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Themen und Materialien Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! Acht Module für einen fächerübergreifenden Unterricht zum Problemfeld Doping

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Page 1: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

Themen und Materialien

SaubereLeistung? –

Grenzenakzeptieren!

Acht Module für einen fächerübergreifenden Unterrichtzum Problemfeld Doping

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2 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Impressum

Bonn 2012Themen und Materialien© Bundeszentrale für politische Bildung/bpb

Herausgeber

Bundesinstitut für Sportwissenschaft, BonnBundeszentrale für politische Bildung, BonnNationale Anti Doping Agentur Deutschland, BonnTranslating Doping, Berlin

Wissenschaftliche Gesamtleitung

Christoph Asmuth

Projektleitung

Hans-Georg Lambertz, bpb (verantwortlich)

Autorinnen und Autoren

Dirk Alpermann, Christoph Asmuth, Sabine Baumann, Anni Heitzmann, Katharina Herrmann, Corinna Hößle, KarinKrzatala, Thomas Loosli, Carl Müller-Platz, Dominic Müser,Thomas Retzmann, Michael Segets, Christian Schmidt, AntjeStache, Annika Steinmann, Hartmut Traub

Redaktion

Patrick Grüneberg

Visuelle Konzeption

cleevesmedia, Meckenheim

Druck

Bonifatius GmbH Druck – Buch – Verlag, Paderborn

Diese Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar. Für die inhaltlichenAussagen tragen die Autor/ -innen die Verantwortung.Für die Inhalte der in diesem Werk genannten Internet-Seiten sind allein deren Herausgeber/-innen verantwortlich,der Hinweis darauf und die Seiten selbst stellen keine Mei -nungs äußerung der Bundeszentrale für politische Bildung,der Auto r / -innen oder der Redaktion dar. Es kann auch kei-ne Gewähr für ihre Aktualität übernommen werden.Diese Veröffentlichung ist nach den Regeln der neuen Recht-schreibung gesetzt. Ausnahmen bilden Texte, bei denen künstlerische, philologische oder lizenzrechtliche Gründe einer Änderung entgegenstehen. Die Bundeszentrale für politische Bildung bemüht sich um eine geschlechtergerech-te Sprache. Wenn aus Quellen zitiert wurde, wurden die Origi-nalvorlagen ohne sprachliche Veränderungen wiedergege-ben.Wir bedanken uns bei allen Institutionen und Personen für die Abdruckerlaubnis. Wir haben uns bemüht, alle Copy right - Inhaber/-innen ausfindig zu machen und um Abdruckgeneh-migung zu bitten. Sollten wir eine Quelle nicht oder nichtvollständig angegeben haben, so bitten wir um Hinweise andie Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn.

Die Redaktion

Redaktionsschluss: Oktober 2012

Bestell-Nr.: 2.486 ISBN: 978-3-8389-7077-6

Titelillustration ©: Anne Gerß

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3Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Inhalt

Seite

Vorwort ..................................................................................................................................................................................................5

Modul 1aDoping – Sport und Leistung | Antje Stache/ Christoph Asmuth .....................................................................................7In einer auf den Sportunterricht zugeschnittenen Sachanalyse wird der grundlegende Begriff der Leis-tung in drei Bereichen aufgeschlüsselt: (1) in kulturtheoretischer Perspektive, (2) durch Betrachtungnicht kompetitiver Bewegungsformen, (3) bezüglich der Probleme, die durch die im Sport geregelte Un-gleichheit auftreten (Geschlechtszugehörigkeit, Behindertensport). Entsprechende Materialien dienendazu, einen kritischen Begriff der Leistung im Sport herauszuarbeiten.

Informationen für Lehrende..............................................................................................................................................................8

Materialien für Lernende (M) ..........................................................................................................................................................19

Modul 1bDopingprävention in der Schule – ein Baustein im Präventionskonzept der NADA | Dominic Müser ......31Ausgehend von rechtlichen und medizinischen Bestimmungen und dem Doping-Kontroll-System erläu-tert dieses Modul die daraus entstehenden Anforderungen sowie Rechte und Pflichten eines Kaderath-leten. Es vermittelt Basiswissen und einen praxisrelevanten Überblick über die Anti-Doping-Thematik.

Informationen für Lehrende ...........................................................................................................................................................32

Materialien für Lernende (M) .........................................................................................................................................................43

Modul 2aDoping – eine ethische Herausforderung | Corinna Hößle/Katharina Herrmann ..................................................51Im Rahmen eines Modells zur Förderung ethischer Urteilsfähigkeit werden die Bereich Verantwortungund Risiko im Umgang mit Dopingstoffen und Dopingmethoden thematisiert. Ziel ist es, das ethischeUrteil von Schülern in Bezug auf den Einsatz von Dopingmitteln zu fördern und ihnen die berührtenethischen Werte zu verdeutlichen sowie die Folgen herauszuarbeiten und zu reflektieren.

Informationen für Lehrende ...........................................................................................................................................................52

Materialien für Lernende (M) .........................................................................................................................................................61

Modul 2bDoping – biologische und chemische Zusammenhänge |Anni Heitzmann/Sabine Baumann/Thomas Loosli ................................................................................................................75Es werden wichtige Wirkstoffe und Methoden im Zusammenhang mit Doping und ihre Wirkung auf denmenschlichen Körper dargestellt. Dies schließt Verbindungen zur allgemeinen Suchtproblematik undKurz- wie Langzeitfolgen von Doping ein.

Informationen für Lehrende ...........................................................................................................................................................76

Materialien für Lernende (M) ..........................................................................................................................................................91

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4 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Inhalt

Modul 3aDoping und die Sinnstrukturen des Sports | Michael Segets .....................................................................................103In dem Modul wird aus sportfunktionaler Perspektive die Forderung nach Freigabe des Dopings disku-tiert. Dabei zeigt sich, dass die Dopingproblematik sportübergreifende ethische Fragen aufwirft. Diesenwird besonders im Hinblick auf die Selbst- und Fremdbestimmung sowie auf die Natürlichkeit des Men-schen nachgegangen.

Informationen für Lehrende ........................................................................................................................................................104

Materialien für Lernende (M) .......................................................................................................................................................115

Modul 3bSchön und gesund – Facetten des modernen Körperkults | Hartmut Traub/Dirk Alpermann ......................127Ausgehend von einem zunehmenden Körperkult (Körperstyling) und zwecks der Schärfung eines kriti-schen Körperbewusstseins stehen hier die Erörterung zentraler Erfahrungen und Fragehorizonte bezüg-lich der Identitätssuche, Chancen und Grenzen von Freiheit sowie des Gottesbezuges zentral.

Informationen für Lehrende .........................................................................................................................................................128

Materialien für Lernende (M1–M13) ........................................................................................................................................134

Modul 4aDie gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach Lösungen |Christian Schmidt ............................................................................................................................................................................149Anhand einer Konfliktanalyse wird die gesellschaftliche Auseinandersetzung um die Frage des Doping-einsatzes auf drei Ebenen einer Bestandsaufnahme, Möglichkeitserörterung und Urteilsphase analysiert.

Informationen für Lehrende .........................................................................................................................................................150

Materialien für Lernende ...............................................................................................................................................................157

Modul 4bDoping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung? |Thomas Retzmann/Karin Krzatala .............................................................................................................................................163Kann Doping im Spitzensport auch aus einer ökonomischen Perspektive betrachtet werden? Und wel-che ökonomischen Erklärungs- und Lösungsansätze lassen sich herausarbeiten? Unter Rückgriff auf u. a.das ökonomische Verhaltensmodell, die Spieltheorie und den Superstareffekt wird der ökonomischenDimension des Dopings im Spitzensport nachgegangen.

Informationen für Lehrende .........................................................................................................................................................164

Materialien für Lernende ...............................................................................................................................................................175

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention |Carl Müller-Platz ..............................................................................................................................................................................189Zusatzangebote auf der beiliegenden CD: Projektwoche Körperkult |Annika Steinmann ..........................................................................................................................................................................196Die Autorinnen und Autoren ....................................................................................................................................................197

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5Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Vorwort

Das Doping-Problem greift weit über die spezielleSportsphäre hinaus. Beim Doping kommen zahlrei-che Probleme zusammen und verdichten sich. Do-ping ist wie ein Kristallisationspunkt, an dem sichverschiedenste Interessen- und Problemlagen tref-fen. Gleichzeitig ist die große Bühne des Sports einFeld, das der Dramatisierung und Inszenierung Vor-schub leistet. Doping trifft deshalb den Nerv. Dies istnicht der Nerv des Sports allein, sondern der neural-gische Punkt eines ganzen Geflechts unterschied-licher Interessen. In der Wissenschafts- und Bildungs-landschaft beschäftigen sich ganz verschiedene Dis-ziplinen und Fächer mit dem Doping-Problem. Abernicht nur in der Wissenschaft und den Medien ist dasThema präsent, auch die konkrete Doping-Präven-tion ist ein wichtiges Anliegen. Und auch in diesemFeld geht das Anliegen über den speziellen Bereichdes Sports hinaus, sobald man berücksichtigt, dassdas Doping in den Bereich der Pharmakologisierungder Gesellschaft gehört.

„Translating Doping – Doping übersetzen“, einvom Bundesministerium für Bildung und Forschunggefördertes Forschungsprojekt zur Übersetzungs-funktion der Geisteswissenschaften gab den Anstoßfür die vorliegende Publikation.

Durch die Anwendung spezifisch geisteswissen-schaftlicher Übersetzungskompetenzen, insbeson-dere der Philosophie, Pädagogik, Geschichte undSoziologie, wurden zentrale naturwissenschaftlicheWissensbestände zum Doping in ein gesellschaftlichrelevantes, abfragbares und verwertbares Wissentransformiert. Die Paradoxien, die mit der aktuellenDopingdiskussion verbunden sind, konnten durchvielseitige Übersetzungen in geisteswissenschaftli-che Zusammenhänge transparent gemacht werden.Aufgabe war es, eine zielgruppenspezifische Aufbe-reitung der Forschungsresultate für Sportler, Politi-ker, Medien, Lehrer/Schüler und Studenten sowie dieinteressierte Öffentlichkeit. Die Wissensvermittlung(Transformation) erfolgte mittels verschiedener Pu-blikationen: Aufsätze bzw. Anthologien zur Darstel-lung der Forschungsresultate, Informationsmateria-lien in Form von Büchern, Lehr- und Lernmaterialienund auf elektronischem Wege durch ein Internetpor-tal mit grundlegenden sowie zielgruppenspezifi-schen Dossiers (vgl. www.translating-doping.de).

Die Zielgruppen des Projektes haben verschiede-ne Anforderungen an eine Übertragung der For-schungsergebnisse. Während Politiker, Journalistenund Wissenschaftler mit dem Format eines (populär-)wissenschaftlichen Aufsatzes oder Essays vor allemüber das Internetportal sowie auch über die Buch-publikationen erreicht werden können, fragten ins-besondere Lehrer und Schüler nach einer spezifi-schen, d.h. für die didaktische Vermittlung geeigne-ten, Aufbereitung der Projektinhalte zum Thema„Doping“. Die transdisziplinäre Struktur von Transla-ting Doping ist auf eine solche Aufbereitung explizitausgerichtet und orientierte sich damit auch an denAnforderungen eines fach- und fächerübergreifen-den bzw. fächerverbindenden Unterrichts. Ein we-sentliches Ziel der abschließenden ProjektphaseÜbertragung bestand darin, eine umfassende fach-und fächerübergreifende Sammlung von Materialienmit didaktischen Hinweisen für Unterricht und Schu-lung zum Thema Doping zu entwickeln.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die vorlie-genden Unterrichtsmaterialien erarbeitet. Der vorlie-gende Band in der BPB-Reihe Themen und Unter-richtsmaterialien (TUM), gemeinsam herausgegebendurch die BPB, das BISP (Bundesinstitut für Sportwis-senschaft), die NADA (Nationale Anti-Doping Agen-tur sowie Translating Doping vermittelt das Projekt-anliegen in den didaktischen Kontext der Schule.Insbesondere die didaktische Aufbereitung der viel-schichtigen Dopingthematik war nur unter großemEngagement der jeweiligen Fachdidaktiker möglich.Durch deren Bereitschaft, der jeweils fachspezifi-schen Herangehensweise im Rahmen der umfassen-den Frage nach Doping zu folgen, konnten – ganzim Sinne von Translating Doping – komplementärePerspektiven eröffnet werden. Das Format der Reiheentspricht damit den Anforderungen eines umfas-senden Impacts. Zudem sind die TUM leicht zugäng-lich, preiswert und weit verbreitet. Die fruchtbareKooperation mit der NADA, dem Kompetenzzen-trum für die Dopingbekämpfung und Dopingprä-vention in Deutschland (siehe auch www.gemein-sam-gegen-doping.de) und dem BISP hat sich dabeizu einem sehr günstigen Zeitpunkt ergeben, weilbeide Institutionen großes Interesse an Materialienfür Lehrer und Schüler sowie an der Schulung vonKaderathleten haben. Darüber hinaus konnte dieBPB mit dieser Kooperation eine ihrer Kernaufgaben

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6 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Vorwort

in Bezug auf ein für Schüler höchst relevantes The-ma erfüllen.

Der vorliegende TUM Band intendiert die Her-stellung von Unterrichtsmaterialien für Lehrer undSchüler, und zwar nicht aus einer fachspezifischenPerspektive allein, sondern als ein Projekt fachüber-greifenden oder fächerübergreifenden bzw. fächer-verbindenden Unterrichts. Wir lassen uns von derVorstellung leiten, dass komplexe Probleme, die ih-ren Ursprung in einer ebenso komplexen Gesell-schaft haben, sich nicht mehr allein durch Spezial-wissen lösen lassen. Vielmehr erfordert die gegen-wärtige Situation vernetztes Wissen und Menschen,die Kompetenzen erworben haben, um an einer dy-namischen Wissensgesellschaft zu partizipieren. ImHintergrund steht dabei auch die Vorstellung, dassdie Anforderungen des Berufs- und Wirtschaftsle-bens zugleich ein lebenslanges Lernen erfordern. Esgeht uns darum, alle paternalistischen oder moralis-tischen Implikationen zu vermeiden; vielmehr sollenSchüler in die Lage versetzt werden, eine eigenstän-dige und damit nachhaltige Auffassung zu entwi-ckeln. Um die Vielschichtigkeit und Komplexität derBezüge eines jeden Faches und der Fächer unterein-ander abzubilden, werden die für die Dopingthema-tik besonders relevanten Fächer Sport, Biologie,Philosophie/Ethik, Religion und Sozial- und Wirt-schaftswissenschaften in einzelnen Modulen durchausgewiesene Experten, die einen jeweils aktuellenfachdidaktischen und inhaltlichen Stand der For-schung garantieren, abgehandelt und didaktischaufbereitet. Somit werden die Schwerpunkte Leis-tung und Kontrolle (Sport), biologische Manipula-tion (Biologie), ethische Urteilsfindung (Ethik/Bioe-

thik), Selbst- und Weltbild (Religion), die gesell-schaftliche sowie ökonomische Relevanz (Sozialwis-senschaften) in ihrem transdisziplinären bzw. fächer-übergreifenden Zusammenhang abgebildet und zu-gänglich gemacht. Jedes Modul enthält nebenparallelen Themen (wie Gendoping) auch didakti-sche Hinweise und einige Anregungen für konkreteAnknüpfungspunkte zu den anderen Modulen.Durch diese fächerübergreifende Verständigungwird das didaktisch wesentliche Ziel erreicht, dieSchüler zu einer reflektierten Bewertung der Do-pingthematik zu befähigen und zu motivieren.

Mit der vorliegenden Publikation in der Reihe„Themen und Materialien“ der Bundeszentrale fürpolitische Bildung stellen wir eine Materialsamm-lung zur Verfügung, die Lehrenden Anregungen undHilfen für den Unterricht bietet und es ihnen erlaubt,fächerübergreifend und unter verschiedenen Blick-winkeln Zugänge zum Thema zu schaffen und Ler-nende unterschiedlichster Art dazu animiert, sich in-tensiv mit dem Problemfeld Doping auseinanderzu-setzen.

Wir danken allen Beteiligten herzlich für ihre Mitarbeit, ohne deren Engagement und Kompetenzdiese Publikation nicht möglich gewesen wäre.

Prof. Dr. Christoph Asmuth Translating Doping

Hans-Georg Lambertz Bundeszentrale für politische Bildung/bpb

Dominic Müser Nationale Anti Doping Agentur/NADA

Dr. Carl Müller-Platz Bundesinstitut für Sportwissenschaft

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7Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Doping – Sport und Leistung

Antje Stache / Christoph Asmuth

Modul 1a

Foto: Matthijs Rouw / fotomatthijs.nl

Informationen für Lehrende .........................................................................................................................................................8Einleitung ...............................................................................................................................................................................................8Weiterführende Literatur ................................................................................................................................................................16Didaktische und methodische Hinweise ...................................................................................................................................17

Materialien für Lernende (M) .....................................................................................................................................................19M1 – Leistung: Kulturelle Grundlagen (M1.1–M1.6) ............................................................................................................19M2 – Parkour (M2.1–M2.4) ............................................................................................................................................................23M3 – Geregelte Ungleichheit(M3.1–M3.5) ..............................................................................................................................26

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8 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Einleitung

Doping ist zunächst und zumeist ein Problem desLeistungs- und Hochleistungssports. Die Anerken-nung von Leistung und die Bereitschaft zur Leis-tungserbringung sind ein wesentlicher Bestandteildes Sports. Sie bilden eine Brücke zu gesellschaft-lichen Entwicklungen, die unter dem Stichwort„Leistungsgesellschaft“ zusammengefasst werdenkönnen. Dabei spielen Leistungssteigerung undLeistungsoptimierung eine entscheidende Rolle. Wiebeim gesellschaftlichen Rahmen ist es aber auchbeim Sport gar nicht leicht auszuloten, was unterLeistung genau zu verstehen ist, welche Formen vonLeistung es gibt und unter welchen anderen Krite-rien sportliche Ereignisse und körperliche Bewegungsonst zu fassen wären. Fraglich bleibt deshalb auch,wie sich das Doping in das System sportlicher Akti-vitäten einordnen lässt. Unter „Doping“ sind verbo-tene Formen der Leistungssteigerung zu verstehen.Damit ist Doping ursächlich und unmittelbar an dieLeistungsanforderungen im Sport gekoppelt.

Sport und Leistung bilden ein schwieriges Wech-selverhältnis. Einerseits lässt sich Sport kaum begrei-fen, ohne dass dabei auf den Leistungsbegriff Bezuggenommen wird. Andererseits können beim fakti-schen Sporttreiben einzelner Personen ganz andere

Gesichtspunkte im Vordergrund stehen, etwa Spaßund Freude an der körperlichen Bewegung und amSpiel. Zusätzlich wird dieses Verhältnis seit der Kom-merzialisierung des Sports durch einen weiteren Begriff und dessen Gravitationslinien beeinflusst,nämlich durch den der Arbeit und der Wirtschaft.Insbesondere in der Kombination von Sport, Profes-sionalisierung und Wirtschaftsgut verliert der Leis-tungsbegriff seine anfängliche Unschuld. Dement-sprechend lassen sich drei grundsätzliche Ebenenfür Definition, Bewertung und Umfang des Leis-tungsbegriffs festhalten: Leistung im Kontext sport-licher Kriterien, Leistung im Spiegel von motivatio-nalen Sinnhorizonten einzelner Sportler, Leistung imKontext von Sport als Arbeit und Wirtschaftsgut.

Die Leistungsanforderungen sind – je nachSportart – unterschiedlich ausgerichtet und könnendurch verschiedene Kriterien bewertet werden. Da-bei wird nicht die sportliche Handlung als ganze be-wertet, sondern die Leistung wird an einem be-stimmten Aspekt der Handlung festgemacht, der zu-nächst isoliert betrachtet werden muss. Beim100m-Lauf beispielsweise wird nicht die Eleganz derBewegungen oder die Anzahl der Schritte bewertet,sondern allein die Zeit, die für die 100m-Distanz be-nötigt wird. Von Dietrich Kurz stammt folgende Ein-teilung:

Doping – Sport und LeistungInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Bewegungenmöglichst

schnell durchführen

Möglichst große Weitenoder Höhen

erreichen (entweder derSportler selbstoder ein Gerät)

Möglichst viele Punkte,Tore erzielen

Komplexe Bewegungs-formen mög-lichst perfekt(ästhetisch,schwierig,

korrekt) durchführen

Zwei Parteienversuchen ge-

gen den Wider-stand der je-

weils andereneine definierteEndposition zu

erreichen

Durch eine definierte

Bewegung soll eine möglichstgroße Last ineine Endposi-tion bewegt

werden

Zeit-

minimierung

Distanz-

maximierung

Treffer-

maximierung

Gestalt-

optimierung

Positions-

erzwingung

Last-

maximierung

100m-Lauf,

Motorsport

Kugelstoßen,

Weitsprung

Fußball,

Fechten

Turmspringen,

EiskunstlaufRingen Gewichtheben

Nach: Kurz, Dietrich (1990), S. 89f.

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9Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Diese Leistungsformen im Sport werden durchdas Prinzip des Wettbewerbs regiert. Das gesamteKonstrukt von Handlungen im Sport ist am „Sieg/Niederlage-Code“ ausgerichtet. (vgl. Bette [1984],[1990]; Schimank [1988]) Diese systemtheoretisch in-spirierten Überlegungen zum Leistungsbegriff imSport können auch direkt in die Dichotomie „Leis-tung/Nicht-Leistung“ transformiert werden (vgl.Stichweh 1990], so dass vor allem im Spitzensportdie Leistung als das einzige Kriterium des gelunge-nen Wettkampfes gilt. Die systemtheoretische Be-trachtung des Sports konstituiert ein singuläres Feld,das durch Wettkampf und Leistungskriterien be-stimmt ist. Völlig unabhängig davon, welche Motiveund Sinnzuschreibungen die einzelnen Protagonis-ten und Agenten im Sportsystem haben, regelt al-lein der „Sieg/Niederlage-Code“ die im Sportsysteminkludierten Prozesse. Damit ist zugleich ein Über-bietungsprinzip beschrieben (Körner [2012]). Diessetzt unterdessen voraus, dass es unterschiedliche,den verschiedenen Leistungsformen entsprechendeStrategien gibt, wie die Leistungskriterien objekti-viert, präzisiert und präsentiert werden können. ImGroßen und Ganzen geht es bei der Leistungserfas-sung um Angaben in Zentimeter, Gramm und Se-kunde sowie um Punkte und Tore.

Richtet man den Blick indes auf die verschiede-nen Formen, in denen körperliche Bewegungen aufSinnhorizonte hin entworfen werden, stellt man fest,dass Leistung nicht die einzige Perspektive ist, unterder sich diese vielfältigen Aktivitäten betrachten las-sen. Unter einer soziologischen Perspektive ist Leis-tung nur ein möglicher Aspekt, vor allem dann,wenn man die motivationale Ebene berücksichtigt.Kurz (1990) spricht von verschiedenen Sinnrichtun-gen sportlicher Bewegung, wobei er auf essenzielleErwartungshaltungen der sporttreibenden Personenabhebt. Dabei beruft er sich auf empirische Untersu-chungen, welche die Motive des Sporttreibens er-fragt haben. Natürlich sind diese Motive nicht exklu-siv. In vielen Fällen überschneiden sich die Motivla-

gen oder ergänzen sich. Ohne Zweifel ist aber dieKategorie der Leistung zentral für die Erklärungsportlicher Bewegung, insbesondere im Leistungs-und Hochleistungssport.

Diese Überlegungen machen klar, dass es zahlrei-che sportliche Bewegungsformen gibt, die – aus derPerspektive der Sporttreibenden – ganz unter-schiedlich in soziale und kulturelle Zusammenhängeeingebettet sind. Sie bilden – aus dieser Perspektive– kein einheitliches System, das einem binären Codeunterworfen wäre. Hier ist zu beobachten, dass be-stimmte Formen der Bewegungskultur explizit ausdem Leistungsschema ausbrechen. Die Vertreterund Multiplikatoren solcher Bewegungskulturen tre-ten gelegentlich selbst mit programmatischen For-mulierungen auf, in denen sie ihre Bewegungsformals Gegenentwurf zum traditionellen Sportsystemvorstellen. Auch diese Bewegungskulturen werdenhäufig als ‚Sport‘ bezeichnet, obwohl sie – vielfachausdrücklich und bewusst – auf den Wettbewerbs -charakter herkömmlicher Sportarten verzichten undan dessen Stelle auf Spaß und Freude an der Bewe-gung und auf Lustgewinn durch die Bewegung set-zen.

Ein noch anderes Register wird gezogen, wennLeistung unter den Vorzeichen der Professionalisie-rung des Sports betrachtet wird, kurz: wenn sportli-che Leistung zur Arbeit wird. Hier knüpften bereitssehr früh jene durch die Kritische Theorie inspirier-ten Entwürfe an, die neben der bekannten These,Sport werde zur Kompensation eines kapitalisti-schen Arbeitsalltags instrumentalisiert, auch die Ansicht vertraten, speziell der Leistungssport sei ei-ne Form der Repression. Von außen vorgegebeneLeistungsnormen und Leistungserwartungen be-schränkten in radikaler Weise die Selbstentfaltungs-möglichkeiten des Individuums (vgl. Rigauer [1969]).Dem entspricht die Gegenthese von Hans Lenk, dergegen eine Ideologisierung des Sports und für einepositive Leistungskultur streitet (Lenk [1985]). Jün-gere Arbeiten akzentuieren demgegenüber stärker

Doping – Sport und LeistungInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Leistung,

Selbst-

bewährung

Ausdruck,

Ästhetik,

Darstellung

Eindruck,

Sensation,

Freude, Spaß

Gesundheit,

Kom -

pen sation,

Fitness

Geselligkeit,

Kommu -

ni kation

Spiel,

Abenteuer,

Risiko

Sinnrichtungen sportlicher Bewegung nach: Kurz, Dietrich (1990), S. 88–100

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10 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

den medialen Aspekt. Dabei weicht das Verhältnisvon Kritik und Gegenkritik mit seinen humanistischaufklärerischen Interessen der zurückhaltenden zeit-diagnostischen Beschreibung, die sich aller vorder-gründigen Parteinahme enthält. Der Sport wird nunals Inszenierung betrachtet, als eine Ereignisform, inder Eros und Tod in gesellschaftlich domestizierterForm aufgeführt werden. Sport wird zum Spektakelund zum Show-Sport mit gewaltiger gesellschaft-licher Tiefenwirkung (vgl. Gebauer/Hortleder [1986]).Hinzu treten Untersuchungen aus wirtschaftswissen-schaftlicher Sicht, die den Prozess der Professionali-sierung des Sports völlig ohne normativen Kontextbetrachten. Leistung und Leistungssteigerung sindin dieser Sicht Voraussetzung für ein attraktives undhinreichend knappes Wirtschaftsgut, das entspre-chend nachgefragt werden kann und für das einPreis gezahlt wird (Daumann [2011]).

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Leis-tungskriterien zwar für den klassischen Sport imMittelpunkt stehen, aber keineswegs durchgängigfür alle Sportformen ausschlaggebend sind. Die De-finition des Sports durch Wettkampf und Leistungzeigt sich als zu kurz gegriffen. Man denke etwa andie sportliche Bewegung im Alter, bei der gesund-heitliche und soziale Kriterien für die Sporttreiben-den weit vor der Leistungserbringung eine entschei-dende Rolle spielen. Es ist daher davon auszugehen,dass die Kriterien einer Bewertung und Beurteilungdes sportlichen Geschehens von den Zwecksetzun-gen auszugehen müssen, die mit der jeweiligen kör-perlichen Bewegung verbunden sind. Diese Zweckekönnen von Einzelnen, Gruppen oder Verbänden aneine Sportart herangetragen werden. Die Kranken-kassen etwa fördern bestimmte Sportarten, weil siesich davon eine positive Beeinflussung des Gesund-heitszustands bei ihren Versicherten versprechen.Bei dieser Sportform überwiegt der Gesundheitsas-pekt. Zwar können beim Gesundheitssport durchaus„Spiele“ mit Wettkampfcharakter stattfinden, aberdiese Spiele sind auf mehrere Kriterien hin orientiert.Das Gewinnen im Wettkampf ist hier vielleicht fürdas Spiel und die Motivation der Akteure wichtig,aber nicht das alleinige Ziel und der einzige Zweck.

In diesen Zwecksetzungen tritt der Sport als einambivalentes Phänomen der Moderne heraus. Er istcharakterisiert durch zwei entgegengesetzte Ten-denzen: Sport als Spiel und Sport als Arbeit (Asmuth

[2012]). Beide Charakterisierungen haben ihre Wur-zeln in der Aufklärung. Grundlegend sind die Philo-sophen des 17. Jahrhunderts, vor allem Descartes,der die bahnbrechende Idee eines mechanistischenWeltbildes auch auf den menschlichen Körper an-wandte (König [1989]). Dort findet man nicht nurdas Forschungsmodell einer Mechanik des Körpers,sondern auch die Idee seiner kontinuierlichen Ver-besserung. Diese Vorstellung setzt sich fort bis hinzur Diskussion um die Leistungssteigerung durchEnhancement-Technologien und Doping (Asmuth/Bisol/Grüneberg [2010]). In einer sachlichen Opposi-tion steht dazu die Idee des Spiels, ebenfalls eineIdee der Aufklärung. Friedrich Schiller beispielsweisehebt in seinen Briefen „Über die ästhetische Erzie-hung des Menschen“ die Bedeutung des Spielens fürden Menschen hervor. Ähnlich äußern sich der Phil-anthrop Peter Villaume und der Pädagoge JohannChristoph Friedrich GutsMuths. Eine ganze Genera-tion spricht sich gegen die Spezialisierung, Mechani-sierung und Maschinisierung des Lebens aus. Dabeiwird der Spielbegriff mit dem Begriff der Ganzheit-lichkeit verbunden. Es bildet sich bereits in der Spät-aufklärung eine Frontstellung gegen die entfrem-dende Arbeit, die den Menschen und seine Fähigkei-ten partikularisiert. Charakteristisch für die späterePosition Johan Huizingas ist, dass er seinen Begriffhomo ludens mit biologischen Attributen besetztund damit anthropologisch unterfüttert. Die Bedeu-tung des Spiels gewinnt für ihn besondere Tiefe,weil es den Menschen mit dem Tier verbindet unddeshalb vor aller Kultur anzusiedeln ist, gleichwohlaber kulturerzeugende Potenz besitzt (Huizinga[1938]). Bei Roger Caillois wird – in phänomenolo-gisch-anthropologischer Perspektive – das Spiel alstriebgesteuerte menschliche Aktivität aufgefasst.(Caillois [1958]) und in vier Kategorien eingeteilt:Wettkampf (agon), Glücksspiel (alea), Maskierung(mimicry) und Rausch (ilinx). Im modernen profes-sionalisierten Sport treten beide Elemente, Spiel undArbeit, zusammen und zugleich in ein unauflösbaresSpannungsverhältnis. Dieser Sport ist Spiel und Ar-beit. Der Sport ist Spiel, so dass er einerseits nahtlosübergeht in Bereiche der Kunst, des Tanzes, des The-aters, des Performativen und des Circensischen. An-derseits ist Sport Arbeit: Dafür steht nicht nur derprofessionelle Sport, sondern auch der Betriebs- undGesundheitssport sowie Sport zu therapeutischen

Doping – Sport und LeistungInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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11Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Zwecken. Hier steht der Sport keineswegs für eineautonome Sinnstiftung, sondern er erhält und ver-bessert die Gesundheit zum Zweck der Arbeits- undLeistungsfähigkeit. Der professionelle Sport zeigtunverhohlen, wie stark wirtschaftliche Zwecke dasSportgeschehen regieren. Sein Motor ist der Wett-kampf, der sich der Leistungssteigerung verpflichtetweiß.

Die Vorstellung einer kontinuierlichen Leistungs-steigerung allerdings stößt im Sport an Grenzen.Gleichzeitig treten Konflikte auf, die durch Partizipa-tionsregeln und Gerechtigkeitsvorstellungen be-stimmt sind. Dadurch wird es zunehmend schwierig,an Leistung und Leistungssteigerung als allgemei-nem Wert und universellem Kriterium des Sportsfestzuhalten. Dazu trägt auch bei, dass neue Sportar-ten entstehen, bei der zwar die Leistung eine Rollespielt, deren objektive Erfassung aber explizit abge-lehnt wird.

1. Leistungen messen und beurteilen

Der gewöhnliche Blick auf den Sport ist durch diemediale Verwertung von Sportereignissen geprägt.Das sind vorrangig Olympische Spiele, Fußball, Mo-torsport, Tennis, Radfahren und einige weitereSportarten. Ein Schwergewicht liegt bei den Olympi-schen Spielen auf der Leichtathletik. Insgesamt lässtsich aber eine Tendenz zur Diversifizierung feststel-len, dies auch deshalb, weil das klassische Fernsehenzunehmend durch Internetanwendungen und Spar-tenfernsehen ergänzt wird. Auf diese Weise erhaltennun ganz andere Sportarten die Möglichkeit, sichmedial zu präsentieren und sich einer medialen Ver-wertung zu öffnen. Neben den etablierten Sportar-ten entstehen, häufig mit unterschiedlicher Kon-junktur, sogenannte Trendsportarten. Als Beispiel füreine solche Trendsportart kann Parkour dienen. MitParkour bezeichnet man eine Bewegungsform, beider die Athleten einen möglichst kurze und effizien-te Strecke (frz. parcours) zurücklegen und dabei ver-schiedene Formen von Hindernissen überwinden.Obwohl Parkour auch in ‚natürlicher‘ Umgebungdurchgeführt werden kann, handelt es sich gewöhn-lich um eine urbane Aktivität. Die Hindernisse sinddementsprechend Objekte der Stadtkultur: Mauern,Garagen, Mülltonnen, Zäune. In teils spektakulären

Situationen werden Hochhäuser und Betonschluch-ten für Parkour benutzt. Dennoch darf man dieseSportart nicht mit Akrobatik oder Stuntkunst ver-wechseln.

Hinter der Sportart Parkour steht nämlich eine konkrete Grundhaltung: Die allermeisten Prota-gonisten dieser Sportart (Traceure) lehnen Wett-kämpfe ab. Sie betrachten sich auch nicht als Artis-ten; sie wollen Zuschauer nicht durch die Vorfüh-rung ihrer komplexen Bewegungen beeindrucken.Ihrer Vorstellung nach geht es beim Parkour einzigdarum, bestimmte Bewegungsformen zu kultivieren,um Geschmeidigkeit, Eleganz und Effizienz in derÜberwindung von Hindernissen, letztlich um die Er-fahrung von eigenen Leistungsgrenzen. Tatsächlichist der Übergang zur Bewegungskunst und Choreo-grafie fließend. Popularität gewinnt diese Sportartvor allem durch die vielen Videos die im Internetkursieren. Mit dem Parkour kann beispielhaft aufge-zeigt werden, dass es Sportarten gibt, bei denen ei-ne objektivierbare Leistung und Leistungsmessungnicht stattfinden, weil es dem Traceur allein daraufankommt, die eigene körperliche Leistung in einerkonkreten, nicht normierten Sportumgebung zu er-fahren. Die Festsetzung einer absoluten Leistung, et-wa die exakte Zeitmessung oder die Messung vonWeiten und Höhen, wie beim Werfen und Springen,entfällt ebenso, wie die Verteilung von Punktennach ästhetischen Kriterien. Damit kommt es beidieser und bei ähnlichen Sportarten nicht zur objek-tiven Festsetzung von Normen und Werten.

Eine andere Situation lässt sich beim Catchen(Wrestling) beobachten. Das Catchen hat ein circen-sisches Moment, das heißt es wird eine Art Schau-kampf dargeboten. Für den Zuschauer bleibt esletztlich unklar, inwieweit Sieg und Niederlage über-haupt auf der Leistungsstärke der Protagonisten be-ruhen. Die einzelnen Aktionen erscheinen bereitsvor dem Wettkampf zum Teil in einer Art Choreogra-fie festgelegt, so dass die authentische Leistung desAkteurs nicht oder nur bedingt im Wettkampf fest-gestellt wird. Das Catchen richtet sich auf die Unter-haltung der Zuschauer. Daher gibt es dort narrativeElemente (Storyline) und Showeinlagen. Es ähnelt ei-ner Aufführung in einem Theater, bei der einige Ele-mente festgelegt sind und durch Improvisationenergänzt werden.

Eine ganz andere Konstellation gibt es beim

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Yoga zu beobachten, das – soweit man dieses Feldüberhaupt überblicken kann – keine Wettkämpfekennt und auch nicht mit dem Ziel durchgeführtwird, andere Personen zu unterhalten. Gewöhnlichsind die Yoga-Treibenden der Auffassung, dass siemit der körperlichen Bewegung und dem speziellenYoga-Training ihre Gesundheit stärken und verbes-sern, Beeinträchtigungen ausgleichen und Krankhei-ten bekämpfen können. Sie gehen davon aus, dassdas Yoga nicht nur den Körper, sondern auch denGeist stärkt, daher auch zu seelischen und mentalenVerbesserungen führen kann.

Die genannten Bewegungsformen werden häufigzum Sport gezählt, obwohl sie die klassische Wett-kampfsituation gewöhnlicher Sportarten nicht odernur eingeschränkt kennen. Das spricht zunächst füreine Ausweitung des Sportbegriffs und führt daherauch zu einer Veränderung des Leistungsbegriffs,wenn nun nicht mehr Zentimeter, Gramm, Sekun-den oder Punkte und Tore ausschlaggebend sind,um eine Leistung zu beschreiben. Beim Parkour gehtes einzig um die selbst bemessene Leistung und dieErfahrung von Grenzen. Beim Catchen richtet sichdie Leistungserbringung auf die Unterhaltung derZuschauer. Beim Gesundheitssport stehen wenigerobjektivierbare Leistungen mit agonalem Charakterim Vordergrund als vielmehr die mutmaßlich positi-ven Wirkung der körperlichen Bewegung auf die Ge-sundheit.

Dem entsprechend muss auch die Leistungser-bringung bewertet werden. Es lassen sich daher fürdie Leistungsbewertung verschiedene Hinsichtenunterscheiden: absolute Aspekte der Leistung (ob-jektiv und quantitativ messbare; Sportarten bei-spielsweise mit Rekordlisten), relative Aspekte derLeistung (etwa in Bezug auf außersportliche Zwe-cke), ästhetische Aspekte der Leistung (Punkte undNoten), kompetitive Aspekte der Leistung mit ago-nalem Charakter. Ergänzt werden diese Leistungsas-pekte, denen jeweils Kriterien für ihre Messung ent-sprechen, durch die Leistungserfahrung, die prinzi-piell individuell geprägt ist, und sich nicht inquantifizierbare oder operationalisierbare Parametertransformieren lässt.

Aus der Betrachtung der verschiedenen Kriterienzur Bewertung und Beurteilung sportlicher Bewe-gung folgt, dass es die Zielsetzung oder der Zweckist, nach dem sich die Form der Leistung bemisst.

Sportliche Bewegung ist ein Handeln, das im kultu-rellen Raum stattfindet. Alle menschlichen Handlun-gen sind auf Zwecke ausgerichtet. Aktivitäten ohneIntentionalität sind keine Handlungen. Dementspre-chend kommt es darauf an, die Zwecke zu typologi-sieren. Hier lassen sich zunächst intrinsische und ex-trinsische Zwecke unterscheiden. Wenn die Leis-tungserbringung subjektiv zufriedenstellend ist,wenn durch sportliche Bewegung ein „gutes Körper-gefühl“ erzeugt wird, kann damit allein schon einZweck der Leistung begründet werden, der keines-wegs objektivierbar oder messbar, aber dennochvom Einzelnen selbst gut zu beurteilen ist. Wett-kampf und Leistungsvergleich sind dafür nicht not-wendig. Freilich kann man dem entsprechend argu-mentieren, dass nicht alle Bewegungsformen alsSport bezeichnet werden können. Vielfach wird dasagonale Element einer Bewegungsform als das cha-rakteristische Merkmal des Sports bezeichnet. Sportist aber ein empirischer Begriff, der nur schwer undwenn, dann nur im Rückgriff auf seine faktische Ver-wendung, festgelegt werden kann. Aus diesemGrund gibt es kein Hindernis, einen erweitertenSportbegriff fruchtbar zu machen, vor allem wenn esum den Schulsport geht, bei dem die Leistungser-bringung viel stärker an das subjektive Erleben ge-koppelt ist und letztlich durch pädagogische Per-spektiven gefiltert wird (Landesinstitut für Schule[2004].

2. Leistung und Anerkennung

Neben die Leistungserbringung und die Leistungs-beurteilung tritt als ein wichtiger Faktor die Aner-kennung von Leistungen. Die Mehrperspektivitätder sportlichen Bewegung sowie die Vielschichtig-keit der Leistungskriterien werden durch Anerken-nungsprozesse gefiltert und sekundär evaluiert. Daswird klar, sobald man auf die verschiedenen Gradeder Professionalisierung von Sportarten blickt. DieAnerkennung bestimmter Sportformen, etwa desFußballs, zeigt sich in der möglichen Bandbreite vonEntlohnung für erbrachte Leistungen. Die finanzielleEntlohnung von Leistungen ist nämlich ein guterGradmesser für deren gesellschaftliche Anerken-nung. Hierzu tragen sowohl die Popularität einerSportart, der Aufstiegswille von Akteuren und die

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werbewirksame Vermarktung von Bewegungs- undSpielabläufe bei. Hier sind durchaus Konjunkturenzu beobachten. Sportarten treten in den Fokus derAufmerksamkeit, beispielsweise das Tennis in denachtziger Jahren, sind aber immer davon bedroht, inder Publikumsgunst abzusinken. Beim Profi-Radfah-ren lässt sich der unmittelbare Zusammenhang vonLeistungsdruck, Leistungserbringung, Öffentlichkeit,Werbewirtschaft und Popularität hervorragend be-obachten.

Diese Form gesellschaftlicher Anerkennung führtzu einer Steigerungslogik der objektivierbaren Leis-tung im Sport. Hier gibt es in zahlreichen Sportartenabsolute Leistungsmessung, etwa der Weiten, derHöhen, des Gewichts oder der Zeit, die in verschie-denen Rekordlisten geführt werden. Diese Steige-rungslogik beruht auf der absoluten Leistungsmes-sung, sie hat aber auch absolute Leistungsgrenzen.Physiologen sprechen von objektiven Limits, die einmenschlicher Körper in einer bestimmten Bewe-gungsform grundsätzlich nicht überschreiten kann(Denny [2008]). Rekorde werden daher immer selte-ner (Toussaint [2008]). Insofern gibt es im Leistungs-sport ein Dilemma, denn einerseits beruhen dieseFormen sportlicher Aktivität auf der Steigerungslo-gik, andererseits steht fest, dass bestimmte Leis-tungsmaxima nicht überschritten werden können.Diese Situation hat verschiedene Konsequenzen. Ei-ne davon ist offensichtlich: Doping hängt syste-misch mit der Steigerungslogik zusammen und istunter diesem Gesichtspunkt als Strategie zu werten,möglichst nah an das Leistungsmaximum heranzu-kommen. Aus dieser Argumentation folgt dann, dassDoping nicht ein schmutziges Sonderphänomen ei-nes ansonsten intakten Sports ist, sondern integralerBestandteil der Leistungsdoktrin. Auch eine andereKonsequenz muss Erwähnung finden: die positiveLeistungserfassung wird immer feinkörniger. Es isteine Tendenz zu beobachten, dass in einigen Sport-arten immer exakter gemessen wird. Ging es früherum Zehntel-, dann um Hundertstelsekunden, sowird heute verschiedentlich sogar um Tausendstel-sekunden gekämpft (Motorsport, Kanusport). Dasgeschieht nicht nur deshalb, weil die Messtechnikgroße Fortschritte gemacht hat, sondern auch weilsich damit die Spanne für mögliche Rekorde erhöht.Wie eine Asymptote nähern sich die Rekorde demabsoluten Leistungsmaximum immer mehr an, ohne

es je zu erreichen. Freilich gerät dadurch völlig ausdem Blick, dass so kurze Zeitspannen unserem Zei-tempfinden gar nicht zugänglich sind. Ein Vorgang,der nur so kurze Zeit dauert, lässt sich kaum beob-achten, geschweige denn, dass wir eine Empfindungdavon haben, dass eine Bewegung um eine oderzwei Tausendstelsekunden länger dauert oder dasswir sehen könnten, dass jemand das Ziel eine so kur-ze Zeit eher erreicht. Die Rekorde entziehen sich da-her durch ihre große technische Abstraktheit einemunmittelbaren Verständnis und werden zu einerGröße, die dem Sport und dem sportlichen Erlebenfremd ist. Andererseits ermöglichen diese Techni-ken, Steigerungen in einem sehr kleinen Intervall zudokumentieren, d.h. zugleich: mehr Rekorde zu er-möglichen, ohne dass das Leistungsmaximum abso-lut gesehen erreicht würde.

Letztlich muss man jedoch damit rechnen, dassin naher Zukunft kaum noch neue Rekorde aufge-stellt werden. In den klassischen olympischen Diszi-plinen ist das heute schon der Fall (Toussaint[2008]). Ein Ausweg besteht darin, neue Disziplineneinzuführen oder neuartige Sportgeräte zuzulassen.Aber auch hier dürfte beim Stand der Technik, derzulässigen Geräte, der Optimierung des Trainings inrelativ kurzer Zeit das Ende der Leistungsmaximie-rung erreicht sein. Damit kommt es zu einem Aner-kennungsproblemen. Die Steigerungslogik erweistsich als anfällig. Die absolute Leistungsmessung,schneller, höher, weiter, gerät in eine Krise. Daher isteine Verschiebung hin zu einer kompetitiven oderästhetischen Leistungsbewertung über lang oderkurz zu erwarten. Aber bei der kompetitiven Leis-tungsbeurteilung treten ebenfalls Probleme auf,wenn die Leistungsdichte sehr groß wird. Damit istes wahrscheinlich, dass jemand einen Wettbewerbmit einem minimalen, nicht sichtbaren Vorsprunggewinnt, nicht weil er besser trainiert hat oder wil-lensstärker ist, sondern vielleicht aus Zufall, aus ei-ner Ungleichheit in der Ausgangssituation oder imWettkampf, die weder in der Physis des Athletennoch in seinem Wettkampfverhalten zu finden sind.Auch hier ist letztlich damit zu rechnen, dass die Zu-schauer, die Sport- und Wettbewerbsindustrie dasInteresse an den Wettkämpfen verlieren, wenn je-mand nur noch durch Zufall gewinnt.

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3. Der Wettkampf – geregelte Ungleichheit

Ein konstitutives Element jeden sportlichen Wett-kampfs sind die gleichen Ausgangsbedingungen.Sie erst lassen aus dem Miteinander und Gegenein-ander körperlicher Bewegungen einen unter motiva-tionalen Gesichtspunkten interessanten Wettkampfentstehen. Deshalb beruht das gesamte Sportsys-tem darauf, faire Ausgangsbedingungen für einenWettkampf zu schaffen. Es sollen sich in etwa gleichstarke Athleten im Wettkampf messen. Gewöhnlichgeht es dabei um eine stabile Wettkampfsituation.Die Leistungssteigerung wird daher nach den Krite-rien von Kooperation und Konkurrenz organisiert.

Ein genauerer Blick zeigt aber, dass die fairenund gleichen Ausgangsbedingungen nur einge-schränkt gegeben sind. Bereits die „natürlichen“ An-lagen der Athleten sind sehr verschieden. Fernerunterscheiden sich die verfügbaren Materialien, dieTrainingsmöglichkeiten, die Ausstattung von Trai-ningsgeländen, der Zugang zu medizinischer Versor-gung in einzelnen Ländern und für einzelne Athle-ten und Verbände erheblich. Daher ist es sinnvollerdiese Seite des Wettkampfes als geregelte Ungleich-heit zu bezeichnen. Einerseits kann man dadurchvermeiden, den sehr unklaren Begriff von Fairnessund Gerechtigkeit auf formelle Gleichheit – welcherArt auch immer – zu reduzieren. Andererseits be-schreibt der Ausdruck geregelte Ungleichheit bes-ser, was tatsächlich beim Sport passiert. Es gibt Re-geln für die einzelnen Wettkämpfe, die über die Teil-nahmemöglichkeiten des Athleten bestimmen.Diese Regeln haben ganz unterschiedliche Gründe.Und nicht immer sind sie intuitiv verständlich. Viel-mehr kommt es an den Schnittlinien dieser Regelnzu Konflikten.

Die klassische Sportwelt beispielsweise ist in zweiHemisphären geteilt, eine Welt für Frauen, eine an-dere für Männer. Tatsächlich sind die Leistungsprofi-le von Männern und Frauen in vielen Sportarten ver-schieden, aber natürlich nicht in allen, so dass bei ei-nigen Sportarten die Aufteilung in Frauen- undMännersportgruppen sachfremd ist und nur aus Tra-dition aufrechterhalten wird. In einigen Sportartengibt es zusätzlich zu den Frauen- und Männer-Wett-kämpfen sogenannte Mixed-Wettkämpfe (Müller[2006]).

Problematisch ist diese Aufteilung auch, weil siedie grundlegenden Einsichten der medizinischenund kulturwissenschaftlichen Genderforschung ig-noriert, nach denen es bisweilen schwierig, wennnicht sogar unmöglich ist, die bipolare Kategorisie-rung „Mann/Frau“ auf eine konkrete Person anzu-wenden, ohne sie zu diskriminieren. Erinnert sei anden Fall Caster Semenya, eine 800m-Läuferin, diebei der Leichtathletikweltmeisterschaft in Berlin2009 Gold gewann. Während des Wettkampfes kur-sierten Gerüchte, dass Caster Semenya intersexuellsei und daher gar nicht erst hätte starten dürfen. DerLeichtathletikverband ordnete einen Test an zurÜberprüfung der Geschlechtszugehörigkeit. Insge-samt entwickelte sich daraus eine für den Verbandhöchst peinliche und für die junge Athletin uner-trägliche Diskussion um Geschlecht und Gender. Soließ sich ein Funktionär, der IAAF-GeneralsekretärPierre Weiss, mit den merkwürdigen Worten zitieren,es sei klar, dass Semenya „eine Frau ist, aber viel-leicht nicht zu 100 Prozent“ (Neue Zürcher Zeitung,10. September 2009). In der Frauen- und Geschlech-terforschung ist indes seit mehr als drei Jahrzehntenklar, dass die Geschlechtszugehörigkeiten (1) nichtausschließlich bipolar sind, sondern mehr als zweiMöglichkeiten gegeben sind, (2) dass die Ge-schlechtszugehörigkeit nicht allein durch biologi-sche Parameter festgelegt ist, sondern ein sozialesKonstrukt darstellt und als Prozess betrachtet wer-den muss (Villa [2001]). An diesem Beispiel lässt sichgut erklären, warum die Wettkampfbedingungen,die Einteilung in Männer- und Frauengruppen, pro-blematisch ist und eine bleibende Tendenz zur Dis-kriminierung aufweist. Gleichzeitig wird diese Auf-teilung – vornehmlich von Frauen – torpediert. Siewollen an Männerwettkämpfen teilnehmen.

Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich im Behin-dertensport. Bei den Paralympics ist einerseits klarzu erkennen, dass es eine Bewegung hin zur Profes-sionalisierung auch im Behindertensport gibt. Hierschreibt der Sport große Geschichten. Die Medien-aufmerksamkeit und die Berichterstattung nehmenspürbar zu. Daher geht es auch in diesem Sportfeldum Sponsorenverträge und Werbeeinnahmen. Dasist aus der Sicht der Sportler zu begrüßen und einZeichen dafür, dass der Behindertensport und mitihm der behinderte Sportler in der Mitte der Gesell-schaft angekommen sind.

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Bei den Paralympics ist – besser als in allen ande-ren Sportfeldern – zu erkennen, dass die oben ge-nannte Strategie der geregelte Ungleichheit verfolgtwird. Die Organisationen sind bemüht attraktiveWettkämpfe auszurichten und stellen deshalb ver-schiedene Behinderungstypen in Wettkampfklassenzusammen. Diese Klassifizierung enthält eine Eintei-lung in amputierte Sportler, Sportler mit Zerebralpa-rese (Störungen der Bewegungssteuerung im Gehirn),Sehbehinderte, Rollstuhlsportler, Kleinwüchsige und„Les Autres“ (unterschiedliche Behinderungen, die inden vorhergehenden Gruppen nicht enthalten sind).Eine besondere Rolle spielen die „geistig Behinder-ten“, die gelegentlich schon an solchen Wettkämpfenteilnehmen konnten, aber auch über eigene Organi-sationsformen verfügen (Special Olympics). Deut-licher als bei Sportwettkämpfen der Nicht-Behinder-ten tritt hier die ganze Bandbreite nicht standardisier-ter Körper zu Tage. Beim Behindertensport wird auchoffensichtlich, dass es keine Gleichheit in den Aus-gangsbedingungen geben kann. Der Versuch der Ver-bände und Organisationen geht nur dahin, Ungleich-heiten zu regeln.

Der Behindertensport führt zu zwei verschiede-nen Konfliktfeldern, einerseits bezüglich der Zulas-sungsbedingungen zum Wettkampf, andererseitsbezüglich der Verwendung von Technik im Sport. (1) Der Fall Oscar Pistorius zeigt, dass es zu umstrit-tenen Zulassungen zu Wettkämpfen kommen kann.Dem unterschenkelamputierten Sprinter Pistoriuswurde zunächst die Starterlaubnis für die Olympi-schen Spiele 2009 in Peking verweigert, dies mit derBegründung, die Carbon-Prothesen, die er währendseiner Läufe nutzte, stellten eine unerlaubte Formder Leistungssteigerung dar. Zwar wurde dieses Ur-teil noch vor der Eröffnung der Olympischen Spieleaufgehoben, Pistorius gelang es aber nicht mehr inder kurzen Vorbereitungszeit die Norm für die Teil-nahme zu unterbieten. Dies gelang ihm dann aberbei der Weltmeisterschaft 2011 in Daegu (Südkorea).Er nahm 2012 sowohl an den Olympischen Spielenals auch an den Paralympics in London teil. (2) DerFall Oscar Pistorius zeigt aber auch, dass die Verwen-dung technischer Mittel zu Konflikten führt. Der äu-ßerst erfolgreiche Läufer erreichte im 200 m-Finaleder Paralympics 2012 ‚nur‘ Silber. Gold errang derbrasilianische Sprinter Alan Oliveira. Im Anschluss andieses Ereignis kritisierte Pistorius die Carbon-Pro-

thesen des Brasilianers; sie seien zu lang gewesenund hätten diesem einen technischen Vorteil ge-bracht. Beide Konfliktfälle treten hier im Fall Pisto-rius zusammen: einerseits kommt Kritik auf, wenndie Gleichheit – vor allem zu nicht-behindertenSportlern – durch technische Hilfsmittel hergestelltwird. Der Verdacht kommt auf, es ergäbe sich einVorteil für den behinderten Sportler. Andererseitszeigt sich, dass technische Mittel möglicherweiseentscheidende Ungleichheiten hervorbringen undals unfair empfunden werden können.

Abseits von der Fragestellung, ob und inwieweittechnische Mittel im Sport sinnvoll, wichtig oder –wie im Behindertensport – unerlässlich sind, ergibtsich daraus ein grundlegendes Problem der Steige-rungslogik. Es bleibt fraglich, nach welchen KriterienUngleichheiten in der Leistungsfähigkeit der einzel-nen Athleten geregelt werden können oder sollen.Den Sportlern wird eine enorme Anpassungsleis-tung abgefordert. Die Körpernormierung wird mittechnischen Mitteln unterstützt, damit auch der be-hinderte Athlet Bestleistungen erbringen kann. Ge-lingt dies tatsächlich, werden Befürchtungen laut,die Leistungen seien nur durch die technischenMittel möglich, Manipulationen seien dadurch Türund Tor geöffnet.

Im Hintergrund liegen dabei Fragen ganz ande-rer Art, etwa die, was es für einen Bereich absoluterLeistungsmaximierung bedeutet, dass Sport nur ge-meinsam betreiben werden kann. Das Gleichgewichtvon Kooperation und Konkurrenz scheint empfind-lich gestört, wenn die Konkurrenz im Wettkampf alleFormen von Kooperation dominiert. Hier gilt es zuüberlegen, inwieweit neue, innovative Variantenvon Sportwettkämpfen stabilere Formen von Koope-ration hervorbringen könnten. Man könnte hier dar-an denken, dass Wettkämpfe sowohl von Männernund Frauen, Behinderten und Nicht-Behinderten ge-meinsam betrieben würden. Ansätze dazu gibt esbereits. Leistungsbewertung und Leistungsbeurtei-lung müsste dann ganz anderen Zwecksetzungenfolgen. Die Tendenz zur ausschließlich objektivenLeistungsbewertung könnte dadurch zumindest imnicht professionellen Breitensport gebrochen wer-den.

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Didaktische und methodische Hinweise

Die vorliegenden Materialien sind für einen kompe-tenzorientierten Sportunterricht konzipiert, der dieSport- und Bewegungskultur in ihrer Breite und Viel-falt kritisch thematisiert. Dabei wird der Begriff der„Leistung“ in den Mittelpunkt gestellt. Mit Hilfe derMaterialien sollen die Schülerinnen und Schüler ei-nen reflexiven Zugang zum Verhältnis von Sportund Leistung theoretisch entwickeln und praktischerproben können. Das den Aufgaben zugrundelie-gende Kompetenzmodell zielt auf die Verbindungkognitiver Aspekte und Kenntnisse mit bewegungs-praktischen Anteilen.

In Anlehnung an Gogoll (2011) fokussieren dieAufgaben und Materialien ein „reflexives Bewe-gungshandeln“, das die folgenden Elemente auf-weist:1.) Die Schülerinnen und Schüler sollen in die Lage

versetzt werden, verschiedene Perspektiven aufdie Sport- und Bewegungskultur einnehmen zukönnen.

2.) Sie sollen befähigt werden, diese Perspektivenwechseln zu können.

3.) Und sie sollen diese Perspektiven sachlich wer-tend beurteilen können.

Dem entsprechend sind die vorliegenden Materi-alien ausgewählt worden. Einerseits geht es um kog-nitives Wissen, Wissen, das in Texten niedergelegt istund sich insofern einem expliziten Diskurs öffnet. An-dererseits bieten die Materialien auch die Möglich-keit, unmittelbar an sportliches Handeln und damitan implizites Wissen anzuschließen. Leistungserfah-rungen können auf dem Hintergrund von konkretenBewegungsformen diskutiert werden. Leistungsbe-wertung im Sportunterricht kann als Beispiel für dasProblem objektivierender Leistungskriterien heran-gezogen werden. Durch die Erweiterung des Wis-sensbegriffs und durch seine Anwendung auf denSportunterricht ergeben sich Möglichkeiten, fach-übergreifende Aspekte zu berücksichtigen. Die Mate-rialien stellen ein Angebot dar, wie die Thematik imUnterricht aufgegriffen werden kann. Sie können inihrem Zusammenhang bearbeitet werden oder aucheinzeln Verwendung finden.

Die Materialien M1 entwickeln zunächst einen

theoretisch-philosophischen Zugang zum Thema„Leistung“. Der Begriff der „Leistung“ im Sport ist engan ein mechanistisches Verständnis vom mensch-lichen Körper gebunden. René Descartes kann als einprominenter Vertreter angesehen werden, der im Zu-ge der Aufklärung ein solches Körperbild philoso-phisch vertreten hat. Der Textauszug aus „Über denMenschen“ beschreibt ein Gedankenexperiment.Gott, der als unendlich guter und vollkommener In-genieur vorgestellt wird, stellt einen Menschen her,den er wie eine Maschine konzipiert. Am Schlussstellt sich heraus, dass er den Menschen macht, wieihn die Anatomen erklären, d.h. wie in der Medizindie Funktionen seines Körpers erklärt werden. Impli-zit macht der Text klar, dass die Maschine – dermenschliche Körper, der in vollkommener Weisekonzipiert ist – auch durch die Technik eines Inge-nieurs erhalten und in seiner Leistungsfähigkeit ver-bessert werden kann. Die Erklärungsart des mensch-lichen Körpers ist daher mechanistisch. Interessant –und für die beginnende Aufklärung typisch – ist dieÜberlegung, dass der Mensch nicht nach dem BildeGottes erschaffen, sondern nach dem Bilde des Men-schen entworfen wird. Die beiden Bilder M1.2 zei-gen die Kontinuität dieser Idee, einmal als positive(mechanische Ente), einmal als negative Utopie (Ro-botrix, Metropolis). Das mechanistische Weltbild ist,wie M1.1 und M1.2 zeigen, mit dem Leistungsbe-griff verbunden. Diese enge Verbindung wird bereitsin der Aufklärung kritisch gesehen. Das berühmte Zi-tat von Schiller M1.3 zeigt beispielhaft, wie der Be-griff des Spiels in Opposition zu mechanistischenVorstellungen gebracht wird. Das Spiel ist Zweck ansich selbst und damit der Arbeit entgegengesetzt.Das Zitat von Karl Marx M1.4 zeigt die (noch) nichtentfremdete Arbeit: Arbeit ist ein Prozess, in demder Mensch das Spiel der Naturkräfte seinen eige-nen, ebenfalls natürlichen Kräfte unterwirft. DasSpiel der Natur ist beendet, wenn der Mensch siesich untertan macht. Aber der Mensch verändert da-durch zugleich seine eigene Natur. Der Text M1.5

zeigt die Verbindung von Spiel und Arbeit in dermodernen Bewegungskultur. Arbeit und Spielschließen sich nicht aus, bilden aber eine span-nungs- und facettenreiches Gebilde, in derenSchnittfeld das Doping anzusiedeln ist. Der TextM1.6 schlüsselt die Schwierigkeiten auf, wenn einauf Leistungssteigerung ausgelegtes System wie der

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Sport an seine physiologischen Grenzen stößt. Kri-tisch zu diskutieren ist hier nicht nur die Frage nachder Leistungssteigerung oder der abstrakten Mess-methode, sondern auch, ob es tatsächlich realistischist, dass die Attraktivität des Wettkampfsports durcheine ästhetische Perspektive abgelöst werden könn-te, ohne dass sich der Sport in etwas anderes ver-wandelt, etwa Performance, Akrobatik oder Theater.

Die Materialien M2 stellen mit der Bewegungs-form „Parkour“ ein konkretes Beispiel vor, das zeigt,wie körperliche Leistung anders als im Wettbewerbaufgeführt und ausgetragen werden kann. Die Mate-rialien M2.1 und M2.2 stammen aus der Selbstdar-stellung der Parkour-Szene. M2.1 zeigt das Ethos derTraceure, die zwar gefährliche und waghalsige Situa-tionen mit Leistungsanspruch suchen, gleichzeitigaber Wettkämpfe ablehnen. Es handelt sich um eineRisikosportart mit einer ethischen Selbstverpflich-tung. Bei M2.2 handelt es sich um ein Gedicht einesTraceurs, das einerseits zeigt, dass die Szene lokalverankert ist: die Mundart belegt die identitätsbil-dende Funktion einer subkulturellen Bewegungs-form. Andererseits verbindet das Gedicht die Darstel-lung der Bewegungs- und Leistungserfahrung mitder programmatischen Überwindung von Differen-zen – Geschlecht, Hautfarbe, Kultur und Religion –,die allesamt im traditionellen Sport eine Rolle spie-len oder spielten. M2.3 gibt eine Information überdie Entstehung des Parkour. Mit dem Text M2.4 sollauf die prekäre Situation von Trendsportarten auf-merksam gemacht werden, wenn sie in den Blick-punkt von wirtschaftlichen Interessen geraten. Hierfindet ein konkreter Übergang von Spiel und Arbeitstatt, der zugleich eine Transformation der Leis-tungsbewertung und -anerkennung hervorruft.

In den Materialien M3 geht es um die Frage dergeregelten Ungleichheit im Sport. Die Trennung derGeschlechter ist einerseits traditionell motiviert, an-dererseits soll sie den unterschiedlichen Leistungsni-veaus von Männern und Frauen Rechnung tragen.Dadurch kommt es aber zu teils erheblichen Proble-men, und zwar immer dann, wenn die Geschlechts-zugehörigkeit einzelner Personen in den Blickpunktgerät. Gleiches gilt für Behinderte im Sport, etwa beiden Paralympics, bei denen die Startklassen durchmedizinische Normierung gebildet werden, einer-seits für Gleichheit sorgen sollen, andererseits aberauch neue Ungerechtigkeiten produzieren. Bei M3.1

geht es um die Geschlechterdifferenz im Leistungs-sport. Der Text zeigt auf, dass die körperliche Ge-schlechterdifferenz nicht nur wegen der unter-schiedlichen Leistungserfolge von Männern undFrauen aufrechterhalten wird, sondern auch um diedramatische Inszenierung und Reproduktion der ge-selllschaftlich-kulturellen Geschlechterdifferenz auf-rechtzuerhalten. Die Tabelle zeigt die verschiedenenMöglichkeiten der Trennung der Geschlechter imSport. Der Text M3.2 ist ein Zeitungsausschnitt, derüber den Fall Caster Semenya berichtet, die bei derLeichtathletik WM in Berlin 2009 plötzlich in dieSchlagzeilen geriet. Ihr wurde unterstellt, sie sei einMann, und hätte bei den Frauenwettkämpfen nichtstarten dürfen. Daraufhin wurden die Geschlechts-zugehörigkeit und eine mögliche Intersexualität vonCaster Semenya durch Medien und Sportverbändezum Gegenstand öffentlicher Diskussion gemacht.Der Fall Heidi/Andreas Krieger (M3.3) zeigt den Zu-sammenhang von Dopingpraktiken und Transsexua-lität. Krieger war in der DDR ohne ihr Wissen gedoptworden. Die Einnahme von Anabolika und Hormo-nen zum Zweck der sportlichen Leistungssteigerungführte bei Krieger zu einer Vermännlichung ihresKörpers mit bis heute schwerwiegenden gesund-heitlichen Beeinträchtigungen. Krieger unterzog sich1997 einer geschlechtsangleichenden Operation.

Literatur

Gogoll, A. (2011). Sport- und bewegungskulturelleKompetenz: Eine Voraussetzung für den Aufbauvon Handlungsfähigkeit im Bereich Sport und Be-wegung. Sportpädagogik (5), 46–51.

Doping – Sport und LeistungInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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19Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

„[…] Ich stelle mir einmal vor, dass der Körper nichtsanderes sei als eine Statue oder Maschine aus Erde,die Gott gänzlich in der Absicht formt, sie uns soähnlich wie möglich zu machen, und zwar derart,dass er ihr nicht nur äußerlich die Farbe und die Ge-stalt aller unserer Glieder gibt, sondern auch in ihrInneres alle jene Teile legt, die notwendig sind, umsie laufen, essen, atmen, kurz, all unsere Funktionennachahmen zu lassen, von denen man sich vorstel-len könnte, dass sie aus der Materie ihren Ursprungnehmen und lediglich von der Disposition der Orga-ne abhängen. Wir sehen Uhren, kunstvolle Wasser-spiele, Mühlen und andere ähnliche Maschinen, die,obwohl sie nur von Menschenhand hergestellt wur-den, nicht der Kraft entbehren, sich aus sich selbstauf ganz verschiedene Weise zu bewegen. Und wie

mir scheint, könnte ich mir von einer Maschine, die –wie ich einmal annehme – aus der Hand Gottes an-gefertigt sein soll, nicht so viele Bewegungsartenvorstellen noch ihr so viele kunstvolle Bildung zu-schreiben, dass man sich nicht vorstellen könnte,dass sie nicht noch mehr davon besitzen kann. Ichwerde mich also nicht dabei aufhalten, die Knochen,Nerven, Muskeln, Venen, Arterien, den Magen, dieLeber, Milz, das Herz, das Gehirn zu beschreiben,noch all die anderen verschiedenen Teile, aus denendie Maschine zusammengesetzt sein muss. Denn ichunterstelle, dass sie ganz und gar den Teilen unseresKörpers gleichen, die dieselben Namen tragen unddie man sich durch einen gelehrten Anatomen zei-gen lassen kann […]“

Quelle: Descartes, René: Über den Menschen: (1632). Übers. Karl E. Rothschuh, Heidelberg: 1969, S. 44

Doping – Sport und LeistungM1 – Leistung: Kulturelle Grundlagen M1.1, M1.2/1

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M1.1 René Descartes: Über den Menschen

M1.2 Bilder

1739 entwickelte Jacques de Vaucanson eine mechanische Ente. Der Auto-mat konnte scheinbar Körner fressen, verdauen und ausscheiden.

Quelle: gemeinfrei, unter: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:MechaDuck.png&filetimestamp=20060518183642

[12.11.2012]

Das Bild zeigt den weiblichen MaschinenmenschenFoto ©: Dirty Bunny (CC BY-NC-SA 2.0) ,

www.flickr.com/photos/angrybee/5545296/sizes/l/in/photostream/

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20 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

„[…] Denn, um es endlich auf einmal herauszusa-gen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeu-

tung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganzMensch, wo er spielt […]“

Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen, Kapitel 16

Doping – Sport und LeistungM1 – Leistung: Kulturelle Grundlagen M1.2/2, M1.3, M1.4, M1.5/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschlag

Dem Maschinenparadigma des menschlichen Körpers liegt ein mechanistisches Weltbild zugrunde, das im17. und 18. Jahrhundert entstanden ist. Lesen Sie den Textauszug von Descartes „Über den Menschen“und unterstreichen Sie a) alle „Maschinenteile“ die Sie finden können und b) alle Funktionen, die der Kör-permaschine zugeschrieben werden.

Es war in dieser Zeit Mode, Apparate zu konstruieren, die die organischen Funktionen nachahmten. DieMaschine wurde mit ihren Leistungen zur Konkurrenz des Menschen. Es gibt die These, dass damit dieGrenzen von „Natürlichkeit“ und „Künstlichkeit“ verschwimmen, das Künstliche möglichst natürlich unddas Natürliche künstlich wurde. Schauen Sie das Bild der Ente an. Und entscheiden Sie, was an dieser„künstlich“ und was „natürlich“ ist.

„Mechanisches Leben“ war in dieser Zeit nicht paradox. Bis heute entwickeln Menschen Visionen von Ma-schinen-Menschen, Robotern, Cyborgs – Androiden aller Art. Stellen Sie eine Sammlung zusammen undbeschreiben Sie die Hintergründe, Visionen und Ziele, die sich mit diesen Konstruktionen verbinden lie-ßen. Finden Sie Konstruktionen, die körperliche Höchstleistungen im Sinne einer sportlichen Leistung ver-körpern?

M1.3 Friedrich Schiller

„[…] Die Arbeit ist zunächst ein Prozeß zwischenMensch und Natur, ein Prozeß, worin der Mensch sei-nen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigne Tatvermittelt, regelt und kontrolliert. Er tritt dem Natur-stoff selbst als Naturmacht gegenüber. Die seinerLeiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme und Bei-ne, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich

den Naturstoff in einer für sein eignes Leben brauch-baren Form anzueignen. Indem er durch diese Bewe-gung auf die Natur außer ihm wirkt und sie verän-dert, verändert er zugleich seine eigne Natur. Er ent-wickelt die in ihr schlummernden Potenzen undunterwirft das Spiel ihrer Kräfte seiner eignen Botmä-ßigkeit […]“

Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 23, „Das Kapital“, Bd. I, Dritter Abschnitt, S. 192

M1.4 Karl Marx: Arbeit und Natur

Der Wettkampf bildet eine Verbindung zwischenSport und Spiel. Die Kräfte zu messen und dabeinicht um Leib und Leben zu wetten, ist ein Charak-teristikum des Spiels wie des Sports. Im Spiel wie imSport geht es um die Einhaltung festgelegter Regelnund auch darum, Fairness walten zu lassen. Gewin-nen und Verlieren beziehen sich dabei stets auf ei-nen Lebensbereich, der zwischen Ernst und Spiel,zwischen Realität und Fiktion, zwischen Bitterkeitund Heiterkeit schwebt. Den Wettstreit, das Spiel zuverlieren, kränkt, demütigt und zeigt einem die eige-

nen Grenzen auf. Wer verliert, der hadert mit demschicksalhaften Glück. Wer spielt, kann rauschhafteZustände erlangen. Der Würfelspieler, der alles aufeinen Wurf, der Kartenspieler, der den letzten Centauf eine Karte gesetzt hat, verliert gegen den Zufall.Der Ballspieler mag trainiert und vorbereitet in seinSpiel gehen, aber er kann trotzdem unterliegen:dem stärkeren Gegner, dem Zufall. Sogar der Läufer,der alles selbst zu kontrollieren meint, kann schei-tern: an der eigenen Schwäche, an der Stärke desGegners, aber auch an eigenem Missgeschick.

M1.5 Sport und Arbeit

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21Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Der moderne Sport ist fest in das System der ge-sellschaftlichen Zwecke eingebunden, die sich vor-nehmlich durch Arbeit definieren. Das betrifft nichtnur den Sport als Arbeit, etwa im Profisport. Das be-trifft genauso den Betriebssport, Gesundheitssportund den therapeutischen Sport, also alle Sportfor-men, in denen es darum geht, Gesundwerdung undGesunderhaltung zu erreichen, um arbeitsfähig zuwerden oder zu bleiben.

Spiel oder Arbeit? Im modernen Sport schließtsich beides nicht aus. Es gibt nicht nur im besonde-ren Bereich des Hochleistungssports eine belastbare

Brücke zwischen Sport und Arbeit. Der Profi-Sportlerist der perfekte Dienstleister der Unterhaltungsin-dustrie, und wie kein Zweiter unterliegt er dem Dik-tat der Vergänglichkeit seiner Ware. Wird sein Sportzum Beruf, mutiert er nicht nur vom Spieler zum Ar-beiter. Seine Ware ist der Augenblick, der über Siegund Niederlage entscheidet. Diese Sekunde tauschter ein gegen Image, gegen Werbefläche und Werbe-zeit. Dieser Augenblick wird ausgestellt und vorge-zeigt. Dieser Augenblick wird im Sport zur Ware. Wiekein Zweiter unterliegt der Sportler dem Diktat derBeschleunigung, der Jagd nach dem Rekord.

Eigentext

Doping – Sport und LeistungM1 – Leistung: Kulturelle Grundlagen M1.5/2, M1.6/1

Arbeitsvorschlag

„Spiel“ und „Arbeit“ scheinen gegensätzlich zu sein. Sammeln Sie Merkmale, die Sie dem Spiel und die sieder Arbeit zuordnen. Verwenden Sie dazu die Textauszüge von Friedrich Schiller und Karl Marx. Diskutie-ren Sie: Was macht den Menschen aus: Spiel oder Arbeit?

Der Sport hat spielerische und arbeitsbezogene Merkmale. Lesen Sie den Text M1.5 und versuchen Sie,Beispiele zu finden, bei denen im Sport Spiel und Arbeit zu Konflikten führen. Können Sie sich vorstellen,dass Sport nur Arbeit ist ohne Spiel? Stellen Sie einen Zusammenhang mit der verbotenen Leistungsstei-gerung im Sport (Doping) her!

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Der Leistungsfähigkeit des Menschen sind objek-

tive Grenzen gesetzt. Bedeutet das auch, dass es

bald keine neuen Rekorde mehr im Sport gibt?

Wissenschaftler prognostizieren das „Ende der

Rekorde“: „Will ein Sportler in die Geschichte einge-hen, muss er das Motto der Olympischen Spiele aufdie Spitze treiben. Aus ‚höher, schneller, weiter‘ wirdso ‚am höchsten, schnellsten, weitesten‘. Doch damitkönnte bald Schluss sein. Schon heute trennen Sie-ger und Besiegte oft nur noch Tausendstelsekundenoder Millimeter.

Französische Sportwissenschaftler prophezeiennun sogar das Ende neuer Weltrekorde. Sportler hät-ten bei ihren Rekorden bereits 99 Prozent der kör-perlichen Leistungsfähigkeit ausgeschöpft, schreibtJean-Francois Toussaint, Leiter des biomedizinischenInstituts IRMES in Paris, im Fachmagazin PloS ONE(online). In den kommenden 20 Jahren würden dieAthleten in der Hälfte der Olympischen Disziplinen99,5 Prozent der maximalen menschlichen Leis-tungsfähigkeit erreichen. Neue Rekordleistungenwerde es dann kaum mehr geben […]. Ihre These

untermauern die Forscher mit einem mathemati-schen Verfahren. Sie analysierten 3263 Weltrekordeseit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeitvon 1896. Dann übertrugen sie Zeiten, Längen undGewichte in Diagramme und ermittelten die künfti-ge Entwicklung der Weltrekorde. Ob Frauen oderMänner, Gewichtheben oder Leichtathletik, Meteroder Sekunden – die Berechnungen der Wissen-schaftler kamen stets zum gleichen Ergebnis: Welt-rekorde waren in den vergangenen Jahren immerschwerer zu knacken und lagen immer dichter bei-einander.

