s-0032-1327982

8
Einleitung ! Die operative Korrektur von Lidfehlstellungen ist ein wic hti ger Teil aspekt der okuloplastischen Chirurgie. Besondere Anforderungen werden in diesem Zusammenhang bei der Versorgung des Oberlidentropiums an den Operateur gestellt. Die Grün de hierfür liegen in der oft pro gnostis ch schlechten Pathogenese der Erkrankung und in der notwendigen Kenntnis der speziellen anato- mischen Strukturen des Oberlids in Beziehung zu ihr er Funktio n beg ründet . Die Alt erat ion der Augenoberfläche bedingt oft ein belastendes Be- schwerdebild, das ein zügiges, aber nicht voreili- ges Behandlungskonzept erfordert. Das erfol greich e Beha ndlun gsman ageme nt be- ginnt dabei nicht erst mit der Operation an sich. Vielmehr stehen am Beginn die gezielte Erhebung der Anamnese und die Klärung der Ätiopatho- genese bei einer Einwärtskehrung des Oberlids Zusammenfassung ! Das Oberlidentropium ist eine eher seltene Fehl- stellung des Augenlids mit Einwärtskehrung der äußeren Lidkante in Richtung Augenoberfläche (Bulb us). Es kann kongenital (durc h Malf ormatio n oder Hypop lasie des Tarsus, Hyperelastizitäts- Syndrome) oder häufiger erworben (traumatisch, nicht traumatisch: immunpathologisch, entzün- dungsbedingt oder als involutive Form) auftreten. Die Korrektur des Oberlidentropiums erfolgt chi- rurgisch. Dabei ist die Auswahl des Operations- verfa hrens abhän gig vom Aus gang sbefund und den Erfahrungen des Operateurs mit speziellen Operationstechniken. Dieser Beitrag gibt eine ak- tuelle Übersicht zu den häufigsten Behandlungs- strategien einschließlich konservativer und chi- rurgischer Maßnahmen. Über den transkutanen und intermarginalen Zugangsweg stehen sichere und bewährte Operationsverfahren zur Behand- lung einfacher und mittelschwerer Formen des Oberli dentro piums zur Verfü gung. Kombinierte Operat ionst echni ken mit tarso konj unktivalem Zugangsweg (Tarsusrotation, Tarsustransplantat und/oder autologer Schleimhauttransplantation usw.) könn en einge setzt werde n bei schweren komplexen Oberlidfehlstellungen mit ausgepräg- ter Narbenbildung, Verkürzung der hinteren Lid- lamelle und schweren Augenoberflächenerkran- kungen wie nach Verätzung. Abstract ! The upper lid entropi on is a rare eye lid malposi- tion in which the external lid margin turns in- ward against the ocular surface. It may be clas- sified as congenital (tarsal malformation, hypo- plasia of tarsus, eyelid hyperlaxity) but is more commonly an acquired condition (traumatic, im- munop atholo gical , inflammation, involutio nal forms). Surgery is the treatment of choice for cor- rection of upper lid entropion. Appropriate sur- gical techniques are available for the respective conditions. This article gives an overview of the most commonly used treatment strategies in- cludin g non-s urgica l and surgic al proced ures. Transcutaneous and intermarginal access routes have proven to be safe methods for minimal or moderate upper lid entropion. Combined surgical procedu res (e.g., rota tion of tarso conj unctiv a, posterior lamellar graft, everting sutures and au- tologous cultivated oral mucosal epithelial trans- plantation and so on) should be applied as treat- ment strategies for severe upper lid entropion with cicatricial chan ges in the tarsoc onj unctiv al layer, shortage of posterior lamella and severe oc- ular surface disease. Zur operat iven Thera pie des Oberlidentropiums  ausgewählte Aspekte Surgical Treatment of Upper Lid Entropion  Selected Aspects Autor  F. Tost Institut  Augenklinik der Universitätsmedizin KöR, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald Schlüsselwörter l " Lider l " plastische Chirurgie l " Trauma l " Orbita l " Entropium l " Trichiasis Key words l " lids l " plastic surgery l " trauma l " orbit l " entropion l " trichiasis eingereicht  8.10.2012 akzeptiert  25.10.2012 Bibliografie DOI  http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0032-1327982 Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 2835 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0023-2165 Korrespondenzadresse Prof. Dr. Frank H. W. Tost Ernst-Moritz-Arndt Universität Augenklinik der Universitäts- medizin KöR Ferdinand-Sauerbruch-Straße 17475 Greifswald Tel .: ++ 49/ 03834/865923 F ax: ++ 49/03834/865950 [email protected] 28 Tost F. Zur operativen Therapie  Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28 35 Übersicht    H   e   r   u   n    t   e   r   g   e    l   a    d   e   n   v   o   n   :    I    P      P   r   o   x   y    M   c    M   a   s    t   e   r    U   n    i   v   e   r   s    i    t   y  ,    C   o    l    l   e   c    t    i   o   n   s   a   n    d    T   e   c    h   n    i   c   a    l    S   e   r   v    i   c   e   s    D   e   p   a   r    t   m   e   n    t  .    U   r    h   e    b   e   r   r   e   c    h    t    l    i   c    h   g   e   s   c    h    ü    t   z    t  .

Upload: mohammed-farag

Post on 06-Mar-2016

28 views

Category:

Documents


0 download

DESCRIPTION

General information

TRANSCRIPT

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 1/8

Einleitung!

