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Beachtlich ausgedehnte Friedhöfe gab es schon an den Zufahrtsstraßen zum rö- mischen Rottweil. Auch ist über die Feierlichkeiten bei Bestattungen im damaligen Arae Flaviae erstaunlich viel bekannt (vgl. C. S. Sommer, Abschließende Untersu- chung des römischen Fried- hofs in Rottweil „Im Kapellen- ösch“. Archäologische Aus- grabungen in Baden-Würt- temberg 2001. Stuttgart 2002 S.109 ff.). – Aus dem Frühmittelalter sind eine gan- ze Anzahl unterschiedlich großer Friedhöfe in Rottweil festgestellt, dazu ein Adels- grab am Südrand des heuti- gen Stadtteils Rottweil-Alt- stadt (A. Schabel, Die ale- mannischen Grabfunde von Rottweil und B. Theune- Großkopf, Das Reiterdoppel- grab von Rottweil, ein früh- mittelalterlicher Separatbe- stattungsplatz. In: „von an- fang biss zu unsern zeiten“. Das mittelalterliche Rottweil im Spiegel archäologischer Quellen. Hrsg. vom Landes- denkmalamt Baden-Würt- temberg und vom Stadtar- chiv Rottweil. Stuttgart 1998 S. 20-S. 26 bzw. S. 27-S. 30). Vom Beginn des Spätmittel- alters ist eine Auseinander- setzung zwischen der Pfarr- kirche von Heilig Kreuz und den Rottweiler Dominikanern schriftlich festgehalten, nach welcher 1307 festgelegt wur- de, dass Tote unbedingt zu- erst in die Pfarrkirche zu den üblichen Gottesdiensten ge- bracht werden müssten, be- vor sie auf Wunsch bei den Dominikanern zur letzten Ru- he bestattet werden konnten (vgl. RUB Nr. 76 S. 29, 10 ff.). 1314 erscheint in den Urkun- den erstmalig eine Beinhaus- kapelle bei Heilig Kreuz; sie war St. Michael geweiht, und in ihr wurden die Gebeine von Toten aus aufgelassenen Gräbern aufbewahrt (vgl. W. Hecht, Von einem Rottwei- ler Beinhaus. RHbl 39. Jg. (1978) Nr. 5 S. 4). Im gleichen Jahr 1314 wird auch das Beinhaus bei St. Pelagius erstmals genannt (vgl. W. Hecht, Das Altstädter Beinhaus von St. Pelagius. RHbl 41. Jg. (1980) Nr. 5 S. 4). Ganz im Nordosten der In- nenstadt entstand mit der stimmungsvollen Kapelle von St. Lorenz als Mittelpunkt um 1580 ein neuer Friedhof (vgl. A. Steinhauser, Das Ge- schlecht der Bock und der Bockshof in Rottweil. Schramberg 1946 S. 25 ff.). Hier sind etwa acht Genera- tionen Rottweilerinnen und Rottweiler begraben worden. Erhalten blieben aus dieser Zeit zahlreiche Grabkreuze aus Schmiedeisen, aber auch kunstvolle Grabmäler aus Stein (vgl. W. Hecht, Rottweiler Grabkreuze aus Schmiedeisen. RHbl 53. Jg. (1992) Nr. 5 S. 4 und Histori- sche Grabmäler aus Rott- weil. Rottweil 2007). Häufiger gab es in der späten Reichs- stadtzeit aber beispielsweise auch erbitterte Auseinander- setzungen um die angemes- sene Ordnung der Trauerzü- ge bei Beerdigungen (vgl. D. Schmid, Ein Streit um die Ordnung bei Rottweiler Lei- chenzügen. RHbl 46. Jg. (1985) Nr. 6 S. 3-S. 4). Unter außergewöhnlichen Begleit- umständen erfolgte am 25. November 1643 auch die Beisetzung von sterblichen Überresten des französi- schen Marschalls Guébriant im Chor der Predigerkirche (vgl. W. Hecht, Das Domini- kanerkloster Rottweil (1266- 1802). Rottweil 1991 S. 118). Pietät auf den Rottweiler Friedhöfen? Lange Zeit waren Friedhöfe nicht wie heute von einer At- mosphäre der Pietät ge- prägt. Bis weit über das Mit- telalter hinaus war hier ganz im Gegenteil allerhand möglich: Schaubuden, Jahrmärkte, Schwätzplätze, Viehweiden, Säge- plätze – und kaum jemand empfand dies als an- Zu Friedhöfen und Bestattungswesen in Rottweils Vergangenheit von Winfried Hecht Das Friedhofskreuz auf dem Stadtfriedhof bei Ruhe Christi von 1914/1917. Foto: Berthold Hildebrand/Stadtarchiv Rottweil ROTTWEILER HEIMATBLÄTTER Herausgegeben von Winfried Hecht für den Rottweiler Geschichts- und Altertumsverein e.V. Druck: Druckzentrum Südwest GmbH Redaktion: Andreas Pfannes, Rottweil 75. Jahrgang 2014 Nr. 5

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Page 1: ROTTWEILER HEIMATBLÄTTER - GAVgav-rottweil.de/wp-content/uploads/2018/11/2014_5...sonst einigermaßen eigenwilligen Dunninger Pfarrers. Magister Johann Eitenbenz, der sein Reitpferd

