rolle und aufgabenverständnis des vormunds nach der reform 2011/12 köln, den 05.07.12
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Rolle und Aufgabenverständnis des Vormunds nach der Reform
2011/12
Köln, den 05.07.12
Merkmale traditioneller Vormundschaftsführung
Vormundschaft als Mündelverwaltung
Kind als Objekt
Amtsvormundschaft als vorrangiges Organisationsprinzip
Hohe Fallzahlen
Trennung von Betreuung/ Beziehung zum Mündel und administrativer Vormundschaft
Ausblenden alternativer Formen des Führens einer Vormundschaft
Die Reform des Vormundschaftsrechts
Ziel
Persönlichen Kontakt zwischen Mündel und Vormund stärken _______________________________________
Einzeländerungen•Monatlicher Kontakt mit dem Mündel (§ 1793 Abs. 1a BGB)•Persönliche Förderung der Erziehung (§ 1800 S.2 BGB)•Jährliche Berichtspflicht über Besuchskontakte ( § 1840 Abs. 1 S.2 BGB)•Einbeziehung des persönlichen Kontakts in die Aufsicht durch das Familiengericht (§ 1837 Abs. 2 BGB)•Fallzahlbegrenzung des Amtsvormunds auf 50 Mündel (§ 55 Abs. 2 SGB VIII)•Anhörung des Mündels vor Bestellung des Vormunds (§ 55 SGB VIII) ________________________________________Inkrafttreten: 05.07.2011 ( § 1837 Abs. 2 BGB und § 55 Abs.2
SGB VIII: 05.07.2012)
Wesentliche Folgerungen für die Vormundschaft
Kinder und Jugendliche stehen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Rechten im Mittelpunkt
Persönliche Präsenz des Vormunds: Das Führen der Vormundschaft setzt eine kontinuierliche Beziehung zum Kind/Jugendlichen voraus
Entwicklung eines konsistenten professionellen Rollenbildes
Handeln als Fachkraft im Spannungsfeld zwischen eigenen Werten und Interessen des Mündels
Fallverstehen und Erwerb von Deutungswissen
Die Bedeutung der Subjektstellung des Kindes/Jugendlichen
Recht auf Beteiligung und Respektierung des kindlichen Willens
Sicherung und Schutz des Kindeswohls
Aufklärung des Kindes/Jugendlichen über seine Rechte und Verpflichtungen
Durchsetzung der Interessen und Rechtsansprüche des Kindes/Jugendlichen
Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse (basic needs) des Kindes/Jugendlichen
Förderung der Erziehung des Kindes/Jugendlichen
Rollenelemente des Vormunds
(Haupt)Bezugsperson und Ansprechpartner
Schutzinstanz
Interessenvertreter
Leitinstanz im Blick auf die Förderung der Erziehung des jungen Menschen
Sicherstellung der materiellen Versorgung
Rechtliche Vertretung
Mögliche Aufgabenverständnisse in der Vormundschaft (nach: Hansbauer u.a., Vormundschaft in
Deutschland, S. 345ff)
Kontrolleur und Wächter
Autorität im Hintergrund
Fürsorgliche(r) Freund(in)
Zuverlässiger Verwalter
Anwalt des Kindes
Merkmale einer Vormundschaftsgestaltung nach der Reform 2011/12
Das Kind als Subjekt eigener Rechte und Interessen
Vormundschaft als Prozess der Beteiligung von Kindern
Schwerpunkt der Vormundschaft die Beziehungsarbeit mit dem Kind
Klares Rollen- und Haltungskonzept des Vormunds
Amtsvormundschaft als eigenständiges, unabhängiges Fachgebiet im Kontext der Jugendhilfe
Keine Aufgabentrennung und Verlagerung auf andere Fachdienste
Zulassen von Einzel-, Vereins- und Berufsvormundschaften außerhalb des Jugendamts
Herausforderungen für die Vormundschaft nach der Reform 2011/12
Qualitätsentwicklung
Strukturqualität Prozessqualität Ergebnisqualität
Organisatorische Rahmenbedingungen für eine verantwortliche Aufgabenwahr-nehmung
Geeignete und notwendige Aktivitäten, um das Ziel der Vormundschaft zu erreichen (hier vor allem: Beteiligungs-qualität)
Erfolg oder Misserfolg aus der Perspektive der Beteiligten
Persönliche Grundeinstellungen des Vormunds
Kooperationsbereitschaft
Flexibilität
Belastbarkeit
Verantwortungsbereitschaft
Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit
Respekt vor der Person des Kindes/Jugendlichen
Selbstverständnis als Interessenvertreter des Kindes/Jugendlichen
Kongruentes, beteiligungsorientiertes Verhalten
Vormundschaft im Kontext fachlicher und rechtlicher Entwicklungen
Kinderrechte Kinderschutz Inklusion
Aufnahme eines Grundrechts für Kinder in die Verfassung
(s. Entschließung des Bundesrates vom 25.11.2011)
Umsetzung des Bundeskinderschutz-gesetzes vom 01.01.12
(Beschwerderechte, Qualitätsentwicklung, Recht auf Beratung)
Umsetzung der UN-Behindertenrechts-konvention vom 26.03.2009
(Recht auf Entwicklung für alle Kinder in einem neuen § 27 SGB VIII)
Versuch eines Fazits
Nach der Reform des Vormundschaftsrechts 2011/12 ist der Vormund unabhängiger Interessenvertreter von Kindern/Jugendlichen.
Er fördert ihre Erziehung und Entwicklung im persönlichen Kontakt und beteiligt sie an seinen Entscheidungen. Der Vormund ist in seiner Amtsführung unabhängig und nur der Aufsicht des Familiengerichts verpflichtet. Er kooperiert mit den anderen Beteiligten und kennt seine Grenzen und Verantwortlichkeiten.
Als Fachkraft für die Vertretung von Kindern/Jugendlichen hat er ein klares Rollenbild und eine Haltung, die von Respekt gegenüber Kindern/Jugendlichen geprägt ist.
Quellen
Rüting, W., Qualifizierung für Vormundschaften, Weiterbildung der FH Münster, unveröffentl. Manuskript
LJÄ Rheinland und Westfalen, Qualitätsstandards für Vormünder, 2010
Salgo,L./Zenz,G., (Amts-)Vormundschaft zum Wohle des Mündels – Anmerkungen zu einer überfälligen Reform, FamRZ 2009, S. 1378
Hansbauer,P./Mutke, B./Oelerich,G., Vormundschaft in Deutschland, leske+budrich Verlag, Opladen, 2004
Willutzki, S., Die Änderung des Vormundschaftsrechts ZKJ 5/6 2012