten bezüglich der jeweiligen Einwohnerzahlen, Wachstumsprognosen und
Arbeitslosenstatistiken variieren zwischen den jeweiligen Institutionen in ihrer
Genauigkeit und Aktualität. Von der Grundidee der jeweiligen Interpretationen herrscht
jedoch kein Widerspruch, da die jeweiligen Zahlen der verschiedenen Quellen sich
nicht fundamental widersprechen und in der Regel dieselbe Tendenz besitzen.
4.2.1. Die Bevölkerungszahlen der arabischen Staaten mit dem jeweiligem Durchschnittsalter im Einzelnen68:
Mauretanien 3.129 486 Millionen 19,2 Jahre
Marokko 31.285 174 25
Algerien 34.178 188 26,6
63 DGNV Informationsdienst Nr. 49 2002, S.3. 64 „Die Arabischen Berichte über die Menschliche Entwicklung bilden eine fragwürdige Grundlage für die Greater-Middle-East-Inititative der USA“, Sonya Hegasy Frankfurter Rundschau 9.6.04. 65 Worldbank „Middle East and North Africa“, http://ddp-ext.worldbank.org/ext/GMIS/gdmis.do?siteId=2&menuId=LNAV01REGSUB4 66 GTZ „ Kinder und Jugendliche im Nahen Osten und in Nordafrika“, Dezember 2008. http://www.gtz.de/de/dokumente/de-factsheet-jugend-mena-2008.pdf 67DGNV Informationsdienst Nr. 49 2002, S.3. 68 Nach Schätzungen des CIA –The World Factbook , Stand Juli 2009 https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/index.html. Zugriff 20.01.2010.
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Tunesien 10.486 339 29,2
Libyen 6.324 357 23,9
Ägypten 78.866 635 24,8
Sudan 69 41.087 825 19,1
Jordanien 6.269 285 24,3
Palästina70 4.013 126 18,95
Libanon 4.017 095 29,3
Syrien 21.762 978 21,7
Irak 28.945 569 20,4
Kuwait 2.692 526 26,2
Saudi-Arabien 28.686 633 21,6
Bahrain 728 709 30,1
Katar 833 285 30,8
Vereinigte Arabische Emirate 4.798 491 30,1
Oman 3.418 085 18,8
Jemen 22.858 238 16,8
Zum Vergleich: Das Durchschnittsalter in Deutschland beträgt laut
CIA-World Factbook 43,8 Jahre.
Die Gesamtbevölkerungszahl, nach Schätzungen vom Juli 2009, würde somit
309.382.024 Millionen71 für die arabische Welt lauten.
4.2.2. Bevölkerungswachstum
Die Herausforderungen in der arabischen Welt mögen von Land zu Land
unterschiedlich sein. Es gibt aber einige bedeutende gemeinsame Merkmale die
Besorgnis erregen, wie z. B. die Bevölkerungsexplosion in den letzten Jahrzehnten. Bis
in die 1990er Jahre erlebte die Region das höchste Bevölkerungswachstum der Welt. Im
Laufe der 1990er Jahre verlangsamte sich das Wachstum und die Quote pendelte sich
bei einem Durchschnitt von rund 2% ein.72 Laut Weltbank ist diese Quote immer noch
höher als die Südasiens, aber geringer als das Bevölkerungswachstum der afrikanischen
Länder südlich der Sahara.73 So hat sich laut Schätzungen der Vereinten Nationen die
Bevölkerungszahl der arabischen Welt insgesamt seit 1980 mehr als verdoppelt und
steigt weiter an. Bis 2015 soll die arabische Bevölkerung von 317 Millionen Menschen
69 Laut CIA - The World Factbook werden im Sudan 39 % der Bevölkerung zum arabischen Teil gezählt. Dies würde bedeuten, dass mehr als 16 Millionen Sudanesen als Araber angesehen werden. 70 Palästina wird beim CIA- The World Factbook getrennt als Westbank (Einwohnerzahl 2,461,267 / Durchschnittsalter 20,5 Jahre) und als Gaza-Streifen (1,551,859 / 17,4) geführt. 71 Bei dieser Berechnung sind für den Sudan vom Autor 16 Millionen Einwohner als Angehörige der arabischen Bevölkerungsgruppe mit eingerechnet. Die UN geht im AHDR 2009 von 317 Millionen aus, die Weltbank von 313 Millionen, die GTZ von 311 Mio., vgl. World Development Indicators 2009, World Bank; GTZ „ Kinder und Jugendliche im Nahen Osten und in Nordafrika“, Dezember 2008, S.3. http://www.gtz.de/de/dokumente/de-factsheet-jugend-mena-2008.pdf. 72 In einigen Ländern der MENA-Region ist die Wachstumsrate in den letzten Jahren gesunken. So ist die Kinderzahl pro Frau in den Ländern Nordafrikas seit den 1970er Jahren von durchschnittlich über sieben Kindern je Frau auf drei Kinder gesunken. Vorreiter bei dieser Entwicklung ist Tunesien mit durchschnittlich etwa zwei Kindern je Frau. DGVN, Informationsdienst Bevölkerung und Entwicklung Nr. 56 – Dez. 2004, S.2., vgl.Worldbank, http://siteresources.worldbank.org/INTMENA/Resources/MENA_EDP_2009_annex.pdf. 73 Worldbank, MENA-Factsheet: http://siteresources.worldbank.org/DATASTATISTICS/Resources/mna_wdi.pdf
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auf 395 Millionen anwachsen. 1980 betrug die Einwohnerzahl der MENA-Region rund
150 Millionen Menschen.74
Grafik Nr.2: Bevölkerungswachstum der arabischen Welt. Quelle: AHDR 2009.
In Ländern, in denen Wasserressourcen und landwirtschaftlichen Nutzflächen aufgrund
der geografischen Lage begrenzt sind, sorgen diese Wachstumszahlen für einen
enormen Druck. Gerade der zunehmende Kampf um Trinkwasser birgt großes Potenzial
für gewaltsame, militärische Auseinandersetzungen in der Zukunft.
Auffällig ist der extrem hohe Anteil der jungen arabischen Bevölkerung unter 25 Jahren
gemessen an der Gesamteinwohnerzahl.75 Noch nie gab es so viele junge Araber und
Araberinnen wie zum heutigen Zeitpunkt. In keinem anderen Teil der Welt leben so
viele junge Menschen wie im arabischen Kulturkreis. Sie stellen in den arabischen
Ländern die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe dar76.
Mit einem Bevölkerungsanteil der Unter-25-Jährigen von 60 Prozent und einem
Durchschnittsalter von 22 Jahren im Vergleich zum weltweiten Mittel von 28 Jahren ist
diese Region eine der jüngsten der Welt.77
Ein schnelles und hohes Bevölkerungswachstum mag für prosperierende
Volkswirtschaften ein Segen sein. Für Länder mit einen Entwicklungsrückstand, mit
einer schwach ausgeprägten, wenig diversifizierten Wirtschaft jedoch, ist das
Bevölkerungswachstum ein Hindernis bei der Armutsbekämpfung, denn die meisten
Reformen und Errungenschaften verpuffen bei solch immensen Wachstumsquoten. Dies
trifft besonders bevölkerungsreiche Länder wie Ägypten.
Gesamtgesellschaftlich führt es zu einer Überlastung der Gesundheits- und
Bildungssysteme und kann damit eine positive wirtschaftliche Entwicklung
verlangsamen und behindern.78
74 AHDR 2009, dt. Kurzfassung S. 3. 75 AHDR 2009, dt. Kurzfassung S. 3. 76 Ebd. 77 Ebd, 78 Informationsdienst der DGVN: Informationsdienst Bevölkerung und Entwicklung Nr. 50 – Dez. 2002, S.3.
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Bildung, soziale Sicherheit und vor allem eine verbesserte Lage, sowie die politische
und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Frauen in der MENA-Region begünstigen
den Rückgang der Wachstumsraten und können damit für eine Entlastung der
Gesellschaftssysteme sorgen.79
4.2.3. Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit ist eines der bedeutendsten Probleme der arabischen Volkswirtschaften.
Sie hat Auswirkungen auf den sozialen und gesellschaftlichen Status sowie auf die
individuelle Selbstbestimmung der Menschen.80
Das regionale Wirtschaftswachstum kann nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt
halten. Laut Daten der Weltbank ist der prozentuale Anteil der Menschen die von
weniger als zwei US-Dollar täglich leben, von 20 % 1990 auf 17 % 2005 der
Bevölkerung gefallen. Jedoch ist die absolute Zahl der Menschen die mit weniger als
zwei $ täglich ihr Leben bestreiten, von 44,4 Millionen auf 51,4 Millionen gestiegen.81
Aufgrund der wenig diversifizierten Wirtschaft und der geringen Investitionen ist der
Arbeitsmarkt der MENA-Region nicht flexibel und innovativ genug, um die Massen
von immer mehr hinzuströmenden jungen Menschen aufzunehmen. Nach 1980 gab es
in der Region nahezu zweieinhalb Jahrzehnte lang fast kein Wirtschaftswachstum.82
Nach Angaben der Weltbank stieg in den arabischen Ländern das reale BIP pro Kopf in
den 24 Jahren zwischen 1980 und 2004 um insgesamt nur 6,4 Prozent (das heißt um
weniger als 0,5 Prozent pro Jahr)83. Moderaten Schätzungen zufolge liegt die
Arbeitslosigkeit im Schnitt bei deutlich über 15 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit
sogar bei über 25 Prozent.84
Es ist schockierend festzustellen, dass die arabischen Länder insgesamt gesehen im
Jahre 2007 weniger industrialisiert waren, als 1970 – fast vier Jahrzehnte zuvor!85
Das Ergebnis der hohen Arbeitslosenquote ist wirtschaftliche Unsicherheit. Es ist daher
nicht verwunderlich, dass weite Teile der jungen arabischen Welt unter einer gewissen
Existenzangst leiden und oft alles daran setzen – legal oder illegal – in das westliche
Ausland zu emigrieren.
Nach Daten der Arabischen Arbeitsorganisation (ALO) belief sich die durchschnittliche
Wachstumsrate der Arbeitslosigkeit in der MENA-Region, basierend auf den Zahlen
von 2005, auf etwa 1,8% jährlich.86
Laut der International Labour Organization (ILO) hat sich die Lage etwas gebessert. So
ist die offizielle Arbeitslosenquote laut ILO (für Zahlen aus dem Jahr 2007) im Schnitt
79 Ebd. 80 AHDR 2009, dt. Kf. S.3 f. 81 Worldbank „Middle East and North Africa“, http://ddp-ext.worldbank.org/ext/GMIS/gdmis.do?siteId=2&menuId=LNAV01REGSUB4 Den Berechnungen des AHDR 2009 zufolge, könnten sogar bis zu 65 Millionen Menschen in Armut leben. AHDR 2009 dt. Kurzf., S. 13. 82 AHDR 2009. Dt. Kf. S. 11 83 Ebd. 84 Juliane Brach, GIGA Focus Nr. 9 / 2008: „Entwicklung ohne ausländische Direktinvestitionen? Perspektiven der arabischen Mittelmeerländer“, S.3. 85 AHDR 2009, dt. Kf. S.11 86 Brach, GIGA Focus Nr. 9 / 2008.
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auf 9,9% in der arabischen Welt gefallen. Nichtsdestotrotz bleibt die Arbeitslosenrate
der MENA-Region eine der höchsten weltweit, wie die folgende Grafik zeigen kann.
Grafik Nr. 3: Arbeitslosenquote im weltweiten Vergleich, Quelle ILO. 87
Hervorzuheben ist die Tatsache, dass in keiner anderen Weltregion die
Frauenarbeitslosigkeit so hoch ist wie in der MENA-Region.
Besonders problematisch ist die Zunahme der Menschen im arbeitsfähigen Alter im
Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. 2007 ging die ILO von 216 Millionen Menschen im
arbeitsfähigen Alter aus. Dies bedeutet, dass zwischen 1997 und 2007 der Anteil der
arbeitsfähigen Bevölkerung um 33,5% gestiegen ist. Hierbei betrug die Quote für
Nordafrika 29,1% und für die Länder des Mittleren Ostens 39%.88
Von den oben genannten 216 Millionen gehörten 67 Millionen der jugendlichen
Bevölkerung an. Laut ILO waren damit 2007 weltweit 5,6% aller jugendlichen
Menschen im Arbeitsalter arabischer Herkunft. Ein klarer Hinweis für die junge
Gesellschaftsstruktur in der Region.89 Man muss die sehr niedrige Beschäftigungsrate
der Frauen in der arabischen Welt beachten. Statistisch gesehen gingen nur 2,5 von zehn
Frauen einer geregelten Beschäftigung nach, mehr als sieben von zehn Frauen waren
damit nicht im Arbeitsmarkt aktiv.90 Hierbei gibt es einen Unterschied zwischen
87 International Labour Office (ILO) “Growth, Employment and Decent Work in the Arab“, Issue Paper Arab Forum on Development and Employment Doha, Qatar 15 - 16 November 2008 Region: An Overview, S.6. 88 ILO S.18. 89 Ebd. 90 ILO S. 19.
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Nordafrika und den Staaten des mittleren Ostens, vor allem hinsichtlich der Golfstaaten.
Die höhere Beschäftigungsrate in Nordafrika erklärt sich durch die etwas bessere
gesellschaftliche Lage der Frauen in den Maghrebländern.91 Die Staaten der arabischen
Halbinsel verzeichnen dagegen die niedrigste Frauen-Beschäftigungsrate der Welt.
Insgesamt gesehen sind die Arbeitslosenquoten für arabische Frauen höher als für
arabische Männer und zählen zu den höchsten der Welt.92
Grafik Nr.4: Weltweiter Vergleich der Menschen im erwerbstätigen Alter und der jugendlichen
Bevölkerung. Quelle: ILO.93
Es ist offensichtlich, dass der arabische Arbeitsmarkt unter einem großen Druck steht.
Demnach müssten bis zum Jahr 2020 rund 70 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen
werden, um den Ansturm der arbeitssuchenden Massen kompensieren zu können.94
91 Bezüglich der Gleichstellung von Frau und Mann ist besonders Tunesien hervorzuheben. Die weitestgehende Emanzipation der Frauen wurde bereits in der ersten Verfassung des Landes festgelegt, Tunesien spielt hier eine Vorreiterrolle in der arabischen Welt. Im islamisch geprägten Familienrecht derzeit noch existierende Benachteiligungen bei Scheidung und Erbfall sollen durch Novellierung bestehender Gesetze beseitigt werden. Frauen sind im Arbeitsalltag fest integriert. 25 Prozent der Frauen waren 2007 berufstätig. Sie stellen rund 50 Prozent der Lehrkräfte und 39 Prozent der Staatsbediensteten. Über die Hälfte der Studierenden sind Frauen. Die Zahl der Unternehmerinnen in Tunesien wird für das Jahr 2007 mit 6000 angegeben. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Tunesien/Innenpolitik.html 92 ILO S. 22 und AHDR 2009, dt. Kf. S. 12. 93 Ebd., S. 19. 94 ILO, S.14
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Während sich die offiziellen Arbeitslosenquoten von Land zu Land teilweise erheblich
unterscheiden, z. B. von etwa 2% in Katar bis zu 22% in Mauretanien, ist die
Jugendarbeitslosigkeit so gut wie in allen arabischen Länder ein schwerwiegendes
Problem.95
4.2.4. Jugendarbeitslosigkeit
The problem of unemployment in the region is first and foremost the problem of
youth unemployment. Unemployment amongst Arab youth is the highest in the
world. Youth unemployment represents 50% on average of all unemployed, it is
higher amongst female. What makes the situation more intriguing is the high rate of
unemployment amongst educated youth who have completed secondary and/or
tertiary education.96
Besonders junge AkademikerInnen und AbsolventInnen der arabischen Universitäten
sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Zudem sind allgemein junge Menschen nur in sehr
geringem Maße an politischen und zivilgesellschaftlichen Prozessen beteiligt.97 Junge
Frauen sind aufgrund herrschender kultureller und traditioneller Werte besonders
benachteiligt.98 Allgemein kann man sagen, dass die Jugend in der arabischen Welt
große Abstriche bezüglich der individuellen Selbstbestimmung machen muss. Dies
betrifft nicht nur den Arbeitssektor, sondern auch die fehlende Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben.99
95 Ebd. und AHDR 2009, S.12. 96 ILO, S.6. 97 GTZ 2008, S.3 98 Ebd. Vgl. GTZ „Frauenrechte in der arabischen Welt“. Das Thema Frauenrechte wird im Kapitel 4.7. genauer beschrieben. 99 GTZ 2008, S.3.
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100
Für 2005/2006 schätzte die Arab Labour Organization (ALO) den Höchstwert der
Jugendarbeitslosenquote in der Region auf etwa 46 Prozent in Algerien und den
Tiefstwert von 6,3 Prozent in den Vereinigten Arabischen Emiraten.101
Die VAE sind mit ihrer einstelligen Quote bei der Jugendarbeitslosigkeit eine
Ausnahme. Ansonsten haben alle arabischen Länder mit zweistelligen
Jugendarbeitslosenquoten zu kämpfen, auch die Golfstaaten mit hohem Einkommen. Im
Schnitt betrug die Quote für die MENA-Region rund 30% und war damit die höchste
der Welt.102
Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung erstellte die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)
im Jahr 2008 einen Bericht der konkret auf die Lage der jungen Bevölkerung in der
arabischen Welt eingeht.103 Diesem Bericht zufolge macht die Gruppe der 15 bis 24-
100 The Report in Numbers. Selected Data from the AHDR 2009, S. 8. 101 AHDR 2009, dt. Kf. S. 12, The Report in Numbers. Selected Data from the AHDR 2009, S. 23. 102 Ebd. Wie erwähnt, variieren die Arbeitslosenquoten von Quelle zu Quelle. So geht die GTZ z. B. für das Jahr 2008 in Algerien von 53 %, Westbank/Gazastreifen 43 % , Jordanien 30 %, VAE 6 %, Katar 11 %, Kuwait 13 %, Saudi Arabien 28 % und in Bahrain von20 % aus. GTZ Dez. 2008. 103 GTZ „ Kinder und Jugendliche im Nahen Osten und in Nordafrika“, Dezember 2008. http://www.gtz.de/de/dokumente/de-factsheet-jugend-mena-2008.pdf
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jährigen ungefähr ein Drittel der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter aus. Sie sind aber
mit 50% überproportional arbeitslos.
Der Anteil junger Menschen hat an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen hat zwischen
1995 und 2005 um 30% zugenommen. Rund 40 Millionen junge Menschen drängen
zwischen 2000 und 2010 zusätzlich auf den Arbeitsmarkt.104 Dies bedeutet eine
Steigerung von 40%. Damit wird alleine zwischen 2005 und 2010 ein jährlicher
Zuwachs von vier Millionen Arbeitskräften erwartet.105
Abgesehen von den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, hat die MENA-Region
den höchsten Zuwachs der Jugendbevölkerung und der Zahl der Menschen im
erwerbstätigen Alter.106 Schul- und HochschulabgängerInnen, die frisch in die
Arbeitswelt kommen, machen in so gut wie allen arabischen Ländern die Großzahl der
Arbeitslosen aus. Besonders in Ägypten und Syrien ist dies der Fall. In diesen Staaten
repräsentiert die Gruppe der Jugendlichen drei Viertel der arbeitslosen Bevölkerung. 107
Das strukturelle und jugendspezifische Problem der Arbeitslosigkeit ist nicht zu
übersehen. Insgesamt beträgt die Jugendarbeitslosenquote in den arabischen Ländern
nahezu das Doppelte des Wertes weltweit.108
Arbeitslosigkeit hat häufig ein junges, weibliches Gesicht: Besonders arabische Frauen
leiden unter den höchsten Arbeitslosenquoten weltweit.109
Interessant sind dabei die unterschiedlichen Wachstumsraten im Nahen Osten und in
Nordafrika. So wuchs die Jugend-Population im Nahen Osten zwischen 1997 und 2007
um 32,3%, Nordafrika hingegen weist ein Wachstum von 18,9% auf.110 Der Unterschied
erklärt sich dadurch, dass der Geburtenrückgang in den nordafrikanischen Ländern
früher eingesetzt hat als im Nahen Osten. Doch trotz dieses verzeichneten Rückgang der
Geburtenrate, gehört die arabische Welt, zusammen mit den afrikanischen Ländern
südlich der Sahara, weiterhin zu der Region mit der höchsten Zuwachsrate bezüglich
der Jugend-Population.111
Die erwähnten Zahlen stellen die arabische Welt vor eine sehr große Herausforderung.