Beachtlich ausgedehnteFriedhöfe gab es schon anden Zufahrtsstraßen zum rö-mischen Rottweil. Auch istüber die Feierlichkeiten beiBestattungen im damaligenArae Flaviae erstaunlich vielbekannt (vgl. C. S. Sommer,Abschließende Untersu-chung des römischen Fried-hofs in Rottweil „Im Kapellen-ösch“. Archäologische Aus-grabungen in Baden-Würt-temberg 2001. Stuttgart2002 S.109 ff.). – Aus demFrühmittelalter sind eine gan-ze Anzahl unterschiedlichgroßer Friedhöfe in Rottweilfestgestellt, dazu ein Adels-grab am Südrand des heuti-gen Stadtteils Rottweil-Alt-stadt (A. Schabel, Die ale-mannischen Grabfunde vonRottweil und B. Theune-Großkopf, Das Reiterdoppel-grab von Rottweil, ein früh-mittelalterlicher Separatbe-stattungsplatz. In: „von an-fang biss zu unsern zeiten“.Das mittelalterliche Rottweilim Spiegel archäologischerQuellen. Hrsg. vom Landes-denkmalamt Baden-Würt-temberg und vom Stadtar-chiv Rottweil. Stuttgart 1998S. 20-S. 26 bzw. S. 27-S. 30).Vom Beginn des Spätmittel-alters ist eine Auseinander-setzung zwischen der Pfarr-kirche von Heilig Kreuz undden Rottweiler Dominikanernschriftlich festgehalten, nachwelcher 1307 festgelegt wur-de, dass Tote unbedingt zu-erst in die Pfarrkirche zu denüblichen Gottesdiensten ge-bracht werden müssten, be-vor sie auf Wunsch bei denDominikanern zur letzten Ru-he bestattet werden konnten(vgl. RUB Nr. 76 S. 29, 10 ff.).1314 erscheint in den Urkun-den erstmalig eine Beinhaus-kapelle bei Heilig Kreuz; siewar St. Michael geweiht, und in ihr wurden dieGebeine von Toten aus aufgelassenen Gräbernaufbewahrt (vgl. W. Hecht, Von einem Rottwei-

ler Beinhaus. RHbl 39. Jg. (1978) Nr. 5 S. 4). Imgleichen Jahr 1314 wird auch das Beinhaus beiSt. Pelagius erstmals genannt (vgl. W. Hecht,

Das Altstädter Beinhaus vonSt. Pelagius. RHbl 41. Jg.(1980) Nr. 5 S. 4).Ganz im Nordosten der In-nenstadt entstand mit derstimmungsvollen Kapelle vonSt. Lorenz als Mittelpunkt um1580 ein neuer Friedhof (vgl.A. Steinhauser, Das Ge-schlecht der Bock und derBockshof in Rottweil.Schramberg 1946 S. 25 ff.).Hier sind etwa acht Genera-tionen Rottweilerinnen undRottweiler begraben worden.Erhalten blieben aus dieserZeit zahlreiche Grabkreuzeaus Schmiedeisen, aberauch kunstvolle Grabmäleraus Stein (vgl. W. Hecht,Rottweiler Grabkreuze ausSchmiedeisen. RHbl 53. Jg.(1992) Nr. 5 S. 4 und Histori-sche Grabmäler aus Rott-weil. Rottweil 2007). Häufigergab es in der späten Reichs-stadtzeit aber beispielsweiseauch erbitterte Auseinander-setzungen um die angemes-sene Ordnung der Trauerzü-ge bei Beerdigungen (vgl. D.Schmid, Ein Streit um dieOrdnung bei Rottweiler Lei-chenzügen. RHbl 46. Jg.(1985) Nr. 6 S. 3-S. 4). Unteraußergewöhnlichen Begleit-umständen erfolgte am 25.November 1643 auch dieBeisetzung von sterblichenÜberresten des französi-schen Marschalls Guébriantim Chor der Predigerkirche(vgl. W. Hecht, Das Domini-kanerkloster Rottweil (1266-1802). Rottweil 1991 S. 118).

Pietät auf denRottweiler Friedhöfen?

Lange Zeit waren Friedhöfenicht wie heute von einer At-mosphäre der Pietät ge-prägt. Bis weit über das Mit-telalter hinaus war hier ganz

im Gegenteil allerhand möglich: Schaubuden,Jahrmärkte, Schwätzplätze, Viehweiden, Säge-plätze – und kaum jemand empfand dies als an-

Zu Friedhöfen und Bestattungswesen in Rottweils Vergangenheit

von Winfried Hecht

Das Friedhofskreuz auf dem Stadtfriedhof bei Ruhe Christi von 1914/1917.Foto: Berthold Hildebrand/Stadtarchiv Rottweil

ROTTWEILER HEIMATBLÄTTERHerausgegeben von Winfried Hecht für denRottweiler Geschichts- und Altertumsverein e.V.