Die Entwicklung der Rekorde in den vergange-nen 100 Jahren gleicht Funktionen, die zunächststeil verlaufen und sich dann einem Wert nähern,den sie nicht über- oder unterschreiten. DieseGrenzwerte entsprechen im Sport ultimativen Welt-rekorden. Beim 100-Meter-Sprint der Männer liegtdie Schallmauer Toussaints Berechnungen zufolgebei 9,726 Sekunden. Einen Marathon werden männ-liche Sportler demnach niemals schneller als 2:03:14Stunden laufen, prognostizieren die Biomediziner.

M1.6 Das Ende der Rekorde

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Arbeitsvorschlag

Der Text berichtet von einer französischen Arbeitsgruppe, die festgestellt hat, dass es in naher Zukunftkaum noch neue Rekordmarken im Sport geben wird. Halten Sie die Idee für richtig, dass statt der Jagdnach neuen Rekorden und neuen Bestleistungen bald ästhetische Kriterien für den Sport gelten könnten?Diskutieren Sie, ob ein neuer ästhetischer Sport auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann!

Wäre es einen Ausweg, den Sport durch Cyborgs oder Maschinenmenschen durchführen zu lassen, für diees die „natürlichen“ Grenzen „normaler“ Menschen nicht gibt? Fragen Sie sich, ob dann noch MenschenSport treiben oder Maschinen. Ziehen Sie dazu die Überlegungen heran, die sie bei den Kriterien Spiel undArbeit diskutiert haben.

22 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Toussaint gibt sogar an, wann diese letzten Rekord-marken fallen werden: im 100-Meter-Lauf 2019, imMarathon wohl erst 60 Jahre später. […] Doch wiereagieren Zuschauer und Medien, wenn keine Re-korde mehr fallen? Die Faszination wird sich aus an-deren Quellen speisen müssen. Eine Entwicklung,die Jürgen Mallow, Cheftrainer des DeutschenLeichtathletik-Verbandes, begrüßt. ‚Das übermäßigeInteresse an Rekorden ist krankhaft‘, sagt er. Der

Sport ziehe seine Spannung aus dem Wettbewerb.Und auch ohne Rekorde wird es weiter Sieger ge-ben. Er hofft, dass sich die Zuschauer dann wiederauf die Ästhetik des Sports besinnen. ‚Es ist dochschön, einen Speer weit fliegen zu sehen‘, sagt er.‚Ob er dann 90 Meter weit fliegt – wie bei den Män-nern – oder 70 Meter wie bei den Frauen ist dochegal.‘“

Mathias Stamm, Süddeutsche Zeitung vom 13.02.2008

Doping – Sport und LeistungM1 – Leistung: Kulturelle Grundlagen M1.6/2

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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23Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Der Parkour-Begründer David Belle sieht Parkournicht nur als Sportart, sondern vielmehr als kreativeKunst, die dabei hilft, die eigenen durch Körper undUmwelt gesetzten Grenzen zu erkennen und zu über-winden – ohne den Hintergedanken, andere mit sei-nem Können beeindrucken zu wollen. Gefährlicheoder waghalsige Situationen sind nicht Inhalt vonParkour (wie z.B. Flips oder Salti). Zu erwähnen ist,dass Parkour keinen kompetitiven Aspekt beinhaltet –somit Wettkämpfe daher nicht in der Natur von Par-kour liegen.

In der Philosophie des Parkour ist der respektvol-le Umgang des Traceurs mit seiner Umgebung undseinen Mitmenschen Pflicht. Der Traceur ist auf seineUmgebung angewiesen und sollte deshalb darumbemüht sein, sie intakt zu halten, auch wenn er un-gewöhnliche Wege beschreitet. Ebenso ist er auf dasVerständnis seiner Mitmenschen angewiesen, wenner seinen Weg geht. Also sollte er auch anderen, dieungewöhnliche Interessen haben, offen entgegen-treten und nicht von Vorurteilen beherrscht sein.

www.le-traceur.net/parkour-philosophie.php

Doping – Sport und LeistungM2 – Parkour M2.1, M2.2

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M2.1 Parkour Philosophie

Arbeitsvorschlag

Lesen Sie den Text „Parkour Philosophie“, in dem die Traceure selbst die Philosophie des Parkour beschrei-ben. Unterstreichen Sie alle Hinweise, die sich auf die Rolle des eigenen Körpers, den Darstellungs aspekt,den Leistungsbezug und die ethisch-moralischen Aspekte beziehen.

M2.2 Gedicht in Schweizer Mundart über Parkour

Arbeitsvorschlag

Versuchen Sie, das Gedicht zu übersetzen! Können Sie sich eine musikalische Umsetzung des Gedichts vorstellen? Gibt es eine Verbindung von Mundart und Sportart? Stellen Sie das Programm der Traceureheraus! Bewerten Sie die Synthese von regionaler Sprache und globalem Programm!

Öppis über Parkour

Ich han e Liidäschaft, sie heisst Parkour,bittä verwächslä das nöd mit enre langwiligä Parkuhr

vom David erfundä,jetzt verdiänt er Gäld demit, es isch ihm glungä,

doch Parkour isch vielmeh als eifach nur en Sport,ich verzell dir jetzt öppis und es stimmt jedes Wort

so gschnäll und effiziänt vo A nach B wiä möglich,läbsch es falsch oder gar nöd – isch es schädlich

doch mit härtem Training und vertrauä i sin Körper,isch es öppis vom Schönschtä, ich schwörs der

effiziänt und mit Flow gasch dur d Wält,du häsch niä s höchschtä Ziel erreicht, denn Parkour kännt keis Änd

kännt kei Unterschied vo Gschlächt, Huutfarb, Kultur und Religion,Parkour isch wiä e Vision

schweiz.parkourone.net/news/gedicht-uber-parkour-%E2%80%9Coppis-uber-parkour%E2%80%9D

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24 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

David Belle, geb. 29. April 1973 in Fécamp, Frank-reich, ist ein französischer Schauspieler und gilt alsBegründer der Kunst der Fortbewegung, genannt LeParkour.

David Belle lernte als Kind von seinem Vater dieMéthode Naturelle, eine Kunst der Bewegung durchdie Landschaft mit ihren natürlichen Hindernissenim Einklang mit Natur und Umwelt. Ende der 80erJahre übertrug er spielerisch diese Methode auf dieurbane Landschaft des Pariser Vorortes Lisses ausBeton und Stahl. Aus den spielerischen Verfolgungs-jagden der Kinder über Treppen, Tischtennisplatten,Papierkörbe und kleine Bäche entwickelten dieFreunde als Jugendliche durch Einbeziehung immerschwierigerer Hindernisse wie Mauern, Zäune, Bau-gerüste und später Gebäudefassaden und Hochhäu-ser den Parkour.

Belle studierte Schauspielerei und spielte beimehreren kleineren französischen Fernsehproduk-tionen mit. Er spielte darüber hinaus die meiste Zeitin Werbespots. Aber auch als Stuntman und Darstel-ler in Produktionen wie Die purpurnen Flüsse 2 – DieEngel der Apokalypse, Prince of Persia und TheTransporter. Seine bisher größte Rolle spielte er inPierre Morels Film Ghettogangz – Die Hölle vor Parisals Hauptdarsteller an der Seite von Cyril Raffaelli. Indessen Fortsetzung Ghettogangz 2 – Ultimatum, der2009 in den französischen Kinos anlief, spielte erwieder die Hauptrolle an der Seite von Cyril Raffaelli.

Er führte etwa drei Jahre eine Gruppe aus Trai-ningskollegen und Gleichgesinnten an, die soge-nannten ‚Yamakasi‘. Wegen Differenzen bezüglichder zukünftigen Ausrichtung des Parkour trenntensich die Freunde jedoch.

Wikipedia (überarbeitet, gekürzt)

Doping – Sport und LeistungM2 – Parkour M2.3

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M2.3

Arbeitsvorschlag

Recherchieren Sie die Entstehung und Verbreitung der Sportart Parkour. Diskutieren Sie, was diese Bewe-gungskultur im Vergleich zum traditionellen Sport ausmacht, wenn Sie insbesondere die „Gütekriterien“für einen guten Sportler und einen guten Traceur vergleichen.

Foto ©: Adelina Horn/www.leipzig-leben.de (CC BY 2.0),http://www.flickr.com/photos/75696330@N02/8000741975/sizes/z/in/photostream/

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25Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Längst ist die Trendsportart Parkour aus dem

Schatten anderer Bewegungsformen herausge-

treten. Mit der Popularität kommt auch der Kom-

merz:

„‚Immer der gleiche Mist‘, murrt der Postbote undschiebt die graue Depotkiste zurecht. Jeden Sams-tag geht das so, wenn sich Benedikt, Aron und Mar-tin im tristen Parkhaus im Münchner Olympiazen-trum treffen. Die Teenager nennen sich ‚Traceure‘,und die Kiste, in der der genervte Postbote Werbe-prospekte zwischenlagert, dient ihnen als Katapult,um mit explosivem Katzensprung die meterhoheMauer dahinter zu überwinden. ‚Wir wollen‘, erklärtder 19-jährige Rettungsassistent Benedikt den neu-en Kult ‚Le Parkour‘, ‚so effizient wie möglich vonPunkt A nach Punkt B kommen.‘

Befeuert von Musikclips und Filmen mit mutigenFlügen über Garagenhöfe, hat sich die Zahl der ‚Tra-ceure‘ hierzulande in wenigen Monaten auf ge-schätzte 2000 verdoppelt. Inzwischen bahnt sich dieJugend mit einem Dutzend Grundtechniken – Felg -unterschwung, Hechtrolle, Hockwende – den direk-ten Weg durch fast alle Großstadtwüsten. Nun ha-ben Verbände und Forscher die Bewegung entdeckt.Den Individualisten drohen Kommerz und Mainstre-am.

[…] Als David Belle seine Eleganz 2001 im Ghetto-Streifen ‚Yamakasi‘ vorführte, war ein Trend geboren,der mit den Parkour-Szenen des Bond-Films ‚CasinoRoyale‘ Ende 2006 nach Deutschland schwappte.Seither buhlen zahlreiche Verbände und Gruppenum die Betonakrobaten. Wohl wissend, dass sich mitfrischen Trends […] eine Menge Geld verdienen lässt,möchte etwa die Parkour Worldwide Association

Deutschland (Pawa) per Foren und Work shops mög-lichst viele Traceure binden. Pawa-Präsidentin SandraHess plant gar ein ‚deutschlandweites Trainingsnetz‘und sucht angeblich den ‚gesunden Mittelweg‘. Da-bei ist der Kommerz längst beim Kult angekommen.Im Juni initiierte die Event-Agentur Kultos, flankiertvon Sponsoren und Tausenden Zuschauern, die ersteParcouring-WM in München. ‚Das Ganze wird zukommerziell‘, klagt Schüler Martin, 16, der den Sportseit einem Jahr betreibt. ‚Parkour ist Selbstfindungund Selbsteinschätzung, nicht Egotrip und Wettbe-werb.‘

Der Outdoor-Kick soll nun sogar flächendeckendin die Turnhallen einziehen: Das aktuelle Lehrerma-gazin ‚Sportunterricht‘ hält die ‚erlebnisorientierteDoppelstunde Parkour‘ bereit, Hauptschulen wie je-ne in Gifhorn richten einschlägige Arbeitsgemein-schaften ein, und Susanne Pape-Kramer vom Tübin-ger Institut für Sportwissenschaft tüfftelt am Hallen-projekt mit handelsüblichem Turngerät. Parkour,erklärt Pape-Kramer, sei ‚das perfekte Vehikel, umvon der Leistungsorientierung wegzukommen undauch Kindern ohne Szenekontakt neuen Bewe-gungsspaß zu vermitteln‘.

Benedikt, Aron und Martin finden das ‚voll dane-ben‘. Die Münchner loten ihre Grenzen lieber drei-mal pro Woche im Freien aus. Im Olympiazentrumfinden sie wahre Herausforderungen – Mauern,Treppen, Dächer. Da kann die Uni Hannover in derFakultät Architektur und Landschaft anhand vonTraceur-Beobachtungen noch so lange dreidimen-sionale Hindernismodelle basteln.“

Axel Wolfsgruber, 02.07.2007, FOCUS Online:www.focus.de/kultur/leben/trendsport-nur-ein-

katzensprung_aid_222122.html

Doping – Sport und LeistungM2 – Parkour M2.4

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M2.4 Nur ein Katzensprung

Arbeitsvorschlag

Die Traceure Benedikt, Aaron und Martin sind der Auffassung, dass Parkour nicht in den Sportunterrichtgehört. Versuchen Sie herauszufinden, welche Gründe der Text dafür anführt. Halten Sie es für möglich,dass es an Ihrer Schule eine authentische Unterrichtseinheit in Parkour geben könnte? Stellen Sie sich vor,welche Elemente in einer solchen Einheit vorkommen müssten.

Was halten Sie vom Verhältnis Parkour und Kommerz, zum Beispiel Parkour in Videos und Filmen?

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26 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – Sport und LeistungM3 – Geregelte Ungleichheit M3.1/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M3.1 Geschlecht als Leistungsklasse. Der kleine Unterschied und seine großen Folgen am Beispiel der „gender verification“

1. Gemischt -geschlechtlicherSpiel- und Wettkampfbetrieb

2. Freiwillige Geschlechter -segregation vonSpiel- und Wettkampfbetrieb

3. ObligatorischeGeschlechter -segregation vonSpiel- und Wettkampfbetrieb

4. Ausschluss einesGeschlechts vomSpiel- und Wett-kampfbetrieb

5. ObligatorischeTeilnahme beiderGeschlechter amSpiel- und Wett-kampfbetrieb

Beschreibung

Gemeinsamer Wettbewerb undgemeinsame Bewertung

Freiwillige Segre gation vonWettbewerb und/oder Bewertung

3.1. getrennterWettbewerb mitMöglichkeit zumLeistungsvergleich(gemeinsame Rahmenveran -staltungen)

3.2. getrennterWettbewerb ohneMöglichkeit zumLeistungsvergleich(getrennter Veran-staltungsrahmen)Wettkampfbetriebnur für ein Ge-schlecht

Gemeinsamer bzw.gemischter Wett-kampfbetrieb(Mannschaften obli-gatorisch gemischt-geschlechtlich)

Beispiele

Reit-, Segel-, Motorsport

Schach, Billard

3.1 Leichtathletik3.2 Fußball, Eishockey, Boxen

Reckturnen

Paartanz

Inklusionsmodus

der Geschlechter

(in Leistungsrollen)

Vollinklusion

(freiwillig) segregierte Inklusion

Segregierte Inklusion

Exklusion

Inklusion ist nur alsgemischtge-schlechtliches Paarmöglich

Wahrgenommener

Zusammenhang

von Geschlechter-

differenz und

sportlicher

Leistung

Keine Relevanz der Geschlechter -differenz für diesportliche Leis-tungsfähigkeitKeine theoretisch-logische aber fakti-sche Relevanz derGeschlechterdiffe-renz für sportlicheLeistungRelevanz der Geschlechter -differenz für körperliche Leistungen

Geschlecht begrün-det den Ausschlussvon bestimmtenkörperlichen Leis-tungenGeschlechterdiffe-renz als konstituti-ves Prinzip derMannschafts -bildung

Tabelle nach: Müller, Marion: Geschlecht als Leistungsklasse. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 35, Heft 5, Oktober 2006, S. 392–412; S. 397

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27Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – Sport und LeistungM3 – Geregelte Ungleichheit M3.1/2, M3.2

Arbeitsvorschläge

Erstellen Sie eine Übersicht, in der Sie männliche und weibliche Geschlechterstereotype gegenüberstellen.Der Sport fokussiert diese Polarität in unterschiedlicher Weise. Werten Sie die Tabelle M3.1 aus. WelcheSportarten lassen sich als „typisch weiblich“ oder „typisch männlich“ einordnen? Welche Möglichkeiten se-hen oder kennen Sie, Geschlechterstereotypen im Sport aufzubrechen?

Die Geschlechtersegregation im (Hoch-)Leistungs-sport mit unterschiedlichen Wettbewerben und Re-geln für Frauen und Männer wird mit der körper-lichen Geschlechterdifferenz und der damit verbun-denen sportlichen Leistungsfähigkeit begründet.Unklar bleibt jedoch, warum nicht auch andereMerkmale, deren Korrelation mit sportlichen Leis-tungserfolgen mindestens genauso offensichtlichist, zur Bildung von Leistungsklassen herangezogenwerden. Beispiele hierfür sind die Körpergröße oderdie ethnische Herkunft. Am Phänomen der bis voreinigen Jahren üblichen Praxis der labortechnischenÜberprüfung der weiblichen Geschlechtszugehörig-keit im Wettkampfsport kann nachgewiesen werden,

dass die besondere Relevanz der Geschlechterdiffe-renz im Sport sich nicht allein durch den Verweis aufLeistungsdifferenzen erklären lässt. Vielmehr scheintdie latente Funktion der Geschlechtertrennung imWettkampfsport in der Markierung, dramatischen In-szenierung und Reproduktion der Geschlechterdiffe-renz zu liegen. Geschlecht ist demzufolge nebendem Leistungsprinzip ein konstitutives Struktur-merkmal des Sports. Die Gründe hierfür liegen ver-mutlich in der historischen Parallele der funktiona-len Ausdifferenzierung des Sportsystems und derEtablierung der Geschlechterdifferenz als universellgültiges Ordnungsprinzip im 19. Jahrhundert.

aus: Müller, Marion: Geschlecht als Leistungsklasse. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 35, Heft 5, Oktober 2006, S. 392–412; S. 392

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M3.2 Caster Semenya

Foto ©: Jeffrey Barbee

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28 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Caster Semenya kommt im Sommer 2009 in die

Schlagzeilen. Die Athletin soll intersexuell sein.

Der Weltleichtathletikverband (IAAF) reagiert:

„Die IAAF will am 20. oder 21. November bei einerExekutivsitzung die Fakten zur möglichen Zweige-schlechtigkeit der Südafrikanerin auf dem Tisch ha-ben. Caster Semenya wurde einem Geschlechtstestunterzogen. ‚Wir haben noch nicht alle Resultate,und die, die wir haben, müssen noch von Expertenuntersucht werden‘, sagte IAAF-GeneralsekretärPierre Weiss.

Man prüfe derzeit, ob man diese Resultate einerExpertengruppe ausserhalb des Weltverbands oderdoch der eigenen medizinischen Kommission vorle-gen sollte – oder vielleicht auch beiden. Caster Se-menya war drei Wochen vor der WM aus der ‚Ver-senkung‘ aufgetaucht und war die 800 m in 1:56,72Minuten gelaufen. Die IAAF hatte einen Start man-gels Beweisen nicht verhindern können, wollte aberaufgrund von Zweifeln an ihrer Weiblichkeit einenGeschlechtstest der 18-Jährigen.

Die in Südafrika zur Nationalheldin aufgestiegenejunge Sportlerin ist übrigens nicht der einzige derar-tige Fall. Laut Weiss ist sie sogar schon der achte seit2005. ‚Vier Athleten sind von uns aufgefordert wor-den, ihre Karrieren zu beenden‘, sagte Weiss, deraber weder Namen noch Nationalitäten der Betroffe-nen veröffentlichen will. Die anderen vier Sportlerwaren freigesprochen worden. Es habe Athleten ge-troffen, die ‚an Weltmeisterschaften oder Olympi-schen Spielen teilgenommen haben‘.

Im Fall Semenya waren die Wogen in Südafrikahochgeschlagen, dem Veranstalterland Deutschlandwar gar Rassismus vorgeworfen worden. ‚Es ist klar,dass sie eine Frau ist, aber vielleicht nicht zu 100Prozent. Man muss prüfen, ob sie im Vergleich zu ih-rer Konkurrenz aus einer möglichen Intersexualitäteinen Vorteil gehabt hat‘, sagte Weiss.“

Quelle: Neue Zürcher Zeitung: 10. September 2009

Intersexualität ist ein Oberbegriff für vorgeburt-liche (genetische, chromosonale oder hormonel-le) Entwicklungen, die dazu führen, dass einMensch nicht eindeutig männlich oder weiblichist. Manche werden mit Geschlechtsmerkmalengeboren, die eine Zuordnung schwierig machen,bei anderen tritt der Unterschied erst in der Pu-bertät zutage. Dies kommt etwa einmal pro 2000Geburten vor. Intersexuelle werden trotzdemrechtlich einem der beiden Geschlechter zugeord-net und medizinisch so behandelt, z.B. durchOperationen. Diese medizinische Praxis und dasgesellschaftliche Zwei-Geschlechtersystem wer-den von zahlreichen Intersexuellen kritisiert, dasie zu großen psychischen Belastungen führen.Die älteren Begriffe „Hermaphrodit“ oder „Zwit-ter“ werden heute durchaus stolz als Selbstbe-zeichnung verwendet.Fuge, Martin: Lesbische und schwule Lebensweisen. Handreichung für dieweiterführenden Schulen. Herausgeber: Landesinstitut für Schule und Me-

dien Berlin-Brandenburg (LISUM). Ludwigsfelde-Struveshof 22008, S. 19

Doping – Sport und LeistungM3 – Geregelte Ungleichheit M3.3, M3.4/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M3.3 Weltverband will Gewissheit über Semenya. Die Zukunft der 800-m-Weltmeisterin liegtin den Händen der IAAF

Als Andreas Krieger noch Heidi Krieger war, glaubtesie, Doping sei in der DDR nur in Einzelfällen vorge-kommen. Wenn jemand etwas anderes behauptete,konnten Fäuste fliegen. Propaganda sei das, nichtsmehr als ein Versuch, die DDR schlecht zu machen.So sagte sie es noch 1991 zu ihrer Mutter, fünf Jahrenachdem sie in Stuttgart die Europameisterschaft imKugelstoßen gewonnen hatte. Ihre Mutter hatte siewegen eines Buches der früheren Westsportlerin Bri-gitte Berendonk gefragt. Es sollte Krieger noch ein-

holen.Denn kurz darauf war Heidi Krieger am Ende. In

diesem Körper konnte sie nicht mehr leben, so vielwusste sie. Was sie nicht wusste: Es gab einen Aus-weg. Krieger wollte sich umbringen. Nur ein Zufallhielt sie ab, und sie entschied sich, ihr Leben umzu-krempeln. Zehn Jahre später war Heidi Krieger tot.Als Andreas Krieger gab sie sich die Chance auf ei-nen zweiten Versuch.

Die Geschlechtsumwandlung als letzter Ausweg.

M3.4 Das neue Leben von Andreas Krieger

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29Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Der Arzt reagierte alarmiert. „Haben Sie in IhrerSportkarriere Dopingmittel bekommen?“, fragte er.Nein, sagte Krieger wieder. „Sind Sie sicher?“, insis-tierte der Arzt, Krieger begann nachzudenken. DerHeidelberger Zellbiologe Werner Franke, Ehemannvon Brigitte Berendonk, verschaffte ihm Gewissheit.Er hatte nach der Wende Doktorarbeiten und Habili-tationsschriften aus einer DDR-Kaserne in Bad Saa-row sichergestellt, die flächendeckendes Doping inder DDR dokumentierten. Der Staatsplan 14.25 sah„unterstützende Mittel“ für bis zu 10000 Athletenvor, und wie so viele hatte Heidi Krieger seit ihrem16. Lebensjahr Oral-Turinabol bekommen. Ohne ihrWissen, als „Sportlerin 54“, eine Nummer auf demWeg zu Ruhm und Ehre für ihren Staat.

Das Mittel, ein männliches Sexualhormon, ge-langte als „blaue Pille“ zu trauriger Berühmtheit.Kriegers Trainer Willi Kühl steigerte die Dosierunglangsam, im achten Jahr waren es 2590 Milligramm– doppelt so viel wie der Kanadier Ben Johnson, der1988 in Seoul überführt wurde. Krieger war außersich. Wie hatte sie so blind vertrauen können?

„Ich wollte das nicht sehen“, sagt Andreas Kriegerheute. Nun muss er die gleichen Hormone schluckenwie damals, um als Mann leben zu können. Spätfol-gen der jahrzehntelangen Medikation sind wahr-

scheinlich. Krieger will es nicht wissen. Er will leben.Niklas Schenk 24.1.2011, www.fluter.de/de/doping/thema/9000/

Transsexualität bedeutet, dass jemand sich nichtals seinem biologischen Geschlecht zugehörigfühlt, sondern sich als das genau andere empfin-det. In der Bundesrepublik ist eine Geschlechtsan-gleichung auf medizinischer (Hormonbehandlungund Operation) und rechtlicher (nach dem Trans-sexuellengesetz TSG) Ebene möglich. Es wird je-doch von Transsexuellen auch starke Kritik amTSG geübt und eine Reform ist geplant. Frau-zu-Mann-Transsexuelle heißen Transmänner, Mann-zu-Frau-Transsexuelle Transfrauen. Der Ausdruck„transidentisch“ ist treffender als „transsexuell“,da viel deutlicher der Aspekt, um den es geht,nämlich Identität, in den Vordergrund gerücktwird. Über die Sexualität transidentischer Men-schen lassen sich keine verallgemeinernde Aussa-gen machen: Sie leben die ganze Vielfalt an se-xuellen Orientierungen, die Menschen, bei denensich (zufälligerweise) das Geburtsgeschlecht mitdem gelebten deckt, auch leben. Fuge, Martin: Lesbische und schwule Lebensweisen. Handreichung für die

weiterführenden Schulen. Herausgeber: Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM). Ludwigsfelde-Struveshof 22008, S. 20

Doping – Sport und LeistungM3 – Geregelte Ungleichheit M3.4/2, M3.5/1

Arbeitsvorschlag

Im Sport tritt die Normierung von Weiblichkeit und Männlichkeit klar zu Tage. AlsWettkampfteilnehmer_in muss man sich klar einer Kategorie zuordnen, um dem Prinzip der „geregeltenUngleichheit“ zu genügen. Diskutieren Sie, was dieses Prinzip in Bezug auf den Sport transsexueller Men-schen bedeutet? Lesen Sie die Fallbeispiele von Caster Semenya und Andreas Krieger. Diskutieren Sie imAnschluss, wie sich die Geschichten voneinander unterscheiden? Welche Gemeinsamkeiten gibt es?

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Vor den Paralympics legen die Sportverbände

und Ärzte sogenannte „Startklassen“ fest. Sie

sollen für faire Wettkämpfe sorgen. Aber es lässt

sich nicht jede Ungleichheit vermeiden. Ein Jour-

nalist berichtet von Paralympics in Peking:

„Wie achtlos weggeworfen sehen sie aus, die beidenBeinprothesen neben dem Siegerpodest. Rollstühlestehen hinter vielen der Startblöcke. Einer derSchwimmer kommt gerade aus der Umkleide; aufKnien bewegt er sich vorwärts, er hat nur einen

Unterschenkel. Anderen fehlen Teile der Arme, oftsind gleich mehrere Gliedmaßen gelähmt. Wiederandere wirken völlig unversehrt auf dem Weg insWasser. Es geht, für den Außenstehenden jedenfalls,heillos durcheinander beim Warmschwimmen imWasserwürfel von Peking […]“

Der Sprung ins Wasser, das ist der besondere Mo-ment. Dann nämlich sind die Sportler mit einem Malalle gleich, egal welche Behinderung sie haben. Esmag auch beim Start noch ungerecht aussehen. Wie

M3.5 Startklassen der Paralympics: Hinter der optischen Wahrnehmung

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Arbeitsvorschläge

Um einen „gerechten“ Wettkampf zu organisieren werden die Sportler_innen im Wettkampfsport der Be-hinderten hinsichtlich ihrer körperlichen Voraussetzungen klassifiziert. Dazu werden sie vermessen und eswird der Umfang ihrer körperlichen Beeinträchtigung in Bezug auf die durchzuführende Sportart bzw.sportliche Disziplin bestimmt.

Diese Klassifizierungen sind stark umstritten, weil sie letztendlich nicht eineindeutig sein können. Versu-chen Sie dieses „Ordnungsproblem“ so genau wie möglich zu beschreiben. Recherchieren Sie, wie sich dieKlassifizierungen in der Geschichte der Paraolympics verändert haben. Warum haben diese Veränderun-gen stattgefunden?

Machen Sie eine empirische Studie, indem Sie Menschen befragen, die im Behindertensport aktiv sind. Fin-den Sie heraus, welche Motive sie haben, Sport zu treiben und wie sie zu dem Problem der Klassifizierungstehen.

30 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

am Mittwoch bei den 50 Metern Schmetterling derMänner: Drei Athleten starteten wegen ihrer Behin-derung aus dem Wasser, fünf von den Blöcken. Einervon ihnen fiel mehr ins Becken, als dass er sprang,und lag gleich mehrere Meter zurück. Im Wasseraber geht das Rennen los. Dann hat plötzlich auchder ohne Arme eine Chance gegen Konkurrenten,die die Kraft von beiden nutzen können. So wie derChinese Junquan He, der mit dem Kopf anschlagenmusste und doch Zweiter wurde. „An diesem Bei-spiel kann man erkennen, wie wichtig die die Eintei-lung in Startklassen ist. Ohne sie könnten die Para-lympics nicht funktionieren.“ Sie sorgt, so gut eseben geht, für gleiche Voraussetzungen in jeder der20 Sportarten. Schwimmen ist, neben der Leichath-letik, am stärksten ausdifferenziert. Zehn Klassen,von S1, den schwersten Behinderungen, bis S10, denverhältnismäßig leichten, dazu noch drei Spezial-klassen für Sehbehinderte. Multipliziert man das mitder Zahl der Strecken, kommt man auf eine kaum zuüberschauende Zahl von Entscheidungen. 140 sindes in Peking – von 472 bei den Paralympics insge-samt.

Wer schwimmen will, muss während der Saisonklassifiziert werden. Wer klassifiziert werden will,muss sich vermessen lassen. Banktest heißt das beiden Schwimmern. Weil man auf einer Bank liegt,

während die Gliedmaßen in Zentimetern erfasstwerden. Auch die Winkel, in denen Arme und Beinebewegt werden können, gehören zum Bild. Ein zwei-ter Test dann im Wasser: Wie ist, über eine bestimm-te Strecke, die Maximalgeschwindigkeit.

[…] Erst beides zusammen lässt eine Aussage zuüber die Vergleichbarkeit der körperlichen Voraus-setzungen. Das Kriterium ist der Vortrieb – die Fä-higkeit, sich im Wasser vorwärts zu bewegen. Die ist,je nach Behinderung, unterschiedlich ausgeprägt.Hätte jeder Schwimmer nur eine einzige Behinde-rung, wäre die Einteilung kein Problem. Weil aberhäufig vieles zusammenkommt, muss gemessen undgewichtet werden. Was nach exakter Wissenschaftklingt, ist aber immer nur Annäherung. Und auch dieGrenzen zwischen den Startklassen sind ein Stückweit willkürlich gesetzt. Wann ist einer noch S5 oderschon S4? Von ‚Borderlinern‘ sprechen die Schwim-mer, wenn einer sich nahe an so einer Grenze be-wegt. Und je näher er an der Obergrenze liegt, destobesser seine körperlichen Voraussetzungen. […] Sooder so: Für die Zuschauer scheint es auf so viel The-orie am Ende gar nicht anzukommen. Bis untersDach sind die Tribünen des Wasserwürfels gefüllt, je-des der Rennen wird mit Leidenschaft begleitet. Pa-ralympisches Schwimmen funktioniert auch auf denersten Blick: Wer als erster anschlägt, ist der Sieger.Ganz ohne Rechnen, ganz ohne weitere Gewichtungder Ergebnisse […]“

Christian Kamp, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.09.2008: www.faz.net/-g81-z55u. Text gekürzt

Doping – Sport und LeistungM3 – Geregelte Ungleichheit M3.5/2

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Bitte An- und Abführungen noch einmal überprüfen, in der Korrektur war dies etwas unklar.

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31Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

NADA Dopingprävention in der Schule – ein Baustein im Präventionskonzept der NADADominic Müser

Modul 1b

Fotos und Collage ©: NADA

Informationen für Lehrende ......................................................................................................................................................32Weiterführende Literatur .................................................................................................................................................................41Didaktische Anmerkungen..............................................................................................................................................................42

Materialien für Lernende (M) .....................................................................................................................................................43M1 – Der Dopingbegriff (M1.1–M1.2) .......................................................................................................................................43M2 – Ursachen von Doping (M2.1–M2.2) ................................................................................................................................44M3 – Folgen von Dopingmissbrauch (M3.1–M3.2) ..............................................................................................................45M4 – Diskussion: Pro und Kontra Dopingfreigabe (M4.1) ..................................................................................................47M5 – Die Dopingkontrolle (M5.1–M5.2) ...................................................................................................................................47M6 – Ein Athlet wird krank (M6.1–M 6.2) .................................................................................................................................49M7 – E-Learning (M7.1)....................................................................................................................................................................50

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32 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Für eine vereinfachte Lesbarkeit wird im gesamten Beitrag

die männliche Form gewählt, sie bezieht sich auf Männer

und Frauen in gleichem Maße.

NADA Dopingprävention in der Schule– ein Baustein im Präventionskonzept„Gemeinsam gegen Doping“

Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) ist diemaßgebliche Instanz für die Dopingbekämpfung inDeutschland. Der Hochleistungssport hat mit seinerLeistungs- und Erfolgsorientierung für die gesamteGesellschaft einen hohen symbolischen Wert. Auchauf den Breiten- und Freizeitsport hat der Spitzen-sport Auswirkungen. Vor allem Nachwuchsathletensind fasziniert von ihren Idolen und streben eineebenso erfolgreiche Karriere im Hochleistungssportan wie ihre Vorbilder. Als ein gesellschaftlicher Be-reich steht der Sport unter anderem für Werte wieToleranz, das Prinzip der Chancengleichheit undFairness. Im Spitzensport stellt Olympisches Golddas höchste erreichbare Wettkampfziel dar. Gold-man (1982) hat in einer Langzeitstudie Hochleis-tungssportler folgende Frage gestellt: Würdest Duein Dopingmittel nehmen, das dir Olympisches Goldgarantiert mit dem Wissen, dass du innerhalb derfolgenden fünf Jahre versterben würdest? 50% derBefragten antworteten mit „Ja“.

Doping stellt eine Bedrohung des Sports mit sei-nen Werten dar. Im Kampf gegen Doping setzt dieNADA auf zwei zentrale Säulen, die Prävention unddas Doping-Kontroll-System. Neben der Verhaltens -prävention ist es wichtig auch das Sportsystem zubetrachten. Die personenbezogenen Aktivitäten in

der Dopingprävention der NADA sind ausgerichtetauf Nachwuchs- und Spitzenathleten, aber auch aufdie Personen im Athletenumfeld, zu denen Eltern,Trainer und Betreuer, Lehrkräfte, Anti-Doping Beauf-tragte und das betreuende Umfeld gehören. AllePräventionsaktivitäten der NADA lassen sich unterdem Präventionskonzept „Gemeinsam gegen Do-ping“ zusammenfassen.

Bei den genannten Zielgruppen stellen Nach-wuchsathleten an den Eliteschulen des Sports inDeutschland eine besondere Zielgruppe dar. „Eine Eli-teschule des Sports ist eine Fördereinrichtung, die imkooperativen Verbund von Leistungssport, Schuleund Wohnen Bedingungen gewährleistet, damit ta-lentierte Nachwuchsathleten sich auf künftige Spit-zenleistungen im Sport bei Wahrung ihrer schuli-schen Bildungschancen vorbereiten können“(Bundeskonferenz der Eliteschulen des Sports, Leipzig2002). Seit 2007 werden Präventionsaktivitäten derNADA in den Eliteschulen des Sports umgesetzt, indenen über 11.000 sportliche Talente gefördert wer-den. Ziel der NADA Prävention ist die langfristige undnachhaltige Vorbeugung gegen Dopingmissbrauch.

1) Doping und MedikamentenmissbrauchDer Begriff Doping wird häufig sowohl im alltäg-lichen Sprachgebrauch als auch medial in unter-schiedlichem Kontext verwendet. In verschiedenenBereichen, wie im Freizeitsport oder in der Arbeits-welt, aber auch in Zusammenhang mit Personen-gruppen beispielsweise Managern, Studenten oderauch Schülern, findet der Dopingbegriff Verwen-dung. Aber was verbirgt sich hinter dem Begriff Do-ping? Ist die Einnahme einer Tablette ohne medizini-sche Diagnose bereits Doping?

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

NADA Dopingprävention in der Schule Foto: © NADA

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Der Dopingbegriff wird mit einer Leistungsstei-gerung in Verbindung gebracht. Diese Absicht derLeistungssteigerung ist negativ behaftet und bein-haltet häufig auch die Vorteilsverschaffung gegenü-ber anderen. Eine einfache Definition von Dopinggibt es nicht. Stetig hat sich die Dopingdefinitionweiterentwickelt und umfasst eine Vielzahl von Tat-beständen. Im organisierten Sport hingegen ist Do-ping ein Begriff, der eindeutig definiert ist. Für Ath-leten und Personen, die an Maßnahmen des organi-sierten Sports in Deutschland teilnehmen, hierzugehören sowohl Trainingsmaßnahmen als auchWettkämpfe, ist die gültige und verbindliche Do-pingdefinition im Nationalen Anti Doping Code(NADC) in Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 2 ver-fasst.

„Doping wird definiert als das Vorliegen einesoder mehrerer [der nachfolgend] in Artikel 2.1 bis2.8 festgelegten Verstöße gegen Anti-Doping Be-stimmungen“ (Art. 1 NADC). Jeder einzelne Verstoßfällt unter Doping. Darunter fallen neben der Ein-nahme verbotener Substanzen auch der Gebrauchbestimmter Methoden wie beispielsweise Blutdo-ping oder das Verweigern oder Unterlassen einerDopingkontrolle.

Die Dopingdefinition im NADC ist ausschließlichfür den organisierten Sport gültig und findet keineAnwendung in anderen Lebensbereichen, auch

nicht im Freizeitsport. Außerhalb des organisiertenSports wird der Begriff Medikamentenmissbrauchverwendet. Hierunter wird die Einnahme von Medi-kamenten oder Substanzen zur Leistungssteigerungohne eine therapeutisch begründete Indikation oderdie Einnahme einer höheren Dosierung, die für dieBehandlung einer Krankheit notwendig wäre, ver-standen. Die Bereitschaft befindlichkeits- und leis-tungssteigernde Mittel einzunehmen ist in der Ge-sellschaft ein präsentes Thema. Ob in der Schule zurVerbesserung der Konzentrationsfähigkeit oder zurBewältigung von Arbeits- und Examensstress, derGriff zu Substanzen in Tablettenform ist ein weit ver-breitetes Phänomen. Bereits in der Kindheit wird dasVerhalten erlernt, dass das Wohlbefinden und diekörperliche oder geistige Leistungsfähigkeit schein-bar mithilfe von Kapseln, Pillen oder Substanzen inPulverform gesteigert werden können. Auch wennes sich um vermeintlich harmlose Inhaltsstoffe han-delt, können unerwünschte gesundheitsgefährden-de Nebenwirkungen entstehen, beispielsweise beieiner dauerhaften Überdosierung von Vitaminen.Aber auch die erlernte bedenkenlose Einnahme vonPräparaten kann Konsequenzen bewirken. Der Be-griff Dopingmentalität erklärt diese Toleranzent-wicklung. Nach Treutlein und Singler (2003) ist Do-pingmentalität die Bereitschaft, erlaubte (und nichterlaubte) Mittel zur Leistungssteigerung zu verwen-

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Verstöße gegen Anti-Doping Bestimmungen, NADA Code 2009

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den wie Nahrungsergänzungsmittel, Schmerzmittelusw. Dopingmentalität entwickelt sich im Zweifels-fall ab der frühesten Kindheit, wenn Kindern durchdie Gabe solcher Mittel vermittelt wird, dass be-stimmte Aufgaben und Schwierigkeiten mit solchenMitteln besser oder ohne sie vielleicht gar nicht zumeistern sind. Diese Bereitschaft in der Gesellschaft,unterschiedliche Krisensituationen im persönlichenoder sportlichen Umfeld mit der Einnahme von Me-dikamenten, Drogen oder Doping im Sport zu lösen,gilt es zu reflektieren und zu überdenken.

Die Dopingdefinition in Artikel 1 in Verbindungmit Artikel 2 des NADC bildet die Grundlage, Do-pingverstöße im organisierten Sport festzustellenund zu sanktionieren. Der NADC als Regelwerk fürden organisierten Sport in Deutschland basiert aufder Grundlage des Welt Anti Doping Codes, demweltweit verbindlichen Regelwerk der Welt Anti-Do-ping Agentur.

2) Der Kampf gegen Doping – Institutionen und RegelwerkeIm internationalen Kampf gegen Doping im organi-sierten Sport ist die Welt Anti-Doping Agentur (WA-DA) die oberste Instanz, die auch die weltweit ver-bindlichen Anti-Doping Regeln vorgibt. Auslöser fürdie Gründung der WADA waren gehäufte Doping -skandale im Sport im Jahr 1998, beispielsweise dieFestina Affäre bei der Tour de France. Als Konse-quenz wurde die erste Weltkonferenz „Doping imSport“ in Lausanne 1999 einberufen. Das Ergebnisdieser Konferenz auf Initiative des InternationalenOlympischen Komitees war die Errichtung einer un-abhängigen Institution im Kampf gegen Doping, dieErrichtung der WADA. Eine der wichtigsten Aufga-ben der WADA war und ist es, ein weltweit einheitli-ches Regelwerk für alle Länder und Sportarten zurBekämpfung von Doping zu erarbeiten, zu etablie-ren und weiterzuentwickeln. Der Welt-Anti-Doping-Code (WADC) dient als Grundlage und Vorausset-zung für internationale Gerechtigkeit und Chancen-gleichheit für alle Athleten im Sport. Der ersteWADC trat im Januar 2004 in Kraft und umfasste (1) elementare Vorschriften darüber, was verbotenist und wie bei Verstößen vorzugehen ist, (2) die maßgeblichen Internationalen Standards mitpraktischen Vorgaben zur Umsetzung des WADC aufbestimmten Gebieten (Dopingkontrollen, Daten-

schutz, Medizinische Ausnahmegenehmigung, Mel-depflichten, Labore) und (3) Empfehlungen zur bestmöglichen Umsetzung,die als Orientierung dienen.

Das aktuell gültige Regelwerk ist der WADC 2009,der in den einzelnen Ländern in einen nationalenAnti-Doping Code (NADC) umgesetzt wird. DerWADC, als Grundlage für sämtliche Anti-Doping Re-gelwerke, ist kein staatliches Regelwerk. Um denWADC jedoch auf die staatliche Ebene zu transpor-tieren, wurde er im Internationalen Übereinkommengegen Doping im Sport verabschiedet (33. Sitzungder Generalkonferenz der UNESCO am 19.10.2005).Bis heute (Stand 2012) haben über 160 Länder, dar-unter auch die Bundesrepublik Deutschland, dasUNESCO-Übereinkommen ratifiziert (vgl. www.wa-da-ama.org/en/Anti-Doping-Community/Govern-ments/UNESCO-International-Convention-against-Doping-in-Sport/Ratifications/Europe/).

In Deutschland hat die NADA die Aufgabe über-nommen, den WADC in ein nationales Anti-DopingRegelwerk umzusetzen. Für den deutschen Sport istdaher der NADC das wichtigste sportartenübergrei-fende Regelwerk im Bereich des Anti-Doping Kamp-fes. Der NADC basiert auf dem WADC und beinhaltetdie Vorgaben der WADA, beispielsweise in Artikel 1in Verbindung mit Artikel 2, die Dopingdefinition.Die Regelungen des NADC werden erst durch ver-tragliche Vereinbarungen mit den Verbänden unddie Umsetzung in die Verbandsregelwerke verbind-lich. Die Athleten werden dann beispielsweise durchdie Unterzeichnung von Regelanerkennungsverträ-gen, Lizenzen oder Anti-Doping Erklärungen an dieAnti-Doping Bestimmungen des NADC gebunden.Dies ist in Deutschland nötig, da hier der NADC, an-ders als in einigen anderen Ländern, keine gesetzli-che Grundlage darstellt.

Dopingbekämpfung in Deutschland – Die NADA

Für die Dopingbekämpfung in Deutschland ist dieNationale Anti Doping Agentur (NADA) zuständig.Gegründet wurde die NADA als Stiftung des bürger-lichen Rechts im Juli 2002. Die NADA löste von die-sem Zeitpunkt an die seit 1991 bestehende Anti-Do-ping-Kommission des Deutschen Sportbundes ab.Der Stiftungszweck der NADA ist die Förderung desSports. Die NADA verfolgt das Ziel Fair Play im Sportdurch geeignete pädagogische, soziale, medizini-

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

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sche, wissenschaftliche und sportliche Maßnahmenzu fördern. Die Kernaufgaben umfassen das Doping-Kontroll-System, die Prävention, die medizinischeund juristische Beratung sowie die internationaleZusammenarbeit.

Ein wichtiger Bereich der NADA ist die Präven-tion. „Gemeinsam gegen Doping“ lautet der Slogan,unter dem unterschiedliche Präventionsaktivitätenfür verschiedene Zielgruppen organisiert und umge-setzt werden. Das Präventionsangebot der NADAbeinhaltet unterschiedliche multimediale Informa-tions- und Aufklärungsmöglichkeiten, die zielgrup-penspezifisch ausgerichtet sind. Neben der Entwick-lung und Verbreitung von Informationen stehen dieInteraktion und der direkte Austausch mit den Ziel-gruppen im Vordergrund. Präsenzveranstaltungendes Ressorts Prävention sind daher ein fester Be-standteil der Präventionsmaßnahmen. Das überge-ordnete Ziel der Dopingprävention der NADA ist es,verhaltenspräventiv wirksam zu werden und dasausgerichtet auf verschiedene Zielgruppen. Zu denZielgruppen gehören vor allem Athleten, sowohlNachwuchs- als auch Spitzenathleten, Eltern, Trai-ner, Lehrkräfte, Anti-Doping Beauftragte und das Be-treuungspersonal im Sport, zum Beispiel Physiothe-rapeuten oder Sportpsychologen. Maßnahmen inder Dopingprävention dürfen jedoch nicht aus-schließlich verhaltenspräventiv ausgerichtet sein,sondern müssen auch verhältnispräventiv in denSportstrukturen ansetzen.

Das Ressort Doping-Kontroll-System ist vor allemfür die Umsetzung eines einheitlichen Doping-Kon-troll-Systems in Deutschland zuständig. Die Einrich-tung eines Doping-Kontroll-Systems innerhalb undaußerhalb von Wettkämpfen hat die Förderung undKoordinierung des Kampfes gegen Doping im Sportauf nationaler Ebene zur Aufgabe. Kapitel 3 wird de-tailliert das Doping-Kontroll-System darstellen.

Im Ressort Medizin werden unter anderem Fra-gen zu Medikamenten, Substanzen und Methoden,Medizinischen Ausnahmegenehmigungen (Thera-peutic Use Exemption = TUE) und zu anderendoping relevanten medizinischen Themen beantwor-tet. Außerdem werden im medizinischen Ressort zu-sätzlich so genannte Medizinische Ausnahmegeneh-migungen bearbeitet. Das sind rechtmäßige Freistel-lungen für ansonsten verbotene Medikamente beientsprechendem Krankheitsbild.

Das Ressort Recht ist für die Umsetzung desWADC in den NADC, die rechtliche Beratung und Hil-festellung für Verbände und Athleten, das Ergebnis-management sowie die Einleitung eines unabhängi-gen Schiedsgerichtverfahrens zuständig. Unter demErgebnismanagement werden die Überprüfung undFeststellung möglicher Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen wie z.B. Meldepflicht- und Kontroll-versäumnisse (Art. 2.4 NADC) oder Dopingverstöße(Art. 2.1 NADC und Art 2.2 NADC) verstanden.

In allen Ressorts ist die NADA Beratungs- undAuskunftstelle für Athleten und Sportverbände inDopingfragen. Auch die internationale Zusammen-arbeit in der Dopingbekämpfung, insbesondere mitanderen Anti-Doping-Institutionen sowie die unter-stützende Beratung und Hilfe für Länder, die einenationale Anti-Doping-Organisation aufbauen, ist ei-ne weitere Aufgabe der NADA. Ziel der internationa-len Zusammenarbeit ist es, die Chancengleichheitfür alle Athleten zu verbessern.

3) Prävention und RepressionDie beiden zentralen Säulen in der Dopingbekämp-fung der NADA stellen die Prävention und das Do-ping-Kontroll-System dar. Die präventiven Aktivitä-ten der NADA beinhalten als einen wichtigen The-menbereich auch die Aufklärung und Informationüber das Doping-Kontroll-System in Deutschland.Vor allem Nachwuchsathleten, die im organisiertenSport aktiv sind, sollen frühzeitig über das Doping-Kontroll-System aufgeklärt werden.

Das Doping-Kontroll-System

Das Ressort Doping-Kontroll-System ist für die Pla-nung von Dopingkontrollen, in Form von Urin- undBlutkontrollen, bei deutschen Athleten zuständig.Bei den Kontrollen wird zwischen Kontrollen inner-halb und außerhalb des Wettkampfes unterschie-den. Die Kontrollen außerhalb des Wettkampfeswerden auch Trainingskontrollen genannt. Die NADA organisiert Trainingskontrollen in Deutsch-land für die Mitgliedsverbände des Deutschen Olym-pischen Sportbundes, für die Landessportbünde undfür Projektpartner. Trainingskontrollen können zu je-der Zeit und an jedem Ort außerhalb des Wettkamp-fes stattfinden. Vor allem um Manipulationen vorzu-beugen, finden die Trainingskontrollen unangekün-digt statt. Etwa 8.000 Trainingskontrollen werden

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

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jährlich von der NADA organisiert. Die Kontrollenwerden unter Berücksichtigung verschiedener undsich wandelnder Faktoren geplant, was als intelli-gente Kontrollplanung bezeichnet wird. Bei der Pla-nung von Trainingskontrollen werden beispiels-weise die saisonalen Trainings- und Wettkampfzy-klen der jeweiligen Sportart mit einbezogen.

Testpools und Meldepflichten

Welcher Athlet für eine Kontrolle außerhalb desWettkampfes von der NADA ausgewählt wird, istvon der Einteilung in einen sogenannten Testpoolabhängig. Für die Aufnahme eines Athleten in einenTestpool gibt es kein vorgeschriebenes Mindestalter.Der Leistungshöhepunkt in manchen Sportartenwird teilweise bereits in sehr jungen Jahren erreicht.Daher werden Dopingkontrollen altersunabhängigdurchgeführt. Minderjährige Athleten werden inDeutschland jedoch unter Berücksichtigung beson-derer Regelungen kontrolliert.

In welchen Testpool ein Athlet eingruppiert wird,hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Zum ei-nen ist die Testpooleinteilung von der Sportart ab-hängig. Die Sportarten werden von der NADA einersogenannten Risikogruppe von A bis C (A = hohesDopingrisiko, B = mittleres Dopingrisiko und C = ge-ringes Dopingrisiko) zugeordnet. Die Einteilung ei-ner Sportart in eine Risikogruppe A, B oder C erfolgtanhand unterschiedlicher Faktoren, zu denen dasempirische, physiologische, öffentliche/mediale undfinanzielle Dopingrisiko gehören. Zum anderenmuss jeder Athlet mit einer Trainingskontrolle rech-nen, der Mitglied in einem Bundesleistungskader (A-, B-, C-, D/C-Kader, S- und ST-Kader), Elitepassin-haber oder Profi mit Lizenz ist. Die Testpooleintei-lung eines Athleten findet in Abstimmung zwischender NADA mit dem jeweiligen Verband statt. AlsTestpooleinteilung ergibt sich dann der RegisteredTesting Pool (RTP), der am intensivsten kontrolliertwird, der Nationale Testpool (NTP) und der Allge-meine Testpool (ATP). Über die Testpoolzugehörig-keit wird der Athlet von der NADA informiert.

Für die Planung und Durchführung von unange-kündigten Trainingskontrollen ist es notwendig denAufenthaltsort des Athleten zu kennen. Je nach Test-poolzugehörigkeit müssen Athleten unterschied-lichen Meldepflichten nachkommen, damit Doping-kontrollen außerhalb des Wettkampfes geplant wer-

den können. Mitglieder des Allgemeinen Testpoolsmüssen der NADA ein Athleten-Meldeformular mitAdressangaben und Rahmentrainingsplan übersen-den. Athleten, die dem Nationalen Testpool oderdem Registered Testing Pool angehören, müssender NADA über ein Online Portal (ADAMS = Anti Do-ping Administration and Management System) In-formationen zu Aufenthaltsort und Erreichbarkeit(Whereabouts) mitteilen. Vierteljährlich im Vorauswerden für jeden Tag des kommenden Quartals An-gaben zum täglichen Wohnort, zu Orten und Zeitenregelmäßiger Aktivitäten, zum Beispiel Schule, Uni,Arbeit, zu Trainingsorten und -zeiten und Wett-kämpfen gemacht. RTP Athleten müssen zusätzlichtäglich eine Stunde angeben, in der sie für eine Do-pingkontrolle anwesend und verfügbar sind. Ände-rungen und Aktualisierungen zu den Whereaboutseines Athleten im ADAMS System können jederzeitvorgenommen werden.

In der Bundesrepublik Deutschland befinden sichzwischen 7.000 bis 8.000 Athleten in den verschie-denen Testpoolkategorien, für die Dopingkontrollengezielt geplant werden. Die geplanten Trainingskon-trollen der NADA werden von einer externen Orga-nisation durchgeführt.

Kontrollen innerhalb des Wettkampfes werdenvor allem von den nationalen Spitzenverbänden be-ziehungsweise bei internationalen Wettkämpfenvon dem internationalen Fachverband durchgeführt.Die NADA wird jedoch vermehrt mit der Organisa-tion von Kontrollen innerhalb des Wettkampfes be-auftragt. Das hat den Vorteil, dass die gesamte Do-pingkontrollplanung aus einer Hand gesteuert undkoordiniert werden kann. Auf diese Weise könnendie Sportfachverbände, die bislang die meistenWettkampfkontrollen noch selbst organisieren, ent-lastet und von dem möglichen Verdacht der Ein-flussnahme befreit werden. Häufig werden die Ath-leten auf den Medaillenplätzen kontrolliert und zu-sätzlich ein bis zwei weitere Athleten per Los füreine Dopingkontrolle ausgewählt.

Aus präventiver Sicht ist es wichtig, junge Athle-ten auf ihre erste Kontrolle, ob innerhalb oderaußerhalb des Wettkampfes, vorzubereiten. Es gehtdarum, Athleten mit den Schritten einer Dopingkon-trolle vertraut zu machen, sie über ihre Rechte undPflichte zu informieren und mögliche Ängste vor ei-ner Kontrolle abzubauen.

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

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Nach einer Dopingkontrolle werden die Urin- undBlutkontrollen anonymisiert an ein von der WADAakkreditiertes Labor für die Analyse versendet. Hierwerden die Proben auf verbotene Substanzen analy-siert. Es wird festgestellt, ob ein von der Norm abwei-chendes Analyseergebnis vorliegt. (Hinweis: Das wei-tere Vorgehen im Falle eines abweichenden Analy-seergebnisses wird unter „Doping und die Folgen,rechtliche Sanktionen“ beschrieben). Welche Sub-stanzen und Methoden verboten sind, werden in derVerbotsliste der WADA aufgeführt.

Die Verbotsliste – verbotene Substanzen und

Methoden

Die Verbotsliste ist ein „Internationaler Standard“aus dem Regelwerk der WADA, der auch in Artikel 4des NADCs genannt ist. Diese führt alle verbotenenSubstanzen und Methoden auf und stellt eine verän-derbare Liste dar. Jährlich wird die Verbotsliste über-arbeitet und an die neuesten Erkenntnisse der For-schung angepasst. Eine Substanz oder eine Methodewird dann verboten, wenn sie das Potenzial hat, dieLeistung zu steigern, ein Gesundheitsrisiko für denAthleten darstellt und gegen den Sportsgeist ver-stößt. Werden zwei der genannten Kriterien erfüllt,kann eine Substanz auf die Verbotsliste aufgenom-men werden. Veränderungen und Ergänzungen inder Verbotsliste können ausschließlich von einemmedizinischen Expertengremium der WADA vorge-nommen werden.

Die Verbotsliste ist unterteilt in verbotene Sub-stanzen und verbotene Methoden. Hierbei wirdunterschieden, ob die Substanzen und Methoden je-derzeit, das bedeutet in und außerhalb von Wett-kämpfen, oder nur im Wettkampf verboten sind. Zu-dem kann dieses Verbot alle Sportarten umfassenoder nur einzelne Sportarten betreffen.

Die aktuell gültige Verbotsliste wird mindestenseinmal jährlich von der WADA veröffentlicht. DieNADA veröffentlicht das englische Original und diedeutsche Übersetzung jedes Jahr zum 1. Januar aufihrer Homepage (www.nada-bonn.de).

Tipps und Ratschläge für kranke Athleten

Selbstverständlich können auch Athleten krank wer-den und sollten je nach Erkrankung pausieren. ImKrankheitsfall ist es für einen Athleten wichtig undratsam den behandelnden Arzt zu informieren, dass

er den Anti-Doping Bestimmungen unterliegt. Nichtimmer sind Ärzte und Apotheker in Bezug auf dieBesonderheiten von Athleten als Patienten geschultund mit dem aktuellen Stand der Anti-Doping Be-stimmungen vertraut. Der Athlet selbst trägt die Ver-antwortung sich auch im Krankheitsfall den Anti-Do-ping-Regeln entsprechend zu verhalten. Ein Athlet,der aus medizinischen Gründen ein Medikamenteinnehmen muss, sollte die Inhaltsstoffe des Medi-kamentes auf verbotene Substanzen überprüfen.Dieses dient dem eigenen Schutz, um nicht unwis-

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Verbotene Substanzen und Methoden gemäß

WADA Verbotsliste 2012

(Auszug aus der Verbotsliste 2012)

Substanzen und Methoden, die zu allen Zeiten (in und außerhalb von Wettkämpfen) verboten sind

Verbotene Substanzen

w S0. Nicht zugelassene Substanzenw S1. Anabole Substanzenw S2. Peptidhormone, Wachstumsfaktoren und

verwandte Substanzenw S3. B-2-Agonistenw S4. Hormone und Stoffwechsel-Modulatorenw S5. Diuretika und andere Maskierungsmittel

Verbotene Methoden

w M1. Erhöhung des Sauerstofftransfers (Blutdoping)

w M2. Chemische und physikalische Manipula-tion

w M3. Gendoping

Im Wettkampf verbotene Substanzen und

Methoden

w S6. Stimulanzienw S7. Narkotikaw S8. Cannabinoidew S9. Glucocorticosteroide

In bestimmten Sportarten verbotene

Substanzen

w P1. Alkohol (beispielsweise Bogenschießen)w P2. Betablocker (beispielsweise Golf)Bitte beachten Sie, dass die Verbotsliste mindestens einmal jährlich zum01. Januar aktualisiert wird.

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sentlich in eine Dopingfalle zu geraten. Die schnell-ste und einfachste Möglichkeit zu erfahren, ob eineSubstanz erlaubt oder verboten ist, bietet die onlineMedikamentendatenbank NADAmed. Hier könnengezielt Medikamente und Substanzen eingegebenwerden mit der umgehenden Rückmeldung, ob dieAnwendung erlaubt oder verboten ist. Für Informa-tionen und Rat rund um Medikamente, Substanzenund Methoden, Ausnahmegenehmigungen und an-dere dopingrelevante medizinische Fragen steht dasRessort Medizin zur Verfügung. Printmaterialien derNADA informieren zudem über eine Auswahl an er-laubten Medikamenten.

Für viele Erkrankungen gibt es Medikamente, de-ren Substanzen nicht auf der Verbotsliste aufgeführtsind. Enthält ein einzunehmendes Medikament je-doch verbotene Substanzen und es besteht auchnach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt kei-ne alternative medizinische Behandlung, muss ab-hängig von der Substanz und auch der Testpoolzu-gehörigkeit eines Athleten vor der Einnahme desArzneimittels eine sogenannte Medizinische Aus-nahmegenehmigung (TUE) beantragt werden. DerAthlet reicht gemeinsam mit dem behandelndenArzt den Antrag auf Medizinische Ausnahmegeneh-migung und einen Arztbrief im Ressort Medizin derNADA ein. Ab Einreichung der Unterlagen kann esbis zu 30 Tage dauern, bis eine Medizinische Aus-nahmegenehmigung erteilt wird. Besondere Rege-lungen des nationalen oder internationalen Fachver-bandes sind ebenfalls zu beachten. In lebensgefähr-denden Situationen ist die Behandlung unabhängigder Arzneimittelinhalte sofort durchzuführen. Nachdem Standard für Medizinische Ausnahmegenehmi-gungen muss im Anschluss an eine Notfallbehand-lung bei Gebrauch einer verbotenen Substanz odereiner verbotenen Methode die NADA unverzüglich,spätestens aber 24 Stunden nach Gebrauch und vorder Teilnahme an einem Wettkampf über die Be-handlung informiert werden. Auch bei Operationenmüssen Athleten im Nachhinein den OP-/Entlas-sungsbericht bei der NADA einreichen.

4) Dopingfallen und die Folgen von DopingmissbrauchAthleten, die den Anti-Doping-Bestimmungen zuge-stimmt haben, tragen die Verantwortung, sich ei-genständig über die verbotenen Substanzen und

Methoden zu informieren. Verbotene Substanzenkönnen sich auch da befinden, wo sie nicht vermu-tet werden. Unbeabsichtigtes und unwissentlichesDopen schützt im Fall eines positiven Analyseergeb-nisses nicht automatisch vor den Sanktionen. Daherist es wichtig, über die Anti-Doping Bestimmungenund mögliche Dopingfallen informiert zu sein. Inden NADA Präventionsaktivitäten wird auf Doping-fallen gezielt aufmerksam gemacht.

Zu den versteckten Dopingfallen gehören unteranderem Medikamente aus der Hausapotheke. Auchin frei verkäuflichen Medikamenten, wie zum BeispielGrippemittel, können Substanzen enthalten sein, dieauf der Verbotsliste stehen. Für Athleten ist es ratsamvor der Einnahme von Medikamenten die Substan-zen zu überprüfen. Dieses ist beispielsweise über dieMedikamentendatenbank NADAmed möglich.

Nahrungsergänzungsmittel (NEM) stellen eineweitere mögliche Dopingfalle dar. Medikamente undNEM ähneln sich sehr in der Darreichungsform als Ta-bletten, Pulver und Kapseln. Nahrungsergänzungs-mittel fallen rechtlich betrachtet in den Bereich derLebensmittel. Die gesetzlichen Vorgaben sind durchEU-Richtlinien (2002/46/EG) definiert. Basierend dar-auf gibt es eine Nahrungsergänzungsmittelverord-nung, die eine genauere Definition, unter anderembezüglich der Kennzeichnung und Anwendung vonNEM, vornimmt. Häufig werden NEM als unbedenk-lich eingeschätzt (vgl. Ruep 2011). Neben Vitamin-und Mineralstoffpräparaten sowie Spurenelementenmit Arzneimittelzulassung sind zahlreiche NEM inDrogerien, Supermärkten oder über das Internet er-hältlich. Die Herstellungskriterien für diese NEM sinddeutlich weniger streng als für Präparate mit Arznei-mittelzulassung, so dass immer wieder Produkte ge-funden werden, die für Sportler verbotene Substan-zen wie Steroidhormone oder deren Vorläufer ent-halten (vgl. Geyer 2004). Je nach Herkunft könnendiese gezielt beigefügt worden sein oder als Rück-stände beim Abfüllprozess in Präparate gelangen.Neuere Forschungsergebnisse (2010) zeigen Konta-minationen und Fälschungen mit anabol-androge-nen Steroiden und Stimulanzien. Generell wird insbe-sondere vor Präparaten gewarnt, die mit enormenWirkversprechen wie Muskelwachstum und Ge-wichtsverlust werben. Aufgrund dieser Gefahr rät dieNADA grundsätzlich von der Einnahme von NEM ab.

Auch Cannabinoide stellen für Athleten eine Do-

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

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pingfalle dar. Sowohl natürliche Cannabinoide, Can-nabis, Haschisch oder Marihuana als auch syntheti-sche Cannabinoide und Cannabinomimetika sindauf der Verbotsliste aufgeführt und im Wettkampfverboten. Cannabinoide sind im Körper sehr langenachweisbar. Auch nach einem längeren Zeitraumzwischen dem Konsum von Cannabinoiden, bei-spielsweise in Form von Haschisch oder Marihuanain Trainingsphasen und einer Dopingkontrolle kannder Hauptmetabolit THC im Urin nachgewiesen wer-den und zu einem positiven Analyseergebnis führen.Die lange Nachweisbarkeit von Cannabinoiden be-deutet auch bei einem Konsum außerhalb von Wett-kämpfen in Bezug auf die Anti-Doping-Bestimmun-gen eine Gefahr für den Athleten.

Auch wer Mohnkuchen isst, kann durchaus einpositives Analyseergebnis bei einer Dopingkontrolleriskieren. Die Mohnsamen enthalten je nach Art undMenge in unterschiedlicher Konzentration die imWettkampf verbotene Substanz Morphin. Zudemhat der Konsum von kontaminiertem Fleisch im Aus-land in der Vergangenheit zu positiven Analyse -ergebnissen geführt.

Doping und die Folgen

Die Folgen von Doping können gravierend sein. Do-ping kann die Gesundheit des Athleten beeinträchti-gen, dem Ansehen im sozialen Umfeld schaden,sportrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen undsich finanziell auswirken.

Soziale Folgen: Ein positives Analyseergebnis ei-ner Dopingkontrolle sorgthäufig nicht nur im nahenUmfeld eines Athleten son-dern auch in der Öffentlich-keit für Aufsehen. Sowohl diesportliche Leistungsfähigkeitals auch die persönlichenWerte des Athleten werden inFrage gestellt. Ein des Do-pings beschuldigter Athlet erleidet einen erheblichenImageschaden, und auch dassoziale Umfeld reagiert ent-täuscht und negativ. Häufigwird der Athlet als Betrügerdargestellt. Aber nicht nur derdopende Athlet alleine kann

negativ im Fokus stehen. Gehäufte Dopingfälle in ei-ner Sportart können bewirken, dass ein pauschalesDopingurteil über alle Athleten der Sportart ausge-sprochen wird.

Finanzielle Folgen: Finanzielle Einbußen kön-nen eine weitere Folge des Dopingmissbrauchs dar-stellen. Preisgelder und Fördergelder von Verbän-den und der Deutschen Sporthilfe müssen meist zu-rückgezahlt werden. Sponsoren, die im Sektor Sportagieren, schließen häufig Verträge ab, die eine Anti-Doping-Klausel enthalten. Wird eine mehrjährigeSperre verhängt, kann es gleichzeitig auch das Endeder sportlichen Karriere bedeuten.

Rechtliche Folgen: Der NADC gibt die mög-lichen Sanktionen bei Anti-Doping-Verstößen vor.Das Verfahren, in dem die Sanktionen im Einzelfallfestgelegt werden, wird vor einem Disziplinarorganausgetragen. Dies kann das Verbandsgericht desSportfachverbandes sein. Die Durchführung des Ver-fahrens kann aber auch von dem zuständigen Ver-band an die NADA übertragen werden. Dann findetdas Verfahren vor einem (echten) Schiedsgericht,dem Deutschen Sportschiedsgericht, statt, das Teilder Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeite.V. (DIS) ist. Die DIS ist eine von den Sportverbän-den, -organisationen und der NADA unabhängigeInstitution. Bei einem von der Norm abweichendenAnalyseergebnis einer Trainingskontrolle oder einerWettkampfkontrolle, die durch die NADA durchge-führt wurde, prüft diese, zu welchem Athleten dieProbe gehört, ob sich Abweichungen von den Stan-

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Folgen durch Dopingmissbrauch

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dards z.B. beim Probentransport ergeben und eineMedizinische Ausnahmegenehmigung vorliegt. Soll-te keine Abweichung und keine Medizinische Aus-nahmegenehmigung vorliegen, informiert die NADAden Verband, der dann das Ergebnismanagementund gegebenenfalls die Einleitung eines Verfahrensübernimmt. Hat die NADA das Ergebnismanage-ment durch den Verband übertragen bekommen, sowird der Athlet durch die NADA direkt angeschrie-ben. Er hat dann verschiedene Rechte, zum Beispieldie B-Probe öffnen zu lassen und zu dem Vorwurf ei-nes Verstoßes Stellung zu nehmen. Sowohl das ver-bandsinterne Disziplinarorgan als auch das Sport-schiedsgericht sind an bestimmte Verfahrensgrund-sätze, wie die Besetzung des Disziplinarorgans mitunparteilichen Personen oder das Recht sich anwalt-lich vertreten zu lassen, gebunden. Das verbandsin-terne Disziplinarorgan kann jedoch aus ehrenamt-lichen Funktionären des Sportfachverbandes beste-hen und muss nicht zwingend die Anforderungeneines „echten“ Sportschiedsgerichts (i.S.d. 10. Bu-ches der ZPO) erfüllen. Einige Verbände haben je-doch auch eigene „echte“ Schiedsgerichte, die denhohen Anforderungen der Zivilprozessordnung(ZPO) genügen. Gegen die Entscheidung eines ver-bandsinternen Disziplinarorgans kann sowohl vondem Athleten als auch von dem Verband oder derNADA ein Rechtsbehelf bei der DIS eingelegt wer-den, um die Entscheidung anzufechten. WelchesSchiedsgericht für ein eventuelles Verfahren zustän-dig ist, steht in der Schieds- und/oder Athletenver-einbarung, die jeder Kaderathlet unterzeichnenmuss. Im Gegensatz zu dem verbandsinternen Diszi-plinarorgan trifft das Sportschiedsgericht eine Ent-scheidung, gegen die nur noch beim InternationalenSportgerichtshof CAS (Court of Arbitration forSports) in Lausanne/Schweiz Berufung eingelegtwerden kann. Dieser ist dann allerdings die letzte In-stanz. Die Entscheidung des CAS ist endgültig undgrundsätzlich nicht mehr anfechtbar. Lediglich beigroben Verfahrensfehlern kann die Entscheidungdurch das Schweizer Bundesgericht aufgehobenwerden.

Gesundheitliche Folgen: Die gesundheitlichenFolgen werden häufig unterschätzt. Auswirkungenauf Körper und Geist können gravierend sein und le-bensbedrohliche Ausmaße annehmen oder sogar ei-

nen frühzeitigen Tod bedeuten. In der Geschichtedes modernen Sports gibt es zahlreiche Todesfällevon relativ jungen Athleten, die auf den Doping-missbrauch zurückzuführen sind. Das Ausmaß psy-chischer und physischer Veränderungen durch Do-ping ist enorm. Äußerlich sichtbare wie auch organi-sche und hormonelle Schäden, Angstzustände undWahnvorstellungen bis hin zu bleibenden Psycho-sen können entstehen. Dopingsubstanzen wie bei-spielsweise Anabolika können sowohl Nebenwirkun-gen als toxische Substanz hervorrufen, zum BeispielLeberveränderungen, aber auch als Hormon uner-wünschte Wirkungen verursachen. UnerwünschteHormonwirkungen bei Männern können beispiels-weise der Abfall der Testosteroneigenproduktion dieStörung der Spermatogenese, psychische Verände-rungen, eine vermehrte Akne und die Verweibli-chung, beispielsweise Brustwachstum sein. Bei Frau-en kann als unerwünschte Nebenwirkung unter an-derem die Vermännlichung eintreten, in Form einertieferen Stimme und einem vermehrten Haarwuchs.Geschlechts-, alters- und dosierungsbedingt fallendie gesundheitlichen Folgen nach Dopingmiss-brauch unterschiedlich aus.

DenkanstoßWas können Ursachen für eine bewusste Entschei-dung für die Einnahme von Dopingmitteln sein?Was kann vor Doping schützen? Das Leistungssys-tem im Hochleistungssport, in das Athleten schonals junge Menschen eintreten, das Umfeld, die Erzie-hung eines Athleten und die Persönlichkeit selbstsind entscheidende Faktoren, die eine Entscheidungpro oder contra Doping beeinflussen. Welche Werteverbinde ich mit dem Sport? Gibt es ein Leben nachdem Sport? Habe ich auch Erfolgserlebnisse außer-halb des Sports? Diese und viele weitere Fragenkönnen als Anlass dienen, sich mit der Thematik aus-einander zu setzen und die Reflektion anzuregen.Neben der Information und Aufklärung sollen Nach-wuchsathleten vor allem in ihren Fertigkeiten undKompetenzen gestärkt werden, um auch in kriti-schen und schwierigen Situationen „Nein!“ zu Do-ping sagen zu können.

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

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Weiterführende Literatur

Deutsche Sportjugend (dsj) im DOSB e.V. (Hrsg.)(2007): Sport ohne Doping! Arbeitsmedienmappezur Dopingprävention. Frankfurt am Main

Eliteschulen des Sports: www.dosb.de/de/eliteschule-des-sports/

Geyer, H. et al.(2004): Analysis of Non-Hormonal Nutritional Supplements for Anabolic-Androge-nic Steroids – Results of an International Study.In: Int. J. Sports Med.

Meutgens, Ralf (Hrsg.) (2007): Doping im Radsport.Kiel

Nationale Anti Doping Agentur (Hrsg.) (2012): Ge-meinsam gegen Doping – Ein Ratgeber für jungeAthletinnen und Athleten, 6. Überarbeitete Auf -lage

Nationale Anti Doping Agentur (Hrsg.) (2012): Ge-meinsam gegen Doping – Ein Ratgeber für Eltern,5. Überarbeitete Auflage

Nationale Anti Doping Agentur (Hrsg.) (2011): NADATrainerhandbuch – Gemeinsam gegen Doping

Nationale Anti Doping Agentur (Hrsg.) (2010): Natio-naler Anti Doping Code (NADC 2009)(Version 2.0)

Nationale Anti Doping Agentur (Hrsg.) (2011): NADA – Jahresbericht 2010

Nationale Anti Doping Agentur (Hrsg.) (2012): Ich werde kontrolliert

Nationale Anti Doping Agentur; siehe: www.nada-bonn.de

Nationale Anti Doping Agentur, Präventionsseite: Jugendplattform www.gemeinsam-gegen-do-ping.de und www.highfive.de

Nationale Anti Doping Agentur, Präventionsseite:Trainerplattform www.gemeinsam-gegen-do-ping.de und www.trainer-plattform.de

Ruep, Manuel (2011): Nahrungsergänzungsmittel(NEM) (B 15 f.): In Nationale Anti Doping Agentur(Hrsg.) (2011): NADA Trainerhandbuch – Gemein-sam gegen Doping

Singler, Andreas (2011): Dopingprävention – Anspruch und Wirklichkeit. Aachen

Singler, Andreas/Gerhard Treutlein (2000): Dopingim Spitzensport. Sportwissenschaftliche Analysenzur nationalen und internationalen Leistungsent-wicklung (Teil 1). Sportentwicklungen inDeutschland Band 12. Aachen

Singler, Andreas/Gerhard Treutlein (2001): Doping –von der Analyse zur Prävention. (Teil 2). Sportent-wicklungen in Deutschland Band 13. Aachen

Verbot von Arzneimitteln zu Dopingzwecken imSport (§ 6a). Siehe www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__6a.html [16.04.2012]

WADA (2012): Prohibited List. Siehe www.wada-ama.org/en/World-Anti-Doping-Program/Sports-and-Anti-Doping-Organizations/International-Standards/Prohibited-List/ [16.04.2012]

WADA (2009): Unesco Convention Ratifications. Siehe www.wada-ama.org/en/Anti-Doping-Com-munity/Governments/UNESCO-International-Convention-against-Doping-in-Sport/Ratifica-tions/Europe/ [16.04.2012]

Filmtipps/weitere LiteraturBlut und Spiel: Petra Höfer, Freddie Röckenhaus,

Francesca D’Amicis, WDR 2007 (90Min)Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.) (2010):

Methoden-Kiste. Methoden für Schule und Bil-dungsarbeit, vierte überarbeitete Auflage

Doping – ein gefährliches Spiel – Von Betrügern undBetrogenen, Deutschland BzgA 2002, Produktiondes RBB Berlin 2002. Buch und Regie: Hajo Sep-pelt, Redaktion: Stanley Schmidt (30 Min)

www.sportschau.de/sp/doping/webmagazin/Manfred Donike Institut für Dopinganalytik e.V.:

Ablauf einer Dopingkontrolle (DVD 25Min) Nationale Anti Doping Agentur: Onlineversion: Der

Dopingkontrollfilm über www.nada-bonn.deSteinmann, Annika (2011): Projektwoche Körperkult.