Es muss unbedingt alles daran gesetzt werden, neue und vor allem ausreichend viele
Arbeitsplätze zu schaffen, um die junge Bevölkerung erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu
integrieren.
Zwar gab es in den letzten Jahren kleine wirtschaftliche Erfolge, jedoch konnten diese
nicht für einen adäquaten Job-Zuwachs sorgen, wie die Weltbank am Beispiel der
Maghreb112-Länder festgestellt hat:
Generating more and better quality jobs with higher productivity probably constitutes
the most important challenge the Maghreb countries will face over the next decade.
Despite relatively high and sustained economic growth since 2004, employment
104 GTZ 2008, S.5 f. 105 Ebd. 106 AHDR 2009, dt.Kf. S.12 107 Ebd. 108 Ebd. 109 AHDR 2009, dt. Kurzf., S. 12 f. 110 Vgl. Grafik Nr. 4, Kap. 111 ILO, S.18 112 Maghreb, [der; arabisch, „Westen“] der Westen der arabischen Welt; umfasst die nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien, bisweilen wird auch Libyen dazu gerechnet. Diese 4 Staaten und Mauretanien schlossen sich 1989 zur Maghreb-Unionzusammen mit der Absicht wirtschaftlicher und kultureller Zusammenarbeit.
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creation has been insufficient to significantly reduce unemployment, or to absorb the
flow of youth joining the labor market. As a result, the unemployment rate remains
high among youth, and has been rapidly increasing among secondary education
students and university graduates.113
Gerade die Arbeitslosigkeit junger Menschen mit einer qualifizierten Berufs- oder
Hochschulausbildung ist charakteristisch für viele Länder der MENA-Region.
In Marokko oder Ägypten ist es mittlerweile Standard, dass BerufseinsteigerInnen mit
Hochschulabschluss im Schnitt rund zwei bis drei Jahre auf eine Stelle warten
müssen.114 Und dies bedeutet nicht, dass alle AbsolventInnen irgendwann einen Job im
öffentlichen Sektor bekommen.115
Auch die Studie der GTZ weist darauf hin, dass in den kommenden Jahren unbedingt
zahlreiche neue Jobs geschaffen werden müssen, um alle NeueinsteigerInnen in den
nächsten Jahren zu beschäftigen.116
Für Außenstehende ist es zunächst nicht nachvollziehbar, warum gerade junge arabische
AkademikerInnen besonders von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Man sollte ja davon
ausgehen, dass gerade HochschulabsolventInnen viel bessere Chancen auf einen Job
haben. Für diesen Missstand gibt es einige Erklärungsansätze:
Zunächst muss festgestellt werden, dass die Gruppe der Uni-AbsolventInnen diejenige
ist, welche das größte Wachstum verzeichnet. Diese Gruppe wurde bis in die 1980er
Jahre in der Regel vom Staat aufgenommen, teilweise wurden vom Staat sogar
Garantien zur Übernahme der Uni-AbsolventInnen gegeben.117 Die arabischen Staaten
können aber seit geraumer Zeit keine staatlichen Jobs mehr garantieren. Einerseits
aufgrund ihres total überblähten Beamtenapparates und andererseits aufgrund der
schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und dem wirtschaftlichen Globalisierungs-
Druck.118 Da viele der Uni-AbsolventInnen aus wohlhabenden Familien oder aus den
Mittelschichten der arabischen Gesellschaften stammen, sind diese in der Lage, länger
auf einen Staatsjob zu warten, statt einen schlechter bezahlten Job in der
Privatwirtschaft anzunehmen.119
Die arabische Privatwirtschaft hingegen nutzt diese gigantische Ressource an Human-
Kapital in keiner Weise aus. Im Gegenteil: Die Privatwirtschaft in der MENA-Region
diskriminiert junge Menschen. Es werden keine Festanstellungen angeboten und der
Verdienst ist relativ gesehen geringer als der eines staatlichen Jobs.120 Es gibt keine
Jobgarantie und die Gefahr der ökonomischen Ausnutzung junger Menschen ist ständig
vorhanden. Besonders junge Frauen leiden unter Diskriminierung, da Familienplanung
und mangelnde geografische Mobilität ein Ausschlussgrund sind.121 Natürlich spielen
113 World Bank Quick Notes Series “The Employment Challenge in the Maghreb”, May 2009, Number 7. http://siteresources.worldbank.org/INTMENA/Resources/QuickNote7.pdf 114 GTZ 2008, S.5. 115 ILO. S.20 f. 116 GTZ, S. 4 f. und AHDR 2009 dt. Kurzfassung, im Vergleich zur ILO geht die GTZ und die UN von 51 Mio. neuen Jobs aus, die ILO wie oben erwähnt von 70 Millionen. 117 ILO, S.28, GTZ 2008 S.5 f. 118 ILO S. 28 119 Ebd. 120 Ebd. 121 Ebd.
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innerhalb des Aspektes der mangelnden Mobilität von Frauen, traditionelle und
kulturelle Werte der arabischen Welt die ausschlaggebende Rolle.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist das mangelnde Ausbildungsniveau und der Mangel an
Berufspraxis der Uni-AbsolventInnen. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass eine
auf den Arbeitsmarkt ausgerichtete Berufsausbildung fehlt und die Qualität der Schul-
und Hochschulbildung allgemein nicht den Kriterien der Arbeitswelt entspricht.122
Dieser Aspekt wird im weitern Verlauf der Arbeit ebenfalls im Kapitel
„Bildungssystem“ näher erörtert. Darüber hinaus ist der Mangel an einer staatlichen
Planung und Förderung ein Grund, sowie die Ungleichbehandlung der Geschlechter in
der arabischen Welt.
Das Ergebnis dieser Missstände ist eine hohe wirtschaftliche Unsicherheit unter der
jungen arabischen Generation. Es ist daher nicht verwunderlich, dass weite Teile der
jungen arabischen Welt unter einer gewissen Existenzangst leiden und oft alles daran
setzen, sei es legal oder illegal, in das westliche Ausland zu emigrieren.123
Dieser Gesichtspunkt wird im weiteren Teil der Arbeit im Kapitel „Bildungssystem“
unter dem Aspekt „Brain Drain“ erörtert.
Zusammenfassend kann man sechs Faktoren für die hohe Arbeitslosigkeit der MENA-
Region benennen124:
1. Die Bevölkerungsexplosion der letzten Jahrzehnte und die damit weltweit
höchste Jugendbevölkerung der Welt, neben den afrikanischen Ländern südlich
der Sahara.
2. Fehlende wirtschaftliche Planung, Förderung, Transparenz, Rechtsstaatlichkeit,
Chancengleichheit
3. Die Schrumpfung des öffentlichen Sektors, der Rückzug des Staates als größter
Arbeitgeber, bedingt durch Strukturreformen.
4. Der beschränkte Umfang, die gebremste Leistungsfähigkeit und die schwache
arbeitsplatzschaffende Kapazität des privaten Sektors.
5. Das mangelnde Ausbildungsniveau von Schulen und Hochschulen in der
arabischen Welt. Es wird nicht genügend Wert auf die erforderlichen beruflichen
und fachlichen Kompetenzen gelegt.
6. Die Ungleichbehandlung der Geschlechter.
Hinsichtlich der sozialen Ausgrenzung junger Menschen muss abschließend festgestellt
werden, dass die Arbeitsmarktzahlen alarmierend sind. Die extrem hohe
Arbeitslosigkeit und die damit verbundene wirtschaftliche Unsicherheit und
Perspektivlosigkeit, birgt ein immenses Potenzial an Frustration. Der dazu kommende
Mangel an qualitativer Bildung erhöht die Gefahr eines weiter zunehmenden
Fundamentalismus’ und kann im schlimmsten Falle zu einer Zunahme des Extremismus
führen, der sich in terroristischen Aktivitäten manifestieren kann.
122 Ebd. und AHDR 2009 dt. Kurzf., S. 13. 123 “In a worrying trend, 51 % of older adolescents interviewed and 45 % of younger ones expressed a desire to emigrate, clearly indicating dissatisfaction with current conditions and future prospects in their home countries.” AHDR 2002, Executive Summary, S.4, www.arab-hdr.org/publications/content/2002/execsum-02e.pdf 124 GTZ 2008, S. 4 f., ILO S. 18 f., AHDR 2009, dt. Kf.
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Der immer größer werdende Wohlstandsunterschied könnte zu einer Zuspitzung der
sozialen, gesellschaftlichen Konflikte führen. Das Gefühl der Ausgrenzung und
Chancenlosigkeit wird durch die Tatsache erschwert, dass in den meisten arabischen
Ländern eine auffällige Besitzkonzentration herrscht. Dies betrifft den Besitz von Grund
und Boden sowie den Besitz von Vermögenswerten.125
Sozialer Frieden innerhalb der arabischen Gesellschaften ist unter diesen momentanen
Umständen nicht zu erwarten.
4.3. Menschliche Unsicherheit durch Konflikte
Unter dem Titel „Herausforderung für die menschliche Sicherheit in den arabischen
Staaten“ stellt der AHDR 2009 klar, dass menschliche Sicherheit die Voraussetzung für
Fortschritte in der menschlichen Entwicklung ist.
Menschliche Sicherheit wird allgemein mit der Freiheit von Furcht und der Freiheit
von Not assoziiert, und sie ist eine Voraussetzung für menschliche Entwicklung.(…)
Jedoch stellt man in vielen arabischen Ländern fest, dass es ihnen weitgehend an
menschlicher Sicherheit fehlt, ein vorherrschendes und oft großes Defizit, das die
Menschen in unterschiedlichen Lebensbereichen vielfachen Bedrohungen
aussetzt.(…)Menschliche Unsicherheit zeigt sich vor allem in den Auswirkungen
militärischer Angriffe und Besatzung sowie gewaltsamer interner Konflikte126 wie z.B.
im Irak und den besetzten palästinensischen Gebieten. Sie tritt sogar in den
Ländern auf, die relative Stabilität genießen, der Staat jedoch die Rechte und
Freiheiten der Menschen aufheben kann.127
Vor diesem Hintergrund ist ein Blick auf das Konfliktbarometer des Heidelberger
Instituts für internationale Konfliktforschung (HIIK)128 sehr aufschlussreich.
Das Konfliktbarometer listet alle existierenden Konflikte der Welt auf, gestaffelt in
zwei Gruppen nach fünf Intensitätsgraden. Die zwei Gruppen unterscheiden gewaltsame
und nicht-gewaltsame Auseinandersetzungen.
Nicht-gewaltsame Konflikte mit dem ersten (d.h. dem schwächsten) Intensitätsgrad
werden als „Latenter Konflikt“, oder wenn sie den zweiten Grad haben, als „Manifester
125 AHDR dt. Kurzf., S. 14. 126 Definition Konflikt: Konflikte sind Interessengegensätze (Positionsdifferenzen) um nationale Werte von einiger Dauer und Reichweite zwischen mindestens zwei Parteien (organisierte Gruppen, Staaten, Staatengruppen, Staatenorganisationen), die entschlossen sind, sie zu ihren Gunsten zu entscheiden. Konfliktgegenstände sind dabei: Territorium, Sezession, Dekolonisation, Autonomie, System / Ideologie, Nationale Macht, Regionale Vorherrschaft, Internationale Macht, Ressourcen, Sonstiges. Aus Konfliktbarometer 2006. 127 AHDR 2009, Informationstext auf der letzten Seite. Darüber hinaus macht der AHDR 2009 klar, dass mittlerweile auch der Klimawandel ein Aspekt der menschlichen Unsicherheit ist, da Land- und Wasserressourcen angesichts erhöhter Trockenheit z. B., sich verringern können und die Gefahr von Hunger und Armut weiter steigen kann. 128 www.konfliktbarometer.de, das HEIDELBERGER INSTITUT FÜR INTERNATIONALE KONFLIKTFORSCHUNG (HIIK) am INSTITUT FÜR POLITISCHE WISSENSCHAFT DER UNIVERSITÄT HEIDELBERG ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein. Es widmet sich der Erforschung, Auswertung und Dokumentation innerstaatlicher und internationaler politischer Konflikte. Das HIIK ging 1991 aus einem u.a. von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell unterstützten Forschungsprojekt KOSIMO (Konflikt-Simulations-Modell) hervor.
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Konflikt“ bezeichnet. Gewaltsame Konflikte werden zunächst als Krise, dann als
„Ernste Krise“ und zuletzt als „Krieg“ betrachtet.129
Basierend auf dem Konfliktbarometer 2009, stiegen die beobachteten
Auseinandersetzungen in Nordafrika und im Mittleren Osten von 51 im Jahr 2008 auf
55 im Jahr 2009. Modifiziert man die Zahl nach der vorliegenden Definition der
arabischen Welt130, kommt man auf 51 Konflikte für das Jahr 2009.131
Die „Mutter aller Konflikte“, bzw. der Konflikt der in der arabischen Welt seit
Jahrzehnten am meisten für Aufsehen und Unmut sorgt, ist der Israel-Palästina Konflikt.
Der Israel-Palästina Konflikt kann in vielerlei Hinsicht als ein Entwicklungshemmnis
für die MENA-Region hinsichtlich eines demokratischen Wandlungsprozesses
angesehen werden.
Für das palästinensische Volk ist der Konflikt eine reine Katastrophe. Das West-
Jordanland und der Gazastreifen sind im Endeffekt nichts anderes als
Großraumgefängnisse und führen zu einer stetigen Verletzung der individuellen und
kollektiven Freiheiten der Palästinenser. Krieg und systematische Zerstörung der
Infrastruktur sind die offensichtlichsten Entwicklungshemmnisse für diesen Teil der
arabischen Welt.132 Ganz abgesehen von der psychologischen Traumatisierung.
Für den Großteil der arabischen Regime jedoch, ist die Palästina-Problematik ein
willkommener Vorwand für den eigenen Machterhalt. So dient der Konflikt den
arabischen Führungseliten in der Regel als Grund für den Reformstau. Mit Verweis auf
die Besetzung und damit verbundene Unterdrückung des palästinensischen Volkes,
kann man von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken und notwendige Reformen werden
nicht in Angriff genommen.
Ganz im Gegenteil, der Konflikt dient als Rechtfertigung für die hohen
Verteidigungshaushalte in der Region und er fördert die Akzeptanz von militärischen
Lösungen, sowohl bei den arabischen Staaten als auch bei Israel.
Eine friedliche Lösung des Israel-Palästina-Konflikts würde daher den meisten Regimes
die Argumentationsgrundlage für die Verweigerung der notwendigen Reformen
entziehen. Das „beste Argument“ dafür, wieso z. B. das Militär im Vergleich zum
Bildungssektor eine solch hohe finanzielle Zuwendung erfährt, fiele weg. Die eigenen,
innenpolitischen Probleme gerieten in den Fokus und die Regimes damit in einen
Erklärungsnotstand.
129 Latenter Konflikt (Stufe 1): Eine Positionsdifferenz um definierbare Werte von nationaler Bedeutung ist dann ein latenter Konflikt, wenn darauf bezogene Forderungen von einer Partei artikuliert und von der anderen Seite wahrgenommen werden. Manifester Konflikt (2): Ein manifester Konflikt beinhaltet den Einsatz von Mitteln, welche im Vorfeld gewaltsamer Handlungen liegen. Dies umfasst beispielsweise verbalen Druck, die öffentliche Androhung von Gewalt oder das Verhängen von ökonomischen Zwangsmaßnahmen. Krise (3): Eine Krise ist ein Spannungszustand, in dem mindestens eine der Parteien vereinzelt Gewalt anwendet. Ernste Krise (4): Als ernste Krise wird ein Konflikt dann bezeichnet, wenn wiederholt und organisiert Gewalt eingesetzt wird. Krieg (5): Kriege sind Formen gewaltsamen Konfliktaustrags, in denen mit einer gewissen Kontinuität organisiert und systematisch Gewalt eingesetzt wird. Die Konfliktparteien setzen, gemessen an der Situation, Mittel in großem Umfang ein. Das Ausmaß der Zerstörung ist nachhaltig. Aus dem Konfliktbarometer 2006. 130 Siehe Definition „Arabische Welt“, Kapitel 2. 131 Konfliktbarometer 2009, S. 71. Bei dieser Auflistung werden Afghanistan, der Iran und die Türkei noch dazugezählt. Der Sudan hingegen wird Sub-Sahara Afrika zugeordnet. Wenn man die Zahl nach der in der Arbeit vorliegenden Definition der arabischen Welt modifiziert (d. h. 8 Konflikte der drei oben genannten Länder herausnimmt, die nicht mit der MENA-Region zusammenhängen) und den Sudan dazuzählt (der Sudan weist insg. 6 Konflikte auf, wobei 2 Konflikte sich komplett im Süden des Landes abspielen, demnach werden also für den Sudan vier Konflikte in dieser Rechnung gezählt), kommt man auf eine Konfliktzahl von 51 für das Jahr 2009. 132 AHDR 2004, dt. Kurzfassung, S. 4 f.
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So aber dient der Israel-Palästina Konflikt im Endeffekt nur dem Überleben der
arabischen Diktaturen.133
Hinzuzufügen ist, dass die unter der Federführung der USA erfolgte Invasion im Irak
2003 und die bis heute anhaltende Besetzung die gesamte Problematik noch verschärft
haben.
Bezüglich der sehr hohen Verteidigungshaushalte vieler arabischer Staaten vermittelt
der Globale Militarisierungsindex (GMI) des Internationalen Konversionszentrum Bonn
(BICC) sehr interessante Ergebnisse.134
So hat das BICC festgestellt,
dass generell Größe und Zusammensetzung des Militärapparats beträchtliche
Auswirkungen sowohl auf die menschliche und wirtschaftliche Entwicklung eines
Staates als auch auf den Grad von Gewaltanwendung sowie interne wie externe
gewaltförmige Konflikte haben kann.135
Laut GMI-Ranking136 des BICC Jahresbericht 2008/2009 befinden sich unter den Top
12 Staaten gleich sieben arabische Nationen. Zählt man Israel137 als geografisches
Mitglied der MENA-Region noch dazu, kommt man auf acht Staaten der MENA-
Region in den Top 12.
Arabischer Spitzenreiter ist Syrien (2) gefolgt von Jordanien (5), Oman (6), Kuwait (7),
Saudi-Arabien (8), Bahrain (9) und vom Libanon (12). Unter den Top 25 befinden sich
noch Algerien (20), Ägypten (23), Marokko (24) und Libyen (25).138
Insgesamt gesehen verdeutlicht der Blick auf das Konfliktbarometer 2009 und das GMI-
Ranking die angespannte Lage der arabischen Welt. Der Mangel an menschlicher
Sicherheit und die damit verbundenen hohen Ausgaben für die Verteidigungshaushalte
vieler arabischer Staaten, trotz des Entwicklungsrückstandes in wirtschaftlicher und
bildungspolitischer Hinsicht, sind ein klares Entwicklungshemmnis für den Fortschritt.
Dies sind warnende Hinweise, besonders für Europa als direkte Nachbarregion. Gerade
den EuropäerInnen sollte klar sein, dass eine friedliche MENA-Region auch ein Garant
für Frieden und Sicherheit in Europa ist.