Druck: Druckzentrum Südwest GmbHRedaktion: Andreas Pfannes, Rottweil

75. Jahrgang 2014 Nr. 5

Page 2: ROTTWEILER HEIMATBLÄTTER - GAVgav-rottweil.de/wp-content/uploads/2018/11/2014_5...sonst einigermaßen eigenwilligen Dunninger Pfarrers. Magister Johann Eitenbenz, der sein Reitpferd

stößig (vgl. Artikel „Friedhof“ in: A. Bischoff-Luithlen, Von Amtsstuben, Backhäusern undJahrmärkten. Stuttgart 1979 S. 86 ff.).In der Reichsstadt Rottweil stellten sich die Ver-hältnisse kaum anders dar. 1601 musste derRat der Stadt deshalb ausdrücklich beschlie-ßen, auf allen Rottweiler Friedhöfen Bau- undZimmermannsarbeiten zu untersagen (RPRvom 15. Mai 1601 p.136); auch könne – so dasRottweiler Rathaus – dort kein Vieh, keineSchafe oder Ziegen gehalten werden. Verbotensei ferner, auf den Friedhöfen Textilien zu blei-chen, „noch Häß uffzuehenckhen“. Für alle Fäl-le wurden Verstöße dagegen mit einer Strafevon fünf Pfund Heller bedroht.Dass die Öffentlichkeit hierfür nicht viel Ver-ständnis aufbrachte, zeigt beispielhaft der Falldes aus Rottweil stammenden, freilich auchsonst einigermaßen eigenwilligen DunningerPfarrers. Magister Johann Eitenbenz, der seinReitpferd regelmäßig auf dem Kirchhof des rott-weilischen Dorfes Dunningen grasen ließ. DerRottweiler Magistrat musste sich deswegenschließlich im Herbst 1653 mit einer Klage anden Bischof von Konstanz und seinen General-vikar wenden (vgl. StadtA Rw, II. A. L.VIIIFasz.1 Nr. 4 a).Ein gutes halbes Jahrhundert später nahmendie Herren vom Rottweiler Rat nach einer Be-schwerde des Totengräbers gegen von Kindernauf dem Gottesacker verübte „Buebenbossen“Stellung (vgl. RPR vom 19. April 1712 p.817).Dabei ergab sich, dass bei St. Lorenz auch „diewäsch auf die bey den gräbern stehende Kreitzgehenckht“ wurde. Der Rat wollte das abgestellthaben und befahl, den „Alten Gottesacker“oben und unten abzuschließen. Heute kaummehr nachzuvollziehen ist danach jedoch, dassdie Ratsherren einem Färber einen Schlüsselzum Friedhof überlassen und ihm „auch wa-schen aufzuhenckhen vergunnen“ wollten, miteiner Einschränkung allerdings: Sollte etwasvon der Wäsche auf den Kreuzen angetroffenwerden, so wollte man dies eingezogen haben.Zum Bestattungswesen am Ende der Rottwei-ler Reichsstadtzeit sei noch erwähnt, dass fürSärge damals auch noch die Bezeichnung „To-tenbaum“ nachgewiesen werden kann (vgl.RPR vom 23. März 1790 f.77 v). Bis 1804 wares bei allen Beerdigungen üblich, dass die Sär-ge von Angehörigen der Zünfte getragen wur-den (vgl. RPR vom 10. Februar 1804 p. 40); da-nach bestellte man dafür sechs Leichenträger.Nach 1804 und noch über die Aufhebung derZünfte im Jahre 1862 hinaus trugen bei Hand-werksmeistern jedoch immer noch Vertreter derZunft den Sarg, zu welcher der Verstorbene zuLebzeiten gehörte. Noch 1822 kostete die Teil-nahme jedes Geistlichen am „Conduct“, demLeichenzug, je einen Gulden. Wer damals darü-ber hinaus besondere Feierlichkeit wünschte,verpflichtete an der Beerdigung weiter einenStadtzinkenisten und seine fünf „Gehilfen fürMusik und Gesang“, was pro Kopf 24 Kreuzerkostete. Bei Beerdigungen erschallte seit 1825Glockengeläut auch nicht mehr vom Turm derKapellenkirche, sondern vom Turm von HeiligKreuz (vgl. Chronik der Pfarrei Heilig Kreuz ed.W. Wittmann/A. Braun. Konstanz 2010 S. 78).

Vom Alten Gottesacker zum Stadtfriedhof bei Ruhe Christi

Bekanntlich erfolgte die Weihe des heutigenRottweiler Stadtfriedhofs bei Ruhe Christi am25. März 1832, nachdem Rottweils Bevölke-rung in feierlicher Prozession zu diesem neuen„Ruheplatz der Toten“ hinausgezogen war (vgl.W. Hecht, Rottweil 1802-1970. Von der Reichs-