CD-ROM. Köln

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

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42 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Didaktische Anmerkungen

Thematischer ZusammenhangDer vorliegende Baustein zum Themenkomplex „NADA Dopingprävention in der Schule – ein Bau-stein im Präventionskonzept „Gemeinsam gegen Do-ping“ bietet Materialien mit Arbeitsvorschlägen in ei-ner zusammenhängenden Lernlogik an, ermöglichtaber auch das Herausgreifen einzelner Themenkom-plexe. Der Zugang zur Dopingthematik erfolgt überdie Begriffskomponente in den Materialien M1. Esfolgen Materialien zu den Ursachen, Motiven undKonsequenzen von Dopingmissbrauch (M2 und M3).Diese dienen auch als Grundlage für eine Argumen-tationsbildung, Diskussion und Reflexion. M5 lenktden Blick auf die Dopingkontrolle. In M6 und M7

werden onlinegestützte Materialien vorgestellt, diezur Ausbildung von Sachwissen beitragen (M7) undals spezifische Informationsmöglichkeit dienen (M6).

Zu den einzelnen MaterialienZunächst wird die Verwendung und Intention desDopingbegriffs betrachtet (M1.1). Im Zusammen-hang mit Wertvorstellungen von sportlichen Idolenwird die Dopingthematik auf den organisiertenSport geleitet (M1.2). Unterschiedliche Herange-hensweise und Methoden für die erste Auseinander-setzung mit der Dopingthematik werden angebo-ten. M1 dient dazu, unterschiedliche Vorstellungender Lernenden vom zu behandelnden Gegenstandaufzugreifen und in den Kontext einzuordnen. DieMaterialien (M2) „Ursachen von Doping“ verdeut-lichen mögliche Gründe für einen Dopingmiss-brauch. Die Lernenden untersuchen mögliche kriti-sche Situationen in einer sportlichen Karriere. DieProblemlösung als Schutz vor Dopingmissbrauchwird fokussiert. Abschnitt M3 behandelt die Folgenvon Doping, die auch als Grundlage für eine Diskus-sion über die Freigabe von Doping dienen (M4). DasMaterial M5 zielt darauf ab, den Lernenden zu ver-deutlichen, dass zur Bekämpfung von Doping nebendem präventiven Teil, der Aufklärung und Informa-tion ein weiterer Schwerpunkt auf dem Doping-Kon-troll-System liegt. Die Materialien M6 und M7 sindonlinegestützte Informations-, Lern-und Lehrmög-lichkeiten. NADAmed (M6.1) ist eine Medikamenten-datenbank, in der über 3.000 Arzneimittel abgefragtwerden können. Die Datenbank ist eine internetge-

stützte, ortsunabhängige Informationsmöglichkeitfür Athleten und ihr Umfeld. Hier können Medika-mente auf unerlaubte Substanzen überprüft wer-den, die auf der Verbotsliste aufgeführt sind. Die E-Learning Plattfom (M7.1) stellt ein Lerntool dar,das besonders zur Ausbildung von Sachwissen bei-trägt. Der 90-minütige Kurs kann in beliebig vielenTeilabschnitten absolviert werden und beinhaltetallgemeine Informationen zur Anti-Doping-Thema-tik, zu den Anti-Doping Regelwerken, Institutionen,verbotenen Substanzen und Methoden, Basisinfor-mationen zu Nahrungsergänzungsmitteln, einer Do-pingkontrolle, Rechten und Pflichten von Athletenund zu dem Vorgehen nach einem positiven odernegativen Analyseergebnis. Vor allem für Nach-wuchsathleten, aber auch Spitzenathleten, Eltern,Lehrkräfte, Trainer und das betreuende Umfeld istder Kurs ausgerichtet. Um den Benutzer aktiv einzu-beziehen, werden unterschiedliche Arbeitsaufträgeund Frage-Antwort-Sequenzen an den Lernendengestellt. Ein NADA Zertifikat bestätigt die erfolgrei-che Durchführung des Online-Kurses.

NADA Dopingprävention in der SchuleInformationen für Lehrende

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43Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

NADA Dopingprävention in der SchuleM1 – Der Dopingbegriff M1.2, M1.2

Arbeitsvorschläge

1. Stellen Sie Ihr sportliches Vorbild/ Idol vor.

2. Was beeindruckt Sie besonders an Ihrem sportlichen Vorbild?

3. Was verändert sich für Sie, wenn ein sportliches Vorbild des Dopings überführt wird?

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M1.1 Der Dopingbegriff – Wo findet der Dopingbegriff Verwendung?

M1.2 Sportliche Vorbilder und Idole

Arbeitsvorschläge

1. Was fällt Ihnen zum Begriff Doping ein? Führen Sie ein Brainstorming durch (vgl. Methodenkiste derBpB 09).

2. Äußern Sie sich zum Titelbild in der Zeitung. Was für eine Bedeutung und Wertung verbinden Sie mitdem Begriff Doping?

3. Recherchieren Sie den Begriff Doping. In welchem Zusammenhang findet der Dopingbegriff Verwen-dung? Mit welcher Intention wird der Begriff verwendet (vgl. Methodenkiste der BpB 23)?

4. Sammeln Sie Begriffs-Impulse von unterschiedlichen Personen zum Thema „Doping ist …“ (vgl. Methodenkiste der BpB 07).

5. Was sind die Dopingverstöße im organisierten Sport? Recherchieren Sie.

Projekt: zum Beispiel in Kooperation mit dem Kunstunterricht: Erstellen Sie aus den gesammelten Informationen Bilder/Plakate/Collagen/Poster. Präsentieren und erklären Sie Ihre Ergebnisse.

Zeitungsbild ExpressFoto ©: pa, aus: Express, 29.10.2011

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Aussagen:

- Du hast die Grenzen deiner sportlichen Leistungsfähigkeit erreicht. Du schindest dich und hast trotzdemkeinen Erfolg.

- Dein Trainer oder deine Eltern erwarten mehr von dir, aber du spürst, dass du nicht mehr kannst.- Du erreichst nicht die Bestleistung, die dein Trainer vorgibt, obwohl du sehr viel trainierst.- Du kämpfst um den letzten freien Platz im Kader.- Du hast eine langwierige Verletzung, die nicht ausheilen will.- Du befürchtest, dass deine Konkurrenz verbotene Mittel nimmt und willst der Ungerechtigkeit entgegen-

wirken.

ner Faszination: Das, was in dieser Lebensphase anerster Stelle steht, bleibt nicht an erster Stelle fürden Rest des Lebens. Die Fußball-Karriere endet inrelativ jungen Jahren oder kann durch eine schwereVerletzung von heute auf morgen vorbei sein. Dannkommt noch ein hoffentlich langes Leben, und esstellt sich die Frage: Was jetzt? Deshalb muss für denRest des Lebens vorgesorgt werden, und die besteVorsorge ist gute Bildung.“

Berries Boßmann, SPORTBILD: „Magath ist zu kurz gesprungen“ – Bildungsministerin Schavan warnt davor, die Schule für den Fußball

abzubrechen.

NADA Dopingprävention in der SchuleM2 – Ursachen von Doping M2.1, M2.2

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M2.1 Kritische Momente in einer sportlichen Karriere

M2.2

Annette Schavan (55): „Wir müssen vermeiden, dassder Eindruck entsteht: Ich kann jetzt entweder einguter Sportler sein oder meine Schule, Uni oder Be-rufsausbildung beenden. Noch so gute sportlicheLeistungen in jungen Jahren sind keine Alternativezu guter Bildung und Ausbildung, die Voraussetzun-gen für eine berufliche Tätigkeit nach der sport-lichen Karriere sind. Niemand sollte sich auf das Geldverlassen, das er als Fußballer verdient hat. Viele Ta-lente träumen, ein Star wie Mesut Özil zu werdenund Millionen zu verdienen, dann brauche es keinenSchulabschluss. Auch für den Fussball gilt trotz sei-

Arbeitsvorschläge

1. Versuchen Sie sich in die Situationen hinein zu versetzen (M2.1). Welche Gefahren sehen Sie?

2. Wie gehen Sie mit solchen oder ähnlichen kritischen Situationen um? Wie würden Sie die Probleme lö-sen?

3. Recherchieren Sie [beispielweise auf www.gemeinsam-gegen-doping.de] was Dopingfallen sind?

4. Siehe M6.2.

5. Was halten Sie von dem Interviewausschnitt (M2.2). Welchen Stellenwert nimmt die schulische undauch berufliche Bildung in der Dopingprävention ein? Diskutieren Sie.

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45Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Kelly White: „Ich war ein Versuchskaninchen.“

Kelly White hatte 2003 bei der Leichtathletik-Welt-meisterschaft die Sprintwettbewerbe über 100 und200 Meter für sich entscheiden können. Bei der an-schließenden Dopingkontrolle wurde jedoch fest-gestellt, dass sie Modafinil eingenommen hatte.Später gestand die US-Sprinterin, auch das verbo-tene Designer-Steroid THG genommen zu haben.Ihr Trainer und der Chef der Firma BALCO, die THGentwickelt und vertrieben hat, hätten ihr dazu ge-raten. „Ich war ein Versuchskaninchen“, sagte sie.„Man hat von mir verlangt, sie zu testen, um her-auszufinden, ob ich auf bestimmte Produkte besserreagierte als auf andere.“

Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 21. Mai 2005

„Ich wusste, dass das falsch war“

In einem Interview mit US Today schildert KellyWhite ihre Reuegefühle. Sie habe es nicht ertragenkönnen, sich selbst zu betrachten. Auf Bildern ausjener Zeit war ihre veränderte Muskulatur deutlichzu sehen. „Ich hasse dieses Bild“, sagt sie, „denn eszeigt jemand völlig anderen.“ Bei der Erinnerungan diese Zeit kommen ihr die Tränen. „Ich merkte,dass mit dem, was ich tat, ich jemand komplett an-deres werden musste, jemand, der ich nicht war.Ich musste meine Integrität und mein Wertesystemaufs Spiel setzen. Ich wusste, dass das falsch war.“

Interview bei www.ustoday.com, 2. Dezember 2004

Lisa Hütthaler: „Mein Körper und meine Psyche

sind kaputt.“

Die österreichische Triathletin Lisa Hütthaler wurdeim März 2008 positiv auf EPO getestet und im Okt-ober 2008 für zwei Jahre gesperrt. Nach einem um-fassenden Geständnis, mit dem sie ein ganzes Do-ping-Netzwerk aufdeckte, wurde ihre Sperre aufein Jahr reduziert. In einem SPIEGEL-Interview be-schreibt Hütthaler eindrucksvoll die „ParallelweltDoping“, ein Leben voller Lügen, Angst und Selbst-betrug.

Nach den ersten Injektionen mit Testosteronund Wachstumshormonen hat sie schon die Verän-derungen ihres Körpers registriert. „Trotzdem habeich versucht, mir die Bestätigung von meinemFreund zu holen, dass alles okay ist.“ Auch bei derersten EPO-Injektion hat sie ihre Bedenken erfolg-reich unterdrückt: „Kurz kommen Zweifel auf, dudenkst: Puh, ist das heftig, was du da gerademachst. Und in der nächsten Sekunde hast du denGedanken schon wieder verdrängt. Darin war ichperfekt.“ Zugleich wurde die Angst zum ständigen

Begleiter: „Jedes Mal, wenn ich vor dem Trainingmein Haus verließ, stellte ich mir vor, dass ein Do-ping-Kontrolleur im Wagen vor meiner Türe sitzenkönnte.“ Dann wieder funktionierte der Selbstbe-trug so gut, dass sie nach dem positiven Doping-test die Öffnung der B-Probe verlangte und dabeiversuchte, die Mitarbeiterin des Doping-Labors zubestechen. „Es schien mir der einfachste Weg zusein, heil aus der Nummer rauszukommen. Bis da-hin hatte ich schon so viel gelogen, dass ich keinUnrechtsbewusstsein mehr hatte.“

Nach ihrem Geständnis erklärte Lisa Hütthalerihre Sportkarriere für beendet. Für sie sei das dereinzige Weg, wieder halbwegs gesund zu werden,sagte sie dem SPIEGEL: „Mein Körper und meinePsyche sind kaputt. Ich habe während der letztendrei Jahre ohne Gnade gelogen (…). Zum Schlusswusste ich nicht mehr, wem ich was erzählt habe.Das endete in psychischem Totalstress. Davon ab-gesehen wird sich mein Körper wahrscheinlich niemehr erholen.“

Interview: DER SPIEGEL Nr. 18/2009 vom 27. April 2009, S.128

NADA Dopingprävention in der SchuleM3 – Folgen von Dopingmissbrauch M3.1

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M3.1 Interviewsausschnitte gedopter Athletinnen

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46 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

NADA Dopingprävention in der SchuleM3 – Folgen von Dopingmissbrauch M3.2

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M3.2 Dopinggeständnis Marion Jones

Marion Jones:

Nach jahrelangem Leugnen hat die amerikanischeSprinterin Marion Jones im Oktober 2007 zugege-ben, dass sie gedopt hat. Von September 2000 bisJuli 2001 habe sie Steroide genommen, darunterauch bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney,gab die 31-Jährige zu. Bei einer Anhörung im Zugedes BALCO-Skandals im Jahr 2003 hatte Marion Jo-nes noch unter Eid jegliches Doping bestritten.„Das war eine Lüge, Euer Ehren“, erklärte die 31-Jährige nun vor einem New Yorker Gericht, „ichwusste, dass ich diese Substanzen genommen ha-be“. Bei ihrer Aussage im November 2003 sei ihrklar gewesen, dass das Mittel leistungssteigerndwirkte. Sie habe sich „irgendwie anders gefühlt, in-tensiver trainiert und schneller regeneriert“. IhrTrainer habe ihr geraten, niemandem davon zu er-zählen. (Zitate: Süddeutsche Zeitung, 8. Oktober2007)

Neben der Rückgabe der Olympia-Medaillenund mehrerer WM-Plaketten stimmte Marion Jonesim Zuge des Verfahrens auch der Aberkennung al-ler seit September 2000 erzielten Resultate und ei-ner zweijährigen Wettkampfsperre zu. Wegen ihrerFalschaussagen war sie 2008 einige Monate im Ge-fängnis. Zudem soll sie ihr gesamtes Vermögen u.a.durch Anwaltskosten verloren haben. Unter Tränenerklärte Marion Jones am Ende des Verfahrens ih-ren Rücktritt vom Leistungssport: „Es tut mir leid,dass ich alle enttäuscht habe. Ich habe meine Fa-milie, mein Land und mich selber hängen lassen.“(Zitat: www.washingtonpost.com, 5. Oktober 2007)

Quelle: Nationale Anti Doping Agentur: Interviewausschnitte. In: NADA Material Nr. 32; 6., überarbeitete Auflage, 2012, S. 24–25

Arbeitsvorschläge

1. Erläutern Sie anhand der Interviewausschnitte (M3.1 und M3.2) mögliche Folgen des Dopingmiss-brauchs. Kategorisieren sie die Folgen. Schildern Sie Ihre Eindrücke zu den Bildern (M3.1 und M3.2).

2. Welche Folgen können durch Dopingmissbrauch noch entstehen. Recherchieren Sie.

3. Wer sind Andreas Krieger und Birgit Dressel? Recherchieren Sie.

Marion Jones, Olympische Spiele 2000 in Sydney Foto ©: sid Dopinggeständnis 2007 Foto ©: imago

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47Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

NADA Dopingprävention in der SchuleM4 – Diskussion: Pro und Kontra Dopingfreigabe / M5 – Die Dopingkontrolle M5.1

Arbeitsvorschläge

1. Erarbeiten Sie Argumente für und gegen die Freigabe von Doping (z.B.: Think, Pair, Share).

2. Führen Sie eine Pro-Kontra-Diskussionen durch. Protokollieren Sie die Argumente (vgl. Methodenkisteder BpB 30).

3. Reflexion: Stellen Sie alle Pro- und alle Kontra-Argumente gegenüber. Diskutieren Sie, welche Argu-mente auf beiden Seiten am schwersten wiegen.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M4.1 Diskussion: Pro und Kontra Dopingfreigabe

M5.1 Dopingkontrollfilm der NADA

Der Dopingkontrollfilm der NADA Foto : © NADA

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48 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

NADA Dopingprävention in der SchuleM5 – Die Dopingkontrolle M5.2

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Schauen Sie den Dopingkontrollfilm der NADA an.

2. Ordnen Sie folgende Sätze den Rechten und Pflichten von Athleten zu.

3. Erklären Sie die Schaubilder.

M5.2 Rechte und Pflichten von Athleten

Ein Athlet hat das Recht …Ein Athlet hat die Pflicht …- … eine Vertrauensperson zur Dopingkontrolle mitzunehmen- … bei Urinproben auf einen Kontrolleur des gleichen Geschlechts zu bestehen (in Deutschland)- … sich den Ausweis des Kontrolleurs zeigen zu lassen- … im Rahmen der Möglichkeiten vor Ort auf einen Ort der Abnahme zu bestehen, an dem die notwendi-

ge Diskretion und die Korrektheit der Abnahme gewährleistet ist- … wenn er unter 16-Jahren ist, dass die Sichtkontrolle entfällt- … Vorbehalte gegenüber der Durchführung der Kontrolle auf dem Protokoll der Dopingkontrolle nieder-

zuschreiben- … bei unangemeldetem Eintreffen des Kontrolleurs das Training zu beenden, wenn sich dies in verhält-

nismäßigem Rahmen bewegt- … die Dopingkontrolle nach entsprechender Aufforderung zu absolvieren- … sich gegenüber dem Dopingkontrolleur auszuweisen- … die in den letzten sieben Tagen eingenommenen Medikamente und Nahrungsergänzungmittel auf

dem Protokoll der Dopingkontrolle anzugeben- … sich einer zweiten Probe zu unterziehen, sofern bei der Bestimmung der Urindichte Grenzwerte unter-

schritten werden oder der Kontrolleur aus anderen Gründen eine zweite Probe anordnet

Verhältnis der Testpoolgröße zur Kontrolldichte deutscher Athleten im Doping-Kontroll-System Quelle: NADA

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49Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

NADA Dopingprävention in der SchuleM6 – Ein Athlet wird krank M6.1, M6.2

Arbeitsvorschläge

1. Überlegen Sie, was ein Athlet beachten muss, wenn er Patient ist.

2. Führen Sie ein Rollenspiel durch.Szene 1: Athlet als Patient bei einem Arztbesuch.Szene 2: Athlet in der Apotheke.

3. Reflektieren Sie das Rollenspiel.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M6.1 Ein Athlet in der Apotheke

M6.2 NADAmed

Ein Athlet in der Apotheke. In: E-Learning Plattform der NADA

Die Medikamentendatenbank der NADAIn: www.nada-bonn.de

Arbeitsvorschlag

Überprüfen Sie die Medikamente aus Ihrer Hausapotheke in der NADAmed Datenbank auf verbotene Substanzen. (Überprüfen Sie zudem weitere Medikamente zum Beispiel Aspirin complex, Voltaren, SpasmoMucosolvan, Wick MediNait und weitere).

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50 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

NADA Dopingprävention in der SchuleM7 – E-Learning M7.1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M7.1 Die E-Learning Plattform der NADA

Die E-Learning Plattform der NADA In: www.gemeinsam-gegen-doping.de oder www.nada-bonn.de

Arbeitsvorschlag

Besuchen Sie die E-Learning Plattform der NADA und durchlaufen Sie den Kurs.

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51Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Doping – eine ethische Herausforderung

Corinna Hößle/Katharina Herrmann

Modul 2a

Das Peloton der Tour de France am 9. Juli 2005 beim Berganstieg in Bad Herrenalb. Foto ©: o.A. (gemeinfrei), unter: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:TourDeFrance_2005_07_09.jpg?uselang=de [12.11.2012]

Informationen für Lehrende ......................................................................................................................................................52Weiterführende Literatur ................................................................................................................................................................57Didaktisch-methodische Reflektion ............................................................................................................................................58

Materialien für Lernende (M) .....................................................................................................................................................61M1 – Was ist mir in meinem Leben wichtig? ...........................................................................................................................61M2 – Erfolg und Misserfolg liegen eng nebeneinander .......................................................................................................62M3 – Leistungsgesellschaft ............................................................................................................................................................63M4 – Erfolg in der Schule – um jeden Preis? ............................................................................................................................64M5 – „Vor Klassenarbeiten bin ich immer so nervös!“ ..........................................................................................................66M6 – Stoff, aus dem Helden „gestrickt“ werden? ...................................................................................................................67M7 – „Eigentlich wurde ich immer gehänselt“ ........................................................................................................................68M8 – Doping im Spitzensport .......................................................................................................................................................69M9 – Wer trägt die Verantwortung? ...........................................................................................................................................70M10 – Was bedeutet Verantwortung? .......................................................................................................................................71M11 – Die Chance .............................................................................................................................................................................72

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52 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Einleitung

Doping wird im Alltagsgebrauch als die verboteneEinnahme oder Anwendung Leistung steigernderMittel im Bereich des Sports definiert. Diese Defini-tion sagt jedoch nichts über die Gründe aus, die tat-sächlich gegen die Nutzung derjenigen Mittel spre-chen, die die kontinuierlich aktualisierte Liste derWorld Anti-Doping Agency (WADA) aufführt. Auchlässt diese Definition unberücksichtigt, dass Doping-mittel bereits Eingang in viele andere Bereiche ge-funden haben, die ebenfalls mit hohen Leistungsan-forderungen in Verbindung stehen. Zu nennen wä-ren hier u.a. der Freizeitsport, die Schule und derArbeitsplatz. Betroffen sind demnach nicht nur Spit-zensportler, sondern auch viele Mitglieder unsererGesellschaft, die sich am Leistungsideal orientierenund somit einem wachsenden Leistungsdruck aus-gesetzt sind. Im Rahmen dieser Unterrichtseinheitsollen Lernarrangements vorgestellt werden, dievon der persönlichen Ebene des Schülers ausgehendbis hin zum Leistungssportler unterschiedliche Kon-fliktfelder aufgreifen, in denen eine Auseinanderset-zung mit dem Thema Leistung und Doping stattfin-det. Ziel der Lernarrangements soll es sein, Schülerin ihrer ethischen Bewertungskompetenz zu fördernund sie zu einem verantwortungsvollen und reflek-tierten Urteil hinsichtlich des Themas Doping zu füh-ren. Sukzessiv werden die Schüler im Rahmen der je-weiligen Lernarrangements in einzelne Kompeten-zen der ethischen Bewertungskompetenzeingeführt, so dass die Schüler im Laufe der Einheiteinen Kompetenzzuwachs hinsichtlich des Umgangsmit ethischen Herausforderungen erwerben sowieein Methodenrepertoire aufbauen können, das ih-nen zukünftig hinsichtlich der Beuteilung andererethischer Konfliktfelder zur Verfügung steht.

1. Die ethische Herausforderung Doping „Die Berechtigung des Dopingverbots sowie desVerbots der ärztlichen Mitwirkung am Doping ergibtsich erst aus einer kumulativen Zusammenschaumehrerer ethischer Argumente.“ (Zentrale Ethikkom-mission 2009). a) Doping beeinträchtigt die Chancengleichheit

und wird dabei zu einem Musterfall an Unfair-ness. Im Vordergrund dieser Diskussion steht derethische Wert Fairness.

b) Dopingsubstanzen bergen in jedem Fall ein er-höhtes Gesundheitsrisiko. So können zu hoheoder falsch kombinierte Dosen u.a. zur Beein-trächtigung des Herz- Kreislaufsystem bis hinzum tödlichen Herzinfarkt bzw. zu hormonellenFehlsteuerungen bis hin zur Unfruchtbarkeit füh-ren. Diesen Gefahren stehen die Chancen gegen-über, die die Dopingnutzer häufig in der Leis-tungssteigerung sehen. Während der Laie dieChancen schnell an sich selbst wahrnimmt, blei-ben die Gefahren zunächst im Verborgenen underhalten ihr größtes Ausmaß tatsächlich in dem-jenigen Risiko, das zunächst unerkannt bleibt. Ar-gumente, die in diesem Zusammenhang ausge-tauscht werden, berühren die ethischen WerteGesundheit, Leistung, Erfolg und Risiko.

c) Der Einsatz von Dopingmitteln verursacht häufiggesundheitliche Folgeschäden beim Nutzer, diedie Solidargemeinschaft, die sich im Prinzip derKrankenkassen abbildet, belastet. Als Solidarge-meinschaft tragen die einzelnen Angehörigen ei-ner Versicherungsgesellschaft die Folgekosten,die mit dem Auskurieren gesundheitlicher Schä-den einhergehen. Man spricht in diesem Zu-sammenhang von einer Vergesellschaftung vonSchäden. Jedoch muss an dieser Stelle ebenfallsdie Frage in die Diskussion eingeführt werden,ob nicht gerade die Gesellschaft die „Früchte“des Dopings fordert und auch erntet, indem sieinsbesondere im Rahmen der Medien geradezudie Forderung nach immer besseren Leistungenim Bereich des Sports stellt und diese als unter-haltsames und spannendes Fernsehprogrammbegrüßt, das den eigenen Emotionen freie Entfal-tung ermöglicht. Inwieweit, so kann man dieseDiskussion fortführen, ist die Gesellschaft sogarindirekt verantwortlich für den Missbrauch derar-tiger Dopingsubstanzen? Die Diskussion, die sichum diese ethischen Herausforderungen entfacht,stellt die Werte Vergesellschaftung von Schädenund Verantwortung in den Vordergrund.

d) Immanul Kant sprach sich für den Tierschutz undden einhergehenden verantwortungsvollen Um-gang mit Tieren aus. Als Begründung führte eran, dass ein roher Umgang mit Tieren zu einerVerrohung des Menschen führt, die im gesell-schaftlichen Zusammenleben nachteilig wäre.Folgt man dieser Argumentation und wendet sie

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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53Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

auf Dopingpraktiken an, so kommt man zu demSchluss, dass insbesondere gedopte Sportler einschlechtes Vorbild für die Gesellschaft abgeben,das die Gefahr birgt, insbesondere von Kindernund Jugendlichen unhinterfragt übernommen zuwerden. „Der Leistungssport übernimmt in unse-rer Gesellschaft eine Vorbildfunktion, sowohl fürden Breitensport als auch für die Gesellschaft ins-gesamt. Sportliche Fairnessprinzipien überneh-men wichtige Orientierungsfunktionen für dieUmgangsweisen in anderen Lebensbereichen.Diese Funktion wird durch Doping entscheidendgeschwächt, weil das fair play bewusst verletztund die Wettbewerbsbedingungen gezielt zuden eigenen Gunsten verzerrt werden.“ (ZentraleEthikkommission 2009) Die Diskussion entfachtsich um den ethischen Werte „fair play“.

Im Rahmen der Unterrichtseinheit sollen ausge-wählte Bereiche dieser ethischen Hintergründe nä-her betrachtet werden.

2. Kompetenzstrukturmodell zur ethischenBewertungskompetenz von SchülernZiel der Schule sollte es sein, Schüler zu einem ver-antwortungsbewussten und reflektierten Umgangmit der Umwelt und dem eigenen Körper heranzu-führen. In den 2004 eingeführten Bildungsstandardsfür die Fächer Biologie, Chemie und Physik wird dieFähigkeit von Schülern, ein reflektiertes und verant-wortungsvolles Urteil zu fällen, mit dem Begriff ethi-sche Bewertungskompetenz bezeichnet. Dieser Begriff kann synonym zum Begriff moralische Ur-teilsfähigkeit benutzt werden, der in den gesell-schaftsorientierten Fächern, wie z.B. Politik, geläufi-ger ist. Im Zentrum ethischer Bewertungskompetenzsteht die Befähigung zur bewussten, reflektierten,kritischen und argumentativ fundierten Urteilsbil-dung bezüglich des Umgangs mit neuen Technolo-gien, sich selbst und der Natur. Auch die Nutzungvon leistungssteigernden Substanzen fällt in diesenBereich und betrifft konkret den Umgang mit demeigenen Körper, aber auch die Reflexion gesell-schaftlichen Urteilens und Handelns. Förderung vonBewertungskompetenz verfolgt das Ziel, Schüler De-mokratiefähigkeit zu vermitteln, um sie an gesell-schaftlich relevanten Diskussionen teilhaben zu las-sen und eine moralisch sensible, verantwortungsbe-

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

wusste, kritisch reflektierte Auseinandersetzung mitmodernen bio- und medizinethischen Konfliktgebie-ten zu ermöglichen.

Aber was ist ethische Bewertungskompetenzkonkret? Über welche Kompetenzen sollte ein Schü-ler verfügen, der als bewertungskompetent einge-stuft wird? Im Rahmen umfangreicher qualitativerUntersuchungen wurde ethische Bewertungskom-petenz für das Fach Biologie in Bezug auf bio- undmedizinethische Konfliktfelder in sieben Teilkompe-tenzen untergliedert (Tab. 1) und als Kompetenz-strukturmodell definiert. Für die Erstellung diesesModells wurden bereits bestehende Ansätze zur mo-ralischen Urteilsbildung aus den Bereichen Philoso-phie (Dietrich 2004; Haidt 2001; Martens 2003), The-ologie (Platzer & Sinemus 2001) und Politik (Mas-sing, Weißeno 1997) untersucht und auf postulierteFähigkeiten der Schüler bezüglich Bewertungskom-petenz analysiert (Bögeholz et al. 2004). Das ent-standene Modell, das im Folgenden beschriebenwird, wurde im Rahmen zweier Dissertationen empi-risch überprüft und hinsichtlich unterschiedlicherNiveaus ausdifferenziert (Mittelsten Scheid 2008,Reitschert 2009). Im Anschluss daran wurden Unter-richtshilfen zur Diagnose von Bewertungskompe-tenz entwickelt und erprobt (Hößle, Heusinger vonWaldegge 2010) und diverse Unterrichtsmaterialienfür den naturwissenschaftlichen Unterricht entwi-ckelt (u.a. Hößle, Alfs 2010; Eilks, Feierabend, Hößleet.al 2011)

Teilkompetenzen

1. Wahrnehmen und Bewusstmachen der eigenen Einstellung

2. Wahrnehmen und Bewusstmachen moralischer Relevanz

3. Beurteilen4. Folgenreflexion5. Perspektivwechsel6. Argumentieren7. Ethisches Basiswissen

Abb. 1: Sieben Teilkompetenzen ethischer Bewertungskompetenz nach Hößle (2007)

Ziel eines kompetenzorientierten Unterrichts istes, Schüler hinsichtlich dieser Fähigkeiten zu fördernund die Entwicklung ethischer Bewertungskompe-tenz in der weiteren Ausdifferenzierung zu fördern.Im anschließenden Kapitel werden diverse Lernarran-

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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54 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

gements vorgestellt, die darauf zielen, Schüler hin-sichtlich dieser einzelnen Teilkompetenzen zu för-dern. Der nun folgenden Beschreibung der Teilkom-petenzen geht zur Veranschaulichung jeweils einemögliche Schülerantwort zur ethischen Frage voran,ob ein erfolgreicher und bekannter Sportler, wie z.B.der jüngst zum Triathlon übergewechselte RadprofiLance Armstrong, dopen darf oder nicht.

Wahrnehmen und Bewusstmachen der eigenen

Einstellung

Beispiel: „Ich meine, ein Spitzensportler solltekeine Dopingmittel nehmen. Mit ist bewusst, dassmich mein Trainer sicherlich in meiner Einstellungbeeinflusst hat, da er immer wieder betont, dassman es auch so schaffen kann.“

Diese erste Teilkompetenz stellt die Bedeutung dereigenen Einstellung und das Wissen um deren Her-kunft in den Vordergrund und misst ihr eine hoheBedeutung im Bewertungsprozess bei.

Die Kenntnis der eigenen Einstellung und dasWissen, woher diese Einstellung ihre Prägung hat –so z.B. aus einer eher ökologisch-orientierten oderchristlich geprägten Erziehung – ist eine wichtigeGrundbedingung für die ethische Analyse eines Pro-blems. Sich den Herkunftsquellen seiner eigenenEinstellungen und seines erworbenen Wissens be-wusst zu werden, ist ein hoher Anspruch, der aberdurchaus dazu beiträgt, ein reflektiertes Urteil zu fäl-len. Dies verlangt eine innere Distanzierung und Re-flexion zum dargestellten Konflikt.

Wahrnehmen und Bewusstmachen der morali-

schen Relevanz einer Situation (Intuition und

Erkenntnis)

Beispiel 1: „Ich sehe da kein Problem in der Ein-nahme von Leistung steigernden Substanzen.Wenn das wirkt, dann spricht doch nichts dage-gen.“

Beispiel 2: „Das Problem könnte sein, dass sichandere Sportler dadurch wahnsinnig unter Druckgesetzt fühlen, selbst auch Mittel einzunehmen,obwohl sie dies eigentlich nicht wollen.“

Eine wesentliche Voraussetzung für das Bewertenethischer Probleme ist die Fähigkeit, die moralischeRelevanz des zur Diskussion gestellten Falles zu er-

kennen. Es erfordert eine hohe Sensibilität, zu erken-nen und zu formulieren, ob und inwiefern eine Situ-ation moralische Relevanz aufweist und ihren mora-lischen Gehalt zu benennen und zu begründen. DerFähigkeit, ein moralisches Problem durch Nennungder verletzten Werte zu definieren, geht oft ein „er-spürtes“ Gefühl von moralischer Relevanz voraus,weshalb zwischen intuitiver Wahrnehmung und ech-ter Erkenntnis unterschieden wird. So ist es möglich,dass eine Person zwar ein „ungutes Gefühl“ bei ei-nem Sachverhalt hat, jedoch nicht argumentativ be-gründen kann, woher dieses Gefühl rührt. Haidt(2001) befasst sich mit der emotionalen bzw. intuiti-ven Komponente beim Bewerten und auch Kolster(2003) stellt einem Wahrnehmungswissen und ei-nem Reflexionswissen ein emotionales Wissengegenüber und versucht einer emotional ausgerich-teten Ethik mehr Anerkennung zuzusprechen. AlsBeispiel für Handlungen, die aus emotionalem Wis-sen entstehen, führt er Empathie an, die zeigt, dasseine Ethik aus Emotionen soziales Handeln und Ver-halten begründen kann. „Da in der Schule jedoch ei-ne emotionale Komponente nur schwer evaluierbarund konkret förderbar ist, richtet sich unser Augen-merk trotz maßgeblicher Beteiligung der Intuitionauf das Erreichen der rationalen Fähigkeit, moralischrelevante Inhalte zu erkennen und zu beschreiben.“(Reitschert 2009, 63)

Beurteilen

Beispiel: „Ich bin gegen das Dopen von Spitzen-sportlern, da dabei ein zentraler ethischer Wertdes Sports, nämlich Fairness, verletzt wird.

Die Teilkompetenz Beurteilen schließt direkt an dasBewusstmachen moralischer Relevanz an. Am Be-ginn eines Abwägungsprozesses stehen oftmals rei-ne Intuitionen, die ohne Begründungen häufig eineunverbindliche und unbegründete Anti- oder Sym-pathie ausdrücken und durch Ängste, Hoffnungen,aber auch durch unser persönliches Moralverständ-nis bedingt sein können. Je reflektierter eine Personbewertet, desto besser gelingt es ihr, die Anti- oderSympathien zu beschreiben, zu begründen und ei-nen Rückbezug auf berührte Werte oder Normen zuziehen und einen Abgleich mit ethischen Theorienvorzunehmen. Die Wahrnehmung des normativenGehalts von Aussagen und Situationen basiert auf

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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der Kenntnis von Werten sowie dem Erkennen rele-vanter Werte.

Folgenreflexion

Beispiel: Ich meine, Spitzensportler sollten nichtdopen. Sie haben eine Vorbildfunktion. Dies giltinsbesondere für Jugendliche. Diese meinendann, dass Doping ganz okay ist und ahmen esnach, ohne die Folgen wirklich zu kennen.

Bewertungsprozesse implizieren bestimmte Folgen.Dabei kann es sich um kurzfristige oder langfristige,reale oder weniger reale Folgen handeln, die mittel-bar und unmittelbar betroffene Personen oder an-dere Lebewesen berühren und sogar zu gesell-schaftlichen Veränderungen führen. Diese unter-schiedlichen Folgendimensionen eines moralischenUrteils zu antizipieren und dabei sowohl die direkteWirkung auf die eigene Person als auch in letzter In-stanz die Folgen für die Gesellschaft zu berücksichti-gen, beinhaltet die Dimension der Folgenreflexion.

Perspektivenwechsel

Beispiel: Meine Freunde lehnen das Dopen vonSpitzensportlern ab, da sie das gesundheitlicheRisiko zu hoch finden. Ich würde es dennoch er-lauben, sonst wird der ganze Spitzensport ja lang-weilig und der Sportler verdient nichts mehr.

Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel fordert dazuauf, verschiedene Sichtweisen betroffener Personenund Lebewesen wahrzunehmen und nachvollziehenzu können. Diese bedeutende Teilkompetenz ist un-abdingbar für eine reflektierte Stellungnahme unddas Verständnis anderer Positionen. Empathie zuentwickeln ist eine wesentliche Voraussetzung da-für, den eigenen Toleranzrahmen zu erweitern undandere Positionen zu akzeptieren und nachvollzie-hen zu können. Die Fähigkeit zum Perspektivwech-sel beginnt bei der Einsicht, dass nahe liegende Per-sonen unter Umständen andere Positionen inneha-ben und mündet schließlich in der Fähigkeit, eineallgemeine gesellschaftliche Perspektive einnehmenzu können.

Argumentieren

Beispiel im Sinne des praktischen Syllogismusnach Aristoteles:

1. Normative Prämisse (Handlungsnorm, N): Der Mensch sollte verantwortungsvoll mit seinemKörper umgehen

2. Deskriptive Prämisse (Aussagen über Tatsa-chen, D): Dopingmittel gefährden die Gesundheit

3. Conklusio (Schlussfolgerung aus D und N):

Weil durch das Doping die Gesundheit gefähr-

det wird, sollte das Doping verboten werden.

Argumentationsfähigkeit drückt sich in der Fähigkeitzur konsistenten Begründung von Aussagen aus undist als fächerübergreifende Kompetenz zu bezeich-nen. Sie beschreibt eine weitere Teildimension vonBewertungskompetenz.

Bewertungsprozesse, die in einem einfachen Satzwie „Ich bin für das Doping, weil es einfach gut ist.“enden, werden im Rahmen einer Diskussion schnellan ihre Grenzen stoßen. Fehlt es an ausgereiftenund logischen Argumentationsweisen, wird es dergegnerischen Position leicht gelingen, ihre Meinungerfolgreich gegen andere zu verteidigen. Zu einerausdifferenzierten Bewertungskompetenz gehörtdaher die Fähigkeit zu einer mit schlüssigen Argu-menten untermauerten Stellungnahme, die den Re-geln der formalen Logik folgt, so dass eine folgerich-tige Darlegung von Argumenten geleistet wird. Füreine derartige Argumentation ist es hilfreich, im Sin-ne des praktischen Syllogismus zu argumentieren.Klassische Beispiele dafür sind bei Aristoteles in derNikomachischen Ethik (VI, 8 [1141 b] und VII, 5 [1147a]) zu finden. Zunächst wird eine normative, werten-de Prämisse formuliert. Anschließend wird eine des-kriptive, beschreibende Prämisse niedergeschriebenund schließlich eine Schlussfolgerung aus beidengezogen, die eine konkrete, d.h. praktische Hand-lungsanweisung gibt.

Ethisches Basiswissen

Beispiel: Ich bin für das Dopen, da auch Sportlerdie Handlungsfreiheit haben hinsichtlich des Um-gangs mit dem eigenen Körper. Handlungsfreiheitbedeutet für mich, dass ich frei wählen kann, fürwelche Handlung ich mich entscheide, solangeich keine andere Person mit meiner Entscheidungverletze.

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

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Ethisches Basiswissen liegt als eine quer zu den-kende Kompetenz über allen Teilbereichen von Be-wertungskompetenz und stützt gut strukturierteund reflektierte Urteile. Erst wenn ethische Begriffe,Konzepte und Methoden korrekt genutzt und reflek-tiert werden können, kann von ausgereifter Bewer-tungskompetenz gesprochen werden. Ethisches Ba-siswissen umfasst z.B. die Fähigkeit, ‚Moral‘, ‚Ethik‘,‚Werte‘ und ‚Normen‘ begrifflich voneinander zutrennen, das Vermögen, deontologische und konse-quenzialistische Ethik voneinander abzugrenzen, na-turalistische Fehlschlüsse zu vermeiden und mitGrundzügen der Formalen Logik korrekt umzuge-hen. Auch die Definition ethischer Werte fällt unterdiese Kompetenz. Nur so kann den Schülern ver-mittelt werden, wie schlüssige und überzeugendeArgumentationsweisen aufgebaut werden.

Ziel der Unterrichtseinheit zum Thema Doping istes, Schüler hinsichtlich der Entwicklung von Bewer-tungskompetenz zu fördern. Dazu sollen unter-schiedliche Lernarrangements vorgestellt werden,die sich auf ausgewählte Teilkompetenzen von Be-wertungskompetenz konzentrieren.

3. Schritte moralischer Urteilsfindung Um Schüler in den dargestellten Teilkompetenzenzu fördern, wird im Rahmen des naturwissenschaft-lichen Unterrichts sehr häufig auf die Methode „6Schritte moralischer Urteilsfindung“ (Hößle, Bayrhu-ber 2006, Hößle 2008) zurückgegriffen. Ziel sollte essein, die Schritte zu einem festen Bestandteil des na-turwissenschaftlichen Unterrichts zu machen, der esden Schülern letztendlich ermöglicht, auch außer-schulische Konflikte auf diese Weise zu reflektieren.

Sechs Schritte moralischer Urteilsfindung

Schritt 1: Definieren des geschilderten Dilemmas

Das dargestellte Dilemma wird mit einer zentra-len Frage festgehalten.

Schritt 2: Aufzählen der Handlungsoptionen

Mögliche Handlungsschritte werden genannt.

Schritt 3: Nennen von Argumenten, die für undgegen die jeweilige Handlungsoption sprechen

In einer Tabelle können Argumente aufgelistetwerden, die die jeweilige Handlungsoption stüt-zen

Schritt 4: Nennen ethischer Werte, die durch dieArgumente berührt werden

Aus einem Wertepool können Werte ausgewähltwerden, die im Zentrum der jeweiligen Argumen-te stehen.

Schritt 5: Fällen eines persönlichen Urteils undÜberdenken alternativer Urteile

Erste an dieser Stelle sollte eine reflektierte undgut begründete persönliche Urteilsfällung stehen.

Schritt 6: Nennen von Folgen, die das eigene undalternative Urteil mit sich führen.

Abschließend sollen kurz- und langfristige Folgensowie realistische und unrealistische Folgen fürbetroffene Personenkreise benannt werden.

Im Laufe der Unterrichtseinheit zum Thema Dopingwird Bewertungskompetenz sukzessiv aufgebaut.Dazu werden wiederholt einzelne Schritte aus demdargestellten Verfahren herausgegriffen und in deneinzelnen Stunden fokussiert. So kann es gelingen,dass die Schüler am Ende der Einheit anhand einesBeispiels alle sechs Schritte durchlaufen können undsomit eine Methode kennen lernen, die ihnen hilft,auch andere bio- bzw. medizinethische Konflikte zubeurteilen.

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

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57Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Weiterführende Literatur

Alfs, N; Heusinger von Waldegge, K.; Hößle, C.(2012): Bewertungsprozesse verstehen und dia-gnostizieren. In: ZISU Zeitschrift für interpretativeSchul- und Unterrichtsforschung, 1, H.1.

Alfs, N. & Hößle, C. (2010): Gentechnisch veränderterMais in Deutschland – Wie bilde ich mir ein Ur-teil? In: Nieders. Kultusministerium (Hrsg.): Mate-rialien für den Kompetenzbereich Bewertung.Gentechnik an Pflanzen – eine Herausforderung.Erhältlich auch als Online Ressource:www.nibis.de/nli1/gohrgs/materialien/bio_gen_2010/uebersicht_bio_gen.htm und www.hannovergen.de (2010), S. 7–40.

Bayertz, K. (1995): Hrsg.: Verantwortung. Prinzip oderProblem. Wissenschaftliche Buchgesellschaft,Darmstadt 1995.

Bayertz, K. (1991): Wissenschaft, Technik und Verant-wortung. Grundlagen der Wissenschafts- undTechnikethik. In: ders. (Hg): Praktische Philoso-phie. Grundorientierungen angewandter Ethik.Rowohlt Taschenbuchverlag. Reinbek 1991. S. 173–209.

Bögeholz, S.; Hößle, C., Langlet, J., Sander, E., Schlü-ter, K. (2004): Bewerten – Urteilen – Entscheidenim biologischen Kontext: Modelle in der Biologie-didaktik. In: Zeitschrift für Didaktik der Naturwis-senschaften (ZfDN) 10, S. 89–115

Dietrich, J. (2004): Grundzüge ethischer Urteilsbil-dung. Ein Beitrag zur Bestimmung ethisch-philo-sophischer Basiskompetenzen und Methodenfra-ge der Ethik. In: Rohbeck, J (Hrsg.). Ethisch- philo-sophische Basiskompetenz. Jahrbuch derDidaktik der Philosophie und Ethik 5. Thelem,Dresden, S. 65–96

Haidt, J (2001): The Emotional Dog and Its RationalTail: A Social Intuitionist Approach to Moral Jud-gement. Psychological Review 108 (4), S. 814–834

Hößle, C. (2007): Ethisches Bewerten im Biologie-unterricht. In: Jahnke-Klein, S., Kiper, H., Freisel, L(Hrsg.) Gymnasium heute. Zwischen Elitebildungund Förderung der Vielen. Schneider, Baltmanns-weiler Verlag, S. 111–127

Hößle, C.; Bayrhuber, H. (2006): Sechs Schritte mora-lischer Urteilsfindung – Aktuelle Beispiele aus derBioethikdebatte. In: Praxis der Naturwissenschaf-ten. Biologie in der Schule. Heft 4/55, 55. Jahr-gang, S. 1–7.

Kolster, W. (2003): Wissen und Bewerten. Unterwegszu einer Ethik der Naturwissenschaften. AlberVerlag. Freiburg

Martens, E. (2003): Methodik des Ethik- und Philoso-phie-Unterrichts. Philosophieren als elementareKulturtechnik. Siebert. Hamburg

Massing, G., Weißeno, G.(1997): Politische Urteilsbil-dung.

Mittelsten Scheid (2008): Niveaus von Bewertungs-kompetenz. Eine empirische Studie im Rahmendes Projektes „Biologie im Kontext“. Der andereVerlag. Tönning

Platzer, K.; Sinemus, K. (2001): Ein Strukturmodellethischer Urteilsbildung im Kontext modernerBiotechnologie und Gentechnik. Das FallbeispielBt-Mais. In: Hauskeller, C. /Liebert, W./Ludwig, H.(2001): Wissenschaft verantworten. Soziale undethische Orientierung in der technischen Zivilisa-tion. Agenda-Verlag, Münster. S. 91–109.

Reitschert, K. (2009): Ethisches Bewerten im Biologie-unterricht. Eine qualitative Untersuchung zurStrukturierung und Ausdifferenzierung von Be-wertungskompetenz in bioethischen Sachverhal-ten bei Schülern der Sekundarstufe I. Kovac.Hamburg. 2009

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

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Didaktisch-methodische Reflektion

Zur Einführung in das Thema Doping wird der Schü-ler mit seinen Wünschen und individuellen Wertenin den Mittelpunkt der Stunde gestellt. So werdendie Schüler aufgefordert, ihre persönlichen Werteund Wünsche auf Karten zu notieren und diese aufeinem gemeinsamen Poster zu verorten und vorzu-stellen. Das Poster trägt nun die Werte und Wünscheder individuellen Klasse und sollte andersfarbig umdiejenigen Werte und Wünsche erweitert werden,die in der Gesellschaft zusätzlich von Bedeutungsind. Dabei können die Werte in so genannte mate-rielle (z.B. Geld, Haus, Auto) und ideelle Werte (z.B.Glück, Frieden, Freiheit) unterteilt werden. Ziel ist es,ein Bewusstsein für den Wertbegriff zu schaffen undherauszuarbeiten, dass Wertsetzungen zwar indivi-duell geschehen, aber durchaus einen gesellschaft-lichen Trend abbilden, den es zu hinterfragen gilt (Inwelcher Gesellschaft wollen wir leben? Was wäre,wenn wir alle diesen Wert an oberster Stelle anset-zen würden und unser Leben nur danach ausrichtenwürden?).

Der zweite Unterrichtsschritt konzentriert sichauf einen zentralen Wert, der sicherlich auch in denWertsetzungen der Schüler bedeutsam ist und Moti-vation für die Einnahme von Leistung steigerndenSubstanzen sein kann: Erfolg. Zunächst sollen dieSchüler in Vierergruppen die zentralen Begriffe Er-folg und Misserfolg definieren, indem sie Stichworteauf das dafür angefertigte Poster in unterschied-lichen Farben schreiben (z.B. Erfolg grün, Misserfolgrot). Erfahrungsbasierte Vorstellungen aus dem All-tag können dazu herangezogen werden und stellenerneut den Schüler und seine Assoziationen und Er-lebnisse in den Mittelpunkt des Unterrichtsgesche-hens. Gemeinsam soll anschließend ein Fazit zu denzentralen Begriffen formuliert und mit den Ergebnis-sen aus den anderen Gruppen verglichen werden.Im Austausch miteinander sollte deutlich werden,dass Erfolg zum einen von den eigenen, selbst ge-setzten Erwartungen, aber auch von denjenigen Er-wartungen abhängig ist, die das gesellschaftlicheUmfeld an jeden einzelnen stellt. Erfolg und Misser-folg sind somit auch ein Kennzeichen unseres gesell-schaftlichen und kulturellen Zusammenlebens undbilden einen gesellschaftlich bestimmten Trend ab,der zu hinterfragen ist (Dient dieser Trend dem

friedlichen Zusammenleben in unserer Gesellschaft?Inwieweit wird jeder einzelne dabei berücksichtigt?Fördert der Trend das Wohl unserer Gesellschaftoder das Wohl von einzelnen?).

Den Abschluss dieser Diskussion bildet die Refle-xion des Begriffes Erfolgsdruck. Dazu sollen zum ei-nen Auslöser von Erfolgsdruck und zum anderen po-sitiver und negativer Erfolgsdruck unterschiedenwerden.

Erfolgsdruck und Leistungsgesellschaft stehenunmittelbar miteinander in Verbindung und könnenals eine mögliche Ursache für die Einnahme vonLeistung steigernden Substanzen betrachtet wer-den. Im Rahmen der Platzdeckchenmethode (place-mate) sollen die Schüler zunächst ihre individuellenGedanken zum Begriff Leistungsgesellschaft äußernund anschließend eine gemeinsame Definition fin-den. Anschließend wird der Begriff auf das eigeneLeben bezogen und Situationen beschrieben, in de-nen Leistungsdruck vorherrscht. In Partnerarbeit sol-len Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden, die ei-nen gesunden Umgang mit Leistungssituationendiskutieren.

In der sich anschließenden Lernsequenz wird nunerstmalig das Thema Doping anhand eines konkre-ten Fallbeispiels (Erfolg in der Schule) aufgegriffen.In einem ersten Schritt sollen die Schüler das Pro-blem erläutern, vor dem das Mädchen Johannasteht. Schnell werden die Schüler erkennen, dassFachwissen zum Thema Gehirn-Doping nötig ist, umdiesen Fall umfassend reflektieren zu können. ImRahmen eines Gruppenpuzzles soll in den Stamm-gruppen der einführende Text zum Thema Gehirn-Doping gelesen werden und ein gemeinsamer Pro-blemaufriss erfolgen. In den Expertengruppen kön-nen dann die folgenden Dopingsubstanzen, dienormalerweise zur Behandlung der genanntenKrankheitsbilder eingesetzt werden, anhand vonSteckbriefen erschlossen werden: Ritalin zur Be-handlung des ADHS, Ampakin zur Behandlung derAlzheimer Krankheit, Donezepil zur Behandlung vonDemenz, Modafinill zur Behandlung der Schlafkrank-heit. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewie-sen, dass die populäre Internetseite www.gehirn-do-ping.info kritisch zu betrachten ist, da der rezept-freie Erwerb der angepriesenen Mittel hierangeboten wird und ein kritischer Umgang mit demBegriff Gehirn-Doping weitestgehend ausbleibt,

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

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während die Kaufhaltung angeregt wird. Es ist zuempfehlen, diese Seite mit den Schülern gemeinsamkritisch zu beleuchten, um die Kommunikationskom-petenz der Schüler an dieser Stelle gezielt zu schu-len und das Bewusstsein hinsichtlich des Umgangsmit diesen Medien zu schärfen.

Die Einnahme Leistung steigernder Substanzenbirgt die Gefahr gesundheitlicher Risiken. Dazu ge-hört auch das Suchtverhalten. Auf dieses soll in derkommenden Stunde näher eingegangen werden.Dazu wird ein fiktives Interview gelesen, das hin-sichtlich des Themas Sucht kritisch analysiert wer-den soll. Ziel dieser Stunde ist es zum einen, Situa-tionen zu erkennen und zu benennen, die Stressauslösen. Zum anderen sollen Möglichkeiten be-dacht werden, die helfen, Stresssituationen aus eige-ner Kraft zu bewältigen ohne Zuhilfenahme vonLeistung steigernden Substanzen. Zusätzlich soll derBegriff „Sucht“ definiert werden. Eine mögliche Defi-nition könnte die folgende sein:

„Sucht wird verstanden als das zwanghafte Ver-langen nach bestimmten Substanzen oder Verhal-tensweisen, die Missempfindungen vorüberge-hend lindern und erwünschte Empfindungen aus-lösen. Die Substanzen oder Verhaltensweisenwerden konsumiert bzw. beibehalten, obwohl ne-gative Konsequenzen für die betroffene Personund für andere damit verbunden sind. Sowohl derKonsum von psychoaktiven Substanzen wie Alko-hol, Tabak, Medikamente, Heroin, Cannabis, Ecsta-sy u.a. als auch Verhaltensweisen wie Glücksspiel,Essen, Arbeiten, Fernsehen, Internetspiele. kön-nen zwanghafte Züge annehmen, die Suchtchar-akter haben.“ (in Anlehnung an www.suchthilfe-wetzlar.de)

Ein kritischer Umgang mit Medien soll in derkommenden Stunde im Vordergrund stehen. Ziel istes zu erkennen, dass Medien eingesetzt werdenkönnen, um ein ideales, wenn auch fiktives Men-schenbild zu vermitteln. Dabei kommen Figuren zurSprache, die bereits in das Kinderzimmer Einganggefunden haben (Asterix und Obelix, Harry Potteru.a.). Auffallend ist, dass diese Figuren Substanzeneinnehmen, die ihnen erstaunliche Kräfte vermitteln.Damit wird ein Grundbedürfnis des Menschen auf-gegriffen, das bereits in der Bibel seinen Nieder-schlag gefunden hat: der Mensch will sein wie Gott.

Er strebt nach übernatürlichen Kräften, die ihm alldas ermöglichen, was in seiner Vorstellungswelt auf-taucht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dassdieses Streben und Denken des Menschen klar ge-trennt vom realen Alltag des Menschen betrachtetwerden muss. Es wird nie einen Übermenschen ge-ben, vielmehr ist es typisch für den Menschen, dasser ein Mängelwesen ist (Arnold Gehlen). Das machtden Menschen aus, damit muss er leben, dies musser akzeptieren und sich in seinem Leben einrichten.Traum und Realität sollten an dieser Stelle nicht ver-schmelzen. Vielmehr muss deutlich werden, dass derMensch auch angesichts seiner Begrenztheit ein er-fülltes Leben führen kann und dies sogar unter Ver-zicht stimulierender Substanzen.

Während bis zu diesem Zeitpunkt des Unter-richtsverlaufs eine Sensibilisierung hinsichtlich derBegriffe Werte, Leistung, Erfolg, Dopingsubstanzenund Sucht stattgefunden hat, erfolgt nun eine me-thodische Fokussierung auf den oben dargestelltenSechs-Schritt. Dazu wird einführend ein zentrales Di-lemma zum Thema Doping im Bereich Freizeitsportvorgestellt, anschließend werden mögliche Hand-lungsoptionen und deren Begründungen sowie be-rührte Werte reflektiert. Die beiden zentralen Hand-lungsoptionen Einnahme bzw. Verweigerung weite-rer Leistung steigernder Substanzen berühren z.B.die ethischen Werte Gesundheit, Erfolg, Leid, Glück,Risiko. Es ist durchaus möglich, dass weitere Wertegenannt werden, die jedoch gut begründet und de-finiert werden sollten.

An das Fallbeispiel aus dem Bereich Freizeitsportschließt sich nun die Thematisierung des ThemasDoping im Bereich Leistungssport an. Dazu soll ein-führend eine Karikatur interpretiert und ein geeigne-ter Titel gesucht werden. Im Anschluss daran sollenunterschiedliche Substanzen hinsichtlich ihrer Wirk-samkeit und der damit verbundenen Gefahren erar-beitet und miteinander verglichen werden.

Nachdem diese fachlichen Grundlagen gelegtwurden, kann eine Fokussierung auf den ethischenWert Verantwortung im Hinblick auf den Einsatz vonDopingmitteln im Spitzensport stattfinden. Im Fol-genden sollen die Begrifflichkeiten, die im Rahmendieser Lernsequenz ihren Niederschlag finden, kurzerläutert werden. Die grundlegende Bedeutung desBegriffs Verantwortung wird in der Philosophie aus-führlich beschrieben und definiert. In der Geschichte

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

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der Philosophie ist dieser Begriff stark mit morali-schen und ethischen Grundsätzen sowie den damitverbundenen Handlungsanweisungen verknüpft. Sosollte sich jeder Mensch, der nach diesen Grundsät-zen (verantwortungsvoll) handelt, bewusst sein, dassdurch sein eigenes Handeln das Handeln andererpositiv oder negativ beeinflusst werden könnte.Hieraus ergibt sich zwangsläufig die Tatsache, dassder Gegenstand der Verantwortung immer das kon-krete Handeln eines oder mehrerer Individuen unddie daraus resultierenden Folgen ist (Bayertz 1995).Das handelnde Individuum sollte fähig sein, jeder-zeit zu bestimmten Handlungen Stellung zu neh-men und sich gegenüber anderen und sich selbst zuverantworten. Die Fähigkeit zur bewussten Entschei-dung ist dabei evident. Der Begriff kann allerdingsauch ausgeweitet werden und als Verantwortungnicht nur gegenüber anderen, sondern auch als Ver-antwortung für andere Personen beschrieben wer-den. Dies wird dann als stellvertretende Übernahmeder Verantwortung für das Handeln anderer be-zeichnet und der eigenen Verantwortlichkeit gegen-übergestellt. Des Weiteren lässt sich die Definitiondes Verantwortungsbegriffs im Hinblick auf die Ver-knüpfung mit kausalen Zusammenhängen erwei-tern, so wird das menschliche Handeln durch dieVerantwortung in diese Zusammenhänge (z.B. sozia-ler oder religiöser Natur) gestellt. Die Verantwortunglässt sich noch weiter aufsplitten in unterschiedlicheVerantwortungsarten, welche politisch, sozial-gesell-schaftlich oder auch juristisch geprägt sein können.So stellt sich hinsichtlich des gewählten Fallbeispielsdie Frage, wer tatsächlich für den Tod der Sportlerinverantwortlich gezeichnet werden kann. Tragen Wis-senschaftler, die diese Substanzen entwickelt haben,lediglich eine Professionsverantwortung, da sie ihrAmt gut ausgeführt haben und erfolgreich ein neuesMittel im Labor entwickelt und geprüft haben, dastatsächlich Leistung steigernd wirkt? Tragen dieseWissenschaftler nicht gemeinsam mit den Ärztenauch eine Präventionsverantwortung, da nur sie dieNebenwirkungen und Folgen der Einnahme wirklichkennen und nur sie präventiv handeln und aufklärenkönnen? Und welche Verantwortung tragen wir?Fordert unsere Gesellschaft nicht geradezu, dasssich die Leistungen von Spitzensportlern wie Jan Ull-rich und Lance Armstrong stetig verbessern, damitwir unseren Emotionen freien Lauf lassen können

und mit den Sportler hemmungslos mitfiebern kön-nen? Tragen nicht auch wir eine moralische Verant-wortung diesen Sportlern gegenüber? Folgende Per-sonenkreise können hinsichtlich dieser Gedankenund Fragen zum Thema Doping und Verantwortungeine Rolle spielen: der Leistungssportler, der Trainer,der Verband, der Sponsor, die Eltern, die Ärzte, Wis-senschaftler, die Gesellschaft (Bayertz 1991, 1995).

Den Abschluss dieser Unterrichtseinheit bildetdas Dilemma um die Person Tembela. Der Junge na-mens Tembela steht vor der Frage, ob er ein angebo-tenes Dopingmittel einnehmen soll, um zu einempersönlichen Erfolg im Fußball zu gelangen. DieSchüler sollen zunächst das Dilemma konkretisierenund beschreiben. Anschließend findet eine fachlicheAuseinandersetzung mit dem Thema Dopingsub -stanzen im Fußballsport statt, so dass die zur Auswahlstehenden Handlungsoptionen fachlich fundiert sind.In den Aufgaben 3–5 sollen nun Argumente für diejeweilige Handlungsoption (Dopingsubstanzen ein-nehmen bzw. darauf verzichten) gesammelt und hin-sichtlich der dahinter stehenden ethischen Werteanalysiert werden. Als Hilfe kann der Wertepool her-angezogen werden, der bereits eine Sammlung anWerten umfasst. Aus dieser können begründet Wertegewählt werden. Zusätzlich wäre es denkbar, denWertepool um weitere Werte zu ergänzen, die in dengenannten Argumenten auftreten. Abschließend fin-det zu diesem Aufgabenkomplex eine Gewichtungder Werte statt, die anzeigt, welche persönlichenoder gemeinschaftlichen Prioritäten bei der Bewer-tung des Fallbeispiels gesetzt werden. Im Anschlussan die Beschäftigung mit ethischen Werten soll einepersönliche Urteilsfällung vollzogen werden, die sichin Form eines Briefes widerspiegelt. Abschließendkönnen die Folgen eines jeden Urteils bedacht wer-den, indem diese in Form einer Tabelle in kurz- undlangfristige (z.B. kurzfristiger Erfolg, langfristige Ge-sundheitsschäden), bzw. realistische und unrealisti-sche (z.B. kurzfristig: Erfolg/kostenloses Geschenk,langfristig: Gesundheit bleibt erhalten/Finanzierbar-keit) eingeteilt werden.

Doping – eine ethische HerausforderungInformationen für Lehrende

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Jeder Mensch hat bestimmte Werte und Wünsche, die ihm in seinem Leben besonders wichtig sind. Es wur-den einige Jugendliche dazu befragt.

Doping – eine ethische HerausforderungM1 – Was ist mir in meinem Leben wichtig?

Arbeitsvorschläge

3. Vervollständigen Sie das Poster, indem Sie zusätzlich Wünsche und Werte ergänzt, die in unserer Ge-sellschaft als wichtig erachtet werden.

4. Sie können das Poster im Laufe der Unterrichtseinheit um neu hinzugekommene Werte und Wünscheergänzen.

Arbeitsvorschläge

1. Überlegen Sie, welche Werte und Wünsche dir in Ihrem Leben wichtig sind. Schreibe diese auf die aus-gelegten Karten.

2. Stellen Sie sich nun Ihre Ergebnisse gegenseitig vor, indem Sie die Karten auf ein Poster kleben und sieerläutern.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Ich wünsche mir Frieden für alle.

Ich will mal viel Erfolg haben.

Ich will einfach nur viel Spaß haben im Leben.

Ich hoffe, dass unsere Natur

erhalten bleibt.

Dinge, die uns im Lebenwichtig sind

Gesundheit

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62 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – eine ethische HerausforderungM2 – Erfolg und Misserfolg liegen eng nebeneinander

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Zeichnen Sie in Gruppen die Körperumrisse eines Menschen auf ein Poster und hängt dieses an dieWand.

2. Überlegen Sie nun, was Erfolg und Misserfolg eines Menschen bedeuten können und schreiben Siediese Stichworte in zwei unterschiedlichen Farben um den Umriss.

3. Wie könnte ein kurzes Fazit lauten? Schreiben Sie dieses in die Sprechblase.

4. Vergleichen Sie dieses Fazit mit dem, was Ihre Klassenkameraden aus den anderen Gruppen erarbeitethaben.

5. Erläutern Sie, was Sie unter dem Begriff Erfolgsdruck verstehst. Bedenken Sie dabei auch diese Aspek-te: Was sind Auslöser des Erfolgsdrucks? Welche positiven und negativen Seiten des Erfolgsdruckeskennen Sie?

Erfolg ist … Misserfolg ist …

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63Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Der Begriff Leistungsgesellschaft gewinnt in unsererGesellschaft zunehmend an Bedeutung. Er wird invielen Zusammenhängen genutzt. Was genau be-deutet Leistungsgesellschaft?

Doping – eine ethische HerausforderungM3 – Leistungsgesellschaft

Arbeitsvorschläge

1. Bereiten Sie in Vierergruppen ein Placemate wie unten aufgezeichnet vor. Schreiben Sie in Einzelarbeitin jeweils ein Viertel Ihre Gedanken zum Begriff Leistungsgesellschaft.

2. Drehen Sie das Placemate nun weiter, so dass Sie die Gedanken Ihrer Mitschüler lesen können.

3. Benennen Sie nun die Gemeinsamkeiten Ihrer Definitionen und versuchen Sie, eine neue gemeinsameBeschreibung zu finden. Diese notieren Sie in der Mitte des Placemate.

4. Nachfolgend stellen Sie der Klasse Ihre Ergebnis vor. Abschließend entscheiden Sie sich für die besteDefinition.

Weitere Aufgaben

1. Recherchieren Sie in unterschiedlichen Quellen den Begriff Leistung. Welche Unterschiede fallen Ihnenauf?

2. In welchen Bereichen Ihres Lebens taucht der Begriff Leistung auf und welche Arten von Leistung lassen sich unterscheiden?

3. Was verstehen Sie unter Leistungsdruck und was können Ihrer Meinung nach die Ursachen und Aus-wirkungen von Leistungsdruck sein?

4. Überlegen Sie in Partnerarbeit Möglichkeiten, Leistungsdruck zu verringern und stellen Sie Ihre Lösun-gen der Klasse vor.

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Arbeitsvorschläge

1. Erläutern Sie das Problem, vor dem Johanna steht, und beschreiben Sie, wie sie dieses löst.

Gruppenpuzzle zum Thema Gehirn-Doping

A. Zunächst treffen Sie sich in Ihren Stammgruppen. Lesen Sie den Infotext zum Thema Gehirn -doping durch und klären Sie gegebenenfalls Verständnisfragen. Anschließend ziehen Sie jeweilsein Los aus der Box, das Sie einer bestimmten Expertengruppe zuordnet.

B. In den Expertengruppen informiert Sie sich nun anhand von Büchern und dem Internet über IhreDopingmittel. Anschließend erstellt jeder einen Steckbrief nach dem folgenden Muster (siehenächste Seite).

C. Nun gehen Sie in die Stammgruppen zurück, um Ihren Mitschüler über das von Ihnen bearbeitete Doping-Mittel zu informieren.

2. Schreiben Sie Johanna einen Brief, in dem Sie ihr Möglichkeiten nennen, wie sie ihr Ziel auch ohne Ge-hirn-Doping erreichen kann.

64 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Johanna besucht die zehnte Klasse und ist eine sehrehrgeizige Schülerin. Zu ihrem Ärgernis muss sie je-doch, im Gegensatz zu vielen anderen Klassenkame-raden und Freunden, sehr viel lernen. Aus diesemGrund sitzt sie teilweise sehr lange am Schreibtisch

und arbeitet. Wenn sie sich tagsüber auch noch mitihren Freunden treffen will, dann wird es regelmäßignachts sehr spät, da sie ihr tägliches Pensum zuschaffen hat. Sie erzählt:

Doping – eine ethische HerausforderungM4 – Erfolg in der Schule – um jeden Preis? M4/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

„Wenn ich mich mit meinen Freunden treffen will, dann tue ich das auch. Ich habe sehr viele Freundeund die sind mir auch sehr wichtig. Ich hatte am Anfang dann immer Probleme, abends meine Hausaufga-ben und Lernsachen zu machen. Jetzt habe ich aber im Internet so Pillen gefunden. Diese habe ich mir be-stellt und wenn ich weiß, dass es nachts später wird, dann nehm ich die schon mal vorsorglich. Durch die-se kann ich viel besser lernen und arbeiten. Ich werde nicht mehr müde und schaffe alles, was ich mir vor-nehme. Manchmal muss ich dann nachts gar nicht schlafen. Das ist dann aber ein Problem, da ich dannmorgens in der Schule müde werde. Ich habe mir aus diesem Grund angewöhnt Energy-drinks in der

Schule zu trinken oder sehr viel Kaffee. Von diesen Dingen wird man wieder wach …“

Foto ©: Hößle

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Wirkungsspektrum

- Steigerung der Willenskraft

- …

Gesundheitliche

Gefahren

- PsychischeAbhängigkeit

- …

Gründe für die

Einnahme

- Dosierte Einnahme bei ADS Patienten

- Erhöhung der Leistungsfähigkeit (beim Sport, Job, in der Schule usw.)

- …

65Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Substanz

Ritalin(Wirkstoff Methylphenidat)

Doping – eine ethische HerausforderungM4 – Erfolg in der Schule – um jeden Preis? M4/2

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Infotext für die Stammgruppen

Gehirndoping oder Neuro Enhancement nennt mandie gezielte Verbesserung der Hirnleistung bei ge-sunden Menschen. Versprochen wird eine Steige-rung der Konzentrationsfähigkeit mit dem Ziel, imStudium, in der Schule oder am Arbeitsplatz bessereLeistungen erbringen zu können und damit im täg-lichen Wettbewerb gut bestehen zu können. Dabeiwird nicht immer auf legale Mittel zurückgegriffen.Sobald Medikamente besorgt werden, die eigentlichverschreibungspflichtig sind, kann man schnell dieGrenze der Legalität überschreiten. Solange mansich an die legalen Aufputscher hält, deren Wirksam-keit auf Koffein basiert, ist man zumindest rechtlich

gesehen auf der sicheren Seite. Wem das nicht aus-reicht, um den Anforderungen gerecht werden zukönnen, der greift auf Medikamente zurück, die ei-gentlich ihre Bestimmung in der Behandlung vonPatienten mit psychischen Störungen wie Alzheimeroder Parkinson haben. Die Wirkstoffe greifen in che-mische Abläufe im Gehirn ein. Ziel ist es, die Auf-merksamkeit, die Leistungsfähigkeit zu steigern undMüdigkeit zu vertreiben. Diese Wirkung tritt auchein, wenn gesunde Menschen zu diesen Pillen oderTropfen greifen. Die Nebenwirkungen dieser Medi-kamente sind jedoch riesig und stellen eine großeGefahr für die Nutzer dar, die oft unerkannt bleibt.

Mustersteckbrief

Dopingsubstanzen-Wirkungsweise und Motive der Verwendung

Angelehnt an: www.dsj.de/downloads/Publikationen/.../07arbeitsblaetter.pdf

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66 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Der 14 jährige Schüler Manuel hat große Angst vorschriftlichen Prüfungen. Sobald er den Termin fürdie nächste Klassenarbeit erfährt, fängt sein Herz anzu rasen und er bekommt Schweißausbrüche. Schonoft hat er während einer Klassenarbeit ein soge-nanntes „Blackout“ gehabt, d.h. er konnte sich nichtmehr an den Lernstoff erinnern, obwohl er ihn nochvor der Prüfung im Kopf hatte.

Seiner Meinung nach hängt dies mit mangelnderKonzentration zusammen, da er während einer Prü-fung häufig daran denkt, dass er sie wohlmöglichnicht bestehen könnte oder eine schlechte Note er-hält. Aus diesem Grund hat er sich angewöhnt, wäh-rend einer Prüfung seine Aufmerksamkeit und seineKonzentrationsfähigkeit durch ein Traubenzucker-präparat zu erhöhen. Mittlerweile kann er sich schongar nicht mehr vorstellen, eine Klassenarbeit ohnegenügend Traubenzuckervorrat zu schreiben.

Interviewer: Manuel, was bereitet dir die größteAngst bei Klassenarbeiten?Manuel: Also mit dem Lernstoff habe ich meistenskeine Probleme. Mein Problem ist eher, dass ich inder Prüfung mit meinen Gedanken nicht bei der Sa-che bleiben kann. Manchmal denk ich, wenn ich beieiner Aufgabe oder Frage nicht sofort auf die richti-ge Lösung komme, dass ich eine Fünf oder eineSechs bekommen könnte.

Was fühlst du in solchen Momenten?Ich habe einfach Angst. Ich stell mir dann vor, dassalle anderen die Lösungen kennen und ich derDümmste in der Klasse bin.

Wie gehst du denn mit diesen Problemen um?Ich muss in einer Prüfung einfach „voll da“ sein. Mei-ne Eltern sagen immer, ich soll am besten 200 % ge-ben. Um das zu schaffen, nehme ich jetzt schon län-ger dieses Traubenzucker-Zeug. Damit kann ichmich dann viel besser konzentrieren.

Könntest du dir vorstellen, die nächste schriftlichePrüfung einmal ohne Traubenzucker zu schreiben?Lieber nicht. Da geh ich lieber auf Nummer sicher.Ich glaube, ich kann das ohne auch gar nicht mehr.Einmal habe ich es versucht, weil ich nicht so vielhatte, ohne Traubenzucker zu beginnen. Ich konntemich nicht konzentrieren und ich musste die ganzeZeit daran denken, dass ich Traubenzucker brauche.

Haben sich denn deine Noten dadurch verbessert?Bisher noch nicht so richtig, aber ich glaube daskommt noch…

Beschränkt sich denn dein Traubenzucker-Konsumauf Klassenarbeiten?Am Anfang war das so … Mittlerweile nehme ich esauch zwischendurch mal. Ich habe auch festgestellt,dass es in Kombination mit anderen Mitteln, wie Ener-gy-Drinks, noch besser hilft mich zu konzentrieren.

Doping – eine ethische HerausforderungM5 – „Vor Klassenarbeiten bin ich immer so nervös!“

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Was könnte Manuel tun, um vor Prüfungen in der Schule nicht so nervös zu sein?

2. Besteht für Manuel das Risiko, in eine Sucht zu stürzen? Wann spricht man von einer Abhängigkeit vonnicht-körpereigenen Substanzen? Informieren Sie sich dazu, in dem Sie eine Drogenberatungsstelleaufsuchen, in Fachbüchern nachlesen oder im Internet recherchieren.

Foto ©: Hößle

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67Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Unsere Helden aus Kinofilmen und sonstigen Me-dien haben sehr oft Hilfsmittel, mit denen sie wahreWunder erfahren oder bewirken können. Schautman sich Harry Potter, Asterix und Obelix oder auchSpiderman an, so können sie mithilfe ihrer Zauber-tränke alle Gefahren und Probleme bewältigen.

Häufig wird der Eindruck vermittelt, dass vieleProbleme von „normalen“ Menschen nicht bewältigtwerden können, allerdings für die Superhelden kin-derleicht zu lösen sind. In vielen Fällen werden sol-che Helden wahrscheinlich ganz bewusst als „All-tagsmenschen“ oder auch „Durchschnittstypen“ dar-

gestellt, die dann durch eine bewusste oder unbe-wusste Einnahme einer bestimmten Substanz, einesElixiers o.ä. zu etwas „Besonderem“ werden.