4.4. Bildungssystem
UNESCO defines education as a fundamental human right.139
Die hohen Arbeitslosenzahlen, besonders die hohe Jugendarbeitslosigkeit setzen die
Bildungssysteme der MENA-Region extrem unter Druck. Die arabischen Staaten stehen
vor immensen Herausforderungen. Dies hat dazu geführt, dass mittlerweile einige
133 Vgl. Volker Perthes „Europa und Amerikas Greater Middle East“, SWP-Aktuell 5, S.6, Februar 2004. 134 Das Bonn International Center for Conversion (BICC) wurde 1994 vom Land Nordrhein-Westfalen gegründet. Es ist eines der führenden deutschen und international anerkannten Friedens- und Konfliktforschungsinstitute. DerGlobale Militarisierungsindex (GMI) bildet das relative Gewicht und die Bedeutung des Militärapparats eines Staates im Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzes ab. Militarisierung wird dabei im engeren Sinne als die dem staatlichen Militär zur Verfügung stehenden Ressourcen und Kapazitäten definiert. BICC Jahresbericht 2008/2009 S. 18. 135 Ebd. 136 GMI-Ranking, BICC 2008/2009, S. 21. Der GMI umfasst 151 Staaten. 137 Israel ist im GMI-Ranking auf Rang 3. 138 Die Zahl in Klammern weist auf die jeweilige Position im GMI-Ranking. 139 UNESCO LAMP 2009, S. 13.
- 33 -
Staaten der Region verstärkt in den Ausbau ihrer Bildungseinrichtungen investieren.140
Dies ist im Zuge der globalen Informationsrevolution absolut notwendig, um den
Anschluss an die entwickelten Länder nicht zu verlieren.
In einer auf Wissen basierenden Gesellschaft werden Transfer und Anwendung von
Wissen zu bestimmenden Prinzipien aller Aspekte menschlichen Lebens. In der Kultur,
in der Gesellschaft, in Wirtschaft und Politik sowie im Privatleben. Gerade bei der
Nutzung des Internets ist ein gewisser Bildungshorizont nötig, der mehr als die
Fähigkeit zum Lesen und Schreiben voraussetzt. Dies führt zum Problem des
Analphabetismus in der arabischen Welt.
4.5. Analphabetismus in der MENA-Region
Literacy is a key element to reducing gender inequality; Adult literacy is critical for
the healthy development and education of children; Literacy is a key element for
human and economic development, given the deep impact these skills can have on
economic performance; and Literacy is vital for promoting health and fighting
diseases.141
Der Analphabetismus in der arabischen Welt ist als sozialer Indikator weiterhin ein
großes Entwicklungshemmnis. Zwar konnte in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl
der Menschen, die des Lesens und Schreibens mächtig sind142, gesteigert werden, doch
im Schnitt hat die MENA-Region immer noch eine Analphabetenrate von 30%.143
Die UNESCO veröffentlichte 2008 für das Jahr 2005 geschätzte absolute Zahlen für die
AnalphabetInnen in der MENA-Region. Dazu gibt es auch Prognosen für die Jahre
2010 und 2015: 144
2005:
Alter 15+ 44,740,050 Millionen
15-24 6,726,500
25-64 31,288,790
65+ 6,724,760
Prognose 2010:
15+ 43,771,080
15-24 5,030,420
25-64 31,443,210
65+ 7,297,450
140 Bundesministerium für Bildung und Forschung, http://www.bmbf.de/press/2540.php 141 UNESCO LAMP, S. 16. 142 Dank staatlicher Kampagnen und dem Bau neuer Schulen konnte z. B. in Ägypten die Einschulungsrate auf 91,4% erhöht werden. 86% besuchten weiterführende Schulen. Jedoch leidet der Unterricht in der Regel an einer zu großen Klassenstärke, die im Schnitt 40 Schüler pro Klasse für das Jahr 2001 betrug. United Nations Development Programme/ Institute of National Planning (UNDP): Egypt. Human Development Report 2003. Cairo 2003a. 143 Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, http://www.bmz.de/de/laender/regionen/naher_osten_nordafrika/bildung/index.html 144 UNESCO International Literacy Statistics 2008, S. 43.
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Prognose 2015:
15+ 42,155,850
15-24 3,915,860
25-64 30,339,140
65+ 7,900,850
Besonders hoch halten sich dabei die Quoten der arabischen Frauen. Laut UNESCO
sind über 65% aller AnalphabetInnen in der MENA-Region Frauen. 2005 waren das in
absoluten Zahlen 30,390,290 Millionen. 2010 rechnet man 29,903,640 Millionen und
2015 mit 28,906,550 Millionen weiblichen Analphabetinnen.145
Natürlich variiert die Quote aufgrund der Heterogenität innerhalb der MENA-Region
von Staat zu Staat. So betrug die Rate der AnalphabetInnen in Nordafrika (Marokko
und Mauretanien) bei den über 15-Jährigen für den Zeitraum 1990-2005 um die 50%,
wohingegen die Quoten in Algerien etwa 30%, in Tunesien 25% und in Libyen nur etwa
15% betrugen.146
Exkurs Kinderarbeit
Bildung ist ein fundamentales Menschenrecht, so die UNESCO147. Dies erfordert aber
ein Verantwortungsbewusstsein des Staates gegenüber seinen Bürgern und Bürgerinnen,
bzw. seinen Schutzbedürftigen, den Kindern. Dies beinhaltet, dass Kinderarbeit in
keiner Weise toleriert werden darf. In vielen arabischen Ländern ist das leider nicht der
Fall.
So ist Kinderarbeit ein Grund für anhaltenden Analphabetismus bei einem Teil der
Heranwachsenden, auch wenn sich die Nettoeinschulungsquoten im Allgemeinen bis
fast 90-95% in vielen Staaten der Region gestiegen sind. Trotz verstärkter Bemühungen
bleiben Millionen Kinder unverschuldet von Bildung und damit vom Fortschritt
ausgegrenzt. Wirtschaftliche Not drängt die Eltern, ihre Kinder arbeiten zu lassen,
anstatt sie zur Schule zu schicken.148
In so gut wie allen Fällen sind die Eltern selbst schreib- und leseunkundig und vererben
sozusagen durch den Arbeitseinsatz ihrer Kinder den Analphabetismus. Kinderarbeit ist
vor allem in Ägypten und im Libanon ein großes Problem.149 In Ägypten schätzt man
die Zahl der arbeitenden Minderjährigen auf zwei Millionen.150
Dieser Teufelskreis des „vererbbaren“ Analphabetismus muss unbedingt durchbrochen
werden. Dabei ist Überzeugungsarbeit und finanzielle Hilfe gefragt.
145 Ebd., S. 45 f. 146 Konrad-Adenauer-Stiftung „20 Jahre Arabische Maghreb- Union: eine Bestandsaufnahme“, Juni 2009, S. 4. http://www.kas.de/wf/doc/kas_16850-544-1-30.pdf 147 UNESCO LAMP 2009, S. 13. 148 Der AHDR 2002 ging davon aus, dass zehn Millionen arabische Kinder zwischen sechs und 15 Jahren nicht zur Schule gehen. DGNV Bevölkerung & Entwicklung Nr. 49, Sep. 2002, S. 3. 149 ILO „Child Labor on Tobacco Plantations in Lebanon“, S. 5 f. www.ilo.org/public/english/region/arpro/beirut/infoservices/report/report04.htm 150Schätzungsweise gehen zwei Millionen ägyptische Kinder zwischen fünf und 14 Jahren einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Hinzu kommen mehrere hunderttausend, die halbtags neben der Schule einen Job haben. Berliner Zeitung Nr. 134 „Meister Mohameds kleine Malocher“ 12. Juni 2009, S. 8., DIE ZEIT Nr. 3, „Die Schule unseres Viertels“ 8. Januar 2009, S. 58 Vgl. ILO „Child Labor on Tobacco Plantations in Lebanon“, S. 5 f. www.ilo.org/public/english/region/arpro/beirut/infoservices/report/report04.htm
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Ausgleichzahlungen gegen den Verdienstausfall und Unterstützung der Kinder beim
Lernen sollten im Verantwortungsbereich des Staates sein.
Kinderarbeit, Lehrermangel, fehlende Investitionen, Qualitätsmängel – es gibt viele
Gründe für den Missstand Analphabetismus. Fakt ist: Er zieht sich wie ein roter Faden
durch die gesamte arabische Welt und angesichts der vorgestellten Zahlen, ist es nicht
verwunderlich, dass sich in einer globalisierten Weltwirtschaft, die auf Wissen und
Forschung basiert, ein solcher Missstand hemmend auf den Modernisierungsprozess
auswirkt.
4.6. Qualität der Bildungssysteme
Nur qualitativer Unterricht führt auch zu qualitativer Bildung. Eine hohe
Alphabetisierung alleine kann den Anforderungen einer globalisierten Welt nicht
genügen, denn Schreib- und Lesefähigkeiten ohne weiterführende Bildung bringen
keinen modernen Fortschritt. Gut ausgebildete, hoch qualifizierte Kräfte sind für einen
erfolgreichen Modernisierungsprozess notwendig.151
Die UNESCO unterscheidet in ihrem Bericht 2009 fünf Bildungskategorien:
Level 1 indicates persons with very poor skills, where the individual may, for
example, be unable to determine the correct amount of medicine to give a child from
information printed on a package. Level 2 refers to respondents who can deal only
with material that is simple, clearly laid out, and in which the tasks involved are not
too complex. It denotes a low level of skills, although less obvious than in Level 1. It
identifies people who can read but test poorly. These individuals may have
developed coping skills to manage everyday literacy demands, but their low level of
proficiency makes it difficult to face novel demands, such as learning new job skills.
Level 3 roughly denotes the skill level formally required for successful secondary
school completion and entry to tertiary-level educational institutions. Similar to
higher levels, it requires the ability to integrate several sources of information and
solve more complex problems. OECD countries considered this level a suitable
minimum for coping with the demands of everyday life and working in a complex,
“advanced” society. Level 4 and 5 describe respondents who demonstrate a
command of higher order information processing skills.152
Primär die beiden höchsten Bildungskategorien (Level vier und fünf) sind das große
Manko in weiten Teilen der arabischen Gesellschaften. Es ist offensichtlich, dass die
Qualität der arabischen Bildungssysteme ein Grund für die hohe Arbeitslosigkeit ist.
Die Lerninhalte orientieren sich unzureichend am Arbeitsmarkt, was sich auch an der
fehlenden Verknüpfung der Privatwirtschaft zum Bildungssystem in der MENA-Region
bemerkbar macht. Praktika in der arabischen Welt sind so gut wie unbekannt.153
Für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen wie kritisches Denken, Innovation,
Kreativität, Fremdsprachen sowie fundierte, fachliche Kenntnisse aus
Naturwissenschaft und Mathematik, werden nur unzureichend vermittelt.154 Studierende
einer öffentlichen arabischen Universität schließen ihr Studium in der Regel ohne den 151 Weltentwicklungsbericht 1999/2000, S. 47. 152 UNESCO LAMP, S. 18. 153 GTZ, Dez. 2008, S. 5. 154 Ebd.
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Erwerb von Schlüsselkompetenzen ab. Interaktion zwischen Lehrpersonal und
Lernpersonal ist nicht vorgesehen. Statt Transfer ist immer noch das Auswendiglernen,
kombiniert mit einer traditionsverhafteten und autoritären Grundhaltung, das
Kennzeichen arabischer Bildungssysteme.155
Zum eindimensionalen Frontalunterricht kommt erschwerend dazu, dass die
Klassenstärke an staatlichen arabischen Schulen oft 50, 60, 70 – manchmal sogar noch
mehr – SchülerInnen umfasst. Dementsprechend bleiben viele Kinder auf der Strecke,
oft verlassen sie trotz jahrelangen Besuchs einer Grundschule, das Schulgebäude als
Analphabet.156
Verschlimmert wird dieser Umstand noch von der schlechten Ausbildung und
Bezahlung der staatlichen Lehrpersonen, die deswegen überhaupt keine Motivation
haben einen guten Unterricht zu erteilen. Stattdessen stecken sie, wie dies in Ägypten
der Fall ist, ihre Energie in teure private Nachhilfestunden, um über die Runden zu
kommen.157 Verloren haben dabei natürlich die SchülerInnen, die sich keine
Nachhilfestunden leisten können. Gerade die naturwissenschaftlichen Kenntnisse sind,
wie die OECD158 betont, heute bezüglich der technologischen Entwicklung und
Innovation von besonderer Bedeutung:
Eine Erwerbsbevölkerung mit hohen Qualifikationen im naturwissenschaftlichen
Bereich ist wichtig für das wirtschaftliche Wohlergehen der Länder. Während
grundlegende naturwissenschaftliche Kompetenzen im Allgemeinen als wichtig für
die Aufnahme neuer Technologien gelten, sind anspruchsvolle
naturwissenschaftliche Kompetenzen von entscheidender Bedeutung für die
Entwicklung neuer Technologien und für die Innovationstätigkeit. Insbesondere für
Länder, die sich in einer technologischen Spitzenposition befinden, ist der Anteil der
hochqualifizierten Arbeitskräfte an der Erwerbsbevölkerung daher ein wichtiger
Bestimmungsfaktor für das Wirtschaftswachstum und die sozioökonomische
Entwicklung.159
2006 nahmen als einzige arabische Vertreter die Staaten Tunesien, Jordanien und Katar
an der PISA-Studie160 der OECD teil.
155 World Bank, Quick Notes Series, Feb. 2009 Number 2, “Education in the Arab World”, S. 1 f.: Rote learning still dominates teaching, and little emphasis is put on problem solving and interactive teaching methods that would demand initiative from students. Foreign language and science do not make up a sufficient share of the curricula. While pedagogical methods adopted worldwide incorporate inquirybased learning, most MENA countries continue to use a more traditional model of pedagogy (for example, copying from the blackboard, and little interaction between teachers and students). AHDR 2004, dt. Kurzfassung, S. 16. 156 Vgl. Reinhard Baumgarten „Bildung in der arabischen Welt“, Qantara 2004. http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-171/i.html 157 Vgl. „Ägyptischer Schulalltag – Korruption im Klassenzimmer“, Spiegel Online 2005. http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,370531,00.html 158 OECD: Organization for Economic Co-operation and Development, deutsch Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die OECD ist die bedeutendste Organisation der westlichen Industrieländer zur Koordinierung der Wirtschafts-, Handels- und Entwicklungspolitik. Duden Wirtschaft von A bis Z, 2. Aufl. Mannheim. 159 PISA 2006 - NATURWISSENSCHAFTLICHE KOMPETENZEN FÜR DIE WELT VON MORGEN Kurzzusammenfassung, S. 22. http://www.oecd.org/dataoecd/18/35/39715718.pdf 160 PISA ist eine internationale Schulleistungsstudie, die im Dreijahresturnus Erhebungen bezüglich der Kenntnisse und Fähigkeiten 15-Jähriger mit den Schwerpunkten Naturwissenschaft, Lesekompetenz und Mathematik durchführt. Sie ist das Produkt einer Kooperation zwischen den teilnehmenden Ländern im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Über 400 000 Schülerinnen und Schüler aus 57 Ländern,
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Das Ergebnis offenbarte klare Defizite im Bereich der Naturwissenschaften. So belegte
Katar den vorletzten Platz, Tunesien den viertletzten Platz und Jordanien nahm von
insgesamt 57 teilnehmenden Ländern Rang 45 ein.161
Es soll hinzufügt werden, dass es sich bei den drei genannten Staaten um die Länder
handelt, die sich in den letzten Jahren mit am intensivsten um eine Verbesserung ihrer
Bildungssysteme bemüht haben.162 Auch wenn die Platzierungen der genannten Länder
im letzten Viertel des Ranking zu finden sind, gibt es doch einige viel versprechende
Ansätze.
Gerade die Position Jordaniens ist angesichts der herrschenden Probleme in der Region
respektabel. So konnte das Königreich am Jordan mit Rumänien immerhin einen EU-
Staat und große Volkswirtschaften wie Thailand, Mexiko und Brasilien hinter sich
lassen. Auch Tunesien hat trotz der schlechten Platzierung in zwei
naturwissenschaftlichen Inhaltsbereichen überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen
können. Dies lässt zumindest in diesen Staaten auf eine weitere positive Entwicklung
hoffen.163
Die exponierte Stellung von Jordanien, Tunesien und Katar wird im Arab Knowledge
Report 2009 bestätigt. Demnach sind die Forschungsinstitute in Katar (1/30), Tunesien
(2/42) und Jordanien (3/51) in der arabischen Welt führend.164
Ein hervorragendes Ergebnis in der naturwissenschaftlichen Rangliste der PISA-Studie
2006 erzielten übrigens die ostasiatischen Staaten, bzw. die Volkswirtschaften Hong
Kong (2), Taiwan (4), Japan (6), Südkorea (11) und Macau (17). Alle genannten Staaten
befanden sich für 2006 klar über dem Durchschnitt.165 Es ist offensichtlich, dass dies vor
allem den hohen Investitionen dieser Region in den Ausbau und in die qualitative
Verbesserung ihrer Bildungssysteme in den letzten Jahrzehnten zu verdanken ist.
Hinsichtlich der Etablierung der neuen Kommunikationstechnologien ist ein Resultat
der arabischen Bildungsmisere der Mangel an Medienkompetenz.
Medienkompetenz kann nicht nur den technischen Umgang mit den Medien in ihrer
ganzen Breite einschließlich des funktionalen Lesens bedeuten. Medienkompetenz als
sinngemäße Übersetzung von „information literacy“ bedeutet die Fähigkeit, Texte zu
verstehen, sowie den Hintergrund von Informationen und deren Zusammenhang zu
erkennen. Ebenso kennt und beherrscht der medienkompetente Nutzer Suchstrategien
von den Katalogen der Bibliotheken bis hin zum intelligenten Suchen im Internet.166
So ist immer wieder zu beobachten, dass Nachrichten aus dem Fernsehen, aber vor
allem Informationen aus dem Internet als einzige und in der Regel ungeprüfte Referenz
auf die fast 90% der Weltwirtschaft entfallen, nahmen an PISA 2006 teil. Dt. Kurzf., S. 2. http://www.oecd.org/dataoecd/18/35/39715718.pdf 161Vgl. PISA 2006, dt. Kurzzusammenfassung, S. 26. 162 Arab Knowledge Report 2009, S. 185 f. 163 Vgl.PISA 2006, S. 28. 164 Arab Knowledge Report 2009, S. 189 Table 5.1. “The Quality of Arab research institutions”. Die erste Zahl in der Klammer steht für die Ranglistenposition in der MENA-Region, die zweite Zahl steht für die weltweite Ranglisten-Position. 165 Vgl. ebd., S. 26. Die Zahl in Klammern steht für die Ranglisten-Position. 166 Elisabeth Simon, “Medienkompetenz/Information Literacy – Wie lehrt man Medienkompetenz”, Berlin 2003, S.4.
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angesehen werden. Die Fähigkeit Wesentliches vom Unwesentlichen zu unterscheiden,
bzw. Falschinformationen zu erkennen, ist größtenteils nicht vorhanden.167
Das ist natürlich dem qualitativ schlechten Bildungssystem zu verdanken.
4.7. Forschung und Wissenschaft
Knowledge in Arab countries today appears to be on the retreat.168
Es ist erwiesen, dass zwischen Bildungsausgaben und Wohlstand eines Landes ein
sichtbarer Zusammenhang besteht.169 Angesichts dieser Tatsache war der Blick auf die
arabische Forschungs- und Wissenschaftswelt zu Beginn des neuen Millenniums sehr
deprimierend.