Die operative Korrektur von Lidfehlstellungen istein wichtiger Teilaspekt der okuloplastischenChirurgie. Besondere Anforderungen werden indiesem Zusammenhang bei der Versorgung desOberlidentropiums an den Operateur gestellt. DieGründe hierfür liegen in der oft prognostischschlechten Pathogenese der Erkrankung und in

der notwendigen Kenntnis der speziellen anato-

mischen Strukturen des Oberlids in Beziehung zuihrer Funktion begründet. Die Alteration derAugenoberfläche bedingt oft ein belastendes Be-schwerdebild, das ein zügiges, aber nicht voreili-ges Behandlungskonzept erfordert.Das erfolgreiche Behandlungsmanagement be-ginnt dabei nicht erst mit der Operation an sich.Vielmehr stehen am Beginn die gezielte Erhebungder Anamnese und die Klärung der Ätiopatho-

genese bei einer Einwärtskehrung des Oberlids

Zusammenfassung!

Das Oberlidentropium ist eine eher seltene Fehl-stellung des Augenlids mit Einwärtskehrung deräußeren Lidkante in Richtung Augenoberfläche(Bulbus). Es kann kongenital (durch Malformationoder Hypoplasie des Tarsus, Hyperelastizitäts-Syndrome) oder häufiger erworben (traumatisch,nicht traumatisch: immunpathologisch, entzün-dungsbedingt oder als involutive Form) auftreten.Die Korrektur des Oberlidentropiums erfolgt chi-rurgisch. Dabei ist die Auswahl des Operations-verfahrens abhängig vom Ausgangsbefund undden Erfahrungen des Operateurs mit speziellenOperationstechniken. Dieser Beitrag gibt eine ak-tuelle Übersicht zu den häufigsten Behandlungs-strategien einschließlich konservativer und chi-rurgischer Maßnahmen. Über den transkutanenund intermarginalen Zugangsweg stehen sichereund bewährte Operationsverfahren zur Behand-lung einfacher und mittelschwerer Formen desOberlidentropiums zur Verfügung. KombinierteOperationstechniken mit tarsokonjunktivalemZugangsweg (Tarsusrotation, Tarsustransplantatund/oder autologer Schleimhauttransplantationusw.) können eingesetzt werden bei schwerenkomplexen Oberlidfehlstellungen mit ausgepräg-ter Narbenbildung, Verkürzung der hinteren Lid-

lamelle und schweren Augenoberflächenerkran-kungen wie nach Verätzung.

Abstract!

The upper lid entropion is a rare eyelid malposi-tion in which the external lid margin turns in-ward against the ocular surface. It may be clas-sified as congenital (tarsal malformation, hypo-plasia of tarsus, eyelid hyperlaxity) but is morecommonly an acquired condition (traumatic, im-munopathological, inflammation, involutionalforms). Surgery is the treatment of choice for cor-rection of upper lid entropion. Appropriate sur-gical techniques are available for the respectiveconditions. This article gives an overview of themost commonly used treatment strategies in-cluding non-surgical and surgical procedures.Transcutaneous and intermarginal access routeshave proven to be safe methods for minimal ormoderate upper lid entropion. Combined surgicalprocedures (e.g., rotation of tarsoconjunctiva,posterior lamellar graft, everting sutures and au-tologous cultivated oral mucosal epithelial trans-plantation and so on) should be applied as treat-ment strategies for severe upper lid entropionwith cicatricial changes in the tarsoconjunctivallayer, shortage of posterior lamella and severe oc-ular surface disease.

Zur operativen Therapie des Oberlidentropiums –ausgewählte AspekteSurgical Treatment of Upper Lid Entropion  – Selected Aspects

Autor   F. Tost

Institut   Augenklinik der Universitätsmedizin KöR, Ernst-Moritz-Arndt Universität, Greifswald

Schlüsselwörterl" Liderl" plastische Chirurgiel" Traumal" Orbital" Entropiuml" Trichiasis

Key wordsl" lidsl" plastic surgery l" traumal" orbitl" entropionl" trichiasis

eingereicht   8.10.2012akzeptiert   25.10.2012

BibliografieDOI   http://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1327982Klin Monatsbl Augenheilkd2013; 230: 28–35 © GeorgThieme Verlag KG Stuttgart ·New York · ISSN 0023-2165

KorrespondenzadresseProf. Dr. Frank H. W. Tost Ernst-Moritz-Arndt UniversitätAugenklinik der Universitäts-medizin KöRFerdinand-Sauerbruch-Straße17475 GreifswaldTel.: ++ 49/03834/865923Fax: ++ 49/03834/[email protected]

28

Tost F. Zur operativen Therapie…   Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 2/8

mit Wimpernscheuern auf der Hornhaut (l" Abb.1a,b und 2a,b).Die Festlegung des Behandlungsmanagements muss alle wesent-lichen Kriterien u. a. Allgemeinzustand des Patienten, Opera-tionstauglichkeit, Patientenwunsch nach informeller Aufklärung,einschließlich des postoperativen Betreuungsprozesses umfassen(Übersicht 1).

Übersicht 1: Planung des Behandlungsmanagementsbeim Oberlidentropium!