stadt zur Großen Kreisstadt. Rottweil 1997S. 58). Zwei Tage später wurde dort als ersteTote die im Wochenbett verstorbene EhefrauElisabeth von Kanonen-Wirt Johann Widmerbeigesetzt (vgl. Chronik der Pfarrei Heilig Kreuzin Rottweil 1814-1879 bearb. von W. Wittmannund A. Braun. Konstanz 2010 S. 99). Jetzt wur-de es auch sinnvoll, den 1717 als Mesnerhäus-chen und Einsiedelei errichteten Anbau südlichvon Ruhe Christi als Totengräberwohnung zunutzen.Der bisherige Friedhof bei St. Lorenz wurde sozum „Alten Gottesacker“ und offenbar in denletzten Monaten des Jahres 1835 aufgegeben.Damals machte ein „Verehrer alter Denkmale“den Vorschlag, nach dem Frankfurter Beispiel„alte Denkmale der Liebe, Verehrung undFreundschaft“ auf den neuen Gottesacker beiRuhe Christi zu übertragen (vgl. Gemeinnützi-ger Anzeiger Nr. 76 vom 20. September 1835Sp. 899). Kurz vorher teilte Stadtschultheiß Teu-fel in der Zeitung mit, man wolle den „altenFriedhof hinter der deutschen Schule“ zu einer„Baumschule“ umgestalten und forderte Bürgerund Einwohner auf, welche dort noch Grabstei-ne und Kreuze stehen hätten, „solche binnendrei Wochen … zu entfernen“ (vgl. Gemeinnüt-ziger Anzeiger Nr. 73 vom 10. September 1835Sp. 870). Dem entsprach offenbar sofort dieWitwe von Drehersmüller Liebermann, welcheunter dem gleichen Datum im GemeinnützigenAnzeiger „zwei Grabkreuze“ ausgeschriebenhat (a. a. O. Sp. 870).Die Rottweiler Friedhofsverlegung im 19. Jahr-hundert hat eine längere Vorgeschichte. SchonEnde 1814 hatte das Oberamt Rottweil dieStadt aufgefordert, zur möglichen Verlegungihres Friedhofs Stellung zu nehmen, wobei of-fenbar bereits ein Standort bei Ruhe Christi insGespräch gebracht wurde (vgl. RPR vom 15.Dezember 1814 p. 160). Der Rottweiler Magi-strat erklärte darauf, ursprünglich sei der Fried-hof unmittelbar bei Heilig Kreuz gelegen, seiaber „im vorigen Jahrhundert“(!) nach „medizi-nisch-polizeilichem Gutachten“ auf die Nordsei-te der Stadt verlegt und auch in Richtung auf dienächsten Häuser mit einer Mauer umgebenworden.Der Friedhof, auf dem die Toten in Familiengrä-bern beigesetzt würden, sei im Blick auf dieüber lange Jahre durchschnittliche Zahl von To-ten ausreichend und vor allem für die Bevölke-rung der Stadt „sehr bequem“. Da die Särgesechs bis sieben Schuh tief eingegraben wür-den, habe der Platz „nach bisher angestelltenphysikalischen Beobachtungen und Untersu-chungen auf die Gesundheit der Einwohner-schaft keinen nachteiligen Einfluss“. Man wün-sche, diesen Begräbnisplatz beizubehalten, zu-mal die Einrichtung eines Friedhofs „bey derRuhe-Christi-Kapelle“ bedeutende Kosten fürdie Herstellung einer Straße und die Erbauungeiner Mauer verursachen würde und mangegenwärtig kein Geld habe.Die zuständigen württembergischen Behördenfanden sich mit dem Rottweiler Standpunkt inder Friedhofsangelegenheit zunächst ab (vgl.RPR vom 30. März 1815 p. 81). Allerdings ord-neten sie an, die bisher üblichen Familiengrä-ber aufzulösen und künftig einfach in der Rei-henfolge der Todesfälle zu bestatten. Wichtigwar ihnen auch, die eingestürzte Friedhofsmau-er zur „Caserne“ hin – damit war die spätereKriegsdammschule gemeint – zu erhöhen. Ent-lang der Mauer sollte im Übrigen „eine ReihePappelbäume“ gepflanzt werden.Erst die Bedrohung durch die Cholera brachtein Rottweil wieder Bewegung in die Friedhofs-frage. Im gleichen Zusammenhang war schon