Der AHDR 2003 wies auf sinkende Studierendenzahlen und Bildungsausgaben hin. Die
Anzahl der WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen, die in Forschung und
Entwicklung arbeiteten, lag in den 22 arabischen Ländern nur bei 371 auf eine Million
Menschen. Der weltweite Durchschnitt betrug 2002 hingegen 979. Nur 0,2 Prozent des
Bruttosozialprodukts wurden in der arabischen Welt für Forschung und Entwicklung
ausgegeben.170
2005 machte Carsten-Michael Walbiner von der Humboldt-Foundation darauf
aufmerksam, dass nur rund 19.000 WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen in der
gesamten arabischen Welt im Bereich Wissenschaft und Entwicklung tätig waren – nur
wenig mehr als in Kuba allein. Südkorea hatte zu diesem Zeitpunkt etwa 117.000
WissenschaftlerInnen, TechnikerInnen, IngenieurInnen. Nur 0,7% der
wissenschaftlichen Publikationen wurden in den arabischen Staaten verfasst und nur
0,05% der in den amerikanischen und europäischen Patentsystemen angemeldeten
Patente stammten aus der MENA-Region.171
Auch der Zustand der staatlichen Universitäten lässt sehr zu wünschen übrig. Es fehlt an
Ausstattung, genügend Lehrkräften und an Qualität des Lehrkörpers. Die Bürokratie im
Hochschulbereich ist wie in allen staatlichen Behörden der arabischen Welt aufgebläht
und nicht effizient. Als Alternative zu den staatlichen Universitäten haben die privaten
Hochschulen den staatlichen längst den Rang abgelaufen. Sie sind besser ausgestattet
und in der Regel haben sie eine qualitativ, an westlichen Standards gemessene, besseres
Bildungsangebot.172
Doch diese privaten Hochschulen stehen nur der finanziellen Oberschicht und vielleicht
noch der oberen Mittelschicht offen. Die Studiengebühren sind gemessen am
Durchschnittseinkommen exorbitant hoch und grenzen den Großteil der arabischen
Studierenden daher aus.173
167 Vgl. Expertengespräche Walpot, Musharbash, Meyer, Meiering. 168 Arab Human Development Report 2003:Building a Knowledge Society, S. 163.169 Vgl. Weltbericht „Bildung für alle“ 2009, dt. Kurzfassung, S. 12 f. http://www.unesco.de/fileadmin/medien/Dokumente/Bildung/efareport2009dt.pdf 170 AHDR 2003, dt. Kurzfassung, S. 6. 171Carsten-Michael Walbiner „Wissenschaft und Forschung in der arabischen Welt“, 04/2005, S.12 f. http://www.humboldt-foundation.de/pls/web/docs/F990/eik.pdf 172 Vgl. Walbiner, S.15 Die American University in Cairo / Beirut (AUC), aber auch die 2002 gegründete German University in Cairo (GUC) z. B. sind bekannte Beispiele für private Universitäten in der MENA-Region. Vgl. Walbiner, S.13 173 Walbiner, S.13
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Man könnte sie daher, sarkastisch betrachtet, als Auffangbecken für die Kinder der
Oberschicht ansehen. Ganz nebenbei dienen sie auch als perfekter Heiratsmarkt für den
Nachwuchs arabischer Eliten.174
Erschwerend kommt die Abwanderung arabischer ExpertInnen ins Ausland hinzu,
bezeichnet als der arabische "Brain Drain"175.
Weiterführende Hochschul-Qualifikationen176 erhalten die arabischen Eliten in der
Regel in Europa oder Nordamerika. Über die Hälfte der Studierenden bleibt gleich dort.
Und jede/r vierte AbsolventIn einer arabischen Universität wanderte aus, zwischen 1998
und 2000 waren das allein 15 000 ÄrztInnen.177
Wie der Weltentwicklungsbericht 1999/2000 hervorhebt, „kann ein solcher
„Brain Drain“ die Fähigkeiten eines Entwicklungslandes beeinträchtigen, moderne
Technologien in Landwirtschaft und Industrie zu nutzen.“178
In Anbetracht der Massenarbeitslosigkeit, besonders unter der jungen Bevölkerung, ist
der „Brain Drain“ weiterhin sehr aktuell, auch wenn sich die Möglichkeiten für junge
AraberInnen ins Ausland zu gehen, durch die verschärfte globale Sicherheitslage sehr
erschwert hat. Hinzu kommt, dass viele Staaten, vor allem die europäischen Staaten,
aufgrund der wirtschaftlich angespannten Lage, nicht gewillt sind eine große Zahl von
EmigrantInnen aufzunehmen. Trotzdem bleibt gerade der Verlust vieler arabischer
AkademikerInnen ein drängendes Problem der MENA-Region.
Immerhin hat sich das erschreckend schwache Bild der arabischen Welt zu Beginn des
neuen Jahrtausends bezüglich Forschung und Wissenschaft, mittlerweile etwas bessern
können. Auch wenn im globalen Vergleich immer noch ein gehöriger Rückstand
existiert. So haben in einigen arabischen Staaten die nationalen Forschungsinstitute zu
Beginn der Dekade den Auftrag erhalten Forschungsleitlinien und Vorhaben zu
erarbeiten. Dies existierte vorher gar nicht.179 Die Zahl der WissenschaftlerInnen konnte
in den letzten Jahren gesteigert werden. Allein Tunesien weist 2009 492
WissenschaftlerInnen auf eine Million Menschen vor.180 Auch die Zahl der
wissenschaftlichen Publikationen in der arabischen Welt ist von 0,7% auf 1,1% im
globalen Vergleich gestiegen.181
Es gibt also kleine Lichtblicke in der Wissenschafts- und Forschungswelt der MENA-
Region. Die getätigten Investitionen und Verbesserungen reichen aber bei weitem noch
nicht aus, um einen echten Modernisierungsfortschritt zu erzielen. Dazu müsste
weiterhin konsequent und massiv in diesen Sektor investiert werden. Natürlich gebührt
den Anstrengungen der letzten Jahre ein großer Respekt, doch angesichts der weiter
anhaltenden Massenarbeitslosigkeit und Bevölkerungsexplosion verpuffen viele
174 Das ist die persönliche Beobachtung des Autors, der 2002/2003 und 2004 als “Visiting Student” mehrere Monate an der AUC in Kairo verbracht hat. 175 Vgl. Peter Heine „Konflikt der Kulturen oder Feindbild Islam“ S. 165. 176 Die Studienangebote zielen vor allem auf den Bachelor ab, der von der großen Masse der Studierenden als Abschluss angestrebt wird. Nur 5% der Studierenden hatten sich 1995 einen M.A./M.Sc. oder gar eine Promotion zum Ziel ihrer Studien gesetzt. Häufig gibt es gar keine Doktorandenprogramme, und der wissenschaftliche Nachwuchs ist somit gezwungen, sich im Ausland fortzubilden, von wo er oft nicht zurückkehrt. Walbiner, S.13. 177 AHDR 2003, dt. Kurzf., S.13. 178 Weltentwicklungsbericht 1999/2000, S. 46. 179 Arab Knowledge Report 2009, S. 185. 180 Ebd., S. 190 Table 5.3. 2002 lag im vergleich dazu, gemäß AHDR 2003, die gesamte Zahl für die MENA-Region bei 371 Wissenschaftler auf eine Million Menschen. 181 Ebd., S. 197.
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erreichte Erfolge der letzten Zeit. Nur bei einer weiteren stringenten und vor allem
konsequenten Linie in Bezug auf Investitionen, Ausbau von Forschung und
Wissenschaft und der Förderung des Humankapitals, haben die arabischen Länder eine
Zukunftschance.
4.8. Unterdrückung, Willkür und Zensur
Staatliches Handeln muss vor allem darauf ausgerichtet sein, die Wahrung der
individuellen Menschenrechte für einen Staatsbürger sicherzustellen. Hierzu
gehören nicht nur die Rechte auf Sicherheit und Unversehrtheit der Bürger, sonder
auch politische Grundrechte, wie die rechte auf freie Meinungsäußerung und auf
freie Vereinigung. (Hans-Peter Repnik, 1994)
Ein solch staatliches Handeln ist in der arabischen Welt bislang reines Wunschdenken.
Genau gesagt, die MENA-Region besticht durch das krasse Gegenteil. So gut wie alle
Staaten der Region unterdrücken die Selbstbestimmung ihrer Völker. Rechtssicherheit
ist ein Fremdwort, Meinungsfreiheit wird in der Regel nicht gewährt, Zensur ist
allgegenwärtig, politisch motivierte Verhaftungen von RegimegegnerInnen stehen auf
der Tagesordnung182 und Frauen genießen in vielen arabischen Staaten, besonders am
Golf, nicht die volle Gleichberechtigung.183
Es ist dabei unwichtig, ob es sich um Militärdiktaturen, institutionalisierte Autokratien
mit einem demokratischen Gewand oder absolutistische Königshäuser handelt.
Alle arabischen Länder haben eines gemeinsam: sie sind keine Demokratie die auf einer
säkularen, freiheitlich-parlamentarischen Grundordnung aufbaut. Menschenrechte
werden nicht respektiert.
Es muss aber hinzugefügt werden, dass der Grad an jeweiliger Repression von Land zu
Land variiert. Dies betrifft auch den Einschränkungsgrad der Meinungs- und
Pressefreiheit in den verschiedenen arabischen Ländern.
Dem Bericht der amerikanischen Forschungseinrichtung Freedom House184 zufolge, gibt
es kein einziges freies arabisches Land, kein freies arabisches Volk. 2010 waren nur
zwei arabische Staaten „zum Teil frei“ (Partly Free). Dies waren Kuwait und der
Libanon. Der Rest war „nicht frei“ (Not Free). 2009 zählten noch Jordanien, Bahrain
und der Jemen zu den „teilweise freien“ Staaten. Die Situation hat sich laut Freedom
House in diesen Ländern aber wieder verschlechtert. 2008 gehörte Ägypten noch zu den
teilweise freien Staaten, ist aber seit 2009 wieder ein „nicht freier“ Staat.185
182 Vgl. den Fall des tunesischen Journalisten Ben Brick, „Tawfik Ben Brick – Hungerstreik für die Pressefreiheit“, www.henner-kirchner.de/text/2000tbb.htm 183 AHDR 2004, dt. Kurzfassung, S. 10 f. 184 Freedom House ist eine Forschungseinrichtung mit Hauptsitz in Washington, D.C. Sie will das Konzept der liberalen Demokratie weltweit fördern und ist vor allem bekannt für den jährlichen Bericht über den Grad demokratischer Freiheiten in der Welt. Vgl. http://www.freedomhouse.org 185 Freedom House, Freedom in the World 2010, http://www.freedomhouse.org/uploads/fiw10/FIW_2010_Tables_and_Graphs.pdf
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Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG)186 gibt der arabischen Welt sehr
schlechte Noten in Sachen demokratische Grundwerte. Auf der jährlich
herausgegebenen Liste der „Predators of Press Freedom“ sind für das Jahr 2009 Syrien,
Tunesien, Saudi-Arabien, Palästina, Ägypten und Libyen aufgeführt.187 Besonders
Tunesien wird dabei von ROG als extrem repressiv und zensurwütig angesehen.188
Gesellschaftspolitische Reizthemen wie Religion, Gesundheit des Staatschefs189 oder
Militär dürfen nicht behandelt und vor allem nicht kritisiert werden. Selbst wenn einige
Länder Kritik an gewissen Zuständen erlauben, so ist der Präsident, König oder General
immer tabu: „Without doubt, information control and censorship are severe in the
Middle East. Freedom of speech is restricted in almost all Arab countries.190
Hinzu kommt, dass viele JournalistInnen von vornherein eine Selbstzensur vornehmen,
um der Obrigkeit zu gefallen und den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, um
so die Überlebenschancen zu erhöhen und nicht ins Visier der Mächtigen zu geraten.191
Es ist daher nicht verwunderlich, dass in der Rangliste der Pressefreiheit von ROG die
MENA-Region nicht auf den vorderen Plätzen der Liste zu finden ist.
Im Jahr 2009 war Kuwait (60) das bestplatzierte arabische Land, gefolgt vom Libanon
(61), den VAE (86), Katar (94), Mauretanien (100), Oman (106), Jordanien (111),
Bahrain (119), Marokko (127), Algerien (141), Ägypten (143) Irak (145), Tunesien
(154), Libyen (156), Saudi-Arabien (163), Syrien (165) und dem Jemen (167).
Insgesamt umfasst die Rangliste 175 Staaten.
Es ist noch erwähnenswert, dass Israel (als geografisches Mitglied der Region) in der
Rangliste der Pressefreiheit für 2009 zum ersten Mal hinter drei arabische Staaten
gefallen ist. Dies erklärt sich durch die ausgeprägte Zensur des israelischen Militärs und
nicht zuletzt durch den völkerrechtswidrigen Angriff auf den Gazastreifen. So wurde
ausländischen und israelischen Medien die Einreise in den Gazastreifen verwehrt.
Darüber hinaus hat Israel mehrere JournalistInnen willkürlich verhaftet (ausländische
und israelische ReporterInnen), abgeurteilt und in einigen Fällen deportiert.192 Dennoch
wird darauf aufmerksam gemacht, dass ansonsten investigativer Journalismus in Israel
möglich ist und die Medien in der Regel frei berichten können. Es ist ganz klar die
186 Reporter ohne Grenzen (ROG) wurde 1985 im südfranzösischen Montpellier von einer Hand voll Journalisten gegründet. ROG ist als Nichtregierungsorganisation international anerkannt und hat Beraterstatus beim Europarat, bei dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen sowie bei der UNESCO. Ein Netzwerk aus über 120 Korrespondenten, neun Sektionen und zwei Büros setzt sich rund um den Globus für Meinungs- und Pressefreiheit ein, recherchiert und dokumentiert Verstöße gegen dieses Menschenrecht und unterstützt verfolgte Journalisten und Medien. www.rsf.org ist die internationale Web-Adresse, www.reporter-ohne-grenzen.de ist die deutsche Web-Adresse. 187 Reporter ohne Grenzen „Feinde der Pressefreiheit“, S. 12 f. http://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/rte/pics/Feinde/PF.pdf 188 Tunisia “The courage to inform the public”: In 20 years in power, the political stability vaunted by the president Ben Ali has not been synonymous with democratic openness. Over the past two decades, the regime has reinforced its security apparatus, giving it every method of controlling and restricting the activities of the independent press and civil society. The rhetoric of “Change” tirelessly repeated by the government, most definitely does not apply to human rights. S. 7. http://www.rsf.org/IMG/pdf/Rapport_Mission_Nov_08_GB_PDF_.pdf 189 Vgl. MEMRI Special Dispatch No. 1733: Egyptian Opposition Paper Editor Stands Trial for Article on Mubarak’s Failing Health”, 10/2007. 190 Kai Hafez „Mass Media, Politics & Society in the Middle East“, S. 4. 191 WALKING A TIGHTROPE, News Media & Freedom of Expression in the Arab Middle East.S. 14.; Vgl. Hussein Amin “Freedom as a Value in Arab Media”, S.129. Political Communication, Volume 19, Issue 2 April 2002 , pages 125 – 135. 192 Vgl. ROG „Middle East / North Africa” 20.10.2009. http://www.reporter-ohne grenzen.de/fileadmin/rte/docs/2009/NO_NA.pdf
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militärische Komponente, die für Israels Absturz in der Rangliste für Pressefreiheit
verantwortlich ist.
Im Bereich der Internet-Zensur sind die arabischen Staaten ebenfalls in der
Spitzengruppe.193
Die Tatsache, dass die arabischen Regime so gut wie jeden Aspekt des
gesellschaftlichen Lebens kontrollieren und ihre BürgerInnen wie unmündige
UntertanInnen behandeln, zieht sich wie ein roter Faden durch die MENA-Region.194
Darauf macht auch die Organisation Human Rights Watch195 aufmerksam und bezieht
sich auf das falsche Spiel mit so genannten demokratischen Wahlen in der arabischen
Welt, da sich viele arabische Staaten als Muster-Demokratien ausgeben, nur weil sie
Pseudo-Wahlen abgehalten haben. So wurden laut HRW die Wahlen auf verschiedenste
Weise gefälscht: In Jordanien z.B. durch Betrug, in Bahrain durch Kontrolle der
Wahlmaschinen, in Ägypten, Palästina, Libyen durch Behinderung oder Zermürbung
der Oppositionskandidaten, im Libanon durch politische Gewalt und in Tunesien durch
Ausübung von Druck auf Medien und Zivilgesellschaft.196
Der repressive Charakter der arabischen Welt zeigt sich am besten an der fast
unbegrenzten Macht der Exekutive im Staatssystem. Der repressive Charakter
manifestiert sich im riesigen Polizei- und Geheimdienstapparat der arabischen
Staaten.197 Dabei profitieren die Sicherheitsdienste vom „State of Emergency“198, der in
einigen Ländern der Region zum permanenten Bestandteil der Regierungsführung
geworden ist. In Ägypten gilt der Ausnahmezustand schon seit 1981, im Sudan
landesweit seit 2008, im Irak seit 2004, in Algerien seit 1992, in Palästina seit 2007 und
in Syrien sogar schon seit 1963!199
Diese jahrzehntelange Unterdrückung, Willkür und Zensur haben es vor allem einem
ungemein wichtigem Faktor für den Modernisierungsprozess, sehr schwer gemacht sich
zu entwickeln: die Zivilgesellschaft. 200
193 Die Zensur des Internets wird im späteren teil der Arbeit ausführlicher behandelt. 194 Vgl. Rainer Hermann „Die Araber und die Menschenrechte“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.03.2006195 Human Rights Watch ist eine weltweit führende, unabhängige Nichtregierungsorganisation, die sich für den Schutz und die Verteidigung der Menschenrechte einsetzt. http://www.hrw.org/de/about 196 World Report 2008: Falsches Spiel mit Demokratie untergräbt Menschenrechte. http://www.hrw.org/de/news/2008/01/30/world-report-2008-falsches-spiel-mit-demokratie-untergr-bt-menschenrechte 197 AHDR 2004, dt. Kf. S. 14. 198 Die Ausrufung des Ausnahmezustands ist oft nur ein Vorwand, um die Grundrechte auszusetzen und die Herrschenden von den durch die Verfassung auferlegten Einschränkungen, mögen sie auch noch so schwach sein, zu befreien. Dadurch haben die staatlichen Sicherheitsbehörden weitreichende Machtbefugnisse erhalten, die sich zwar in manchen Situationen als wirksam erweisen, in anderen jedoch die Grundfreiheiten gefährden können. Diese Gesetze lassen eine Untersuchungshaft von unbestimmter Dauer zu und vermehren die Möglichkeiten zur Anwendung der Todesstrafe. Sie schränken zudem das Recht der freien Meinungsäußerung ein und erweitern die polizeilichen Durchsuchungs-, Abhör- und Festnahmebefugnisse. In einigen Fällen ermöglichen diese Gesetze die verstärkte Nutzung der Militärgerichtsbarkeit. AHDR 2009, dt. Kurzfassung, S. 7. 199 Selected data from the AHDR 2009, „The Report in Numbers“, S. 24. 200 Die Arabische Organisation für Menschenrechte fand im Zeitraum von 2006 bis 2008 in acht arabischen Staaten Beispiele dafür, dass offiziell Folter praktiziert wurde. AHDR 2009, dt. Kf., S. 7.
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Exkurs Zivilgesellschaft
Civil society generally refers to voluntary associational groupings in a society, and
the public expression of the interests, priorities, grievances, and values around
which those associations are based. In other words, people voluntarily form groups
to advance their values and interests, and engage in public life outside of the family
and the marketplace. Although commonly thought of as referring mainly to non-
governmental organisations, civil society organisations may also include advocacy
groups, interest groups, churches and religious groups, youth groups, sports groups,
and any other form of voluntary associational group. Civil society is often praised as
a space where societal diversity and pluralism can be expressed and by which
public participation in governance can be enhanced.201
Aufgrund der genannten Umstände konnte sich keine wirklich funktionierende
Zivilgesellschaft in der MENA-Region entwickeln. Es mag kleine Ansätze in einigen
Ländern geben, doch diese sind bislang so schwach ausgeprägt, dass keine säkulare
Gruppe abseits des Staates eine Oppositionsrolle voll ausfüllen kann.202
Ganz im Gegensatz zu den Islamisten, im politischen Leben vorwiegend verkörpert
durch die Muslimbrüder, die sich als islamistische Mainstream Organisation klar von
radikalen Gruppen abgrenzen. Sie sind meist die einzig wirklich anerkannte Opposition,
hauptsächlich weil sie den Nimbus der Unbestechlichkeit haben und durch die Berufung
auf den Islam einen moralischen Anspruch erheben.203
Jedoch sehen sich auch die Muslimbrüder harten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt.