In den meisten Fällen geht diese Veränderungmit extremer körperlicher und/oder geistiger Leis-tungssteigerung einher. Man erhält den Eindruck,dass zur Bewältigung bestimmter Herausforderun-gen die eigenen Anstrengungen häufig nicht ausrei-chend sind und dass nur mit Hilfe äußerer Einflüssesolche Herausforderungen bewältigt werden kön-nen.

Doping – eine ethische HerausforderungM6 – Stoff, aus dem Helden „gestrickt“ werden?

Arbeitsvorschläge

1. Welche weiteren Helden dieser Art kennen Sie und wie bewerten Sie ihr Verhalten?

2. Welche Gefahr oder Risiken, die von den Medien ausgehen, erkennen Sie?

3. Was könnte Ihrer Meinung nach der Grund sein, dass so viele Menschen die Filme schauen bzw. dieBücher lesen? Berücksichtigen Sie dabei auch die Hoffnungen, Wünsche und Bedürfnisse, die in denGeschichten der „Helden“ thematisiert werden?

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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68 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Fynn, 19 Jahre

„Ich war immer etwas molliger als andere Kinder inmeinem Alter. Meine Mutter hat gesagt, dass das Ba-byspeck sei und sehr niedlich ist. Sie meinte, dass esvergeht, wenn man älter wird und in die Pubertätkommt. Darauf habe ich mich verlassen. Als ich 16Jahre alt wurde, war ich immer noch der dickste inder Klasse. Langsam verlor ich die Hoffnung, dass der„Babyspeck“ verschwinden würde. Ich fühlte michsehr schlecht, denn mittlerweile war das nicht mehrniedlich. Meine Klassenkameraden zogen mich regel-mäßig mit meinen überschüssigen Pfunden auf. Ichbegann mich immer mehr abzukapseln…– ausSelbstschutz. Es war einfacher, mit niemandem zu re-den, als immer gehänselt zu werden. Hinzu kam, dassdie Mädchen keine Notiz von mir nahmen. Ich wollteanders sein, ich hasste mich selbst. Besonders, wennich im Fernsehen die vielen schönen Menschen sah,wurde mir mein Problem immer wieder bewusst. Allewaren schlank, alle waren schön. Warum konnte ichnicht sein wie der Typ aus Superman oder meinet-

wegen wie ein anderer starker muskulöser Held. De-nen liefen die Frauen scharenweise hinterher. Alle ummich herum waren schöner, schlanker und muskulö-ser.

Eines Tages hörte ich von dem neuen Fitnessstu-dio, das in der Stadt eröffnet wurde. Dort konnte manjeden Tag trainieren. Ich habe dann angefangen,dorthin zu gehen und zu trainieren. Eines Tages kamso ein Typ an, der richtig dicke Muskeln hatte. Er hatmir diese Aufbaupräparate angeboten, die mir helfenwürden, mehr Muskeln aufzubauen. Das war zwarnicht gerade billig, aber hat tatsächlich gut gewirkt.Auf einmal interessierten sich auch Frauen für mich,und ich wurde zu Partys eingeladen.

Aber dann kam der Zusammenbruch. Mein Körpermachte schlapp. Ich bekam Kopfschmerzen und dieHaare gingen aus und das Herz machte nicht mehrmit. Jetzt weiß ich nicht, wie ich weitermachen soll.Soll ich das Aufbaupräparat nun absetzen, aber danngeht das Ganze wieder von vorn los?“

Doping – eine ethische HerausforderungM7 – „Eigentlich wurde ich immer gehänselt“

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Vor welchem Dilemma steht Fynn?

2. Welche Handlungsmöglichkeiten hat er?

3. Füllen Sie nun die unten angefügte Tabelle zu den zwei zentralen Handlungsoptionen aus. Tragen Siezunächst die Handlungsoptionen ein. Ergänzen Sie dann die Argumente, die für und gegen die jeweili-ge Handlungsoption sprechen.

4. Ergänzen Sie in der Tabelle nun die letzte Spalte. Schreiben Sie die ethischen Werte auf, die durch dasjeweilige Argument berührt werden. Nehmen Sie den Wertepool aus M11 zur Hilfe, falls Sie Schwierig-keiten haben.

Ethischer Wert

Handlungsoption B

Argument

contra

pro

Ethischer Wert

Handlungsoption A

Argument

contra

pro

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69Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – eine ethische HerausforderungM8 – Doping im Spitzensport

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Illustration: © Herrmann

Arbeitsvorschläge

1. Beschreiben Sie die Karikatur mit Ihren eigenen Worten und erläutern Sie, worauf der Zeichner auf-merksam machen will.

2. Wählen Sie für die Karikatur einen passenden Titel aus.

3. Überlegen Sie sich Sprechblasen, die Sie an die Karikatur kleben können. Was könnten die beiden den-ken?

4. Informieren Sie sich über unterschiedliche Doping-Methoden, die im Leistungssport eingesetzt wer-den. Erstellen Sie zu einem ausgewählten Wirkungsstoff ein Poster, auf dem Sie auf die Wirkungsweiseund die Risiken für den Organismus sowie auf interessante Besonderheiten eingehen (z.B. Preis, Be-schaffungsweise). Veranstalten Sie anschließend einen Museumsrundgang, auf dem Sie Ihr Poster vor-stellen und sich von Ihren Klassenkameraden deren Poster erläutern lassen.

5. Stellen Sie anschließend im Plenum Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Mittel und Methoden zusammen.

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1. Welches Dilemma wird beschrieben?

2. Hinsichtlich des Falles Katja Tauber steht die Frage im Vordergrund, wer für den Tod verantwortlichgemacht werden kann. Zunächst hat es den Eindruck, als wenn nur Katja Tauber selbst verantwortlichsei, da sie die Mittel eingenommen hat. Aber so einfach ist es nicht. Es kommen auch andere Personenin Betracht, die eine gewisse Verantwortung tragen.

Um herauszufinden, wer in Frage kommt, sollten Sie in einem ersten Schritt ermitteln, welche Perso-nen überhaupt von dem Dilemma betroffen sind und wie ihre Verantwortlichkeit aussehen könnte. Er-stellen Sie dazu ein Concept map, in dem Sie die einzelnen Personen benennen und erläutern, inwie-weit sie mit Katja Tauber in Beziehung standen und verantwortlich sein könnten.

70 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Am vergangenen Sonntag erlag die 23-jährige Sprinterin Katja Tauber während ihres Trainingseinem plötzlichen Herzversagen. Der Verdacht, dass die Sportlerin sich des illegalen Dopingmittels So-matotropin bedient hat, ist nicht auszuschließen.

Noch in den letzten Wochen hatte sich die Hochleistungssportlerin intensiv auf eine Reihe anste-hender Wettkämpfe vorbereitet. Die Wettkämpfe waren für Katja Tauber außerordentlich wichtig undsetzten sie unter enormen Leistungsdruck. Nur wenn sie ihre Bestzeiten weiterhin hätte halten können,wäre eine Verlängerung ihres Vertrages mit dem Sponsor und Funktionär, Heiner Lauter, möglich gewe-sen.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bekam Katja Tauber von ihrem betreuenden Sport-arzt übergangsweise das gentechnisch herstellbare Wachstumshormon Somatotropin verabreicht. DieSprinterin hatte bereits positive Erfahrungen mit diesem Medikament gemacht und die erwartete Leis-tungssteigerung blieb nicht aus. Aber auch der plötzliche Herztod der Sprinterin kann vermutlich aufdie Einnahme des Dopingmittels zurückgeführt werden. Leider ist der Tod der Sprinterin kein Einzelfall

im Leistungssport.

Doping – eine ethische HerausforderungM9 – Wer trägt die Verantwortung?

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

Trainer

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71Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Person Verantwortungsart

ArztTrainer…

Universalverantwortung

Folgt man diesem Verantwortungsbegriff, dannist jeder einzelne für die ganze Welt verantwort-lich.

Doping – eine ethische HerausforderungM10 – Was bedeutet Verantwortung?

Arbeitsvorschlag

Versuchen Sie nun, den in Ihrer Concept map (S. 70) genannten Personen die unterschiedlichen Verant-wortungsarten begründet zuzuordnen. Überprüfen Sie, ob Sie alle Personen berücksichtigt haben (z.B.Arzt, Trainer, Sponsor, Gesellschaft, Eltern, Wissenschaftler)

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Moralische Verantwortung

Ist allgemeinverbindlich für jeden Menschen undorientiert sich an universellen moralischen Wer-ten und Normen

Professionelle Verantwortung

Wissenschaftler, Ingenieure und Ärzte sind nachdiesem Verständnis nur für das verantwortlich,was in ihrer Kompetenz und in ihren Einflussbe-reich fällt. Den Wissenschaftlern obliegt die Ver-antwortung, gute Wissenschaft zu betreiben, d.h.zutreffende Antworten auf Fragen über die Wirk-lichkeit zu geben. Technikern obliegt die Verant-wortung, gute Techniken zu konstruieren und zu-verlässige Lösungen zu finden. Eine Verantwor-tung für die indirekten Folgen ihrer Tätigkeit, fürdie Anwendung der Resultate dieser Tätigkeit,kann ihnen deshalb nicht zugemutet werden,weil diese Anwendung von anderen vorgenom-men wird.

Präventionsverantwortung

Jeder hat eine spezifische Verantwortung aufdem Gebiet, auf dem er spezielle Macht oderspezielles Wissen hat. Im Allgemeinen könnennur die Wissenschaftler und Ärzte selbst Folgenihrer Entwicklung und ihres Berufsfeldes abschät-zen. Aus diesen Gründen (aus der mit ihrer Be-rufsrolle verbundenen Macht über die Gesell-schaft und dem mit ihr verbundenen Wissen)kommt ihnen eine spezifische moralische Verant-wortung zu: eine Informations- und Präventions-verantwortung

Foto ©: Marco Kröner, PIXELIO

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Arbeitsvorschläge

1. Schildern Sie zunächst das Dilemma, vor dem Tembela steht. Welche Gedanken gehen Tembela durchden Kopf?

2. Informieren Sie sich über Dopingmittel, die im Sport eingesetzt werden. Welche Mittel könnte Martin Tembela angeboten haben?

3. Welche Handlungsmöglichkeiten stehen Tembela zur Auswahl?

4. Überlegen Sie sich Argumente für die jeweilige Handlungsoption und tragen Sie diese in die Tabelle ein.

5. Ergänzen Sie nun zu den jeweiligen Argumenten den ethischen Wert, der durch das Argument berührtwird. Sie können den Wertepool zur Hilfe nehmen, falls es Ihnen schwer fällt, Werte zu finden.

72 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Tembela ist 17 Jahre alt und seine Familie kommt ausSimbabwe. Seine Eltern sind vor zwanzig Jahrennach Deutschland gekommen. Jedoch lebt ein gro-ßer Teil der Familie immer noch im Süden von Sim-babwe. Er ist jedoch, genauso wie sein älterer BruderEbo und seine kleine Schwester Ama, in Deutschlandgeboren. Schon früh hat sich bei Tembela gezeigt,dass er sportlich ist. Nach einigen Versuchen inunterschiedlichsten Sportarten hat sich herausge-stellt, dass er besonders gut im Fußball ist. Er ist sehrstolz darauf. Sein Trainer ist bereits mit Talentsu-chern in Kontakt getreten, um diese auf Tembela auf-merksam zu machen. Tembela ist nun eingeladen,bei einem Training in einer Auswahlmannschaft seinKönnen zu zeigen. Dies wäre die ganz große Chance,vielleicht später einmal in der Nationalmannschaft zuspielen und richtig viel Geld zu verdienen. Es liegtTembela sehr am Herzen, später ein gutes Einkom-men zu haben, um seine Eltern zu entlasten, die ei-nen großen Teil ihres Geldes noch immer nach Sim-

babwe schicken, um dort die Familie zu unterstützen.Tembela träumt davon, seine Großeltern einmal per-sönlich kennen zu lernen und diese vielleicht nachDeutschland zu holen, wenn er genug Geld dafürhat.

Da er neugierig ist und das Training in der Aus-wahlmannschaft anders abläuft, schaut er es sich ei-nige Tage vor seinem eigenen Spiel als Zuschaueran. Dabei kommt er mit Martin, einem Spieler in sei-nem Alter, ins Gespräch. Martin erzählt Tembela,dass er viel mehr Leistung erbringen kann, wenn erbestimmte Pillen schluckt, die seinen Körper unter-stützen. Martin schwärmt ihm vor, wie viel leichteres ist, die volle Leistung auf dem Sportplatz zu er-bringen, wenn er diese Pillen einnimmt. Er betont,dass viele Spieler in der Auswahlmannschaft dasMittel verwenden und erteilt Tembela den Rat, überdiese Chance nachzudenken. Tembela begutachtetdie Pillen, die Martin aus der Tasche holt und über-legt, wie er sich nun verhalten soll.

Doping – eine ethische HerausforderungM11 – Die Chance M11/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Damit verbundener Wert

Handlungsoption B

Argument Damit verbundener Wert

Handlungsoption A

Argument

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73Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Folge langfristig kurzfristig realistisch Eher unrealistisch

… + – + –

Doping – eine ethische HerausforderungM11 – Die Chance M11/2

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Der Wertepool

Menschenwürde Sicherheit Risiko

Leid Erfolg GlückGerechtigkeit Naturschutz VerantwortungFreundschaft … …

Arbeitsvorschläge

6. Welches Argument ist Ihnen besonders wichtig? Unterstreichen Sie dieses mit einem roten Stift.

7. Tembela ist ratlos und kann sich nicht entscheiden. Was würden Sie ihr ihm raten? Schreiben Sie ihmin Einzelarbeit einen Brief, in dem Sie Tembela hinsichtlich seiner Urteilsfällung unterstützt.

8. Überlegen Sie sich nun, welche Folgen Ihr Urteil für alle beteiligten Personengruppen haben würde. Berücksichtigen Sie dabei, welche Folgen langfristig bzw. kurzfristig auftreten und welche Folgen rea-listisch und weniger realistisch sind. Nutzen Sie die Tabelle, um die Folgen zu systematisieren.

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74 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – eine ethische Herausforderung

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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75Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeAnni Heitzmann/Sabine Baumann/Thomas Loosli

Modul 2b

Humorvoller Hinweis auf der Straße während der Tour de France 2008 in Alpe d'Huez: EPO in 500 Meter Entfernung (Juli 2008)Foto ©: Zehnfinger (CC BY-SA 3.0), unter: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:EPO-TdF_2008.jpg?uselang=de [12.11.2012]

Informationen für Lehrende ......................................................................................................................................................76Weiterführende Literatur ................................................................................................................................................................87Didaktisch-methodische Reflexion .............................................................................................................................................89

Materialien für Lernende (M) .....................................................................................................................................................91M1 – Doping und sportliche Leistung .......................................................................................................................................91M2 – Nervenzellen und chemische Transmitter .....................................................................................................................92M3 – Erlaubte und verbotene Aufputschmittel ......................................................................................................................94M4 – Chemische Prozesse im menschlichen Körper .............................................................................................................98M5 – Chemische Prozesse in der Industrie ...............................................................................................................................99M6 – Leistungssteigerung mit und ohne Doping ................................................................................................................100

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76 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Einleitung

Da Doping in die physiologischen Vorgänge desKörpers mit dem Zweck der Leistungssteigerungeingreift, sind aus Sicht des naturwissenschaftlichenUnterrichts folgende Aspekte wichtig: Erstens musseine vertiefte Auseinandersetzung mit dem BegriffLeistung und Leistungsfähigkeit erfolgen. Dabei sollder Zusammenhang zur Körperarbeit und den daranbeteiligten biologischen Systemen, welche synergis-tisch zusammen wirken, erkannt werden. Als Grundla-ge für das Verständnis der Zusammenhänge sind dieKonzepte der Homöostase (aufrechterhalten durchRegelkreise) und das Konzept der Adaptation (imRahmen der genetischen Ausstattung können sichOrgane und Organsysteme an veränderte Umweltbe-dingungen anpassen), wichtig. Körperliche Gegeben-heiten setzen Grenzen für die Leistungsfähigkeit.Setzt man sich aber intensiver mit dem Begriff Leis-tungsfähigkeit auseinander, erkennt man neben derphysischen Seite auch die Bedeutung der Psyche. DasZiel der Unterrichtseinheit ist es, einerseits das Zu-sammenspiel der verschiedenen Körpersysteme wieNerven-, Herz- und Kreislaufsystem und der Muskelnzu verstehen, andererseits aber Leistung als relativeGrösse, die von bestimmten Rahmenbedingungenabhängig ist, zu erkennen. In Anbetracht der Vielfaltder chemischen Stoffe und Prozesse im menschlichenKörper sollen die Schüler Doping als Eingriff in diesesGefüge verstehen und dabei Parallelen zur Herstel-lung und Nutzung von chemischen Stoffen als Medi-kamente ziehen. Damit wird alltagsbezogen ein Kom-petenzzuwachs des biologisch-chemischen Grund-wissens erlangt, und sportliche Leistungen könnenvor dem Hintergrund naturwissenschaftlicher Zu-sammenhänge ganzheitlich beurteilt werden.

Doping und sportliche Leistungsfähigkeit

Die wechselnden Definitionen von DopingDoping lässt sich gar nicht so einfach definieren. ImLaufe der Zeit hat sich die Meinung, was Doping sei,stark gewandelt. Wurde im 19. Jahrhundert darunternoch die Stimulierung mit Alkohol verstanden –„dop“ war die Bezeichnung für einen selbstgebrau-ten Schnaps der südafrikanischen Eingeborenen, der

bei Kulthandlungen stimulierend wirkte – ändertesich die Bedeutung in der Mitte des letzten Jahrhun-derts: Gefahren wurden erst allmählich erkannt, undin der Folge wurde Doping neu als regelwidrigesVerhalten verstanden, bei dem Substanzen „in ab-normaler Form oder auf abnormalem Weg“ an Ge-sunde verabreicht werden mit dem Ziel einer „künst-lichen und unfairen“ Steigerung der sportlichenLeistung in einem Wettkampf (Definition des Euro-parats, 1963). Nicht nur Menschen wurden ab dem19. Jh. gedopt, sondern auch Tiere, z.B. Rennpferde.

Später wurde Doping als „Versuch einer unphy-siologischen Steigerung der Leistungsfähigkeitdurch Anwendung von Doping-Substanzen“ (Deut-scher Sportbund, 1977) bezeichnet. Mit ‚unphysiolo-gisch‘ wurde ausgedrückt, dass die Leistungssteige-rung durch Doping nicht den normalen Körperfunk-tionen entspricht. Diese Definition wurde dann vomInternationalen Olympischen Komitee erweitert undDoping neu definiert als „Gebrauch von Hilfsmittelnzur Leistungssteigerung (Substanzen oder Metho-den), die gesundheitsschädigend sein können“.Ebenfalls als Doping wurde ausdrücklich der Nach-weis oder die Verwendung von Substanzen aus ei-ner Liste von verbotenen Wirkstoffen oder die An-wendung verbotener Methoden bezeichnet (IOC,1999). Damit gelangte man zur heute gültigen Defi-nition der WADA (World Anti Doping Agency), dieDoping als das Vorliegen eines Verstosses gegen dieAnti-Doping-Bestimmungen versteht.

Sportliche Leistungen werden durch das Zusammenspiel biologischer Faktoren bestimmtDoping soll also der Leistungssteigerung dienen. Jenach Sportart sind aber ganz unterschiedliche Leis-tungen gefordert, so muss zum Beispiel ein Mara-thonläufer eine hohe Ausdauerleistung erbringen,ein Tennisspieler ausgezeichnete Koordinationsfä-higkeiten haben, ein Sprinter Schnelligkeit und einGewichtheber vor allem Kraft zeigen können.

In der Physik wird Leistung als verrichtete Arbeitpro Zeit verstanden, gemessen wird Leistung mitder Einheit Watt, einem Mass für das Verhältnis vonEnergieumsatz und Zeit (z.B. Joule pro Sekundeoder kcal/sec). Eine grössere Leistung bedeutet, dassmehr Arbeit in kürzerer Zeit geleistet und mehrEnergie umgesetzt werden kann.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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77Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Diese physikalische Erklärung gilt auch für kör-perliche Leistungen: um die Körperfunktionen auf-rechtzuerhalten, muss Arbeit geleistet werden. Jenachdem, ob sich der Körper im Ruhezustand befin-det oder ob körperliche Leistungen wie Verdauung,Denkarbeit oder Muskelbewegungen erbracht wer-den, muss mehr Arbeit pro Zeit geleistet werden, esmuss eine grössere Leistung erbracht werden. Kör-perliche Leistungen können am Energieumsatz ge-messen werden, z.B. wie viel Wärme abgegebenwird oder wie viel Energie für eine Muskelkontrak-tion gebraucht wird. Am Anfang jeder sportlichenLeistung steht immer Körperarbeit, die von ganzverschiedenen Systemen im Körper geleistet wird.Das Herz pumpt Blut, Haut und Nieren scheidenWasser aus, Muskelzellen ziehen sich zusammen, dasGehirn steuert die Koordination der Muskeln, Hor-mone sorgen für Stoffumsetzungen usw. Für einegute sportliche Leistungsfähigkeit reicht aber diereine Körperarbeit nicht aus. Neben der Leistungs-bereitschaft, nämlich der psychischen Einstellung,Leistungen überhaupt erbringen zu wollen, müssenviele Faktoren zusammenspielen, damit eine sportli-che Höchstleistung erbracht werden kann.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Sportliche Leistungen werden durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren beeinflusst.

Bild aus Weineck: Sportbiologie

Aus der Nahrung wird Energie gewonnen und als ATP für die Zellarbeit zurVerfügung gestellt oder für die Biosynthese von Stoffen verwendet.

aus Campbell & Reece, 2003

Energie - Regelkreise - Anpassung sind zentrale Größen für eine Höchst -leistung

Grundumsatz und Leistungsumsatz Alle Lebewesen benötigen chemische Energie fürdas Wachstum, das Aufrechterhalten der Körperpro-zesse, den Erhalt und die Regeneration von Körper-substanz und die Fortpflanzung. Der Mensch mussdiese Energie in Form von Nahrung aufnehmen.Nahrung besteht aus energiereichen, organischenMolekülen, wie Kohlehydraten (z.B. Zucker), Protei-nen (z.B. Eiweiss) oder Fetten (z.B. Milchfett), anor-ganischen Mineralstoffen sowie Spurenelementenund Vitaminen. Die grossen, energiereichen organi-schen Moleküle enthalten chemisch gespeicherteEnergie. Sie können im Körper mit Hilfe von Enzy-men verdaut, d.h. in kleinere Moleküle abgebautwerden. Mit der Zellatmung kann der Körper darausEnergie gewinnen und in einer besonderen Trans-portform, dem ATP-Molekül speichern. Diese Ener-gie steht dann für die verschiedenen Organe zurVerfügung, damit sie ihre Funktionen verrichtenkönnen.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Koordinative Bewegungs-Fähigkeiten fertigkeiten

Technik

Kondition

Kraft Schnel- Aus- Flexi-ligkeit dauer bilität

PsychischeFähigkeiten

Sportliche Leistungs-fähigkeit

Veranlagungs-bedingte, konsti-

tutionelle und gesundheitliche

Faktoren

Taktisch-kognitive

Fähigkeiten

Soziale Fähigkeiten

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78 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Mit einem Teil der chemischen Energie aus derNahrung gewinnen die Körperzellen also den wert-vollen Energieträger ATP, der andere Teil kann fürdie Biosynthese genutzt werden, d.h. für den Auf-bau von Körpersubstanz, das Wachstum, die Rege-neration von beschädigtem Gewebe, für den Aufbauvon Speichermaterial oder die Produktion von Zel-len und Geweben zur Fortpflanzung.

Der Mensch ist nur lebensfähig, wenn es ihm ge-lingt, die Energieausgaben durch eine entsprechen-de Zufuhr von Energie auszugleichen. Wie alle Lebe-wesen muss er Energie in Form von energiereicherNahrung zuführen, die vom Körper in verschiedenenFormen, z.B. Glykogen, Fetten oder besonderen or-ganischen Molekülen wie Kreatinphosphat oder ATPgespeichert wird. Aus diesen organischen Molekülenkann dann bei Bedarf, z.B. sportlichen Leistungen,Energie freigesetzt werden.

Der Gesamtenergiebedarf eines Menschen setztsich zusammen aus der benötigten Energie für denRuhestoffwechsel und der Energie, die für verschie-dene Körpervorgänge wie Temperaturregulation,Fortpflanzung, Wachstum und Verdauungsprozessegebraucht wird (Grundumsatz) sowie dem Leis-tungsstoffwechsel (Leistungsumsatz). Für sportlicheLeistungen mit Muskelkontraktionen ist das organi-sche Molekül ATP die einzige unmittelbar verwert-bare Energiequelle.

Der Grundumsatz, ist nicht immer gleich. BeimMann beträgt er etwa 4.2 kJoule pro kg Körperge-wicht und Stunde. Frauen haben einen etwa 8% ge-ringeren Grundumsatz, weil sie mehr isolierendesFettgewebe besitzen und ihr Muskelgewebe wegendes geringeren Anteils männlicher Geschlechtshor-mone weniger stoffwechselaktiv ist. Kinder, die sichin der Wachstumsphase befinden, haben einen grös-seren Grundumsatz, bei älteren Menschen sinkt die-ser drastisch. Auch die Körpergrösse bzw. die Kör-peroberfläche spielt eine Rolle. Je kleiner einMensch ist, desto grösser ist seine Körperoberflächeim Verhältnis zum Volumen. Mit einer grösseren Kör-peroberfläche ist mehr Wärmeverlust verbundenund ausgleichend dazu wird der Grundumsatz grös-ser. Auch Stress oder jahreszeitliche Einflüsse kön-nen den Grundumsatz erhöhen, z.B. ist er im Winternormalerweise höher als im Herbst oder im Frühling.Auch Körperhormone beeinflussen die Stoffwechsel-aktivität, neben den Geschlechtshormonen spielendie Schilddrüsenhormone eine wichtige Rolle (eineÜberfunktion der Schilddrüse steigert den Grund-umsatz, eine Unterfunktion senkt diesen).

Wird der Körper zusätzlich belastet durch körper-liche Aktivitäten oder durch sich drastisch änderndeäussere Bedingungen wie Hitze oder Kälte, reagierter mit einem erhöhten Energiebedarf, es wird mehrEnergie umgesetzt. Bei sportlichen Leistungen kanndann das Vielfache des Grundumsatzes verbrauchtwerden. Ein Marathonläufer verbraucht während desWettkampfs sieben Mal mehr Energie als bei einersitzenden Tätigkeit.

Drei Systeme arbeiten zusammen: Nervensystem, Herz-Kreislaufsystemund Muskulatur

Damit Körperbewegungen bei sportlichen Leistun-gen möglich sind, braucht es einerseits Koordinationund andererseits Kondition. Unter Koordination ver-steht man das Zusammenwirken des Zentralnerven-systems mit der Skelettmuskulatur. Bewegungenkönnen sicher, angepasst, zielgerichtet und ökono-misch ausgeführt werden. Koordinative Prozessewerden vor allem durch das zentrale Nervensystemgesteuert. Sie ermöglichen z.B. das Halten vonGleichgewicht, bestimmte Bewegungen zu koppeln,

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Der Energiebedarf wird wesentlich vom Grundumsatz (Ruhestoffwechsel)und Leistungsumsatz bestimmt. Abb.: © A. Heitzmann

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79Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

d.h. gleichzeitig oder nacheinander zu machen,rhythmische Bewegungen ablaufen zu lassen oderBewegungen stärker oder schwächer auszuführen.Die Kondition umfasst quasi das körperliche „Grund-gerüst“, um Bewegungsabläufe zu ermöglichen. ImZusammenhang mit Kondition kann man drei Kondi-tionsfaktoren unterscheiden: Kraft, Ausdauer undSchnelligkeit. Zwischen den drei Konditionsfaktorengibt es immer Wechselwirkungen, es sind alle dreinötig, um Bewegungsabläufe zu erbringen. Bei eini-gen Sportarten spielen aber einzelne Konditionsfak-toren eine dominante Rolle, so z.B. ist die Kraft sehrentscheidend beim Gewichtheben und die Ausdauerbeim Marathonlauf.

Für Bewegungen entscheidend ist die Kontrak-tionsfähigkeit der Muskulatur. Muskeln bestehen ausvielen Muskelfasern, welche ihrerseits wieder aus fei-neren Fasern, den so genannten Myofibrillen beste-hen. Diese Myofibrillen setzen sich aus feinsten elas-tischen Eiweissstrukturen, den Muskelfilamenten zu-sammen, den dickeren Myosinfilamenten und dendünneren Aktinfilamenten. Die Myosinfilamente sinddie wichtigsten Komponenten bei einer Muskelkon-traktion. Sie besitzen verdickte, bewegliche Struktu-ren, die Myosinköpfe, mit denen sie an die dünnerenAktinfilamente andocken können. Durch wiederho-lende Kippbewegungen der Myosinköpfe werden dieMuskelfilamente dann ineinander geschoben, derMuskel zieht sich zusammen, er kontrahiert.

Bei Muskelkontraktionen finden komplexe bio-chemische Vorgänge statt. Damit ein Muskel kontra-hieren kann, braucht es Calciumionen, die verschie-dene Enzyme aktivieren, z.B. ATP-ase, die sich in denMyosinköpfchen befindet. ATP-ase kann vom Ener-gieträger ATP eine Phosphatgruppe abspalten undso Energie für die Kippbewegung der Myosinköpfebereitstellen. ATP wird dann in ADP umgewandelt.Genug ATP in den Muskelzellen ist deshalb unerläss-lich für das Kontrahieren der Muskelfasern. Da ATPder einzige, direkte Energielieferant für die Muskel-fasern ist, muss es möglichst schnell nachgeliefertwerden. Dazu sind im Muskel Kreatinphosphatspei-cher vorhanden. Das Molekül Kreatinphosphat kannseine Phosphatgruppe abspalten und auf das ener-giearme ADP übertragen, das dadurch wieder zumenergiereichen ATP wird.

Die Energieversorgung der Muskelzellen ist alsoentscheidend. Nun wird im menschlichen KörperEnergie schlussendlich durch Zellatmungsprozessemit Hilfe der Mitochondrien gewonnen, bei denenmit Hilfe von Sauerstoff das energiereiche MolekülGlucose chemisch in Wasser und CO2 abgebaut wirdund dabei Energie in Form von ATP-Molekülen be-reitgestellt . Um dauerhaft Energie für die Muskel-kontraktionen zu gewinnen, sind also eine gute Sau-erstoffversorgung und genügend Glucose sowie vie-le Mitochondrien im Muskel notwendig. Glucosekann aus den Glykogenspeichern der Muskelzellen

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Die Myosinköpfe docken an die Aktinfilamen-te an und verschieben mit rudernden Kippbe-wegungen die Muskelfasern ineinander: derMuskel kontrahiert.

Grafik aus: © Campbell Biologie Gymnasiale Oberstufe

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gewonnen werden, die Mitochondrien sind in derMuskelzelle vorhanden, Sauerstoff muss jedochdurch das Herz-Kreislaufsystem mit Hilfe der rotenBlutkörperchen in die Zellen gebracht werden. Die-ser Transport von Sauerstoff mit dem Herz-Kreislauf-system ist relativ träge, es braucht eine gewisse Zeit,bis genügend Sauerstoff für die Energieproduktionin der Muskelzelle vorhanden ist. Deshalb wird zuBeginn einer körperlichen Leistung nach der un-mittelbaren Bereitstellung des noch vorhandenenATP’s und der Nutzung der Kreatinphosphatspei-cher, Energie zunächst auf anaerobem Weg (ohneSauerstoff) gewonnen. Dieser zweite Weg der Ener-giegewinnung ist zwar für die Muskelzelle wenigerökonomisch und bringt insgesamt weniger Energie-gewinn. Er hat auch den Nachteil, dass als Neben-produkt Milchsäure (Laktat) anfällt, welches auf vieleZellprozesse hemmend wirkt. Aber damit kann derEnergiebedarf der Muskelzellen in der ersten Zeitgesichert werden, bis dann durch das aktivierteHerz-Kreislaufsystem genügend Sauerstoff in dieMuskelzellen für die aerobe Energiegewinnung ge-bracht wird. Mit Hilfe des Sauerstoffs kann danndurch die Zellatmung aus Glucose mehr Energie inForm von ATP bereitgestellt und bei Bedarf auchEnergie aus Fetten gewonnen werden.

Aus Sicht der Leistungssteigerung kann nun indieses komplexe System mehrfach eingegriffen wer-den: - Es wird für ein maximales Auffüllen der Glyko-

genspeicher und Kreatinphosphatspeicher imMuskel gesorgt, z.B. durch kohlenhydratreicheNahrung und durch zusätzliche Zufuhr von Krea-tin.

- Durch Training wird die Durchblutung des Mus-kels verbessert. Ebenso werden durch Trainingdie Herzkreislaufleistung und die Atmung ver-bessert, Sauerstoff kann besser zugeführt wer-den, die effizientere aerobe Energiegewinnungsetzt schneller ein.

- Eine gute dauerhafte Energieversorgung ver-stärkt die Ausdauer: Leistungen können über län-gere Zeit erbracht werden.

- Aufbauende Wirkstoffe bewirken ein stärkeresMuskelwachstum, es entstehen mehr Muskelfa-sern, der Muskelquerschnitt wird dicker, es kannmehr Kraft entwickelt werden.

Alle Muskelfasern und Myofibrillen weisen dieseallgemeinen Grundfunktionen auf, sie unterscheidensich aber noch zusätzlich in ihrem Bau und ihrerFunktionalität. Es gibt schnell zuckende FT–Fasern(fast twitch) und langsame ST-Fasern (slow twitch):Die schnellen FT-Fasern besitzen viele energiereichePhosphate, viel Glykogen und Enzyme zur anaero-ben Energiegewinnung. Die langsameren ST-Fasernbesitzen auch viel Glykogen, aber sind vor allem mitEnzymen zur aeroben Energiegewinnung ausgestat-tet, sie enthalten auch mehr Mitochondrien als dieschnellen FT-Fasern. Bei verschiedenen Menschenunterscheidet sich das Verhältnis der beiden Muskel-fasertypen. Normalerweise sind beide Muskelfaserty-pen etwa zu gleichen Teilen vorhanden, in Extrem-fällen kann sich das Verhältnis verschieben und zu90% nur den einen Fasertyp aufweisen. Beim „talen-tierten“ Sprinter überwiegen die FT-Fasern, der „ta-lentierte“ Langstreckenläufer hingegen hat mehr ST-Fasern.

Das menschliche Nervensystem wird nach seinerFunktion unterteilt in das willkürliche und das vege-tative Nervensystem. Mit dem willkürlichen Nerven-system steuern wir die bewussten Bewegungsabläu-fe unserer Gliedmassen. So heben wir zum Beispielden Arm, wenn wir ihm den Befehl dazu geben oder

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

In einer ersten Phase wird Energie aus vorhandenem ATP gewonnen, dieskann mit dem Kreatinphosphatspeicher (CP) kurzfristig regeneriert werden.Danach muss vorübergehend anaerob Energie aus Kohlehydraten (KH) ge-wonnen werden, bis das Herz-Kreislaufsystem genügend Sauerstoff für dieaerobe Energiegewinnung bereitstellen kann. Grafik: © Ironsport.de

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gehen eine Treppe hoch. Das vegetative Nervensys-tem arbeitet grösstenteils unbewusst und steuertdie inneren Organe und ihre Funktionen, so z.B. denBlutkreislauf mit Blutdruck und Herzfrequenz, dieLunge, das Verdauungssystem, den Salz- und Was-serhaushalt und die Genitalien. Willentlich ist eskaum direkt beeinflussbar. Jedes Organ wird vonzwei „Gegenspielern“ des vegetativen Nervensys-tems gesteuert: dem sogenannten sympathischenund dem parasympathischen Nervensystem.

Laufen wir so rasch wie möglich die Stufen hoch,weil wir viel zu spät dran sind, wird vorwiegend dassympathische Nervensystem erregt: Der Puls undder Blutdruck steigt, die Bronchien weiten sich undwir atmen schneller, die Darmtätigkeit nimmt hinge-gen ab, usw. Entspannen wir uns jedoch und ruhenuns aus, wirkt vor allem das parasympathische Ner-vensystem auf die Organe: die Verdauungs- undAusscheidungsorgane werden aktiviert, Puls undBlutdruck werden gesenkt. Der Sympathikus wirdsomit vorwiegend erregt, wenn Arbeit „nach aussen“verrichtet wird, z.B. bei körperlicher Arbeit oder inStresssituationen. Der Körper wird auf „fight orflight“ – zu Deutsch: auf „Kampf oder Flucht“ einge-stellt. Die Aktivität des Parasympathikus überwiegtdagegen bei nach innen gerichteten Körperfunktio-nen wie Essen, Verdauen, Ausscheiden. Sie kommen

bei Entspannung zum Zug. Stark aufputschendeStoffe wirken fast immer auf den sympathischen Teildes vegetativen Nervensystems.

Der Sympathikus löst nicht allein über die Ner-venfasern direkt eine Stressreaktion aus. Der Sympa-thikus innerviert auch ein Organ, das über den Nie-ren liegt und seine Wirkung unterstützt: das Neben-nierenmark. Obwohl bei den Nieren liegend, gehörtes entwicklungsbiologisch zum Nervensystem. Ne-ben den Hormonen Nordadrenalin und Dopaminschütten die Nebennieren bei Erregung vor allemAdrenalin ins Blut aus. Diese Stresshormone habeneine breite Wirkung auf diverse Organe, um für eineKampf- oder Fluchtreaktion eine maximale körperli-che Leistung erbringen zu können:- Das Herz pumpt schneller und stärker, der Blut-

druck steigt.- Die Blutgefässe werden verengt oder erweitert je

nachdem, ob das versorgte Gewebe mehr oderweniger Energie braucht.

- Die Urinproduktion der Niere wird verringert, da-mit ein grösseres Blutvolumen zur Verfügungsteht.

- Die Atemwege der Lunge werden erweitert underleichtern so das Atmen.

- Die zur Bewältigung der Stresssituation benötig-ten Muskeln werden angespannt, nicht notwen-dige Muskeln erschlaffen.

- Die Darmaktivität nimmt ab. Sie ist für das kurz-fristige Überleben nicht notwendig.

- Die Bauchspeicheldrüse ändert ihre Hormonaus-schüttung so, dass mehr Zucker im Blut vorhan-den ist: Die Leber setzt den in Form von Glyko-gen gespeicherten Zucker frei. Das Fettgewebewird abgebaut. Damit wird die notwendige Ener-gie zur Verfügung gestellt.

- Die Pupillen werden erweitert für ein besseresSehen.

- Die Blutgefässe der Haut verengen sich.- Die Körpertemperatur steigt und die betroffene

Person schwitzt infolgedessen mehr.- Im Gehirn werden die Denkprozesse auf ein Mini-

mum verringert, die Aufmerksamkeit dadurch er-höht.

Die Stelle, an der eine Nervenendigung auf eineandere Zelle oder eine andere Nervenfaser trifft,nennt man Synapse. Die beiden Zellen sind durch

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Unterschiedliche Funktionen von Sympathikus und Parasympathikus wäh-rend unterschiedlichen „Tätigkeiten“

Bild aus: Huch, Renate; Jürgens, Klaus D.: Mensch Körper Krankheit, Urban & Fischer, 6. Auflage, München 2011

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82 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

den synaptischen Spalt getrennt. In den synapti-schen Endknöpfchen (vgl. Abb. M2-1 LernangebotM2, S. 93) sind kleine Bläschen vorhanden, soge-nannte Vesikel, gefüllt mit chemischen Nervenüber-trägerstoffen, den Neurotransmittern. Gelangenelektrische Impulse über das Axon zu den synapti-schen Endknöpfchen, entleeren die Bläschen ihrenInhalt in den Raum zwischen den Nervenzellen, densynaptischen Spalt.

Die dem Spalt gegenüberliegende Zelle besitztRezeptoren: Das sind Proteine, die der Zellmembranaufsitzen. Sie fangen den Überträgerstoff (Transmit-ter) nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip auf und lö-sen in der nachfolgenden postsynaptischen Nerven-zelle eine Reaktion aus, z.B. einen weiteren elektri-schen Impuls in der folgenden Nervenzelle. Nachder Reaktion löst sich der Neurotransmitter vom Re-zeptor. Der Überträgerstoff kann danach durch Me-thylierung inaktiviert und mit dem Blut abtranspor-tiert werden. Zum Teil wird er aber mit membrange-bundenen Transportern der präsynaptischen Zelleaufgenommen und wiederverwendet oder von spe-zifischen Enzymen in den Mitochondrien, sogenann-ten MAOs (Monoaminoxidasen), inaktiviert.

Die Impulsleitung vom Rückenmark weg zu denOrganen erfolgt über zwei hintereinandergeschalte-te Nervenzellen (Neurone). Sowohl die Leitungswe-ge wie auch die Neurotransmitter von Sympathikus

und Parasympathikus sind dabei verschieden. Diebeiden hintereinandergeschalteten Nervenzellendes Parasympathikus haben Acetylcholin als Über-trägerstoff, die erste Nervenzelle des Sympathikusebenfalls. Die zweite Nervenzelle, welche das Organinnerviert, verwendet dagegen Noradrenalin.

Wirkstoffe und chemische Prozesse immenschlichen Körper

EPO und Sauerstofftransport Blut versorgt unseren Körper mit Sauerstoff undNahrung. Es schafft Abfallstoffe zu den Ausschei-dungsorganen, bringt Wärme an die Körperoberflä-che und verteidigt uns gegen Infektionen. Seit Urge-denken gilt Blut als Symbol des Lebens.

Rote Blutkörperchen enthalten das Protein Hä-moglobin. In einer Gleichgewichtsreaktion (der Vor-gang ist reversibel) bindet Hämoglobin (Hb) den imBlut gelösten Sauerstoff: es entsteht HbO2. Die rotenBlutkörperchen transportieren Sauerstoff zu den ver-brauchenden Zellen. Dort wird Traubenzucker in ei-ner vielstufigen Reaktion in Kohlendioxid CO2 undWasser umgewandelt („verbrannt“). Das Hormon Erythropoetin – kurz EPO genannt – fördert die Um-wandlung unreifer Blutzellen, die noch keinen rotenFarbstoff besitzen, in funktionstüchtige rote Blutkör-

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Wege des Transmitters Noradrenalin (NA) an einer Synapse des Sympathikus.Bild nach: Eckert, Roger; Randall, David et al.:

Tierphysiologie, Thieme Verlag, 4. Auflage, Stuttgart 2002. Seite 181

Transmitter der sympathischen und parasympathischen Nervenzellen zwi-schen Rückenmark und Organen; Acetylcholin (ACh), Noradrenalin (NA)

nach: Eckert, Roger; Randall, David et al.: Tierphysiologie, Thieme Verlag, 4.Auflage, Stuttgart 2002. Seite 258

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perchen. EPO wird als Medikament in der Medizineingesetzt und findet als Dopingmittel eine breiteVerwendung.

Die Bildung roter Blutkörperchen lässt sich aberauch durch Höhenakklimatisierung fördern. In derHöhe sinkt die Sauerstoffkonzentration der Luft (unddamit der Sauerstoffpartialdruck) und es kann weni-ger HbO2 gebildet werden; Muskeln und Organewerden jetzt schlechter mit Sauerstoff versorgt. DerKörper stellt sich auf das geringere Sauerstoffange-bot ein, indem mehr funktionstüchtige rote Blutkör-perchen hergestellt werden. Die Anpassung in derHöhe dauert etwa drei Wochen. Mit steigender Men-ge nimmt der Volumenanteil der roten Blutkörper-chen im Blut zu.

Eine dritte Möglichkeit zur Erhöhung der Anzahlroter Blutkörperchen ist Blutdoping: Vor dem Wett-kampf wird Eigenblut – etwa vier Wochen zuvor, z.B.nach einem Höhentraining, entnommen – injiziert.

Der Hämatokritwert gibt Aufschluss über den Vo-lumenteil der Blutzellen, der zu 99% aus roten Blut-körperchen besteht, im Blut. Normale Werte liegenbei Männern zwischen 42% und 50% und bei Frau-en zwischen 37% und 45%. Durch längere Aufent-halte in der Höhe oder durch Einnahme von EPO er-höht sich der Wert deutlich. Internationale Sportver-bände haben deshalb einen oberen Grenzwert fürden natürlichen Hämatokritwert festgelegt: Er liegtfür Männer bei 50% und für Frauen bei 47%. DieEinnahme von EPO birgt Risiken: aufgrund der Mehr-bildung roter Blutkörperchen besteht die Gefahr ei-ner Verklumpung des Blutes (Thrombose).

Testosteron und MuskelnDer Naturstoff Testosteron gehört zur Familie der Al-kohole und ist das wichtigste männliche Sexualhor-mon. Es steuert unter anderem die Bildung der Sper-mien und fördert den Aufbau der Muskeln (anaboleWirkung). Weshalb hat Testosteron anabole Wir-kung? Das Hormon Testosteron trifft innerhalb einerMuskelzelle auf einen Rezeptor und löst im Zellkerndie Ablesung bestimmter Gene aus. Dies führt in ei-ner mehrstufigen Synthese zur Bildung von Protei-nen und die Muskelmasse wächst. Grundsätzlich ha-ben körpereigenes und von aussen zugeführtes Tes-tosteron den gleichen Effekt.

Die Bedeutung von Dopamin und NoradrenalinNervenzellen sind für die Aufnahme, Weiterleitungund Verarbeitung von Informationen zuständig. DerRaum zwischen zwei zusammengeschalteten Ner-venzellen sowie zwischen Nervenzelle und Muskelfa-ser wird als synaptischer Spalt bezeichnet. Die Bo-tenstoffe Noradrenalin und Dopamin leiten die Erre-gung über den synaptischen Spalt weiter. Das heuteweit verbreitete Medikament Ritalin ähnelt in seinerStruktur einem solchen Botenstoff (Neurotransmit-ter). Das Ritalin schlüpft in die Vorratsspeicher fürNeurotransmitter, drängt Noradrenalin und Dopa-min in den synaptischen Spalt hinaus und steigertdie Informationsübertragung. Vor allem aber hemmtdas Medikament die Wiederaufnahme-Pumpe, überdie Noradrenalin und Dopamin aus dem Verkehr ge-zogen wird. Bei Jugendlichen mit Aufmerksamkeits-und Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) liegt unter an-derem ein Mangel des Botenstoffs Dopamin im Ge-hirn vor. Die Anhebung des Dopamin-Spiegels mitHilfe von Ritalin wirkt stimulierend: die Betroffenenkönnen sich jetzt besser konzentrieren und werdenruhiger. Nicht geklärt sind die Langzeitfolgen von Ri-talin. Der boomende Konsum lässt vermuten, dassalternative Therapiemöglichkeiten zu wenig ausge-schöpft werden.

Wirkstoffe und chemische Prozesse in der Pharmazeutischen Industrie

Depotwirkung von Testosteron durch VeresterungDie pharmazeutische Industrie verändert und nutztgezielt Wirkstoffe des Körpers. Für die Herstellungvon Testosteronpräparaten werden chemisch „wäss-rige“ Alkohole mit Carbonsäuren verestert. Bei einerVeresterung werden Alkohol und Carbonsäure unterWasserabspaltung zu einem Ester vereinigt. Häufigwird Testosteron mit Heptansäure, einer Carbonsäu-re mit sieben Kohlenstoffatomen, verestert. Weshalbwerden Ester als Dopingmittel verwendet? Auchdurch das Spritzen einer wässrigen Testosteron-Sus-pension lässt sich der Muskelaufbau fördern. Aller-dings ist die Verweilzeit des injizierten Hormons imKörper kurz und es muss täglich gespritzt werden.Bei der Veresterung von Testosteron mit Heptansäu-

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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re wird eine Depotwirkung erzielt. Der inaktive Tes-tosteronester wird im Körper über längere Zeit wie-der in seine Bestandteile aufgespalten und wirksa-mes Testosteron kontinuierlich freigesetzt. DiesesPräparat muss höchstens einmal pro Woche gespritztwerden. Der Heptansäure-Ester gehört zu dem amhäufigsten verwendeten anabolen Dopingmittel. DieListe der Risiken einer Kur mit Testosteron ist lang:Leber- und Nierentumore zählen ebenso dazu wieSchlaganfälle und irreparable Hodenschäden.

AmphetamineZu den laut WADA verbotenen Stimulanzien gehö-ren diverse synthetische Mittel mit Phenylethylamin-grundstruktur. Es sind die Amphetamine und ihreDerivate. Die bekanntesten Vertreter sind Ampheta-min, Methamphetamin (N-Methylamphetamin) undEphedrin. Der heute gebräuchliche Name „Amphe-tamin“ ist aus dem Zusammenzug der veraltetenchemischen Bezeichnung Alpha-Methylphenethyla-min entstanden.

Amphetamine werden in die präsynaptische Ne-venzelle aufgenommen und bewirken, dass Nora-drenalin und Dopamin aus den Speicherbläschen indie Zellflüssigkeit ausgeschüttet werden. Die Neuro-transmitter werden daraufhin zu den Membranentransportiert und in den synaptischen Spalt entlas-sen. Das führt zu einem massiven Anstieg von Dopa-min und Noradrenalin im synaptischen Spalt, ohnedass ein elektrischer Impuls die Nervenendigungenerreicht hätte. Zudem behindern die Amphetaminedie Wiederaufnahme der Neurotransmitter aus demsynaptischen Spalt, so dass diese länger wirken.

Die Amphetamine sind chemisch eng verwandtmit und sehr ähnlich den körpereigenen Phenyle-thylaminderivaten Dopamin, Noradrenalin undAdrenalin, auch als Katecholamine zusammenge-fasst. Die Katecholamine werden im Körper aus denAminosäuren Phenylalanin oder Tyrosin syntheti-siert. Dabei sind Dopamin und NoradrenalinZwischenprodukte der Adrenalinsynthese: Phenyla-lanin -> Tyrosin -> Dopamin -> Noradrenalin ->Adrenalin. Dopamin wird in den Nervenzellen desHirns und im vegetativen Nervensystem produziertund dient dort als Transmitter. Unter anderem ist esein Transmitter des Belohnungszentrums und gilt imVolksmund als Glückshormon. Dabei scheint es aucheinen Einfluss auf Denkvorgänge, Gedächtnis und

auf die Steuerung von Bewegungsabläufen zu ha-ben und an Reizübertragungen des Sympathikus be-teiligt zu sein. Noradrenalin wird zu 70% in den Ner-venzellen und zu 30% im Nebennierenmark herge-stellt. Adrenalin wird hauptsächlich imNebennierenmark produziert, daneben ist es aberauch ein Transmitter in Nervenzellen des Hirns.

Ähnlich wie die Amphetamine wirken viele ande-re Medikamente und Gifte auf die Synapsen undgreifen so in die Signalübertragung und Weiterlei-tung der Nerven ein, so z.B. Nikotin, Kokain, Atropin,Curare und Betablocker.

Magenverträglichkeit von Aspirin durch VeresterungSalicylsäure ist ein Wirkstoff der Weidenrinde (salixlat. bedeutet Weide) und gehört zur Stoffklasse derAlkohole und der Carbonsäuren. Sie wirkt schmerz-stillend und fiebersenkend, reizt aber die Magen-schleimhaut. Nach der Veresterung mit Essigsäure,Salicylsäure reagiert dabei als Alkohol, entsteht dasmagenverträglichere Aspirin. Aspirin ist seit 1899 aufdem Markt und noch heute das wohl am meistenverwendete Medikament. Weshalb wirkt Aspirinschmerzstillend? Im Körper sensibilisieren bestimm-

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

körpereigene und synthetisierte Amphetamine. Aus: Weineck: Sportbiologie

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85Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

te Hormone, die sog. Prostaglandine, die Schmerzre-zeptoren. Salicylsäure hemmt die Synthese von Pro-staglandinen und macht damit die Schmerzrezepto-ren unempfindlich. Aspirin hemmt im Weiteren dieBlutgerinnung und wird deshalb als Vorbeugungvon Herzinfarkten eingenommen („Blutverdünner“).

Kleine Geschichte des RitalinsRitalin ist ein verschreibungspflichtiges Medikamentund wird vom Pharmaunternehmen Novartis vertrie-ben. Der amphetaminartige Wirkstoff wurde erst-mals 1944 von Leandro Panizzon hergestellt, einemAngestellten der schweizerischen Firma Ciba. DieSynthese ist vielstufig und am Ende steht eine Veres-terung mit dem Alkohol Methanol. Ritalin wird des-halb auch als Methylphenidat bezeichnet. Damalswar es üblich, Selbstversuche mit neu entwickeltenSubstanzen durchzuführen – so handelten auch Pa-nizzon und seine Frau Marguerite („Rita“). Rita warbeeindruckt, in welchem Ausmass sich ihre Leis-tungsfähigkeit beim Tennisspielen steigerte. DerHandelsname leitet sich von ihrem Namen ab. Rita-lin wurde 1954 auf dem Markt eingeführt. Heuteboomt der Konsum von Ritalin. In der Schweiz stiegder Bezug zwischen 2005 und 2009 bei Erwachsenenum 67% und bei Jugendlichen um 19%.

Wirkstoffe und Manipulationen – keine Grenzen

Der Anwendung von Manipulationen und Wirkstof-fen zur Leistungssteigerung sind keine Grenzen ge-

setzt. Das System des menschlichen Körpers als bio-chemische Fabrik verwendet selbst unzählige che-mische Stoffe und Mechanismen, um in entschei-denden Momenten die Leistung des Körpers stei-gern zu können. In Extremsituationen könnenEnergiereserven mobilisiert werden, körperlichesTraining führt zu Leistungssteigerung, in Wachs-tumsphasen erfolgt ein rascher Zuwachs an Körper-substanz. Alle diese Vorgänge laufen geregelt undaufeinander abgestimmt ab, auf Aktivitätsphasenfolgen Ruhephasen und Phasen der Erholung, dieeinzelnen Körpersysteme funktionieren ineinander-greifend miteinander.

Die Leistungssteigerung durch Doping greift indieses System ein, indem gezielt die Wirkung kör-pereigener Stoffe verstärkt wird durch zum Teil che-misch hergestellte Substanzen, die von aussen zuge-führt werden. Oder es werden Manipulationen vor-genommen, die den Körper veranlassen, vonbestimmten körpereigenen Wirkstoffen mehr zuproduzieren, wie z.B. beim Gendoping.

In Anbetracht der Menge an möglichen chemi-schen Vorgängen im Körper und der Vielfalt vonchemischen Stoffen, die industriell hergestellt wer-den können, sind den Eingriffen keine Grenzen ge-setzt. Es gilt, den besten Stoff mit den besten Wir-kungen zu finden, oder oft auch eine Kombinationvon Wirkstoffen anzuwenden, die die angestrebteWirkung optimal erfüllen. Die Vielfalt der Wirkungenist unzählig, die folgende Tabelle fasst die wichtig-sten Methoden zusammen:

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Ziel

Power: aufputschen

Konzentration:

beruhigen

Doping (Wirkstoff-

gruppe oder Art des

Eingriffs)

Stimulanzien: stimu -

lierende, stoffwechsel-

anregende Mittel,

Wirkung auf Zentral-

nervensystem

Betablocker:

synthetische Wirk -

stoffe, Wirkung auf

Herzfrequenz und

Herzarbeit

Wirkung(en)

Aufgekratztheit,

bessere motorische

Leistung, grössere

Risikobereitschaft

Beruhigung,

Verringerung von

Aufgeregtheit und

Muskelzittern

Beispiele

Koffein, Kokain,

Amphetamine

Beruhigungsmittel

Nebenwirkung(en)

Überanstrengung,

Überschreiten der

Leistungsgrenze:

Herz-Kreislaufzusam-

menbruch, Tod

Herzrhythmus -

störungen,

Sauerstoffmangel

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86 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Ziel

Wasser ausscheidung

Betäubung

Aufbau allgemein

Aufbau von Zellen,

intensiverer

Stoffwechsel

Vermehrte Produktion

von Blutzellen

Vermehrte Produktion

von Blutzellen

Besserer Sauerstoff-

transport

Einnahme von

Nahrungsergänzungs -

stoffen

Doping (Wirkstoff-

gruppe oder Art des

Eingriffs)

Diuretika: Urinaus-

scheidende Mittel

Narkotika: betäubende

Schmerzmittel

Wachstumshormone

Anabolika: Hormone

für die Bildung von

Muskelzellen und von

Muskeleiweiss

Zugabe des Hormons

für die Bildung von

roten Blutkörperchen

Gendoping: Verände-

rung der Erbsubstanz

DNA (Einschleusen ei-

nes Gens, zur Herstel-

lung des Hormons,

welches die Bildung

roter Blutkörperchen

ankurbelt)

Künstliche Sauerstoff-

träger im Blut

Spezielle Einnahme

Kreatin

Wirkung(en)

Verringerung des

Körpergewichts, Ver-

dünnung des Urins

Unterdrückung von

Schmerzen

Steigerung des Körper-

wachsstums: verstärk-

tes Knochenwachstum,

Zunahme der Muskel-

masse, Fettabbau

Aufbauende Wirkung

auf Knochen und

Muskulatur

Verstärkte Produktion

roter Blutzellen (mehr

Sauerstofftransport -

kapazität), grösserer

Hämatokritwert

Verstärkte Produktion

roter Blutzellen (mehr

Sauerstofftransport -

kapazität), grösserer

Hämatokritwert

Mehr Sauerstoff kann

im Blut transportiert

werden

Verbesserung des

Energiehaushalts,

Nutzung von Energie-

reserven, maximale

Energiebereitstellung

Beispiele

Diuretika

Morphin, Opiat -

ähnliche Substanzen

HGH Human Growth

Hormon

Testosteron und

Testosteronderivate

Zugabe von künst -

lichem Nierenhormon

EPO (Erythropoietin)

Erhöhte körpereigene

Produktion von EPO

(Erythropoietin)

PFC Perfluorcarbon

Kreatin

Nebenwirkung(en)

Störung des Salzhaus-

halts, Muskelkrämpfe,

Nierenschäden

Atemlähmung, psychi-

sche und physische

Abhängigkeit (Sucht)

Skelettveränderungen,

Veränderungen am

Herzen, Herztod

Herzmuskelschädi-

gung, Akne, Leber-

schädigung, Vermänn-

lichung bei der Frau,

Störungen der Sper-

mienproduktion beim

Mann

Zu „dickes“ Blut:

Herzinfarkt, Schlag -

anfall, Thrombosen

Zu „dickes“ Blut:

Herzinfarkt, Schlag -

anfall, Thrombosen

Störung der natür-

lichen Systeme,

Überanstrengung

Bei Jugendlichen

Störungen der Wachs-

tumsprozesse

Oft werden verschiedene Methoden miteinander kombiniert, z.B. das Training in der Höhe vor Wettkämpfen (legal) und das Training in Höhen mit Abnahme voneigenem Blut, dieses konservieren und vor dem Wettkampf die roten Blutkörperchen zufügen (illegal).

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Weiterführende Literatur

Anmerkung: Um sich einen Überblick zu verschaf-fen, ist das Standardwerk „Sportbiologie“ von Wein-eck (2009) sehr empfehlenswert. Für die elektroni-sche Recherche sind die Unterrichtsmaterialien undInformationen von Matthias Kamber und Mitarbei-tenden auf der Internetseite „Antidoping Schweiz(www.antidoping.ch)“ eine wertvolle Quelle. DieFunktionen der Körpersysteme werden auch in denmeisten Biologieschulbüchern niveaugerecht undansprechend dargestellt.

Andersen, J., Jørgensen, T.N., Sørensen, L., Eriksen, J.,Loland, C.L., Strømgaard, K. & Gether, U. (2011).SLC6 Neurotransmitter Transporters: Structure,Function, and Regulation. Pharmacological Re-views 63, 585–640.

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Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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88 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

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Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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89Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Didaktisch-methodische Reflexion

Zur Einführung in das Thema werden die Schüleraufgefordert, ihre Vorstellungen zu den Begriffen‚Doping‘ und ‚Leistung‘ zu artikulieren, indem sie ei-gene Recherchen betreiben. Sie werden dabei mitder Mehrdimensionalität der Begriffe konfrontiertund erkennen, dass z.B. geschichtliche und gesell-schaftliche Rahmenbedingungen zu je anderen Defi-nitionen führen und dass heute quasi eine „Negativ -abgrenzung“ erfolgt, indem die Weltdopingagentur(WADA) vorgibt, was wann als Doping zu verstehenund als leistungssteigernde Massnahme im Sportverboten ist. Die eigenen Definitionen können mitExpertendefinitionen verglichen werden und dieSchüler am Schluss der ganzen Unterrichts einheitaufgefordert werden, ihre Definition zu überarbeitenoder kritisch zu begutachten. Ebenso können dieverschiedenen Faktoren, die eine sportliche Leistungbestimmen, erschlossen werden, dies durch die Fra-gen, wie diese Leistungen gemessen und welchespezifischen Fähigkeiten benötigt werden, um gera-de in dieser bestimmten Sportart eine Höchstleis-tung zu erbringen. Die Erarbeitung einer Übersicht-stabelle kann in verschiedenen Sozialformen (Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit) erfolgen. EinVergleich der unterschiedlichen Sportarten wirdleicht erkennen lassen, dass für jede Sportart ganzspezifische Fähigkeiten notwendig sind, wie z.B.Spannung oder Entspannung, Muskelmasse oderGelenkigkeit. Zum Teil ergänzen sich diese, zum Teilschliessen sie sich aus.

Die Auseinandersetzung mit dem Begriff Leis-tung soll auch dazu führen, dass die physikalischeDefinition „Leistung als verrichtete Arbeit pro Zeit -einheit“ erkannt wird. Dies ist Voraussetzung, um zuverstehen wie bedeutungsvoll der Energieumsatzist. Am Energieumsatz kann körperliche Arbeit ge-messen werden, einerseits als Grundumsatz (Ruhe-stoffwechsel) für die Körpergrundvorgänge, ande-rerseits als Leistungsumsatz beim Erbringen vonKörperaktivitäten, z.B. im Zusammenhang mit sport-lichen Leistungen. Ziel ist dabei, den Energiehaus-halt systemisch zu betrachten: Energie fliesst insKörpersystem hinein, indem sie durch die Nahrungaufgenommen wird. Energiereiche Nahrungsstoffewerden abgebaut und die dabei entstehende Ener-gie in Form eines für den Körper universellen Ener-

gieträgers, der Substanz ATP, gespeichert. Die Ener-gie im ATP-Molekül ist der Motor für unzählige Pro-zesse im Körper. Je nach Klasse und Interesse kannhier die Zusammenarbeit mit den Biologie- undHauswirtschaftslehrpersonen gesucht werden unddas Thema Doping auch von der Ernährung bzw.Nahrungsverarbeitung her erschlossen werden.

Ein wichtiges Ziel der Unterrichtseinheit ist es,das Zusammenspiel verschiedener Körpersystemezu erkennen. Grundkenntnisse zum Herz-Kreislauf-system, zum Aufbau und zur Funktion von Muskelnsowie zum Nervensystem sind notwendig. In denMaterialien für die Lehrperson werden die wichtig-sten Zusammenhänge kurz erläutert. Es empfiehltsich aber, hier auf gängige Biologiebücher zu rekur-rieren und diese Themen vorgängig oder parallel –auch gruppenteilig – erarbeiten zu lassen.

Auf die allgemeine Erläuterung der Funktions-weise von Herz und Kreislauf bzw. Muskulatur wirdhier verzichtet, es wird davon ausgegangen, dassdiese Zusammenhänge aus dem Biologieunterrichtbekannt sind oder sonst durch eine Internetrecher-che erschlossen werden können. Im Zusammenhangmit der Muskelfunktion ist die Bedeutung von ATPals universeller Energieträger hervorzuheben. Dieskann gut am Beispiel der sukzessiven Energiebereit-stellung beim Erbringen einer sportlichen Leistunggeschehen. Diese Zusammenhänge sind heute ver-breitet in den Trainings- und Ernährungsempfehlun-gen der Sportvereine eingeflossen und werden zu-mindest einigen Jugendlichen bekannt sein. Anhandhypothetischer Fallbeispiele aus unterschiedlichenSportarten können die Zusammenhänge erarbeitetwerden, z.B. durch einen Vergleich von Ernährungs-,Trainings- und Wettkampfempfehlungen für unter-schiedliche Sportarten, z.B. Bogenschiessen, Kugel-stossen, Marathonlauf, Sprint. Dies kann zur allge-meinen Frage der Bedeutung von Training führen.

Die unterschiedliche Muskelzusammensetzung(Anteil von FT-bzw. ST-Fasern) von Sprintern undAusdauersportlern kann Anlass für eine Diskussionüber den Einfluss der genetischen Komponenten fürdas Erbringen einer sportlichen Höchstleistung bie-ten. Schüler können daran erkennen, dass die gene-tische Körperausstattung ein limitierender Faktor fürsportliche Höchstleistungen ist. Aus dieser Proble-matik heraus ist dann auch einfach zu verstehen,warum Gendoping in der aktuellen Diskussion einen

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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90 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

hohen Stellenwert einnimmt.Da im Zusammenhang mit Doping Hormone und

Transmitterstoffe des Nervensystems eine wichtigeBedeutung haben, stehen Wirkstoffe und derenFunktion im Zentrum der Unterrichtseinheit. Am Bei-spiel der Signalleitung im Nervensystem wird zu-nächst der Unterschied zwischen elektrischer undchemischer Weiterleitung thematisiert. Grundsätz-lich soll erkannt werden, dass die Weiterleitung vonSignalen über die Nervenfasern mit elektrischen Im-pulsen eine schnelle Weitergabe des Signals bedeu-tet während mit der chemischen Übertragung inForm von Transmitterstoffen an den Synapsen quali-tative Entscheide (bestimmte Signale werdenweitergeleitet oder verstärkt, andere nicht) getroffenwerden können. Die Synapsen können so als wichti-ge Schaltstellen, die stofflich beeinflusst werdenkönnen, erkannt werden. Die Abläufe an einer Syn-apse sind am besten anhand einer Animation zu ver-anschaulichen. Zwei gute Animationen, die auch dieWirkungen diverser Drogen wie Kokain und Nerven-gifte aufzeigen, finden sich unter www.jellinek.nl/brain/index.html undwww.mallig.eduvinet.de/bio/neuro/nerven1.htm.

Des Weiteren wird der Feinbau des Nervensys-tems erschlossen – die Nervenzelle mit Zellkörper,Dendriten, Axon und den Synapsen. Die beiden Teiledes Nervensystems und deren unterschiedlicheFunktionsweise zu erfassen, ist ein weiteres Ziel: ein-erseits das willkürliche System, das dem Willenunterstellt ist und mit dem wir unseren Bewegungs-apparat steuern können. Andererseits das vegetativeNervensystem, das die Vorgänge im Körperinnernsteuert und das wir größtenteils nicht direkt willent-lich beeinflussen können. Hier lernen die Schüler dasGegenspielerprinzip kennen am Beispiel der beidenGegenspieler des vegetativen Nervensystems: demSympathikus, der für die Reaktionen des „fight orflight“ („Kampf oder Flucht“) agiert und dem Para-sympathikus, der in den Ruhe- und Erholungspha-sen aktiv ist.

Um die Wirkstoffe und deren Bedeutung für Do-ping zu verstehen, werden beispielhaft Stimulanzienund deren biologische Wirkungsweise vorgestellt,ausgehend von Koffein, das in Form von Energy-Drinks bei Jugendlichen verbreitet eingenommenwird. Es soll erkannt werden, dass mit der Zufuhrvon chemischen Stoffen natürliche Vorgänge im

Körper entsprechend gehemmt oder stimuliert wer-den können. Die dabei festzustellende fliessendeGrenze zwischen Genussmittel, Droge und Medika-ment soll neben dem Erkennen der spezifischen Wir-kungsweise auch zu einer kritischen Haltung führen.

Am Beispiel des Höhentrainings kann der Vor-gang der körperlichen Adaptivität des Körpers (hierbezüglich der Produktion von roten Blutkörperchen)und gleichzeitig die Nutzung bzw. der Missbrauchdieser biologischen Zusammenhänge durch Dopingmit dem Wirkstoff EPO aufgezeigt werden. Ein etwasvertiefter Blick erfolgt anschliessend in die chemi-schen Zusammenhänge, indem Bezug auf die Her-stellung einiger bekannter Medikamente und Do-pingmittel genommen wird. Mit dieser Unterrichts-sequenz werden verschiedene Dinge angezielt: zumeinen soll gezeigt werden, dass Dopingmittel che-misch abgeänderte körpereigene Wirkstoffe sind,zum anderen sollen die Schüler erkennen, dass mini-male chemische Veränderungen der Grundstrukturzu einer entscheidenden Veränderung der Wirkungeines Stoffes führen kann. Am Beispiel des verbreite-ten Mittels Aspirin können die Schüler experimentelldiese Veränderungen sichtbar machen.

Als Überblick einerseits und als Vertiefung an -dererseits kann die Auseinandersetzung mit dersportlichen Leistungsfähigkeit und den Organsyste-men und deren Leistungsfaktoren eingesetzt wer-den. Didaktisch macht es Sinn, mehrschrittig vorzu-gehen. In einem ersten Schritt sollen die Schüler an-hand von Beispielen recherchieren, wie sich diegenannten Leistungsfaktoren konkret auf die sportli-che Leistungsfähigkeit auswirken. In einem zweitenSchritt können sie mit ihren bisher erworbenenKenntnissen überlegen, was an dieser Stelle ein Do-pingmittel bewirken würde und wie es hypothetischoptimal wirken müsste. Sie erschliessen so selber dieVielfalt von Doping. Die abschliessende Auseinander-setzung mit bedeutsamen Regelkreisen des Körperslassen dann die Gefahren der Dopingwirkung erken-nen, die natürliche Systeme blockiert oder überstei-gert.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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91Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Definitionen von DopingInformieren Sie sich im Internet über die Geschichtedes Dopings. Wie hat sich die Haltung gegenüberDoping bei den Menschen im Laufe der Zeit geän-dert?- www.doping.de/geschichte-des-doping/- www.on-dope.de/dopinggeschichte- www.planet-wissen.de/sport_freizeit/olympi-

sche_spiele/doping/doping_geschichte.jsp

Diskutieren Sie mit Ihren Mitschülern, was Sie un-ter Doping verstehen. Formulieren Sie eine Defini-tion, die für Sie stimmt und halten Sie diese schrift-lich fest.

Suchen Sie anschliessend im Internet und in Lexi-ka nach verschiedenen Definitionen von Doping.Ordnen Sie die verschiedenen Definitionen unter-einander an und unterstreichen Sie Ihnen wichtig er-scheinende Stichworte.

Diskutieren Sie mit Ihrem Lernpartner, Ihrer Lern-partnerin die Unterschiede und verfassen Sie ab-schliessend eine Definition, die Ihnen richtig er-scheint.

Suchen Sie die Anti-Doping-Regeln der WADA,die die Grundlage für die aktuelle Definition bilden:Welche Aspekte von Doping kommen darin zumAusdruck, die in früheren Definitionen nicht ge-nannt wurden?

Sportliche LeistungenÜberlegen Sie, welche Körperarbeit im Besonderenfür die sportliche Leistung bei verschiedenen Sport-arten geleistet werden muss.

Wie wird die Leistung jeweils gemessen? Welche Leistungsfähigkeiten sind bei den ver-

schiedenen Sportarten besonders wichtig? Erstellen Sie dazu eine Tabelle (wichtige Körper-

arbeit, beteiligte Systeme, Messen der Leistung, ge-forderte Leistungsfähigkeiten) für die folgendenSportarten: 100-m Lauf, Eiskunstlauf, Tischtennis,Schach, Gewichtheben, Sportgymnastik, Skilanglauf,Hochsprung, Kugelstossen, Bogenschiessen, Basket-ball.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM1 – Doping und sportliche Leistung

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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92 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Die Funktion des Nervensystems ist bei sportlichenLeistungen wichtig: Nervenzellen empfangen Signa-le und leiten sie elektrisch fort. Die Weiterleitung andie nächste Nervenzelle erfolgt meist chemisch. Die-se Signalübermittlung muss bei sportlichen Höchst-leistungen optimal funktionieren.

Aufputschmittel im Sport wirken – ähnlich wie

Kokain und Nervengifte – auf die Informationsüber-tragung zwischen Nervenzellen. Deshalb ist es wich-tig, einige Grundlagen über Nervenzellen und ihreFunktion zu kennen. Informieren Sie sich anhand Ih-res Biologiebuchs über den Aufbau und die Funk-tion der Nervenzellen und lösen Sie anschliessenddie Aufgaben.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM2/1 – Nervenzellen und chemische Transmitter

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschlag

1. Beschriften Sie die Abbildung der abgebildeten Nervenzelle mit den passenden Nummern entspre-chend dem Text. Die Richtung der Signalleitung ist mit Pfeilen angegeben.

Nervenzellen sind oft lang gestreckteZellen mit einem Zellkörper (1), indem der Zellkern liegt (2). Dieser istdie Steuerzentrale der Zelle.

Der Zellkörper besitzt baumähnlicheFortsätze, sogenannte Dendriten (3)(gr. dendron Baum). Sie empfangenSignale von anderen Nervenzellen.

Ein Zellfortsatz ist sehr lang und wirdals Axon (4) bezeichnet (gr. axonAchse). Er leitet das Signal elektrischweiter.

Am Ende verästelt sich das Axon. DieEndungen sind verdickt und werdenals Endknöpfchen respektive Synap-

sen (5) bezeichnet (gr. synapsis Ver-bindung). Sie stellen die Verbindungzur nächsten Nervenzelle oder zu Or-ganen her.

Nervenzelle (schematisch) Illustration: © S. Baumann

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93Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Die Signalübertragung innerhalb der Nervenzel-len von den Dendriten über den Zellkörper und dasAxon zu den Synapsen findet über elektrische Im-pulse statt, ähnlich wie in einem elektrischen Kabel.

Die Übertragung des Signals an den Synapsenvon Nervenzelle zu Nervenzelle oder von Nervenzel-len zu Muskelzellen, findet über chemische Überträ-gerstoffe statt, den Neurotransmittern (lat. trans =über, hinüber; mittere = schicken). Mit einem gere-gelten Ablauf wird für die Weiterleitung des elektri-schen Impulses gesorgt, vgl. Abb. M2-2.

(a) Ein elektrisches Signal kommt am Endknöpf-chen an.

(b) Bläschen, gefüllt mit Transmittersubstanz wer-den zu den Membranen transportiert.

(c) Die Bläschen verschmelzen mit der Zellmembranund entleeren den Transmitter in den synapti-schen Spalt.

(d) Die nachfolgende Nervenzelle besitzt auf ihrerOberfläche Empfängerstoffe, die Rezeptoren. Siefangen den Überträgerstoff auf

(e) und lösen ein elektrisches Signal in der Nachfol-gerzelle aus.

(f) Die Transmittermoleküle lösen sich von den Re-zeptoren und werden aus dem synaptischenSpalt entfernt oder von der präsynaptischen Zel-le wieder aufgenommen.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM2/2 – Nervenzellen und chemische Transmitter

Arbeitsvorschläge

2. Die Bilder zu den Texten (b) bis (f) sind durcheinander gekommen. Ordnen Sie die Bilder in der richti-gen Reihenfolge an und bezeichnen Sie diese mit den entsprechenden Buchstaben:

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Abb. M2-1 Abb. M2-2

Illustration ©: S. Baumann

a

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Arbeitsvorschläge

1. Erstellen Sie mit Hilfe des Internets eine Tabelle mit den Lebensmitteln, welche Koffein enthalten undder Mengenangabe an Koffein, das jeweils enthalten ist.

2. Wie viel Koffein nehmen Sie durchschnittlich pro Woche ein? Überlegen Sie, was und wie viel Sieinnerhalb der letzten Woche an koffeinhaltigen Getränken und Lebensmitteln eingenommen haben. Erstellen Sie eine Liste und rechnen Sie zusammen.

3. Diskutieren und beschreiben Sie die Wirkung, die Sie persönlich nach der Einnahme koffeinhaltigerGetränke wahrnehmen. Vergleichen Sie die Antworten in einer Gruppe.