1829 der Friedhof in Zimmern vom Dorfzentrumbei St. Konrad wegverlegt worden, währendRottweil-Altstadt seinen Friedhof bei St. Pela-gius 1834 schloss und einen neuen an der Stra-ße nach Göllsdorf anlegte. Es folgten in Rott-weils Nachbarschaft Bühlingen und Neufra1836, Hausen o. R. 1837 und Göllsdorf 1838(Angaben nach den Ortsartikeln der Beschrei-bung des Oberamts Rottweil. Stuttgart 1875). InNeufra war ein erster Friedhof offenbar im Win-ter 1579 auf 1580 vom Konstanzer WeihbischofBalthasar Wuhrer geweiht worden, nachdemdie Toten des Dorfes zuvor bei ihrer PfarrkircheSt. Pelagius in Rottweil-Altstadt beerdigt wor-den waren (vgl. RPR vom 17. Februar 1580p. 12).Der ab 1832 belegte neue Rottweiler Friedhofbei Ruhe Christi, für dessen UmmauerungSteinmaterial vom abgebrochenen Flöttlinstorverwendet wurde, hatte den Nachteil, dass ersich für die damalige Stadt vergleichsweise ab-gelegen in zu dieser Zeit noch unbebauter Um-gebung befand. Vor diesem Hintergrund lässtsich belegen, dass dort gelegentlich mehr alsnur Unfug getrieben wurde. 1852 wurde dasGrabkreuz aus Schmiedeisen von AmalieSpindler „zusammengeschlagen“, wurden diezugehörigen Verzierungen entwendet und dertragende Sockelstein „zersprengt“ (vgl. Rottwei-ler Anzeiger Nr. 35 vom 24. März 1852 S. 137).Das Oberamtsgericht Rottweil leitete wegendieser „Freveltat“ Ermittlungen ein, und Schlos-sermeister Spindler setzte für Hinweise, die zurErgreifung des oder der Täter führten, eine Be-lohnung von beachtlichen elf Gulden aus. FürVeränderungen bei der Einstellung zum Bestat-tungs- und Friedhofswesen spricht für dieseZeit aber auch, dass Kirchenrat Dursch 1850gleich nach seinem Amtsantritt in Rottweil „dasAbhalten von Leichenreden abstellte, was all-gemeinen Beifalls gefunden hat“ (vgl. Chronikder Pfarrei Heilig-Kreuz 1814-1879 bearb. vonW. Wittmann und A. Braun. Konstanz 2010S. 152).Unangenehm bemerkbar machte sich die Ent-fernung zwischen Rottweils Stadtkern und sei-nem neuen Friedhof auch im Zusammenhangmit den Bestattungsgebühren. Man empfand esals übertriebenen Aufwand, den Leichenwagenmit dem Sarg den als recht weit empfundenenWeg von der heutigen Innenstadt bis hinausnach Ruhe Christi feierlich zu geleiten und ließihn deshalb von der Hochbrücke an ohne feierli-che Begleitung zum Friedhof bei Ruhe Christibringen, was an die Verhältnisse in Wien bei derBeerdigung Mozarts erinnert. Aus späterer Zeitsind Fälle bekannt, bei denen Beerdigungenvom Gasthaus „Bonne Auberge“ am Anfang derheutigen Stadionstraße aus stattgefunden ha-ben (vgl. Schwarzwälder Bürgerzeitung Nr. 127vom 4. Juni 1889 S. 4).Besonders beschäftigt hat dieses Problem an-scheinend im Zusammenhang mit der Beerdi-gung von Kindern. Sebastian Fischinger „zumApfel“ machte deshalb 1845 in der Zeitung be-kannt, er könne Kinderleichen zum Sondertarifvon nur 40 Kreuzern aus der Stadt hinaus zumFriedhof fahren (vgl. Rottweiler AnzeigerNr. 144 vom 14. Dezember 1845 S. 594). Aller-dings scheint dies auf die Dauer nicht als ange-messen empfunden worden zu sein. Der zu-ständige „Kirchen-Convent“ machte nämlich1863 bekannt, verstorbene Kinder von sechsund mehr Jahren dürften künftig nicht mehr „inder Chaise (Kutsche)“ zum Friedhof gebrachtwerden, vielmehr habe man sich bindend „beideren Beerdigung des Leichenwagens zu be-dienen“ (vgl. Schwarzwälder BürgerzeitungNr. 85 vom 29. Juli 1863 S. 346).

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Rottweiler Totengräber

Wie überall hatte bei der Beerdigung von Ver-storbenen der Totengräber auch in Rottweil sei-nen besonderen Platz. Dem Rottweiler Rats-protokoll ist vor allem für die Jahrzehnte nachdem 30-jährigen Krieg eine Anzahl von Namenvon Männern zu entnehmen, welche das Amtdes Totengräbers auf dem Alten Gottesackerbei St. Lorenz und später versehen haben:

Georg Sayer 1643-1661Martin Koch, Schmied 1662-1674Hans Sayer 1675-1687Hans Georg Müller 1712Leopold Fischinger 1766Johann Bippus 1852 gest.

Diese und weitere Männer waren auf demFriedhof im Sinne ihres Diensteides tätig, des-sen Wortlaut im Rottweiler Eidbuch für denHerbst 1623 überliefert ist (vgl. Das RottweilerEidbuch nach der Stadtrechtsreformation hrsg.von E. Mack Rottweil 1923 S. 31 Nr. 38 ). Da-nach waren die Rottweiler Totengräber gehal-ten, jedes Grab sieben Fuß – und damit etwazwei Meter tief – auszuheben und keinen Leich-nam über Nacht unbestattet zu lassen. Frühge-burten durften sie von Hebammen und anderenPersonen zur Bestattung nicht annehmen, be-vor nicht die Obrigkeit dazu ihre Genehmigungerteilt hatte.Im Übrigen waren die Rottweiler Totengräbergehalten, so zu verfahren wie vor Alters, sodass es möglicherweise schon vor 1623 Anwei-sungen für das Bestattungswesen gegebenhat, die sich nicht erhalten haben. Erstaunli-cherweise ging die Rottweiler Verwaltung we-nigstens zeitweilig davon aus, die Totengräberder Stadt hätten ihre Arbeitsgeräte, also „hawenund schaufflen“, selbst zu stellen (vgl. RPR vom

11. Januar 1678 p. 448). Andererseits rechnetedie Obrigkeit „Sonderleistungen“ beim Bestat-tungswesen extra ab: Totengräber Georg Sayerwurde zum 1. August 1643 für die Beerdigungvon zehn schwedischen Gefallenen zusätzlichbezahlt, ebenso Hans Bäslin und MelchiorJauch von Hausen für das Begraben „unter-schiedlicher schwedischer Soldaten“, die beimAngriff vom 25. Juli 1643 auf Rottweil ums Le-ben gekommen waren (vgl. StadtA Rw, StRb1642 f. 44 v).Für 1731 ist überliefert, dass Jakob Reiser alsMesner von St. Lorenz zugleich als zweiter To-tengräber auf dem Friedhof neben „seiner“ Ka-pelle in Tätigkeit zu treten hatte (vgl. W. Hecht,Zur Geschichte der Rottweiler Lorenzkapelle.RHbl 52. Jg. (1991) Nr. 5 S. 4). Den 1851 fürRottweil „amtlich“ veröffentlichten „Leichenko-sten“ ist zu entnehmen, dass der Totengräberbei einer Beerdigung einen Gulden und 30Kreuzer erhalten hat, bei einem Armengrab je-doch nur 44 Kreuzer (vgl. Rottweiler AnzeigerNr. 75 vom 27. Juni 1851). Früher wurden nochunterschiedliche Beträge bei „gewölbten“ undflachen Särgen erhoben.