Klinische Diagnostik des Oberlidentropiums1. Inspektion des Oberlids beim

" Blick geradeaus, nach oben und nach unten" Prüfung des aktiven Lidschlusses

2. Lidspaltenbreite und Höhe beim Blick geradeaus, Funktionali-tät des Lidbandapparats

3. Beurteilung der Deckfurche" Position, Vorhandensein, Nichtvorhandensein, Distanz zwi-

schen Deckfalte und äußerer Lidkante4. Inspektion der Braue

" Brauen-Tiefstand?" Beachtung der Rechts-/Linkssymmetrie

5. spaltlampenbiomikroskopische Beurteilung" der Lidkante: Wimpernreihe, Dist ichiasis, Trichiasis, Ausfüh-

rungsgänge der Meibom-Drüsen, Position der Tränenpunkte

Beurteilung der Tarsussituation, bspw. Ausschluss einer Tar-susschwäche

" der Bindehaut: vollständige Inspektion bis zur oberen undunteren Umschlagsfalte: Verkürzung, Narben

" Hornhautoberfläche: Epithelschäden6. Fotodokumentation7. ergänzende Maßnahmen:

" Funktionsprüfung des Tränenfilms, bspw. Schirmer-Test" diagnostische Biopsie der Oberlidhaut bei Verdacht auf ein

Hyperelastizitäts-Syndrom (Elastose, Elastolysis)" diagnostische Biopsie der Konjunktiva bei Verdacht auf eine

Immunopathie, z.B. okuläres Pemphigoid oder Pemphigus" Exophthalmometrie bei involutiven Enophthalmus

Übersicht 2: Zur Ätiologie des Oberlidentropiums!

Angeboren:" Tarsusmalformation" Tarsusschwäche" Hyperelastizitäts-Syndrome (Pseudoxanthoma elasticum, Eh-

lers-Danlos)

Erworben:" traumatisch

" Verätzungen

Abb.1 a  Einfaches idiopathisch-involutives Oberlidentropium. b   Ersterpostoperativer Tag nach Entropiumoperation modifiziert nach Ohashi mitzunächst deutlicher Stufenbildung zwischen vorderem und hinterem Lid-blatt.

Abb.2 a  Entzündungsbedingtes Entropium von Oberlid und Unterlidinfolge einer Chlamydieninfektion. b  Entzündungsbedingte Deformationund Verformung des Oberlidtarsus durch eine Chlamydieninfektion.

29

Tost F. Zur operativen Therapie…   Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 3/8

" Verbrennungen" Verletzungen" Voroperationen [1,2], beispielsweise Ptosischirurgie [3]

" nicht traumatisch" mit Schleimhautschrumpfung (Symblephera) okuläres Pem-

phigoid" Hauterkrankungen (Pemphigus, Rosazea, Steven-Johnson-

Syndrom)"

Entzündung (Blepharokonjunktivitis)" ohne Schleimhautschädigung" Tarsushypoplasie" Floppy-Eyelid-Syndrom" Elastolyse" Entzündung

" idiopathisch

Ätiopathogenese des idiopathischen OberlidentropiumsNach Miller-Hesse sind nachfolgende Faktoren ursächlich: Dehis-zenz der Levator-Aponeurose, horizontaler und vertikaler Verlustder Lidspannung, Atrophie der Tarsusplatte im Alter sowie eindamit einhergehendes Überhängen von M. orbicularis und Sep-tum orbitale [4]. Störungen der kollagenen und elastischen Fa-sern sowie Veränderungen in der extrazellulären Matrix begüns-tigen diese Vorgänge [5]. Die mikroanatomische Struktur undkomplexe Oberlidmotilität sind noch bei Weitem nicht in allenTeilaspekten verstanden, wie die jüngste anatomische Studievon Marcet et al. 2011 aufzeigt [6]. Die Autoren entwickelten einneues Konzept zur besseren Visualisierung der Oberlidretrakto-ren im anatomischen Modell.

Klassifikation des Oberlidentropiums" Narbenentropium (Narbenbildung, Verwachsungen der Binde-

haut oder hinteren Lidlamelle durch Trauma, Verätzung, Medi-kamentenreaktion, Immunopathie)

" involutives Entropium (Lockerung der Verbindung zwischenprätarsalen M. orbicularis und der hinteren Lidlamelle/Tarsus,horizontale Erschlaffung)

" akut spastisches Entropium (Augenoberflächenerkrankung/Entzündung, Infektion, Verletzung oder Operation)

" idiopathisches EntropiumIn Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Lidhalteapparatsund sichtbarer manifester pathologischer Veränderungen, z.B.Schrumpfung des inneren Lidblatts, ist das voraussichtlich besteoperative Verfahren auszuwählen. Das beste kurative Resultatwird nur erreicht werden können, wenn existente Entzündungenan den Lidern und der Augenoberfläche im Vorfeld adäquat diag-nostiziert und ggf. konsequent interdisziplinär systemisch oderlokal therapiert werden. Bis zur Wirksamkeit medikamentöser

Therapien können durchaus 4–6 Wochen vergehen. Bei manifes-ten Augenoberflächenproblemen bietet unter Umständen eineVerbandslinse ausreichenden intermittierenden Schutz, sodassbei entzündungsbedingten Oberlidentropium mitunter eine ope-rative Korrektur im weiteren Verlauf gar nicht mehr notwendigwird [7].

Vorbehandlung von Reizzuständen an Oberlidund AugenoberflächeBei aktiver Immunopathie sollte eine interdisziplinäre Entschei-dung – wie sie in fachübergreifenden Behandlungszentren bspw.im Rheumazentrum Greifswald einholbar ist  –  über Möglichkei-ten und Nebenwirkungen systemischer medikamentöser Thera-

pien angestrebt werden. Operationen in der aktiven Phase einerimmunologischen Grunderkrankung sind zu vermeiden!Der Augenarzt sollte zusätzlich über eine augenoberflächenpro-tektive lokale Behandlung bspw. mit Benetzungsmittel, Antisep-tikum, Antibiotikum oder Antiphlogistikum befinden.Benetzungsmittel können kurzzeitig dazu beitragen, das Fort-schreiten von Augenoberflächenstörungen zu verhindern. Pflas-terzüge, spezielle Tapes, sind am Oberlid zur Auswärtskehrung

schwieriger zu handhaben als am Unterlid. Sie sind jedoch bei Be-darf temporär mit Erfolg anwendbar wie gerade 2012 im Archiveof Ophthalmology [8] berichtet worden ist. Die mittlere Verweil-dauer des Pflasterzugs am Oberlid betrug bei den 50 fortlaufendin die prospektive Evaluierung eingeschlossenen Entropium-Pa-tienten 5 Tage. Subjektive Beschwerden wie Tränen, Fremdkör-pergefühl oder Juckreiz reduzierten sich nach Applikation desPflasterzugs statistisch signifikant (p = 0,008).