94 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Stimulanzien (Aufputschmittel) sind Stoffe, welchedie Leistung steigern, die Leistungsfähigkeit verlän-gern und der Ermüdung entgegenwirken. Die Gruppeder Stimulanzien gehört auf der Dopingliste zu denStoffen, welche zum Wettkampfzeitpunkt verbotensind. (Neben den Stimulanzien sind das auch Narkoti-ka, Cannabinoide und Glukokortikoide.) Zu den Sti-mulanzien zählen unter anderen Koffein und dieAmphetamine.

Zum Beispiel Koffein

Koffein ist das bekannteste, verbreitetste und ammeisten akzeptierte Stimulans, welches in allen Bevöl-kerungsschichten beliebt ist und immer häufiger ein-genommen wird. Koffein – in grösseren Mengen –war von 1984 bis 2004 auf der Dopingliste, wurdedann aber wieder gestrichen. Weiterhin steht Koffeinauf der Liste des Überwachungsprogramms 2012(WADA-Code, Artikel 4.5: „Die WADA richtet in Ab-sprache mit den Unterzeichnern und Regierungen einÜberwachungsprogramm für Substanzen ein, dienicht in der Dopingliste aufgeführt sind, die jedochnach Ansicht der WADA überwacht werden sollten,um Missbrauch im Sport zu ermitteln.“). Das bedeu-tet, dass bei einer Dopingkontrolle die Stoffe desÜberwachungsprogramms gemessen werden, umweitere Aufschlüsse über die Verwendung der Sub-stanzen durch die Sportler zu erhalten.

Koffein ist ein natürlicher Wirkstoff der Kaffeeboh-ne, der Kolanuss, der Mateblätter, der Guarana-Beere,der Kakaobohne und der Teepflanze und findet sichentsprechend in den Genussmitteln Kaffee, Schwarz-und Grüntee, Mate, Guarana und Energy-Drinks, ingeringeren Mengen auch in Schokoladeprodukten.Koffein gehört zur Stoffgruppe der Alkaloide und istin reiner Form ein weisses, geruchloses kristallinesPulver mit bitterem Geschmack. Der Gehalt an Koffeinin den diversen Getränken variiert stark in Abhängig-

keit der Wachstumsbedingungen der Pflanzen undder Zubereitung. Energy-Drinks dürfen einen gesetz-lich festgelegten Grenzwert von 32 mg Koffein/100ml nicht überschreiten.

Koffein hat eine allgemein stimulierende Wirkung,wird vom Körper fast vollständig aufgenommen undist bereits nach 15 Minuten im Blut nachweisbar. Diehöchste Konzentration im Blut wird nach 30–90 Minu-ten festgestellt. Die leistungssteigernde Wirkung hält3–6 Stunden. Der Abbau erfolgt über die Leber, dieAusscheidung über die Niere.

Da Koffein in fast alle Organe gelangt, ist die Wir-kungsweise im Detail noch nicht geklärt. Auch ist dieStärke der Wirkung individuell sehr verschieden. Diemaximale Wirkung auf die körperliche Leistung istaber bereits bei alltäglichen Dosen von 2–3 TassenKaffee pro Tag erreicht (ca. 5 mg/kg Körpergewicht).Höhere Dosen können negative und leistungsmin-dernde Nebenwirkungen mit sich bringen. Insbeson-dere bei Ausdauerwettkämpfen über 20 min, beihochintensiven Belastungen von 1–20 min Dauer undbei intensiven Intervallbelastungen (z.B. bei Spiel-sportarten) kann Koffein leistungssteigernd wirken. Esreduziert dabei die Wahrnehmung von Müdigkeit, Be-lastung und Schmerzen durch eine Verstärkung derAdrenalinwirkung. Es kann auch direkte Wirkung aufdie Muskeln haben durch die Aktivierung der Na-trium-Kalium-Pumpe und durch die Erhöhung descAMP-Spiegels in den Zellen. Zudem scheint Koffeindie Absorption von Kohlenhydraten im Darm zu erhö-hen, womit mehr Kohlenhydrate als Energiequelle zurVerfügung stehen.

Koffein wirkt nicht auf jede Person gleich. Die Wir-kung ist abhängig von Körpergewicht, Geschlecht,sportliche Aktivität und von der Menge, die regelmä-ßig eingenommen wird. Der Körper gewöhnt sichnach ein paar Tagen an eine bestimmte Dosis und dieWirkung ist nicht mehr spürbar.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM3/1 – Erlaubte und verbotene Aufputschmittel

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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95Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Zum Beispiel Amphetamine

Amphetamine sind Aufputschmittel, die laut WADAverboten sind. Es ist ein Sammelname, der aus demZusammenzug der veralteten chemischen Bezeich-nung Alpha-Methylphenethylamin entstanden istund heute diverse synthetische Mittel mit Phenyle-thylamingrundstruktur umfasst. Bekannte Vertretersind Amphetamin, Methamphetamin (N-Methylam-phetamin) und Ephedrin.

Verbreitet angewendet wurden die Amphetaminewährend des zweiten Weltkriegs, wo sie den Soldatenzum Wachhalten in der Nacht und während längererStrapazen verabreicht wurden. Danach fanden sieverbreitet Eingang in den Hochleistungssport, so z.B.bei Radrennen. Lebensgefährlich ist die Einnahmedieser Stimulanzien bei Hitze, hoher Luftfeuchtigkeitund in grosser Höhe. Diese äusseren Faktoren und dieEinnahme von Amphetaminen und Alkohol wirktenvermutlich zusammen bei einem der prominentestenTodesfälle an der Tour de France: Der Brite Tom Simp-son versuchte sich am 13. Juli 1967 am Mont Ven-toux, einem 1912 Meter hohen kahlen Berg in derProvence, bei 45 Grad Lufttemperatur vom Feld abzu-setzen, fiel dabei ohnmächtig vom Rad und verstarbkurze Zeit später. Da Amphetamine leicht im Urinnachweisbar sind, ist der Missbrauch während Wett-kämpfen stark zurückgegangen. Unter den letztenprominenten überführten Sportlern war z.B. der Rad-rennfahrer Jan Ullrich im Jahr 2002.

Die für den Wettkampf wichtigen psychomotori-schen Wirkungen der Amphetamine sind: die Aufhe-bung des Ermüdungsgefühls, eine erhöhte Sinnes-wachheit, eine Steigerung des Selbstvertrauens, einGefühl der physischen Stärke, eine optimistischeStimmung (zum Teil bis zur Euphorie), der Energie-umsatz nimmt zu, der Herzschlag wird beschleunigt,der Blutdruck steigt und die Bronchien weiten sich.

Gleichzeitig steigt auch die Körpertemperatur. Hun-ger- und Durstgefühle wie auch die Schmerzempfin-dung werden heruntergesetzt. Der Sportler kann sichüber die Ermüdungsgrenze belasten und die willent-lich nicht zugänglichen körperlichen Reserven mobili-sieren, welche der Körper zur Aufrechterhaltung le-benswichtiger Funktionen benötigt und normaler-weise nur in größter Lebensgefahr freisetzt. Dies kannzu schweren Erschöpfungszuständen und im Extrem-fall zum Tod führen. Auf jeden Fall erfolgen nach deramphetaminbedingten Leistungssteigerung ein star-ker Leistungsabfall und eine verlängerte Erholungs-zeit.

Werden Amphetamine zu hoch dosiert, kommt eszu einer Abnahme der koordinativen Fähigkeitenund der Konzentration durch zu grossen Bewegungs-drang und Nervosität. Gereiztheit und Aggressivitätnehmen zu und das Herz beginnt zu rasen.

Amphetamine werden hauptsächlich in Ausdau-ersportarten eingesetzt. Sie können die Dauer derLeistungsfähigkeit verlängern, indem die sonst nur inLebensgefahr zugänglichen körperlichen Reservengenutzt werden, jedoch nicht die Ausdauer, Muskel-kraft oder Koordination steigern, also nicht aus ei-nem untrainierten Sportler einen Hochleistungs-sportler machen!

Amphetamine werden nicht nur im Sport einge-setzt, auch in der Party- und Drogenszene haben sieunter den Namen Speed, Pep, Crystal usw. Einzuggehalten (weitere Namen: Arbeiterkoks, Black Beauty,Cappies, Crank, Free Base Speed, Ice, Line, Peppers,Pink, Power, Uppers, „Vitamin A”). Ihre Gefährlichkeitliegt unter anderem in der raschen psychischen Ab-hängigkeit und drin, dass die Dosis mit der Gewöh-nung mehr und mehr gesteigert werden muss. Me-thamphetamin gelangt aufgrund seiner grösserenFettlöslichkeit rascher ins Hirn als Amphetamin und

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM3/2 – Erlaubte und verbotene Aufputschmittel

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Lebensmittel mg Koffein / Einheit

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96 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

der aufputschende Effekt ist stärker, ebenso das Ab-hängigkeitspotential. Bei langfristiger Einnahme kön-nen sich unter der Haut „Speedpickel“ bilden. Sieentstehen durch die Einlagerung von „Abfallkristal-len“ des Rauschmittels unter der Haut. Vor allem psy-chische Veränderungen und irreparable Schäden vonNervenzellen des Gehirns, die mit einer Veränderungder Persönlichkeit einhergehen, sind langfristige Fol-gen. Sie können sich in überhöhter Aktivität, Ge-schwätzigkeit, einer Verminderung der Kritikfähigkeitund in paranoiden Zuständen (auch im nüchternenZustand) zeigen. Entzugserscheinungen sind Depres-sionen, Angstzustände, Abgeschlagenheit und Er-schöpfung. Gefahren während des Rausches sindHerzrasen, Überhitzung und bei Überdosierung ne-ben Zittern, Brechreiz, hoher Temperatur auch Hirn-blutungen mit plötzlichen halbseitigen Lähmungen,starke Kopfschmerzen und Bewusstlosigkeit bis zumHerzstillstand.

Da Amphetamine nur während des Wettkampfsverboten sind, werden sie bisweilen vermutlich vorallem von Hobbysportlern auch im Training einge-nommen. Damit kann das Trainingsvolumen im Mo-ment erhöht werden. Der Sportler kann länger mit ei-ner Trainingsgruppe mithalten und eine nicht vor-handene Fitness im Ausdauerbereich vortäuschen.Der längere Erholungsbedarf danach, die große Ge-fahr der Abhängigkeit wie auch der illegale Beschaf-fungsweg lassen davon aber abraten!

Ein bekannter, mit den Amphetaminen eng ver-wandter und ähnlich wirkender Stoff ist Methylphe-nidat, besser unter dem Arzneimittelnamen Ritalinbekannt. Der Erfinder, Leon Panizzon, benannte denStoff nach dem Namen seiner Frau Margerita, da siedamit gute Resultate im Tennis erzielte. Methylphe-nidat wie auch Amphetamin werden als Medikamentbei ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-störung) eingesetzt. Der ADHS-Verhaltensweise liegtnach heutiger Erkenntnis eine Stoffwechselstörungim Bereich der Katecholamine im Gehirn zugrunde.Bei 70% der Kinder mit ADHS und bei 50% der Er-wachsenen ist die Behandlung mit den Stimulanzienbei gut kontrollierter und eingestellter Dosierunghilfreich. Nebenwirkungen können ein verminderterAppetit, Einschlafstörungen, Bauch- und Magen-schmerzen sein. Lange fürchtete man sich vor mög-licher Abhängigkeit. Nach heutiger Erkenntnis wirkendie Medikamente bei Kindern mit ADHS einer späte-

ren Suchterkrankung eher entgegen. Daneben wirdRitalin auch bei Narkolepsie (unkontrollierte Schlafat-tacken) eingesetzt. Amphetamin ist der Wirkstoff desAppetitzüglers Dexamin. Medikamente mit den Wirk-stoffen Methylphenidat und D-Amphetamin sind re-zeptpflichtig. Nimmt der Sportler aus therapeuti-schen Gründen Ritalin ein, muss er dies unbedingtbei der Dopingbehörde melden.

Die Amphetamine unterscheiden sich von denkörpereigenen Transmitterstoffen unter anderemdurch den Wegfall der OH-Gruppen am Phenylring.Dadurch sind die Amphetamine wesentlich fettlös-licher und können im Gegensatz zu Adrenalin, Nora-drenalin und Dopamin die Blut-Hirn-Schranke passie-ren. Deshalb wirken sie stärker auf das Zentralner-vensystem als diese und weniger auf den Blutdruck.

Die Blut-Hirn-Schranke ist eine Sperre zwischenBlutkreislauf und Zentralnervensystem zum Schutzdes hochempfindlichen Hirns. So kann sein spezifi-sches Milieu aufrechterhalten werden und ist es vorStoffen im Blut wie z.B. Krankheitserregern oder Neu-rotransmittern geschützt. Die Blutbahnen im Hirnsind mit Endothelzellen ausgekleidet, die über so ge-nannte „Tight junctions“ miteinander verbundensind. Diese Verbindungen lassen praktisch keine Stof-fe zwischen den Zellen passieren. WasserlöslicheStoffe wie Ionen und Nährstoffe gelangen selektivdurch spezifische Kanäle der Zellmembran der End-othelzellen hindurch, unpolare Stoffe gelangenmittels Diffusion durch die Membranen, je kleinerund fettlöslicher die Substanzen sind, desto besser.

Zum Beispiel Ephedrin

Ephedrin ist ein natürliches Alkaloid, das aus derPflanze Ephedra (Meerträubel) gewonnen wird. Deri-vate von Ephedrin finden sich in einigen Medika-menten (z.B. in Pretuval C), welche das Abschwellender Schleimhäute und die Erweiterung der Bronchienbewirken und so das Atmen bei Erkältung und Asth-ma erleichtern. Ephedrin erhöht den Stoffwechselund die Körpertemperatur. Wegen des erhöhtenEnergieverbrauchs wird Ephedrin gerne von Sport-lern zur Gewichtsreduktion verwendet. Ephedrinwirkt verstärkt mit Koffein oder anderen stimulieren-den Stoffen und wird deshalb meist in Kombinationeingenommen. Ab einer Konzentration von 10 Mikro-gramm/ml im Urin gilt Ephedrin als Dopingmittel.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM3/3 – Erlaubte und verbotene Aufputschmittel

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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97Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM3/4 – Erlaubte und verbotene Aufputschmittel

Arbeitsvorschläge

4. In der Abbildung unten sind Erregungsmuster einer sympathischen Synapse dargestellt (oben normalephysiologische Erregung, unten die Erregung nach Amphetamineinnahme).

Überlegen Sie anhand der Abb. „Wege des Transmitters Noradrenalin an einer Synapse des Sympathi-kus“, S. 82 linkes Bild, an welchen Stellen die Amphetamine wirken könnten, um eine Dauererregungwie auf der unteren Abbildung zu erzeugen?

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Quelle: Sportbiologie

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98 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Höhenakklimatisierung als natürliches Doping

Hoch gelegene Reiseziele sind bei Touristen beliebt.Tausende besteigen jährlich den Kilimandscharo.Dabei sind sie auf die Hilfe einheimischer Träger an-gewiesen, denn oberhalb 4000m droht die Höhen-krankheit. Diese macht sich durch Kopfschmerzen,Herzklopfen, Übelkeit und Atemnot bemerkbar. Ur-sache ist die mangelhafte Versorgung des Körpersmit Sauerstoff. Je geringer die Sauerstoffkonzentra-tion in der Atemluft, desto weniger rote Blutkörper-chen binden das lebenswichtige Gas und transpor-tieren es zu den verbrauchenden Zellen. Einwohnerin hochgelegenen Regionen haben keine Schwierig-keiten mit der Sauerstoffaufnahme. Nach einem Hö-

henaufenthalt von drei Wochen erreichen auchFlachlandbewohner wieder ihre volle Leistungsfä-higkeit. Der Körper stellt sich auf das geringere Sau-erstoffangebot ein: der Anteil der roten Blutkörper-chen steigt und damit auch der Hämatokritwert. Ergibt den Volumenanteil von Blutzellen, die zu 99%aus roten Blutkörperchen bestehen in unserem Blutan.

Text aus „Chemie heute Sek II, Schroedel 1998“.

Wohnort Meereshöhe Hämatokritwert

Lima 160 m 45%Denver 1610 m 48%Mexico City 2270 m 51%

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM4 – Chemische Prozesse im menschlichen Körper

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Welchen Vorteil bietet ein Höhentraining?

2. Welcher chemische Prozess läuft beim Atmen ab?

Arbeitsvorschläge

1. Aus welchem Grund werden Eigenblut oder EPO verabreicht?

2. Weshalb gefährden hohe Hämatokritwerte die Gesundheit?

Dopingfahrer in der EPO-Falle

Der positive Test des Italieners Riccardo Ricco zeigt,dass sich viele Radprofis 2008 beim Dopen ver-schätzt haben. EPO ist länger und besser nachweis-bar als viele dachten. EPO ist die Abkürzung für Erythropoetin: dieses natürliche Hormon fördert dieBildung funktionstüchtiger roter Blutkörperchen. Eswaren chaotische Szenen, die sich vor dem Start derzwölften Etappe der Tour de France im Örtchen La-velanet abspielten. Augenzeugen berichten von ei-nem Tumult rund um den Bus des Saunier-Duval-Teams, kurz nachdem bekannt geworden war, dassder Star des Rennstalls, Riccardo Ricco, positiv aufEPO getestet worden war. Der offenbar völlig über-raschte Profi wurde im Startbereich von rund 30 Po-lizisten in Empfang genommen und in Handschellen

abgeführt – das bittere Ende eines Athleten, der seitlängerem als verdächtig galt. Ricco verfügte über ei-ne ärztliche Ausnahmegenehmigung für einen Hä-matokritwert von 52%; der Grenzwert liegt bei 50%.Experte Werner Franke meinte jüngst in der „Süd-deutschen Zeitung“: „Dem würde ich sagen, um Got-tes Willen, du bist infarktgefährdet“. Am 6. Februar2011 wurde Ricco mit akutem Nierenversagen insKrankenhaus eingeliefert. Er gestand, sich eine Ei-genbluttransfusion verabreicht zu haben. Er hattesein Blut 25 Tage im Kühlschrank aufbewahrt. Seinegesundheitlichen Schwierigkeiten führte er daraufzurück. Einen Monat später erklärte Ricco seinenRücktritt vom aktiven Radsport.

Text aus „Spiegel online“ vom 17.07.2008.

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99Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Aspirin hat ein Verfalldatum

Bei der Herstellung von Dopingmitteln wird häufigder Prozess der Veresterung angewandt. Darunterversteht man die Vereinigung eines Alkohols mit Es-sigsäure (Carbonsäure mit zwei Kohlenstoffatomen).Diese Vereinigung wird Veresterung genannt. DasProdukt gehört zur Stoffklasse der Ester.

Am Beispiel eines entzündungshemmenden,schmerzstillenden Medikaments, des Aspirins, wol-len wir diesen Prozess kennen lernen. Aspirin be-steht aus Salicylsäure, einem Inhaltsstoff der Wei-denrinde. Salicylsäure hat zwei reaktionsfähigeGruppen: sie kann als Alkohol oder Carbonsäure rea-gieren.

Oft entscheidet die Veresterung, ob ein Stoffwirksam ist oder nicht. Viele Dopingmittel könnenrelativ einfach durch eine Veresterung eines natür-lichen Stoffs hergestellt werden, so z.B. verschiede-ne Testosteronpräparate.

Als Alkohol lässt sich Salicylsäure mit Essigsäureverestern: das Reaktionsprodukt ist Aspirin. Beim La-gern von Aspirin setzt die Spaltung in die Ausgangs-stoffe ein. Nach Ablauf des Verfalldatums lassen sichfreigesetzte Essigsäure riechen und Salicylsäure mitEisenionen nachweisen.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM5 – Chemische Prozesse in der Industrie

Drei kleine Experimente

Sicherheitshinweis: Schutzbrille tragen

Versuch 1: Eine kleine Messerspitze (ca. 0.05g) Salicylsäure, einige Körnchen Eisen(III)-chlorid Hexahydratund 3ml Wasser in ein Reagenzglas geben und gut schütteln. Beobachtung und Auswertung:

Versuch 2: Eine kleine Messerspitze (ca. 0.05g) Aspirinpulver, einige Körnchen Eisen(III)-chlorid Hexahy-drat und 3ml Wasser in ein Reagenzglas geben und gut schütteln. Beobachtung und Auswertung:

Versuch 3: Eine kleine Messerspitze (ca. 0.05g) Aspirinpulver mit überschrittenem Verfalldatum, einigeKörnchen Eisen(III)-chlorid Hexahydrat und 3ml Wasser in ein Reagenzglas geben und gut schütteln. Beob-achtung und Auswertung:

Hinweise zur Auswertung: Salicylsäure bildet mit Eisenionen einen violetten Farbstoff, Aspirin reagiertnicht. Beim Lagern von Aspirin setzt die Spaltung in Salicylsäure und Essigsäure ein; der Nachweis von Sali-cylsäure mit Eisenionen verläuft positiv. Der Test kann zur Qualitätskontrolle verwendet werden.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Skelettformel der Salicylsäure mit Weidenstrauch; die Carbonsäuregruppe istorange und die Alkoholgruppe grün markiert

Foto ©: T. Loesli

Aspirin, dargestellt ist das Kohlenstoffgerüst, jeder Strich steht für eine Bin-dung zwischen zwei Kohlenstoffatomen

Foto ©: T. Loesli

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100 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Beeinflussung der sportlichen Leistungsfähigkeit

In der Tabelle sind einige wichtige Grössen zusammengestellt, die die sportliche Leistungsfähigkeit beein-flussen.

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM6/1 – Leistungssteigerung mit und ohne Doping

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Überlegen Sie, welches der Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit ist und beurteilen Sie, welcheEigenschaften ein Dopingwirkstoff haben müsste, um eine Leistungssteigerung zu bewirken.

Falls Sie bestimmte Ausdrücke nicht kennen, schlagen Sie sie in einem Lexikon oder im Internet nachund legen Sie ein kleines Glossar an.

Organsystem

Muskulatur

Herz-Kreislaufsystem

Allgemeiner Stoffwechsel/Ernährung

Regelkreise des Hormonsystems

Faktoren, die die

sportliche Leistung

beeinflussen

Vorhandenes Muskeleiweiss (Myoglobin)Fasertyp (ST oder FT)

Viele Mitochondrien

Gute Durchblutung

Schneller Stoffwechsel

Vorhandenes ATP

Vorhandenes Kreatin

Herzfrequenz

Pumpleistung

Blutvolumen

Maximale SauerstoffaufnahmeFettverbrennung

Lebertätigkeit

Zuckerstoffwechsel

Temperaturregulation

Geschlechtshormone

Zusammenhang mit

Leistungsfähigkeit

Eigenschaften

eines potenziellen

Dopingmittels

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101Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – biologische und chemische ZusammenhängeM6/2 – Leistungssteigerung mit und ohne Doping

Arbeitsvorschläge

2. Welche weiteren Massnahmen könnten ergriffen werden, um die Wirkung eines bestimmten Faktorszu steigern?

3. Unten sind Regelkreise aufgelistet, die für den menschlichen Körper bedeutend sind. Vergleichen Siedie Beispiele und recherchieren Sie, wie dieser Regelkreis funktioniert. Stellen Sie die Vorgänge gra-fisch dar, vergleichen Sie Ihre Darstellungen. Wo sind Ihre Gemeinsamkeiten? Wo Ihre Unterschiede?

4. Überlegen Sie, welche Grössen mit Doping verändert werden könnten. Beschreiben Sie in zwei dreiSätzen, was dadurch bewirkt würde.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Organsystem

Nervensystem

Regeneration

Faktoren, die die

sportliche Leistung

beeinflussen

Schilddrüsenhormone

Wachstumshormone

Nebennierenhormone

Wasserausscheidung

Biorhythmus

Reaktionsvermögen

Endorphine

Erholungszeit

Zusammenhang mit

Leistungsfähigkeit

Eigenschaften

eines potenziellen

Dopingmittels

Regelkreis Produktion Androgene Hormonelle Regulation der Niere

Regelkreis Produktion Schilddrüsenhormone Regelkreise Nebennierenrindenhormone (ACTH)

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102 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping – biologische und chemische Zusammenhänge

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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103Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Doping und die Sinnstrukturen des Sports

Michael Segets

Modul 3a

Transparant bei der Tour de France 2006Foto ©: Wladyslaw Sojka (cc-by-sa-2.5), unter: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tour_de_Doping.jpg?uselang=de [26.08.2012]

Informationen für Lehrende ....................................................................................................................................................104Literaturhinweise .............................................................................................................................................................................112Didaktische Anmerkungen ...........................................................................................................................................................113

Materialien für Lernende (M) ..................................................................................................................................................115M1 – Doping und die Regelhaftigkeit des Sports (M1.1–M1.3) .....................................................................................115M2 – Doping, Sport und Natürlichkeit (M2.1–M2.4) ..........................................................................................................118M3 – Diskussion der Dopingfreigabe (M3.1–M3.10) .........................................................................................................121

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104 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping ist ein ethisches Kernproblem des modernenSports. Als angewandte Ethik ist die Sportethik dieBereichsethik, die sich auf die Bearbeitung der be-sonderen moralischen Problemstellungen desSports spezialisiert hat. Seit den 1980er Jahren ent-wickelt sich eine beachtliche Anzahl von unter-schiedlichen Positionen, von denen sich fast jedeauch zum Doping geäußert hat (vgl. Court, 1994;Meinberg, 2006). Die überwiegende Anzahl dersportethischen Positionen sieht in den spezifischenFunktionsbedingungen und den Sinnstrukturen desSports eine kontextbezogene Moral begründet, dienicht mit der Moral anderer gesellschaftlicher Berei-che identisch ist. Auf diese Sinnstrukturen reflek-tiert die Sportethik als ihrem ureigenen Gegen-standsbereich, sodass ihr eine relative Autonomie(vgl. Meinberg, 1991, 22) zugesprochen werdenkann.

Asmuth betont, dass Doping in dem komplexenVerhältnis von Sport und Gesellschaft gesehen wer-den muss (vgl. Asmuth, 2010, 94). Der Sport bildetein Subsystem der Gesellschaft, das aufgrund seinerbesonderen Regelhaftigkeit nicht deren reines„Spiegelbild“ ist (vgl. ebd., 94 f.). Allerdings hält As-muth auch die These von der Eigenweltlichkeit oderder Sonderweltlichkeit des Sports für diffus und irre-führend (vgl. ebd., 96-100). Mit der Sonderweltlich-keitsvorstellung ist die These verbunden, dass derSport seine eigenen Sinnstrukturen entwerfen kann,da er seinen als sinnvoll erlebten Zweck in sichselbst trägt. Der Sport wird als Spiel aufgefasst, dasvon seiner Sinnkonstitution und seinen Funktions-bedingungen aus betrachtet, keine Auswirkungen inder wirklichen Lebenswelt hat. Die Tendenzen immodernen Sport zur Professionalisierung, Kommerzi-alisierung, Politisierung und Medialisierung zeigenjedoch, dass eine ausschließlich funktional argu-mentierende Sportethik eine „reduzierte Perspekti-ve“ (ebd., 98) anlegt. Franke weist allerdings auf dieUnterscheidung von „Konstitutions-Bedeutung (A)und Verwertungs-Bedeutung (B) sportlicher Hand-lungen“ (Franke, 2010, 84) hin, die zu beachten ist.Die Einhaltung der konstitutiven Sinnhaftigkeit istgemäß Franke Voraussetzung für die Verwertungs-möglichkeiten der sportlichen Handlung (vgl. ebd.).

Der Schwerpunkt dieses Beitrags liegt auf der Be-handlung der Dopingproblematik im Hinblick aufdie konstitutiven Bedingungen des Sports. Der Sport

wird als eine „fiktive Spielwelt in der wirklichen Le-benswelt“ (Apel, 1992, 230) aufgefasst, dem eigeneSinnstrukturen zugrunde liegen. Zwar ist eine Argu-mentation ergänzungsbedürftig, die ausschließlichauf die Sinnstrukturen des Sports rekurriert, sie bil-det aber einen zentralen Ansatzpunkt für die philo-sophische Auseinandersetzung mit Doping, die denkomplexen Problemstellungen, die sich aus der Ver-wertungsebene des Sports ergeben, vorausgeht. ImFolgenden werden die Antworten der Sportethik aufdie Dopingproblematik in erster Linie also sport-funktional mit Blick auf seine Strukturen und dieSinnhaftigkeit sportlichen Handelns thematisiert, umdarzulegen, warum Doping den Kern des Sports be-droht. Da die Komplexität des Dopings jedoch mora-lische Fragen aufwirft, die den Sport transzendieren,werden ergänzend auch die Grenzen einer sportim-manenten Partikularethik in der Dopingdebatte auf-gezeigt. Dies geschieht ansatzweise über eine Dis-kussion der Gründe, die die Befürworter einer Do-pingfreigabe anführen.

Der Sport und seine Funktionsbedingungen

Zur Regelhaftigkeit des Sports

Ausgangspunkt funktionaler Analysen ist eine Be-stimmung des Sports, die ihn von anderen Lebens-bereichen unterscheidet. Sport ist eine freiwilligeBetätigung, die ihren Sinn und Zweck zunächst indem Vollzug der Tätigkeit selbst hat und durch sichselbst begründet ist. Dies hat der Sport mit demSpiel gemeinsam. „Willkürlich Nichtnotwendiges tunzu können, ist Ausdruck von Freiheit“ (Volkamer,2003, 178). Der Sport als Wettkampfspiel wird erstdurch seine Regeln zum Sport, d.h. die Regeln ha-ben eine konstitutive Funktion für ihn. Suits weistauf die Untrennbarkeit von Zielen und Regeln hin.„Es ist unmöglich, das Spiel zu gewinnen und zu-gleich eine seiner Regeln zu brechen. Mir eröffnensich nicht die Alternativen, ein Spiel ehrlich oderdurch Betrug zu gewinnen, weil ich bei letzteremüberhaupt kein Spiel spielte und somit a fortioriauch nicht gewinnen könnte.“ (Suits, 2004, 32) Ausden Konstitutionsbedingungen des Sports ergibtsich somit eine funktionale, spielimmanente Moral,die in der Pflicht besteht, als Sportler entsprechendder Spielregeln und der Spielidee zu handeln. Diefunktionale Moral des Sports entspringt der Freiheit

Doping und die Sinnstrukturen des SportsInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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105Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

und der Autonomie des Subjekts, das auf der Basisdes Situationsbezugs sowie seines Selbstverständ-nisses als Spieler am Sport teilnimmt. Gerade auchin der Konkurrenzsituation des Wettkampfsports,besonders des Leistungs- und Profisports, die Rolleals Spieler und Sportler aufrechtzuerhalten und dieRegeln einzuhalten ist eine moralische Leistung, dieerbracht werden muss, damit der Sport als solcherüberhaupt stattfindet. Das Verbot von Doping kannals eine Regel, die zum Spiel gehört, aufgefasst wer-den (vgl. de Wachter, 2004), wird es missachtet,führt dies dazu, dass der Spielcharakter des Sportsverloren geht. Anders als ein spontanes Foul, das imEifer des Spiels geschieht, entscheidet sich der do-pende Athlet bereits im Vorfeld des Spiels, dessenFunktionsbedingungen zu unterlaufen. Ein bewus-ster Einsatz von Doping ist eine bewusste Entschei-dung gegen das Spiel und gegen den Sport. „Es gibtnur Sport oder Doping.“ (Güldenpfennig, 2004, 311)

Unter rein sportimmanenten Gesichtspunkten istDoping nicht zu begründen, es wird erst „als rationa-le Handlungsoption verständlich, wenn die gesell-schaftliche Dimension des Sports berücksichtigtwird“ (Asmuth, 2010, 98). Wenn mit dem Sport wei-tere Zwecke, wie der Erwerb von Geld, Anerkennungoder Ruhm verbunden werden, gibt es Gründe fürRegelverletzungen und Doping. Aus spielfunktiona-ler Sicht bleibt die Verfolgung spielüberschreitenderZwecke jedoch zunächst moralisch indifferent.

„Erst wenn die stets mit hineinspielenden exter-nen Motive überhandnehmen und die genuine Lustam Spiel verdrängen, kommt es zu einem Wider-spruch, aber nicht zum Spiel als solchem. Es ist derSpieler, der sich in einem Widerspruch zu sich selbstverfängt: Wem der externe Zweck so wichtig ist,dass er das dazu eingesetzte Mittel (in diesem Fallalso das zweckfreies Spiel) in seiner Eigenart garnicht mehr respektiert, der gerät in einen Gegensatzzu sich selbst.“ (Gerhardt, 1991, 134)

Dies ist beim Doping der Fall. Nicht nur im Hin-blick auf externe Zwecke wie die Verwertung des Er-folges weist die sportliche Tätigkeit über den Sporthinaus, auch die möglicherweise gesundheitsbeein-trächtigen Folgen des Dopings überschreiten dieGrenzen des Spiels. Ein Spiel, das Auswirkungen indas „wirkliche“ Leben hat, hört auf, „reines“ Spiel zusein. In diesen Grenzbereichen treten den Sporttranszendierende moralische Ansprüche auf, die

über die spielimmanenten hinausgehen. Dort, wodie Spielimmanenz überschritten wird, greifen allge-meine moralische Prinzipien, d.h. der Sport und sei-ne Regeln sind zwar weitgehend, aber nicht voll-ständig von allgemeinen moralischen Anforderun-gen befreit. Die sportlichen Regeln stehen daherunter einem „moralischen Vorbehalt“ (Apel, 1992,230). Der dopende Athlet zerstört nicht nur dasSpiel, er gefährdet auch seine Gesundheit und – wieCaysa zeigt (vgl. Caysa, 2003, 285) – die Gesundheitanderer. Zudem betrügt er andere Athleten, die auf-grund ihrer sportlichen Leistungen ein Anrecht aufdie Verwertung des Erfolges hätten. Franke weistdarauf hin, dass mit der Teilnahme an einem sport-lichen Wettkampf ein Vertrag geschlossen wird, derdurch Doping verletzt wird (vgl. Franke, 2010, 85-88). Er zieht eine Verbindung zwischen der Sport-ethik und einer allgemeinen Vertragsethik, die fürdie Dopingdiskussion insbesondere dadurch Bedeu-tung erlangt, dass ein Vertragsbruch durchaus recht-liche Konsequenzen haben kann (vgl. ebd., 91-93).

Der Sport hat mit der Fairness einen Begriff ge-prägt, der vor rechtlichen Überlegungen als morali-sches Regulativ gegen Doping ins Feld geführt wird.Der Fairnessbegriff wird allerdings im Sprachge-brauch nicht trennscharf verwendet. Es finden sichidealisierte Vorstellungen eines fairen Sportlers, dergroßmütig auf Vorteile verzichtet und auf schwäche-re Gegner Rücksicht nimmt. Diese wertethisch be-gründeten Ideale stellen hohe Anforderungen anden Sportler und fordern eine moralische Vorbild-lichkeit, die kaum einzulösen ist. Sportfunktional ar-gumentierende Ethiken binden die Fairness an diespezielle Situation des Sports an und versuchen, denSport und die Sportler vor moralischen Überforde-rungen zu schützen, die von außen an ihn herange-tragen werden. Heringer bestimmt die Fairness alseine moralische Haltung des Sportlers als Sportler,die sich aus dem Willen zum Sieg ergibt und nichtauf Altruismus basiert. Siegen ist nur durch Spielenmöglich, d.h. die kompetitive Zielsetzung ist nurdurch faire Kooperation erreichbar (vgl. Heringer,1993, 58). Als grundlegendes Moment für Fairnessführt Heringer das gemeinsame Wissen der Spielerüber das Spiel, über seine Regeln und über dengegenseitigen Siegeswillen an (vgl. ebd., 59). Einheimlich dopender Sportler verstößt gegen das ge-meinsame Wissen und handelt daher unfair.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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106 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Solange eine bestimmte Substanz oder eine be-stimmte Methode verboten sind, verstößt ein Sport-ler, der diese einsetzt, gegen die funktionale Moraldes Sports, also gegen das Fairnessgebot. Die spiel-immanente Argumentation Heringers gegen dasDoping, die an die Regeln beziehungsweise an dasgemeinsame Wissen der Spieler über das Spiel ge-bunden ist, begründet allerdings kein absolutes Do-pingverbot. Erstens sind leistungssteigernde Sub-stanzen und Methoden gemäß Heringer nicht unfair,solange sie nicht auf der Verbotsliste stehen. Zwei-tens wandeln sich Spiele als kulturelle Phänomeneund sind veränderbar. Wenn Doping freigegebenwird und damit keinen Verstoß mehr gegen die Re-geln des Spiels vorliegt, stehen ihm keine spielim-manenten Gründe mehr entgegen. Durch eine Do-pingfreigabe verändert sich allerdings der „Witz desSpiels“, sodass man sich eventuell zwar entscheidet,an dem Spiel nicht teilzunehmen, die Fairness, aufdas gemeinsame Wissen um das Spiel beschränkt,kann aber nicht mehr als Kategorie herangezogenwerden, um diese Spiele moralisch zu disqualifizie-ren. Dahinter steht die Auffassung, dass Spiele nichtunfair sein können, solange sie von allen Teilneh-mern entsprechend ihrem Regelwerk gespielt wer-den wollen. Heringer berücksichtigt in seiner Argu-mentation jedoch nicht, dass der Sport ein Spiel ist,das besondere Sinnstrukturen aufweist, durch die ersich von anderen Spielen wie z. B. reinen Glücksspie-len unterscheidet. Franke führt neben der Regelein-haltung drei weitere Aspekte an, die im Wettkampf-sport Anerkennung finden müssen: „die Sieg-Nieder-lage-Perspektive (1), die Leistungs-Erfolgs-Dialektik(2) und die Natürlichkeit als Echtheitszertifikat (3)“(Franke, 2010, 88).

Der humane Sport

An dieser Stelle soll dem Aspekt der Natürlichkeit imSport als zwar problematischer, aber unverzichtba-rer Bezugspunkt gegen Doping weiter verfolgt wer-den, da die Unterscheidung zwischen natürlicherund künstlicher Leistungssteigerung zur Abgren-zung des Dopings gegenüber anderen Maßnahmender Leistungsverbesserung dient.

„Weil es der interne Sinn des humanen Sports ist,dass sich in ihm Athleten mit ihren verschiedenennatürlichen individuellen Anlagen messen, verstößtDoping […] gegen ihn, weil die Einnahme uner-

laubter Substanzen die natürliche Individualität alsVoraussetzung seiner gelingenden Momente zer-stört.“ (Court & Hollmann, 1998, 101 f.)

Wenn auch aus rein spielregelimmanenter Per-spektive eine Dopingfreigabe in den Bereich desMöglichen rücken würde, widerspräche diese dochdem sportimmanenten Sinn des Vergleichs natür-licher individueller Leistungen von Menschen. DerSport ist ein kulturelles Phänomen, das von Men-schen gestaltet wird. Der Sport muss, will er demAnspruch genügen, ein humaner Sport zu sein, dieBedingungen schaffen, dass die Teilnehmer sichauch freiwillig dazu entscheiden können, ob sie ihrenatürlichen Kräfte vergleichen wollen.

„Weil Sport als Messen natürlicher individuellerKräfte eine genuin humane Praxis ist, sind die Bedin-gungen moralisch, die das freiwillige Ausüben undSichern dieser Idee ermöglichen. Aus dem Sinn undSelbstverständnis des Sports ergibt sich, dass ichmich in ihm als jemand begreife, der sich freiwilligdazu entschlossen hat, ihn unter jenen Sinnbedin-gungen zu verwirklichen.“ (ebd., 102)

Der Sport als kulturell geprägte soziale Praktikhat Sinnkonnotationen, die vom Sportler geteiltwerden müssen, damit Sport stattfinden kann. DerSportler gewinnt aus der Teilnahme am Wettkampf-spiel mit seinen konstitutiven Regeln sein Selbstver-ständnis als Spieler (vgl. Gerhardt, 1991, 136). DiesesSelbstverständnis, gebunden an die besonderen Be-dingungen des Spiels, bildet die Grundlage für faireund moralische Entscheidungen in Problemsituatio-nen (vgl. ebd.). Daraus ergibt sich die unbedingteForderung an den Spieler, entsprechend der Regelnzu spielen und diese konsequent einzuhalten, will ersich nicht in einen Selbstwiderspruch verwickeln. Esgeht jedoch „nicht allein um die Befolgung einzelnerRegeln, sondern um den Einsatz für den Sport über-haupt“ (ebd., 140). Es ist allerdings erforderlich, einangemessenes Verständnis dessen zu entwickeln,was für ein Spiel der Sport ist, um neben der Regel-verletzung weitere sportimmanente Gründe gegendas Doping und seine Freigabe aufzuzeigen.

Da der Sport nicht lebensnotwendig ist, steht esdem Menschen frei, ihn durch Setzungen zu bestim-men. Er ist damit prinzipiell veränderbar und dieSportphilosophie setzt sich nicht nur mit der Frageauseinander, wie er ist, sondern auch, wie er seinsoll. Die Vorstellung eines „humanen“ Sports ist die

Doping und die Sinnstrukturen des SportsInformationen für Lehrende

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normative Leitidee, an der sich die Sportpraxisorientieren soll und die eine Dopingfreigabe verbie-tet. Zum Gehalt der Vorstellung eines humanenSports gehört, dass er die Möglichkeit eröffnet, dienatürlichen Kräfte zu messen. Doping stellt einenkünstlichen Eingriff in die Leistungsfähigkeit dar undwiderspricht daher dem Sinn des Sports. Ein dopen-der Athlet betreibt keinen Sport, nicht nur, weil erkonstitutive Regeln verletzt, sondern auch weil ergegen die „Natürlichkeitsidee“ (Pawlenka, 2010, 53)des humanen Sports verstößt. Grundlage des huma-nen Sports ist der faire Leistungsvergleich von Indi-viduen, die verschiedene Voraussetzungen mitbrin-gen.

Transformation Illustration: © Andrea Segets

Da zum sportimmanenten Sinn des humanenSports die Vorstellung eines Vergleichs natürlicherLeistungen gehört, muss geklärt werden, was als na-türlich angesehen wird und wann die Grenze zurkünstlichen Leistungssteigerung erreicht ist. In derDopingproblematik steht also das dem humanenSport zugrundeliegende Bild vom Menschen undseiner Natürlichkeit zur Diskussion. Die Bestimmungder Grenze, ab wann leistungssteigernde Maßnah-men künstlich und damit als Doping zu bezeichnensind, ist ein grundlegendes Problem. Während Ha -stedt in Anbetracht der medizinischen und biotech-nologischen Einflussnahmen auf den Athleten diebegriffliche Unterscheidung zwischen Natürlichkeitund Künstlichkeit als unzureichend kennzeichnet(vgl. Hastedt, 2004, 272 f.), sieht Pawlenka die Not-wendigkeit, an der Unterscheidung festzuhalten(vgl. Pawlenka, 2010, 56).

Die willkürliche Setzung eines Handlungsziels istauch mit willkürlichen Setzungen der Art und Weiseverbunden, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Die Fest-setzung des Ziels und der Einschränkungen derHandlungsmöglichkeiten erzeugen zusammen erst

den Sinn, die Spannung und den „Witz“ des Sports.Ohne die Einschränkung der Handlungsmöglichkei-ten durch Regeln wird die Zielerreichung sinnlos.Das Ziel und der Prozess der Zielerreichung sind imSport nicht trennbar. Pawlenka zeigt, dass mit derkünstlich erschaffenen Spielwelt des Sports eineIdee der Natürlichkeit des Menschen verknüpft ist(vgl. ebd.). Die Grenzziehung zwischen natürlichenund künstlichen Maßnahmen zur Leistungssteige-rung basiert auf einer Wertung und Festlegung des-sen, was das „natürliche Maß“ (Pawlenka, 2004, 295)ist. Die selbstgewählte Unterwerfung unter die Teil-nahmebedingungen des Sports impliziert, dass derSinn sportlichen Leistungsvergleichs, der darin liegt,die Aufgaben auf natürliche Weise und mit eigenenKräften zu lösen, anerkannt wird. Sport ist mit dem„Prinzip der Selbstbewegung“ (Gebauer, 2003, 104)und dem Aspekt der „Eigenleistung“ (vgl. Lenk,1983) konstitutiv verbunden. „Der Sport braucht zurBewahrung seiner Identität die Kultur der Natürlich-keit. Der Sport ist ein natürliches Kunstprodukt.“(Pawlenka, 2010, 56) Pawlenka versucht den Begriffder Natürlichkeit für die Dopingdiskussion näher zufassen, indem sie die These vertritt, dass sich die Na-türlichkeitsforderung, die an den Sportler gestelltwerden, nur auf den Teil der menschlichen Natur be-zieht, der leistungsrelevant für die ausgeübte Sport-art ist (vgl. Pawlenka, 2004, 295 f.).

In der Abgrenzung, was als natürliche und wasals künstliche Leistungssteigerung gilt, treten den-noch grundlegende Schwierigkeiten aufgrund dermodernen medizinischen und (bio-)technologischenMöglichkeiten auf. Da der Sport aber seine eigeneWelt durch die Regeln konstituiert, hat er auch dieDefinitionsmacht, festzulegen, was als natürlicheLeistungssteigerung zulässig und was als Doping,d.h. als künstliche Leistungssteigerung, verboten ist.Er hat es damit leichter als andere gesellschaftlicheBereiche. Es ist aber erforderlich, dass im Sport, dersich an dem Leitbild des humanen Sports orientiert,die Grenze zwischen natürlich menschlich undkünstlich beständig reflektiert werden muss. Wennbestimmte Substanzen und Methoden verbotensind, gehören diese Listen zu den Sportregeln. DieRegeleinhaltung, auch im Hinblick auf die Dopinglis-ten, ist eine Funktionsbedingung für gelingendenSport. Die freiwillige Unterwerfung unter Regelnund die Begrenzung eigener Handlungsalternativen

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aus eigener Einsicht ist Autonomie und Selbstbe-stimmung, die die Grundlage des Ideals des „mündi-gen Athleten“ (Lenk, 1983, 76) bilden.

Die sportimmanente Sinnbedingung, die konsti-tutive Bedeutung der Regelhaftigkeit für den Sportsowie die Idee des natürlichen Kräftevergleichs ste-cken den argumentativen Rahmen ab, in dem sport-funktionale Gründe gegen Doping und dessen Frei-gabe sprechen. Mit der freiwilligen Teilnahme amSport geht der Sportler eine moralische Verpflich-tung ein, sich an den Sinnbedingungen des Sportszu orientieren und durch seine Handlungen denSport als Sport zu sichern, d.h. auch, auf Doping zuverzichten.

Nachdem nun die Grundzüge einer funktional-sportimmanenten Ethik skizziert wurden, erfolgt ei-ne Auseinandersetzung mit Gründen für die Doping-freigabe, um zu prüfen, inwieweit die bisherige Ar-gumentation diese entkräften kann.

Diskussion der DopingfreigabeHaug sammelt Argumente, die von den Befürwor-tern der Dopingfreigabe formuliert werden (vgl.Haug, 2006, 108-111). Ein erstes Argument beziehtsich auf die Chancengleichheit, die durch die Frei-gabe eher erreicht werden könne. Zum einen könn-ten natürliche Ungleichheiten ausgeglichen werden,zum anderen wären alle Athleten in der Lage, an dieDopingmittel zu gelangen. Ein zweites Argumentlautet, dass die Freigabe Gesundheitsrisiken reduzie-ren würde, da der Einsatz von Dopingmitteln und -methoden unter medizinischer Kontrolle erfolgenkönne. Ebenso müsse nicht mehr auf unerprobteMittel zurückgegriffen werden, da wirksame Sub-stanzen frei zugänglich wären. Mit dem gesundheit-lichen Aspekt ist auch das dritte Argument verbun-den. Dies bezieht sich auf die Freiheit und Selbstbe-stimmung des Athleten. Der Mensch habe auchaußerhalb des Sports das Recht, Gesundheitsrisikeneinzugehen und selbst zu bestimmen, welche Risi-ken er eingehen will. Der Blick auf andere Gesell-schaftsbereiche steht bei dem vierten Argument imFokus. In anderen Gesellschaftsbereichen werdenleistungssteigernde Mittel eingesetzt, ohne dassdies sanktioniert würde. Warum solle also im Sportein anderer Maßstab angelegt werden? Als fünftesArgument führt Haug die Aussichtslosigkeit an, dassDopingkontrollen Doping effektiv verhindern könn-

ten. Die Kosten und der Aufwand der Dopingkon-trollen stünden in einem ungünstigen Verhältnis zuden Resultaten.

Chancengleichheit

Dem Argument, dass die Dopingfreigabe die Chan-cengleichheit fördere, kann entgegnet werden, dassChancengleichheit im Sport sich nur auf die Regelnbezieht, die diese gewährleisten (vgl. Heringer, 1990,159). Eine vollständige Gleichheit der Ausgangsbe-dingungen und der Leistungsfähigkeit würde dieSpannung beim Sport verhindern, denn „die ultima-tive Faszination ist die Dramatik, wenn die Leis-tungslogik zusammenbricht. Was fasziniert ist, dassder Beste verlieren kann.“ (De Wachter, 2004, 267)Die Chancengleichheit, die die Regeln herstellen,bringt den Zufall im Sport als spannungserzeugen-des Element zur Geltung (vgl. Gerhardt, 1993, 14 f.),aber der Zufall als alleiniges Element der Entschei-dung, das er bei einer vollständigen Gleichheit allerAusgangsbedingungen wäre, würde den Witz desSports zerstören (vgl. Heringer, 1990, 159). Gülden-pfennig weist darauf hin, dass Ungleichheit nichtnur bei den Voraussetzungen des Sports akzeptiertwird, sondern Sport auch auf die „Feststellung vonUngleichheit“ (Güldenpfennig, 2004, 313) zielt.Gleichheitsforderungen, die über die Regeln hinausgeneralisiert werden, widersprechen dem Sinn dessportlichen Leistungsvergleichs, denn Sport erhälterst durch die Ungleichheit der (natürlichen) Voraus-setzungen und durch die Nutzung der verschiede-nen Anlagen und Fähigkeiten seinen Sinn.

Bei dem zweiten Aspekt der Dopingfreigabe alsFörderung der Chancengleichheit, der sich auf diegleichen Zugangsbedingungen zu Dopingmittelnbezieht, bleibt zu fragen, ob tatsächlich Gleichheithergestellt würde. Hier sollen nur erste Hinweise aufdie Fragwürdigkeit der Argumentation gegebenwerden: Auch wenn alle dopen würden, könntenmanche Athleten besser auf die Dopingsubstanzenund -methoden ansprechen als andere. Fraglich istauch, ob die Leistungsunterschiede zwischen ei-nem dopenden Athleten, der aufgrund seiner natür-lichen Anlagen Vorteile hat, und dem dopendenAthleten, der ungünstigere Ausgangsbedingungenhat, geringer werden. Weiterhin ermöglicht dieunterschiedliche Finanzkraft von Athleten es even-tuell dem einen, die optimalen Substanzen und Me-

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thoden anzuwenden und dem anderen nicht (vgl.Haug, 2006, 113 f.). Völlige Chancengleichheit ist,abgesehen davon, dass sie den sportlichen Leis-tungsvergleich unsinnig macht, nicht realistisch. Sieist auch durch eine Dopingfreigabe nicht herstellbar.Die Diskussion dieses zweiten Aspekts der Chancen-gleichheitsvorstellung der Dopingbefürworter zeigtallerdings, dass sportexterne Gleichheitsvorstellun-gen angeführt werden, die die Sinnstrukturen desSports nicht angemessen berücksichtigen. Aller-dings bedarf die Argumentation einer sportimma-nenten Ethik einer Ergänzung durch weitergehendeethische Überlegungen, an dem Punkt, an dem dasMenschliche als Bezugspunkt des humanen Sportsin Frage gestellt wird. Dies geschieht durch die garnicht mehr so utopisch erscheinenden Möglichkei-ten des Gendopings (vgl. Güldenpfennig, 2004). DieProbleme des Gendopings erfordern eine allgemein-ethische Positionierung, die hinsichtlich der Zuläs-sigkeit von technologischen Veränderung des Men-schen erfolgen muss (vgl. Bayertz, 1987; Roellecke,2003).

Gesundheitsgefährdung

Ein zweites Argument der Befürworter der Doping-freigabe bezieht sich auf die Reduktion der Gesund-heitsgefährdungen für die Athleten. Der wettkampf-orientierte Leistungssport ist in der Regel nicht ge-sund und er wird nicht unter der Sinnrichtung derGesundheitsförderung betrieben. Allerdings ist derSport auf eine prinzipielle Wiederholbarkeit hinorientiert (vgl. Huizinga, 1991, 18). Die Erhaltung derGesundheit der Sportler kann dadurch als Sicherungder Funktionsbedingungen des Sports angesehenwerden. Durch seine Regeln, beispielsweise die Vor-schriften zum Tragen von bestimmter Schutzklei-dung, versucht der Sport die Gesundheitsgefähr-dungen zu verringern und die Athleten vor über dasSpiel hinausreichenden Folgen zu bewahren. Erschützt damit nicht nur die Sportler als Personen,sondern auch die Sportler als Rollenträger, die zuseinen Funktionsbedingungen zu zählen sind.

Ob nun, wie beim Boxen, sportliche Situationenaufgesucht werden, deren „Witz“ mit hohen Ge-sundheitsrisiken verbunden ist, liegt in der Entschei-dungsgewalt der Individuen. Heringer merkt dazuan, dass eine Entscheidung zur Teilnahme an einemSpiel, die Kenntnis über die möglichen Folgen vor-

aussetzt (vgl. Heringer, 1993, 62). Gerade beim Do-ping sind die Nebenwirkungen und die Spätfolgennur schwer zu überblicken und abzuschätzen. Ver-letzungen und Gesundheitsbeeinträchtigungentranszendieren den Sport. Sie sind daher nicht alleindurch eine sportimmanente, funktionale Moral beur-teilbar. Das Problem der Gesundheitsgefährdungenverweist auf grundlegende Fragen des Umgangs mitdem Körper und erfordert Überlegungen zu einerumfassenden „somatischen Ethik“ (Meinberg, 1991,27) oder einer „Ethik leiblicher Existenz“ (Böhme,2008).

Gegen das gesundheitsorientierte Argument derBefürworter ist auf einer pragmatischen Ebene anzu-führen, dass es fraglich ist, ob eine Dopingfreigabezu einem größeren Gesundheitsschutz der Athletenführt. Auch bei einer Freigabe wäre die Versuchunggegeben, auf neue und eventuell noch nicht völligausgetestete Mittel zurückzugreifen, um sich einenVorteil gegenüber den Athleten zu verschaffen, dieauf die herkömmlichen Substanzen und Methodenvertrauen. Haug befürchtet zudem, dass der Einsatzvon Doping noch gesteigert würde, mit dem weitereGesundheitsrisiken einhergehen würden (vgl. Haug,2006, 115).

In Verbindung mit der Chancengleichheit zeigtCaysa, dass ein Athlet bei der Freigabe des Dopingsgezwungen wird zu dopen, wenn er Chancen aufden Sieg haben will (vgl. Caysa, 2003, 285). Eine Do-pingfreigabe zwingt den Sportler zum Doping unddamit potentiell zur Gefährdung seiner Gesundheit.Ein dopender Athlet gefährdet daher nicht nur seineeigene Gesundheit, wozu ihm eventuell noch einRecht eingeräumt werden könnte, sondern ebenfallsdie Gesundheit der anderen Sportler. Caysa schließtan diese Überlegungen die Frage an, wie weit dieFreiheit des Individuums auf die Gefährdung und In-strumentalisierung des eigenen Körpers geht (vgl.ebd.). Der Mensch steht in der Gefahr, den Körper,der die Grundlage der menschlichen Freiheit bildet,selbst zu zerstören. Um dies zu vermeiden, schlägtCaysa vor, dem Körper einen Eigenwert und eigeneRechte zuzuschreiben, die es zu respektieren gilt(vgl. ebd., 292 f.). Siep schlägt vor, den Begriff derFairness auch auf sich selbst zu beziehen, d.h. eineAchtsamkeit gegenüber der Natürlichkeit des eige-nen Körpers zu fordern, die auch Gesundheitsaspek-te umfasst (vgl. Siep, 1993, 98 f.).

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Selbstverantwortung und Selbstbestimmung

der Sportler

Der Verweis auf die Selbstverantwortung undSelbstbestimmung des Athleten, die auch das Rechtzu dopen einschlössen, bildet das dritte Argument,das die Befürworter der Dopingfreigabe anführen.Grundlage der Selbstbestimmung ist Freiheit. WieCaysa zeigt, gefährdet die Freiheit zur Gesundheits-gefährdung durch Doping die körperlichen Grundla-gen der Freiheit und schafft einen Zwang zur Do-pingverwendung (vgl. Caysa, 2003, 285). Das Argu-ment der Selbstverantwortung ist also eng mit demArgument der Minimierung von Gesundheitsrisikenverwandt. Beide Argumente der Dopingbefürworterverkennen jedoch die Abhängigkeiten und Ein-schränkungen der Freiheit und Selbstbestimmung,die mit dem Doping einhergehen. Meinberg legtdar, dass Doping das mangelnde Selbstvertrauendes Athleten in seine natürlichen Kräfte offenbart,indem er auf die künstliche Leistungssteigerung ver-traut (vgl. Meinberg, 2006, 183). Die Hoffnung, durchDoping einen „Freiheitsgewinn“ (ebd., 186) zu erzie-len, indem die Beschränkungen durch die Regelnund die Grenzen der eigenen natürlichen Leis-tungsfähigkeit nicht anerkannt werden, führt zu ei-nem Freiheitsverlust, da sich der Athlet in andereAbhängigkeiten begibt. Er gerät in eine Abhängig-keit von künstlichen, „technischen Präparaten“ (ebd.,187) und von denen, die ihn mit diesen versorgen.Meinberg bezeichnet die Situation der dopendenAthleten als „Selbstbestimmungsparadoxon“ (ebd.),da diese unter Berufung auf ihre Selbstbestimmungverkennen, dass sie sich in Abhängigkeiten verfan-gen, die sie letztlich fremdbestimmen.

Ränsch-Trill weist auf die Systembedingungendes heutigen Sports hin, denen der Sportler unter-worfen ist (vgl. Ränsch-Trill, 2004, 254). Eine indivi-dualethische Betrachtungsweise, die die Selbstbe-stimmung und Selbstverantwortung der Sportler insZentrum ihrer Entwürfe stellt, würden die determi-nierenden Systemfaktoren nicht beachten, denendie in diesem System handelnden Subjekte ausge-setzt sind (vgl. ebd.). Auch Bette und Schimank se-hen im Sportsystem das Auftreten von sozialenZwängen, die aufgrund verschiedener Interesslagenentstehen, die die unterschiedlichen Akteure in die-sem System verfolgen und die Doping strukturellbegünstigen (vgl. Bette & Schimank, 2008, 25). Aller-

dings ist nach ihrer Ansicht der Sportler nicht voll-ständig durch die Bedingungen des Systems deter-miniert. Anders als Ränsch-Trill sprechen sie demSportler trotz der sozialen Verflechtungen Wahlfrei-heit und Selbstbestimmungsmöglichkeiten zu (vgl.Bette & Schimank, 1995, 17). Franke zeigt anhandder Dopingdiskussion, dass individualethische Kon-zeptionen durch eine „Institutionenethik“ (Franke,1988, 60) ergänzt werden müssen. Der Begriff derVerantwortung gewinnt in einer Institutionenethikan Bedeutung. Die Diskussion um Freiheit und Ver-antwortung in gesellschaftlichen Systemen weistüber den sportfunktionalen Ansatz der Sportethikhinaus. Mit der Verwobenheit des Sportlers in sozia-le Bedingungsgefüge stellt sich die Frage nach derMoralität des Systems. Die Orientierung der in demSportsystem Handelnden an dem Leitwert des hu-manen Sports und die „Transparenz der Verantwor-tung“ (ebd.) sind wichtige Bedingungen dafür, dassder Sport als ethisch legitimer und eventuell als kul-turell wertvoller Bestandteil der Gesellschaft beste-hen kann (vgl. Grupe, 1993).

Sport und Gesellschaft

Die Befürworter der Dopingfreigabe führen als viertesArgument die Ungleichbehandlung des Medikamen-tengebrauchs im Sport und in anderen gesellschaft-lichen Bereichen an. Da der Sport seinen eigenenSinn setzt, der den Einsatz von leistungssteigerndemDoping verbietet, widerspricht dessen Einsatz demSinn von Sport und zerstört ihn. Doping hat daher fürden Sport ein anderes Gefährdungspotential als derEinsatz von leistungssteigernden Mitteln in anderengesellschaftlichen Bereichen, deren Konstitutionsbe-dingung von diesen nicht im Kern betroffen ist (vgl.Güldenpfennig, 2004, 311). Der Sport unterscheidetsich von anderen gesellschaftlichen Bereichen undkünstliche Leistungssteigerung hat im Sport einenanderen Stellenwert, da sie dessen immanenter Sinn-struktur widerspricht. Eine ungleiche Behandlung undSanktionierung der künstlichen Leistungssteigerungist daher gerechtfertigt.

Dopingkontrollen

Da Doping auch durch teure Kontrollsysteme nichtgänzlich verhindert werden kann – so das fünfte Ar-gument der Befürworter der Dopingfreigabe – wärees pragmatisch, Doping freizugeben und damit auf

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die Kontrollinstanzen zu verzichten. Das angeführteArgument der Befürworter der Dopingfreigabe istnicht ethisch fundiert. Etwas als richtig Erkanntesnicht zu tun, weil die Erfolgsaussichten gering sind,dass das Gute sich durchsetzt, ist ethisch kaum legi-timierbar. Die Forschungseinrichtungen gegen Do-ping leisten ihren Beitrag innerhalb des Sportsys-tems, den Sport als Sport zu sichern. Auch wenn siealleine Doping nicht gänzlich verhindern können, soschränken sie doch den Einsatz von Doping ein. Siehaben damit eine Aufgabe, die über die Alibifunk-tion hinausgeht, zum „guten Gewissen“ (Ränsch-Trill,2004, 256) beizutragen. Die Argumentation der Be-fürworter der Dopingfreigabe berührt die Letztbe-gründung des ethischen Handelns und damit dieFrage, warum man überhaupt moralisch handelnsoll.

Doping als Herausforderung der SportethikDie Diskussion der Argumente für die Dopingfreiga-be zeigt, dass deren Befürworter Vorstellungen vonGleichheit und Chancengleichheit an den Sport her-antragen, die nicht mit seinen Sinnstrukturen über-einstimmen. Zudem nehmen sie unzutreffendeGleichsetzungen zwischen dem Sport und anderengesellschaftlichen Bereichen vor. Ebenso wird er-sichtlich, dass den Argumenten ein zu kurz greifen-des Verständnis von Freiheit und Selbstbestimmungzugrunde liegt. Die pragmatisch orientierten Argu-mente haben fragwürdige Konsequenzen sowohl imHinblick auf die praktischen Wirkungen als auch aufdie weitergehenden ethischen Probleme, die mit ih-nen verbunden sind.

Dennoch zeigt die Auseinandersetzung mit denArgumenten für die Dopingfreigabe die Ergänzungs-bedürftigkeit funktionaler Sportethiken auf. So istderen individualethischer Ansatzpunkt allein nichtgeeignet, um die komplexen Probleme des Dopingsvollständig zu erfassen. Zur Bekämpfung des Do-pings müssen insitutionenethische oder sozialethi-sche Aspekte herangezogen werden, damit einegrößere Wirksamkeit der Maßnahmen erreicht wer-den kann und der einzelne Athlet vor moralischenÜberforderungen geschützt wird. Spielimmanentverfahrende Ethiken, bei denen der Sportler im Mit-telpunkt steht, liefern zwar schlüssige Argumentegegen Doping, reichen aber in der Praxis nicht aus,um Doping zu verhindern. Sie nehmen die anderen

Beteiligten und deren Interessen zu wenig in denBlick. Eine umfassende Ethik für das Handlungsfelddes Sports muss Ärzte, Trainer, Funktionäre, Me-dienvertreter, Sponsoren und Zuschauer ebenfallseinschließen. Gerade die Dopingproblematik machtdeutlich, dass die Sportethik auf eine Zusammenar-beit mit anderen Bereichsethiken angewiesen ist. Of-fenkundig ist beispielsweise die Beziehung zur me-dizinischen Ethik, aber auch in der Trainerethik (vgl.Meinberg, 2001) mit ihren Verbindungen zur päda-gogischen Ethik findet die Sportethik möglicheBündnispartner gegen das Doping.

Die ethischen Probleme, die das Doping berührt,führen zu grundlegenden anthropologischen, allge-meinethischen sowie zu gesellschaftlichen Frage-stellungen, die die Sportethik und deren sportfunk-tionale Positionen allein nicht beantworten können.So weisen die Fragen nach der Körperlichkeit desMenschen, nach der Grenze der Natürlichkeit, nachden Möglichkeiten und Gefahren, die technologi-sche Eingriffe – vor allem auch gentechnologischeVeränderungen – mit sich bringen, über den Sporthinaus.

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Didaktische Anmerkungen

Thematischer ZusammenhangDem vorliegenden Baustein liegt eine problemorien-tierte Fragestellung zugrunde: Soll Doping im Sportfreigegeben werden? Die Materialien unterbreitenVorschläge für die systematische Auseinanderset-zung mit dem Dopingproblem im Sport aus ethi-scher Sicht. Sie bieten sich für den Einsatz in den hö-heren Jahrgängen der Sekundarstufe I und in dergymnasialen Oberstufe an. Die Materialien themati-sieren drei Themenkomplexe, die einen aufeinanderaufbauenden Argumentationsgang verfolgen. Den-noch können einzelne Materialien oder Themen-komplexe im Rahmen unterrichtlicher Schwer-punktsetzungen herausgegriffen werden. Bei der er-sten thematischen Einheit steht die konstitutiveBedeutung der Regeln für den Sport im Zentrum(M1). Das Spannungsfeld von Natürlichkeit undKünstlichkeit, das für die Diskussion des Dopingsschwierige Abgrenzungsfragen aufwirft, wird imzweiten Teil der Materialien aufgegriffen (M2). Dendritten Themenkomplex bildet die Auseinanderset-zung mit den Argumenten der Befürworter einerDopingfreigabe (M3). Die Materialien und Arbeits-vorschläge sollen dazu dienen, am Beispiel des Do-pings die philosophische und ethische Reflexions-kompetenz zu erweitern. Durch die thematische Be-arbeitung des Dopings können die Wahrnehmungs-und die Deutungskompetenzen in Bezug auf ein ge-sellschaftliches Subsystem weiter entwickelt wer-den. Der Aufbau der Einheit bietet die Möglichkeit,einen eigenen begründeten Standpunkt zu bezie-hen und argumentativ zu vertreten, wodurch die Ar-gumentations- und Urteilskompetenz verbessertwerden können. In den Arbeitsvorschlägen findensich Anregungen für den Einsatz von produktorien-tierten und präsentativen Methoden, durch die Dar-stellungskompetenzen gefördert werden.

Zu den einzelnen MaterialienAufgrund des Medienechos, das Dopingfälle oftmalsnach sich ziehen, kann vorausgesetzt werden, dassdas Problem des Dopings im Sport bekannt ist. ZurHinführung an die Bearbeitung der Dopingproble-matik wird eine Situation dargestellt, in der einSportler vor der Frage steht, ob er dopen soll. An-schließend erfolgt eine Fokussierung auf die Frage,

ob Doping grundsätzlich freigegeben werden sollte.Nach einer spontanen Stellungnahme kann einePhase der intuitiven Problembearbeitung durchge-führt werden, indem Pro- und Contra-Argumentegesammelt werden. Ein alltagssprachliches Vorver-ständnis von Doping als Einsatz verbotener Mittelund Methoden reicht für diese Sammlungsphaseaus. Methodisch kann hier alternativ mit der Erstel-lung von Mind-Maps (Mind-Map, siehe beigefügteCD: Methoden-Kiste 12–13) gearbeitet werden.

Anknüpfungspunkt für das weitere inhaltlicheVorgehen ist das vermutlich genannte Argumentgegen Doping, dass es per definitionem gegen dieSpielregeln verstößt (M1.1). Die moralischen Impli-kationen, die mit der Teilnahme an einem Sportspieleinhergehen, zeigt Heringer in seinen Ausführungenzur Fairness auf (M1.2). Fairness wird dabei an dasgemeinsame Wissen über das Spiel gekoppelt. Einesportliche Moral, die aus dem gemeinsamen Wissenüber die kompetitiven Zielsetzungen hergeleitetwird, greift bei der Dopingproblematik zu kurz, dadiese nicht ausschließt, dass von allen wissentlichDoping eingesetzt wird. Mit einer ausschließlich anden Regeln orientierten spielfunktionalen Moralrückt eine Dopingfreigabe in den Bereich des Mög-lichen. Ebenfalls sportfunktional argumentiert Ger-hardt (M1.3), der neben dem Selbstbegriff desSportlers den angemessenen Situationsbegriff alsGrundlage einer Moral des Sports anführt. Es ist alsonäher zu fassen, was eine sportliche Situation, ihren„Witz“ oder ihren Sinn ausmacht.

Der Sport ist ein Spiel, zu dessen Sinn es gehört,seine natürlichen Fähigkeiten und Kräfte zu messen.Mit ihm ist eine „Natürlichkeitsidee“ (M2.1) verbun-den. Im Zentrum der folgenden Materialien stehtdas Problem der Abgrenzung von Natürlichkeit undKünstlichkeit im Sport. Doping widerspricht der Na-türlichkeitsidee des Sports, wobei Pawlenka nähereBestimmungsmöglichkeiten zur Grenzziehung zwi-schen natürlicher und künstlicher Leistungssteige-rung aufzeigt (M2.2). Hastedt hingegen sieht dieDifferenzierung von Natürlichkeit und Künstlichkeitnicht als geeignete Unterscheidungsmöglichkeit an,um Doping von anderen Methoden der Leistungs-steigerung abzugrenzen (M2.3). Die Sinndefinitiondes Sports über eine Idee der Natürlichkeit steht inAnbetracht der medizinischen und technologischenMöglichkeiten auf dem Prüfstand. Das Fallbeispiel

Doping und die Sinnstrukturen des SportsInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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114 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

des Kurzstreckenläufers Pistorius bietet dazu einenkonkreten Diskussionsanlass (M2.4).

Während bislang die Argumente für das Doping-verbot ausgehend von der Regelhaftigkeit desSports und seiner Natürlichkeitsidee verfolgt wur-den, werden nun die Gründe für die Befürwortungeiner Dopingfreigabe (M3.1) näher untersucht. Überden Einsatz der Round-Robin-Methode kann einÜberblick über die angeführten Argumente der Frei-gabebefürworter erzielt werden. Anhand der Materi-alien M3.2 bis 3.10 erfolgt eine Diskussion der Trag-fähigkeit der Gründe für die Dopingfreigabe. Dabeibesteht die Option, die vier ersten Einzelargumente(s. M3.1) über eine arbeitsteilige Gruppenarbeitoder ein Gruppenpuzzle (Gruppenpuzzle, siehe bei-gefügte CD: Methoden-Kiste 24–25) bearbeiten zulassen.

Chancengleichheit? Illustration: © Andrea Segets

Die Texte von Heringer (M3.2) und Güldenpfen-nig (M3.3) zeigen die Grenze der Chancengleichheitund die Bedeutung der Ungleichheit für den Sinndes Sports. Der Beitrag von Caysa (M3.4) behandeltden Aspekt der Gesundheitsgefährdung durch Do-ping, wobei er den Blick über den dopenden Athle-ten hinaus auf die Konsequenzen des Dopings fürandere Sportler lenkt. Durch die Gefährdung derGrundlagen der Freiheit durch eine vollständige Kör-

perinstrumentalisierung wird auch die Frage nachder Selbstbestimmung des Sportlers angeschnitten,die Meinberg (M3.5) ins Zentrum seiner Ausführun-gen rückt. Der Problematik der Selbstbestimmung,die sich aus den strukturellen gesellschaftlichen undsozialen Verflechtungen des Sportlers ergibt, wid-men sich die Materialien M3.6 bis M3.8. Der Textvon Güldenpfennig (M3.9) begründet die unter-schiedliche Bewertung des Dopings im Sport im Ver-gleich zur künstlichen Leistungssteigerung in ande-ren gesellschaftlichen Bereichen.

Nach der Bearbeitung der Materialien kann einRückbezug zu den Pro- und Contra-Argumenten er-folgen, die die Lerngruppe am Anfang der Unter-richtseinheit gesammelt hat. Dabei werden gegebe-nenfalls ergänzende Aspekte aufgegriffen.

Die Frage nach der Wirksamkeit der Dopingbe-kämpfung und möglichen Maßnahmen gegen Do-ping wird durch den Beitrag von Ränsch-Trill(M3.10) angestoßen. Sie bildet den Abschluss derargumentativen Auseinandersetzung mit dem Pro-blem der Dopingfreigabe. Als Sicherung der Unter-richtsergebnisse kann nun eine ausführliche schriftli-che Stellungnahme zu dem einleitenden Problemfallverfasst werden.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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115Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Dopingregeln sind […] Spielregeln im prägnantenSinn des Wortes. Regeln, die Sport als Form desSpiels bewahren müssen – eine der konstitutivenRegeln, die das Spiel von der wirklichen Welt unter-scheiden. Spielregeln, alle Spielregeln, bezwecken jagerade, dass nicht alle Mittel und Hilfsmittel aus derwirklichen Welt zugelassen sind. In einem bestimm-ten Spiel darf man, um einen Ball zu fangen, nichteinmal die Hände gebrauchen. Man stelle sich vor:nicht einmal die Hände. Da kommt der Ball genauauf mich zugeschossen, und ich darf nicht einmalmeine Hände gebrauchen. Keine Corticoide, keineWachstumshormone und keine Hände: Spielregeln.[…]

Wenn also Dopingregeln, gerade wie andereSpielregeln, den Spielcharakter des Sports bewah-ren, warum ist dieses Bewahren des Spielelementsso wichtig? Es ist wichtig, weil ohne Spiel-ElementSport eigentlich uninteressant wird, eine unnötige,umständliche und ermüdende Art und Weise eineswissenschaftlichen Messens von Kraft, Ausdauer undSchnelligkeit […]. Ziemlich viele Menschen sind vomSport fasziniert. […] Was fasziniert ist letztlich dasSpiel-Element. Die ultimative Faszination ist die Dra-matik, wenn die Leistungslogik zusammenbricht.Was fasziniert ist, dass der Beste verlieren kann. Dassder Schwächere unerwartet bejubelt wird.

De Wachter, Frans: Dopingregel als Spielregel? In: Pawlenka, C. (Hrsg.), Sportethik. Regeln – Fairness – Doping. Paderborn: 2004, S. 266f.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM1 – Doping und die Regelhaftigkeit des Sports M1.1, M1.2/1

Arbeitsvorschläge

1. Nehmen Sie an, ein Freund von Ihnen ist Radsportler. Er steht kurz davor seinen Traum zu erfüllen,professionell Radrennen fahren zu können. Dazu muss er aber im nächsten Rennen eine Zeit fahren,die an der Grenze seiner momentanen Leistungsfähigkeit liegt. Ein Bekannter Ihres Freundes hat ihmangeboten, ein „Zaubermittel“ zu besorgen, mit dem Ihr Freund die Zeit sicher schaffen würde. IhrFreund fragt Sie nun, ob er auf das Angebot eingehen soll. Was raten Sie ihm?

2. Erläutern Sie den Stellenwert von Regeln für den Sport (M1.1 – M1.3).

3. Setzen Sie sich mit der Frage auseinander, ob Doping mit dem „Witz“ eines Spiels vereinbar sein kann(M1.2) und welche Elemente ein angemessener Situationsbegriff des Sports (M1.3) umfassen muss.

4. Erarbeiten Sie die Bedeutung des Selbstbegriffs des Sportlers für die Moral des Sports (M1.3).

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M1.1 Das spielerische Element des Sports

M1.2 Fairness und gemeinsames Wissen

Das moralische Prinzip des Sports ist Fairness. Wasist Fairness? Keine neue Taktik, keine Höflichkeitsre-gel, kein Gebot, wie manche uns glauben machenwollen. Fairness ist ein innerer Beurteilungsmaßstabsportlicher Handlungen. Fairness ist auch eine Hal-tung des Sportlers, die sich in seinem fairen Verhal-ten zeigt. […] Fairness ist zu sehen auf dem Hinter-grund von Unfairness. Die Definition lautet so:1. Fair ist alles, was nicht unfair ist.2. Unfair ist alles, was den Witz des Spiels zerstört.3. Der Witz des Spiels ist das gemeinsame Ziel der

Spieler.4. Das gemeinsame Ziel ist: Spielen und durch Spie-

len gewinnen.

Gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen zu die-ser Definition.

Sie ist rekursiv aufgebaut und klärt schrittweise,was unter „fair“ zu verstehen ist. Sie versucht denBeurteilungsmaßstab aus dem jeweiligen Spiel zuentwickeln. Vor allem stellt sie keinen unverständli-chen Gegensatz her zwischen Siegeswillen und Fair-ness – ein Gegensatz, den wir als typisch für einevon außen herangetragene Moral ansehen können.

Im kompetitiven Spiel will natürlich jeder selbstgewinnen. Dieses Ziel ist also vordergründig nichtgemeinsam. Gemeinsam ist, dass die Spieler aner-kennen, dass jeder von beiden gewinnen will, undvor allem, dass ein Gewinnen überhaupt nur mög-lich ist, indem sie das Spiel spielen. Jeder hat also ei-

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116 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

ne egoistische, kompetitive Zielsetzung, die er nurin der vorgängigen Kooperation realisieren kann.Ohne Spiel kein Sieg. Die sportliche Kooperation istnicht selbstlos, und es scheint mir verfehlt, sie alssolche zu verherrlichen; das wäre ein Oktroi von au-ßen. Jeder Spieler will mit ganzer Kraft gewinnen, al-les andere wäre sogar unfair. Wettkämpfer kooperie-ren, damit jeder sein kompetitives Ziel erreichenkann. Allerdings kooperieren sie auch nur deshalb.Der Ratschlag, man solle mehr auf die Fairness alsauf den Sieg achten, ist darum nicht sportlich. Manspielt nicht Fußball, um fair zu sein; man muss aberbeim Fußballspielen fair sein. Die Achtung vor mei-nem Gegner ergibt sich direkt aus der Anerkennungder gemeinsamen Zielsetzung. Sie ergibt sich ausder Spielidee: Ich brauche ihn einfach, um gewinnenzu können. Und ich achte ihn als Gegner nur soweit,wie das Spiel, wie diese gemeinsame Tätigkeit es er-fordert. Großmoralische Generalisierungen scheinenmir hier überflüssig, ja sogar fehl am Platze.

Wer am Spiel teilnimmt, geht davon aus, dass esein gemeinsames Spielziel gibt und dass er diesesgemeinsame Spielziel auch verfolgt. Außerdem gehter davon aus, dass auch sein Gegner davon aus-geht. Gemeinsamkeit in diesem Sinn heißt also ge-meinsames Wissen. Nebenbei bemerkt: Gemeinsa-mes Wissen heißt nicht einfach, dass beide dasselbewissen. Es kommt vielmehr darauf an, dass beidevoneinander wissen, dass sie dies wissen. Also Spie-ler A weiß nicht nur, dass er gewinnen will, sonderner weiß auch, dass sein Gegner gewinnen will unddass dieser weiß, dass er das weiß usw. Dieses Wis-sen hat also die öfter behandelte Turmstruktur. Da-rum sind beispielsweise Finten, die ja auch Täu-schungen genannt werden und manchmal unterdem Aspekt der Fairness diskutiert werden, nicht un-fair. Sie greifen den Witz des Spiels in keiner Weisean. Denn alle Beteiligten wissen, dass Finten erlaubtund üblich sind, und sie wissen auch voneinander,dass sie das wissen.Heringer, Hans Jürgen: Fairness und Moral. In: Gerhardt, V./Lämmer M. (Hrsg.),

Fairness und Fair Play. Sankt Augustin: 1993, S. 56, 58–59.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM1 – Doping und die Regelhaftigkeit des Sports M1.2/2, M1.3/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M1.3 Die Moral des Sports

Wenn unser konkretes Verhalten gegenüber deneinzelnen Regeln des Spiels in Frage steht, dann er-gibt sich mit jedem denkbaren Konflikt ein morali-sches Problem. Dann nämlich muss sich zeigen, alswas ich mich eigentlich verstehe: als einer, der umjeden Preis als Sieger dastehen will, oder als je-mand, dem dies nur dann erstrebenswert erscheint,wenn alles auch mit rechten Dingen zugegangen ist.Dann muss ich mich entscheiden, ob es mir genügt,als Sieger allenfalls zu gelten oder wirklich Sieger imSpiel zu sein. Die Moral des Spielers liegt in nichtsanderem als darin, wirklich Spieler zu sein.

Man sieht hier sehr gut, wie die moralische Fragesowohl mit einem adäquaten Situations- wie auchmit einem konsequenten Selbstbegriff verbundenist. In den üblichen technischen oder taktischenSpielentscheidungen ist nur zu klären, was der Fallist und ob der Fall der Regel entspricht; alles andereergibt sich von selbst. In moralisch sensiblen Situa-tionen ist aber gerade diese Selbstverständlichkeitgestört. Ich frage mich, ob es sich lohnt, sich an dieRegel zu halten, oder ob ich nicht einfach bestreitenkann, dass sie hier anzuwenden ist. Eine Lösung

kann sich hier nur ergeben, wenn ich meine Rolle alsSpieler wirklich ernst nehme, eines Spielers, der seinSelbstverständnis in dieser Lage allein aus der regel-konformen Teilnahme am Spiel gewinnen kann. Undimmer, wenn ich mich in einem Konflikt […] selb-ständig, d.h. ohne durch einen Schiedsrichter oderdurch einen anderen Teilnehmer dazu gezwungenzu sein, für meine Rolle als Spieler entscheide, dannhandle ich moralisch. Die Moral des Sports liegt so-mit in der aus eigener Einsicht und eigenem Antrieberfolgenden Garantie der Regeln durch mich selbst.Moralisch zu sein heißt damit im Sport nicht mehrund nicht weniger, als wirklich den Regeln entspre-chend spielen zu wollen.

Es ist dies ein Wille, den wir jedem Spieler alsSpieler unterstellen müssen und den wir folglich je-dem einzelnen abverlangen können. […] Wolltenwir einen kategorischen Imperativ für den Sport for-mulieren, dann könnte er im Anschluss an Kant fol-gendermaßen lauten: Handle nur nach derjenigenMaxime, nach der du zugleich wollen kannst, dasssie eine Verhaltensregel für alle Mitspieler sei. Damitist etwas überaus Einfaches zum Ausdruck gebracht:

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117Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Wenn man schon spielt, dann soll man auch die Re-geln beachten, aus denen das Spiel besteht. Der Im-perativ sagt daher nichts anderes als „Achte die Re-geln!“ Und das heißt „Halte dich aus eigenem An-trieb an das vorgeschriebene Reglement!“[…]

Wer einen echten Wettkampf will, wer nicht auf-grund irgendwelcher Umstände, sondern wirklichaufgrund seiner Leistung in der Disziplin, in der erangetreten ist, der ersichtlich Bessere sein will, derbenötigt immer auch eine besondere Kraft, seiner ei-genen Einsicht zu folgen. Unter Wettkampfbedin-gungen ist es allemal schwerer, sich an die Regelnzu halten. Wenn es aber gleichwohl gelingt, auchden unter höchster Anspannung vollzogenen Wett-kampf in selbständiger Wahrung des vereinbarten

Reglements durchzustehen, der stellt eine beachtli-che moralische Integrität unter Beweis. […]

Es geht nicht allein um die Befolgung einzelnerRegeln, sondern um den Einsatz für den Sport über-haupt. Unter den verschärften Bedingungen desWettkampfs wird es zur Pflicht, das Spiel als solcheszu wollen. Gerade weil der Kampf hinzugehört,kommt es darauf an, die Bedingungen und Grenzendes Vorhabens, zu dem man antritt, zu beachten.Dazu gehört das Bewusstsein, dass dies eben „nur“ein Spiel ist. Der kategorische Imperativ der Moraldes Sports könnte somit ganz einfach lauten:

Handle nur nach derjenigen Maxime, nach der je-der andere bereit sein könnte, im Wettkampf gegendich anzutreten.

Gerhardt, Volker: Die Moral des Sports. In: Sportwissenschaft 21 (1991), S. 136–140.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM1 – Doping und die Regelhaftigkeit des Sports M1.3/2

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Illustration: © 2006 Andrea Segets

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118 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Nichts ist so künstlich wie das Natürliche im Sport.Die Verbindung zwischen Natur und Sport ist einekünstliche. Nicht nur der Mensch, auch der durchRegeln „gemachte“ Sport ist von Natur aus „künst-lich“. Der Sport wird mit Hilfe der Regeln als eine„fiktive Spielwelt in der wirklichen Lebenswelt“(Apel, 1992, 230) überhaupt erst erschaffen. DerSport ist eine Kopfgeburt, ein Kunstgebilde, Aus-druck menschlicher Kultur und Setzung. Die Liaisonzwischen dem Sport und der Natürlichkeit des Men-schen ist daher freiwillig und keine Muss-Ehe. Diekünstliche Idee des Sports ist eine Natürlichkeits-idee. Der Sinn des Sports, und hier vor allem desLeistungssports, liegt im Austesten und Messen na-türlicher Eigenschaften und Grenzen des mensch-lichen Körpers. Der Sport ist eine Demonstrationdessen, was der Mensch kraft seiner physischen undmentalen Stärke leisten kann. […]

Die spezifische Unzweckmäßigkeit des Sports,wie sie durch die Spielregeln als den Verursachernnicht-notwendiger Hindernisse erzeugt wird […],dient allein dem Zweck der Ermöglichung und Er-probung natürlicher Eigenschaften und Fähigkeitendes menschlichen Körpers. Aufgrund dieser beson-deren Eigenschaft der Spielregeln kennzeichnet denSport eine wechselseitige Abhängigkeit von Verlaufund Ergebnis […]. Im Sport ist der Weg, das heißtdie Genese der sportlichen Leistung zugleich Teildes Ziels. Durch seinen ausgeprägten Prozesscharak-ter verkörpert der Sport Werte wie Authentizität, Na-türlichkeit und Echtheit […]. Der Sport als solcherdient keinem lebensnotwendigen Zweck […] undweist insofern auf sich selbst, das heißt seine inhä-rente Zweckhaftigkeit zurück: eine künstlich er-schwerte und freiwillig auferlegte Aufgabe „natür-lich“ („modo naturali“) und das heißt, aus eigenerKraft zu lösen […]. „Das heißt, in der Willkür des

Handlungsziels, der ´Definition der jeweiligen sport-lichen Disziplin´, liegt zwingend, dass das Hand-lungsziel nicht beliebig, sondern in einer bestimm-ten Art gelöst wird“ (Volkamer, 2003, 177).

Das sportspezifische Bedingungsgefüge von Na-türlichkeit und Künstlichkeit lässt sich am besten an-hand eines Beispiels verdeutlichen: Die Akzeptanzder willkürlichen und lebensweltlich gesehen unsin-nigen Bedingungen eines 400m-Laufs, bei dem derLäufer an derselben Stelle wieder ankommt, an derer losgelaufen ist […], dient einzig dem Zweck her-auszufinden, wie schnell der Mensch über eine Dis-tanz von 400m laufen kann. Jegliches Unterlaufendieser Regelbedingungen, wie etwa durch Abkürzender Laufstrecke, durch Einsatz eines elektrisch be-triebenen Turboschuhs oder mit Hilfe eines anaboli-kagetunten Turbomuskels erreicht würde, konterka-rieren diesen selbstgesetzten Zweck und führen diesportliche Leistung ad absurdum. […] Der Sinn derUnsinnigkeit eines 400m Laufs liegt eben nicht dar-in, möglichst schnell auf eine wie immer gearteteWeise von A nach B zu kommen, sondern dies auf ei-ne natürliche Weise, das heißt aus eigener Kraft zutun. […]

Der Sport braucht zur Bewahrung seiner Identitätdie Kultur der Natürlichkeit. Der Sport ist ein natür-liches Kunstprodukt. Die Unterscheidung von Natür-lichkeit/Künstlichkeit ist daher von grundlegenderBedeutung für die Kunstwelt des Sports. Sie ist die„Leitunterscheidung“ und „Grundnorm“ des Sports(Rössner, 2001, 44). Das auf ihr beruhende „Prinzipder Selbstbewegung“ gilt als seine „anthropologi-sche Grundlage“ (Gebauer, 2003, 104) […]. Die Na-türlichkeit des menschlichen Körpers nimmt imSport folglich eine Schlüsselrolle ein. Sie ist ein Indi-kator für die Definition und Bewertung der sportli-chen Leistung.

Pawlenka, C.: Ethik, Natur und Doping. Paderborn: 2010, S. 53–56.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM2 – Doping, Sport und Natürlichkeit M2.1, M2.2/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M2.1 Die Natürlichkeitsidee des Sports

M2.2 Natürlichkeit als Indikator für die Bestimmung von Doping im Sport

Im Folgenden gilt es die Behauptung zu stützen,dass Doping eine künstliche Beeinflussung natürli-cher, genetisch bedingter Körpergrenzen und -ei-genschaften mit dem Ziel der sportlichen Leistungs-steigerung ist. Dieser Annahme zugrunde liegt der

Umstand, dass Dopingmittel/-methoden physischeund psychische Prozesse und Veränderungen immenschlichen Organismus bewirken, die wir als un-natürlich oder künstlich bezeichnen (bzw. bewer-ten). Die „Natürlichkeit“ der menschlichen Natur

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119Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

scheint folglich eine Art Indikator für die Bestim-mung von Doping zu sein. […] Wenngleich Versu-che zur Bestimmung des Doping folglich in der Na-tur des Menschen ihren Ausgang zu nehmen schei-nen, ist damit noch nicht die Frage beantwortet, abwann und warum bestimmte Eingriffe und dadurchinduzierte Veränderungen und Prozesse in dermenschlichen Natur widernatürlich oder künstlichund folglich als Doping zu bezeichnen sind. D.h., dieBestimmung ob etwas eine künstliche oder unnatür-liche Leistungssteigerung und damit Doping ist,scheint immer auch eine Wertung bzw. einen evalu-ativen oder normativen Bestandteil enthalten zumüssen, der festlegt, was das natürliche Maß ist. […]

Hier wird von […] Leitthesen ausgegangen, diedazu dienen, die Begriffe natürlich/künstlich zuschärfen und praktikabel zu machen für die Bestim-mung und Abgrenzung von Dopingtechnikengegenüber legitimen Formen der Leistungssteige-rung:

These (1) besagt, dass sich die Rede von einer(un)natürlichen Leistungssteigerung nicht auf diegesamte Natur des Sportlers bezieht (Natürlichkeit„in toto“), sondern nur auf das dem sportartspezifi-schen Anforderungsprofil korrespondierende

psycho-physische Potential der menschlichen Natur(Natürlichkeit „in parte“). So ist der Sport keinesfallsunter ein generelles Natürlichkeitsverdikt zu stellen.Natürlichkeit ist im Sport nicht per se, sondern nurpartiell, d.h. in Bezug auf die Erbringung der sport-lichen Leistung relevant. […]

These (2) besagt, dass an den – aufgrund der je-weiligen „Natur“ oder Idee der jeweiligen Sportart –leistungsrelevanten Teil der menschlichen Natur(Natürlichkeit „in parte“), wie z.B. die Schnellkraft imSprint, besondere Reinheitsbedingungen geknüpftsind, dass diesbezüglich „Natur pur“ verlangt wird.Der Grund dafür liegt in den sportlichen Konstitu-tionsbedingungen […] und im Sinn der sportlichen(Eigen-)Leistung, die eine physische und eine psy-chische Komponente hat: Die Faszination außerge-wöhnlicher Leistungen im Sport liegt in dem, wasder Mensch aus sich, aus seinem Körper machenkann, was er aus eigener Kraft leisten kann […]. Diesportliche Leistung soll folglich – idealiter – ein Pro-dukt aus Talent (ein „Werk der Natur“) und Training(ein „Werk seiner selbst“) (Pestalozzi) sein.

Pawlenka, C.: Doping im Sport im Spannungsfeld von Natürlichkeit undKünstlichkeit. In: Pawlenka, C. (Hrsg.), Sportethik. Regeln – Fairness – Doping.

Paderborn: 2004, S. 294–296.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM2 – Doping, Sport und Natürlichkeit M2.2/2, M2.3

Arbeitsvorschläge

1. Erarbeiten Sie den Gedankengang Pawlenkas im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Natürlichkeits-idee im Sport (M2.1).

2. Nehmen Sie Stellung zu der Frage, ob an der Bewertung von Doping als künstliche Beeinflussung dersportlichen Leistungsfähigkeit festgehalten werden soll (M2.2 und M2.3).

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M2.3 Doping und die Differenz von Natürlichkeit und Künstlichkeit

Das Wort „Doping“ kommt vom Englischen „to do-pe“, das wörtlich als „künstlich anreizen“ und „auf-pulvern“ übersetzt wird. Das Konzept eines verbots-würdigen Dopings basiert gedanklich auf der philo-sophischen Differenz von Natürlichkeit undKünstlichkeit. Natürliche Unterstützung des Körpersund natürliches Training werden der Zuführung vonkünstlichen und deshalb verbotenen Substanzen ge-genübergestellt. Deshalb bedarf es der Klarstellung,dass es im Zeitalter der Biotechnologien und derMedizintechnik keine natürlichen Grenzen für dieBeeinflussung der sportlichen Leistungsfähigkeit desMenschen mehr gibt.

Die strikte Differenzierung von Natürlichkeit undKünstlichkeit hat philosophische keinen Bestand[…]. Sportwissenschaftlichen Anleitungen zum Trai-ning und zur Optimierung sind ebenfalls nicht na-türlich; die planvolle Aufbauernährung ist ebenfallsnicht natürlich. Weshalb wird Natürlichkeit dannplötzlich zum Kriterium für das Verbot von Doping?Das Auseinanderhalten von Doping und Nicht-Do-ping anhand der Unterscheidung von Natürlichkeitund Künstlichkeit befriedigt gedanklich nicht.

Hastedt, Heiner: Ethik, Heuchelei und das Doping. In: Pawlenka, C. (Hrsg.), Sportethik. Regeln – Fairness – Doping. Paderborn: 2004, S. 272f.

Page 120: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

Arbeitsvorschläge

1. Informieren Sie sich über die Teilnahme des Läufers Oscar Pistorius (M2.4) an den Leichtathletikwelt-meisterschaften 2011 und deren Vorgeschichte.

2. Bewerten Sie vor dem Hintergrund der Differenzierung von Natürlichkeit und Künstlichkeit die Ent-scheidung, Pistorius bei der Weltmeisterschaft teilnehmen zu lassen.

120 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM2 – Doping, Sport und Natürlichkeit M2.4

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M2.4 Oscar Pistorius

Oscar PistoriusFoto: © Elvar Pálsson

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121Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Argumente der Befürworter

Die Gegner der Dopingbekämpfung stützen ihre For-derung nach der Freigabe von Doping auf eine Reihevon Argumenten, die sich im Wesentlichen gegen dieZiele der Dopingbekämpfung zum Erhalt der Chan-cengleichheit und Gewährleistung des Gesundheits-schutzes der Athleten richten, sich auf gesellschaftli-che Entwicklungen stützen sowie die Effektivität derDopingbekämpfung in Frage stellen.

Herstellung der Chancengleichheit

durch Freigabe

Ein wesentlicher Ansatz der Befürworter einer Do-pingfreigabe ist, dass Fairness und Chancengleichheitdurch eine Freigabe der Dopingmittel eher gewähr-leistet werden könnten als durch deren Verbot. Diesführen sie zum einen darauf zurück, dass Sportlerdoch bei einer Freigabe in der Lage wären, naturgeg-ebene Ungleichheiten, wie z.B. Körpergröße und Sta-tur mit medikamentöser Hilfe auszugleichen oder zu-mindest zu vermindern. […] Zum anderen wird hier-für angeführt, dass in diesem Falle alle Athleten diegleiche Chance hätten, sich leistungsfördernder Wirk-stoffe zu bedienen, und nicht nur diejenigen, die auf-grund entsprechender Beziehungen an die Mittelmöglichst gefahrlos herankommen […].

Geringere Gesundheitsbeeinträchtigungen

bei Freigabe

Weiterhin wird für die Freigabe ins Feld geführt, dassdie Gesundheitsgefahren, die aus einer unfachmänni-schen Einnahme resultieren, bei der erlaubten Ein-nahme von Dopingwirkstoffen verringert werdenwürden. So wäre es doch im Falle der Dopingfreigabejedem Sportler möglich, sich entsprechenden sach-kundigen, ärztlichen Rat vor der Einnahme einzuho-len, diese unter medizinischer Überwachung vorzu-nehmen und dadurch Gefahren oder gegebenenfallsauftretende Beeinträchtigungen der Gesundheit aus-zuräumen oder zumindest zu minimieren.

Zudem wird vorgebracht, dass bei der Freigabedie Gefahr aus dem Weg geräumt würde, dass Sport-ler auf neue, eventuell gar selbstkreierte Substanzenzurückgreifen, die von der Verbotsliste noch nichtnachgewiesen werden können, aber auch oftmalsnicht entsprechend klinisch geprüft sind. […] DiesesWagnis müssten die Sportler im Falle der Freigabe

nicht mehr eingehen, da sie auf erprobte Medikamen-te zurückgreifen könnten. […]

Selbstverantwortung der Sportler

Zudem wird die Forderung nach der Freigabe daraufgestützt, dass das Dopingverbot die individuelle Frei-heit der Sportler einschränke. Denn es müsse einemmündigen Sportler freistehen, selbst zu entscheiden,was er seinem Körper zuführt – dies nicht zuletzt auf-grund des grundgesetzlichen Selbstbestimmungs-rechts. Wem man zutraut, mit den GesundheitsrisikenNikotin, Alkohol und Straßenverkehr umzugehen, dendürfe man auch in der Dopingfrage nicht zwangs-weise entmündigen.

Vergleich mit der Gesellschaft

Regelmäßig wird bei der Argumentation pro Freigabeauch auf die heutige Gesellschaft verwiesen. Ist esdoch kein Geheimnis, dass es in zahlreichen Gesell-schaftsbereichen inzwischen durchaus üblich ist, sichdurch die Einnahme von Medikamenten, Aufputsch -mitteln und anderen Substraten fit und besondersleistungsfähig zu halten. Dies gilt nicht nur für Künst-ler, Manager und Wissenschaftler, sondern auch beiSchülern und Studenten scheint der Griff zu medika-mentöser Unterstützung vor Prüfungen und ähn-lichen Situationen immer beliebter zu werden. NachAnsicht der Freigabevertreter müssten in der heuti-gen Konsumgesellschaft, die auch zu einer Medika-mentengesellschaft geworden ist, die gleichen Maß-stäbe für den Sport gelten, könne dieser doch wederbesser sein als die Gesellschaft, aus der der hervorge-he, noch anders beurteilt werden als dieser. […]

Effektivität und Verhältnismäßigkeit

des Kontrollsystems

Angeführt werden ferner die hohen Kosten und derenorme Aufwand an Personal und Sachleistungen,die für die Dopingbekämpfung erforderlich sind. […]Dabei können der Kampf gegen Doping trotz allenAufwandes nie gewonnen werden […]. Zudem sei,wenn man beispielsweise die zahlreichen Asthmafälleim Hochleistungssport betrachte, Doping quer Beetdoch offenbar durchaus erlaubt, wenn ein Arzt demAthleten genau dieses Mittel als Medikament gegenirgendeine „Krankheit“ verordnen könnte.Haug, Tanja: Doping. Dilemma des Leistungssports. Hamburg: 2006, S. 108-111.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM3 – Diskussion der Dopingfreigabe M3.1/1

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M3.1 Argumente für die Dopingfreigabe

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Arbeitsvorschläge

1. Erarbeiten Sie die Argumente der Befürworter einer Dopingfreigabe (M3.1).

2. Erläutern Sie die Grenzen der Chancengleichheit und die Bedeutung der Ungleichheit im Sport (M3.2

und M3.3).

3. Erklären Sie die Position von Caysa zur Frage der Gesundheitsschädigung durch Doping im Sport(M3.4).

4. Nehmen Sie Stellung zu dem Problem der Freiheit und Selbstbestimmung des Sportlers im Kontextder Dopingdebatte (M3.4 bis M3.8).

5. Beurteilen Sie, ob eine unterschiedliche Sanktionierung des Einsatzes von pharmazeutischen Mittelnzur Leistungssteigerung beim Sport und bei anderen gesellschaftlichen Bereichen gerechtfertigt ist(M3.9).

6. Führen Sie eine Pro-Conta-Diskussion (Pro-Contra-Diskussion, siehe beiliegende CD: Methoden-Kiste30–31) zu der Frage durch, ob Forschungszentren zur Dopingbekämpfung weiterhin finanziell geför-dert werden sollen (M3.1 und M3.10).

122 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Chancengleichheit wird als Kriterium der Fairness oftgenannt. Natürlich gibt es in Spielen nie vollständi-ge Chancengleichheit oder Symmetrie. Das würdegerade den Witz des Spiels zerstören, weil dann jakeiner gewinnen könnte oder der Gewinn vonirgendwelchen Zufällen und nicht von der mög-

lichen Leistung abhinge. Chancengleichheit bewegtsich also im Rahmen der Regeln, im Rahmen desSpiels, und kann nicht über die Regeln hinaus gene-ralisiert werden.

Heringer, Hans Jürgen: Regeln und Fairness. In: Grupe, O. (Hrsg.): Kulturgut oder Körperkult? Sport und Sportwissenschaft im Wandel.

Tübingen: 1990, S. 159.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM3 – Diskussion der Dopingfreigabe M3.1/2, M3.2, M3.3/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M3.2 Chancengleichheit im Sport

M3.3 Ungleichheit im Sport

Im Gegensatz zu falsch-verabsolutierten Gleichheits-behauptungen akzeptiert der Sport bewusst die Vor-aussetzung der biologischen Ungleichheit unterMenschen beim Eintritt in das sportliche Geschehenund als Grundlage für die Austragung des sport-lichen Wettkampfs. […]

Der Sinn sportlichen Handelns basiert nicht nurauf der Anerkennung einer Vielzahl von Ungleich-heiten in den Handlungs-Voraussetzungen. Er zieltzudem in seinen Handlungs-Ergebnissen nicht etwaauf die Herstellung von Gleichheit, sondern auf dasGegenteil: die Feststellung von Ungleichheit.

Erst unter – unbefragter und unkorrigierter – Vor-aussetzung jener „erbbiologischen“ Grundlagen al-so, dass kein Mensch wie die anderen ist und die ge-nau gleichen Anlagen „mitbekommen“ hat, setzt ü-berhaupt die kulturelle Sinnstiftung des sportlichenWettbewerbs ein: Sie beinhaltet den Versuch, unterEinsatz von psychophysischen Lern-, Trainings-, Wil-

lens- und quasi-ästhetischen Gestaltungsmitteln so-wie durch die Wahl des den eigenen Voraussetzun-gen am besten entsprechenden Betätigungsfeldesinnerhalb des breiten Spektrums der Sportarten undLeistungsebenen „das Beste draus zu machen“. […]

Das aber erfordert, neben der Anerkennung undFeststellung von Ungleichheit zusätzlich auch dieRückbesinnung auf ein weiteres Kernelement dessportlichen Sinnmusters: Sport ist immer auch derVersuch, die unterschiedlichen mitgebrachten Vor-aussetzungen so weitgehend wie möglich durchEinsatz solcher sportlich legitimen Mittel zu kom-pensieren, dass im Rahmen formell durch Ablaufre-geln gewährleisteter Chancengleichheit ein span-nend verlaufender Wettkampf zustande kommenkann. Aus dieser solchermaßen definierten Aus-gangskonstellation des sportlichen Wettkampfs er-gibt sich folgende Konsequenz: Einsatz gentechno-logischer Eingriffe zur Verbesserung der sportlichen

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123Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Leistungsvoraussetzungen im Sinne einer „Vorab-Korrektur“ der biologischen Grundausstattung ver-bietet sich schon aus partikularen sportethischenGründen heraus. Gen-Doping würde zwar als eine inihren Einzelheiten völlig neuartige, aber als eine in

ihrer sportethischen Bewertung nur neue Varianteunter denselben Ablehnungsgründen stehen wieDoping generell.

Güldenpfennig, Sven: Gendoping ante Portas? – Genet(h)ik und Sport. In: Pawlenka, C. (Hrsg.), Sportethik. Regeln – Fairness – Doping. Paderborn:

2004, S. 312–314.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM3 – Diskussion der Dopingfreigabe M3.3/2, M3.4

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Für den Bereich des Sportspiels folgt […], dass etwaDopingmaßnahmen, die volljährige und zutreffendüber die Risiken aufgeklärte Spieler selbst an sichdurchführen auch im Falle gesundheitsschädigenderWirkung kein strafrechtlich relevantes Unrecht inForm von Körperverletzungen darstellen […]. DieBestrafung des Selbstdopings durch das Verbands-strafrecht geriete mit den Wertungen des Kriminal-strafrechts nicht in Widerspruch, wenn man davonausgehen könnte, dass ausschließlich die Funk-tionsfähigkeit des Sportspiels (z.B. durch Gewähr-leistung von Chancengleichheit für alle Spieler) ge-schützt werden soll. Diese Chancengleichheit würdeallerdings auch gewährleistet, wenn man allen Spie-lern erlaubte, sich zu dopen. In diesem Fall würdeman einen Spieler aber zwingen, entweder zur Wah-rung seiner Chancen vom Dopingrecht Gebrauch zumachen oder aber auf Siegeschancen zu verzichten.Die Bestrafung des Selbstdopings lässt sich deshalbrechtfertigen unter dem Gesichtspunkt, dass andereSportler vor dem Zwang zum gesundheitsschädi-genden Doping geschützt werden sollen! Also: KeinSchutz vor Selbstschädigung, sondern GefährdungDritter!

Die Frage, die sich hier auch für das Doping imSport ergibt, ist, wie weit die Freiheit des Gebrauchsdes eigenen Körpers gehen darf, ob es ein absolutesVerfügungsrecht des Individuums über den eige-nen Körper geben darf oder ob dieses Recht auf deneigenen Körper selbst übergreifenden Rechtenunterworfen werden sollte, um z.B. zu verhindern,dass die Selbstschädigung die Selbstschädigung an-derer erzwingt und so andere durch den Gebrauchder eigenen Freiheit geschädigt werden. Auch in Be-zug auf die Freiheit der Körperinstrumentalisierungstellt sich die Frage, ob der Gebrauch dieser Freiheitso weit gehen dar, dass man auf sie verzichtet, inso-fern sich alle aufgrund ihrer Freiheit zwingen etwaszu tun, was sie eigentlich nicht wollen, von dem sie

aber annehmen, dass es die anderen tun, um erfolg-reich zu sein, so dass sie es auch tun. Was also heißtes, die Freiheitsrechte in Bezug auf seinen Körper,auf seine berufliche Selbstentfaltung, auf personaleAutonomie wahrzunehmen, ohne jemanden zuschädigen? Muss die Freiheit, mit seinem Körper zutun, was man will, selbst Rechten des Körpers unter-worfen werden, damit aus dem freien Umgang einesjeden mit sich nicht die Selbstzerstörung der Grund-lagen der Freiheit aller wird? […]

Wenn also das Menschenrecht auf Leben erfor-dert, dass jede menschliche Person, die dieses Rechtbesitzt, um ihrer selbst willen in ihrem Leben ge-schützt wird, dann bedeutet das auch, dass der Kör-per in seinem Eigenwert als Leib anerkannt und ge-schützt werden muss, denn er ist die Bedingung derMöglichkeit eines solchen menschlichen Lebens.[…] Das Interesse, die Bedingungen der Möglich-keit einer freien Existenz zu wahren, veranlasst unszu der Idee, den Körper so zu behandeln, als ob erEigenrechte an sich hätte, obwohl er diese Rechtefür uns an sich nicht hat, sondern für uns nur durchuns. Diese interessengeleitete Als-Ob-Annahme vonRechten des Körpers wäre mögliche Grundlage füreinen ökologischen Körpervertrag, mit dem wir unsselbst verpflichten könnten, uns nicht in unserenleiblichen Existenzbedingungen zu zerstören, undfolglich untereinander zu vereinbaren, bestimmteKörperinstrumentalisierungen zu unterlassen.

Also auch die Rede von Rechten des Körpers, wiedie von Rechten der Natur oder vom Menschrechtauf Leben, ist eine unseren Interessen und Bedürf-nissen dienende mimetische Interpretation unsererPhysis und nicht eine einfach Widerspiegelung eineran sich seienden oder gar gottgewollten Natur-metaphysik, sondern wir sind es, die diese Rechtesetzen, um uns vor uns selbst zu schützen.

Caysa, Volker: Körperutopien. Eine philosophische Anthropologie des Sports.Frankfurt a.M.: 2003, S. 285f. u. 292f.

M3.4 Freiheit und Gesundheitsschädigung

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124 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping ist eine Krise des Sportlerselbstvertrauens; ermisstraut seinen eigenen natürlichen Kräften undvertraut technisch herstellbaren künstlichen Mitteln.Er vertraut nicht sich selbst, sondern dem technischFremdproduzierten. Seine Glaubensstärke in dasFremde ist größer als jene in die Potenz des Eige-nen; er entfremdet sich durch Doping im wahrstenSinne des Wortes. Er wird sich fremd, er kann sichnur noch bedingt selbst vertrauen. Er überantwortetsich dem Fremden, damit gibt er partiell seine Ei-genregie aus der Hand, lockert die individuellen Si-cherheitsschrauben. Im Dopingsport wird dasSelbstvertrauen in die eigene Leistungspotenz ge-schwächt und das Fremdvertrauen in andere, z.B. indie Pille gestärkt. Der Dopingaktive entzieht den ei-genen Körperkräften das Vertrauen, ist anderseits je-doch vertrauensselig genug, es dem Fremden zu„schenken“, so dass er quasi für eine ausgeglicheneVertrauensbilanz sorgt. […]

Ein Sportler hat die Wahl zwischen Dopinghand-lungen und „sauberem Sporttreiben“; falls er sichzum Doping entscheidet, hat er wiederum die Wahlzwischen verschiedenen leistungsfördernden Stimu-lanzen. […] Freiheit und Wahl gehen zusammen,was sich im Begriff der Wahlfreiheit ausdrückt. Men-schen führen ihr Leben mehr oder weniger dadurch,dass sie gleichsam unter Wahlzwang stehen, um,was eine besondere Nuance der anthropologischenTatsache darstellt, dass der Mensch zur Welt Stel-lung nehmen muss (Gehlen), und er tut dies auchdadurch, dass er wählt und wählen muss. […]

Freiheit lässt sich von der Selbstbestimmungnicht trennen. Ein gedopter Athlet bestimmt sichselbst als Dopingaktiver und macht sich dadurch freivon dem offiziellen Regelwerk oder einem still-schweigenden Vertrag und verfügt stattdessenselbst-herrlich über sich und trifft dadurch auch an-

dere. Andererseits nimmt er sich mit der Doping -substanz augenblicklich ein Stück Freiheit, weshalbDopen aus der Perspektive des Athleten Freiheitsge-winn bedeuten kann, indem seine Verfügungsge-walt gesteigert wird, indem er sich durch Zufügungvon Pillenextrakten eine Vergrößerung des sport-lichen Spielraums erhofft. In dieser Art der Selbstbe-stimmung sprengt der Dopingsportler die Abhän-gigkeit von Regeln, begibt sich jedoch in eine neueAbhängigkeit, nämlich in eine „pharmazeutisch-technische“.

Die gewollte Unabhängigkeit wird um den Preiseiner anderen Abhängigkeit erkauft: Dopingaktiveerfahren die Ambivalenz von Freiheit und Selbstbe-stimmung, aber auch deren subjektiven Grenzen. Siewollen durch Dopinghandlungen Grenzen überwin-den, bleiben aber doch auf andere Weise gebannt.Sie, und das ist der eigentliche „Witz“ daran, wollensich nicht selbst bestimmen lassen, da sie das Regel-werk nicht akzeptieren und Vertragsbruch begehen,sich vor allem nicht mit ihren natürlichen physiolo-gischen Kräften abfinden wollen. Anders: Sie wollensich weder durch andere noch durch sich selbst be-stimmen lassen, geraten aber trotzdem in Abhän-gigkeiten. Dopingsportler machen einen einseitigenGebrauch von ihrer Selbstbestimmung, da sie sichnicht selbst bestimmen lassen wollen, obwohl sie esdoch de facto dadurch tun, dass sie sich dem„Schicksal“ der technischen Präparate überlassen.Das Bestimmen-Lassen bezieht sich nicht auf die„Natur“ des Selbst, sondern in erster Linie auf dieWirkkraft der Technik. Abhängig sind sie auch vonjenen anderen, die sie mit Dopingmitteln versorgen.Es entsteht ein Selbstbestimmungsparadox, weilSelbstbestimmung ihre Abhängigkeit letztlich nichtdurchschaut.

Meinberg, Eckhard: Dopingsport im Brennpunkt der Ethik. Hamburg: 2006, S. 183–187.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM3 – Diskussion der Dopingfreigabe M3.5

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M3.5 Doping zwischen Selbst- und Fremdbestimmung

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125Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM3 – Diskussion der Dopingfreigabe M3.6, M3.7, M3.8

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Der Athlet gilt der Tradition dieser Individualethikgemäß als sich selbstdisziplinierender Mensch, derseine Umwelt aktiv gestaltet. [...] Die Kritik am Fehl-verhalten des Sportlers, der beim Doping erwischtwurde, basiert auf der Vorstellung eines Athleten, derdiesem Bild entspricht. Diese Kritik unterschlägt, dassdie Wirklichkeit des Athleten komplexer ist, als die In-dividualethik unterstellt. Es ist ja nicht so, dass da einerfolgs- und geldbesessener Sportler seine morali-sche Integrität leichtfertig verkauft. Das wäre zu ein-fach, und die moralische Entrüstung, die jedes Maldurch die Sportwelt und die gesamte Gesellschaftgeht, wenn wieder ein Fall bekannt wird, wäre in derTat gerechtfertigt, wenn es so einfach wäre. Es istkomplizierter. Es ist geboten, um der „fairen“ Be-handlung des „gefallenen“ Sportlers willen, densel-ben nicht in der Isolation seiner „freien Verantwor-tung“ zu sehen, sondern in seiner Verflochtenheit mitdem „System Sport“. Das „System Sport“ konterka-

riert die Individualmoral und zeigt die Unzulänglich-keit der Individualethik. […]

Viele Athleten im heutigen System Sport handelnnicht mehr selbstverantwortlich, sondern sie reali-sieren die Entwürfe der Handlungsschemata desSystems. Sie gleichen einem Jet-Piloten, der nur des-halb eine Stunde fliegen kann, weil 20 Personen sei-nen Flug vorbereiten und ihn begleiten. Wenn mandiesen Sachverhalt betrachtet, drängt sich ein ande-res Handlungsmodell auf, das hier eher zuzutreffenscheint als das individualethisch zu begründende.Der Athlet ist hier nicht mehr selbstbestimmt zudenken, sondern determiniert von seiner spezifi-schen Körperlichkeit, von den Techniken seinerSportart, von den Trainingsmethoden, von der Trai-ningszeit, von der medizinischen Betreuung, vonden Sponsoren, von den Erwartungen des Publi-kums usw.

Ränsch-Trill, Barbara: Doping – der Sündenfall des Sports. In: Pawlenka , C.(Hrsg.), Sportethik. Regeln – Fairness – Doping. Paderborn: 2004, S. 253f.

M3.6 Doping und Individualethik

M3.7 Soziologische Aspekte des Dopings

In einer soziologischen Perspektive steht fest: Do-ping ist nicht das Resultat isolierter individueller Ent-scheidungen, die etwa auf Grundlage eines schlech-ten Charakters oder fehlgeleiteter Siegesambitio-nen getroffen würden. Doping ist vielmehr als ein„normaler Unfall“ anzusehen, der sich im heutigenSpitzensport aufgrund genau benennbarer sozialer

Bedingungen immer wieder neu ereignet. Die star-ke Dopingneigung, die in vielen Disziplinen zu be-obachten ist, wird strukturell erzeugt. Sie ist das un-beabsichtigte Ergebnis des Zusammenwirkensunterschiedlichster Interessen aus Leistungssport,Wirtschaft, Politik, Massenmedien und Publikum.Bette, Karl-Heinrich & Schimank, Uwe: Doping: der entfesselte Leistungssport.

In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 2008 (29–30), S. 25.

M3.8 Soziologie und Individuum

Aber die Soziologie geht nicht davon aus, dass diekonkreten Individuen Marionetten ihrer sozialenUmstände sind. […] Die konkreten Individuen hin-gegen können und müssen in jedem Moment ihrer

Existenz autonom wählen, was sie tun oder lassen.Sie sind darin nicht durch die auf ihnen lastendensozialen Zwänge vollständig determiniert.

Bette, Karl-Heinrich & Schimank, Uwe: Doping im Hochleistungssport. Frankfurt a.M.: 1995, S. 17.

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126 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Warum soll grenz-verletzende Leistungssteigerungbeim Sport stärker geächtet und sanktioniert wer-den als in anderen gesellschaftlichen Bereichen? Die Antwort ist verblüffend einfach: Diese strikteÄchtung ist beim Sport gerechtfertigt, ja zwingendgeboten, weil pharmakologische Mittel der Leis-tungssteigerung in anderen Bereichen zwar proble-matisch sind, beim Sport aber zu dessen Selbstauf-hebung insgesamt führen: Hier greifen sie direkt amkonstitutiven Kern der Sinnstruktur sportlich-kultu-rellen Handelns an. Sport ist durch Regeln auf das„natürliche“ Individuell-Menschenmögliche einge-schränktes Leistungshandeln, oder er ist kein Sportmehr. Eben dadurch ist er als Bereich symbolischenHandelns in „fiktiven“ Konfliktsituationen unter-

schieden von Bereichen gesellschaftlichen „Realhan-delns“. Doping im Sport betrifft einen strukturell an-deren Sachverhalt als Medikamenten- oder Drogen-abusus in der Gesellschaft.

Der Sport-Sinn ist nicht, wie oft behauptet, durchFehlen einer internen Stopregel auf unbegrenzteLeistungssteigerung hin angelegt. Er ist eine kultu-rell „domestizierte“ Form des Umgangs mit Grenzen.Doping liegt nicht in der Logik sportlichen (Selbst-)Überbietungs-Strebens, sondern widerspricht ihm.Strenggenommen kann es Doping im Sport garnicht geben: Der dopende Athlet verlässt die Sinn-sphäre des Sports unter Vortäuschung einer Teilnah-me daran. Es gibt nur „Sport oder Doping“.

Güldenpfennig, Sven: Gendoping ante Portas? – Genet(h)ik und Sport. In: Pawlenka, C. (Hrsg.), Sportethik. Regeln – Fairness – Doping.

Paderborn: 2004, S. 311f.

Doping und die Sinnstrukturen des SportsM3 – Diskussion der Dopingfreigabe M3.9, M3.10

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M3.9 Doping und Individualethik

Gäbe es das „Böse“ nicht, so hätten die Polizei, dieStaatsanwälte, Rechtsanwälte, Richter, Gefängnis-wärter, Henker, Sozialarbeiter, Bewährungshelferund andere keine Aufgaben. […] Forschungszentrenfür Doping unterliegen dem gleichen Paradox: Siekommen zur Existenz durch moralisches Fehlverhal-ten, werden wahrscheinlich in der nächsten Zeit gutleben – und sich doch alles andere als eine Mög-

lichkeit, das Doping aus der Welt zu schaffen. (Dennleider ist nicht bekannt, dass ein Übel, das in dieWelt kam, jemals wieder aus ihr verschwunden ist.)Sie verhelfen allerdings zu dem Gefühl, etwas gegendas Übel getan zu haben und werden auf dieseWeise zum guten Gewissen für eine schlechte Sache.

Ränsch-Trill, Barbara: Doping – der Sündenfall des Sports. In: Pawlenka , C.(Hrsg.), Sportethik. Regeln – Fairness – Doping. Paderborn: 2004, S. 256.

M3.10 Forschungszentren für Doping

Arbeitsvorschlag

Verfassen Sie einen Brief an Ihren Freund (vgl. Arbeitsauftrag 1, S. 115), in dem Sie ihm unter Abwägungder Ihnen bekannten Argumente einen begründeten Rat geben, ob er ein Dopingmittel einnehmen soll.

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127Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Schön und gesund – Facetten des modernen Körperkults

Hartmut Traub/Dirk Alpermann

Modul 3b

Yogakurs im GymnastikstudioFoto Credit: LocalFitness.com.au (CC BY-SA 3.0), unter: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Yoga_at_a_Gym.JPG?uselang=de [12.11.2012]

Informationen für Lehrende ....................................................................................................................................................1281. Einleitung .......................................................................................................................................................................................1282. Didaktisch Konsequenzen .......................................................................................................................................................1303. Konzeption der Materialien und Skizzierung angestrebter Lernziele........................................................................131

Materialien für Lernende (M1–M13) .....................................................................................................................................134

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128 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1. Sachanalyse

1.1. Attraktivität, Leistung und soziale Inte-grationDoping, die künstliche Steigerung der menschlichenund tierischen Leistungsfähigkeit, beruht auf derMöglichkeit, natürlich gesetzte Grenzen durch dieEinnahme oder Verabreichung leistungssteigernderSubstanzen oder Hilfsmittel künstlich zu überschrei-ten und Leistungsanforderungen zu erhöhen.

Dabei ist nicht allein an die Steigerung der physi-schen Leistungsfähigkeit zu denken, auch wenn ge-rade diese im Zentrum der gesellschaftlichen Wahr-nehmung steht. Doping im Bereich des Künstleri-schen oder Spirituellen, im alltäglichen Berufsleben,auch in der Schule, oder der Freizeit ist weitverbrei-tet. Gemeint ist hier der Konsum von sogenannten„bewusstseinserweiternden“ Drogen, etwa LSD, oderdie Einnahme von Beruhigungs- oder Aufputschmit-teln, vom Kaffee, über die breite Palette der Energy-Produkte, den diversen Tranquilizern bis zum Ritalin.

Mit der leistungssteigernden Absicht des Dopingist der Konkurrenz- und Wettbewerbsgedanke ver-bunden. In der Absicht der Überflügelung der Kon-kurrenz soll einerseits die eigene Leistung gesteigertoder zumindest das erreichte Leistungsniveau ge-halten werden. Andererseits sollen Stress, Leistungs-druck und Überforderungserfahrung durch Dopingerträglich gemacht und die eigene Konkurrenzfähig-keit damit aufrecht erhalten werden. In einer Wett-bewerbsgesellschaft stehen Leistung, Konkurrenzund Doping in einem unauflöslichen Zusammen-hang („Die gedopte Elite“).

In einer besonderen Beziehung zur Leistungsfä-higkeit steht die Fitness sowie deren Gestaltung undDarstellung in einem attraktiven Erscheinungsbild.Attraktivität wird damit zu einem bedeutenden As-pekt von Leistungs- und Erfolgserwartung, von Kon-kurrenzfähigkeit, Leistungsmessung und Leistungs-beurteilung. Infolgedessen gerät das eigene körper-liche Aussehen in die Disposition freier, Attraktivitätrespektive Erfolg fördernder Gestaltung. Schönheitund Attraktivität sind in einer erfolgs-, leistungs-und wettbewerbsorientierten Gesellschaft zuneh-mend Kennzeichen sozialer Anerkennung. Als einauf Anerkennung angewiesenes soziales Wesen er-fährt das Individuum in der Konkurrenz um gesell-schaftliche Erfolgschancen den unabweislichen

Druck der Gestaltung und Sicherung der eigenen At-traktivität, das heißt seiner Wettbewerbsfähigkeit.Attraktivität wird zum sozialen Kontroll- und Selek-tionskriterium. Der Körper wird zum Kapital (PierreBourdieu).

Neben dem Konkurrenzmotiv ist gegenwärtigauch die Erfahrung der Ohnmacht des Subjekts, so-zial und gesellschaftlich Wirkung zeigen zu können,ein besonderer Grund dafür, dass sich sein Gestal-tungswille nunmehr im Körperkult – gelegentlich bisan die Grenzen der Destruktivität – zum Ausdruckbringt. Im Piercing, Tatoo, in der chirurgischen Kos-metik und so weiter lässt sich der individuelle Frei-heits- und Gestaltungsdrang am eigenen Leib un-mittelbar verwirklichen und erfahren. Michael Jack-sons Weg aus der natürlichen Physiognomie seinergenetischen Disposition in die Kunstfigur des „Kingof Pop“ ist für dieses Phänomen der Selbstschöp-fung und Selbstgestaltung das zur Zeit wohl be-rühmteste und bedenklichste Beispiel.

1.2. Theologische Einordnung„Warum sind schöne Menschen so selten aktiveChristen?“ – diese Frage erscheint nach der Eingabedes Suchbegriffs „Schönheit+Religion“ bei Googleauf der ersten Seite (www.gutefrage.net/frage/wa-rum-sind-schoene-menschen-so-selten-aktive-chris-ten, Stand 6.2.2011), und die Lektüre der Antwortenist amüsant genug, zumal der Sachverhalt grund-sätzlich nicht zu leugnen ist: Das Christentum – undder Protestantismus im Besonderen – hat ein in sei-ner Tradition tief verwurzeltes Problem mit derSchönheit.

Die kirchliche Aversion gegenüber dem Schönenhat viele Gründe und eine lange Tradition: In ihr ver-mischen sich ein philosophisch-theologischer Dua-lismus mit dogmatisierter Leibfeindlichkeit und, aufprotestantischer Seite, mit dem Pathos einer Wort-Theologie. Was die Kirche in allen Epochen ihrer Ge-schichte aber nie davon abgehalten hat, ihre Askesegegenüber den irdischen Dingen immer dann auf-zugeben, wenn es darum ging, mit starken Bildernihren Machtanspruch im Diesseits zu manifestieren.So entstanden die schönsten Kathedralen, Statuen,Gemälde, Gefäße, Gewänder und Rituale, ohne dassdas Phänomen des Schönen jemals theologisch re-flektiert und legitimiert wurde.

Seit den Anfängen des Christentums hat die The-

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsInformationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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129Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

ologie zur körperlichen Schönheit ein ambivalentesVerhältnis. Die christliche Kunst hatte das Bilderver-bot zwar schnell überwunden und der Manifestationdes Schönen (Maria) und des Leidvoll-Verzerrten(der Gekreuzigte) einen Platz in ihren Kathedralenverschafft, theologisch aber wurde dieser Schritt niewirklich vollzogen. Die Trias von Schönheit, Weib-lichkeit und Sünde wirkt bis in die Gegenwart hin-ein.

Der biblische Befund scheint das zunächst zu be-stätigen: Das AT enthält dazu wenig, das NT nichts.Während z.B. das AT das hebräische Wort für„schön“ ( / japhä) nur etwa 45 Mal benutzt,kommt das Wort „gut“ ( / tow) rund 600 Mal vor.Das Schöne ist eben nicht selbstverständlich zu-gleich gut.

Die seltenen Erwähnungen menschlicher Schönheitlassen sich in drei Gruppen ein-teilen:a. Versuchung und Gefährdung: Hier wird Schön-

heit zur Gefahr für die Frau (Sarah, Batseba, Ta-mar) und für den Mann (Josef), wobei das Macht-gefälle den Missbrauch auf Grund sexueller Gierjeweils begünstigt: In allen vier Fällen steht dasOpfer hierarchisch unter dem Täter / der Täterin(Gen. 12, 4; 39, 6; 2. Sam. 11,2; 13,1).

b. Sexappeal: Zum Charisma des Herrschers gehörtdie Schönheit als Aura seiner Macht und Aus-druck von Kompetenz (1. Sam. 9,2; 16,12;Ps. 45,3), die sich aber auch mit Skrupellosigkeitverbinden kann (1. Sam. 9,2). Die Synthese vonMacht und Sexappeal fängt also nicht bei John F. Kennedy, Bill Clinton, Karl Theodor zu Gutten-berg oder Silvio Berlusconi an, sondern hat schonim Altertum bei König David funktioniert. In die-sen Kontext gehört auch die Geschichte von Est-her, die als schöne Frau ihre weiblichen Vorzügeaber nicht zum eigenen Vorteil missbraucht, son-dern mit Mut und Klugheit verbindet (Esth. 2,7;4,16).

c. Liebe mit allen Sinnen: Die häufigste Erwähnungmenschlicher Schönheit findet sich im Hohelied,einer Sammlung profaner Liebes- und Hochzeits-lieder, das auf Grund des Irrtums, es handle sichdabei um Metaphern der Liebe zwischen Gottund Mensch, in den biblischen Kanon gelangt ist.Natürlich klingen seine rustikalen Metaphernheute wenig schmeichelhaft – welche Frau lässt

sich gerne mit einer Ziege oder einem Schaf ver-gleichen? – in ihrem bäuerlichen Kontext galtenaber solche Bilder als schön. Hier begegnen wireiner ganz und gar irdischen und physischenAuffassung von Schönheit, der jede Vergeisti-gung fern liegt. Die Gesänge des „Hohenlieds“des Alten Testaments sind ein erotisch-lustvollesBekenntnisse zur Leiblichkeit des Menschen.

Aus biblischer Sicht mag es also gerechtfertigtsein, das Thema „Schönheit“ zu vernachlässigen, derbiblische Befund ist tatsächlich spärlich. Häufigkeitalleine ist aber noch kein Kriterium für Relevanz (Ho-mosexualität wird in der Bibel noch seltener thema-tisiert); psychologisch, sozial, kulturell und ökono-misch ist Schönheit so wichtig, dass zumindest dieReligionspädagogik nicht daran vorbeikommt. Theo-logisch und didaktisch kann es hier nur um eine Syn-these gehen: Ebenso wenig wie es biblisch-theolo-gisch gute Gründe gibt, den menschlichen Leib zugeißeln, ihn platonisch als Kerker der Seele abzuwer-ten, so wenig motiviert die biblisch-christliche Tradi-tion zu einer Überhöhung des Körperlichen im Sinneder Wettbewerbskultur des eingangs beschriebenenKörper- und Schönheitskults der Gegenwart.

Zwischen beiden Extremen, einer fetischistischenAufwertung des Leiblichen (Transzendenzverlust)und seiner sündhaften Abwertung, gilt es aus reli-gionspädagogischer Perspektive insbesondere beiKindern und Jugendlichen deren kritische Wahr-nehmungs-, Reflexions-, Urteils- und verantwortlicheGestaltungskompetenz zu schulen und zu fördern.

1.3. Kulturpsychologische Anmerkungen„Man sieht nur mit dem Herzen gut“ – das Bekennt-nis zu den inneren Werten hört sich zwar politischkorrekt an, ist aber empirisch falsch. Nicht das Herz,sondern das Auge entscheidet, und deshalb bleibtdie fleckige Banane beim Einkaufen genauso chan-cenlos wie die unattraktive Bewerberin im Vorstel-lungsgespräch. Schönheit gewinnt überall, und dieErfahrung widerlegt den Vorrang der inneren Wertepermanent. Für den ersten Eindruck (und für alleweiteren) zählt das Aussehen mehr als der Charak-ter. Gut sein ist gut, gut aussehen ist besser. Schön-heit ist zu einem wichtigen Mittel im sozialen undberuflichen Wettbewerb geworden.

Das Gegenteil wird zwar oft behauptet. Wenn

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsInformationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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130 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

aber Schönheit unwichtig ist, warum- geben die Deutschen pro Kopf und Jahr durch-

schnittlich 150–180 Euro nur für Anti-Aging-Pro-dukte aus (www.wdr.de/tv/markt/sendungsbei-traege/2010/0517/02_anti-aging.jsp) und einVielfaches mehr für „normale“ Kosmetik, Körper-pflegemittel, Kleidung, Fit- und Wellness;

- ist dann ein signifikanter Anstieg im Verbrauchdes Nervengifts Botox nachweisbar, das sichinnerhalb von nur 10 Jahren vom klinischen Me-dikament mit eng begrenzter Indikation zum Li-festyleprodukt gewandelt hat; (www.morgen-post.de/berlin/article1079123/Zahl_der_Tierver-suche_in_Berlin_steigt.html);

- gehört die Ästhetische Chirurgie zu den Wachs-tumsbranchen auf dem medizinischen Sektor;

- verzichtet die Zeitschrift „BRIGITTE“ zwar medien-wirksam auf Profimodels, lässt aber ihre Modevon Amateuren präsentieren, die in ihrem Ausse-hen und ihren Körpermaßen sichtbar nicht demDurchschnitt ihrer Leserinnen entsprechen;

- besteht eine wissenschaftlich erwiesene Korrela-tion zwischen Attraktivität und sozialer Wahrneh-mung, aus der ein unmittelbarer Zusammenhangvon Ästhetik und Sympathie resultiert, der dazuführt, dass attraktive Menschen häufiger mit po-sitiven Persönlichkeitsmerkmalen assoziiert wer-den als unattraktive(www.beautycheck.de/cmsms/index.php/ueber-sicht);

- lassen wir uns von schön gestalteten Weinetiket-ten und Bucheinbänden beeinflussen und ver-brauchen jährlich meterweise Geschenkpapier,wenn angeblich nur der Inhalt zählt?

Beim Thema „Schönheit“ zeigen sich unsere per-sönlichen und gesellschaftlichen Widersprüche be-sonders deutlich; die Diskrepanz zwischen öffentli-chem Bekenntnis und privater Überzeugung wirdhier unübersehbar. Das ist weder verwerflich nochaußergewöhnlich und psychologisch mit demWunsch nach Anerkennung zu erklären: Gerade inmoralischen Fragen geben wir uns gerne konform,halten uns an den Grundsatz der „sozialen Er-wünschtheit“ und sagen das, was als gesellschaft-licher Konsens gilt. Und der lautet beim ThemaSchönheit: „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ –obwohl das nicht nur lebensfern ist, sondern

psychologisch längst widerlegt wurde (vgl. zuletztFR, 29.12.2010, S. 22). Wir sind schon immer Augen-menschen gewesen, die sich durch einen schönenAnblick verführen lassen (Gen. 3,6). Und das giltselbst dann, wenn der schöne Schein trügt oder ak-zeptiert wird, dass uns neben der Kultur des Sehenseine gleichermaßen bedeutsame Kultur der Anspra-che, des Wortes und des Hörens (Gott sprach / HöreIsrael!) prägt.

Die Diskrepanz zwischen öffentlichem Bekennt-nis und privater Überzeugung ist als soziales Regula-tiv durchaus sinnvoll, weil es hilft, Konflikte zu ver-meiden, die sich auf der diskursiven Ebene nicht lö-sen lassen, m. a. W.: Es hat wenig Sinn, gut gestyltüber die Priorität der inneren Werte zu diskutieren.

Die Kehrseite dieser Dominanz des Ästhetischenist der teilweise enorme soziale und materielleDruck, einem Ideal von Schönheit zu entsprechen,das physisch weder möglich noch erstrebenwert ist.Die Bevorzugung schöner Menschen in fast allen Be-reichen des Lebens ist zu offensichtlich, um sie zuignorieren. Wer gut aussieht, hat vom Kindesalter anüberall Vorteile, bekommt größere Aufmerksamkeit,mehr Sympathien und bessere Chancen. Verstärktdurch die mediale Dauerpräsenz faltenfreier und sili-kongepolsterter Menschen entsteht dadurch aller-dings ein Zerrbild von Schönheit, das die menschli-che Vielfalt ignoriert, mit hohen gesundheitlichenRisiken verbunden steht und am Ende nur noch vir-tuell realisierbar ist.

2. Didaktische Konsequenzen

Gutes Aussehen ist wichtig, seine Bedeutung für dasSelbstwertgefühl, die soziale Integration und denberuflichen Erfolg sollte nicht unterschätzt werden.Wo sonst, wenn nicht bei unseren Schülern und beiunseren eigenen Kindern, erweist sich die Behaup-tung von der Priorität der inneren Werte als so der-artig falsch und vordergründig? Warum haben wirFreude an schönen Dingen und achten bei unsselbst auf Kleidung, Frisur und Schmuck? Und wa-rum stört uns, wenn andere ihr Äußeres vernachläs-sigen – wenn man angeblich nur „mit dem Herzengut sieht“?

Die soziale Bedeutung ästhetischer Kriterien be-steht unabhängig vom Alter; Schönheit ist kein The-

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsInformationen für Lehrende

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ma einer bestimmten Generation. Aber unsere Schü-ler sind auf ihrem Weg zwischen Kindheit und Er-wachsenwerden viel intensiver auf der Suche nachihrem persönlichen Stil, nach der Kongruenz von In-nen und Außen, von Selbst- und Fremdbild undnach dem, was sie einmalig und unverwechselbarmacht. Sie experimentieren häufiger, investieren vielZeit und Geld in ihr Äußeres, probieren sich aus,orientieren sich an den Trends ihrer peergroup. Allesmuss stimmen: Frisur, Kosmetik, Kleidung, Fingernä-gel, Accessoires. Aussehen schafft Identität, ver-mittelt Zugehörigkeit und signalisiert Abgrenzung:dezent geschminkt, modisch gekleidet oder auffälligtätowiert und aggressiv gepierct zeigen (nicht nur!)Jugendliche, wer sie sind und wie sie gesehen wer-den möchten. Gelebte Werte hatten schon immerauch eine ästhetische bzw. visuelle Seite, das warbei den Mönchen schon so und setzt sich fort bis zuden Punks und „Emos“ unserer Tage.

Für die Schüler gilt deshalb, was wir bei unsereneigenen Kindern täglich beobachten: Aussehen istwichtig, und ein gesundes Bewusstsein dafür zu ent-wickeln zählt als Lebenskompetenz zu den Erzie-hungsaufgaben, vor der wir als Eltern und als Leh-rer / innen stehen. Schönheit ist mehr als reine An-sichtssache, und das Streben danach ist wederverwerflich noch oberflächlich, sondern zählt zumWesensmerkmal des Menschen als Geschöpf undEbenbild in seiner leiblich-seelischen Einheit. Unsselbst und andere bzw. anderes schön zu finden(oder auch nicht), ist weder gut noch böse, sonderngehört als Ausdruck der Freude an der Schöpfungzur kreativen Seite unseres Kulturauftrags und zeigt,dass wir mit allen Sinnen leben. Schönheit ist nichtalles, und sie ist oftmals auch nicht das Wichtigste,aber sie hat ihren Platz in unserem Leben. Christolo-gisch formuliert: Wenn Gott in Jesus ChristusMensch, das heißt Fleisch und Blut geworden ist,dann kann Leiblichkeit und ihre Achtung nicht perse schlecht, sündhaft und verwerflich sein. Hier stößtein asketisches Menschheitsideal an seine christolo-gischen und theologischen Grenzen. Auch biblischgilt Gesundheit als ein Heil und Krankheit als ein Un-heil. Jesus heilt Kranke und stellt ihre körperlicheUnversehrtheit wieder her. Als griechische Überset-zung ist der Christos der Gesalbte. Körperpflege undkosmetisches Ritual sind danach nicht unbedingtAusdruck sündhafter Eitelkeit.

Die Klassenstufe 9/10 ist das beste Alter für dieBehandlung dieses Themas, in Klassenstufe 7/8 istder intra- und intergeschlechtliche Entwicklungs-unterschied noch zu groß, hier käme das Thema ein-deutig zu früh. In Klasse 9/10 liegt es lehrplankon-form an der Schnittstelle der Themenfelder „Liebe,Partnerschaft und Sexualität“ sowie „Gerechtigkeitund Menschenwürde“. Beim Thema Schönheit gehtes um gelebtes Leben im Kontext von theologischerAnthropologie und Rechtfertigungslehre: um Selbst-findung und Selbstwertgefühl, Selbst- und Fremd-wahrnehmung, Sein und Schein, um Sehnsüchte,Trugbilder, Klischees – und auch um ein bisschenRealismus.

Allerdings ist damit zu rechnen, dass trotz Neu-gier und Interesse irgendwann die Frage kommt, dieimmer gestellt wird, wenn es um Themen geht, dieaußerhalb des Kanons der klassischen RU-Inhalte lie-gen: „Was hat Schönheit denn mit Reli zu tun“?

Der Religionsunterricht zielt zuletzt immer aufdie Frage, ob und wie gelingendes Leben unter denBedingungen von Endlichkeit möglich ist. Alle The-men, sowohl die Klassiker wie die Exoten im Lehr-plan, zielen auf die Deutung des Lebens in seinerBegrenztheit. Hier eine Sprache zu finden, die Erfah-rungen symbolisch verdichtet, zur Deutung vonExistenz befähigt und zum Handeln ermutigt, ist dieAufgabe des Religionsunterrichts. Die Frage: „Washat das mit Reli zu tun?“ hat, so verstanden, nebender didaktischen auch eine existentielle Wurzel.„Was hat das mit Reli zu tun?“ ist äquivalent mit:„Was hat das mit dem Leben zu tun?“

Beim Thema Schönheit liegt diese Verbindungauf der Hand, und so genügen wenige Worte, umunseren Schülern zu antworten: „Was mit dem Le-ben zu tun hat, hat auch mit Reli zu tun. Und Schön-heit hat mit dem Leben zu tun!“

Das Thema ist also ein Glücksfall für einen le-bensnahen Religionsunterricht.

3. Konzeption der Materialien undSkizzierung angestrebter Lernziele

Die vorliegende Abhandlung bietet eine ausgearbei-tete achtstündige Unterrichtseinheit einschließlichder benötigten Materialien (M1–M13). Damit sollenfolgende übergeordnete Lernziele auf der kogniti-

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsInformationen für Lehrende

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ven, affektiven und pragmatischen Lernebene er-reicht werden:Die Schülerinnen und Schüler sollen- die emotionale, soziale, wirtschaftliche, kulturelle

und religiös-ethische Bedeutung des PhänomensSchönheit erkennen (kognitiv);

- sich bewusst machen, welche Bedeutung Schön-heit für ihr persönliches Wohlbefinden und ihrensozialen Stellenwert hat (affektiv);

- ihre eigene Haltung zum Thema Schönheit kom-munizieren, überprüfen und ggf. ändern (prag-matisch).

Die Unterrichtseinheit wurde primär für den Ein-satz im Evangelischen Religionsunterricht konzipiert,sie kann aber genauso gut überkonfessionell sowieim Ethikunterricht verwendet werden.

4. Zum Verlauf der Unterrichtseinheit (M1–M13)1. Stunde: Als Impuls wird eine PowerPoint-Präsen-

tation mit Bildern zum Thema „Schönheit beiMensch, Natur, Technik“ vorgeführt. Beispielevon Landschaften, Blumen, Tieren, Menschenund von technischen Gegenständen verdeut-lichen dabei, in welcher Vielfalt uns Schönheitbegegnet. Die Bilder werden zunächst kommen-tarlos gezeigt, anschließend werden die Schülergefragt, ob sie einen Zusammenhang zwischenden Motiven erkennen. Nachdem der Begriff„Schönheit“ genannt wurde, werden mehrereBeispiele gezeigt (z.B. der Ausschnitt eines mas-siv tätowierten und gepiercten Körpers, eineSpinne oder eine fette Kröte), bei denen man er-warten kann, dass sie mehrheitlich nicht als„schön“ wahrgenommen werden, um die Grenzezwischen Schönheit und Hässlichkeit zu erörtern.Für die nächste Unterrichtsphase werden dieSchüler in fünf Gruppen eingeteilt (Gruppen-puzzle), jede Gruppe bekommt eine Frage (M1),die sie in einem Schreibgespräch beantwortensoll. Die Antworten werden im Plenum präsen-tiert und vertiefend besprochen.

Aus urheberrechtlichen Gründen wird auf dieVeröffentlichung von geeigneten Bildern für diePowerPoint-Präsentation verzichtet. Wir verwei-sen auf das Internet, wo man bspw. unter

www.fotocommunity.de einen riesigen Fundusan Bildern findet.

2. Stunde: Nach dem Rekurs auf den Inhalt der letz-ten Stunde wird ein AB mit Aphorismen zumThema Schönheit ausgeteilt (M2), die nach denangegebenen Arbeitsaufträgen in Partnerarbeitzu bearbeiten sind. Die Ergebnisse werden in ei-nem UG ausgewertet und verglichen. Vertiefendist dann danach zu fragen, welche dieser Aussa-gen aufgrund ihres Alters immer noch oder nichtmehr zeitgemäß sind und ob und warum bspw.der Zusammenhang von Schönheit und Geld,Schönheit und Anstand oder Schönheit undGlück heute ggf. anders formuliert werden müs-ste.

3. Stunde: Im Mittelpunkt der Stunde steht der Fra-gebogen (M3) für eine arbeitsteilige Gruppenar-beit, der so zu bearbeiten ist, dass jede Gruppenur einen Fragenkomplex beantwortet. In der Er-gebnissicherung sollen die Ergebnisse und derErarbeitungsprozess dokumentiert werden.

4. Stunde: Ziel der Stunde ist die Erarbeitung vonSchönheitskriterien anhand von Bildern attrakti-ver Menschen. Dafür wird ein Arbeitsblatt ausge-teilt, das jeweils ein weibliches und ein männli-ches Gesicht zeigt. Die Schüler sollen die Gesich-ter vermessen und anhand der Ergebnissebestimmte Merkmale erarbeiten, die zu einem at-traktiven Gesicht gehören (Proportionen, Sym-metrie, Kindchenschema). Die Ergebnisse werdenschriftlich festgehalten (Tafel), anschließend wirdvertiefend nach der Universalität dieser Kriteriengefragt: Gibt es attraktive Gesichter, die diesenKriterien nicht entsprechen?

Aus urheberrechtlichen Gründen wird auf dieVeröffentlichung von geeigneten Bildern für dasArbeitsblatt verzichtet. Wir verweisen auf dasInternet als Fundort für geeignetes Bildmaterial.

Zur Vorbereitung der nächsten Stunde wer-den die Schüler aufgefordert, ein Bild von sichselbst (alternativ von einer anderen Person) aufeinem USB-Stick mitzubringen.

5. Stunde: Als Impuls wird ein Videoclip („Dove Evo-

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsInformationen für Lehrende

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lution“) gezeigt, der die Möglichkeiten der digita-len Bildmanipulation beispielhaft demonstriert(www.youtube.com/watch?v=omBfg3UwkYM).Das Fazit am Ende des Clips „No wonder our per-ception of beauty is distortet“ wird übersetzt undkurz besprochen. Anschließend sollen die Schülerund Schülerinnen ihr mitgebrachtes Bild mit Hilfeeines einfachen und frei verfügbaren Bildbear-beitungsprogramms (www.foto-freeware.de/cos-metic-guide-lite.php) verändern. Diese praktischeÜbung bietet eine gute Möglichkeit, erste prakti-sche Erfahrungen in der Technik der digitalenBildmanipulation zu sammeln. Für dieses The-mensegment muss man evtl. zwei Schulstundeneinplanen.

6. Stunde: Zu Beginn wird eine Folie mit gemorph-ten, d.h. digital erzeugten und modifiziertenFrauen- und Männergesichtern (M4) gezeigt undbesprochen. In arbeitsteiliger Gruppenarbeit(M5) werden die Bilder nach den Kriterien Attrak-tivität, Sympathie, Intelligenz und Erfolg beurteiltund eine Rangliste erstellt. Wichtig: Jede Gruppebehandelt nur ein Kriterium, und die Gruppensollen während der anschließenden Arbeitsphasenicht miteinander kommunizieren. Das (für dieSchüler erstaunliche) Ergebnis: Die Favoriten sindimmer dieselben, und der sympathischste, intelli-genteste und erfolgreichste Typ hat immer auchdas attraktivste Gesicht wird auf OHF festgehal-ten (M6), anschließend wird die Frage gestellt,ob dieses Ergebnis verallgemeinerbar ist undwelche Konsequenzen das hat. Zur Vertiefungwird (M7) gelesen und im UG vertieft: Was istdran an der Priorität der inneren Werte? Urteilenwir doch mehr nach dem äußeren Schein? Woherkommt es, dass wir in unserem Urteil bzgl. At-traktivität unabhängig voneinander so frappie-rend übereinstimmen? Die Ergebnisse werden alsTafelanschrieb festgehalten. Als Hausaufgabesollen die S auf www.beautycheck.de weiter re-cherchieren und sich schriftlich zur These „Schö-ne Menschen haben es leichter“ äußern. (Mehr dazu unterwww.beautycheck.de/cmsms/index.php/virtuel-le-schoenheit)

7. Stunde: Am Anfang steht als Impuls die Tafelan-

schrieb „Wa(h)re Schönheit“. Die Ambivalenz desWortspiels wird herausgearbeitet, anschließendwird die Lerngruppe zu einer Textarbeit in Vierer-gruppen eingeteilt. Jeweils zwei Schüler bearbei-ten einen Text, in denen sich ein ästhetischerChirurg (Text A, M8) und ein Model-Scout (Text B,M9) zum Thema Schönheit äußern. Die Gruppen-arbeit besteht aus zwei Phasen: Die Schüler lesenzuerst ihre Texte und stellen sich diese danngegenseitig vor. In der zweiten Phase wird eineSammlung von Fragen ausgeteilt (M10), die sichjeweils nicht auf den eigenen Text beziehen, son-dern auf den Text des Gruppenpartners, d.h. werden Text des Schönheitschirurgen gelesen hat,stellt Fragen, die sich auf die Äußerungen desModel-Scouts beziehen u.u. Ziel ist eine Intensi-vierung der Partnerarbeit und ein vertieftes Text-verständnis.

8. Stunde: Als Impuls wird eine Folie mit der Abbil-dung der Statue „David“ von Michelangelo (M11)mit dem Ziel gezeigt, den König des alten Testa-ments als Verkörperung der Synthese von Machtund Schönheit vorzustellen. Anschließend wer-den in arbeitsteiliger Gruppenarbeit biblischeTexte, in denen es um Schönheit geht (M12), an-hand eines Beobachtungsrasters (M13) bearbei-tet. Die Ergebnisse werden anschließend vorge-tragen, als Tafelanschrieb festgehalten und ge-meinsam erörtert.

Literatur

Dirk Alpermann, Spieglein, Spieglein an der Wand ...,in: Schönberger Hefte 3/2007, S.18–22.

Peter Brokemper, Schönheit – ein Projektbuch, Mülheim a. d. Ruhr 2009.

Umberto Ecco, Die Geschichte der Schönheit, München 2006.

Ulrich Renz, Schönheit – eine Wissenschaft für sich,Berlin 2006.

Veronika Szentpétery, „Die gedopte Elite“(28.06.2008)

www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,560804,00html

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsInformationen für Lehrende

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134 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

M1

1. Wann ist jemand / etwas schön?

2. Haben wir eine übereinstimmende Vorstellung von Schönheit?

3. Ist Schönheit wichtig?

4. Was zählt mehr: Das Aussehen oder der Charakter?

5. Haben Frauen und Männer unterschiedliche Auffassungen von Schönheit?

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM1

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135Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM2

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M2

Aus: Schönheit – ein Projektbuch. © Mühlheim: Verlag an der Ruhr, 2009, S. 12

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136 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

M3

1. Schöne Menschen haben ...

eine schlanke Figur (Frauen)einen athletischen Körper (Männer)ein symmetrisches Gesicht blonde Haarehelle Hautdunkle Hautblaue Augengrüne Augenbraune Augenweiße Zähneglatte Hauteinen Waschbrettbauch (Männer)einen knackigen Po (Männer, Frauen)einen straffen Busen (Frauen)90-60-90 (Frauen)eine Körpergröße von mehr als 180 cmein Alter von unter 35 Jahreneinen Drei-Tage-Bart (Männer)ein paar Falten als Zeichen der Reife

2. Worauf achten Sie besonders, wenn Sie einem

Menschen zum ersten Mal begegnest?

(Entscheide nach Wichtigkeit von 1–13)

AugenMundStimmeSprache (Hochdeutsch, Dialekt)GrößeGeschlechtHaareHändeKleidungGeruchFigurallgemein: auf ein gepflegtes Äußeres

ich lasse mich durch Äußerlichkeiten nicht beeinflussen

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM3

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3. Was trifft auf Sie zu?