Vom Leichensager und der Leichensagerin

In der bei Anlegung des Friedhofes bei RuheChristi gültigen Rottweiler Gebührenordnungfür Beerdigungen wird 1822 auch die „Leichen-sagerin“ genannt. Diese Funktion wird um diegleiche Zeit außerhalb Rottweils im Schwäbi-schen auch als „Leichensägerin“ angespro-chen, obwohl sie mit „sägen“ natürlich nichts zutun hatte. Gemeint war damit vielmehr eineFrau, welche bei einem Todesfall den Verwand-ten des oder der Verstorbenen die entspre-chende Benachrichtigung und vor allem denZeitpunkt der Beerdigung und der damit zusam-

menhängenden Feierlichkei-ten übermittelte (vgl. Art.„Leichensägerin“ in: A.Bischoff-Luithlen, Von Amts-stuben, Backhäusern undJahrmärkten. Stuttgart 1979S. 164).Das entsprechende Amt gabes in Rottweil der Ordnungfür die „Leichenkosten“ zufol-ge noch 1851 (vgl. RottweilerAnzeiger Nr. 75 vom 27. Juni1851). Unerheblich ist dabei,dass nun nicht mehr eineFrau mit dieser Aufgabe be-traut ist, sondern ein Mann –ein „Leichensäger“. Mit die-ser „Berufsangabe“ empfahlsich auch schon 1839 inRottweil Schuhmacher Mat-thäus Hauser „dem Publikumzu diesem Geschäft“, weil ersich „hiezu ganz geeignet“fand „und jeden Auftragpünktlich erfüllen“ wollte (vgl.Rottweiler Anzeiger Nr. 54vom 5. Mai 1839 S. 234).1847 wurde allerdings mitder Witwe von SchneiderBraun eine „weitere Leichen-sägerin“ verpflichtet (vgl.Rottweiler Anzeiger Nr. 44vom 18. April 1847 S. 200).Bei gewöhnlichen Beerdi-gungen sollte der „Leichen-säger“ ab 1851 freilich nurnoch in Erscheinung treten,„wenn er verlangt wird“. Bei

Beerdigungen von Mittellosen war dieser Be-reich sogar in dem Sinn geregelt, dass für den„Leichensäger“ bereits gar keine Kosten mehrfestgesetzt wurden. Stattdessen hielt die Rats-schreiberei in der damals erlassenen Ordnungfest, die entsprechende Aufgabe müsse durchBewohner des Spitals „oder Verwandte desVerstorbenen geschehen“. Noch weiter gingman mit der „Bekanntmachung … der Leichen-kosten“ im Jahre 1872 (vgl. SchwarzwälderBürgerzeitung Nr. 12 vom 31, Januar 1872 S. 4).Hier ist nicht mehr die Rede von der „Leichen-sägerin“ oder dem „Leichensäger“, vielmehrwird „für das Leichensagen, wenn es verlangtwird, für je einen Tag“ beim Begräbnis einer er-wachsenen Person eine Gebühr von einemGulden festgesetzt. Die Aufgabe des Leichen-sägers oder der Leichensägerin ist also auf ihreFunktion reduziert, die noch weiter auf das Ver-langen im Einzelfall beschränkt wird. Ähnlichwie 1872 wurde es offenbar noch 1885 gehal-ten: Franz Hutter wollte im Februar dieses Jah-res „irrigen Gerüchten begegnen“ und empfahlsich in einspaltiger Zeitungsanzeige für das„Ansagen von Hochzeiten und Leichen wieähnlichen Geschäften“ (vgl. SBZ Nr. 17 vom 1.Februar 1885); Maler Hutter war um diese Zeitein stadtbekanntes Original, machte in derWeihnachtszeit aber auch regelmäßig seinKripple „leabig“ und verlieh zur Fasnet Narren-kleider.Das dürfte der Anfang vom Ende der „Leichen-sägerei“ in Rottweil gewesen sein: Schon langevor dieser Zeit erschienen zunächst sporadischund dann immer häufiger Todesanzeigen mitAngaben zur Beisetzung der jeweils Verstorbe-nen in der Zeitung und bald in den RottweilerZeitungen. Außerdem konnte man Verwandteoder Nahestehende schriftlich unterrichten, wiees bei uns im sozial gehobenen Milieu in Einzel-fällen nachweislich schon im 18. Jahrhundert

Blick auf das Grabmal Max von Duttenhofers (gestorben 1903) mit dem Ostteil des Rottweiler Stadtfriedhofes im Zustand von etwa 1910. Foto: Klussmann/Stadtarchiv Rottweil