Zur operativen Therapie des OberlidentropiumsDie Behandlung der Wahl ist die operative Korrektur des Oberlid-entropiums unter Beachtung der Erkrankungsursache. Letztereist neben der personalisierten Erfahrung des Ophthalmochirur-gen entscheidend für die Rezidivprognose. Belege hierfür liefernverschiedene Studien der Versorgungsforschung zum trachom-bedingten Oberlidentropium. Die Zahl der Entropiumrezidiveließ sich bei dieser in anderen Ländern sehr häufigen und kom-plizierten Form des Oberlidentropiums reduzieren, wenn einestandardisierte operative Vorgehensweise gewählt wurde, diemit einer permanenten Korrektur der anatomischen Strukturenunter Berücksichtigung der Oberlidfunktion einherging [9,10].Die zahlreichen Operationstechniken sind dabei teilweise inKombinationsverfahren folgenden Grundprinzipien zuzuordnen:

Grundprinzipien der operativen Korrekturdes Oberlidentropiums" Elektroepilation (Nachteile: Gewebeschrumpfung, Wimpern-

verlust, Distorsion der Lidkante)" Kryotherapie (Nachteile: Lidödem, Wimpernverlust, Distor-

sion der Lidkante, Pigmentierungsstörung)" Oberlidhaut und Musculus-orbicularis-Exzision" horizontale Lidstraffung durch pentagonale Exzision" vertikale Verkürzung der Lidhaut" partielle oder durchgreifende Blepharotomie" Stellungskorrektur der Lidkante durch Tarsusknickung" Verlagerung des vorderen Lidblatts nach Dissektion der Lid-

blätter" Rekonstruktion oder Verlagerung der Lidkante mit/ohne

Transplantat (Wangenmukosa, harter Gaumen, azelluläre Der-mis, autologe Epithelzellen)

" einfache Exzision der äußeren Lidkante mit Zilien und Wim-pernboden, Abheilung in Laissez-faire-Technik

" Verlängerung oder Stabilisierung des hinteren Lidblatts mit/ohne Implantat, bspw. autologer Ohrknorpel, Sklera, Fascia lata

Operative Zugangswege beim Oberlidentropium" transkutan-anterior" intermarginal" tarsal (tarso-konjunktival) – posterior

30

Tost F. Zur operativen Therapie…   Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 4/8

Oberlidentropium   – ausgewählte Übersichtzum aktuellen Stand der Literatur!

Die Frequenz an Originalpublikationen in Fachzeitschriften zurTherapie ist vergleichsweise spärlich. Die elektronischen Daten-banken PubMed und Medline weisen unter dem Stichwort„Oberlidentropium“  nur 163 bzw. 23 Einträge aus, wovon sichder überwiegende Anteil der Beiträge auf kasuistische Verläufebezieht. Die Ergebnisse aus neueren retro- oder prospektiven kli-nischen Studien zur operativen Behandlung des Oberlidentro-piums wurden in l" Tab.1 zusammengestellt.

Behandlungsverfahren beim einfachenOberlidentropium!

Einzelne scheuernde Wimpern sind mittels Elektroepilation, La-

ser oder Kryotherapie behandelbar. Bei zahlreichen Zilien sindandere Methoden bei vergleichbarem Zeitaufwand und gerin-geren Nebeneffekten (vor allem Gewebeschrumpfung) vorzuzie-hen. Über ihre Erfahrungen mit der operativen Korrektur beimOber- und Unterlidentropium in Folge vernarbender Schleim-hauterkrankungen berichteten Bleyen und Dolman aktuell 2011im British Journal of Ophthalmology [11]. 126 Augen mit Trichia-sis und/oder Entropium, davon 77 Oberlider, behandelten sieoperativ mittels transverser Blepharotomie (nach Wies) und Lid-kantenrotation. Rezidivfreiheit, fehlende Trichiasis oder Ein-wärtskehrungdes Lides nach 6 Monaten sowie subjektive Patien-tenzufriedenheit wurden als Operationserfolg verstanden. Unterdiesen Kriterien erzielte man eine Erfolgsrate von 85%. Bei 14%

kam es zum Entropium-Rezidiv. Dieselbe Operationsprozedur

wurde bei knapp der Hälfte dieser Rezidive nochmals angewandtund ein zufriedenstellendes Resultat erreicht. Bei 10% der Opera-tionen traten Komplikationen auf: Entzündungen der Liddrüsen-ausführungsgänge am Oberlid (Chalazion, pyogenes Granulom).Teilweise wurden durch die Lidrandentzündung infolge der fort-laufenden Entzündungsreaktion die Traktionsnähte funktionslos.Eine systemische antibiotische Behandlung wurde erforderlich,was bei Patienten mit Stevens-Johnson-Syndrom eine nicht un-problematische Behandlungsmaßnahme sein kann. Über weitereKomplikationen dieser Operationstechnik, wie Unterkorrektur,Überkorrektur, Fistelbildung, konjunktivale Granulome, Augen-oberflächenirritationen, wurde nicht berichtet. Ursächlich lagden Oberlidentropien nachfolgende Erkrankungen zugrunde:okuläres Pemphigoid, Stevens-Johnson-Syndrom, Pemphiguusoder Anophthalmus. Geraume Zeit vorher berichteten andereAutorengruppen über differenziertere Resultate beim Einsatzdesselben Operationsverfahrens [12–14]. Millmann et al. gaben