Über die Jahrzehnte haben sie aber mittlerweile ein hervorragendes Netzwerk
aufgebaut, welches sie gegen Angriffe des Staates widerstandsfähiger gemacht hat.204
Der Missstand des Mangels an Freiheit wurde unglücklicherweise noch durch das
Aufkommen des globalen Terrors begünstigt. Hatte man Ende der 1990er Jahre noch
gehofft endlich Reformen in die arabische Welt zu bringen, so hat das Argument der
Terrorbekämpfung die Menschenrechte in der gesamten MENA-Region mit Hilfe der
„Arabischen Charta gegen den Terrorismus“ noch weiter beschnitten und im Endeffekt
wesentlich zum Machterhalt der autoritären Herrscher beigetragen.205 Der Anti-Terror-
Kampf ist somit ein Vehikel für die weitere Unterdrückung der arabischen Nationen
durch ihre Alleinherrscher.
Die Charta rechtfertigt die Zensur, beschränkt den Zugang zum Internet und
behindert den Druck und die Herausgabe von Büchern. Dagegen verurteilt sie
weder Gefangenschaft oder Folter, noch hinterfragt sie explizit ihre Legalität. Die
Arabische Charta schützt ebenso wenig andere Persönlichkeitsrechte. So sind keine
201 Marina Caparini/Philipp Fluri/Ferenc Molnar: “CIVIL SOCIETY AND THE SECURITY SECTOR; Concepts and practices in new democracies. S. 10. 202 Vgl. Expertengespräch Habashi. 203 Bensahel/Byman „The Future Security Environment in the Middle East”, S. 188/189. Rainer Sollich „Muslimbrüder im Visier“, April 2008 http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-468/_nr-934/webcom/show_article.php/_c-468/_nr-924/i.html 204 Ebd. 205 Vgl. AHDR 2005, dt.Kf. S. 7.
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gerichtlichen Anordnungen notwendig, die die Überwachung von Privathaushalten
oder Gruppen legitimieren (Amnesty International)206
Dabei schlug die von UN-Generalsekretär Kofi Annan 2003 eingesetzte „Hochrangige
Gruppe für Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel“207 im Kampf gegen den
Terror genau das Gegenteil vor:
Abschreckung, Bemühungen zur Behebung der Ursachen oder
Begünstigungsfaktoren des Terrorismus, u. a. durch die Förderung der sozialen und
politischen Rechte, der Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Reformen,
Bemühungen um die Beendigung von Besetzungen und die Beseitigung der
größten Ursachen politischer Unzufriedenheit, Bekämpfung der organisierten
Kriminalität, Verringerung von Armut und Arbeitslosigkeit und Verhinderung des
Zusammenbruchs von Staaten. (…) Anstrengungen zur Bekämpfung von
Extremismus und Intoleranz, unter anderem durch Bildung und Aufklärung und
durch die Förderung einer öffentlichen Debatte.208
Angesichts dieser erstrebenswerten und vorbildlichen Ansätze zur Bekämpfung von
Terror, hätten sich die arabischen Führer wohl selbst abwählen müssen. Das wäre dann
wohl doch zu weit gegangen, also hat man sich lieber für eine „Arabische Charta“
entschieden, um sich so sein Fortleben und alle Pfründe als König, Präsident oder
Generalissimus sichern zu können.
Das insgesamt die menschliche Sicherheit durch das verantwortungslose Verhalten der
arabischen Eliten stark leidet, ist offensichtlich. Es wird alles getan, um auf Kosten der
Bevölkerung an der Macht zu bleiben, selbst wenn die Zukunft des Landes auf dem
Spiel steht. Verantwortungsbewusstsein scheint ein Fremdwort zu sein.
4.9. Frauenrechte
Die Familiengesetze der MENA-Region wurden bis Ende der 1990er Jahre
überwiegend von zwei im Prinzip widersprüchlichen Faktoren beeinflusst. Einerseits
wurden die traditionellen Geschlechterverhältnisse gemäß des islamischen Rechts
fortgeführt, verkörpert durch eine prinzipielle Ungleichbehandlung der Geschlechter. 209
Andererseits „modernisierten“ die meisten arabischen Nationalstaaten nach westlichem
Vorbild die Beziehungen zwischen Mann und Frau durch administrative Eingriffe.210
Zwischen 1981 und 2006 ratifizierten 16 von 19 Ländern die Konvention zur
Abschaffung der Diskriminierung gegenüber Frauen (Convention on the Elimination
of All Forms of Discrimination against Women, CEDAW), allerdings mit
Einschränkungen. Begründet wird dies mit der Unvereinbarkeit einiger Artikel mit 206Barbara Lochbihler „Menschenrechte schaffen wahre Sicherheit“ http://www.internationalepolitik.de/ip/archiv/jahrgang2004/februar04/menschenrechte-schaffen-wahre-sicherheit.html; AHDR 2003, S.4. 207 “High Level Panel on Threats, Challenges and Change”. Das 16köpfige Panel unter Vorsitz des ehemaligen thailändischen Premierministers Panyarachun bestand aus Staatschefs, Außenministern, Sicherheits- sowie Militär- und Entwicklungsexperten. Das Panel wurde eingesetzt, um Vorschläge zur Stärkung der internationalen Sicherheit zu machen. DGNV Blaue Reihe Nr. 89 Eine sichere Welt: Unsere gemeinsame Verantwortung. Vorwort. 208 DGNV Blaue Reihe Nr. 89 Eine sichere Welt: Unsere gemeinsame Verantwortung. S. 51. 209 GTZ „Frauenrechte in der arabischen Welt“, S. 13. 210 Ebd.
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dem islamischen Recht. Die wichtigsten Einschränkungen wurden bezüglich der
Rechtsgarantien „Gleichberechtigung von Frauen im Hinblick auf die
Staatsangehörigkeit ihrer Kinder“ und „Beseitigung der Diskriminierung der Frau in
Ehe- und Familienfragen“ vorgenommen. Die größte Herausforderung besteht
jedoch darin, die Rechtsgarantien in die gesellschaftliche Wirklichkeit umzusetzen.
Junge Frauen sind in der Region weiterhin hinsichtlich ihres Rechtsstatus, ihrer
Berufsbildung und Erwerbstätigkeit, ihres Einkommens und ihrer sozialen Stellung
gegenüber ihren männlichen Altersgenossen benachteiligt.211
Festzustellen ist, dass die gesetzgebenden Organe und jeweiligen Justizapparate der
MENA-Region weiterhin überwiegend patriarchalisch geprägt sind.212 Das in vielen
Ländern nicht vorhandene Recht der arabischen Frauen auf Weitergabe der
Staatsbürgerschaft an ihre Kinder, ist ein besonderes Beispiel für den patriarchalischen
und diskriminierenden Charakter vieler Gesetzgebungen.213 Es kommt hauptsächlich auf
die Haltung der jeweiligen Herrscher an. In Ländern mit aufgeklärten und dem
Fortschritt zugeneigten Herrschern, verbessert sich die Situation der Frauen fortlaufend.
So zeigt die Situation der Frauen in Marokko, Tunesien oder auch dem Oman viel
versprechende Ansätze, wohingegen das Beispiel Saudi-Arabien immer noch für eine
rückwärtsgewandte Frauenpolitik steht.214
Allgemein muss darauf hingewiesen werden, dass es sich um einen langfristigen
Prozess handelt, denn gesellschaftliche Tradition und das Gewohnheitsrecht in vielen
Ländern stehen einer echten Emanzipation der Frau in der arabischen Welt noch immer
im Weg.215
211 GTZ Dezember 2008, S. 7. 212 Vgl. GTZ „Frauenrechte in der arabischen Welt“, S. 13 f.; DGVN Informationsdienst Bevölkerung und Entwicklung Nr. 62 – März 2007, S.5.213 Mit einigen Ausnahmen können Frauen mit ausländischem Ehepartner ihre Staatsbürgerschaft nicht an ihre Kinder weitergeben; dies gilt nicht für unverheiratete Mütter bzw. sollte der Vater staatenlos sein. Frauen können nur im Jemen seit 2003 und in Ägypten seit 2004 ihre Staatsbürgerschaft weitergeben, wobei es im Jemen nur für geschiedene oder verwitwete Frauen gilt. Allerdings sind auch in einigen anderen Staaten derzeit Neuregelungen auf dem Weg, so z. B. in Jordanien oder im Libanon. Die Einschränkung führt zur Verweigerung der Registrierung der Kinder, zur Staatenlosigkeit und damit zur Verweigerung der kostenfreien Bildung und Gesundheitsfürsorge an staatlichen Einrichtungen. Als Erwachsene haben Kinder ausländischer Väter kein Recht auf kostenfreies Studium und auf Anstellung im Öffentlichen Dienst: sie gelten als Ausländer/innen. Zusätzlich ergeben sich, vor allem für geschiedene und verwitwete Frauen, schwerwiegende Einschränkungen der Mobilität, da die Kinder oft nicht über Personalpapiere verfügen. Ebenso wie ihre ausländischen Väter sind die Kinder visumspflichtig, mit dem entsprechenden finanziellen und bürokratischen Aufwand. GTZ „Frauenrechte in der arabischen Welt“, S. 28. 214 Vgl. „Ein mutiger Schritt des marokkanischen Königs“, http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-502/_nr-25/i.html; „Die weibliche Seite Arabiens“, Spiegel Online 06.12.09, http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,662858,00.html; Amnesty International, Saudi-Arabien Jahresbericht 2006 http://www.amnesty.de/umleitung/2006/deu03/118?lang=de%26mimetype%3dtext%2fhtml; „Bessere Noten für voll verschleierte Mädchen“, Spiegel Online 12.11.08, http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,589942,00.html 215 GTZ „Frauenrechte in der arabischen Welt“, S.13
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4.10. Rentierstaat-Charakter und Korruption
Die Staaten der MENA-Region sind sogenannte Rentierstaaten oder Semi-
Rentierstaaten.
Exkurs: Renten und Rentierstaat216
„Renten sind Einnahmen, denen kein entsprechender Arbeits- oder Investitionsaufwand
gegenübersteht. Man unterscheidet ökonomische und politische Renten. Ökonomische
(oder Differential-) Renten sind die Teile der Erlöse aus Privatbesitz oder Staatsbesitz,
die nach Abzug der zu Marktpreisen bewerteten Aufwendungen verbleiben und auf
besonders günstige Produktions- oder Marktbedingungen zurückgehen (z.B.
Erdölförderung im Nahen Osten, Suezkanalgebühren in Ägypten). Politische Renten
resultieren aus der Nutzbarmachung einer geostrategischen Position (z.B. die
„Frontstaatenhilfe“ der Golfstaaten an Israels arabische Nachbarstaaten; finanzielle
Hilfen an verbündete, strategisch wichtige Bündnispartner durch die westliche Welt).
Rentierstaaten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich überwiegend durch Renten
finanzieren, die aus dem Ausland akquiriert werden. Diese Renten erlauben es dem
Staat trotz niedriger Steuern, einen aufgeblähten Verwaltungsapparat, ein großzügiges
Patronagesystem und ein umfangreiches Subventionssystem aufzubauen, die die
externen Einnahmen nach Gutdünken der Regierung an die Gesellschaft weiterverteilen.
Man spricht daher auch vom „Allokationsstaat“, der sich durch diese Alimentierung die
Zustimmung der Bevölkerung erkauft.
Anders als westliche Demokratien („no taxation without representation“) muss er sich
nicht durch Wahlen legitimieren („no representation without taxation“) und ist
gegenüber der Gesellschaft weitgehend autonom. Dies gilt vor allem für die Öl
fördernden Länder am Golf.
Staaten die sich nicht ausschließlich vom Erdölexport finanzieren, werden als Rent
Seeking State (Semi-Rentierstaat) bezeichnet. Darunter versteht man Staaten, in denen
der Anteil der Renten an den Staatseinnahmen nicht ganz so hoch ist wie in den
klassischen Rentierstaaten und in denen neben dem Staat auch der Gesellschaft Renten
in beträchtlicher Höhe zufließen (z.B. Gastarbeiterüberweisungen). Auch der Tourismus
wird als Rente angesehen.
(Quelle: Ashoff (1988); Beblawi / Luciani (1987); Beck et al. (1996); Schmid / Pawelka
(1990); Schmid (1990))“
Die Golfmonarchien, aber auch Libyen, Algerien und der Irak, stehen charakteristisch
für einen Rentierstaat. 217 Die restlichen arabischen Staaten sind Semi-Rentierstaaten, die
zumindest den Eigenbedarf an Ressourcen decken können und neben der Besteuerung
der Bevölkerung verstärkt auf den Tourismus als weitere Haupteinnahmequelle
setzen.218 Tunesien ist ein solches Beispiel.
216 Markus Loewe „Systeme der sozialen Sicherung in Ägypten“ 04/2000 S. 16. 217 Vgl. 20 Jahre Arabische Maghreb-Union: eine Bestandsaufnahme Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., http://www.kas.de/wf/doc/kas_16850-1522-1-30.pdf?101025150248 218 Ebd.
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Ägypten steht für einen Semi-Rentierstaat, der aufgrund seiner geostrategischen Lage
als Schlüsselstaat angesehen wird und daher noch strategische Renten aus dem Ausland
dazu erhält.219
Allen Staaten gemeinsam ist, dass nur die Gruppe der totalitär herrschenden
Führungsschicht die Kontrolle über die Einnahmen hat.220 Über subventionierte
Grundnahrungsmittel und Konsumgüter wie z. B. Brot, Zucker, Tee oder Benzin, und
massive Wohlfahrtsleistungen, wie z. B. einer kostenlosen medizinischen Behandlung
in Kuwait, wird eine materielle Legitimität erkauft.221 Damit soll das politische
Aufbegehren der Bevölkerung neutralisiert werden. Darüber hinaus wird massiv in die
Sicherheitsdienste investiert. Ein großer Geheimdienstapparat, die Unterdrückung,
Verfolgung von Oppositionellen und die Kontrolle der Medien sind das Ergebnis.222
Diese neopatrimonialen Beziehungsmuster sind jedoch sehr problematisch und
kostspielig, denn der Rentierstaat ist, wie man es in den letzten Jahrzehnten beobachten
konnte, ein wirtschaftlich instabiles System, welches vom Erdöl- und Erdgaspreis
abhängig ist.223 Sinkende Einnahmen aus dem Erdölgeschäft sorgten wieder für eine
wachsende Armut, da in Krisenzeiten die unteren Bevölkerungsschichten vom
Verteilungsprozess ausgeschlossen werden.224
Viele Semi-Rentierstaaten haben gezwungenermaßen seit den 1980er Jahren,
Anstrengungen unternommen, ihre Wirtschaft zu diversifizieren.225
Doch eine wirklich nachhaltige und produktive Wirtschaftsstruktur, vergleichbar mit
der EU oder Ostasien, hat sich in der MENA-Region noch nicht etablieren können.
Zumindest haben aber Staaten wie Tunesien oder Jordanien Strukturanpassungen
durchgeführt und den schwachen Privatsektor ausgebaut.226
Mangelnde individuelle Freiheiten, Transparenz und Chancengleichheit gekoppelt mit
dem Bevölkerungswachstum und einer hohen Arbeitslosigkeit stellen die Länder weiter
vor große Probleme und brachten den Herrschenden einen Legitimationsverlust.
Trotzdem hatten die hundertprozentigen Rentierstaaten wie Saudi-Arabien oder Kuwait,
wenig Anreize zu nachhaltigen Wirtschaftsreformen. Der stark angestiegene Ölpreis der
letzten Jahre lieferte den Königshäusern am Golf wieder einen Vorwand zum
Nichthandeln.227
Der AHDR 2004 macht insgesamt deutlich, dass eine auf Rentiersmentalität beruhende
Produktionsweise eine autoritäre Regierungsführung begünstigt.228
219 Im Jahr 2005 leistete die USA 531 Mio. Dollar wirtschaftliche Entwicklungshilfe und 1.290 Mio. Dollar militärische Hilfe an Ägypten. Die EU leistete dazu im Vergleich für die Jahre 2005 und 2006 243 Mio. Euro wirtschaftliche Entwicklungshilfe. Jennifer Mansey „US-Demokratieförderung, politische Rechte und gesellschaftliche Opposition in Ägypten“, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, 08/2006, S. 3. 220 Vgl. El Masry, Ingrid: Die arabische Region im Challenge neoliberaler Globalisierungspolitik, Kasseler Schriften zur Friedenspolitik Bd. 8, Kassel 2003, S. 55-68, S.64. 221 Schlumberger, „Staatlichkeit und Governance im Vorderen Orient“, S.1, d-i-e 04/2007 222 Vgl. Schlumberger, S. 2 223 Schlumberger, S. 2 224 Ebd. 225 Vgl. Schlumberger S.2 226 Vgl. MENA-Region : der Nahe Osten und Nordafrika ; zwischen Bilateralismus, Regionalismus und Globalisierung / Andre Gärber. Bonn, 1999. Friedrich-Ebert-Stiftung. Kapitel: Interne Reformen und Strukturanpassungen. http://library.fes.de/fulltext/stabsabteilung/00834.htm#E9E7 227 Vgl. Schlumberger S.2 228 AHDR 2004, dt. Kf., S. 17. Vgl. Ingrid El Masry , „Von der Rentenökonomie zur Wissensgesellschaft“ 12/2003 http://www.inwent.org/E+Z/content/archiv-ger/12-2003/trib_art2.html
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Das zweite überragende wirtschaftliche Problem der MENA-Region ist die massive
Korruption. Diese hat, wie Peter Heine beschreibt, eine lange Tradition im Orient.229
Transparency International Deutschland (TI)230 definiert Korruption als Missbrauch von
anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil.
Es ist offensichtlich, dass Korruption die wirtschaftliche Erholung eines Landes
gefährdet. Dies gilt besonders für Länder in Konfliktregionen.
Korruption begünstigt schwindendes Vertrauen in staatliche Institutionen und kann zu
instabilen Verhältnissen führen. Vor allem in Ländern, deren staatliche Strukturen durch
dauerhafte Konflikte zerrüttet worden ist, gerät Korruption außer Kontrolle und stärkt
die Plünderung von öffentlichen Ressourcen sowie Unsicherheit und Willkür, wie TI
feststellt. Man kann dies klar in Ländern wie dem Irak, oder dem Sudan beobachten.
Solide politische Institutionen und politische Stabilität sind dagegen ein Zeichen für
geringe Korruption.231 Die Mittel zur Bekämpfung sind klar:
Um Korruption wirkungsvoll zu bekämpfen, bedarf es einer starken
parlamentarischen Kontrolle, eines effizienten Justizsystems, unabhängiger und gut
ausgestatteter Prüfungseinrichtungen und Antikorruptionsbehörden, starker
Strafverfolgungsbehörden, Transparenz bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln
und Mitteln für die Entwicklungszusammenarbeit und natürlich auch genug Raum für
eine unabhängige Presse und aktive Zivilgesellschaft. (Huguette Labelle /
Vorsitzende vonTI)232
Leider zeigen die meisten arabischen Führer bislang aber nicht den nötigen Willen und
die nötige Konsequenz beim Kampf gegen Korruption, wie die Rangliste des
Korruptionswahrnehmungsindex 2009 verdeutlicht.
Die kleinen Golfstaaten mit Jordanien schneiden am besten ab: Katar (22/7,0)233, die
VAE (30/6,5), Oman (39/5,5), Bahrain (46/5,1) und Jordanien (49/5,0) befinden sich
unter den Top 50 der am wenigsten korrupten Staaten. Diese Länder haben alle
mindestens einen Wert von 5,0 oder mehr. Mit 7,0 ist der CPI-Wert von Katar
hervorzuheben, das kleine Golfemirat lässt 2009 mit Frankreich (24/6,9), Spanien
(32/6,1) und Portugal (35/5,8) sogar drei EU-Mitglieder hinter sich. Auch die VAE
liegen noch vor Spanien und Portugal.