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Womit sich die Rottweiler Öbstler einst beschäf-tigten und dass sie in der Reichsstadt sogar ein-mal eine eigene Zunft gebildet haben, ist selbstInteressierten nicht immer geläufig und auch inder Fachliteratur nicht ganz eindeutig geklärt.Auf jeden Fall geht man in der Rottweil-For-schung davon aus, dass die Öbstler oder„opsser“ wohl „seit den ersten Anfängen desZunftwesens“ am Ende des 13. Jahrhundertsdie zehnte Zunft der Reichsstadt bildeten (vgl.J. Leist, Reichsstadt Rottweil. Studien zurStadt- und Gerichtsverfassung bis zum Jahre1546. Rottweil 1962 S. 206 ff.). Bereits im Jahre1503 wurde die Öbstlerzunft zusammen mit derKrämer-Zunft und der elften, der „Neuen“ Zunft,abgeschafft (vgl. Leist, a. a. O. S. 207). Wäh-rend die Zunft der Krämer auf Weihnachten1505 jedoch neu eingerichtet wurde, wurdendie Neue Zunft und die „oppserzunfft“ bis zumEnde der Reichsstadtzeit nicht wieder ins Le-ben gerufen.

Frühe Nachrichten über die Öbstler

Die Obstlerzunft tritt schon im 14. Jahrhundertvoll organisiert in Erscheinung. In der Kapellen-kirche unterhielt die Zunft 1389 vor dem Marien-Altar „im Chor“ ein Licht, dessen Vermögens-verwaltung bei den Rottweiler Bürgern KonradHagg und Heinrich von Engstlatt als Lichtpfle-gern ihrer Zunft lag (vgl. RUB Nr. 542 S. 219, 2ff.). Vermutlich dieses Licht „der opsser“ wurdeauch noch 1441 wie die übrigen RottweilerZünfte von der Stadt besteuert (vgl. E. Mack,Das Rottweiler Steuerbuch von 1441. Tübingen1917 S. 150 Sp. 2). 1465 waren Bernhard vonNeckarburg und Konli Glasar Pfleger des Obst-lerzunftlichtes und kauften vom Rottweiler Bür-ger Konrad Blum vor dem Stadtgericht 10 Schil-linge Heller Zins, die von Haus, Hof und Gartendes Hans Henlis in der Au aufzubringen waren(vgl. RUB Nr. 1328 S. 590, 1 ff.). Gleich mehrereNamen von Mitgliedern der „oppser zunfft“ sindin der Rottweiler Not- und Feldordnung für etwa1442 festgehalten: Conrat Lutz, Hanns Rapolt,

Hug Kluck und Gabriel Hössler (vgl. RUB Nr.1053 S. 448, 9 ff.).Zu beantworten bleibt, was die Rottweiler Öbst-ler gearbeitet haben. Über Steinhauser hinaus-gehend stellt Jörg Leist an Hand des Roten Bu-ches fest, die Öbstler hätten nicht nur mit Dörr-obst gehandelt und Obstbau getrieben, son-dern seien auch mit dem örtlichen Verkauf vonSalz und Heringen beschäftigt gewesen (Leist,a. a. O. S. 207). Insgesamt solle man ihre Zunftam besten dem Typ der in süddeutschen Städ-ten verbreiteten Rebleute-Zünfte der Ackerbautreibenden Bevölkerung zuordnen, eben vordem Hintergrund, dass es in Rottweil mit demWeinbau bekanntlich nicht immer großartig be-stellt war.

Zum „Berufsbild“ der Öbstler

Seit 1503 gab es in Rottweil zwar keine Öbstler-Zunft mehr, wohl aber Öbstler. Was sie in derspäteren Reichsstadtzeit arbeiteten, ergibt sichzumindest teilweise aus der Rottweiler Zollord-nung von 1695 (vgl. H. Ruckgaber, Geschichteder Frei- und Reichsstadt Rottweil I. Rottweil1835 S. 206). Danach hatte jeder Öbstler für je-weils ein Saumross zwei Kreuzer Zoll zu bezah-len. Wenn ein Öbstler neben dem Obst nochWachs, Hanf, Honig, Käse und anderes ver-kaufte und einen Gulden oder 45 Kreuzer ein-nahm, war dies mit einem weiteren Kreuzergegenüber der Stadt Rottweil zu versteuern. Inder genannten Ordnung ist weiter zu lesen,dass die Öbstler in Rottweil Butter, Käse, Vögel,Hühner und Hasen zum Weiterverkauf erwor-ben haben.Damit ergibt sich jedenfalls für die Zeit nachdem Dreißigjährigen Krieg, dass die RottweilerÖbstler mit Tragtieren unterwegs waren und alsKleinhändler vor allem Obst und dazu andereLebensmittel in Rottweil und in der Umgebungder Stadt von Haus zu Haus verkauft haben.Dies dürfte näher in der Öbstler-Ordnung gere-gelt gewesen sein, welche 1743 im RottweilerRat verlesen und ratifiziert wurde (vgl. RPR

vom 4. Dezember 1743 p. 466). Wenn diesknapp vor Nikolaus und Weihnachten geschah,so könnte dies durchaus mit dem gerade in die-sen Tagen benötigten Dörrobst zu tun haben.