Mein Aussehen ist mir sehr wichtig weniger wichtig egalMein Aussehen ist anderen sehr wichtig weniger wichtig egalDas Aussehen anderer ist mir sehr wichtig weniger wichtig egalIch achte besonders auf meine Figur meine Frisur die Kleidung

Kosmetik den Stil der anderenGutes Aussehen ist bei Frauen wichtiger als bei Männern

bei Männern wichtiger als bei Frauenbei beiden gleich wichtig

4. Wie wichtig ist das Aussehen für ...

den beruflichen Erfolg sehr wichtig weniger wichtig unwichtigdas Selbstwertgefühl sehr wichtig weniger wichtig unwichtigSympathie/Antipathie sehr wichtig weniger wichtig unwichtigdie Freundschaft sehr wichtig weniger wichtig unwichtigdie Liebe sehr wichtig weniger wichtig unwichtig

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137Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

M4

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM4

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1 2 3

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4 5 6

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M5

Gruppe 1

Welche Gesichter finden Sie attraktiv? Markieren Sie jeweils auf der Skala von 1 (überhaupt nicht attraktiv) bis10 (äußerst attraktiv).

Gruppe 2

Welche Personen finden Sie sympathisch? Markieren Sie jeweils auf der Skala von 1 (überhaupt nicht sympa-thisch) bis 10 (äußerst sympathisch).

Gruppe 3

Welche Personen halten Sie für intelligent? Markieren Sie jeweils auf der Skala von 1 (überhaupt nicht intelli-gent) bis 10 (äußerst intelligent).

Gruppe 4

Welche der abgebildeten Personen halten Sie für erfolgreich? Markieren Sie jeweils auf der Skala von 1 (über-haupt nicht erfolgreich) bis 10 (äußerst erfolgreich).

Gruppe 5

Welche der abgebildeten Personen halten Sie für kreativ? Markieren Sie jeweils auf der Skala von 1 (über-haupt nicht kreativ) bis 10 (äußerst kreativ).

M6

♀ attraktiv sympathisch intelligent erfolgreich kreativ

1

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♂ attraktiv sympathisch intelligent erfolgreich kreativ

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Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM5, M6

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Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM7, M8/1

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M7 Attraktivität und soziale Wahrnehmung

Haben attraktive Menschen Vorteile? Werden siebesser behandelt als weniger attraktive? Bekommensie bessere Stellenangebote? Wie wichtig ist es, aufeinem Bewerbungsfoto gut auszusehen? Glaubtman bisherigen Untersuchungen, so muss man die-se Fragen bejahen. Sie zeigen, dass Menschen umsopositiver eingeschätzt werden, je attraktiver sie aus-sehen.

Um dies zu überprüfen, legten wir Versuchsper-sonen unterschiedlich attraktive Gesichter vor (unat-traktiv, mittelmäßig attraktiv und attraktiv) und ba-ten sie, die gezeigten Personen bezüglich folgenderEigenschaften zu beurteilen: Alle diese Gesichtergibt es in Wirklichkeit nicht. Sie wurden im Compu-ter erzeugt. Trotzdem schreiben ihnen Versuchsper-sonen bestimmte Charaktereigenschaften zu.

Die Ergebnisse sind erschreckend eindeutig. Esgibt ein ausgeprägtes Attraktivitätsstereotyp: Je at-traktiver die präsentierten Gesichter waren, desto er-folgreicher, zufriedener, sympathischer, intelligen-ter, geselliger, zugänglicher, aufregender, kreativerund fleißiger wurden die Personen eingeschätzt. Fürunattraktive Gesichter gilt das Gegenteil: Je un -attraktiver, desto eher wurden negative Eigenschaf-ten unterstellt.

Der Zusammenhang zwischen Attraktivität undpositiven Persönlichkeitseigenschaften ist dabei so-gar sehr stark. Frühere Untersuchungen konntenkeine so starken Effekte finden. Dies liegt daran,dass wir – im Gegensatz zu anderen Untersuchung -en – Störfaktoren wie Kleidung, Lächeln, Frisur,Schmuck, Beleuchtungseffekte oder wechselndeBildhintergründe konsequent ausgeschaltet haben –was übrig bleibt, ist nur das (mehr oder weniger at-traktive) Gesicht an sich.

Ein kleiner Trost für alle, die mit ihrem Aussehenweniger zufrieden sind: Im Alltag spielen solche Fak-toren, die man in einem Experiment bewusst unter-drückt, eine wichtige Rolle. Und durch das richtigeOutfit (z. B. auf einem Bewerbungsfoto bei der Job-suche) kann man einem schlechten Eindruck durch-aus entgegenwirken.

Dennoch: Schöne Menschen haben einen dickenBonus. Nicht nur bei einem Flirt, sondern in allen Si-tuationen, in denen es auf den ersten Eindruck an-kommt, genießen sie viele Vorteile. Und das nur,weil wir scheinbar so aufgeklärten Menschen des 21.Jahrhunderts auf einen simplen Fehlschluss herein-fallen: „Was schön ist, ist auch gut.“

www.beautycheck.de/cmsms/index.php/soziale-wahrnehmung

ungesellig geselligunzufrieden zufrieden

faul fleißigunintelligent intelligent

fantasielos kreativunsymphatisch symphatisch

erfolglos erfolgreichlangweilig aufregend

unzugänglich zugänglichunehrlich ehrlich

M8 Was ist schön?

Es gibt heutzutage kein allgemein gültiges Schön-heitsideal, obwohl viele Menschen in der Beurtei-lung, ob eine Person schön ist, übereinstimmen. Wasin westlichen Gesellschaften als schön empfundenwird, muss nicht auch für afrikanische oder asiati-sche Kulturen gelten. Der jeweilige Schönheitsbe-

griff unterliegt kulturellen und zeitlichen Einflüssen.Im Barock galten Frauen mit ausgeprägten Rundun-gen als schön, heute kämen sie eher zur Fettabsau-gung. Eingeborene aus Neuguinea mit Tellerlippenund Knochenteilen in Ohren oder Nase könnten sichfür westeuropäische Piercings nicht begeistern.

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Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM8/2

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Was schön ist, unterliegt also gesellschaftlichenund zeitlichen Einflüssen. Besonders die veröffent-lichte Meinung in Zeitschriften und Fernsehen undganz besonders die Werbung prägen entscheidendein aktuell vorherrschendes Schönheitsideal.

Zurzeit gilt z. B. als schön, wer dem folgendenBild entspricht: schlank und rank, trainiert, abernicht muskulös und dazu prominente Rundungenan den richtigen Stellen. Dieses Schönheitsideal istjedoch nicht real, sondern ähnlich einer Fata Morga-na existiert es nur in den Köpfen und spiegelt dabeiden Zeitgeist wieder. Ähnlich der Entwicklung in derMode, die sich auch nicht gesteuert entwickelt, wer-den in den Medien solche Menschen abgebildet, wiesie nach allgemeiner zeitgenössischer Übereinstim-mung als „schön“ bezeichnet werden.

Darüber hinaus liegt Schönheit nicht nur im Au-ge des Betrachters, sondern vielmehr in der Vorstel-lung vom eigenen Selbst. „Gefalle ich mir, so wie ichbin?“ Wer dies bejahen kann, ist im subjektiven Sinnschön. Schönheit ist nicht mehr nur eine Frage derProportionen, sondern heutzutage vielmehr auch ei-ne Frage der Freiheit, Individualität und Toleranz.Das Abweichen von Normen, wie z. B. ein Piercingoder Tattoo, kann eine Ästhetik außerhalb des Zeit-geists begründen und durchaus der Schönheit die-nen.

Was aber macht Schönheit aus? – In erster Linieist Schönheit Harmonie und Ausgewogenheit derProportionen, der Farben und Formen. Schönheit istein Ganzes und aus seinen Einzelteilen nur unzu-länglich zu rekonstruieren. Sie setzt sich zusammenaus vielen kleinen, scheinbar unauffälligen Einzeltei-len, die in ihrer Summe dann das ergeben, was wirals „schön“ bezeichnen. Passen diese Einzelteile wieSteine im Mosaik gut zusammen, stimmen die Pro-portionen, dann fällt es nicht schwer Schönheit zuattestieren. Werden aber die Proportionen gestört,z. B. durch eine Hakennase im zarten Frauengesicht,ein fliehendes Kinn im schwächlichen Männerge-sicht, dann können wir keine Schönheit erkennen,auch wenn uns die Person ansonsten sympathischerscheint. Diese gestörten Proportionen müssen na-türlich so ausgeprägt sein, dass sie für jeden erkenn-bar sind.

Aber das Fehlen von Dysproportionen hat nichtautomatisch Schönheit zur Folge. Hierzu bedarf es

noch mehr, nämlich einer Ausstrahlung, die be-kanntlich von innen kommt. Die Augen als Spiegel-bild der Seele spielen hier eine ganz wesentlicheRolle. Diese können strahlen oder weinen, böse oderliebevoll schauen, sie lassen tief blicken oder sehenuns gelassen an. Wenn aber Schlupflider den Blickverstellen oder uns Tränensäcke anspringen, könnenwir dann ein Gesicht als schön empfinden? Es maginteressant aussehen und ein Charaktergesicht sein,vom Leben geprägt und gezeichnet, aber es ist nichtunbedingt schön.

Die Natur ist nicht demokratisch und verteilt dieSchönheit ungerecht. Wir haben (noch) keinen Ein-fluss darauf, wie unsere Kinder aussehen sollen, au-ßer dass schöne Eltern selten hässliche Kinder ha-ben. Aber ansonsten ist die wirkliche Schönheit einGeschenk der Natur, unverdient, aber gern ange-nommen. Wem die Schönheit in die Wiege gelegtist, der hat unverdiente Vorteile im Leben. SchöneMenschen haben es leichter im Leben. Als Kindersind sie beliebter, schließen schneller Freundschaf-ten, haben mehr soziale Kontakte. Als Erwachsenekönnen sie leichter Beziehungen knüpfen, habenmehr Möglichkeiten bei der Partnerwahl, bekom-men eher eine Stelle und werden von ihren Mitmen-schen besser beurteilt.

Eigentlich muss man für eine Schönheitsopera-tion bereits Schönheit mitbringen. Und der Chirurgkann dann das i-Tüpfelchen draufsetzen. Aber werwirklich hässlich ist, und leider gibt es auch dieseSchicksale, dem kann auch keine Schönheitsopera-tion helfen. Das eigene Schönheitsideal ist eine indi-viduelle Vorstellung, die der ästhetische Chirurg auf-decken und auf seine Realisierbarkeit hin überprü-fen muss.

Die Schönheitsoperation sollte Ihre Persönlich-keit nicht verändern, Sie sollten auch nach der Ope-ration noch Sie selbst, also authentisch sein. Die ge-lungene Korrektur der Höckernase oder des Hänge-busens, der Reithosen oder der Tränensäcke lässt Siebesser, aber noch authentisch aussehen. Außenste-hende sollten meinen, Sie hätten schon immer soausgesehen oder sähen einfach erholter und frischeraus – aber eben nicht operiert.

J. Kümpel (Plastischer Chirurg)www.schoenheitsoperationen.de/philosophie.htm

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Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM9/1

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

„Bubis sind hier nicht gefragt“

Im FR-Interview spricht Modelscout Carlos Streilüber Attraktivität, Idealmaße und die Unterschiedeim internationalen Modelgeschäft.

FR: Herr Streil, welche Rolle spielen Modelagenturenim Geschäft mit der Schönheit?

Carlos Streil: Die Hauptarbeit deutscher Model -agenturen besteht in der Vermittlung von Modelsfür Werbe- oder Katalogkunden. Als Modelscout binich außerdem für die Entdeckung neuer Gesichterzuständig.

Was heißt das?

Ich treffe unter den täglich etwa 40 Bewerbern eineAuswahl, lade sie ein, vermesse sie, mache Snaps –statische Bilder, die man mit einem Autoprospektvergleichen kann. Sie müssen zeigen, wie die Pro-portionen der Mädchen sind, wie das Verhältnis Au-ge-Nase-Mund-Wangenknochen ist, die Proportio-nen von Beinen und Oberkörper. Auf Basis der Bilderentscheiden wir über einen Modelvertrag.

Gibt es ein ideales Gesichtsmaß?

Nein, das hat man zwar mal versucht zu berechnen.Aber wenn beide Gesichtshälften gleich sind, siehtdas nicht unbedingt gut aus. Entscheidend ist nichtnur die Symmetrie, sondern auch der Blick. Anson-

sten hat sich die Industrie irgendwann überlegt,dass Klamotten am besten an Frauen in Konfektions-größe 36 aussehen, die zwischen 1,75 und 1,80 großsind und Schuhgröße 37 tragen. Der ideale Mann istzehn Zentimeter größer und maskulin, Bubis sindhier nicht gefragt. Und alles, was außerhalb der Mo-delnorm ist, wird als People bezeichnet.

Welche Models verkaufen sich am besten?

Das typische deutsche Model ist das „Mädchen vonnebenan“. Es verdient viel, weil es lacht, spontan ist.Es bringt nichts, wenn man mehr über das Model alsüber das Produkt redet. Was immer gut ankommt,ist der „Lolita-Style“, das galt schon für Claudia Schif-fer und Brigitte Bardot: Schmollmund, gesunde Aus-strahlung, toller Körper, und nach außen transpor-tieren: Was, ich?

Also tiefstapeln?

Ja. So ein Typ wie Gisele Bündchen, international alsSexbombe fotografiert, würde für den deutschenMarkt runtergestylt werden. Das Modelgeschäft rea-giert auf den Konsumenten, die Gesellschaft.

Will die deutsche Gesellschaft normale Models sehen?

Es ist eher so, dass die Werber sich überlegen, womitsie noch mehr Menschen ansprechen können. DieFirma Dove ist deswegen auf die Idee gekommen,ganz normal aussehende Frauen abzulichten. Daswaren aber größtenteils professionelle Big Size-Mo-dels.

Die Zeitschrift Brigitte arbeitet in ihren Modestre-cken nur noch mit Laien. Befürchten Sie, dass immermehr Kunden mit Laien arbeiten?

Nein. Die Leute drehen den Euro heute dreimal um,bevor sie ihn ausgeben. Sogar Onlinejobs, bei denender Kopf des Models nicht im Bild ist, werden anAgenturen vergeben. Katalogkunden geht es nichtnur darum, sechs Seiten zu fotografieren, sondernganze Kollektionen. Da braucht man Profis.

M9 Frankfurter Rundschau-Interview mit Modelscout Carlos Streil

Carlos Streil bringt Schönheit und Mode zusammenFoto: © Christoph Boeckheler

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Viele Models kommen heute aus Osteuropa. Wieunterscheiden sie sich von deutschen Models?

Sie sind weiblicher. Die deutsche Frau bekennt sichungern zu ihrer Weiblichkeit, während osteuropäi-sche Mädchen schon im Teeniealter in High Heelsherumlaufen. Das deutsche Model ist im Zwiespaltzwischen seiner Erziehung, die ihm sagt, es muss mitKöpfchen sein Geld verdienen, und seinen Chancenauf dem Modelmarkt. Das deutsche Model will stu-dieren. Dabei können Models mit Minimalaufwandzu Topverdienern werden.

Sind die Gagen so hoch?

Früher waren sie niedriger. Heute liegt eine hoch-wertige Tagesgage zwischen 2 500 Euro bis 6 000 Eu-ro.

Wie viel Prozent kriegen Sie davon und wie viel bekommen Sie vom Kunden?

25 Prozent, das ist Vorschrift. Was wir vom Kundenkriegen, sage ich Ihnen bestimmt nicht.

Wie haben sich die Gagen entwickelt?

Ende der 80er Jahre sind sie durch Supermodels wieCindy Crawford oder Cristy Turlington explodiert.Plötzlich wurde Karl Lagerfeld bei Interviews nichtmehr gefragt, was seine Mode ausmacht, sondern,ob denn die Schiffer laufe? Eine schwere Zeit für dieIndustrie. Jeder, der was auf sich hielt, musste dieseMädchen buchen. In den vergangenen zehn Jahrenhat sich das wieder eingependelt, aber zu höherenGagen als vor 30 Jahren. Nur heute kennt man dieMädchen, die viel verdienen, oft nicht.

Gibt es ein Modezentrum in Deutschland?

Früher waren das Düsseldorf, Hamburg und Mün-chen. Berlin ist ein bisschen gekommen, aber nichtso wie gewollt. Berlin ist keine Geldmacherstadt,sondern eine kreative.

Sind Modelagenturen abhängig davon, wie es derWerbebranche geht?

Klar. 2009 waren nicht nur Banken in der Krise, wirhatten Einbußen von fünf Prozent. Da wurden stattfünf Models plötzlich nur noch zwei gebucht, man-che wollten neu über Gagenhöhen diskutieren. Da-für hatten wir im vergangenen Jahr viel mehr Ge-winn als 2008.

Hat Botox den Markt verändert?

Nicht besonders. Im Ausland, wo der natürliche Typnicht so gefragt ist, kann man sich auch einen Ange-lina-Jolie-Mund spritzen lassen, aber wenn das Mo-del dann lacht, ist alles vorbei. In Deutschland über-legen Mädchen eher, sich den Busen vergrößern zulassen, um mehr Jobs zu bekommen. Eines unsererModels hat sich ein schönes B-Körbchen machen las-sen, richtig Geld ausgegeben, die verdient viel imMoment. Wir würden so was aber niemals vorschrei-ben.

Wie steht die deutsche Modelbranche im internatio-nalen Vergleich da?

Sie gehört zu den weltweit führenden. Der deutscheBooker denkt kommerziell, er setzt um, was der Kun-de haben will. Denn ein Modelagent ist kein Trend-setter, wie das gerne im Fernsehen verkauft wird.Der bekannteste deutsche Modelmacher ist PeymanAmin, ehemals in der Jury von Heidi Klums Fern-sehshow Germanys next Topmodel, obwohl er nochnie ein Model groß gemacht hat.

Was halten Sie von der Sendung?

Sie hat nichts mit dem Geschäft zu tun, das sind Mi-ni-Celebrities mit hohem Bekanntheitsgrad. Es gehtum Einschaltquoten. Und ich sitze dann mit Elternda, die am Anfang denken, sie haben einen Idiotenvor sich sitzen. Die muss ich leider enttäuschen.

www.fr-online.de/wirtschaft/-bubis-sind-hier-nicht-gefragt-/-/1472780/6809818/-/index.html

142 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM9/2

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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143Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM10, M11

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M11

M10

Schönheitschirurg

In den Medien werden nur solche Menschen abge-bildet, die auch nach allgemeiner zeitgenössischerÜbereinstimmung als „schön“ bezeichnet werden.

Wer zu sich selbst Ja sagen kann, ist im subjektivenSinn schön.

Kann ein Gesicht mit Tränensäcken und Schlupfli-dern schön sein?

Schöne Menschen haben es leichter im Leben...

Die Natur (…) verteilt die Schönheit ungerecht.

Ein Schönheitschirurg kann hässliche Menschennicht schön, sondern schöne Menschen nur schönermachen.

Model-Scout

Das typische deutsche Model ist das „Mädchen vonnebenan“.

In Deutschland überlegen Mädchen eher, sich denBusen vergrößern zu lassen, um mehr Jobs zu be-kommen. (…) Wir würden so was aber niemals vor-schreiben.

Models können mit Minimalaufwand zu Topver -dienern werden.

Foto: © David Gaya (CC BY-SA 3.0), unter: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Michelangelos_David.jpg?use-

lang=de [1211.2012]

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144 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM12/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M12 Schönheit in der Bibel

10 Es kam aber eine Hungersnot in das Land. Da zogAbram hinab nach Ägypten, dass er sich dort als einFremdling aufhielte; denn der Hunger war groß imLande. 11 Und als er nahe an Ägypten war, sprach erzu Sarai, seiner Frau: Siehe, ich weiß, dass du eineschöne Frau bist. 12 Wenn dich nun die Ägypter se-hen, so werden sie sagen: Das ist seine Frau, undwerden mich umbringen und dich leben lassen. 13So sage doch, du seist meine Schwester, auf dass mi-r's wohlgehe um deinetwillen und ich am Lebenbleibe um deinetwillen. 14 Als nun Abram nachÄgypten kam, sahen die Ägypter, dass seine Frausehr schön war. 15 Und die Großen des Pharao sa-hen sie und priesen sie vor ihm. Da wurde sie in dasHaus des Pharao gebracht. 16 Und er tat Abram Gu-tes um ihretwillen; und er bekam Schafe, Rinder,Esel, Knechte und Mägde, Eselinnen und Kamele. 17Aber der HERR plagte den Pharao und sein Haus mitgroßen Plagen um Sarais, Abrams Frau, willen. 18 Darief der Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm:Warum hast du mir das angetan? Warum sagtest dumir nicht, dass sie deine Frau ist? 19 Warum sprachstdu denn: Sie ist meine Schwester -, sodass ich sie mirzur Frau nahm? Und nun siehe, da hast du deineFrau; nimm sie und zieh hin. 20 Und der Pharao be-stellte Leute um seinetwillen, dass sie ihn geleitetenund seine Frau und alles, was er hatte. Gen12

Und als er nun einen Monat lang bei ihm gewesenwar, 15 sprach Laban zu Jakob: Zwar bist du meinVerwandter, aber solltest du mir darum umsonstdienen? Sage an, was soll dein Lohn sein? 16 Labanaber hatte zwei Töchter; die ältere hieß Lea, die jün-gere Rahel. 17 Aber Leas Augen waren ohne Glanz,Rahel dagegen war schön von Gestalt und von An-gesicht. 18 Und Jakob gewann Rahel lieb undsprach: Ich will dir sieben Jahre um Rahel, deine jün-gere Tochter, dienen. 19 Laban antwortete: Es istbesser, ich gebe sie dir als einem andern; bleib beimir. 20 So diente Jakob um Rahel sieben Jahre, undes kam ihm vor, als wären's einzelne Tage, so liebhatte er sie. 21 Und Jakob sprach zu Laban: Gib mirnun meine Braut; denn die Zeit ist da, dass ich zu ihrgehe. 22 Da lud Laban alle Leute des Ortes ein undmachte ein Hochzeitsmahl. 23 Am Abend aber nahmer seine Tochter Lea und brachte sie zu Jakob; und

er ging zu ihr. 24 Und Laban gab seiner Tochter Leaseine Magd Silpa zur Leibmagd. 25 Am Morgen aber,siehe, da war es Lea. Und Jakob sprach zu Laban:Warum hast du mir das angetan? Habe ich dir nichtum Rahel gedient? Warum hast du mich denn betro-gen? 26 Laban antwortete: Es ist nicht Sitte in un-serm Lande, dass man die Jüngere weggebe vor derÄlteren. 27 Halte mit dieser die Hochzeitswoche, sowill ich dir die andere auch geben für den Dienst,den du bei mir noch weitere sieben Jahre leistensollst. 28 Das tat Jakob und hielt die Hochzeitswo-che. Da gab ihm Laban seine Tochter Rahel zur Frau.29 Und er gab seiner Tochter Rahel seine Magd Bilhazur Leibmagd. 30 So ging Jakob auch zu Rahel einund hatte Rahel lieber als Lea; und er diente bei ihmnoch weitere sieben Jahre. Gen.29

1 Josef wurde hinab nach Ägypten geführt, und Po-tifar, ein ägyptischer Mann, des Pharao Kämmererund Oberster der Leibwache, kaufte ihn von den Is-maelitern, die ihn hinabgebracht hatten. 2 Und derHERR war mit Josef, sodass er ein Mann wurde, demalles glückte. Und er war in seines Herrn, des Ägyp-ters, Hause. 3 Und sein Herr sah, dass der HERR mitihm war; denn alles, was er tat, das ließ der HERR inseiner Hand glücken, 4 sodass er Gnade fand vor sei-nem Herrn und sein Diener wurde. Der setzte ihnüber sein Haus; und alles, was er hatte, tat er unterseine Hände. 5 Und von der Zeit an, da er ihn übersein Haus und alle seine Güter gesetzt hatte, [a]seg-nete der HERR des Ägypters Haus um Josefs willen,und es war lauter Segen des HERRN in allem, was erhatte, zu Hause und auf dem Felde. 6 Darum ließ eralles unter Josefs Händen, was er hatte, und küm-merte sich, da er ihn hatte, um nichts außer um das,was er aß und trank. Und Josef war schön an Gestaltund hübsch von Angesicht.7 Und es begab sich da-nach, dass seines Herrn Frau ihre Augen auf Josefwarf und sprach: Lege dich zu mir! 8 Er weigerte sichaber und sprach zu ihr: Siehe, mein Herr kümmertsich, da er mich hat, um nichts, was im Hause ist,und alles, was er hat, das hat er unter meine Händegetan; 9 er ist in diesem Hause nicht größer als ichund er hat mir nichts vorenthalten außer dir, weil duseine Frau bist. Wie sollte ich denn nun ein solchgroßes Übel tun und gegen Gott sündigen? 10 Und

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145Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM12/2

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

sie bedrängte Josef mit solchen Worten täglich.Aber er gehorchte ihr nicht, dass er sich zu ihr legteund bei ihr wäre. 11 Es begab sich eines Tages, dassJosef in das Haus ging, seine Arbeit zu tun, und keinMensch vom Gesinde des Hauses war dabei. 12 Undsie erwischte ihn bei seinem Kleid und sprach: Legedich zu mir! Aber er ließ das Kleid in ihrer Hand undfloh und lief zum Hause hinaus. 13 Als sie nun sah,dass er sein Kleid in ihrer Hand ließ und hinaus ent-floh, 14 rief sie das Gesinde ihres Hauses und sprachzu ihnen: Seht, er hat uns den hebräischen Mannhergebracht, dass der seinen Mutwillen mit uns trei-be. Er kam zu mir herein und wollte sich zu mir le-gen; aber ich rief mit lauter Stimme. 15 Und als erhörte, dass ich ein Geschrei machte und rief, da ließer sein Kleid bei mir und floh und lief hinaus. 16 Undsie legte sein Kleid neben sich, bis sein Herr heim-kam, 17 und sagte zu ihm eben dieselben Worte undsprach: Der hebräische Knecht, den du uns herge-bracht hast, kam zu mir herein und wollte seinenMutwillen mit mir treiben. 18 Als ich aber ein Ge-schrei machte und rief, da ließ er sein Kleid bei mirund floh hinaus. Gen.39

Es war ein Mann von Benjamin, mit Namen Kisch, einSohn Abiëls, des Sohnes Zerors, des Sohnes Becho-rats, des Sohnes Afiachs, des Sohnes eines Benjami-niters, ein angesehener Mann. 2 Der hatte einenSohn mit Namen Saul; der war ein junger, schönerMann und es war niemand unter den Israeliten soschön wie er, eines Hauptes länger als alles Volk. 3Es hatte aber Kisch, der Vater Sauls, die Eselinnenverloren. Und er sprach zu seinem Sohn Saul: Nimmeinen der Knechte mit dir, mach dich auf, geh hinund suche die Eselinnen. 4 Und sie gingen durch dasGebirge Ephraim und durch das Gebiet von Schali-scha und fanden sie nicht; sie gingen durch das Ge-biet von Schaalim und sie waren nicht da; sie gingendurchs Gebiet von Benjamin und fanden sie nicht. 5Als sie aber ins Gebiet von Zuf kamen, sprach Saulzu dem Knecht, der bei ihm war: Komm, lass unswieder heimgehen; mein Vater könnte sich sonststatt um die Eselinnen um uns sorgen. 1.Sam.9

1 Und der HERR sprach zu Samuel: Wie lange trägstdu Leid um Saul, den ich verworfen habe, dass ernicht mehr König sei über Israel? Fülle dein Horn mitÖl und geh hin: Ich will dich senden zu dem Bethle-

hemiter Isai; denn unter seinen Söhnen hab ich mireinen zum König ersehen. 2 Samuel aber sprach: Wiekann ich hingehen? Saul wird's erfahren und michtöten. Der HERR sprach: Nimm eine junge Kuh mitdir und sprich: Ich bin gekommen, dem HERRN zuopfern. 3 Und du sollst Isai zum Opfer laden. Da willich dich wissen lassen, was du tun sollst, dass du mirden salbst, den ich dir nennen werde. 4 Samuel tat,wie ihm der HERR gesagt hatte, und kam nach Be-thlehem. Da entsetzten sich die Ältesten der Stadtund gingen ihm entgegen und sprachen: Bedeutetdein Kommen Heil? 5 Er sprach: Ja, es bedeutet Heil!Ich bin gekommen, dem HERRN zu opfern; heiligteuch und kommt mit mir zum Opfer. Und er heiligteden Isai und seine Söhne und lud sie zum Opfer. 6Als sie nun kamen, sah er den Eliab an und dachte:Fürwahr, da steht vor dem HERRN sein Gesalbter. 7Aber der HERR sprach zu Samuel: Sieh nicht an seinAussehen und seinen hohen Wuchs; ich habe ihnverworfen. Denn nicht sieht der HERR auf das, wor-auf ein Mensch sieht. Ein Mensch sieht, was vor Au-gen ist; der HERR aber sieht das Herz an.8 Da rief Isaiden Abinadab und ließ ihn an Samuel vorüberge-hen. Und er sprach: Auch diesen hat der HERR nichterwählt.9 Da ließ Isai vorübergehen Schamma. Eraber sprach: Auch diesen hat der HERR nicht er-wählt. 10 So ließ Isai seine sieben Söhne an Samuelvorübergehen; aber Samuel sprach zu Isai: Der HERRhat keinen von ihnen erwählt. 11 Und Samuelsprach zu Isai: Sind das die Knaben alle? Er abersprach: Es ist noch übrig der jüngste; siehe, er hütetdie Schafe. Da sprach Samuel zu Isai: Sende hin undlass ihn holen; denn wir werden uns nicht niederset-zen, bis er hierher kommt. 12 Da sandte er hin undließ ihn holen. Und er war bräunlich, mit schönenAugen und von guter Gestalt. Und der HERR sprach:Auf, salbe ihn, denn der ist's. 13 Da nahm Samuelsein Ölhorn und salbte ihn mitten unter seinen Brü-dern. Und der Geist des HERRN geriet über Davidvon dem Tag an und weiterhin. Samuel aber machtesich auf und ging nach Rama. 1.Sam.16

1 Und als das Jahr um war, zur Zeit, da die Königeins Feld zu ziehen pflegen, sandte David Joab undseine Männer mit ihm und ganz Israel, damit sie dasLand der Ammoniter verheerten und Rabba belager-ten. David aber blieb in Jerusalem.2 Und es begabsich, dass David um den Abend aufstand von seinem

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Lager und sich auf dem Dach des Königshauses er-ging; da sah er vom Dach aus eine Frau sich wa-schen; und die Frau war von sehr schöner Gestalt.3Und David sandte hin und ließ nach der Frau fragenund man sagte: Das ist doch Batseba, die Tochter Eli-ams, die Frau Urias, des Hetiters.4 Und David sandteBoten hin und ließ sie holen. Und als sie zu ihm kam,wohnte er ihr bei; sie aber hatte sich gerade gerei-nigt von ihrer Unreinheit. Und sie kehrte in ihr Hauszurück.5 Und die Frau ward schwanger und sandtehin und ließ David sagen: Ich bin schwanger gewor-den.6 David aber sandte zu Joab: Sende zu mir Uria,den Hetiter. Und Joab sandte Uria zu David.7 Undals Uria zu ihm kam, fragte David, ob es mit Joabund mit dem Heer und mit dem Krieg gut stünde.8Und David sprach zu Uria: Geh hinab in dein Hausund wasch deine Füße. Und als Uria aus des KönigsHaus hinausging, wurde ihm ein Geschenk des Kö-nigs nachgetragen.9 Aber Uria legte sich schlafenvor der Tür des Königshauses, wo alle Kriegsleuteseines Herrn lagen, und ging nicht hinab in seinHaus.10 Als man aber David ansagte: Uria ist nichthinab in sein Haus gegangen, sprach David zu ihm:Bist du nicht von weit her gekommen? Warum bistdu nicht hinab in dein Haus gegangen?11 Uria abersprach zu David: Die Lade und Israel und Juda woh-nen in Zelten und Joab, mein Herr, und meinesHerrn Kriegsleute liegen auf freiem Felde, und ichsollte in mein Haus gehen, um zu essen und zu trin-ken und bei meiner Frau zu liegen? So wahr derHERR lebt und so wahr du lebst: Ich tue so etwasnicht.12 David sprach zu Uria: Bleib heute hier, mor-gen will ich dich gehen lassen. So blieb Uria in Jeru-salem an diesem Tage und auch am nächsten.13Und David lud ihn ein, sodass er bei ihm aß undtrank, und machte ihn betrunken. Aber am Abendging er hinaus, um sich schlafen zu legen auf seinLager bei den Männern seines Herrn, und ging nichthinab in sein Haus.14 Am andern Morgen schriebDavid einen Brief an Joab und sandte ihn durchUria.15 Er schrieb aber in dem Brief: Stellt Uria vor-nehin, wo der Kampf am härtesten ist, und ziehteuch hinter ihm zurück, dass er erschlagen werdeund sterbe.16 Als nun Joab die Stadt belagerte, stell-te er Uria dorthin, wo er wusste, dass streitbare Män-ner standen.17 Und als die Männer der Stadt einenAusfall machten und mit Joab kämpften, fielen eini-ge vom Volk, von den Männern Davids, und Uria, der

Hetiter, starb auch.18 Da sandte Joab hin und ließDavid alles sagen, was sich bei dem Kampf begebenhatte,19 und gebot dem Boten: Wenn du dem Königalles bis zu Ende gesagt hast, was sich bei demKampf begeben hat,20 und siehst, dass der Königzornig wird und zu dir spricht: Warum seid ihr so na-he an die Stadt herangerückt im Kampf? Wisst ihrnicht, dass von der Mauer geschossen wird?21 Wererschlug Abimelech, den Sohn Jerubbaals? Warfnicht eine Frau einen Mühlstein auf ihn von derMauer, sodass er in Tebez starb? Warum seid ihr sonahe an die Mauer herangerückt?, - so sollst du sa-gen: Auch dein Knecht Uria, der Hetiter, ist tot.22Der Bote ging hin und kam und sagte David alles,weswegen Joab ihn gesandt hatte.23 Und der Botesprach zu David: Die Männer waren uns übermäch-tig und zogen heraus aufs Feld gegen uns; wir abergingen gegen sie an bis an den Eingang des To-res.24 Und die Schützen schossen von der Mauer aufdeine Knechte und töteten einige von den Männerndes Königs, und auch Uria, dein Knecht, der Hetiter,ist tot.25 David sprach zum Boten: So sollst du Joabsagen: »Lass dir das nicht leid sein, denn dasSchwert frisst bald diesen, bald jenen. Fahre fort mitdem Kampf gegen die Stadt und zerstöre sie.« Sosollst du ihm Mut zusprechen.26 Und als Urias Frauhörte, dass ihr Mann Uria tot war, hielt sie die Toten-klage um ihren Eheherrn.27 Sobald sie aber ausge-trauert hatte, sandte David hin und ließ sie in seinHaus holen, und sie wurde seine Frau und gebar ihmeinen Sohn. Aber dem HERRN missfiel die Tat, dieDavid getan hatte. 2. Sam11

1 Siehe, meine Freundin, du bist schön!Siehe, schön bist du!Deine Augen sind wie Taubenaugenhinter deinem Schleier.Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen,die herabsteigen vom Gebirge Gilead.2 Deine Zähne sind wie eine Herde geschorenerSchafe,die aus der Schwemme kommen;alle haben sie Zwillinge,und keines unter ihnen ist unfruchtbar.3 Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbeneSchnur,und dein Mund ist lieblich.Deine Schläfen sind hinter deinem Schleier

146 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM12/3

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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147Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM12/4

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

wie eine Scheibe vom Granatapfel.4 Dein Hals ist wie der Turm Davids,mit Brustwehr gebaut,an der tausend Schilde hangen,lauter Schilde der Starken.5 Deine beiden Brüste sind wie junge Zwillinge vonGazellen,die unter den Lilien weiden.6 Bis der Tag kühl wirdund die Schatten schwinden,will ich zum Myrrhenberge gehenund zum Weihrauchhügel.7 Du bist wunderbar schön, meine Freundin,und kein Makel ist an dir. Hld.4

10 Mein Freund ist weiß und rot,auserkoren unter vielen Tausenden.11 Sein Haupt ist das feinste Gold.Seine Locken sind kraus,schwarz wie ein Rabe.12 Seine Augen sind wie Taubenan den Wasserbächen,

sie baden in Milchund sitzen an reichen Wassern.13 Seine Wangen sind wie Balsambeete,in denen Gewürzkräuter wachsen.Seine Lippen sind wie Lilien,die von fließender Myrrhe triefen.14 Seine Finger sind wie goldene Stäbe,voller Türkise.Sein Leib ist wie reines Elfenbein,mit Saphiren geschmückt.15 Seine Beine sind wie Marmorsäulen,gegründet auf goldenen Füßen.Seine Gestalt ist wie der Libanon,auserwählt wie Zedern.16 Sein Mund ist süß,und alles an ihm ist lieblich. -So ist mein Freund; ja, mein Freund ist so,ihr Töchter Jerusalems! Hld.4

Sämtliche Bibeltexte wurden entnommen aus: EKD (Hg.), Die Bibel, Revidierte Fassung von 1984 (Luthertext), Stuttgart 1984,

S. 13f., 32f., 44f., 291f., 301, 330f., 658f. Die Rechte liegen bei der Deutschen Bibelgesellschaft Stuttgart.

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148 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Schön und gesund – Facetten des modernen KörperkultsM13

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M13

Beschreibung Zusammenhang Folgen Beurteilung

Gen. 12

Gen. 29

Gen. 39

1. Sam. 9

1. Sam. 16

2. Sam. 11

Hld. 4

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149Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenChristian Schmidt

Modul 4a

Grafik ©: cleevesmedia nach Ch. Schmidt

Informationen für Lehrende ....................................................................................................................................................150Literatur ..............................................................................................................................................................................................155Didaktische Überlegungen ..........................................................................................................................................................155

Materialien für Lernende (M) ..................................................................................................................................................157M1 – So eine Langeweile .............................................................................................................................................................157M2 – So viele Positionen ..............................................................................................................................................................157M3 – Die janusköpfige Rolle der Medien ................................................................................................................................158M4 – Reichweite des Dopingproblems ...................................................................................................................................159M5 – Rechtslage ..............................................................................................................................................................................159M6 – Koalitionen und verhärtete Fronten ..............................................................................................................................160M7 – Zielkonflikte ...........................................................................................................................................................................160M8 – Abschließende Bewertung ...............................................................................................................................................161

Mediensystem

Informations-, Kontroll-, Unterhaltungsfunktion und Quotendruck

Politische Ent -

scheidungsträger

für einen fairen Wettkampf ohne Doping; Blick für

andere gesellschaft -liche Gruppen etc.

Sportler und

Funktionäre

für einen fairen Wett-kampf ohne Doping;Vorbildfunktion des

Sport, Attraktivität fürdie Zuschauer etc.

Ausnahme I

für die Legalisierung

Ausnahme II

für die Legalisierung

Schul- und

Breitensport

für einen fairen Wettbewerb ohne

Doping

Sportinteressierte

mit unterschiedlichenAnforderungen (Fair-ness, Erfolg der eige-nen Mannschaft etc.)

Andere

mit unterschiedlichen Anforderungen

Inter -

depen-

denzen:

Rege -lungen,Interes-

sen, Forde-rungen

Inter -

depen-

denzen:

Rege -lungen,Interes-

sen, Forde-rungen

Ausnahmen?

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150 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

„Es ist verboten, Arzneimittel zu Dopingzwecken imSport in den Verkehr zu bringen, zu verschreibenoder bei anderen anzuwenden. […] Es ist verboten,Arzneimittel oder Wirkstoffe, die im Anhang zu die-sem Gesetz genannte Stoffe sind oder enthalten, innicht geringer Menge zu Dopingzwecken im Sportzu besitzen, […].“ In dieser Formulierung regelt dasArzneimittelgesetz für Ärzte, Trainer und Betreuerdas Verbot von Doping und sieht für den Miss-brauchsfall eine Geldstrafe bzw. eine Haftstrafe vonbis zu drei Jahren vor. (Vgl. §6a AMG und §95 AMG)Zusammen mit Änderungen im Gesetz zur Verbesse-rung der Bekämpfung des Dopings im Sport wurdenam 24. Oktober 2007 die legislativen Voraussetzun-gen für ein Verbot von medikamentösen Leistungs-steigerungen im Sport geschaffen. (Vgl. Bundesge-setzblatt Jahrgang 2007, S. 2510) Neben dieserrechtsetzenden Aufgabe fördert das Bundesinnen-ministerium den Kampf gegen Doping durch eineUnterstützung der Nationalen-Anti-Doping-Agentur(NADA) und der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA).Zu deren Aufgaben zählen die Überwachung derSportler bzw. der Sportveranstaltungen sowie diePrävention gegen Dopingmissbrauch. Scheinen hier-mit die Aktivitäten der politischen Entscheidungsträ-ger im Wesentlichen vollständig, so wird der Rufnach einer Verschärfung der Maßnahmen im Kampfgegen Doping immer dann laut, wenn ein erfolgrei-cher und beliebter Sportler als „schwarzes Schaf“identifiziert und des Dopings überführt wurde. Umden Sport fair und damit attraktiv für Aktive und Zu-schauer zu halten, müssen diese Dopingsünder mitder ganzen Härte des Gesetzes straf- und sportrecht-lich zur Verantwortung gezogen werden. Neben die-se Argumentation reiht sich zur selben Zeit jedochauch immer die Forderung, Doping endlich frei zugeben. Da die Dopingbekämpfung offensichtlich nurlückenhaft funktioniert, die Täter den Ermittlern inihren Methoden voraus sind und dies auch finanzie-ren, Zuschauer wiederkehrende Rekorde sehen wol-len und Sportler diesem Verlangen nur allzu gernenachzukommen versuchen, müssen endlich faire Be-dingungen geschaffen werden, die darin bestehen,dass alle alle Möglichkeiten zur medizinischen Leis-tungssteigerung im Sport haben. In dieses Span-nungsfeld reihen sich dann verschiedenste Ereig-nisse, die das Pendel in die eine oder andere Rich-tung ausschlagen lassen: die Unterstützung des

gedopten Tour-de-France-Siegers Contador durchden spanischen Ministerpräsidenten ebenso wie diezweifelhafte Sperre für Claudia Pechstein unterscheinbarer Umgehung der Unschuldsvermutung.

Verlässt man die Ebene der sportlichen und da-mit gesellschaftlichen Eliten und wendet den Blickzu gesellschaftlichen Gruppierungen, deren Motiva-tion zur Leistungssteigerung zwar nicht in erhöhtermedialer Aufmerksamkeit, gleichwohl aber im ge-wünschten persönlichen Erfolg zu suchen ist,scheint die Frage nach einer Legalisierung des Do-pings eine vollkommen andere zu sein. Es ist nach-weisbar, dass Menschen vermehrt selber zu Metho-den der Leistungserhöhung oder der Stimmungser-hellung im privaten Kontext greifen, sich alsoebenso dopen. So stieg die Zahl der verordnetenAntidepressiva im Zeitraum von 2000 bis 2009 beiberufstätigen Männern und Frauen um mehr als dasDoppelte an. (Vgl. Homepage GKV-Netzwerk) Offen-sichtlich führt im beruflichen Kontext, gleichsamdem Spitzensport, eine verstärkte Konkurrenzsitua-tion dazu, dass viele Berufstätige sich den beruf-lichen und evtl. damit verbunden den privaten Er-folg durch medikamentöse Unterstützung zu sichernversuchen.

Wie gestaltete sich nun das Konfliktfeld ausRechtsdokumenten und Akteuren im breiten gesell-schaftlichen und Spitzensportbereich, ebenso im le-gislativen, die sich in die angedeutete Diskussioneinbringen? Lassen sich Debatten wie diese über-haupt auf der Ebene der Nationalstaaten regeln,spielt der Sport selbst, aber auch zunehmend dasBerufsleben, seine größte Rolle im internationalenKontext? Und von welcher gemeinsamen juristi-schen Grundlage ist eigentlich auszugehen, will manfür die Verschärfung der Regeln bzw. für die Legali-sierung plädieren. Welche Akteure vertreten in derDebatte eigentlich welche Positionen? Welche Kon-sequenzen würde eine Legalisierung des Dopingsim Spitzensportbereich für Breitensportler und ge-forderte Berufstätige nach sich ziehen? Diese Fragenaufzugreifen, ist Gegenstand der sich anschließen-den Überlegungen, um sodann aufzuzeigen, wiedieses komplexe sozialwissenschaftliche Thema –denn der Gegenstand ist eine gesellschaftliche De-batte mit dem Ziel einer allgemeinverbindlichen be-friedigenden Regelung – unterrichtlich aufbereitetwerden kann.

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenInformationen für Lehrende

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Juristisches FundamentNeben den oben genannten gesetzlichen Regelun-gen im Arzneimittelrecht gibt es keine weiteren Ge-setze zum Umgang mit leistungssteigernden Mittelnfür den Sport. Erhebt man nun die Forderung, dievorhandenen Gesetze zu verändern, so ist zunächstdie Frage zu stellen, ob der Gesetzgeber hierfürüberhaupt eine Zuständigkeit hat oder ob es nichtvielmehr der Selbstorganisation der Sportverbändeaufgegeben ist, Regularien für den Umgang mit Do-ping zu schaffen. Warum eigentlich sollte sich derGesetzgeber für eine allgemeinverbindliche Lösungengagieren, betrifft die Regelung doch nur einenkleinen Teil des politischen Gesamtverbands? Rei-chen die auftretenden Wettbewerbsverzerrungenund die damit anhängenden Benachteiligungen ei-niger Sportler wirklich aus, um in einem aufwendi-gen legislativen Verfahren eine härtere Regelung zuschaffen? Oder sind es die gesundheitlichen Risiken,denen sich Spitzensportler aussetzen, die zum Ge-setzgebungsakt auffordern? Und ist es überhauptdie Aufgabe des Staates, eventuell verabschiedeteGesetze durchzusetzen, notfalls mit Gewalt? Vondiesen Fragen ausgehend, liegt die Vermutung na-he, die Verantwortung für den Umgang mit Dopingbei den Sportverbänden zu suchen. Und in der Tatengagieren sich die Verbände, allen voran der Deut-sche Olympische Sportbund (DOSB) und die Natio-nale Anti-Doping-Agentur (NADA) im Kampf gegenDoping. Sie werden hierfür mit Mitteln des Bundesunterstützt.

Andererseits ist Doping nicht mehr ausschließlichein Phänomen einer gesellschaftlichen Elite vonSportlern. Vielmehr sind unerlaubte pharmakologi-sche Formen der Leistungssteigerung auch im Brei-ten- und Schulsport, ebenso im Arbeitsleben ange-kommen. Gemäß dem KOLIBRI-Bericht des Robert-Koch-Instituts gibt es bei Teilen der Bevölkerungeine grundsätzliche Bereitschaft, „durch die unre-flektierte Anwendung von Mitteln ihr physische undpsychische Fitness zu verbessern.“ Mit Blick auf dasBerufsleben wird angeführt, „dass das Risiko, zu Mit-teln zu greifen, um die kognitiven oder sozialen Fä-higkeiten zu verbessern, besonders unter Erwerbstä-tigen erhöht ist.“ (Lange 2011, S. 8) An dieser Stellewürde sich die Frage nach einer über das Arzneimit-telgesetz hinausgehenden Zuständigkeit des Ge-setzgebers neu stellen. Hier finden sich zwar Rege-

lungen, die für eine große Gruppe an Menschen,nämlich Spitzensportler und „Durchschnittsbürger“bindend sind, d.h. der Gesetzgeber verbietet es Trai-nern, Ärzten und Betreuern leistungssteigernde Me-dikamente bei anderen generell anzuwenden.Weitergehende Regelungen bzw. der Rückzug desGesetzgebers von der Verantwortlichkeit in diesemBereich sind aber nicht in Sicht. Ähnlich dem Sportversucht dieser durch Unterstützung von Präventiv-maßnahmen und die Etablierung von Beauftragtenseinem Regelungswillen nachzukommen. Wieso nunaber diese verhältnismäßige Passivität, auch im Ver-gleich zu anderen Politikbereichen?

Nun kann eine Regelung seine Wirkung bei aufdie Bundesrepublik beschränkten Sportveranstal-tung nur erzielen, sofern der Gesetzgeber diese Re-gelung auch durchzusetzen imstande ist. Dass eshieran krankt wird jedoch deutlich, wenn man be-denkt, dass es sicherlich möglich ist, über Verbändeorganisierte Sportveranstaltungen zu kontrollieren,den insbesondere in Fitnessstudios betriebenen in-dividuellen Sport hingegen nicht. Berücksichtigtman zudem, dass der sportliche Wettbewerb nichtauf diesen organisierten und nationalen Kontext re-duziert bleibt, es sogar das Ziel jedes Sportlers ist,sich mit Gegnern anderer Länder zu messen, sobleibt eine i.e.S. nationale gesetzliche Regelung inihrer Entfaltung limitiert. Deshalb ist es die Aufgabeder international organisierten Sport und Anti-Do-ping-Agenturen, einen wie auch immer fairen Wett-bewerb sicherzustellen. Sie werden dabei also ledig-lich durch die politischen Entscheidungsträger inden Ländern und durch supranationale Organisatio-nen unterstützt. Ein Versuch einer solchen Ver-bandsregelung ist der 2003 verabschiedete, 2004 inKraft getretene und 2009 erweiterte Anti-Doping-Code der Welt-Anti-Doping-Agentur. Von der Be-schreibung eines fairen Wettbewerbs ausgehend,der nicht nur eine sportliche sondern auch eine nor-mative Dimension hat (Vgl. S. 8), sind hier verboteneSubstanzen aufgelistet, Nachweisverfahren zugelas-sen, Überprüfung und Sanktionen bei Vergehen ge-regelt. Dieser Anti-Doping-Code besitzt eine ver-gleichbare Bindekraft wie eine gesetzliche Regelung,weil die Akzeptanz der nationalen Verbände Voraus-setzung für die Teilnahme an Olympischen Spielenist.

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenInformationen für Lehrende

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Im Bereich außerhalb des Sports gilt vergleichba-res, dass nämlich der Kontext einer gesetzlichen Re-gelung und die Durchsetzbarkeit unklar sind. Ist esÄrzten nur erlaubt, bestimmte leistungs- und stim-mungssteigernde Medikamente zu verordnen, wenndies medizinisch geboten ist, so bleibt die Frage, in-wiefern dieses Gesetz Anwendung beim Verkauf di-verser „Fitnessgetränke“ im Supermarkt oder imSportstudio findet. Zudem ist der Grenzbereich zwi-schen den verschiedenen Krankheitsbildern, die eineVerordnung von Antidepressiva oder anderen form -erhaltenden oder -steigernden Medikamenten not-wendig bzw. nicht notwendig machen ebenso flie-ßend wie der zwischen der Dosierung der Medika-mente, die einer Krankheit entgegenwirken und abeinem bestimmten Maß eine andere, suchtbefriedi-gende Wirkung erzielen soll. Deshalb wird auch hierauf Prävention bzw. auf Anreize durch betriebsinter-ne Gesundheitsförderung gesetzt.

Sind die rechtlichen Seiten damit knapp aufge-zeigt, jedoch offen, stellt sich dennoch die Frage,warum die genannten Regelungen des Gesetzge-bers und der Sportverbände nicht die erhofften Wir-kungen erzielen. Ein Verbot der Verabreichung ver-botener Substanzen durch ein arzneimittelrechtlicheRegelungen und die volle Verantwortlichkeit desSportlers; beide Seiten der am Sport Beteiligten,nämlich Betreuer und Sportler, sind doch in juristi-sche Arrangements eingebunden und bei Vergehenzu sanktionieren. Welche Mechanismen führen beieinigen Sportlern zu Anreizen, sich diesen Vorgabenzu entziehen? Können verschärfte Regeln einerseitsdazu führen, den Sportler zu regelkonformen Ver-halten zu bringen? Oder muss man nicht vielmehrdie Meinung vertreten, dass die Regularien wirken,Vergehen jedoch durch ein skandalisierendes undan der Quote orientiertes Mediensystem in einerForm ausgebreitet werden, die dem fairen Sport undseinen Bemühungen ebenso wenig gerecht werden,wie der durch Gesundheitsbehörden betriebenenPräventionsarbeit? Diese Fragen gilt es zu beantwor-ten, will man diese sport- und gesellschaftspoliti-sche Debatte auszuleuchten versuchen. Zunächstsoll jedoch kurz das Feld derjenigen abgesteckt wer-den, die in einer gesellschaftlichen Debatte von derDopingproblematik betroffen sind.

Akteure und ihr PositionenEntsprechend der Gesetzesnovelle aus dem Jahr2007, also derjenigen der schwarz-roten Koalition,sieht auch der Koalitionsvertrag, den CDU, CSU undFDP im Jahr 2009 unterzeichnet haben, „die konse-quente Bekämpfung von Doping im Zusammenwir-ken von sportlichen Sanktionen und strafrechtlichenVerfolgungsmaßnahmen“ vor. (S. 79) Bewusst wirdhierbei jedoch keine weitere Verschärfung der be-stehenden gesetzlichen Regelungen angestrebt.Vielmehr sind für dieses – auch politische Ziel – dieAutonomie des Sports und seiner Verbände vonzentraler Bedeutung. Maßgebend für diese Verein-barung der Regierungspartner ist deren Bewusstseindafür, im nationalen Kontext nur bedingt in der La-ge zu sein, eine ausreichend befriedigende Lösungzu finden (vgl. oben). Deshalb werden durch das zu-ständige Bundesinnenministerium alle Maßnahmenunterstützt, die im Zusammenhang mit dem DOSBund der NADA eine europäische bzw. internationaleLösung zum Ziel haben. Neben den Regierungspar-teien haben auch die derzeitigen Oppositionspar-teien einen sauberen, dopingfreien Sport zum Ziel.Exemplarisch lautet es im Bundestagswahlpro-gramm 2009 der Grünen: „Durch den Sport werdenweltweit Brücken gebaut und Verbindungen ge-knüpft. Wir fordern einen ‚sauberen‘, dopingfreienund fairen Spitzensport.“ (S. 193ff.)

Die Rolle der Nationalen Anti-Doping-Agenturund des Deutschen Olympischen Sportbunds sindklar und deckungsgleich mit den Positionen andererSportverbände. So unterhält der Deutsche Fußball-bund neben weiteren Ausschüssen eine spezielleAnti-Doping-Kommission, die präventiv, kontrollie-rend und sanktionierend tätig ist. Auch andere Spit-zensportverbände, so der Deutsche Skiverband oderder Deutsche Schwimmverband, haben das Ziel, imEinklang mit der NADA/WADA für saubere, doping-freie Wettkämpfe zu sorgen.

Stimmen die Meinungen der Sportverbände zurBekämpfung des Dopings im Sport grundsätzlichüberein, so scheren aus dem Feld der Sportler undOrganisatoren einige wenige Meinungen aus, die ei-ne echte Bekämpfung des Dopings im Sport für aus-sichtslos halten und deshalb eine Legalisierung for-dern. So forderte im Jahr 2002 der Organisator derDeutschland-Rundfahrt Reitz eine Freigabe des Do-pings. „Wir haben es hier mit Fahrern zu tun, die

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nicht nur für, sondern auch von ihrem Sport leben.Jede Sekretärin und jeder Autoverkäufer lässt sich,wenn es ihm einmal nicht so gut geht, doch auch et-was verschreiben, um am nächsten Tag wieder zurArbeit gehen zu können. Warum also soll das bei Be-rufsrennfahrern anders sein?“ (Reitz 2002) Ebensoargumentiert der alpine Skifahrer Bode Miller (vgl.Miller 2007) für eine Freigabe sämtlicher Medika-mente und Verfahren zur Leistungssteigerung.

Nimmt man das Mediensystem als weiteren Ak-teur in die hier angestellten Überlegungen mit auf,gilt es festzustellen, dass dieses seiner eigenen Logikfolgt. Entsprechend seiner wesentlichen Funktionenund der Notwendigkeit, mit den angebotenen Pro-dukten Geld zu verdienen, agieren Vertreter dervierten Gewalt in der ihnen immanenten Art: kri-tisch, investigativ, werbewirksam; eben immer aufder Suche nach guten Schlagzeilen. Hinzu kommt,dass im Bereich des Sports die notwendige berich-terstattende Neutralität u.U. geringer ist, weil esdoch um die „schönste Nebensache der Welt geht“.Die Rolle der Medien und der Sportberichterstat-tung ist zudem in der den Medien eigenen interme-diären Stellung zu verstehen. Als vermittelnde In-stanz steht dieser Akteur zwischen den politischenund sportlichen Eliten einerseits, über die es zu be-richten gilt, und den Medienkonsumenten anderer-seits, deren Nachfrage nach Information, Unterhal-tung und Kritik bedient werden muss.

Neben den oben genannten Akteuren gibt esnoch eine Vielzahl solcher „Anderer“, die in der De-batte um die mit dem Doping verbundenen Proble-me Position beziehen und diese auf die eine oderandere Weise beeinflussen. Neben den Breitensport-lern und den Sportinteressierten gilt es hier insbe-sondere solche zu erwähnen, die mit Doping im en-geren Sinne weniger konfrontiert sind. Im weiterenSinne, in der Form einer anderweitigen Leistungssti-mulation, wären aber beispielsweise die oben er-wähnten Berufstätigen, die zur Steigerung ihrer Ar-beitsfähigkeit Medikamente einsetzen, ebenso vonweitergehenden Veränderungen des Rechtskontextsbzw. anderer Normsetzungen betroffen. (Zur Wah-rung der Übersicht wurde in der vorangestelltenSkizze darauf verzichtet, die Beziehung zwischenden einzelnen Akteuren hervorzuheben; es ist je-doch selbstredend, dass die verschiedenen Akteurejeweils durch vielseitige Beziehungen miteinander

verbunden sind.)Die Komplexität dieses zunächst sportpolitischen

Falls wird durch die Auflistung und kurze Skizzie-rung wesentlicher Akteure sowie deren Beziehun-gen in den verschiedenen gesellschaftlichen Teilbe-reichen deutlich. Für die didaktischen Überlegungenund die Auswahl des Materials für eine sozialwissen-schaftliche Aufbereitung dieses Themas wird dieserAspekt eine besondere Relevanz erlangen. BisherigeÜberlegungen sind nämlich die Grundlage für dieBestandsaufnahme und die Möglichkeitserörterungder geplanten Konfliktanalyse. Zuvor muss jedochfür die Phase der Urteilsbildung dargelegt werden,welche Konsequenzen eine weitergehende Ver-schärfung durch die Legislative bzw. die Sportver-bände haben könnte. Vergleichbare Überlegungenmüssen ebenso für eine Legalisierung der bisher un-erlaubten Leistungssteigerung angestellt werden.

Konsequenzen bestimmter EntscheidungenBetrachtet man die Ausführungen des Anti-Doping-Codes, so kann man sich eine weitergehende Ver-schärfung des Sportrechts zur Bekämpfung von Do-ping durch Überwachung der Sportler nur schwervorstellen. Bereits jetzt müssen sich Leistungssport-ler quasi jederzeit für eine Dopingkontrolle zur Ver-fügung stellen. Dazu müssen private- und Trainings-aufenthalte für jeden Tag eines Jahres angegebenwerden. Bereits hier ist eine Maßnahme getroffen,die den sauberen Sportler unter Generalverdachtstellt und in seiner persönlichen Freiheit als Privat-person ebenso wie als Sportler erheblich ein-schränkt. Eine Verschärfung würde dies noch ver-stärken. Neben der verfassungsrechtlichen ebensowie ethischen Fragestellung, ob dies mit dem Bilddes Menschen vereinbar ist, kann der Sport hier-durch auch bei den nachwachsenden Generationenerheblich an Reputation verlieren. Wer möchte sichschon freiwillig in ein solches Überwachungssystembegeben, insbesondere bei Sportarten, deren Öf-fentlichkeit gering ist und in denen alternative Le-bensplanungen auch finanziell reizvoll sein können.

Nun könnte man sich ebenso eine Verschärfungder Sanktionen bei gleichbleibenden Kontrollme-chanismen vorstellen. Eine überwiegend auf zweiJahre festgesetzte Sperre von Dopingsündern wirktoffensichtlich nicht ausreichend, um einige Sportlervom Betrug abzuhalten. Eine längere oder lebens-

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lange Strafe beispielsweise, durch die die Existenzals Sportler gefährdet würde, wirkt hier noch ab-schreckender. Auch in anderen Berufsgruppen kannein Fehlverhalten dazu führen, diesen Beruf mitsamtdem damit verbundenen Status nicht mehr ausübenzu können: Beamte können entlassen werden undÄrzten kann die Approbation entzogen werden. Wa-rum kann einem überführten Dopingsünder nichtdie Teilnahme am offiziellen Wettkampfbetrieb le-benslang untersagt werden? Warum eigentlich nurdie milde Strafe von zwei Jahren? Unabhängig da-von, dass hierdurch der juristische Ansatz einer Rein-tegration in ein gesellschaftliches Teilsystem, hier:der Sport, ausgehebelt würde, muss sich der Spit-zensport auch fragen lassen, ob eine lebenslangeStrafe eine nicht zu harte Maßnahme darstellt. Deran Spitzenleistung orientierte Sport ist oft dafür ver-antwortlich, dass die Ausrichtung auf diesen der Le-bensgegenstand junger Sportlerinnen und Sportlerist. Ausbildung und praktische Erfahrungen in ande-ren Bereichen sind mit diesem Ziel häufig nicht zuvereinen. Einen Ausschluss aus dem Bereich desSpitzensports würde die Betroffenen zumindest füreine lange Übergangszeit vor das berufliche und da-mit das soziale Aus stellen.

Da mögliche Verschärfungen also durchaus pro-blematisch sind, könnte das Sportrecht auch gelo-ckert werden. Nach dem Motto „Was nicht ausrei-chend kontrolliert werden kann, muss auch nichtverboten werden“ könnten sich die Verantwort-lichen im Sinne Bode Millers u.a. dazu entschließen,den Kampf gegen Doping einzustellen und die Ver-antwortlichkeit für die Leistungen und die eigeneGesundheit den Sportlern zu übertragen. Wenn fürjeden alles möglich ist, ist der Wettbewerb fair. Un-abhängig davon, dass der Begriff der Fairness in ei-nem solchen Fall sicherlich sehr weit im Sinne vonanything goes und nicht in einem auf gerechtenWettbewerb zielenden Verständnis verwendet wür-de, stellt sich auch hier die Frage nach den Konse-quenzen. Zum einen ist hier die Wirkung einer sol-chen Regelung auf andere gesellschaftliche Teilbe-reiche zu sehen. Insbesondere Jugendliche undBreitensportler könnten eine Legalisierung im Be-reich des Profisports dazu nutzen, auch im nicht-oder semiprofessionellen Bereich nach Möglichkei-ten der medikamentösen Leistungssteigerung zu su-chen. Ein Markt hierfür würde sich bei der entspre-

chenden Nachfrage schnell etablieren. Selbst wennman die Freigabe auf den Spitzensport beschränkt,so bleibt die bereits angedachte Frage nach derKontrollierbarkeit eines aufrecht erhaltenen Verbotsauf unteren Ebenen. Hier ist eine wirksame Kontrolleum ein Vielfaches schwieriger. Vergleichbare Ent-wicklungen könnten aber auch außerhalb der Verei-ne und Sportclubs eintreten. Wenn innerhalb einergesellschaftlichen Elite (die Frage ist, ob diese dannnoch als solche zu bezeichnen ist) Betrug als Prinzipfestgeschrieben ist, und wenn derjenige mit den be-sten Mitteln und den wenigsten Skrupeln – auchgegenüber dem eigenen Körper – am Ende der Ge-winner ist, ist es letztlich eine Frage der Zeit, bis einsolches Verhalten in allen leistungseinforderndenBereichen zu diagnostizieren ist: von der Grundschu-le bis zum Gymnasium (evtl. durch die Eltern gesteu-ert), an den Hochschulen, in Ausbildungs- und Prak-tikumsprogrammen.

Neben der verheerenden Wirkung durch dasWegfallen des Sports als Vorbild von Fairness,kommt noch eine weitere Konsequenz hinzu, die dieoben angedachte Entwicklung noch beschleunigenbzw. gravierender machen könnte. Im Falle einer Le-galisierung würden sich mafiöse Strukturen entwi-ckeln, die die derzeitigen Betrugsarten weit in denSchatten stellen. Nicht jeder ausgebildete Arzt oderChemiker könnte den Versuchungen widerstehen,eine lukrative Arbeit für einen Spitzensportler an-stelle einer weniger einträglichen Tätigkeit in einemLabor oder in einem Krankenhaus anzutreten.

Vergleichbare Konsequenzen sind sicherlich zuerwarten, wenn anstelle der Sportgerichtsbarkeit derparlamentarische Gesetzgeber für den einen oderanderen Weg votiert. Es bleibt also nach dem hierDargelegten einzig die Möglichkeit, über die Härteder Sanktionen neu nachzudenken, wenngleichauch hierbei festgehalten werden muss, dass die Hö-he des Strafmaßes nicht alleine ausschlaggebend fürdas Begehen einer Straftat ist. Andernfalls solltenMord und Totschlag als die schwerwiegendsten Ge-waltverbrechen deutlich weniger verübt werden.

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Literatur

Gagel, Walter (1995): Geschichte der politischen Bil-dung in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1989, Opladen.

Homepage GKV-Netzwerk (Hrsg.)(2011): Antidepres-siva-Verschreibungen mehr als verdoppelt, abruf-bar unter: www.gkv-netzwerk.de/CMS/main.jsf?Select_id=f33c2cad-5692-4de4-bf4b-87d7847a4307&Filter_id=select&lang=de&Message_id=7723280e-5aa8-4312-b083-6142bd4498dc&Filter_id=select&alias=true(27.12.2011)

Lange (Hrsg.)(2011): KOLIBRI. Studie zum Konsumleistungsbeeinflussender Mittel in Alltag undFreizeit, Berlin.

Miller (2007): Ein bisschen Alkohol macht dichschneller in: Die Welt online vom 17.11.2007.

Reitz (2002): Für die Freigabe in: Wiebadener Kuriervom 30.05.2002.

Didaktische Überlegungen

Der hier angedachte Vorschlag für die Realisierungder Unterrichtsskizze ist die Konfliktanalyse. Theore-tisch basiert sie auf den politikdidaktischen Ausfüh-rungen von Giesecke und Sutor; die Konfliktanalyseist seit jeher eine klassische Methode der politischenBildung. Den Prinzipien der allgemeinen und politik-didaktischen Theorie folgend, wird sie hierbei Prinzi-pien wie der Fallorientierung/Exemplarität, derSchülerorientierung, dem Kontroversitätsgebot unddem Überwältigungsverbot gerecht. Die Konflikta-nalyse ist auch deshalb eine geeignete Methode fürden sozialwissenschaftlichen Unterricht, weil ihr Zielnicht in einer bestimmten Schülermeinung oder -kenntnis besteht, sondern die Analysefähigkeit ge-sellschaftlicher Debatten zum Ziel hat. Sie fordertdie Schüler am Ende dazu auf, ein argumentativ undnormativ begründetes Urteil zu fällen (und inner-halb dieser kurzen Unterrichtsreihe kann das Ergeb-nis durchaus ein Schülerurteil sein, dass die Freigabevon Dopingmitteln favorisiert).

Die Konfliktanalyse wird typischerweise in dreiPhasen durchgeführt: In einer ersten Hauptphase,der Situationsanalyse, wird der zu behandelnde Kon-flikt vorgestellt. Hier werden die Streitfrage, die Be-deutsamkeit des Konflikts sowie Betroffene und de-ren Interessen erarbeitet. In unserem Konflikt solltenalso neben der Debatte als solcher, die mit einemaktuellen Ereignis in Verbindung gebracht wird,mindestens die in der oben angeführten Abbildungaufgelisteten Akteure inkl. deren Interessen erarbei-tet werden. Da die Gefahr besteht, dass hierbei Ma-terialien vorgegeben werden, durch die die Erarbei-tung auf einem reproduktiven Niveau verharrt, soll-ten die Schüler diese Inhalte selber ermitteln. DieInternetrecherche scheint hierbei das geeigneteMittel zu sein, immerhin finden sich Informationender großen Sportverbände, ebenso wie Rechtsdoku-mente auf den verschiedenen Onlineportalen. EineSicherung rundet diese erste Phase der Konfliktana-lyse ab. In der zweiten Hauptphase, der Möglich-keitserörterung, wird die Frage zu beantworten ver-sucht, welche Möglichkeiten die einzelnen Akteureinnerhalb eines rechtlichen Kontexts haben, ihreInteressen alleine oder gemeinsam mit anderendurchzusetzen. Mögliche Kompromisse aber auchZielkonflikte werden in dieser Phase des Unterrichts

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besprochen. War die erste Phase dieses so angeleg-ten Unterrichts noch durch ein größtmögliches Maßan Schülerselbsttätigkeit gekennzeichnet, so wirdder Unterricht an dieser Stelle etwas enger zu führensein. Die Lehrkraft wird an dieser Stelle zumindesteine moderierende Rolle einnehmen müssen, im Ge-spräch die einzelnen Akteure und ihre Zielstellun-gen sortieren, Koalitionsmöglichkeiten andenkenetc. In der Urteilsbildung als der dritten Hauptphasesollen die Lernenden den Konflikt aus ihrer Sicht be-werten und innerhalb denkbarer Optionen ein eige-nes Urteil bilden. Dabei richten sie ihre Überlegun-gen an den Kategorien der individuellen Freiheit,der Zumutbarkeit, der Legitimität und der Folgen

bestimmter Entscheidungen aus. Für Sutor, der die-se didaktische Vorgehensweise mitbegründet hat,zählt der „Verzicht auf die Behauptung absoluterWahrheit in politischen Entscheidungssituationen[…] und die Verantwortungsethik, die ‚nach Preisund nach Folgen bestimmter Entscheidungen undVerhaltensweisen fragt‘“ (zit. in: Gagel 1995, S. 265)zu den Konstituenten dieser dritten Phase von poli-tischem Unterricht. Je nach Kenntnisstand, Leis-tungsfähigkeit der Gruppe und Erfahrungen im Um-gang mit Konfliktanalysen im sozialwissenschaft-lichen Unterricht ist eine verstärkte Impulsgebungund Lenkung des Unterrichtsgeschehens auf dieoben genannten Kategorien hin notwendig.

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Material

M1 – So eine Langeweile

M2 – So viele Positionen

M3 – Die janusköpfige Rolle der Medien

M4 – Reichweite des Dopingproblems

M5 – Rechtslage

M6 – Koalitionen und verhärtete Fronten

M7 – Zielkonflikte

M8 – abschließende Bewertung

Unterrichtsphase

Situationsanalyse

Möglichkeits -

erörterung

Urteilsbildung

mögliche Unterrichtsformen und

Methoden

UG: Analyse einer Karikatur

EA: Internetrecherche

EA/UG: Textarbeit, Diskussion

UG: Analyse von Statistiken

EA: Umgang mit Gesetzestexten, RechercheGU: Diskussion

EA/UG: Textarbeit

PA/GU: Diskussion, begründete Stellungnahme

Folgender Unterrichtsverlauf wäre dem folgend denkbar:

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Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenMaterialien für Lernende M1, M2

Arbeitsvorschlag

Interpretieren Sie die Karikatur unter Berücksichtigung der Sportler, der Medien und der Zuschauer!

Arbeitsvorschlag

In der Diskussion um das Thema „Doping im Sport“ pendeln die Meinungen in einem Spannungsfeld, dasvon einer besseren Verfolgung der Dopingsünder und härteren Strafen bis hin zu einer Legalisierung jederArt der medikamentösen Leistungssteigerung reicht.

Ermitteln Sie durch die Recherche im Internet die Positionen der folgenden an diesem Konflikt beteiligtenAkteure: Vertreter der Bundesregierung, Deutscher Olympischer Sportbund, Nationale Anti-Doping-Agen-tur, Vertreter des Schul- und Breitensports! Suchen Sie darüber hinausgehend mindestens zwei Vertreter,die für eine Legalisierung von Dopingmitteln sind!

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M1 – So eine Langeweile

M2 – So viele Positionen

Karikatur: © Klaus Stuttmann, http://www.toonpool.com/user/362/files/langweilig_522465.jpg

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Die Tour de France, Olympische Spiele im Sommeroder Winter, Schwimmweltmeisterschaften und Ma-rathonveranstaltungen. Das sind nur einige Chiffren,bei denen die Medien neben den Berichten überden Sport und seine Resultaten auch immer Speku-lationen anstellen, ob die gewonnenen Wettkämpfeauch mit fairen Mitteln erzielt wurden. Zu häufigschon wurden – auch medial – fanatisch gefeierteSieger kurze Zeit später zu Feinden des Fairplay unddes Sports etikettiert. Hierzulande ist sicherlich dererste deutsche Tour-de-France-„Sieger“ Jan Ullrichbeispielgebend. Nach seinem Triumph im Jahr 1997und weiteren Zweitplatzierungen bei der größten al-ler Rundfahrten wurde er 2006 von der Tour-Teil-nahme ausgeschlossen, kurze Zeit später beendeteer seine Karriere. Vom Liebling der Medien wurde ermit der Aussage, „niemals betrogen zu haben“ zuSpottfigur in Presse, Funk und Fernsehen. Doch wieerklärt sich diese teilweise plötzlich umschlagendeBerichterstattung?

Die Logik des Mediensystems als gesellschaftli-ches Teilsystem ergibt sich aus deren intermediärenStellung zwischen denjenigen, über die zu berichtenist, und denjenigen, für die zu berichten ist. In diesertop-down-Sichtweise der medialen Vermittlung vonWirklichkeit ist es die Aufgabe des Mediensystems,

über Geschehenes zu berichten und dieses zu kom-mentieren, damit auch zu kontrollieren. Der Sport als„die schönste Nebensache der Welt“ scheint hierbeieine besondere Art der Berichterstattung und Kom-mentierung zuzulassen. Informationen dienen hierzur Unterhaltung, und die Tendenz zur Übertreibungobsiegt in vielen Medienformaten. Dieser Trend wirddann – und auch das ist der Logik des Mediensys-tems entsprechend – noch durch die Konkurrenz aufdem größer werdenden Nachrichtenmarkt verstärkt.Belegbar wird eine solche Sichtweise auf das Me-diensystem und dessen Agieren durch die Sportbe-richterstattung, wenn man das Zeitungskonsumver-halten männlicher Leser mittleren Alters betrachtet.Diese bevorzugen für Sportinformationen die Bild-Zeitung selbst dann, wenn sie für Informationen zuanderen Ereignissen eine andere Tageszeitung wäh-len. Der Balanceakt zwischen neutraler Berichterstat-tung und quotenbringendem Journalismus ist imSport also schwierig, da der Kunde hier in besonde-rer Weise unterhaltsame Informationen will. Dement-sprechend ist die Heroisierung von Sportlern im Mo-ment des Sieges bei folgender Verdammung im Falledes Betrugs (ebenso auch im Fall der Erfolglosigkeit)die notwendige Konsequenz.

Autorentext

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenMaterialien für Lernende M3

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M3 – Die janusköpfige Rolle der Medien

Arbeitsvorschläge

1. Erklären Sie auf der Grundlage des Textes die Besonderheit der Sportberichterstattung durch die Me-dien!

2. Diskutieren Sie, ob der von Zuschauern und durch die Medien vermittelte Druck auf die Sportler einGrund für die Einnahme leistungssteigernder Medikamente ist. Ziehen Sie auch hier die Überlegungenzur Logik des Mediensystems mit in die Überlegungen ein!

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159Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Das Sportrecht: Sportrechtlich gilt weltweit derAnti-Doping Code der Welt-Anti-Doping-Agentur(WADA). Dieser stellt strenge Anforderungen an dieAthleten, die praktisch jederzeit für Dopingkontrol-len zur Verfügung stehen müssen. In Deutschlandhat die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) denCode übernommen. Alle Sportverbände haben dieRegelungen des NADA-Codes in ihrer Satzung ver-ankert oder die Sportler anderweitig dem Codeunterworfen und Anti-Doping-Beauftragte berufen.

Das Strafrecht: Strafrechtlich regelt das Arzneimit-telgesetz (§§ 6a, 95 AMG), dass die „Verschreibung“,die „Anwendung von Dopingmitteln bei anderen“sowie das „Inverkehrbringen“ mit Geldstrafe oderFreiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden.Damit sind die rechtlichen Grundlagen geschaffen,Trainer, Betreuer und Ärzte über das Arzneimittelge-setz bei Dopingverstößen zu bestrafen.