die Erfolgsrate bei chronisch-entzündlicher Schleimhauterkran-kung (okuläres Pemphigoid u.ä.) mit 39 Prozent an [12]. BeimNarbenentropium des Oberlids lassen sich jedoch heute die Er-folgsraten (83%) steigern, wenn die verschiedenen operativenGrundkonzepte selektiv unter Beachtung der individuell vorlie-genden Oberlidmorphologie und Motilität Anwendung finden[15]. Ross et al. [15] wendeten bei 41 Patienten entweder die Ver-lagerung der vorderen Lidlamelle, die Tarsusrotation oder eineWiederherstellung des oberen Fornix mittels Wangenmukosaan. Das letztere Verfahren beim Vorliegen einer Verkürzung deroberen Umschlagsfalte. Bei distaler Vernarbung der Conjunctivatarsi oder einer Keratinisierung derselben wurde die Tarsusrota-tion bevorzugt. In allen anderen Behandlungssituationen wählte

Tab.1   Resultate retro- und prospektiver klinischer Studien zur operativen Behandlung des Oberlidentropiums. Wurde die Erfolgsrate anhand mehrerer Parame-ter ausgewiesen (bspw. prä- und postoperative Lidstellung, Sehschärfe, subjektive Symptomatik) ist in der Übersicht jeweils nur die geringste Erfolgsquote erfasst.

Autorenteam OP-Methode zur Behandlung

des Oberlidentropiums

Zahl der Patienten/

Operationen oder

Augen

Erfolgsrate durchschnittli-

cher Zeitraum der

Nachkontrollen

Fu,Liu, Tseng (2011)[24]   " Lidrandrekonstruktion mit Wangenmukosa 19/32 77 % 16 Monate

Ross et al.(2011)[15]   " intermarginaler Zugang, Spaltung und Rück-

lagerung des vorderen Lidblatts" tarsokonjunktivale Rotation" Fornixrekonstruktion mit Wangenmukosa

41/52 83% 14 Monate

Takedaet al.(2011)[21]   " autologes oralesSchleimhautepithel aus der Zell-

kulturund evertierendeTraktionsnähte

3/4 67% 30 Monate

Wuet al. (2010) [26]   " Exzision mit/ohne Schleimhautersatz 16/26* 90% 13 Monate

Kadyan, Barry,Murray (2010)

[23]

" Exzision aus demvorderen Lidblatt/Lidkante,

Wundheilungin Laissez faire

7/9 60% 26 Monate

Bleyen,Dolman (2009)[11]   " Tarsotomie nach Wies 89/126* 85% 67 Monate

Hintschich (1997)[18]   " transkutaner Zugangmit Ankernaht zwischenTar-

susvorderfläche und Hautsowie Lidkantenspaltung

22/35 97% 15 Monate

Kersten, Kleiner, Kulwin (1992)

[16]

" Tarsotomie 58/81* 94% 6 Monate

Millmann, Katzen, Putterman

(1989)[12]

" transverse Blepharotomie mit L idkantenrotation 98/152* 85 % 17 Monate

Kemp, Collin(1986)[17]   " intermarginaler Zugang, Spaltung und Rücklage-

rungdes vorderen Lidblatts, (additiv mitKeilexzision

ausdem Tarsus)" Trennung der Lidblätter, Deckung der Stufe mit

Schleimhauttransplantat" tarsokonjunktivale Rotation mit/ohne Ohrknorpel-

transplantat

107/183 91% 36 Monate

*auch Unterlid-Prozeduren enthalten

31

Tost F. Zur operativen Therapie…   Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 5/8

man die intermarginale Spaltung mit einer Rückverlagerung dervorderen Lidlamelle.Nach alleiniger Tarsotomie erreichten Kersten u. Mitarbeiter Er-folgsraten von 94% [16]. Bei geringem oder moderatem Narben-entropium kann die Rücklagerung des vorderen Lidblatts nachintermarginaler Abspaltung gute Erfolge erzielen [17,19]. Hint-schich erreichte bei Oberlidentropien mit leichter oder mäßigerAusprägung bei 95% Beschwerdefreiheit. Mit und ohne Lidkan-tenspaltung platzierte man nach lidrandparallelem HautschnittTraktionsnähte zwischen Tarsus (hinteres Lidblatt lidkantenfern)

und dem vorderen Lidblatt (lidkantennah). Die Nachbeobach-tungszeit betrug durchschnittlich 15 Monate. Vorbehandlungenwaren auch hier beim ausgewerteten Patientenklientel der ope-rativen Prozedur vorausgegangen: verschiedene Formen der Epi-lation (mechanisch, kryotherapeutisch, elektrisch, Laser) und di-verse Operationsverfahren [18].