Eine Zunft wird aufgelöst

Die Zunft der Öbstler hatte damals schon langeaufgehört zu bestehen. Ihr Besitz wurde bereitszum Jahreswechsel am Thomas-Tag 1502 andie Vermögensverwaltung der Rottweiler Ka-pellenkirche übereignet (vgl. W. Hecht, Rottweilca. 1340-1529. Im Herbst des Spätmittelalters.Rottweil 2005 S. 126). Deren KirchenpflegerOswald Lutz und Melchior Trichtinger verpflich-teten sich, die kirchlichen Aktivitäten der aufge-lösten Zunft weiterzuführen und vor allem ihrLicht „uf dem ysenen leichter, der hangen sollvor dem Fronaltar“ mit einem Wachsstock undmehreren Kerzen zu unterhalten, wozu auchein Ölkrug aus Kupfer übergeben wurde. Gro-ßen Wert legten die Vertreter der Zunft darauf,dass in der Kapellenkirche immer am Montagvor Fronleichnam ein Jahrtag mit Vigil und Seel-amt für die Verstorbenen aus ihrer Gemein-schaft begangen würde. Dieser Jahrtag wurde1507 auf den Sonntag nach Fronleichnam ver-legt (vgl. StadtA Rw, Revision, Ordnung undRegistratur aller Brieve … unser frawen Capel-len … Rottweil 1588 (Ms.) f. 160 sqq.).Dabei ging immerhin ein Kapital von 191 PfundHeller an die Kapellenkirche, dazu eine „Briefla-de“, womit vermutlich die Zunftlade der Öbstlergemeint war, sowie acht „Kerzenstangen“. Diewürde man heute vermutlich als Zunftlaternenansprechen. Die Öbstler verlangten Ende 1502 diesbezüg-lich, dass „ihre“ Kerzenstangen an Himmelfahrtund Fronleichnam bei den Prozessionen auchkünftig mitgetragen würden. Diese „Kerzen-stangen“ sollten in Erinnerung an sie jeweils miteiner Traube gekennzeichnet werden, was na-he legt, dass man bei den Öbstlern tatsächlichin den Kategorien der „Rebleute-Zünfte“ ge-dacht und sich betätigt hat.

Die Rottweiler Öbstlervon Winfried Hecht

praktiziert wurde. Auf der anderen Seite ist hiervielleicht zu erwähnen, dass im Dezember1849 acht Rottweiler Männer einen Verein grün-den wollten, um für die Zukunft zu verhindern,dass „Leichname unserer verstorbenen Armen… nach Tübingen (in die Anatomie) abgeführtwerden“ (vgl. Rottweiler Anzeiger Nr. 145 vom7. Dezember 1849 S. 606).

Zum Friedhofskreuz auf dem Ruhe-Christi-Friedhof

Eine Zierde des Rottweiler Friedhofs bei RuheChristi ist auf seiner Mittelachse über einemkleinen Rondell ein mächtiges Kreuz. Es wurdedort in den Kriegsjahren 1914 bis 1917 vomRottweiler Bildhauer Karl Kuon errichtet (vgl.StadtA Rw, Hauptbuch 1914 der StadtpflegeRottweil S. 1081). Kuon machte dabei zunächsteinen Abguss vom eindrucksvollen Kreuz aufdem Hochaltar des Rottweiler Münsters und fer-tigte danach eine Kopie für den RottweilerFriedhof. Für seine Arbeit und das Aufstellender Figur fielen Kosten in Höhe von 1769,85Mark an.Dieses Kreuz stand schon damals in einer lan-

gen Tradition. Bereits 1786 berichtete nämlichein Vertreter von Rottweils reichsstädtischemBauamt vor dem Rat der Stadt, man habe „aufdem Kirchhof zur Pfarrkirche“ – also auf demheutigen Heilig-Kreuz-Platz südlich des Mün-sters – das dortige Holzkreuz wegen Baufällig-keit „umlegen“ müssen (vgl. RPR vom 26. Okto-ber 1786 p. 380 ff.). „In dem Herrgott“ an diesemKreuz habe man „in einem Trinkglas“ eineSchrift gefunden, wonach dieses Kreuz anno1625 von „gutthätern“ gestiftet wurde, die indem Schriftstück namentlich aufgezeichnet ge-wesen seien. Nach weiteren Schriftstücken imgenannten Glas muss das Kruzifix 1655 undnoch einmal 1761 erneuert worden sein – wie-der „durch zuthun einiger gutthäter“ und mit Mit-teln der Baukasse von Heilig Kreuz.1785 sollten sich die Renovierungskosten auf50 Gulden belaufen. Der Rat beschloss, nichtnur diesen Betrag zur Verfügung zu stellen,sondern die gefundenen Schriftstücke wieder indem Corpus des Gekreuzigten zu verwahrenund ihnen ein weiteres Dokument hinzuzufü-gen, auf welchem der damalige Magistrat auf-geführt sein sollte. Erhalten haben sich dieseDokumente anscheinend nicht.

Grabkreuze aus Schmiedeeisen waren aufRottweils Friedhöfen einst die Regel. EineAnzahl davon in beachtlicher Qualität ist auchheute noch auf dem Stadtfriedhof zu sehen.

Foto: Angela Hammer