Alle anderen arabischen Staaten weisen klar weniger als 5,0 Punkte auf, was für einen
hohen Korruptionsgrad steht:
229 Peter Heine „Konflikt der Kulturen oder Feinbild Islam“ 1996, S. 106. 230 Die Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI)veröffentlicht jährlich den Korruptionswahrnehmungsindex (CPI). Der CPI misst den Grad der bei Beamten und Politikern wahrgenommenen Korruption. Es ist ein sogenannter zusammengesetzter Index, der sich auf verschiedene Experten- und Managerumfragen stützt. Gemessen wird mit einer Skala von 0 (als sehr korrupt wahrgenommen) bis 10 Punkten (als wenig korrupt wahrgenommen). 2009 wurden 180 Länder untersucht. http://www.transparency.de/Pressemitteilung-Transparency.1524.0.html 231 Pressemitteilung TI 17.11.2009, http://www.transparency.de/Pressemitteilung-Transparency.1525.0.html232 Ebd. 233 Die erste Zahl in Klammern steht für die Ranglistenposition, die zweite Zahl benennt den CPI-Wert. TI-Korruptionswahrnehmungsindex (CPI), http://www.transparency.de/Tabellarisches-Ranking.1526.0.html
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Saudi-Arabien (63/4,3), Tunesien (65/4,2), Kuwait (66/4,1), Marokko (89/3,3), Algerien
(111/2,8), Ägypten (111/2,8), Syrien (126/2,6), Libanon (130/2,5), Libyen (130/2,5),
Mauretanien (130/2,5), Jemen (154/2,1), Irak (176/1,5), Sudan (176/1,5).
Insgesamt wurden 180 Länder untersucht.
Es bleibt anzumerken, dass massive Investitionen in Bildung, Infrastruktur und
Entwicklung von neuen Technologien, wie es die ostasiatischen Staaten in den letzten
Jahrzehnten getan haben und momentan China eindrucksvoll zeigt234, in der arabischen
Welt zum großen Teil nicht zu beobachten sind. Ausnahmen sind hierbei die kleinen
Golfstaaten Bahrain, Katar235 oder die VAE. Bei diesen Volkswirtschaften handelt es
sich aber um sehr kleine Bevölkerungszahlen236, die im Gegensatz zu den
bevölkerungsreichen Ländern der MENA-Region, ganz einfach bessere
Ausgangssituationen besitzen.
Sie haben das Glück, als kleine Gesellschaften mit für ihre Verhältnisse großen
Reserven an Ressourcen ausgestattet zu sein, sodass sie hohe Investitionen in
Infrastruktur und Bildungseinrichtungen tätigen können.237
Insgesamt gesehen lassen sich die Entwicklungsperspektiven der Region aufgrund der
Rentiersmentalität238 und Korruption, nicht sehr optimistisch betrachten. Die in weiten
Teilen der arabischen Welt fehlende private Wissenschaftsförderung239, die geringe Zahl
an direkten Auslandsinvestitionen und der Mangel an marktwirtschaftlichen
Regelungsprinzipien, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind weitere Hemmnisse bei
der Modernisierung der Wirtschaftssysteme.240
4.11. Fundamentalismus in der arabischen Welt
Die Islamisierung, bzw. der Fundamentalismus ist in der arabischen Welt ist eine
Jugendbewegung. Die verstärkte Zuwendung zur Religion ist Ausdruck eines
Generationenkonflikts, der aufgrund der beschriebenen Ermangelung freier
Kritikmöglichkeiten nicht auf andere Weise ausgetragen werden kann.241
Gerade weil die Jugend immer neo-konservativer wird, ist diese Bewegung besonders
aufmüpfig. Das Bedürfnis der jungen Generation nach klaren, eindeutigen
Lebensentwürfen, nach Prinzipien, die in Zeiten der Unsicherheit und gefühlten
Unterdrückung wieder ein Selbstwertgefühl zu geben vermögen, ist offensichtlich und
in allen Teilen der Gesellschaft mittlerweile zu erkennen. 242
Interessanterweise sind es nicht die armen Massen, die von der Islamisierung stark in
den Bann gezogen werden. Es ist die relativ gut ausgebildete junge Generation, die aus
der immer stärker schwindenden Mittelschicht stammt. Hinzu kommt die Rückkehr 234 Vgl. „Zug um Zug“, Berliner Zeitung , 04.01.2010, S. 13. 235 Vgl. „Die Zukunftsstrategie der Scheichs“ 22.11.2009, www.tagesschau.de/katar118.html 236 Katar hat nur 833 285 und Bahrain nur 728 709 Einwohner. Das sind im Vergleich zu dem bevölkerungsreichsten Staat Ägypten, mit rund 80 Millionen Menschen, paradiesische Zustände. Selbst die VAE mit rund 4,8 Millionen Menschen sind überschaubar. Vgl. CIA-Worldfactbook. 237 Vgl. Karin Leukefeld "Quelle der Bildung finanziert Reform“ Frankfurter Rundschau 13.06.2008; V. Goeritz „Grips mit Erdgas fördern“, FOCUS 26.04.2009 http://www.focus.de/fotos/etwa-1-7-milliarden-euro-investiert-katar-jaehrlich-in-bildung-2-8_mid_463939.html 238 Vgl. Heiko Flottau „Oase der Schläfrigkeit“ (Kuwait), Süddeutsche Zeitung 7./8. Juli 2007, S.10. 239 Walbiner, S. 15. 240 Lediglich 5 % der weltweiten ausländischen Direktinvestitionen wurden 2006/2007 in der arabischen Welt investiert. Juliane Brach „Entwicklung ohne ausländische Direktinvestitionen?“, GIGA Nr. 9, 2008. http://www.giga-hamburg.de/dl/download.php?d=/content/publikationen/pdf/gf_nahost_0809.pdf 241 Tilman Seidensticker “Demokratie und Menschenrechte in den arabischen Ländern”, S.12. 242 Tilman Seidensticker “Demokratie und Menschenrechte in den arabischen Ländern”, S.12.
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ehemaliger Gastarbeiter aus den Golfstaaten, die einen puritanischen, erzkonservativen
Islam wahhabitischer Prägung übernommen haben.243
Diese Entwicklung ist durch die offenkundige Misswirtschaft und Korruption der
herrschenden Eliten begünstigt worden. Die staatsnahen Religionsgelehrten haben viel
an Ansehen und Respekt verloren, da sie vom Volk im Laufe der Jahre oft nur noch als
willfährige Lakaien der Herrscher angesehen werden. Dies ist ein dafür Grund, warum
radikale Prediger in privaten Moscheen einen großen Zulauf fanden. Sie sprachen genau
die Themen an, die die Normalbevölkerung ohne Privilegien bewegen.244
Die Tatsache, dass der Islam keine dem Christentum vergleichbare kirchliche Struktur
besitzt, hat ebenfalls zu dieser Entwicklung beigetragen.245 Diesen Aspekt zusammen
mit dem Mangel an Bildung führt Abdelwahab Meddeb als überzeugenden Grund für
dieses Phänomen an:
Wie jeder weiß, gibt es im Islam keine Institution zur Legitimation der Autorität. In
der Tradition war jedoch der Zugang zum Buchstaben des Koran streng bewacht:
Man musste bestimmte Bedingungen erfüllen, damit man ihn zum Sprechen bringen
und in seinem Namen sprechen durfte. (…) Infolge von demographischer
Entwicklung und Demokratisierung haben sich jedoch die Halbgebildeten vermehrt,
somit sind die Personen, die einen Zugriff auf die Schrift für sich in Anspruch
nehmen, sehr viel zahlreicher geworden; mit ihrer Zahl wächst auch die
Radikalität.246
Auch das Scheitern der großen arabischen Ideologien und Systeme wird für die
wachsende Islamisierung verantwortlich gemacht. Egal ob Panarabismus,
Nationalismus oder arabischer Sozialismus, alle säkularen Ideologien sind in der
arabischen Welt gescheitert.
Abschließend bleibt zu erwähnen, dass Fundamentalismus keine explizit islamische
Problematik ist.247 Es sind die gesellschaftlich, traditionell-kulturellen Rahmenbe-
dingungen, die das Klima der jeweiligen Interpretation einer Religion bestimmen.
Insgesamt ist die Bandbreite der Islamisierung breit gefächert. Von einem Pop-Islam für
die jeweilige Ober- und Mittelschicht, bedient von Predigern wie Amr Khaled248, über
eine mystische Versenkung bis hin zur politischen und gewaltbereiten Radikalisierung
ist mittlerweile eine Reihe von verschieden Facetten der Islamisierung zu beobachten.
243 Ebd. 244 Peter Heine „Terror in Allahs Namen“, S. 84. 245 Vgl. Krämer, „Geschichte des Islam“, S. 98 f. 246 Abdelwahab Meddeb „Die Krankheit des Islam“, S. 11. 247 Vgl. Peter Heine „Konflikt der Kulturen oder Feindbild Islam“, S. 146. 248 Amr Khaled, geb. 5. Sept. 1967 in Alexandria/Ägypten, ist einer der populärsten Fernsehprediger der islamischen Welt. Vgl. Encyclopædia Britannica: http://www.britannica.com/EBchecked/topic/1240840/Amr-Khaled; http://www.swr.de/islam/-/id=1550052/nid=1550052/did=1664808/1qysa5r/index.html Vgl. Expertengespräch Albrecht Hofheinz.
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5. Das Satelliten-Fernsehen in der arabischen Welt
Überall in der arabischen Welt sind Satellitenschüsseln auf den Dächern zu sehen,
und selbst wenn man keine Schüssel hat, dann geht man eben ins nächste Cafe mit
Satellitenfernsehen-Anschluss.249
Im Zeitalter von Satellitenschüsseln und Internet ist die Kontrolle der arabischen
Regimes schwieriger geworden. Durch die Privatisierung des Medienbereichs in der
MENA-Region und dem Aufkommen transnationaler Satellitensender, ist das staatliche
Monopol bei Radio und vor allem Fernsehen aufgebrochen worden. Die arabische TV-
Landschaft besitzt nun ein facettenreiches Angebot.
Neue Sendeformate sorgen für einen pluralistischen Ansatz und einen noch nie da
gewesen Austausch unterschiedlicher Meinungen.250
Bevor das arabische Satelliten-TV zum Gegenstand der Betrachtung wird, folgt nun ein
Überblick über die allgemeine Geschichte des Satellitenfernsehens.
5.1. Die technische Entwicklung des Satellitenfernsehens251
„1957 fliegt mit dem russischen Sputnik der erste Satellit überhaupt im Weltall und
erschüttert das über Jahrzehnte gewachsene Bild des amerikanischen
Technologievorsprungs. Zwei Jahre nach Sputnik werden 1959 erstmals Fernsehbilder
mit dem russischen Lunik III übertragen. 1962 gelingt es den Amerikanern mit Telstar
Live-Bilder der amerikanischen Flagge über den Atlantik nach Europa zu senden. Ein
Jahr später werden mit dem Satelliten Syncom bei der Stationierung erste Experimente
249 Zitat Karim El-Gawhary , Expertengespräch El-Gawhary 250 Jochen Müller in “Aus arabischen Medien – Gesellschaftskritische Stimmen im Nahen und Mittleren Osten“, MEMRI Januar 2005, S. 3-6. 251 Gerfried Kröger “Digitales Satellitenfernsehen in den USA” 1997, S. 19.
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mit den Vorhersagen Clarkes252 gemacht, was mit Syncom II zum Erfolg führt: Der erste
so genannte Geostationäre Satellit umkreist die Erde. Über ihn werden 1964 die
Olympischen Spiele in alle Welt übertragen und machen sie zu einem
kontinentverbindenden Ereignis. Da sich die Satellitenkommunikation nicht genau an
geografische Grenzen hält und damit länderübergreifende Frage ist, gründet sich 1965
das Satellitenkonsortium Intelsat mit 14 Ländern und dem Ziel, ein internationales
Satellitenkommunikationssystem aufzubauen und zu betreiben, das den politischen,
wirtschaftlichen und telekommunikationstechnischen Interessen der Mitgliedsstaaten
gerecht wird. Noch im selben Jahr stationiert man mit Intel I den ersten Satelliten.
Inzwischen hat die Organisation weit über 130 Mitglieder und bringt die siebte Intelsat-
Generation in die Umlaufbahn. Andere Konsortien mit regionalem Fokus wie Eutelsat
für Europa (1983) oder Arabsat für arabische Staaten (1985) folgen, um Eigeninteressen
und Wünsche besser durchsetzen zu können“.253
5.2. Die Geschichte des arabischen Satellitenfernsehens
Arab satellites have done probably for the Arab world more than any organized
critical movement could have done, in opening up the public space, in giving Arab
citizens a newly found opportunity to assert themselves.254
Allgemein begann das Fernsehen seinen Siegeszug in der MENA-Region in den 1950er
Jahren als Folge der Unabhängigkeiten der jeweiligen arabischen Staaten. Pioniere in
der Einführung des Fernsehens waren Marokko (1954) und der Irak (1954).255
Bis zur Liberalisierung und dem damit aufblühenden arabischen Satellitenfernsehen in
den 1990er Jahren, war Regierungskritik und freier Meinungsaustausch über politische
Themen ein Tabu. 256 Das Programm der arabischen Staatssender bestand hauptsächlich
aus einer Hofberichterstattung, die sich durch Zensur und Selbstzensur
charakterisierte.257 Die nationalen Sender waren als Propagandaanstalten der arabischen
Führungseliten bekannt.258 Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre begann; durch die
technologische Weiterentwicklung und durch die Erkenntnis der Notwendigkeit eigener
arabischer Satellitensender; der Siegeszug des digitalen arabischen Fernsehens.
Auslöser war u. a., die erkannte Abhängigkeit und Sprachbarriere von ausländischen
Sendern während des 2. Golfkrieges 1991259. CNN war damals das alles überstrahlende
Medium.260 Ein anderer Hauptgrund war die Zensur bedingte Abwanderung arabischer
ZuschauerInnen zu ausländischen Sendern. Bis zum Jahr 2000 wurden etwa 115
Satellitensender gestartet.261
252 Arthur C. Clarke gilt als der Vordenker der Satellitenkommunikation, der bereits 1945 in einem Artikel in Wireless World Überlegungen über ein aktives Relais im Weltraum anstellt, das zur Übertragung von Informationen und Daten über große Distanzen dienen kann. Gerfried Kröger “Digitales Satellitenfernsehen in den USA” 1997, S. 19. 253 Gerfried Kröger “Digitales Satellitenfernsehen in den USA” 1997, S. 19. 254 Saad Eddin Ibrahim (2004) in “Voices of the New Arab Public”, S. 29. 255Muhammad I. Ayish “Arab World Televison in the Age of Globalisation”, S. 26 und S. 100. 256 Sonja Lindenberg „Al Jazeera“, 2006, S. 40/41. 257 Ebd. 258 Vgl. Ayish, S. 30. 259 Vgl. Ayish S.33 260 Vgl. Lindenberg, S. 44., S.51, Al-Mikhlafy S. 30 f. 261 Al-Mikhlafy, S.33
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Zunächst war die Entwicklung durch staatliche Sender wie der Egyptian Satellite
Channel ESC, der im Dezember 1990 auf Sendung ging, geprägt.262 Die anderen
arabischen Länder folgten daraufhin. Ziel war, dass jedes arabische Land mindestens
ein eigenes Satellitenprogramm besitzen sollte. Die staatlichen Satellitensender besitzen
eine hohe Ähnlichkeit untereinander. 263 Das allgemeine Programm besteht meistens aus
einer Mischung von Nachrichten, Unterhaltung, Sport, Kultur und politischen Themen.
Die politischen Inhalte bestehen dabei größtenteils aus lokalen, nationalen Themen, die
das Interesse des jeweiligen Staates widerspiegeln264. Die Liberalisierung des arabischen
Satellitenfernsehens machte sich bis Mitte, Ende der 1990er Jahre hauptsächlich durch
die quantitative Zunahme der Sender bemerkbar. Kritik und Meinungsfreiheit stehen bei
diesen Sendern nicht oben auf der Agenda.265 Dies hat seine Gründe in der immer noch
hohen Anzahl von politischen und finanziellen Hürden. Daher nehmen diese Sender
Abstand von kritischer Betrachtung, um ihre wirtschaftlichen Ziele nicht zu gefährden.
Sie konzentrieren sich daher auf Unterhaltung und nichtpolitische Themen.
Darüber hinaus hat dies auch quotentechnische Gründe.266
Kritischer Journalismus kommt erst mit dem Aufkommen reiner Nachrichtensatelliten-
sender auf. Diese gehören zwar wiederum zum Teil oder auch gänzlich dem jeweiligen
Staat, der sie finanziert. Der große Unterschied jedoch, ist die für arabische Verhältnisse
noch nie da gewesene und ungewohnte redaktionelle Unabhängigkeit. Sie stehen seit
Ende der 1990er Jahre für eine weitestgehende seriöse Alternative zum herkömmlichen
Staats-TV.267
Nur im weitesten Sinne kann man diese Sender mit den öffentlich-rechtlichen Sendern
in Europa vergleichen. Die Abhängigkeit vom jeweiligen Finanzier ist sehr groß und im
Detail mit öffentlich-rechtlichen Sendern wie der ARD in Deutschland nicht
vergleichbar.
„Worauf basiert denn z. B. Al Jazeera? Wer finanziert uns? Der Emir finanziert uns.“268
In der Regel werden sensible Themen, die den Eigentümer oder den Staat des
Eigentümers betreffen, nicht behandelt.269 Für alle anderen Länder, über die berichtet
wird, gilt aber eine relativ freie Berichterstattung, die bisher in der arabischen Welt
noch nie existierte. Das bekannteste Beispiel für diese Art von Fernsehprogramm, ist
der Sender Al Jazeera, der in Doha/Katar sitzt und vom dortigen Emir zum großen Teil
finanziert wird.270
262 Al-Mikhlafy „Al Jazeera“, 2006, S. 34, Ayish S. 33. 263 Ebd. S. 34, Vgl. Ayish S. 31 f., Lindenberg S. 41 f. 264 Al-Mikhlafy, S. 34 265 Al-Mikhlafy, S.35 266 Ebd. 267 Al-Mikhlafy, S. 37. 268 Der Emir von Katar, Shaikh Hamad bin-Khalifa al-Thani, gründete im November 1996 Al Jazeera. Das Zitat stammt von Aktham Suliman, Al Jazeera Korrespondent in Berlin, Expertengespräch Aktham Suliman. 269 Vgl. „Arab Media and Interstate Conflict: Qatar vs. Saudi Arabia”, in “(UN)CIVIL WAR OF WORDS, Media and Politics in the Arab World”, Mamoun Fandy 2007, S. 39f. 270 Vgl. ebd., S. 57 f.
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5.3. Art und Anzahl der Satelliten-Sender
We can answer this by saying that the new element in Arab media is competition.
The effects of competition began to be felt in the late 1990s, when an increasing
number of new channels entered the scene. These were "new" in the sense that
they introduced new forms of content. New content came from stations such as Al
Jazeera, Abu Dhabi TV, Al-Manar, Dream TV and others.271
Laut Arab Advisors Group272 ist die Zahl arabischer Satellitensender in den letzten
Jahren stetig gestiegen. So betrug alleine das Wachstum bezüglich der Sender zwischen
August 2007 und März 2009 28,1%. Im März 2009 wurde damit die Zahl von 474
Satellitenprogrammen gezählt, die entweder über Arabsat, Nilesat oder Noorsat
ausgestrahlt werden. 46 Sender von den 474 befanden sich in einem Testmodus. 273
82,7% der 428 in Betrieb stehenden Sender strahlen ihr Programm exklusiv auf
Arabisch aus. 7,2% der Satellitenprogramme senden auf Englisch. 46,5% aller
Vollprogramme haben ihr Hauptquartier in den Golfstaaten, davon alleine 18,5% in
Saudi-Arabien. Aus Nordafrika und der Levante senden 22,9% und 19,9%. Insgesamt
sind 72,4% der Sender in Privatbesitz, 26,6% sind in Staatsbesitz.274
Die arabischen Fernsehsender können in folgende Kategorien eingeteilt werden275:
1. Sender mit einem Schwerpunkt in der aktuellen Berichterstattung
2. Sender mit ausgewogener aktueller Berichterstattung
3. Sender mit überwiegender Zweitverwertung im Nachrichtenbereich
4. Sender mit „Hofberichterstattung“ / Staatssender
5. Sender mit geringem Nachrichtenwert
Al Jazeera, Al Arabiya und auch Al Manar aus dem Libanon sind Sender, deren
Hauptaugenmerk auf die aktuelle Berichterstattung gerichtet ist.