Greifswalder Erfahrungen im Behandlungsmanagementdes OberlidentropiumsAus eigener klinischer Erfahrung lässt sich berichten, dass zwi-schen 2006 und 2010 4,1% der durch den Arbeitsbereich Okulo-plastische Chirurgie der Augenklinik der UniversitätsmedizinGreifswald behandelten Entropium-Patienten eine Fehlstellung

mit Einwärtskehrung des Oberlids aufwiesen. Der weit überwie-

gende Teil dieser Patienten mit einem Oberlidentropium wurdeüber den intermarginalen und transkutanen Zugangsweg ineiner modifizierten Operationstechnik versorgt, welche vonOhashi und Wagner beschrieben wurde [19,20]. Nach Dissektionder Lidblätter mit und ohne vertikale Verkürzung der Lidblätterwaren Re-Operationen selbst bei komplizierter Ausgangssitua-tion bspw. der Patientin (l" Abb.6a,b) nach extern vorangegan-gener Ptosis-Operation nicht notwendig. Allerdings befand sich

in unserem Patientenkollektiv auch keine Behandlungssituationmit extremer Verkürzung der oberen Umschlagsfalte, wie sienach schwerer Verätzungskrankheit und anderem zu beobachtenist [21]. Daher empfiehlt sich aus eigener Erfahrung, wie sie überden genannten Zeitraum hinaus auch weiter zurückreicht [20],die Spaltung der hinteren und vorderen Lidplatte mit Rücklage-rung der äußeren Lidkante mit Wimpernreihe. Sofern möglich,sollte die Conjunctiva tarsi vor zusätzlichen Vernarbungen ge-schont werden.Eine Mobilisierung des anterioren Lidblatts kann unterschiedlichumfangreich erfolgen (l" Abb.5a–c). Sie reicht von der geringen2 mm tiefen Spaltung bis zur kompletten Mobilisierung und Ver-lagerung. Im Ergebnis kann eine variabel große Stufenbildung re-sultieren, wobei eine Breite der Stufe von 2–3 mm im Allgemei-nen ausreichend ist. Die Lidkantenform normalisiert sich selbstbei kräftiger Stufenbildung in der postoperativen Phase wieder(l" Abb.7a–c). Letzteres gelingt bei Vermeidung einer postopera-tiven Infektion auch bei einem kräftigeren Übereffekt nach Repo-sition der anterioren Lidlamelle. Pfeiffer empfahl hier als Alterna-tive nach Rücklagerung der vorderen Lidlamelle im Bedarfsfalldie Abdeckung des offenen Areals mit einem Vollhauttransplan-tat [22]. Die bessere Wahl im Bedarfsfall sind jedoch unmittelbaran der Lidkante die verschiedenen Schleimhauttransplantat-optionen. Nach Meinung anderer Autoren, und das entsprichtauch den Greifswalder Erfahrungen, ist eine Abdeckung der ent-standenen Stufe nicht notwendig. Sie kann in Laissez-faire-Tech-nik durch Granulation bis zur vollständigen Abheilung gebrachtwerden [18, 23]. Es resultiert danach nicht nur ein funktionell gu-tes Resultat, sondern auch ein angemessenes kosmetisch-ästheti-sches Ergebnis. Die von Pfeiffer vorgeschlagene Variante dürftegerade bei schmalen hinterem Lidblatt und Tarsusverformungungünstig sein, da hier die verbliebene Lanugobehaarung oderdie keratinisierte Hautoberfläche leichter zu Irritationen an Bin-dehaut und Hornhaut führen können.Wenn notwendig wäre dem von Fu et al. in einer größeren retro-spektiven Studie evaluierten Operationsverfahren mit Transplan-tation der Mundschleimhaut zur Lidrandrekonstruktion beiOberlidentropium mit verkürztem hinterem Lidblatt der Vorzugzu geben [24]. Bei einer postoperativen Nachbeobachtungszeitvon über 16 Monaten werteten die Autoren die Daten von 22 Au-

gen aus. Die subjektiven Beschwerden (Tränen, Brennen,Schmerz, Fremdkörpergefühl, Blendung) konnten bei 77% redu-ziert werden. Störungen der Hornhautoberfläche bildeten sichebenso wie der konjunktivale Reizzustand (86%) zurück.

Behandlungsverfahren beim kompliziertenOberlidentropiumKadyan et al. evaluierten die Befunde von 7 Patienten mit Entro-pium bei okulärem Pemphigoid, darunter 3 Oberlidentropien[23]. Sie exzidierten die vordere Lidlamelle einschließlich der Zi-lien und warteten die spontane Granulation ab. Diese Methodesetzten wir wiederholt bei Patienten mit reduziertem Allgemein-zustand oder herabgesetzter Compliance ein, um auch die Zeit-

dauer der Operation kurz halten zu können (l" Abb.4a–d). Die

Abb.3 a  Schwere Contusio bulbi (Feuerwehrschlauch) mit durchgrei-fender Oberlidruptur, kontusionsbedingten flächenhaften Nekrosen amOberlid sowie schweren intraokularen Kontusionsfolgen. b   Ausbildungtraumatisch bedingter Ptosis und eines Narbenentropiums im weiterenVerlauf (derselbe Patient wie l" Abb.3a). c  Befund nach komplexer Ober-lidrekonstruktion (transkutane Tarsusrotation, freies Spalthauttransplan-

tat, Fadensuspension).

32

Tost F. Zur operativen Therapie…   Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 6/8

Abb.4 a  91-jährige multimorbide Patientin mit Oberlidentropium nasalbds. infolge eines okulären Pemphigoids, zusätzlich Basalzellkarzinom amNasenrücken. b  Verkürzte Umschlagsfalte, feine weißliche Narbenstränge inder Konjunktiva, dieselbe Patientin wie in  a.  c   Rücklagerung des vorderenLidblattes im nasalenDrittel, welches sich jedoch wenigeTage nach derOpe-

rationbereits wieder nach vorn schiebt, linkes Auge.Simultaneingriff: Tumor-resektion im Nasenbereich. d   Partielle Exzision des vorderen Lidblattes unterEinbeziehung der scheuernden Zilien am rechten Oberlid. Simultaneingriff:Defektdeckung nach vollständiger Tumorresektion und mikrografischer Di-agnostik.