Sie besitzen eine große Nachrichtenredaktion und haben ein Welt umspannendes
Korrespondenten-Netzwerk zur Verfügung. Zusätzlich zu der ausführlichen, aktuellen
Berichterstattung sind auch Magazine zu Politik, Wirtschaft und Soziales zu sehen.276
FutureTV steht, wie die meisten anderen Sender aus dem Libanon, für eine
ausgewogene Berichterstattung. Es gibt tägliche Nachrichtensendungen und
regelmäßige TV-Magazine. Bei diesen Sendern wird auch Wert auf die Online-Präsenz
gelegt.277
271
Naomi Sakr, Statement at the World Electronic Media Forum Geneva 2003 “Specialist , media and development in the Middle East”. 272
Arab Advisors Group, a member of the Arab Jordan Investment Bank Group, is a specialized research, analysis and consulting company focused on the communications, media, technology and financial markets throughout the Arab World (MENA) region. Arab Advisors Group scope of services include providing primary research based analysis, market sizing forecasting, the competitive landscape, the regulatory landscape, market research, technology developments, market opportunity and risk assessments. http://www.arabadvisors.com/. 273
News Release, June 11, 2009. http://www.arabadvisors.com/Pressers/presser-120609.htm. 274 Ebd. 275 Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Würtenberg, Arabische Medien, www.verfassungsschutz-bw.de/kgi/islam_medien_arab-med_tv.htm 276 Al-Mikhlafi, S. 40 f. 277
Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Würtenberg, Arabische Medien, www.verfassungsschutz-bw.de/kgi/islam_medien_arab-med_tv.htm.
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Die klassischen Staatssender sind weiterhin die Hofberichterstatter der herrschenden
Eliten, d. h. sie werden zensiert und die Inhalte drehen sich in der Regel nur um die
Regierung. Daneben gibt es noch Sender wie Sudan TV, die sich überwiegend mit der
Zweitverwertung von Nachrichtenmaterial beschäftigen.278
MTV Lebanon ist das beste Beispiel für einen Sender mit geringem Nachrichtenwert.
Die Redaktionen sind aufgrund ihrer geringen Größe auf Fremdmaterial angewiesen. Es
wird allgemein kein Wert auf qualitative Information gelegt, es geht hauptsächlich um
Unterhaltung.279
Abschließend kann festgestellt werden, dass das Satellitenfernsehen ein Massenmedium
in der MENA-Region ist, welches im Vergleich zum Internet ganz klar eine größere
Reichweite hat.
278 Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Würtenberg, Arabische Medien, www.verfassungsschutz-bw.de/kgi/islam_medien_arab-med_tv.htm 279 Ebd., vgl. Al-Mikhlafi, S. 38 f..
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6. Das Internet in der arabischen Welt
Quelle: http://www.chrisharrison.net/projects/InternetMap/index.html (2007)
Die Internet-Weltkarte von Chris Harrison verbildlicht die Regionen mit der intensiv-
sten Nutzung, bzw. die Regionen mit der besten Internet-Infrastruktur.
Der westliche Boom des Breitband-Internets ist durch fehlende Infrastruktur in der
arabischen Welt nicht vorhanden. Anhand der Internet-Karte von Chris Harrison ist dies
gut zu sehen. Der Mangel an schneller Technik und ein relativ schlechter Zugang zum
Internet in Gebieten außerhalb der arabischen Ballungsräume, ist ein wichtiger Aspekt.
6.1. Die Entstehung des Internets
Zunächst kann unterschieden werden zwischen Internet und World Wide Web. Internet
bedeutet ursprünglich ein weltweites Netzwerk aus Rechnern und Übertrag-
ungssystemen. 1969 entstand mit dem ARPANET der Vorläufer des heutigen Internets.
Das Netzwerk der Advanced Research Project Agency (ARPA) war ein System zur
Verbreitung von Informationen zwischen militärischen Einrichtungen, Universitäten
und Forschungseinrichtungen.280
Anfang der 1980er Jahre wurde durch die Adaption von TCP/IP das Internet einer
breiten Masse zugänglich gemacht. TCP/IP ist ein Standard für die Adressierung von
Computern und digitalem Datenaustausch, der über die bestehenden Telefonleitungen
genutzt werden kann. Das Internet bestand hauptsächlich aus Diensten wie Newsgroups,
Gopher und FTP, bis Anfang der 90er Jahre mit der Weiterentwicklung des HTTP
(Hyptertext Transfer Protocol) das World Wide Web281 in seiner heutigen Form
ermöglicht wurde.282 Dieser heute praktisch synonyme Begriff fürs Internet (daher auch
synonym benutzt) hat die übrigen Dienste weitgehend verdrängt. Hierdurch wurde eine
multimediale Informationsplattform geschaffen, deren Verbreitung so stark geworden
ist, dass der weltweite Einfluss mit Entwicklungen wie dem Telefon, dem Fernseher
oder dem Auto vergleichbar ist, jedoch viel schneller geschah.283
280 Kristian Köhntopp „Die Netzrevolution“, S. 21. 281 Als „Vater“ des World Wide Web gilt Tim Berners-Lee, entwickelt am europäischen Kernforschungszentrum für Teilchenphysik CERN in Genf. Vgl. „Wie Tim Berners-Lee das Web erfand“ http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,610257,00.html. 282Herbert Matis „Die Wundermaschine“, S. 310. 283 Matis, S.310 f., Köhntopp., S.21 f.
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Ende 1995 hatten weltweit ca. 25 Millionen Menschen Zugang zum Internet, Anfang
2001 waren es rund 361 Millionen. 2009 sind es laut Internet World Stats 1,733,993,741
Milliarden Menschen, was bedeutet, dass 25,6% der Weltbevölkerung Online geht.284
Nordamerika (74,2%), Ozeanien/Australien (60,4) und Europa (52,0%) haben dabei,
anteilig an ihrer Gesamtbevölkerung die höchste Internet-Penetrationsrate. Dies ist gut
ersichtlich anhand der Internet-Karte von Chris Harrison.285 Japan (75,5%) und
Südkorea (77,3%) alleine betrachtet, haben eine noch höhere Rate.286
6.2. Die Entwicklung des Internets in der arabischen Welt
Während das Fernsehen von seiner Kommunikationsstruktur her als Einbahnstraße
zu beschreiben ist; die Informationen bewegen sich unidirektional ausschließlich von
der programmmächtigen Institution der Sendeanstalt zum passiven
Fernsehkonsumenten; ist das Internet ein interaktives und multidirektionales
Medium. Jeder Empfänger ist selbst ein potentieller Sender.287
Der Gesichtspunkt der Interaktivität ist das besondere Merkmal des Internets. Dies
macht es gerade für eine Region wie der arabischen so interessant:
Nach einem zögerlichen Start wächst die Benutzung des Internets in der arabischen
Welt rasch an. Als das Internet Mitte der neunziger Jahre in der Region seinen Einzug
hielt, traf es auf starken Widerstand undemokratischer Regierungen und konservativer
politischer und sozialer Gruppen. Die Hauptgründe für die Opposition gegen das
Internet und den Versuch, es zu kontrollieren, waren politische und soziale. Politisch,
weil die großen autokratischen Regime befürchteten, ihre Staatsangehörigen könnten
Zugang zu Informationen über das wahre politische Geschehen bekommen und neuen
Ideen ausgesetzt werden. Vor dem Aufkommen des Internets waren die Regierungen in
der Lage, solchen Zugang zu kontrollieren und zu zensieren. Aber die Ängste der
sozialen konservativen Gruppen waren nicht weniger bedeutsam. Sie wollten nicht, dass
Individuen (besonders Frauen und Jugendliche) neuen westlichen Werten, Haltungen
und Verhaltensweisen ausgesetzt werden, die als unmoralisch und korrupt gelten. Vor
der Einführung des Internets hatten Frauen und Jugendliche kaum unabhängigen
Zugang zur Außenwelt, ihr Verhalten wurde stets von der Familie kontrolliert. 288
Nach anfänglichem Widerstand gegen die Einführung und Nutzung des World Wide
Web, wurde schließlich erkannt, dass es sich um eine revolutionäre Technologie
handelt, die man im globalen Kontext nicht mehr verbieten kann.289
Bis zum Jahre 2000 wurde dann so gut wie in der ganzen Region ein öffentlicher
Zugang zum Internet gewährt.290 Einige Länder taten dies relativ schnell und ohne
Beschränkungen, andere zögerten lange und stimmten nur unter Auflage umfangreicher
284 http://www.internetworldstats.com/stats.htm. (Juli 2009) 285 Ebd. 286 Ebd. 287 Mike Sandbothe in „Mythos Internet“, S.66. 288 Musa Shteiwi „Arabische Frauen und das Internet“, http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-502/_nr-13/_p-1/i.html 289 Vgl. Ahmed El Gody, in „New Media and the New Middle East”, S. 213. 290 Albrecht Hofheinz „Das Internet im Prozeß der Veränderung der Wertehorizonte arabischer Gesellschaften“, www.uio.no/studier/emner/hf/ikos/ARA4505/.../TP4HofheinzInternet.doc
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Kontrollmechanismen zu291 (Blockade des Zugriffs auf offiziell unerwünschte Seiten,
juristische und technische Ermächtigung der Sicherheitskräfte zur Beobachtung des
Internetverkehrs).292 Für technisch versierte Nutzer sind solche Kontrollen zwar oft zu
umgehen, aber für die breite Masse kanalisieren sie den Internetverkehr doch deutlich.293
So haben z. B. die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten in den letzten Jahren
intensiv in den Ausbau des Internets investiert.294
Viele Beobachter sind der Meinung, dass die neuen Medien, speziell das Internet, als
Kommunikationskanäle zu einer Liberalisierung und Demokratisierung in der
arabischen Welt führen könnten. Dank digitaler Techniken kann von und zu fast jedem
Ort der Erde gesendet werden. Anbieter müssen sich nicht mehr den nationalen
Zensurgesetzen unterwerfen. Dieses Prinzip der Entterritorialisierung und der besondere
individuelle Aspekt des Internets verändern die arabische Welt wohl am stärksten. Der
politischen und kulturellen Kommunikation wurden neue Spielräume eröffnet.
Trotzdem muss man auf die mangelnde Infrastruktur und nicht zuletzt auf die immer
noch hohe Analphabetenrate der arabischen Welt verweisen, denn wie Jay D. Bolter
eindeutig festgestellt hat, ist „der Computer eine Technologie der symbolischen
Repräsentation und der Kommunikation, kurz – eine Technologie des Schreibens“.295
Durch die Komplexität eines Computers und die vielen verschiedenen Möglichkeiten
der Kommunikation erfordert der Umgang mit dem Internet Eingewöhnungszeit.
Gerade ältere Menschen und/oder Menschen ohne Bildung, haben oft Probleme, sich
zurechtzufinden. Datenleitungen sind in weiten Teilen der MENA-Region noch
unterschiedlich schnell, und die langsameren verlangen oft ein Höchstmaß an Geduld
vom Anwender. Das Internet ist zwar mittlerweile etabliert, es ist jedoch kein
Massenmedium in der MENA-Region.
PC und Web sind in erster Linie Entertainment-Angebote für Konsumenten der Mittel-
und Oberschicht. Trotzdem: Selbst aus den Entertainment-Angeboten des Internets
können sich Chancen herausbilden. So könnten sich qualitativ hochwertige
Infotainment-Sendungen entwickeln und inhaltliche Angebote können nun immerhin
Haushalte erreichen, in denen es überhaupt keine Literatur gibt. Strukturhilfeprogramme
könnten in der Zukunft dazu beitragen, eine bessere Infrastruktur zu schaffen.
6.2.1. Nutzerzahlen und Reichweite
Das Aufblühen von Internet-Cafes überall in der arabischen Welt hat zu einer
zunehmenden Verbreitung des Internets geführt. Da der Kauf eines eigenen PC’s mit
Internetanschluss für den Normalbürger immer noch sehr teuer ist, erfreuen sich die
Internet-Cafes großer Beliebtheit. Sie schaffen neue Räume von Öffentlichkeit, die
291 Albrecht Hofheinz „Das Internet im Prozeß der Veränderung der Wertehorizonte arabischer Gesellschaften“, www.uio.no/studier/emner/hf/ikos/ARA4505/.../TP4HofheinzInternet.doc S.1292
Ebd. Für einen frühen Überblick über die Internetzensur in der Region vgl. HUMAN RIGHTS WATCH: The Internet in the Mideast and North Africa: free expression and censorship, NY 1999. http://www.hrw.org/advocacy/internet/mena/index.htm
Hofheinz, S. 1. Vgl. Jon B. Alterman “The Middle East’s Information Revolution”, Current History January 2000, S.23. 293 Hofheinz, S. 1. 294 Hofheinz, S. 1. 295 Jay D. Bolter: ‚Das Internet in der Geschichte der Technologien des Schreibens’ S.37, in „Mythos Internet“ Frankfurt am Main 1997.
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Frauen und Männern gleichermaßen bis spät in die Nacht offen stehen. In einer
Großstadt wie Casablanca oder Kairo etwa gibt es ungezählte Möglichkeiten ins
Internet zu gehen.
17,3% aller arabischsprachigen Menschen nutzen das Internet.296 Das ist im Vergleich
zum Jahr 2000, eine Steigerung um 1.907, 9%!
2,9% der Nutzer weltweit sind mittlerweile arabischsprachig.297
Das Internet ist aber nach wie vor kein Massenmedium in der arabischen Welt.
Laut Daten der International Telecommunication Union (ITU) von 2008, nutzten nur 16
von 100 Menschen der MENA-Region das Internet; trotz der massiven
Steigerungsrate.298 2003 waren es nur 3,71 Personen im Schnitt. 2003 nutzten 11.396,9
Millionen das Internet, 2008 waren es immerhin schon 55.497,6 Millionen.299
Das Internet wird von wichtigen Teilen der Bevölkerung besonders stark genutzt.
StudentInnen, AkademikerInnen, JournalistInnen, Angestellte staatlicher Behörden,
PolitikerInnen, Parteien, AktivistInnen der Zivilgesellschaft, große Unternehmen.
Bedeutend ist, dass das Internet vor allem unter jungen Menschen sehr populär ist.
Zumindest die städtische Jugend wächst mit dem Internet auf. Es darf erwartet werden,
dass die Inhalte und Kommunikationsformen, die das Netz transportiert, zunehmende
Bedeutung auch in der Sozialisation der Jugendlichen und für ihre Meinungsbildung
spielen wird.300
Doch fehlende Infrastruktur, Bildung, Armut sorgen weiterhin dafür, dass das Internet
noch ein relativ elitäres Medium bleibt.
Man muss auf die große Diskrepanz zwischen den reichen Golfstaaten und dem Rest
der arabischen Welt hinweisen. So hat Saudi-Arabien pro 1000 Einwohner rund 350
Computer. Das ist mit Abstand der höchste Wert. Es folgen Kuwait, mit rund 250
Computern, Katar und Bahrain mit jeweils 200 Rechnern pro 1000 Einwohner.301 Die
Nordafrikanischen Staaten dagegen haben alle eine Quote unter 100 Computern,
teilweise unter 50 und weniger sogar. Ausnahmen sind Tunesien mit 100 Rechnern im
Schnitt und der Sudan mit knapp 130 Computern pro 1000 Einwohner.302
6.2.2. Altersstruktur, Geschlecht, Bildung, Einkommen
Das Internet ist vor allem ein Medium der jungen Generation. Besonders 20-30jährige
nutzen das Netz sehr stark, mehr als doppelt so viel wie es ihrem Anteil an der
Gesamtbevölkerung entsprechen würde.303
Bei den 20jährigen entspricht der Anteil knapp ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung,
jedoch ist in dieser Gruppe das stärkste Wachstum zu verzeichnen.304 Es ist
296 http://www.internetworldstats.com/stats7.htm (Juni 2009) 297 Ebd., vgl. Arab Human Knowledge Report 2009, S. 149/150. 298 ITU Information Society Statistical Profiles 2009 Arab States, S. 9. 299 Ebd., S. 70. 300 Hofheinz, S. 4/5. 301 Arab Human Knowledge Report 2009, S. 145. 302 Ebd. 303 Hofheinz, S.4. 304 Hofheinz, S. 4..
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offensichtlich, dass die heranwachsende Generation das Internet zunehmend am
stärksten nutzt (anfangs mehr Middle Aged Professionals)305.
Im Sozialisierungsprozess der jungen arabischen Generation, besonders in den
Großstädten der arabischen Welt, stellt das Internet somit einen wichtigen Aspekt dar.306
Dabei birgt das Internet, wie Musa Shteiwi beschreibt, vor allem neue Möglichkeiten
für die arabischen Frauen:
Verhalten und soziale Interaktion von Frauen in der konservativen arabischen Kultur
stehen meist unter der kritischen Aufsicht und Kontrolle der Familie, des Stammes und
der ganzen Gesellschaft. Das Internet aber ermöglicht Frauen, die traditionellen
sozialen Kontrollmöglichkeiten zu umgehen. Sie können das Medium allein und
außerhalb der Kontrolle der Familie nutzen, sie können dabei anonym bleiben, was sie
zu individueller, freier Interaktion befähigt. Allgemein dient das Internet
Frauengruppen und Aktivistinnen als Forum für Diskussionen und als wertvolle Quelle
für Informationen, wodurch viele Frauen erreicht werden können, die sonst schwer zu
erreichen wären. Es gibt etliche Frauenwebsites, die Informationen über Frauenthemen
zur Verfügung stellen, die noch immer als Tabu gelten und in den traditionellen Medien
schwer zu diskutieren wären. Durch solche Seiten erhalten Frauen Zugang zu
Informationen, sie kommen in Kontakt mit anderen Aktivistinnen und Organisationen,
was zu ihrer Stärkung beiträgt.307
Auch der AHDR 2005 hat festgestellt, dass arabische Frauen von den neuen Medien
erheblich profitieren.308
Man muss aber immer wieder darauf hinweisen, dass Zensur, Analphabetismus, Armut
und fehlende Infrastruktur jedoch bislang den Einfluss des Internets in der arabischen
Welt weiterhin verringern und nicht voll zur Geltung kommen lassen.
Immerhin ist es aber gerade der jungen, relativ gut ausgebildeten arabischen Jugend nun
möglich sich zu vernetzen und das Internet als Kommunikationskanal zu nutzen.309
305 Hofheinz, S.4. 306 Ebd. 307 Musa Shteiwi „Arabische Frauen und das Internet“ 308 AHDR 2005, dt. Kf. S. 19. 309 Ein Beispiel dafür ist die ägyptische Facebook-Gruppe „6. April“. http://www.facebook.com/shabab6april Vgl. Arab Media and Society. Framing April 6: Discursive dominance in the Egyptian print media, Aaron Reese. Spring 2009. http://www.arabmediasociety.com/?article=715
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6.3. Internet-Zensur
(Die Karte zeigt die Situation im Jahr 2008, Quelle: www.rsf.org)
Internet-Zensur ist kein Spezifikum von autoritären Staaten. Insgesamt nimmt weltweit
die Überwachung im Netz zu. Auch in Demokratien.310
12 Staaten sind nach Meinung von Reporter ohne Grenzen (ROG) jedoch überragend in
ihrer massiven Internet-Zensur und Unterdrückung von Bloggern. Diese 12 Staaten
verdienen nach ROG den besonderen Titel „Feinde des Internets“.311 Unter diesen 12
Staaten sind arabische Länder überrepräsentiert. Es handelt sich um Ägypten, Saudi-
Arabien, Syrien und Tunesien. „Diese Staaten haben das Internet zu einem Intranet
gemacht, um damit die Bevölkerung am Zugang zu ‚unerwünschten’ Online-
Informationen zu hindern“, kritisiert ROG.