Abb.5 a,b  Temporales, involutives Oberlidentro-pium bei Cutis laxa senilis rechts. c  Blepharochala-sis-Operation und Rücklagerung der vorderen Lid-lamelle inklusive Wimpernreihe, über „Sleeves“ ge-knüpfte Matratzennaht.

33

Tost F. Zur operativen Therapie…   Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 7/8

durchgeführten Prozeduren zeigten einen unkomplizierten Hei-lungsverlauf. Im Unterschied zur Teilexzision des vorderen Lid-blatts sollte eine Exzision des Tarsus der hinteren Lidlamelle nurextrem selten und zurückhaltend in begründeten Behandlungs-situationen erwogen werden.Der Einsatz von Interponaten (lyophilisierte Dura, Lippen-schleimhaut, Wangenmukosa, Amnionmembran, künstliche Der-mis) im Übergang zwischen vorderem und hinterem Lidblatt er-folgt bevorzugt bei kompliziertem Oberlidentropium [25,26].

Chen erreichte bei 80% (17 Patienten) mit Oberlidentropiumnach Verbrennung oder Verätzung unter Einsatz von azellulärerDermis eine erfolgreiche Korrektur [27]. Die azelluläre Dermiswurde nach Spaltung der Lidkante intermarginal mit fortlaufen-der 10 × 0 Nylonnaht adaptiert. Eine transkutane keilförmigeAusschneidung des Tarsus und Traktionsnähte zur Repositionder vorderen Lidlamelle ergänzten die Operationstechnik.Mukosatransplantate sind in der Rekonstruktion der krankhaften

Veränderung der Oberlidkante ein geeignetes Teilelement kom-plexerer Operationsverfahren.Besonders schwierig ist die Behandlungssituation bei Oberlid-fehlstellung und gleichzeitiger komplizierter Augenoberflächen-erkrankungen nach Trauma, Verätzung oder schwerer Verbren-nung mit Nekrosen (l" Abb.3a–c). Die Nebenwirkungen der Ver-ätzung verursachen durch eine Verkürzung des oberen Fornixinfolge Schrumpfung und der Verkürzung des hinteren Lidblattsim Vergleich zum vorderen Lidblatt eine ungünstige Ausgangs-situation. Erfolgversprechend scheint in derartigen Behand-lungssituationen mit schweren Oberflächenstörungen und aus-geprägter Symblepharonbildung die von Takeda et al. 2011 vor-geschlagene komplexe operative Vorgehensweise [21]. Die Ar-beitsgruppe berichtete über 3 Patienten nach Verätzung oderVerbrennung mit schwersten Augenoberflächenschäden undEntropiumstellung der Lider. Die Krankheitsverläufe konntenüber 2½ Jahre nachbeobachtet werden. In Abhängigkeit vomophthalmologischen Befund wurde die Rekonstruktion der Au-genoberfläche mit kultiviertem Wangenschleimhautepithel, Lö-sung der Symblephora und Korrektur des Oberlidentropiumsmit evertierenden Traktionsnähten kombiniert.Beim tarsokonjunktivalen Zugangsweg sind Komplikationen amhäufigsten zu erwarten und schwieriger zu behandeln. Gleich-wohl muss dieser Zugangsweg bei ausgeprägten Störungen deshinteren Lidblatts mit Tarsusdeformation und extremer Verkür-zung der oberen Umschlagsfalte dann mit einbezogen werden,wenn eine anatomische Korrektur der Fehlstellung auf anderemWege nicht erfolgreich sein kann. Bei tarsalem Zugangswegkommt es häufiger zu einer veränderten Apposition zwischenOberlid und Bulbus während der vielfältigen Bewegungseinstel-lungen des Sehorgans. Benetzungsprobleme können in diesemZusammenhang, z.B. nach Tarsotomie, zu zentralen Hornhaut-

Abb.6 a  Kompliziertes Oberlidentropium mit Hornhautkomplikationen,nach vorausgegangener Ptosis-Operation (extern, keine Angaben zur Me-thodik verfügbar), außerdem Brauentiefstand. b  Exzision von Oberlidhautund M. orbicularis, Stellungskorrektur durch Tarsusknickung.

Abb.7 a,b  Präoperativer Befund rechtes Augeund deutliche Stufenbildung zwischen vorderemund hinterem Lidblatt nach Oberlidentropiumope-ration (Ohashi) vor Abheilung im Laissez-faire-Ver-fahren. c  Derselbe Patient nach Abheilung in Lais-sez-faire-Technik bei vollkommener Beschwerde-

freiheit, zwischenzeitlich postoperativ nach Kata-rakt-Operation.

34

Tost F. Zur operativen Therapie…   Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht

7/21/2019 s-0032-1327982

http://slidepdf.com/reader/full/s-0032-1327982 8/8

dellen führen. Kwok and Tse hatten Erfolg bei der operativenNachbehandlung derartiger Komplikationen mit einem anterio-ren transkutanen Zugangsweg auf den Oberlidtarsus [28].

Fazit!

Die richtige Strategie in der Behandlung des Oberlidentropiums

wird vorrangig durch die individuelle Abklärung ätiopathoge-netischer Aspekte und aus den Erfahrungen des Operateurs mitden speziellen Operationstechniken bestimmt. UnbehandelteSchleimhauterkrankungen wie das okuläre Pemphigoid oderauch scheinbar blande Entzündungsreaktionen erfordern einekonservative medikamentöse Vorbehandlung. Sofern nicht eineVerformung des Oberlidtarsus oder die Verkürzung der oberenUmschlagsfalte die Auswahl des Operationsverfahrens dominie-ren, empfehlen sich Methoden, welche die Integrität der hinte-ren Lidlamelle respektieren und zur sicheren Schonung der Au-genoberfläche beitragen. Das vordere Lidblatt wird bei diesenOperationsverfahren unterschiedlich stark rückgelagert. Die re-sultierende Stufenbildung an der äußeren Lidkante nivelliertsich im Rahmen der Abheilungsreaktion.

Interessenkonflikt: Nein

Literatur1  Ho-Seok S, Kyung IW, Yoon-Duck K. Reverse modified Hughes proce-

dure for upper eyelid reconstruction. Ophthal Plast Reconstr Surg2010; 26: 155–160

2  Dollin M, Oestreicher JH. Adult-onset exposure keratitis after childhoodptosis repair with frontalis sling procedure. Can J Ophthalmol 2009;44: 412–416

3   Shafi FK, Mehta P, Ahluwalia HS. Upper lid entropion post ptosis correc-tion: is tarsal buckling the cause? Orbit 2012; 31: 246–248

4  Miller DG, Hesse RJ.   Involutional entropion of the upper lid. OphthalPlast Reconstr Surg 1990; 6: 16–20

5  Damasceno RW, Osaki MH, Dantas P et al.  Involutional ectropion andentropion: Clinicopathologic correlation between horizontal eyelidlaxity and eyelid extracellular matrix. Ophthal Plast Reconstr Surg2011; 27: 321–326

6   Marcet MM, Lemke BN, Greenwald MJ et al.  Eyelid eversion for visu-alisation of the upper eyelid lamellae: an anatomical cadaver study. Br J Ophthalmol 2011; 95: 1376–1378

7  Maycock NJR, Sahu DN, Mota PM et al.  Conservative management of upper eyelid entropion. J Pediatr Ophthalmol Strabismus 2008; 45:377–378

8  Camara JG, Chan MQ, Ruszkowski JM et al. Use of adhesive tapefor tem-porary managementof inturned upper eyelid eyelashes. Arch Ophthal-mol 2012; 130: 635–638

9  Buchan JC, Limburg H, Burton MJ.  Quality assurance in trichiasis sur-gery: a methodology. Br J Ophthalmol 2011; 95: 331–334

10  Gower EW, Merbs SL, Munoz BE et al.  Rates and risk factors for unfavor-able outcomes 6 weeks after trichiasis surgery. Invest Ophthalmol VisSci 2011 52: 2704–2711

11  Bleyen I, Dolman PJ.  The Wies procedure for management of trichiasisor cicatricial entropin of either upper or lower eyelids. Br J Ophthalmol

2009; 93: 1612–161512  Millman AL, Katzen LB, Putterman AM.  Cicatricial entropion: An analy-sis of its treatment with transverse blepharotomy and marginal rota-tion. Ophthalmic Surg 1989; 20: 575–579

13  Baylis HI, Cies WA, Kamin DF. Overcorrections of the Wies procedure.Ann Ophthalmol 1977; 9: 744–748

14  Cheung D, Sandramouli S. Consecutive ectropion after the Wies proce-dure. Ophthal Plast Reconstr Surg 2004; 20: 64–68

15  Ross A, Cannon PS, Selva D et al. Management of upper eyelid cicatricialentropion. Clin Experiment Ophthalmol 2011; 39: 526–536

16  Kersten RC, Kleiner FP, Kulwin DR. Tarsotomy for the treatment of cica-tricial entropion with trichiasis. Arch Ophthalmol 1992; 110: 714–717

17  Kemp EG, Collin JR.  Surgical management of upper lid entropion. Br J Ophthalmol 1986; 70: 575–579

18   Hintschich C.  „Reposition der vorderen Lidlamelle“ zur Korrektur desOberlidentropiums. Ophthalmologe 1997; 94: 436–440

19  Ohashi K. New Eye Surgery Text Book. Tokyo: Nankôdo; 195020  Wagner HJ. Zur chirurgischen Behandlung des Oberlidnarbenentropi-ums mit Trichiasis. Klin Monatsbl Augenheilkd 1962; 141: 409–415

21  Takeda K, Nakamura T, Inatomi T et al. Ocular surface reconstructionusing the combination of autologous cultivated oral mucosal epithelialtransplantation and eyelid surgery for severe ocular surface disease.Am J Ophthalmol 2011; 152: 195–201

22   Pfeiffer MJ.  Oberlidentropium: Chirurgische Therapie. Ophthalmo-Chirurgie 2008; 20: 264–270

23   Kadyan A, Barry R, Murray A. Anterior lamellar excision and laissez-faire healing for aberrant lashes in ocular cicatricial pemphigoid. Eye2010; 24: 990–993

24  Fu Y, Liu J, Tseng S. Oral mucosal graft to correct lid margin pathologicfeatures in cicatricial ocular surface diseases. Am J Ophthalmol 2011;152: 600–608

25  Swamy BN, Bener R, Taylor S. Cicatricial entropion repair with hard pal-

ate mucous membrane graft:surgical technique and outcomes.Clinicaland Experimental Ophthalmology 2008; 36: 348–352

26  Wu AY, Thakker MM, Wladis EJ et al. Eyelash resection procedurefor se-vere, recurrent, or segmental cicatricial entropion. Ophthal Plast Re-constr Surg 2010; 26: 112–116

27  Chen J, Wang Z, Gu J. Management of cicatricial entropion of the upperlid using acellular human dermal allograft. Journal Plast Reconstr Aes-thet Surg 2008; 61: 610–614

28  Kwok SK, Tse DT. Central corneal dellen. A complication of upper eyelidtarsotomy. Ophthal Plast Reconstr Surg 2000; 16: 237–240

35

Tost F Zur operativen Therapie Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 28–35

Übersicht