So macht ROG darauf aufmerksam, dass z. B. in Saudi-Arabien mehr als 400 000
Webseiten gesperrt sind. Angeblich zum „Schutz der saudischen Gesellschaft“.
Netzwerk-Seiten wie „My Space“ sind in dem Königreich verboten, da sie als
„unmoralisch“ betrachtet werden.312
Besonders schlimm ist die systematische Verfolgung und Unterdrückung von
Bloggern.313 Dies geschieht in der Regel unter dem Vorwand, dass die nationale 310
Das überwachte Netz: Der neue Internet-Bericht von Reporter ohne Grenzen http://www.reporter-ohne-grenzen.de/archiv/pressemitteilungen/archiv-pressemitteilungen-single/period/1072911600/31622399/archived/browse/3/select/pressemitteilungen/article/39/das-ueberwachte-netz-der-neue-internet-bericht-von-reporter-ohne-grenzen.html Vgl. „Frankreich setzt auf Netzsperren“, http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,677479,00.html; „The Electronic Police State“, https://secure.cryptohippie.com/pubs/EPS-2008.pdf 311 ROG, http://www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/news-nachrichten- single/article/1/welttag-gegen-internetzensur-rog-internetbericht-12-feinde-des-internets-auch-demokratische-r.html 312 Ebd. 313 Vgl. SPIEGEL ONLINE: „Digitale Dissidenten“ 01.09.08, http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,575520,00.html; „Blog aus dem Knast“ 12.05.06, http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,415750,00.html; „Blogger im Geheimdienst-Knast“ 12.02.09, http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,607150,00.html
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Sicherheit gefährdet sei und die moralische Integrität der Religion geschützt werden
muss.314
Die Auflistung repressiver arabischer Staaten könnte man problemlos noch
weiterführen. So sind laut ROG im Februar 2010 zwei weitere Online-Dissidenten in
Marokko und vier im Jemen seit Monaten inhaftiert.315
Wer also in den arabischen Ländern für Freiheit im Netz eintritt,
der lebt sehr gefährlich!
Das sind keine vielversprechenden Beobachtungen angesichts eines nachhaltigen
Wandlungsprozesses.
6.4. Cyber-Dschihad
(Foto Spiegel Online)
Trotz Zensur und Überwachung sind islamistische Extremisten im Internet ungemein
aktiv. Sie nutzen die Möglichkeiten des Netzes hervorragend für ihre Kommunikation
und Propaganda. Der Medienaufwand der dabei von Islamisten getrieben wird, ist
immens und sehr professionell.316
314 ROG, http://www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/news-nachrichten- single/article/1/welttag-gegen-internetzensur-rog-internetbericht-12-feinde-des-internets-auch-demokratische-r.html 315ROG, http://www.rsf.org/en-barometre56-Cyberdissidents_imprisoned.html 316 „Internetpropaganda und Kommunikation“, Verfassungsschutz Baden-Würtenberg, http://www.verfassungsschutzbw.de/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=46&Itemid=96
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Je extremer die Positionen sind, desto intensiver ist die Medienarbeit generell. Um
es ganz überspitzt und vereinfacht auszudrücken, kann man sagen: Jede
Terrorgruppe investiert mehr Zeit als jede NGO in Medienarbeit.317
Sie sind auf dem neuesten Stand der Technik und haben die cleversten
Computerspezialisten an der Hand. Sie haben erkannt, welches große Potenzial das
Internet für ihre Zwecke bietet. So gibt es mittlerweile spezialisierte „Medienbüros“ der
Terroristen, die sich auf den Cyber-Dschihad im Netz konzentrieren.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist die „Sahab Foundation“, die als Produktionsfirma von
Al Qaida fungiert.318
Insgesamt gesehen muss man feststellen, dass sich die Bandbreite der technischen
Voraussetzungen regelmäßig verbessert und die Inhalte arabischer Extremisten im
Internet umfangreicher werden.319
317 Expertengespräch Musharbash. 318 Yassin Musharbash 2006 „Die neue Al-Qaida, Innenansichten eines lernenden Terrornetzwerkes“, S. 137. 319 Verfassungsschutz Baden-Württemberg, „Internetpropaganda und Kommunikation“ http://www.verfassungsschutz-bw.de/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=46&Itemid=96
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7. Kurzauswertung der 12 Interviews
Die arabische Welt ist durch die globale Informationsrevolution, d. h. durch die IT-
und Satellitenkommunikation, nicht mehr behütet. Man muss heute nach außen
kommunizieren, man muss viel mehr verstehen, voneinander lernen.320
Die Summe der in weiten Teilen ähnlichen Einschätzungen aller Interview-PartnerInnen
bezüglich der arabischen Welt ist hervorzuheben. Die allseits bekannten Probleme und
Hemmnisse werden so gut wie von allen interviewten Personen direkt benannt. Die
Quintessenz aller Interviews, ist die Benennung des schlechten Bildungssystems der
MENA-Region als einer der Hauptgründe für den Entwicklungsrückstand; wenn nicht
sogar als der alles entscheidende Grund:
„A society that is not educated, cannot compete.“321
Alle Interview-PartnerInnen machen deutlich, dass Bildung der Hauptschlüssel zu einer
erfolgreichen Modernisierung und zu einer erfolgreichen Demokratisierung ist. Ohne
Bildung und ohne ein auf Vernunft basierendes Erziehungssystem, wird es keinen
Fortschritt geben.
Doch die Bildungssysteme der arabischen Welt sind das große Problem. Professor
Meyer von der Gutenberg-Universität Mainz hat die Versäumnisse auf den Punkt
gebracht:
Während wir in Deutschland in unserem Ausbildungssystem z.B., vor allem die
Forderung stellen einen mündigen, kritischen Bürger zu erziehen, kommt es im
Ausbildungssystem der arabischen Welt vor allem darauf an auswendig zu lernen.
Das was von den jeweiligen Lehrern, von den Professoren und von deren Lehrern
und von deren Professoren schon mal gelehrt worden ist, das wird wieder
wortwörtlich auswendig gelernt. D. h., eine Ausbildung zur Kritikfähigkeit ist absolut
nicht geplant.322
Es geht also darum, Schlüsselqualifikationen zu erlangen.
Die globale Informationsrevolution kann dabei als potenzielle Chance für die MENA-
Region betrachtet werden. Sofern sie natürlich vernünftig genutzt wird. Die neuen
Kommunikationstechnologien können hierbei eine tragende Rolle spielen, denn Internet
und Satelliten-TV haben für Veränderungen gesorgt.
Doch man sollte nicht zuviel von den Technologien erwarten, zumal das Internet immer
noch kein Massenmedium in der MENA-Region ist. Angesichts der Analpha-
betenquoten und der schlechten Wirtschaftssituation ist das nicht verwunderlich. So
kann eine Gesellschaft mit einem offensichtlichen Mangel an Bildung durch Medien
auch kontraproduktiv beeinflusst werden. Vor allem mit audio-visuellen Bildern, denn
diese können unter schwierigen Umständen auch ein Kollektivgefühl der Demütigung
in dieser Region erzeugen – besonders in Zeiten sozialer und wirtschaftlicher Krisen.323
320 Expertengespräch Ashraf Mansour. 321 Expertengespräch Louise. 322 Expertengespräch Meyer. 323 Expertengespräch El-Gawhary. Expertengespräch Ebert.
- 65 -
Ob Mangel an Medienkompetenz324, schlechte Wirtschaftspolitik oder Repression, klar
ist: ein Umdenken muss passieren, denn die Situation ist ernst
Verdeutlicht wurde auch, dass der Mangel an Medienkompetenz, ein schwerwiegendes
Problem ist und sich als ein großes Hemmnis auswirken kann. Das angeführte Beispiel
von Luc Walpot für Medien-Inkompetenz hinterlässt dabei ein Gefühl der
Ernüchterung. Es sind viele Faktoren, die einander zum großen Teil bedingen. So gehen
wirtschaftliche Bedingungen einher mit sozialen Bedingungen. Der Mangel an
kritischer Auseinandersetzung, das nicht vorhandene Reflektionsvermögen und die
verkrusteten tabuisierten Strukturen325 lassen trotz guten Willens nicht sehr optimistisch
in die Zukunft vieler Länder der MENA-Region blicken.
Es ist mit Hilfe der Interviews klar geworden, dass die Religion, der Islam an sich,
dabei selbst nicht das Problem ist. Dies wurde durchgehend in allen
Expertengesprächen bestätigt.
324 Expertengespräch Walpot 325 Expertengespräch Meiering
- 66 -
8. Schlussbetrachtung
Internet und Satellitenfernsehen sind klar etablierte Kommunikationstechnologien in der
MENA-Region. Natürlich kann das Internet bezüglich der Reichweite des Fernsehens
nicht mithalten. Dafür ist seine Infrastruktur noch zu schwach ausgeprägt. Trotzdem ist
das World Wide Web ein fester Bestandteil der Kommunikationsangebote geworden
und deshalb nicht mehr wegzudenken. Es erfreut sich vor allem bei der jungen
Bevölkerung höchster Popularität, gerade wegen des individuellen Nutzungsaspekts.
Dies macht das Internet so interessant für eine Region der Welt, in der individuelle
Selbstbestimmung weitestgehend ein Fremdwort ist für die Mehrheit der Gesellschaft.
Das Satellitenfernsehen hat es dagegen einfacher, Satellitenschüsseln sind in den großen
arabischen Städten nicht mehr von den Hausdächern wegzudenken und auch die
Reichweite ist nicht zu vergleichen. Das Fernsehen ist jedoch im Vergleich nur eine
informative Einbahnstraße, wo hingegen das Internet dem Nutzer die Möglichkeit bietet
auch Inhaltsproduzierend zu wirken. Dieser interaktive, individuelle Charakter macht
den Wesenszug des Internets aus und ist deshalb so interessant für die jungen
Menschen, die in den traditionellen Strukturen der arabischen Welt keine echte
individuelle Selbstbestimmung leben können.
Technologien hängen aber von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen ab. Wie in dieser Arbeit aufgezeigt wurde, ist der momentane
Entwicklungsstand des Großteils der arabischen Welt Besorgnis erregend. Die Lipset-
These „The more well-to-do a nation, the greater the chances that it will sustain
democracy kann angesichts maroder Wirtschaftssysteme, Korruption und Inkompetenz
in keiner Weise auf die MENA-Region angewendet werden. Zumindest nicht im
positiven Sinne. (Abgesehen von den kleinen reichen Golfstaaten wie Bahrain und
Katar z. B.)
Deshalb ist es nach Meinung des Autors, momentan und auch in naher Zukunft nicht
gegeben, dass die neuen Kommunikationstechnologien alleine für eine
Demokratisierung sorgen können. Unterdrückung der Zivilgesellschaft, Zensur,
Willkür, Massenarbeitslosigkeit, Analphabetismus, Rentiersmentalitäten,
Geschlechterdiskriminierung, der Mangel an Selbstkritik, Problembewusstsein, die
Liste der Entwicklungshemmnisse ist erschreckend lang. Dazu kommt noch fehlende
Chancengleichheit in den arabischen Gesellschaften. Dies sind Gründe, die die Funktion
der Medien als potenzielle Träger des sozialen Wandels torpedieren.
Medien können ohne Zweifel bei einem Wandlungsprozess förderlich wirken. Doch
angesichts der horrenden Probleme der meisten Länder in der MENA-Region, muss
man von der Hoffnung, dass Internet und Satelliten-TV alleiniger sozialer Träger eines
Wandels sind, zunächst Abstand nehmen.
Besonders das Internet verliert unter diesen Voraussetzungen seine besondere Qualität,
für eine breite Masse eine neue Öffentlichkeit herzustellen. Immerhin kann es aber den
kleinen Ansätzen von Zivilgesellschaft ein Forum und eine Möglichkeit geben
Netzwerke aufzubauen. Aufgrund der schwachen Infrastruktur und des sehr schlechten
Bildungssystems ist das Potenzial als Massenmedium noch lange nicht gegeben.
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Eine freie auf Wissen basierende Gesellschaft lässt sich von Logik, Vernunft und einem
Gefühl für Verantwortung leiten. Genau dadurch, wie Daniel Lerner erklärt hat,
zeichnen sich moderne Gesellschaften aus. Wissen und Freiheit münden in Partizipation
und Empathie.
Empathie, als Schlüssel für den Erfolg des Modernisierungsprozesses. Empathie als
Eigenschaft, die den modernen Menschen verstehen lässt, warum, weshalb und wieso
Entscheidungen und Maßnahmen getroffen werden. Nicht sein egoistisches Verhalten
macht den empathischen Menschen aus, sondern sein Reflektionsvermögen und sein
Problembewusstsein. Rechtschaffenheit, Verantwortungsbewusstsein, Objektivität und
Angemessenheit gehören ebenso dazu.
Für Gesellschaften die jedoch nicht auf Wissen basieren, spielen emotionale
Begebenheiten die größte Rolle. Befriedigung findet man in der Herstellung der Ehre,
Würde oder des Stolzes. Das sind typische Merkmale von traditionellen Gesellschaften.
Hinzu kommt ein ausgeprägtes tribales denken.
Die Menschen in der MENA-Region sind vielfach getrieben von Existenzangst und
persönlichem Frust über die teils miserablen Lebensumstände. Sie können dies aber
nicht kund tun. Individuelle Selbstbestimmung und öffentliche Meinungsäußerung ist
nicht vorgesehen. Die Unfähigkeit selbstkritisch zu Denken ist ein weiteres Merkmal
traditioneller Gesellschaften.
Hauptverantwortlich für die Misere der meisten arabischen Länder, ist einfach die
extreme Verantwortungslosigkeit der herrschenden Eliten, die im Grunde ihr eigenes
Land verraten, in dem sie selbst das größte Entwicklungshemmnis darstellen. Ein
Solidaritätsempfinden ist nicht existent, die Erziehung mündiger Bürger ist nicht
vorgesehen. Man will Untertanen, keine selbstbewussten Bürger. Aufgrund der
Ermangelung an Alternativen ist es nicht verwunderlich, dass die Religion in den letzten
Jahrzehnten großen Zulauf findet.
Die Islamisierung der arabischen Gesellschaften ist im Endeffekt nichts anderes, als der
drängende Wunsch nach Selbstachtung, die verzweifelte Suche nach Würde in einer
unwürdigen Zeit.
Wie sich die arabische Welt entwickeln wird, bleibt abzuwarten.
Doch eines ist klar, eine zügige Demokratisierung326 wird es nicht geben, auch wenn es
mittlerweile Internet gibt und in fast jedem Wohnzimmer Al Jazeera über die
Bildschirme flimmert. Gesellschaftlich in neo-patriarchalischen Rahmenbedingungen
gefangen, gelingt es dem arabischen Individuum sich nicht zu befreien. Im Gegenteil,
die religiöse Zuwendung in der MENA-Region wird in der Zukunft wahrscheinlich eine
noch größere Rolle spielen und interessanterweise werden es wohl wahrscheinlich
genau die Kommunikationstechnologien Satelliten-TV und Internet sein, die diese
Entwicklung befeuern werden. Technologien sind nur Werkzeuge, was aber mit dem
Werkzeug genau geschieht, bestimmt derjenige, der das Werkzeug in die Hand nimmt.
326 Ob es nun nach den Ereignissen im Januar und Februar 2011 zu einer Demokratisierung kommen wird, bleibt abzuwarten.
- 68 -
Abkürzungsverzeichnis:
AHDR Arab Human Development Report
ALO Arab Labour Organization
BICC Bonn International Conversion Center
EU Europäische Union
GMI Globaler Militarisierungsindex
GTZ Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
HIIK Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung
ILO International Labour Organization
LAMP Literacy Assessment and Monitoring Programme
MENA Middle East and North Africa
OECD Organisation for Economic Co-Operation and Development
PISA Programme for International Student Assessment
ROG Reporter ohne Grenzen
SWP Stiftung Wissenschaft und Politik
UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization
UN United Nations
VAE Vereinigte Arabische Emirate
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3: Baizza, Achmed: Die Unterhaltungsindustrie gegen das Filesharing. - . - 2009. - 143 S., A 5. - Br
ISBN (online) 978-3-7983-2138-0 ISBN (print) 978-3-7983-2139-7 Preis EUR 10,90
4: Medoch, Melanie Maria: Politische Positionierung - der lange Weg zur Marke. - . - 2009. - 109 S., A 5. - Br
ISBN (online) 978-3-7983-2136-6ISBN(print) 978-3-7983-2137-3 Preis EUR 8,90
5: Janzen, Karoline: Türken in Deutschland: Integration durch Medien. - . - 2009. - 98 S., A 5. -
ISBN (online) 978-3-7983-2147-2
6: Stix, Cornelia: Der Reiz des Verbotenen - Zur Akzeptanz der USK-Alterskennzeichen. - . - 2009. - 116 S., A 5. - Br
ISBN (online) 978-3-7983-2148-9ISBN (print): 978-3-7983-2149-6 Preis EUR 8,90
7: Maas, Jessica: Vom "Über-Leben" in der Fremde. Niveau von Reality-Shows im Fernsehen. - . - 2009. - 105 S., A 5. -
ISBN (online) 978-3-7983-2150-2
8: Dittmar, Jakob F.: Grundlagen der Medienwissenschaft. 2., erw. Aufl.. - . - 2010. - 174 S., A 5. - Br
ISBN-10: 978-3-7983-2272-1 ISBN-13: 978-3-7983-2275-2 Preis EUR 11,90
9: Reinhold, Katharina: Speaking with one voice?. Ein Vergleich
der Regierungskommunikation in Großbritannien und
Deutschland. - 2009. - 177 S., A 5. - Br
ISBN (online) 978-3-7983-2177-9ISBN (print) 978-3-7983-2178-9 Preis EUR 12,90
10: Sextro, Maren: MOCKUMENTARIES und die Dekonstruktion des klassichen Dokumentarfilms. - . -
2009. - 93 S., A 5. -
ISBN (online) 978-3-7983-2199-1
11: Özsari, Hülya: "Der Türke". Die Konstruktion des Fremden
in den Medien. - 2010. - 110 S., zahlr. Fotos, A 5. - Br
ISBN (online) 978-3-7983-2209-7ISBN (print) 978-3-7983-2208-0 Preis EUR 8,90
12: Schweiger, Nora: Radio Paradiso. Private Servicewelle oder
christlicher Hörfunk?. - 2010. - 136 S., A 5. -
ISBN (online) 978-3-7983-2223-3
13: Iwaniec, Mario: Die Betrachtung der Risiken der Kernenergie in ausgewählten deutschen Printmedien. - . -
2010. - 185 S., A 5. - Br
ISBN (online) 978-3-7983-2284-4ISBN (print) 978-3-7983-2283-7 Preis EUR 13,90
14: Kharitonova-Akhvlediani, Anastasia: Russischsprachige Printmedien und Integration. - . - 2011. - 154 S., zahlr.
Abb., A 5. - Br
ISBN (online) 978-3-7983-2307-0ISBN (print) 978-3-7983-2306-3 Preis EUR 11,90
15: Ben Bouzid, Atef: Demokratisierung der arabischen Welt mit Hilfe der neuen Medien. Zwölf Expertengespräche. -
2011. - 202 S., A 5. -
ISBN (online) 978-3-7983-2300-1
16: Ben Bouzid, Atef: Informationsrevolution und Demokra-tisierung in der arabischen Welt?. - . - 2011. - 75 S., A 5. -
ISBN (online) 978-3-7983-2301-8
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