Quelle: Bundesministeriums des Inneren;www.bmi.bund.de/SharedDocs/Standardartikel/DE/Themen/PolitikGesell-

schaft/ohneMarginalspalte/Dopingbekaempfung/rechtsgrundlagen.html?nn=102976

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenMaterialien für Lernende M4, M5

Arbeitsvorschlag

Analysieren Sie die Statistik und suchen Sie nach Gründen für die aufgezeigten Entwicklungen!

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M4 – Die Reichweite des Dopingproblems

M5 – Rechtslage

Grafik: © Techniker Krankenkasse; www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/223068/Datei/64417/TK-Infografik.jpg

Arbeitsvorschlag

Recherchieren und erläutern Sie über den Textauszug hinausgehend wesentliche Elemente (Kontroll -mechanismen, Beweisführung, Strafmaß) des Anti-Doping-Codes der WADA!

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160 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Zapatero und sein falscher Nationalheld

Doping? Egal! Einmischung der Politik in die Sport-justiz? Na klar, jetzt auch offensichtlich! Der Fall Al-berto Contador ist ein Spanischer Eklat, kommen-tiert S. Dobbert

Wäre da nicht die peinliche Geschichte ums gedopteSteak, könnte man Alberto Contador ein armesWürstchen nennen. Da gewinnt der Radfahrer dreiMal das größte Radrennen der Welt, kassiert Millio-nen, darf mindestens vier Mal ungestört dopen undist trotzdem das Opfer. Alberto Contador hat so ge-handelt, wie es das System Profiradsport verlangt.Wer nicht dopt, hat den Wettbewerbsnachteil undist auch noch selbst schuld. Den Eklat in dieser Farcehat nicht der Sportler verursacht.

„Es gibt keinen juristischen Grund, Contador zubestrafen“, twitterte der spanische MinisterpräsidentJosé Luiz Zapatero und nahm damit das Urteil desspanischen Radsportverbandes vorweg. Ja, wo lebenwir denn? Welche Funktion hat der Sport in unsererGesellschaft? Die spanische Politik scheint Contadorzu brauchen: Als Nationalheld, Aushängeschild, Idol.Doping? Egal. Einmischung der Politik in die Sport-justiz? Na klar, und zwar jetzt auch offensichtlich!

Alberto Contador ist für die spanischen undinternationalen Dopingfahnder kein Unbekannter.Bereits 2006 tauchte sein Name in Verbindung mitdiesem Milieu auf. Unmittelbar vor dem Tour-de-France-Start 2006 werden von spanischen MedienNamen genannt, die in die Doping-Affäre um denspanischen Gynäkologen Eufemiano Fuentes verwi-ckelt sein sollen. Betroffen sind unter anderem JanUllrich oder Ivan Basso, die so wie weitere Fahrervon ihren Teams zurückgezogen werden und nichtstarten dürfen. Auch Contador soll ein Fuentes-Kun-de gewesen sein, Blutbeutel mit den Initialen ACwurden sichergestellt. Ein Verfahren wurde deshalbnie gegen ihn eröffnet, in später veröffentlichten Lis-

ten aus Fuentes’ Dopinglabor tauchte sein Nameplötzlich nicht mehr auf.

ARD-Recherchen geben den Ausschlag: Am 30.September 2010 gibt der Radsport-Weltverband UCIbekannt, dass Contador während der Tour de Franceam 21. Juli positiv auf Clenbuterol getestet und da-mit des Dopings überführt wurde. Die Verbands-funktionäre spielen dabei eine unrühmliche Rolle,denn der dreimalige Tour-Sieger wurde vom UCI be-reits am 24. August intern von dem Befund unter-richtet. Zugleich aber insistiert der Weltverbandbeim spanischen Verband RFEC nachdrücklich aufdie Einleitung eines Dopingverfahrens.

Contador selbst gibt sich zwar zerknirscht – „Ichbin so entmutigt, dass ich darüber nachdenke, denRadsport aufzugeben“ – weist Doping aber von sichund macht eine Lebensmittelverunreinigung für dasErgebnis verantwortlich. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada widerlegt die Argumentation des Ma-drilenen. Demnach komme in der EuropäischenUnion praktisch kein Fleisch in den Handel, das mitdem Kälbermastmittel Clenbuterol verseucht sei.

In den vergangenen Wochen sah es keineswegsnach einem Freispruch aus: Am 27. Januar sprichtsich der RFEC in einer vorläufigen Entscheidung da-für aus, Contador ein einjähriges Startverbot zu er-teilen und den Tour-Sieg 2010 abzuerkennen. Am 8.Februar dann gibt der Verband bekannt, dass Conta-dor bei der Tour nicht nur bei einer, sondern bei vierDopingkontrollen positiv auf Clenbuterol getestetworden war. Schließlich mischt sich auch die Politikin den Fall ein – und stützt den nationalen Sport-held. Selbst Ministerpräsident José Luis Zapaterosetzt sich für Contador ein. Offensichtlich mit Erfolg,denn RFEC beschließt, Contador vom Vorwurf desDopings freizusprechen. Als hätte er diese Wendegeahnt, hatte Contador bereits im vergangenen No-vember mit den Vorbereitungen auf die kommendeSaison begonnen. Mit seinen neuen Teamkollegen

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenMaterialien für Lernende M6, M7/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

M6 – Koalitionen und verhärtete Fronten

M7 – Zielkonflikte

Arbeitsvorschlag

Diskutiert im Klassenverband, wo sich vor dem Hintergrund der Rechtslage Möglichkeiten abzeichnen,dem Dopingmissbrauch noch entschiedener entgegenzuwirken!

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161Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

von der Saxo Bank Sungard-Mannschaft trainiert erauf Fuerteventura.

Die Wirtschaftsmaschinerie, die rund um die gro-ßen Radrennen Millionen kassiert; der Radsportver-band, der für seine besten Sportler wirbt; die Me-dien, die das Spektakel verbreiten solange es Quotebringt; der Fahrer sowieso – wenn die direkt Betei-ligten den Anti-Doping-Kampf verschleppen, über-rascht das nicht so sehr. Wenn aber selbst der Politikder gedopte Held lieber ist, als ein sauberer Profi-sport, ist es an der Zeit, sich endgültig abzuwenden.

Radfahren kann ein Sport sein, der fit hält, Zu-schauer begeistert. Aber wenn die falschen Vorbil-der vieler Jugend- und Amateurfahrer so unterstütztwerden wie im Fall Contador, verliert die Sportartdas letzte Maß an Glaubwürdigkeit. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und der InternationaleSportgerichtshof (CAS) müssen Alberto Contadorschnellstmöglich wieder vom Rad holen. Tun sie dasnicht, könnten sich alle Beteiligten auch gleich dar-auf einigen, Doping offiziell freizugeben.

aus: S. Dobbert in: Die Zeit http://www.zeit.de/sport/2011-02/zapatero-contador-doping-radsport-politik (abgerufen am 04.12.2011)

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach LösungenMaterialien für Lernende M7/2, M8

Arbeitsvorschlag

Erläutern Sie den Zielkonflikt, dem sich der ehemalige spanische Ministerpräsident bei der Verteidigungdes spanischen Radprofis gegenübergesehen hat!

Arbeitsvorschlag

Beurteilen Sie vor dem Hintergrund anhaltender Dopingvergehen, medialer Überhöhung und der Veran-kerung des Medikamentenmissbrauchs außerhalb des Sports eine Gesetzesveränderung im Sinne einerVerschärfung bzw. eine Freigabe von Doping!

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M8 – Abschließende Bewertung

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162 Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren! / bpb 2012

Die gesellschaftliche Verankerung des Dopings und die schwierige Suche nach Lösungen

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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163Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Thomas Retzmann/Karin Krzatala

Modul 4b

Foto ©: ddp images

Informationen für Lehrende ....................................................................................................................................................164Literatur ..............................................................................................................................................................................................173Hinweise zu den Materialien .......................................................................................................................................................174

Materialien für Lernende (M) ..................................................................................................................................................175M1 – Wettkampftraining ..............................................................................................................................................................175M2 – Want to be a superstar .......................................................................................................................................................176M3 – Wirtschaftsfaktor Sport: Fördert die Kommerzialisierung des Sports das Doping?........................................177M4 – Ich lebe den Moment! ........................................................................................................................................................178M5 – Fernsehgerät war gestern – über Preise, Prämien und Werbeverträge ............................................................180M6 – Sponsoring im Sport ...........................................................................................................................................................182M7 – Die Idee des fairen Wettbewerbs – im Sport wie in der Marktwirtschaft .........................................................183M8 – Der Dopingmarkt – (k)ein Markt wie jeder andere? .................................................................................................184M9 – Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Oder umgekehrt? ........................................................................................185M10 – Soll Doping legalisiert werden? ....................................................................................................................................186M11 – Was hängt mit etwas anderem wie zusammen? ....................................................................................................188

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164 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Im Folgenden wird das Doping im Spitzensport ausökonomischer Perspektive betrachtet. Wer mit dermodernen Ökonomik nicht vertraut ist, wird viel-leicht fragen: Was hat Doping mit Ökonomik zu tun?Doch wie man rasch sehen wird, ist es sehr hilfreich,das Problem auch durch die Brille des Ökonomen zubetrachten. Die ökonomische Analyse erschließt ei-ne Dimension des Dopings, die man ansonsten garnicht sehen würde. Und sie führt zu Lösungsvor-schlägen, die unentdeckt blieben, wäre man aufdem ökonomischen Auge blind. Zudem können dieSchülerinnen und Schüler1 an diesem hochspannen-den Thema ökonomische Einsichten erwerben, diesie auf gleichgelagerte Sachverhalte (insbesonderesoziale Dilemmata) übertragen können.

Die Idee des fairen Wettbewerbs – im Sport wie auf MärktenSportliche Großveranstaltungen, wie z.B. Europa-und Weltmeisterschaften oder die OlympischenSpiele, stehen unter dem Motto „Möge der Beste ge-winnen!“. Es kommt dabei zu einem Kräftemessender Sportler. Der sportliche Wettbewerb entfacht ih-ren Ehrgeiz, so dass immer wieder neue Rekordeaufgestellt werden. Dabei wird es mit jedem weite-ren Rekord schwieriger diese Leistung nochmals zuüberbieten. Doch genau dies fordern das klassischeolympische Motto und die Zuschauer: citius, altius,fortius! Durchschlagende Erfolge erzielt in der Regelnur, wer seine gesamten Ressourcen systematischauf den sportlichen Erfolg ausrichtet. Im schlimm-sten Fall greift der Athlet zu leistungsförderndenSubstanzen, um mithalten zu können. Die Gewinnerwerden schließlich mit Medaillen geehrt und in ihrerHeimat gefeiert. Für die Verlierer hält man nur dasTrostpflaster: „Dabei sein ist alles“ bereit.

Die strukturelle Ähnlichkeit des sportlichen Wett-kampfs der Athleten und des marktwirtschaftlichenWettbewerbs der Unternehmen ist augenfällig. Hierwie dort muss man gegen zumeist starke Konkurren-ten antreten. Im Sport wie auf dem Markt soll derje-nige den Sieg davon tragen, der die beste Leistungerbringt. Der Wettbewerb spornt die Beteiligten an,

tatsächlich ihr Bestes zu geben. Für Märkte wie fürden Sport wünscht man sich einen fairen Wettbe-werb. Zwar produziert auch der faire WettbewerbGewinner und Verlierer, doch werden die sport-lichen oder wirtschaftlichen Erfolge nicht mit unlau-teren Mitteln erzielt. Sogar der aus der Ökonomiebekannte ruinöse Wettbewerb, z.B. beim Preisdum-ping, wenn die Preise der Waren und Dienstleistun-gen unter den Selbstkosten liegen, lässt sich auf dasDoping im Sport übertragen: Um Konkurrentennicht zu unterliegen, gefährdet man sogar die eige-ne Existenz.

Die Tatsache des unlauteren WettbewerbsFunktionierender Wettbewerb ist auf Märkten eben-so wie im Sport einerseits eine feine Sache: Er sporntdie Beteiligten zu Bestleistungen an, von denen dieKunden bzw. Zuschauer (also zahlende Dritte) profi-tieren. Er ist aber andererseits eine lästige Sache fürdie Konkurrenten selbst: Schon der gewöhnlicheund fair bleibende Wettbewerb auf Märkten wirdvon Ökonomen als ein Prozess der kollektivenSelbstschädigung von Unternehmen zugunsten derKonsumenten beschrieben. Selbst der Beste unterihnen muss ständig auf der Hut sein, denn die Kon-kurrenten könnten schon aus dem nächsten Wett-kampf als Sieger hervorgehen. In dieser Situation istggf. die Neigung groß, auch einmal zu unlauterenMitteln zu greifen, die den Leistungswettbewerbverzerren. Schiedsrichter und Spieler wurden schonmit viel Geld bestochen, weil es um noch mehr Geldging. Und Sportler dopen sich oder werden gedopt,weil es ebenfalls um viel Geld geht oder um die na-tionale Ehre; letzteres zu Zeiten des Systemdua-lismus wohl mehr noch als heute – vor allem in denseinerzeit staatssozialistischen Systemen. Doch be-einflussen die sportlichen Erfolge nach wie vor dasImage eines Staates in der Welt. Deshalb ist Sport fürMeidl, Busse und Fikenzer (2006, 27) ein „politischesInstrument des Staates“.2

Der Wettbewerb braucht Regeln, zum einen da-mit er nicht unterbunden wird, zum anderen damiter fair bleibt. Dies gilt auf dem Markt ebenso wie imSport. Diese Regeln macht zumeist der Staat, und erüberwacht sie durch seine Behörden. Sie können

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Informationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden nur das generische Maskulinum zur Bezeichnung von Personen verwendet.2 Die nicht ganz unbedeutende Rolle, die dabei die Politiker spielen oder spielen könnten, wird im Folgenden nicht näher betrachtet, da die politische

Dimension und Perspektive im Rahmen dieses gesamten Projekts gesondert ausgearbeitet wird.

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165Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

aber auch von Verbänden und Veranstaltern aufge-stellt und überwacht werden, die ein Interesse an ei-nem fairen Wettbewerb haben. Wagner (Vgl. u.a.1994 und 2009, 754) hält letzteres bei der Doping-problematik sogar für wesentlich aussichtsreicher.Solche Wettbewerbsregeln gibt es auch für denSport, denn Doping ist bekanntlich geächtet undverboten. Die Einhaltung dieser Normen wird über-wacht und deren Übertretung ist mit Strafe bedroht.Und so ist zu fragen, warum es dennoch immer wie-der zu spektakulären Fällen von Doping im Spitzen-sport kommt? Warum gehen einzelne Sportler diedamit einhergehenden Risiken ein? An dieser Stelleschlägt erneut die Stunde des Ökonomen.

Die ökonomische Erklärung menschlichen VerhaltensIn der modernen Verhaltensökonomik wird unter-sucht, wie menschliches Verhalten durch situativeAnreize gesteuert ist und wie es durch Modifikationder Anreize (und Restriktionen) gezielt verändertwerden kann. Das umfasst auch kriminelles Handeln.Bestechung und Doping zählen zweifellos dazu! We-niger drastisch formuliert handelt es sich um einenBruch allgemein anerkannter Regeln. Und es stelltsich die Frage: Warum werden Regeln überhauptübertreten? Warum tun Menschen das Gegenteildessen, was allgemein von ihnen erwartet wird? DerÖkonom hat dafür eine verblüffend einfache Ant-wort parat: Weil und sofern es sich für den Regelbre-cher lohnt! Der subjektive Anschein genügt!

Man muss daher untersuchen, ob und welchemonetären und nicht-monetären Anreize für das un-erwünschte Doping (mit)verantwortlich sind und obman diese so verändern kann, dass Doping unter-bleibt. Welche Vorteile könnten sich die Beteiligten(Sportler, Ärzte, Manager und Trainer) vom Dopingversprechen? Und warum nehmen sie dafür ggf. dienicht unerheblichen Nachteile in Kauf? Die Vor- undNachteile, die Akteure von bestimmten Handlungenfür sich erwarten, interpretiert man in der Ökonomikals den individuellen Nutzen und die individuellenKosten. In der Ökonomik stellt man sich typischer-weise Fragen wie die Folgenden: Ist es für die Sport-ler rational, sich zu dopen? Stecken sie womöglich ineiner Rationalitätenfalle, aus der sie sich nicht selbstbefreien können?

Im Folgenden wird vorausgesetzt, dass fairer

Wettbewerb im Sport erwünscht ist und dass dazuauch die Abwesenheit von Doping gehört. Dabeiwird die Begriffsbestimmung des Europarates imÜbereinkommen gegen Doping zugrunde gelegt:Doping im Sport bedeutet „die Verabreichung phar-makologischer Gruppen von Dopingwirkstoffenoder Dopingmethoden an Sportler und Sportlerin-nen oder die Anwendung solcher Wirkstoffe oderMethoden durch diese Personen. […] Sportler undSportlerinnen [sind] die Personen, die regelmäßig anSportveranstaltungen teilnehmen.“ (Europarat 1989)Diese Definition hebt wesentlich auf die Teilnahmean einer Sportveranstaltung ab. Doping ist damitnicht allein ein individuelles, z.B. gesundheitlichesProblem, sondern vor allem ein soziales Problem: Esverhindert einen fairen und natürlichen Wettkampfzwischen den Sportlern. Handelt es sich im ökono-mischen Sinne um ein soziales Dilemma?

Das rationale DopingkalkülTagtäglich treffen Menschen Entscheidungen, vieledavon spontan, andere nachdem sie die gegebenenHandlungsalternativen bewertet und deren Vor- undNachteile sorgsam gegeneinander abgewogen ha-ben. Am Ende eines solchen ökonomischen Kalkülswählen rationale Entscheider die Handlungsoption,die ihnen voraussichtlich am meisten nützt. Nachdem rationalen Verhaltensmodell werden auch Ent-scheidungen über regelkonformes oder -widrigesVerhalten gemäß dem Prinzip der individuellen Nut-zenmaximierung getroffen: „Die Individuen […] ver-gleichen den Nutzen […] mit den Kosten […] undfolgen dann jener (inneren) Regel zur Verletzung dervorgegebenen (externen) Regel, von der sie erwar-ten, dass sie im ‚Normalfall‘ ihren Nettonutzen maxi-mieren.“ (Kirchgässner 1999, 183f.) Folgt die Ent-scheidung des Sportlers diesem Rationalkalkül? Daswürde bedeuten, dass er seinen erwarteten Nutzen(Preisgelder, Einnahmen aus Werbe- und Sponso-ringverträgen, Image, Ruhm und Ehre) mit den vor-aussichtlichen Kosten (Startsperren, Geldstrafen undgesundheitliche Folgeschäden) des Dopingkonsumsvergleicht. Dabei müsste er noch die Wahrschein-lichkeit berücksichtigen, mit der sich die erwartetenFolgen einstellen: die Wahrscheinlichkeit, dass Do-ping zum Sieg führt ebenso wie die Wahrscheinlich-keit, dass es entdeckt und bestraft wird. Je nachdem wie das Ergebnis ausfällt, beachtet oder

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Informationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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166 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

verletzt der Sportler die Anti-Doping-Regeln der Na-tionalen Anti Doping Agentur Deutschland (NADACode) – risikofreudige Menschen eher als risiko-scheue. Gleichwohl fällt die Bilanz bei jedem Sport-ler individuell aus, unter anderem weil ihre Opportu-nitätskosten unterschiedlich hoch sind! Der Kalkül istalso stets ein individueller.

Sicherlich ist diese Entscheidung – wie viele an-dere auch – nicht alleine ökonomisch zu erklären.Soziale Erwartungen und psychischer Erfolgsdruckspielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die spe-zifisch ökonomische Sichtweise beansprucht keineallen anderen Sichtweisen überlegene Deutung. Sieist eine neben anderen. Dennoch macht die ökono-mische Erklärung Sinn: Sie hilft zu verstehen, warumSportler dem sozialen oder dem selbst gemachtenErfolgsdruck manchmal nachgeben – oder ebenauch nicht! Man darf von der Ökonomik auch keinePatentrezepte im Kampf gegen das Doping erwar-ten. Allerdings bietet sie einige sehr brauchbare An-satzpunkte für eine erfolgversprechende Strategiezur Durchsetzung von Anti-Doping-Regeln. Daherwird der ökonomischen Sichtweise im Folgendennoch näher nachgegangen.

Welche wirtschaftlichen Anreize fördern das Doping?Die Einnahme leistungsfördernder Substanzen er-höht die Chance des Sportlers auf einen Sieg. Diesgilt besonders dann, wenn alle anderen Sportlernicht dopen. Die für ihn positive wirtschaftliche Fol-ge: Je besser seine sportliche Leistung ist, desto hö-her sind auch seine Preisgelder. Beispielsweise wur-den 2011 bei der Tour de France 8.000 € Preisgeldfür jeden Etappensieg gezahlt. Der Gewinner desGelben Trikots (Gesamtwertung) erhielt 450.000 €,beim Grünen Trikot (Punktewertung) winkte demSieger ein Preisgeld von 25.000 € und der Träger des Weißen Trikots (Jungfahrer) erhielt 20.000 €.(Vgl. Le Tour de France 2011) Zudem genießt derSieger viel mediale Aufmerksamkeit, Ruhm und An-erkennung. Infolge des steigenden Bekanntheitsgra-des wird er zunehmend, sowohl für große Sponso-ren als auch für die Werbetreibenden interessant.Dadurch steigen sein Bekanntheitsgrad und Einkom-men weiter. Allerdings erhält nur eine verschwin-dend geringe Anzahl der Sportler lukrative Werbe-verträge, vor allem die „ganz großen Persönlichkei-

ten des Sports“ in Sportarten mit einem großen Pu-blikum, wie z.B. Michael Ballack, Tiger Woods, Basti-an Schweinsteiger, Susan Kertikian. Es ist eine Kettesich positiv verstärkender Effekte: Je erfolgreicherein Sportler ist, desto höhere Siegprämien erhält er.Je häufiger er gewinnt, desto größer wird sein Be-kanntheitsgrad. Je bekannter er ist, desto interes-santer ist er für Sponsoren und Werbetreibendegleichermaßen. Dies lässt das Einkommen und denBekanntheitsgrad fortwährend steigen. Dabei ist zubedenken, dass der Zeitraum, in dem Höchstleistun-gen erzielt werden können, in vielen Sportarten nureinige Jahre umfasst. Ein knapp bemessenes Zeitfen-ster erhöht den Erfolgsdruck weiter.

Diese und vielleicht noch weitere wirtschaftlicheAnreize fördern das Doping. Gäbe es kein klares Ver-bot, keine wirksamen Kontrollen oder keineschmerzlichen Strafen für Dopingsünder, so bräuch-te jeder einzelne Sportler einen überaus gefestigtenmoralischen Charakter, ein sehr stark wirksamesSportlerethos, um diesen Verlockungen des Dopingsdauerhaft widerstehen zu können. Doch wie langewürde ein an sich sehr leistungsstarker Sportler tatenlos zusehen, wie andere Sportler die Siege da-vontragen, die sich mutmaßlich oder offensichtlichdopen? Wie lange würde er im Wettkampf anständigund fair bleiben, wenn der Ehrliche doch so offen-kundig „der Dumme“ ist und sich seine Fairnessnicht einmal langfristig auszahlt? Wenn sich Men-schen in einer solchen Situation befinden, sprechenÖkonomen von einer sozialen Falle. Doping ist dann– in der Sprache der Spieltheorie – die dominanteStrategie, die unabhängig davon, was der Wett-kampfgegner tut (dopen oder nicht dopen), indivi-duell immer zum besseren Ergebnis führt. In dieserSituation ist die individuelle Moral stark erosionsge-fährdet. Es besteht die Gefahr, dass dann über kurzoder lang die Unmoral dominiert. Wahrscheinlichwürde sich deshalb auch der Spitzensport alsbald ineiner Situation vorfinden, in der Doping der Normal-fall ist und nicht die Ausnahme. Der Wettbewerbwürde sich mehr und mehr von der Wettkampfarenain die Behandlungszimmer und Pharmalabore verla-gern: Es würde ein noch schärferer Wettbewerb umden besten Dopingarzt und das beste Dopingmittelentfacht. Doch, wer will das schon?

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Informationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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167Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Welche Faktoren hemmen das Doping?Zunächst ist an die Anschaffungskosten der leistungs-fördernden Substanzen zu denken. Zudem müssendie Opportunitätskosten in die Entscheidung einbezo-gen werden: die Suche nach einem „dopingfähigen“Arzt, der das Doping medizinisch überwacht, das Be-schaffen der Dopingmittel und der Aufwand, den Do-pingmissbrauch bei Kontrollen zu vertuschen. Die da-für aufgewandte Zeit könnte alternativ zum Trainie-ren – also zur legalen Leistungssteigerung – genutztwerden. Vor allem jedoch müssen dopende Sportlerihre Kosten in Form von gesundheitlichen Folgeschä-den bedenken. Jedoch werden diese von den Sport-lern meist unterschätzt oder bei ihrer Entscheidungüberhaupt nicht einkalkuliert. Der Arzt Goldman stell-te Hochleistungssportlern die Frage, „ob es ihnenwert sei, für fünf Jahre Unbesiegtheit den anschlie-ßenden Tod in Kauf zu nehmen, wozu fünfzig Prozentder Sportler ihre Bereitschaft erklärten.“ (Brid/Wagner1997, 751) Wie rational und nutzenmaximierend istdies? Setzt bei dieser Entscheidung womöglich beider Hälfte der Sportler der (ökonomische) Verstandaus? Oder haben sie nur ein anderes Bewertungssche-ma, das den gegenwärtigen Nutzen gegenüber einemzukünftigen Schaden stark übergewichtet?

Die ethischen Bedenken, die umgangssprachlichso genannten Gewissensbisse, sind als Form psychi-scher Kosten zu verbuchen. Nicht jeder Bösewichthat ein kaltes Herz! Der ehemalige RadrennfahrerRolf Järmann, der sein Doping nach Beendigung derKarriere gestand, berichtete am 4. November 2011bei der Tagung „Saubere Leistung? – Doping in Sportund Gesellschaft“ in Dresden, dass ihn seine morali-schen Bedenken zwei Jahre geplagt hätten, bevor erdiese überwunden habe und zu dopen begann, ummithalten zu können. Auch gesellschaftliche Sanktio-nen muss der Sportler bei seiner Entscheidung be-rücksichtigen. Wird das Dopingverhalten aufgedeckt,folgt meist ein rapider und unwiederbringlicher Ver-lust des Ansehens in der Gesellschaft. Dopingsündersind nicht nur sozial mehr oder weniger geächtet –das hängt von der Gesellschaft ab –, sondern werdenauch durch Startsperren aus der Gemeinschaft derSportler ausgegrenzt. Die öffentliche Sportförderungist in Gefahr und Geldbußen werden verhängt. Diedurchaus schmerzlichen Sanktionen sind im „Natio-nalen Anti Doping Code“ der NADA festgehalten. Soliegen die Startsperren beim ersten Verstoß bei zweiJahren, bei häufigerem Verstoß zwischen vier undacht Jahren. Einem dritten Verstoß folgt eine lebens-

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Informationen für Lehrende

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Kategorien

Materiell

Immateriell

Entscheidungs-kriterium

Nutzen

- Preisgelder- Erlöse aus Sponsoren- und

Werbeverträgen

- Prestige- Popularität- „Ruhm und Ehre“

Kosten

- Beschaffungskosten- Opportunitätskosten- Kosten einer möglichen

Gesundheitsschädigung- Moralische Bedenken- Ansehensverlust

In Anlehnung an Daumann (2008, 84)

Kein Doping

Sportler A

Doping

Kein Doping

Sportler A: Siegchancen unver-ändert, kein GesundheitsrisikoSportler B: Siegchancen unver-ändert, kein GesundheitsrisikoSportler A: Siegchancen besser,GesundheitsrisikenSportler B: Siegchancen schlech-ter, kein Gesundheitsrisiko

Doping

Sportler A: Siegchancen schlech-ter, kein GesundheitsrisikoSportler B: Siegchancen besser,GesundheitsrisikenSportler A: Siegchancen unver-ändert, GesundheitsrisikenSportler B: Siegchancen unver-ändert, Gesundheitsrisiken

Quelle: Meidl/Busse/Fikenzer 2006, 29

Sportler B

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lange Sperre. (Vgl. NADA 2009, 22ff.) Bei einer ratio-nalen Entscheidung müsste der Sportler die ihm imEntdeckungsfall entstehenden Kosten berücksichti-gen, vor allem die entgangenen Siegprämien, Spon-soren- und Werbegelder.

Zwischenfazit: Hohe Dämme gegen die Erosion von Moral und Fairness!Es ist leider zu erwarten, dass zu viele Sportler fürsich zu dem Urteil gelangen werden, dass der poten-zielle Nutzen des Dopings die erwarteten Kostenübersteigt, wenn von Seiten der Veranstalter, derVerbände oder des Staates keine starken Gegen-maßnahmen ergriffen werden. Um einen fairensportlichen Wettkampf auf Dauer aufrechtzuerhal-ten, sind verbindliche Regeln, wirksame Kontrollen(ökonomisch gesehen ein Screening!) und empfind-liche Sanktionen für Dopingsünder unverzichtbar!Ob sie das Doping spürbar hemmen oder gar ganzverhindern können, wird nicht nur von ihrer Stärkeabhängen, sondern auch von der Stärke der wirt-schaftlichen Anreize! Weil es sich beim Doping umeine Rationalitätenfalle handelt, darf das Doping kei-nesfalls freigegeben und die Entscheidung voll undganz dem individuellen Sportlerethos überantwortetwerden. „Legalize it!“ wäre eindeutig die falscheStrategie. Dies würde erstens den beschriebenenDopingwettlauf in Gang setzen und hieße zweitens,die an Fairness interessierten Sportler im Stich zulassen. Man muss vielmehr die an fairem sportlichenWettkampf interessierten Sportler durch wirtschaftli-che Anreize unterstützen. Die stets gefährdet blei-bende Individualmoral bedarf der Stützung durchethische und ökonomische Institutionen, die Fair-ness fördern. Doch kann dies nicht die ganze Lösungdes Problems sein. Wie gesehen bleiben die ent-gegenwirkenden wirtschaftlichen (Fehl-)Anreize be-stehen und irrationale Entscheider ignorieren selbstallergrößte persönliche Nachteile. Sie lassen sichdurch höhere Strafen noch weniger abschrecken alsdie Hasardeure, die das Spiel mit dem Risiko liebenund es daher umso eher aufsuchen und betreiben.Zudem muss man immer auch den Wettlauf zwi-schen den Entwicklern von Dopingmitteln und denEntwicklern von Nachweisverfahren in Rechnungstellen, der dem „Hase und Igel-Spiel“ entspricht. In-sofern ist die Prognose nicht allzu gewagt, dass esauch in Zukunft immer wieder Dopingsünder geben

wird, die zumindest zeitweise unentdeckt bleiben.Vollständige Dopingfreiheit im Sport ist eine Illusion,der sich ein realistisch denkender Mensch ebensowenig hingibt wie der Idee einer Kriminalitätsrate inder Gesellschaft von null. Das unbedingte Strebendanach ginge mit dem Verlust jeglicher politischerFreiheit einher und der dafür nötige Kontrollapparatwürde enorme Ressourcen verschlingen. Insofernkann es lediglich um eine effektive und effizienteEindämmung des Dopings gehen. Ökonomen spre-chen gar von einem optimalen Kriminalitätsniveauund analog von einem optimalen Dopingniveau –eine für Laien gar zu leicht missverständliche Rede-wendung, die ethisch verwerflich klingt – was sieaber nicht ist. In ihr wird lediglich das Verhältnis vonAufwand und erwartetem Ertrag der Dopingbe-kämpfung reflektiert. Man muss darüber nachden-ken, wie man Dopingsünder besser entdeckt! Diepräventive Wirkung einer höheren Aufdeckungs-und Aufklärungsrate dürfte hier wie auch ansonstenbeim kriminellen Handeln wahrscheinlich viel wirk-samer sein als die abschreckende Wirkung immerhöherer Strafen. Der nächste Abschnitt handelt ge-nau davon – und natürlich geht es wieder um einemögliche ökonomische Lösung dieses Problems.

Eine Bemerkung noch vorweg: Im Extremfallkönnte man schon für den ersten Dopingverstoß ei-ne lebenslange, unwiderrufliche Sperre für alle Sport-arten androhen (so gefordert von Tietzel/Müller2000, 284). Neben dem Zweifel an der Abschre-ckungswirkung auch dieser Höchststrafe (insbeson-dere bei Sportlern, die am Ende ihrer Karriere ste-hen), ist ein ethisches Bedenken gegen diese Rechts-norm anzumelden: Man denke an eine nichtauszuschließende Fehldiagnose bei einer Doping-kontrolle, die zu einem Fehlurteil führt, das für denzu Unrecht beschuldigten Sportler fatal wäre. Über-dies: Ginge von einer solchen Strafverschärfung nichtein noch größerer Anreiz aus, sich unliebsamer, weilleistungsstarker Konkurrenten durch Manipulationenzu entledigen? Wer bei der Dopingprävention auf dieAbschreckungswirkung höherer Strafen setzt, darfdie Findigkeit von Straftätern in seinem Kalkül nichtaußer Acht lassen, die beispielsweise auch nicht vorManipulationen der Dopingkontrollen halt macht.Hier scheint ein altbekanntes Problem auf: Wer kon-trolliert die Kontrolleure?

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Schweigen ist Silber, Reden ist GoldDopingkontrollen kosten Geld! Ebenso verschlingtdie Entwicklung neuer und besserer Nachweisver-fahren Ressourcen! Je mehr kontrolliert wird, destohöher ist die aufzuwendende Summe. Ökonomenhaben vorgeschlagen, zu deren Finanzierung die ge-gen Dopingsünder verhängten Strafgelder einzuset-zen. Dies wäre ein monetärer Transfer von den un-fairen zu den fairen Sportlern. Ggf. könnten alleSportler verpflichtet werden, in einen Fonds einzu-zahlen, aus dem solche Strafen im Bedarfsfall ent-nommen werden. Das so angesparte Kapital kämeerst am Ende der Sportlerkarriere zur Auszahlung.Außerdem könnten diejenigen mit einem finanziel-len Bonus belohnt werden, die bisher unbekannteDopingsubstanzen, die noch nicht auf der Negativ-liste stehen, melden und/oder neue Nachweisver-fahren entwickeln. Ideal wäre es, wenn man die Ent-deckungswahrscheinlichkeit mit einem kostenlosenVerfahren steigern könnte. Unmöglich? Keineswegs!Hierfür kommt eine Kronzeugenregelung in Be-tracht, mit der schon auf anderen Feldern beach-tenswerte Erfolge bei der Aufdeckung von kriminel-len Handlungen zur Unterbindung fairen Wettbe-werbs erzielt wurden. Im Kampf gegen Doping kanndie Kronzeugenregelung in Anspruch genommenwerden, wenn „substanzielle Hilfe bei der Aufde-ckung oder dem Nachweis eines Verstoßes gegenAnti-Doping-Bestimmungen“ (Artikel 10.5.3 NADACode 2009) geleistet wird. Leistet z.B. ein SportlerHilfe bei der Aufdeckung von Verstößen, kann seineSanktion je nach Schwere des Verstoßes herunterge-stuft werden. Bislang wurde die Kronzeugenrege-lung im Kampf gegen Doping nur im Fall von JörgJaschke und Patrick Sinkewitz angewandt. „[Diese]haben im Rahmen ihrer Dopingverfahren im Jahre2007 umfassend ausgesagt und dabei auch die Na-men von Hintermännern (Teamleiter, Ärzte, Betreueretc.) genannt und auf diese Weise die maximaleStrafreduzierung zugesprochen bekommen.“(Adolphsen/Noltel /Lehner/Gerlinger 2011, 346) ImRahmen der Anti-Doping-Politik muss man sich da-her Gedanken machen, wie man Dopingsünder„zum Singen bringt“. Wenn „Reden Gold ist“, würdenzumindest rationale Entscheider eine höhere Entde-ckungs- und Aufklärungswahrscheinlichkeit in ihremeigenen Dopingkalkül berücksichtigen. Mehr noch:Die Kronzeugenregelung bringt die dopenden

Sportler in ein neues soziales Dilemma, diesmal inein erwünschtes. Wenn sich Reden für den Mitwisserauszahlt, muss man sich fragen, wie stark dessen„Ganovenehre“ ist, oder ob er nicht doch sehr wahr-scheinlich versuchen wird, seinen eigenen Kopfdurch ein Geständnis „aus der Schlinge zu ziehen“.Und so muss sich jeder Beteiligte fragen, ob er demanderen beim Geständnis nicht besser zuvorkommt.

Want to be a superstar!?Ein bedeutsamer Anreiz zum Dopen geht vomSuperstareffekt aus. Brown hat in ihrer Studie „Quit-ters never win“ herausgefunden, dass die bestenProfigolfer bei einem Wettkampf fast einen Schlag injeder Runde (0,8) schlechter spielen, wenn Tiger Wo-ods am gleichen Wettkampf teilnimmt. (Vgl. Brown2008, 3) Den Grund für die Verschlechterung derSchlagwerte sieht Brown darin, dass die Gegner desWeltrangbesten (hier Tiger Woods) weniger moti-viert sind, da sie sich kaum eine Siegchance einräu-men und so den Kampf um die Siegprämie vorzeitigaufgeben. Aus diesem Grund erzielt der Dominantequasi automatisch die Siegprämie. Ferner hat Browndie Preisgelder der PGA Tour ausgewertet. Sie ist diewichtigste Golf Tour in den USA und die höchstdo-tierte Golf Tour der Welt. Das erstplatzierte Team er-hält 500.000 $, das zweite 270.000 $ und das dritt-platzierte 230.000 $. (Vgl. PGA Tour 2011) Brownkam bei ihrer Untersuchung zu folgenden Ergebnis-sen: Die 15 besten Golfer erhielten 70% des gesam-ten Preisgeldes. Der Erstplatzierte erhielt 18% vomGanzen, der Zweite 10,8%, der Dritte 6,8% und derVierte 4,8%. Ein Golfspieler auf Platz 70 erhielt nurnoch 0,2% des Preisgeldes. (Vgl. Brown 2008, 7)Schon wenn man nur geringfügig schlechter spieltals der Sieger, erhält man also ein erheblich niedri-geres Preisgeld. Die übrigen Einnahmemöglichkei-ten der siegreichen Sportler sind dabei noch nichteinmal berücksichtigt. Beim Superstareffekt verhältes sich also wie im bekannten Song der schwedi-schen Pop-Gruppe ABBA: „The winner takes it all,the loser‘s standing small.“

Insgesamt verdiente Tiger Woods im Jahr 2009so rund 67 Millionen Euro durch Preis- und Sponso-rengelder sowie Werbeeinnahmen. Wohingegen deramerikanische Profigolfer Phil Mickelson 35 Millio-nen Euro verdiente. (Vgl. Forbes 2011) Die bestendeutschen Golfer erzielten im Jahr 2009 bedeutend

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weniger. Martin Kaymer kam auf 4 Millionen Euround Bernhard Langer auf 2,3 Millionen Euro. (Vgl. T-Online.de 2009) Wie man sieht, besteht zwischender sportlichen Leistungsfähigkeit und der Bezah-lung der Sportler ein erheblicher Unterschied, da dieBezahlung überproportional zur Leistung steigt.Dies gilt nicht nur beim Golf. Meidl, Busse und Fi-kenzer schlussfolgern daraus, dass Doping ein Hilfs-mittel für „schwache“ Sportler darstellt, um aus demMittelfeld herauszukommen und zu den bestenSportlern zu gehören. (2006, 27) Dies ist eine weite-re, erhebliche monetäre Nutzenerwartung des Do-pings.

Angebot und Nachfrage aufdem DopingmarktÖkonomen verstehen unter einem Markt das Zu-sammentreffen von Angebot und Nachfrage nachWaren und Dienstleistungen, hier: die leistungsstei-genden Substanzen. Zunächst soll die Angebotssei-te betrachtet werden: Proteinshakes, Nahrungser-gänzungsmittel, Mittel zur Gewichtsreduktion, Mittelzur Steigerung des Muskelaufbaus, Schmerzmittel,Arzneien zur Erhöhung der Sauerstoffaufnahme inden Erythrozyten, etc. – die Liste ließe sich fortset-zen. Diese und andere leistungssteigernde Mittelwerden auf legalen und illegalen Märkten gehan-delt. Zu den Produzenten der meisten Dopingsubs-tanzen gehört die Pharmaindustrie. Sie forscht undstellt Arzneimittel zur Bekämpfung von Krankheitenund deren Symptomen her. So wurde für Patientenmit einer Anämie das Hormon Erythropoetin (Epo)entwickelt, das die Bildung der Erythrozyten anregt.Das Hormon steigert die Sauerstofftransportkapa-zität und somit Leistungsfähigkeit, weshalb es vonSportlern fremdverwendet wird. Darüber hinausstellen kleine, meist illegale Labore Dopingmittelher. Die Händler auf dem Dopingmarkt sind zum ei-nen Pharmagroßhändler. Sie versorgen die Ärzteund Apotheken legal mit Arzneimitteln. Zum ande-ren werden Dopingmittel illegal erstanden undweiterverkauft. (Vgl. Daumann 2008, 73ff.) Markt-plätze in dieser Schattenökonomie sind z.B. das Fit-nessstudio oder der Handel im Internet. Die Anbie-ter der Dopingsubstanzen befinden sich meist imeuropäischen oder außereuropäischen Ausland.

Auf der Nachfrageseite finden sich Sportler, Trai-ner und Manager. Spitzensportler lassen sich meist

unter ärztlicher Aufsicht dopen, um deren Know-how zu nutzen. Darüber hinaus müssen sie versu-chen ihr Dopingverhalten zu verheimlichen, um dienegativen Sanktionen zu vermeiden. Für Breiten-sportler gilt das nicht, weshalb sie eher das Internetals Informations- und Distributionskanal nutzen.(Vgl. Daumann 2008, 68f.) Jedoch ist hierbei das Risi-ko der Gesundheitsschädigung höher, da viele Prä-parate nicht kontrolliert hergestellt werden und ge-sundheitsgefährdende Inhaltsstoffe enthalten kön-nen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass derZoll die Straftat aufdeckt und die bestellten Substan-zen beschlagnahmt. Allein der deutsche Zoll hat imJahr 2010 rund 14,5 Millionen Doping-Präparate si-chergestellt (2006: 65.000 Präparate). (Vgl. o.A. 2011)

Wer profitiert von guten und erfolgreichen Sportlern?Von guten Leistungen und Erfolgen des Sportlersprofitieren auch Dritte, vor allem seine Trainer undManager, die ggf. finanziell direkt am Erfolg desSportlers beteiligt sind. Für die Profiteure gibt es da-her Anreize, das eventuelle Dopingverhalten desSportlers aktiv und/oder passiv zu unterstützen. DerTrainer hat womöglich einen Wissensvorsprunggegenüber dem Sportler, was die Trainingsmetho-den betrifft, und in den meisten Fällen kennen sichdie Trainer mit der Sportmedizin aus. Aufgrund die-ses Wissens könnte der Trainer die leistungsfördern-den Substanzen auf das Training gezielt und effektivanwenden. Manager verfügen über gute Kontaktezu (Sport-)Ärzten und könnten diese an den Sportlervermitteln. (Vgl. Daumann 2008, 70ff.) Es sollen nundrei Profiteure des Erfolgs von Sportlern betrachtetwerden: die Ärzte, der Trainer und die Sponsoren.

(1) Der Nutzen der Ärzte, die Sportlern Doping-mittel verabreichen, liegt eindeutig bei den zusätz-lichen Einnahmen: entweder als Einmalzahlungenoder als Anteil an der Siegprämie. Der Anreiz denSportler so gut zu dopen, dass er die bestmöglicheLeistung erbringt und die Gefahr der Aufdeckungmöglichst gering ist, ist bei direkter Beteiligung amErfolg des Sportlers am größten. Als Beispiel für eineEinmalzahlung kann ein spanischer Gynäkologe an-geführt werden. Er soll bis zu 35.000 € pro Patientund Saison für das Durchführen von Blutdoping er-halten haben. Juristisch blieb dies für ihn ohne Fol-gen. Ein deutscher Arzt hingegen, der Sportler mit

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Epo versorgt haben soll, wurde mit einer Geldstrafevon 39.000 € bestraft. Seine Approbation behielt erjedoch und praktiziert als niedergelassener Arzt wei-ter. (Vgl. Ewers/Parth/Purschke 2006) Nach Bundes-ärzteordnung (BÄO) §6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 kanndas Ruhen der Approbation angeordnet werden,wenn gegen den Arzt wegen des Verdachts einerStraftat, aus der sich eine Unwürdigkeit oder Unzu-verlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs er-geben kann, ein Strafverfahren eingeleitet ist.(Bundesärzteordnung 2010) Allerdings ist die For-mulierung „Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit“ einauslegungsbedürftiger Rechtsbegriff und ein Verlustoder das Ruhen der Approbation wird vom Staat nurin den seltensten Fällen und dann auch nur als Ulti-ma Ratio ausgeübt. Wägt ein Arzt also seinen finan-ziellen Nutzen gegen die ihm möglicherweise ent-stehenden Kosten ab, so dürfte gemäß des hier be-schriebenen Beispiels der individuelle Nutzen diemöglichen Kosten eindeutig überwiegen, wenn be-rufsethische Aspekte unberücksichtigt bleiben.

(2) Zwischen Sportlern und Trainern besteht inder Regel über viele Jahre eine enge Beziehung, wo-bei der Trainer meist als Mentor gesehen wird. In ei-ner idealtypischen Welt des ‚sauberen Sports‘, diesich alle wünschen, muss es die Aufgabe es Trainerssein, seinen Schützling zu ‚sauberer‘ sportlicher Leis-tung zu animieren. Doch auch für den Trainer erge-ben sich Anreize das Dopingverhalten des Sportlersentweder aktiv oder passiv zu unterstützen. So kannder Trainer selbst die Dopingmittel für den Sportlerbeschaffen oder ihm beratend zur Seite stehen. Oderer greift lediglich nicht korrigierend ein, wie es seineAufgabe wäre. Sein Nutzen liegt darin, dass er meisterfolgsabhängig entlohnt wird. Erringt der SportlerSiege und erzielt er Preisgelder, erhöht sich das Ein-kommen des Trainers ebenfalls. Nicht zuletzt steigtdie Reputation des Trainers mit dem Erfolg desSportlers. Daraus sind zukünftige Einkommensver-besserungen zu erwarten, da die Nachfrage des Trai-ners mit dem Erfolg des Sportlers steigt und diesemlukrative Verträge angeboten werden können. (Vgl.Daumann 2003, 252f.) Hinzu kommen noch zusätzli-che Siegprämien und ggf. Werbeverträge. Bezüglichder Trainereinkommen liegen leider keine verläss-lichen Zahlen vor. Bei der Betrachtung der Kostenkönnen zum einen die moralischen Bedenken ange-führt werden, schließlich nimmt er unter anderem

gesundheitliche Folgeschäden des Sportlers billi-gend in Kauf. Zum anderen ist der Trainer ggf. antei-lig an den Beschaffungskosten beteiligt und mussbei Entdeckung selbst mit Sanktionen rechnen. Indiesem Fall könnte die langjährig aufgebaute Repu-tation sehr schnell verloren gehen, mit der Folge,dass er keine Vertragsangebote mehr erhält.

(3) Einleitend soll der Begriff des Sponsoring ge-klärt werden: „Beim Sponsoring unterstützt einUnternehmen (Sponsor) eine Person, Mannschaft,Organisation, Institution oder Veranstaltung (Ge-sponserter) durch Finanz-, Sach- oder Dienstleistun-gen und erhält dafür vertraglich zugesicherteGegenleistungen. Die Gegenleistungen bestehen inden im Vertrag detailliert aufgeführten Aktivitätenund Maßnahmen, d.h. der Gesponserte lässt sich imSinne der Kommunikations- und Sponsoringzielevermarkten. Dieses moderne Kommunikationsinstru-ment kann zur Steigerung des Bekanntheitsgradeseiner Marke beitragen oder aber die Übernahme vongesellschaftlicher Verantwortung durch ein Unter-nehmen zeigen.“ (Runia 2011, 289) Sponsoring ist al-so ökonomisch gesehen ein Leistungstausch. Andersals bei der Spende erhält der Sponsor für seine Leis-tung eine Gegenleistung. Wie erfolgreich Sponso-ring sein kann, zeigt das Beispiel der Deutschen Te-lekom bis zum Dopingskandal bei der Tour de Fran-ce. Ihr Bekanntheitsgrad lag vorher bei etwa 45%,hinterher bei ca. 96%. Nach den ersten Dopingskan-dalen stieg die Deutsche Telekom als Sponsor beider Tour de France aus, um einen negativen Image-schaden zu vermeiden. (Vgl. Burger/Kohlberg 2007)Weitere große Sponsoren zogen gleich. Ihren Be-kanntheitsgrad hat der Dopingskandal aufgrund dermedialen Berichterstattung eher noch gefördert. DieReputation eines Sponsors leidet nur, wenn die Öf-fentlichkeit ihm eine Mitschuld zurechnet. Gelingt esihm dagegen, glaubwürdig eine Art „Pontius-Pilatus-Haltung“ einzunehmen und „seine Hände in Un-schuld zu waschen“, so steht er womöglich nicht nurals Unschuldiger, sondern sogar als Opfer dar. Dies-bezüglich können sich die Sponsoren ggf. durchVerweis auf die vertraglich vereinbarten Anti-Do-ping-Klauseln exkulpieren. „Für die Sponsoren er-weist sich Doping nur dann als gefährlich, wenn esaufgedeckt wird. Gelingt es allerdings, Doping zuvertuschen, und gleichzeitig die Vorteile der damitbewirkten Leistungssteigerung der Athleten in Form

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einer besseren Realisierung der Ziele der Sponsorenauszunutzen, ist Doping durchaus im Interesse desSponsoren. So hatten einige Rennställe [bei der Tourde France] sogar eigene Dopingtats, mit denen dasTeamdoping finanziert wurde.“ (Daumann 2008, 81).

Fazit: Es hat sich gezeigt, dass es durchaus sinnvoll seinkann, das Thema Doping im Spitzensport ökono-misch zu betrachten. Nicht nur aufgrund der meistfinanziellen Anreize, die Sportler in die Versuchungdes Dopings bringen, sondern auch um zu hinterfra-gen, ob ein Sportler seine Entscheidung zu dopenrational trifft. Dabei stellt sich die Frage, ob derSportler als ökonomischer Laie seine Entscheidungdurch Abwägung von Kosten und Nutzen trifft. Fer-ner wurde deutlich, welche Anreize ein Sportler hatzu dopen oder eben dieses zu unterlassen. Aberauch die Faktoren, die ihn davon abhalten, wurdenbeleuchtet. Im Umkehrschluss könnten Lösungsan-sätze zur Bekämpfung von Doping aus diesen entwi-ckelt werden. Beispielsweise den Anreiz der hohenSiegprämien zu senken und die Abreize – also höhe-re Strafen und mehr Kontrollen – zu erhöhen. Eben-falls ließen sich durch die Rolle der Akteure am Do-pingmarkt Ansätze zur Bekämpfung von Dopingherleiten. So könnten z.B. die Trainer, Vereine, Spon-soren etc. mehr in die Verantwortung genommenwerden.

VertiefungsmöglichkeitenAus Platzgründen können hier nicht alle wirtschaft-lichen Dimensionen des modernen Spitzensportsausgeführt oder auch nur erwähnt werden, z.B. dienicht unbeträchtlichen Umsatzerlöse aus dem Mer-chandising. Auch können nicht alle in der Ökonomikdiskutierten Erklärungen und Lösungsansätze nach-gezeichnet werden, z.B. aus der Agency Theory. Werdie hier gemachten Ausführungen wissenschaftlichvertiefen möchte, findet den Zugang dazu über dienachfolgenden Literaturangaben.

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Hinweise zu den Materialien

Das Thema Doping im Sport bietet Schülern den Zu-gang zu ökonomischen Theorien, Modellen und Ein-sichten an diesem äußerst lernwirksamen Thema. Überdiesen exemplarischen Zugang können die Schüler ei-nen Transfer auf gleichgelagerte Sachverhalte leisten.

M1 kann zum Einstieg in die Thematik verwendetwerden, um ein Problembewusstsein zu schaffen. DieKarikatur macht in überspitzer Art und Weise auf dasDopingproblem im Sport aufmerksam und regt zumNachdenken an. Dabei berücksichtigt sie den Sportlerund auch die Hintermänner (Arzt, Sponsor), die in un-serer ökonomischen Analyse eine Rolle spielen. DasAnalyseraster kann den Schülern als Hilfestellung die-nen. Bei der Analyse der Karikatur ist der DreischrittWahrnehmung – Analyse – Interpretation zu beach-ten.

Der Superstareffekt kann als Erklärungsansatz fürdas Dopingverhalten der Sportler herangezogen wer-den. (M2) Die Schüler können ihn mit Hilfe des Textesunter Einbezug einer Grafik erklären. Ferner könnensie diskutieren, inwiefern der Superstareffekt den Leis-tungsdruck erhöht. Ergänzend könnte auch ein Trans-fer auf andere Bereiche (z.B. Arbeitswelt) vorgenom-men werden.

M3 beschäftigt sich mit dem WirtschaftsfaktorSport. Thematisiert wird u.a. der Anteil der Sportwirt-schaft am Bruttoinlandsprodukt. Die Schüler könnenu.a. darüber diskutieren, ob Doping durch die Kom-merzialisierung des Sports mit verursacht ist bzw. Do-ping dem kommerziellen Sport schadet.

M4 beschäftigt sich mit dem ökonomischen Ver-haltensmodell. Nach der Bearbeitung des Materialskönnen die Schüler die Begriffe Kosten und Nutzenunterscheiden und erklären. Ferner können sie dieKosten und Nutzen der Sportler beurteilen, die dieDopingentscheidung beeinflussen.

M5 zeigt die Prämien, Werbeverträge und anderePreise der Sportler und Trainer auf. Die Schüler könnenmit Hilfe des Textes und der Grafiken beschreiben, wiedie Prämien in den letzten Jahren gestiegen sind. Dar-über hinaus reflektieren sie die hohen Siegprämiender Sportler und Trainer unter Berücksichtigung desDopings kritisch.

M6 geht auf den Begriff und die Ziele des Sponso-rings ein. Ziel ist, dass die Schüler Sponsoring vonWerbung unterscheiden sowie den wirtschaftlichen

und rechtlichen Zusammenhang von Sportler undSponsor erklären können. Es verdeutlicht anhand desBeispiels Team Telekom, welche Erfolge Sponsoringhaben kann. Ferner können die Schüler erklären, wa-rum ein gedopter Sportler nur dann für einen Sponsorschädlich ist, wenn das Dopingverhalten öffentlichwird.

Der Wettbewerb wird in M7 zum Gegenstand. Hierwird der sportliche mit dem wirtschaftlichen Wettbe-werb verglichen. Nach Bearbeitung des Materials kön-nen die Schüler Gemeinsamkeiten und Unterschiedezwischen dem sportlichen und wirtschaftlichen Wett-bewerb benennen. Darüber hinaus können die Schülerdie Begriffe fairer und unlauterer Wettbewerb definie-ren und erläutern.

Der Markt für Dopingsubstanzen wird in M8 be-handelt. Dabei wird der Dopingmarkt mit dem Marktfür Drogen verglichen. Besonders berücksichtigt wer-den Anbieter und Nachfrager auf den Märkten sowiedie Unterscheidung zwischen Legalität und Illegalität.Am Ende können die Schüler den Begriff des Doping-marktes definieren sowie Gemeinsamkeiten undUnterschiede der beiden Märkte unterscheiden. Darü-ber hinaus können die Schüler erklären, warum derMarkt für leistungsfördernde Substanzen nicht grund-sätzlich illegal ist.

In M9 wird ein Dilemma beschrieben, welches dieKronzeugenregelung im Kampf gegen Doping auf-greift. Hier werden die Schüler dazu aufgefordert, dieunterschiedlichen Handlungsalternativen zu bewertenund die Kronzeugenregelung kritisch zu hinterfragen.

M10 thematisiert die Legalisierung bzw. Kriminali-sierung von Doping. Der Staatsrechtler Prof. Dr. Wolf -ram Höfling und der ehemalige VerfassungsrichterProf. Dr. Udo Steiner vertreten unterschiedliche Stand-punkte. Das Material ist als eine Unterstützung für einePro-Contra-Debatte gedacht, um eine argumentativeAuseinandersetzung mit dem Gegenstand zu erzielen.(Mehr in: Frech, S./Kuhn, H.-W./Massing, P. (2004): Me-thodentraining für den Politikunterricht, Schwal-bach/Ts.)

M11 dient der Ergebnissicherung und stellt dieMethode der Concept-Map in den Mittelpunkt. Bei ihrsteht die Struktur im Vordergrund, die Relation undVernetzung der verschiedenen Begriffe. (Mehr in: Retz-mann, Th. (Hrsg.) (2011): Methodentraining für denÖkonomieunterricht I, 2. Auflage, Schwalbach/Ts.)

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Informationen für Lehrende

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Page 175: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

175Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M1

Arbeitsvorschlag

Beschreiben, analysieren und interpretieren Sie die Karikatur. Verwenden Sie hierzu das Analyseraster.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Leitfragen

Zentrale Frage: Was sieht man?

- Werden bekannte Personen, Figuren oder Gegenstände dargestellt? Wenn ja: welche?- Wie werden die Personen dargestellt (Mimik/Gestik/Körperhaltung/Kennzeichen)?- Was ist das Thema der Karikatur?- Sticht irgendetwas besonders ins Auge?- Wie ist das Bild aufgebaut?- Welchen Gesamteindruck und welche Wirkung erzielt die Karikatur?Zentrale Frage: Was will uns der Zeichner sagen?

- In welcher Situation werden die beteiligten Personen, Figuren oder Gegenstände dargestellt?

- Wer wird durch die Karikatur kritisiert?- Welche Stilmittel und/oder Symbole hat der Karikaturist benutzt und was ist ihre

Funktion?- In welchem Zusammenhang stehen Bild und Text?- Was ist die Kernaussage der Karikatur?Zentrale Frage: In welchem übergeordneten Kontext steht die Karikatur?

- Welcher Konflikt, welches Problem oder allgemein, welcher Sachverhalt wird dargestellt?- Spielt die Karikatur auf etwas in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft

an?- Wie ist die Intention der Karikatur in einen übergeordneten Zusammenhang einzuordnen?

Oder: Welche Position vertritt der Zeichner in diesem Zusammenhang?

Phase

Wahrneh-men:

Analysieren:

Interpre -tieren:

Loerwald, D. (2005): Wirtschaft im Spiegel der Karikatur. In: Unterricht Wirtschaft, Heft 22, S. 16

M1 – Wettkampftraining

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Arbeitsvorschläge

1. Erklären Sie in eigenen Worten, was unter dem Superstareffekt zu verstehen ist. Beziehen Sie dabeiauch die Grafik über das Einkommen der Golfprofis ein.

2. Diskutieren Sie, ob durch den Superstareffekt der Leistungsdruck höher ist und ob deshalb der Schrittzum Dopen leichter fällt.

176 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Wer kennt sie nicht, die berühmten Sportler, wie TigerWoods, Roger Federer, Jan Ulrich oder Sebastian Vet-tel. Diese Liste ließe sich fortsetzen. Doch meist sind„nur“ die erfolgreichsten Sportler einer Sportart derbreiten Masse der Gesellschaft bekannt und genießenso Ruhm und Ehre. Hinzu kommt, dass dies die Sport-ler sind, die die höchsten Einnahmen in Form vonSiegprämien und Werbeverträgen erzielen. Doch sinddiese Sportler so erfolgreich, weil sie die Besten sindoder schüchtern sie ihre Gegner nur ein?

Dieser Frage ist Jennifer Brown von der Northwes-tern University nachgegangen. Sie hat hierzu die Er-gebnisse der PGA Tour ausgewertet. Die PGA Tour istdie wichtigste Golf Tour der USA und die höchstdo-tierte Tour der Welt (2010: 270 Millionen US-$), an derdie 70 besten Golfer teilnehmen. Dabei fand Brownheraus, dass die Profigolfer bei einem Wettkampf fasteinen Schlag in jeder Runde (0,8) schlechter spielen,wenn Tiger Woods am gleichen Wettkampf teil-nimmt. (Vgl. Brown 2008, 3) Den Grund für die Ver-schlechterung der Schlagwerte sieht sie darin, dassdie Gegner des „Weltrangbesten“ weniger motiviert

sind, da sie sich kaum eine Siegchance einräumenund so den Kampf um die Siegprämien schon vorzei-tig aufgeben. Dies ist der Grund warum der Dominan-te automatisch eine höhere Siegprämie erhält. Brownbezeichnet dies als „Superstareffekt.“ (Vgl. Brown2008, 7)

Darüber hinaus hat sie die Anteile an den Siegprä-mien ausgewertet und kam zu folgenden Ergebnis-sen: Die 15 besten Golfer erhalten 70% des gesamtenPreisgeldes. Der Erstplatzierte erhielt 18% vom Gan-zen, der Zweite 10,8%, der Dritte 6,8% und der Vierte4,8%. Ein Golfspieler auf Platz 70 erhielt noch 0,2%des Preisgeldes. (Vgl. Brown 2008, 7) Daraus lässt sichschließen, dass durch den Superstareffekt „eine über-proportional zur Leistungssteigerung ansteigendeEntlohnung eines Sportlers [entsteht]. [Es]wird deut-lich, dass eine große Disproportion zwischen Bezah-lung und Talent/Fähigkeit der Sportler besteht.“(Meidl/Busse/Fikenzer 2006, 27) Kann also gesagtwerden, dass Sportler sich dopen, um zu den „besten“Sportlern zu gehören und so das Mittelfeld hinter sichlassen?

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M2

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Quelle: http://sport.t-online.de/sport-topverdiener-2009-tiger-woods-vor-david-bec-kham-auf-rang-eins/id_20828082/index

M2 – Want to be a superstar

Tiger Woods Phil Mickelson Martin Kaymer Bernhard Langer

Einkommen der Golfprofis 2009 in Millionen Euro

80

70

60

50

40

30

20

10

0

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177Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Sport ist in Deutschland ein nicht zu unterschätzen-der Wirtschaftsfaktor, der die Umsätze steigen lässtund Arbeitsplätze erhält oder sogar schafft. Dies giltfür den Profisport, den Breitensport und den passi-ven Sportkonsum gleichermaßen. Manche vertretendie Ansicht, dass die Kommerzialisierung des SportsDoping fördere. Doch welche wirtschaftliche Bedeu-tung hat Sport eigentlich?

Der prozentuale Anteil der Sportwirtschaft amBruttoinlandsprodukt, kann nicht exakt bestimmtwerden, da es sich bei der Sportwirtschaft um einesogenannte Querschnittsbranche handelt, die sichaus vielen Wirtschaftszweigen zusammensetzt. Um

die wirtschaftliche Bedeutung des Sports genauer be-stimmen zu können, soll im Rahmen der Volkswirt-schaftlichen Gesamtrechnung fortan ein Sportsatelli-tenkonto erstellt werden. Hierin werden drei Bereicheerfasst: (1) Privater Sportkonsum; (2) Sportsponsoring,Sportwerbung und Medienrechte; (3) Investitionen inSportstätten und deren Unterhaltung. (Vgl. Bundes-ministerium für Wirtschaft und Technologie 2012, 18)

Zur Erfassung des Sportkonsums für das Jahr2010, hat die Universität Mainz eine repräsentativeUmfrage in der Gesamtbevölkerung durchgeführt.Dabei wurden sowohl die aktiven Sportler, als auchdie passiven Sportler erfasst. Die Umfrage führte zufolgenden Ergebnissen:

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M3

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Arbeitsvorschläge

1. Sammeln Sie je fünf Sponsoren für den Breitensport und den Spitzensport.

2. Was geben Sie und Ihre Familie für Sport aus? Überschlagen Sie, wie hoch die monatlichen Ausgabenfür Sport in Ihrer Familie sind. Unterscheiden Sie, ob es sich um aktiven oder passiven Sportkonsumhandelt.

3. Diskutieren Sie: Ist Doping durch die Kommerzialisierung des Sports mit verursacht bzw. schadet Do-ping dem kommerziellen Sport?

M3 – Wirtschaftsfaktor Sport: Fördert die Kommerzialisierung des Sports das Doping?

Ferner kommt das BMWi zu folgenden Ergebnis-sen: Im Bereich Sportsponsoring, Sportwerbung undMedienrechte wurden im Jahr 2010 ca. 5,5 Milliar-den Euro umgesetzt. Dabei gibt jedes dritte Unter-nehmen an, einen Sportbezug zu haben. (Vgl. 2012,21) „Durch Sponsoring erhält der Breitensport rundzwei Milliarden Euro und der Spitzensport rund eine

Milliarde Euro im Jahr. Die Werbeausgaben derSportgüterherstellung betragen knapp eine Milliar-de Euro. Die Aufwendungen für Medienrechte ha-ben einen Umfang von gut einer Milliarde Euro.“(BMWi 2012, 23) Die Ergebnisse über die Investitio-nen in Sportstätten und deren Unterhaltung erhältdas BMWi im Herbst 2012.

Konsummuster aller Aktiven in Deutschland(2010)

Konsummuster der passiv konsumierenden Bevölkerung in Deutschland (2010)

medizinische Dienstleistungen und Produkte zur Prävention 1 %

eigenfinanzierte Trainings inklusive Leistungsdiagnostik 2 %

Sportnahrungsmittel 2 %

Versicherungen 2 %

Körperpflege 3 %Medien und Informationstechnologie 4 %Beiträge/Eintritte 11 %

Fahrten (ohne Urlaub) 33 %

Sportreisen 18 %

Sportschuhe und Kleidung 13 %

Sportgeräte 12 %

Spenden an Vereine und passive Mitgliedschaft 3 %

Sportwette 3 %

Fanartikel/Sammelobjekte 8 %

Fahrten (ohne Urlaub) 9 %

Eintritte 41 %

Medien und Informationstechnologie und Pay-TV 16 %

Verpflegung/Unterkunft/Barbesuche wegen Pay-TV 20 %

Grafiken ©: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2012,19f.

Page 178: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

178 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

„Da oben zu stehen ist so verdammt geil“, erzählt ei-ne junge Nachwuchssportlerin. Doch wie kommt einSportler auf das Siegertreppchen? Sportlicher Erfolgist das Ergebnis jahrelanger harter Arbeit, die sichdurch viele Stunden am Tag und fast sieben Tage dieWoche an Training zusammensetzt. Doch irgend-wann hat der Körper sein Leistungslimit erreicht unddann folgt die Frage: Soll ich mich dopen, um meineLeistung zu steigern, damit ich im Wettkampf mithal-ten kann?

Bei der Entscheidung zu dopen wägt der Sportlerdie Kosten und Nutzen gegeneinander ab. Unter Kos-ten sind die Nachteile und unter Nutzen die Vorteileder Entscheidung zu verstehen. Nach der Abwägungentscheidet sich der Sportler für die Lösung, die ihmden größten Nutzen verspricht (Nutzenmaximie-rung), auch wenn damit gegen Vorschriften versto-ßen wird. Doch was sind Kosten und Nutzen für ei-nen Sportler?

Zunächst kann gesagt werden, dass durch die Ver-wendung von leistungsfördernden Substanzen diesportliche Leistung gesteigert wird und der Sportlerso die Chancen auf einen Sieg erhöht. Durch die Sie-ge erzielt er automatisch mehr und höhere Preisgel-der. Hinzu kommt, dass der Sportler mit jedem Siegan Bekanntheit gewinnt und er viel Ruhm und Ehregenießen darf. Ferner wird der Sportler durch den ge-stiegenen Bekanntheitsgrad zum einen für die Wer-beindustrie und zum anderen für die großen Spon -soren interessant. Dadurch steigen Bekanntheitsgradund Einkommen zusätzlich an. Es lässt sich zusam -menfassen: Je erfolgreicher ein Sportler, desto höhereSiegprämien erhält er. Je häufiger ein Sportler ge-winnt, desto größer sein Bekanntheitsgrad. Je be-kannter der Sportler ist, desto interessanter ist dieserfür Werbeindustrie und Sponsoren. Dies lässt das Ein-kommen und den Bekanntheitsgrad fortwährend stei-gen.

Die Kosten für den Sportler liegen zunächst bei

Info: Beim Sponsoring unterstützt ein Unterneh-men (Sponsor) z.B. eine Person (Gesponserter)durch Finanz-, Sach- oder Dienstleistungen und er-hält dafür eine zugesicherte Gegenleistung. (Vgl.Runia 2011, 289) Die Gegenleistungen bestehenaus verschiedenen Aktivitäten und Maßnahmen,wie z.B. das Tragen des Logos vom Sponsor. EinZiel des Sponsors ist es z.B. den Bekanntheitsgraddes Unternehmens zu steigern.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M4/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

1. Verstoß 2. Verstoß 3. VerstoßGebrauch von verbotenen Substanzen oder Methoden 2 8–LL LLWeigerung einer Probenahme 2 4–8 LLInverkehrbringen 4–LL LL LLMeldepflichtversäumnis / Versäumte Kontrolle 1–2 4–8 LLZahl = Sperre in Jahren / LL = Lebenslang

Sanktionen bei Dopingverhalten (nach NADA Code Artikel 10)

den Beschaffungskosten der Substanzen, die unter-schiedlich hoch sein können. Zudem muss der Sport-ler die Zeit einkalkulieren, die er für die Beschaffungvon Dopingmitteln, die Suche nach einem Arzt oderaber für die Recherche von Methoden zur Täuschungbei Kontrollen verwendet. Denn diese Zeit könnte ersinnvoll für das Training verwenden. In der Ökono-mie wird diese Zeit als Opportunitätskosten bezeich-net. Ein weiterer Nachteil, der durch das Verwendenvon Dopingmitteln möglicherweise entsteht, sind diegesundheitlichen Folgeschäden. Allerdings tretendiese meist erst viele Jahre später auf, sodass vieleSportler dieses bei ihrer Entscheidung zu dopennicht einkalkulieren bzw. diese billigend in Kauf neh-men, um für den Moment erfolgreich zu sein. Fernermuss der Sportler mögliche entgangene Siegprä-mien berücksichtigen, wenn er nicht dopt. WeitereKosten entstehen aber auch in Form von Sanktionen,wenn das Dopingverhalten des Sportlers entdecktwird. So gibt es in Deutschland den sogenanntenNADA Code, dabei handelt es sich um ein nichtstaat-liches Regelwerk für den Kampf gegen Doping. Indiesem Regelwerk sind u.a. die Sanktionen für dieVerwendung von Dopingmitteln festgehalten.

Darüber hinaus entstehen für den dopendenSportler Kosten in Form von ethischen und morali-schen Bedenken, z.B. „Was bin ich für ein Vorbild fürden Nachwuchs?“, „Betrüge ich meine Fans?“ Auchgesellschaftliche Sanktionen muss der Sportler be-

M4 – Ich lebe den Moment!

Page 179: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

179Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

rücksichtigen. Wird das Dopingverhalten aufgedeckt,folgt ein Ansehensverlust in der Gesellschaft.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M4/2

Arbeitsvorschläge

1. Erklären Sie die Begriffe Kosten und Nutzen. Verwenden Sie hierzu auch einschlägige Wörterbücheroder Lexika.

2. Fassen Sie in der Tabelle die entstehenden Kosten und den erwarteten Nutzen eines dopenden Sport-lers zusammen und unterscheiden Sie dabei zwischen immateriellen und materiellen Kosten und Nut-zen. Fallen Ihnen noch weitere ein?

3. Begründen Sie unter Berücksichtigung der Tabelle warum Sportler dopen.

4. Diskutieren Sie warum Strafen nicht hinreichend abschrecken?

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Arbeitsvorschläge

1. Bilden Sie Kleingruppen und füllen Sie gemeinsam die Matrix aus. Berücksichtigen Sie dabei nur dieSiegchancen und das Gesundheitsrisiko. Sie können davon ausgehen, dass beide Sportler über diegleiche sportliche Leistungsfähigkeit verfügen und körperlich gesund sind.

2. Diskutieren Sie Ihr Ergebnis und beziehen Sie begründet Stellung.

Kategorien

Materiell

Immateriell

Entscheidungs-kriterium

Kosten (Schaden / Nachteil) Nutzen (Gewinn / Vorteil)

Was macht mein Gegner?

Ein Sportler muss bei seiner Entscheidung zu dopenoder einen fairen Wettkampf auszutragen auch da-mit rechnen, dass seine Gegner sich in genau demgleichen Entscheidungsprozess befinden. Allerdingsweiß der Sportler meist nicht, welche Entscheidungseine Gegner getroffen haben. Und er kann sich nie-mals sicher sein, welche Entscheidung sie treffen

werden. Das Problem dabei ist, dass das persönlicheErgebnis der eigenen Entscheidung auch von derHandlungsweise des Anderen abhängt. Was passiertin Bezug auf Siegchancen und Gesundheitsrisiko,wenn beide Sportler sich dazu entschließen zu do-pen oder eben dies zu unterlassen? Was passiert,wenn ein Sportler sich dopt und der andere nicht?

Kein Doping

Doping

Verhalten

von

Sportler A

Kein Doping

Ergebnis Sportler A:

Ergebnis Sportler B:

Ergebnis Sportler A:

Ergebnis Sportler B:

Doping

Ergebnis Sportler A:

Ergebnis Sportler B:

Ergebnis Sportler A:

Ergebnis Sportler B:

Quelle: Meidl/Busse/Fikenzer 2006, 29

Verhalten des oder der gegner (Sportler B)

Page 180: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

180 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Erfolgreiche Spitzensportler brauchen sich in finan-zieller Hinsicht in der Regel keine großen Sorgen zumachen. Mit jedem Sieg winken satte Prämien, diedas Vermögen weiter steigen lassen. Betrachtet manbeispielsweise den Fußball, so zahlt der DFB hohePrämien für die sportliche Leistung an die DeutscheFußballnationalmannschaft. Für die Qualifikation zurWM Teilnahme 2010 haben die einzelnen Spielermax. 200.000 € (nach Einsätzen gestaffelt) erhalten.Beim Einzug in das Viertelfinale erhielt jeder Spieler50.000 €. Für das Halbfinale gab es 100.000 € unddie Teilnahme am Finale hätte die Spieler um150.000 € reicher gemacht. Bei der WM 2006 inDeutschland hätten die Spieler der Nationalmann-schaft bei einem Sieg im Finale 300.000 € bekom-men. Im Gegensatz dazu erhielten die sogenanntenHelden von Bern 1954 für den WM-Titel umgerech-net eine Prämie von 1250 € sowie ein Fernsehgerät.(Vgl. o.A. 2010)

Allerdings heißt Sportler zu sein heute nichtmehr nur 90 Minuten auf dem Spielfeld zu stehen,schnell zu laufen oder zu fahren, hoch zu springenoder sich eine bestimmte Anzahl von Runden in ei-nem Boxring zu behaupten. Vor allem Spitzensport-ler haben längst in der Werbeindustrie an Bedeu-

tung gewonnen. Bastian Schweinsteiger wirbt fürFunny Frisch und Bifi, Susan Kertikian wirbt fürMilchschnitte, Lukas Podolski für Prinzen Rolle, Fran-ziska von Almsick warb einst für die Lila Pause.Durch diese Werbeverträge wächst das Einkommenfür die Sportler weiter. Allerdings muss bedacht wer-den, dass lediglich ein Bruchteil der Spitzensportlersolche Werbeverträge „an Land zieht“. Es lässt sichfesthalten: Wer erfolgreich im Sport ist, hat dieChance ein zusätzlich durch Werbeverträge nochmehr Geld zu verdienen.

Aber nicht nur die Sportler, sondern auch derenTrainer profitieren von der Leistung des Sportlers.Mit jedem Sieg erhalten auch sie eine leistungsab-hängige Prämie. Dabei steigen die Prämien in eineunvorstellbare Höhe. Zudem sind auch die Trainerder Spitzensportler in der Werbebranche begehrt.So wirbt beispielsweise Joachim Löw für den Reise-veranstalter TUI und für die groß angelegte Werbe-kampagne von Nivea for men. Ebenso sahen wir Hei-ner Brand, den Bundestrainer der Deutschen Män-ner-Handballnationalmannschaft, gemeinsam mitOliver Kahn in einer Werbekampagne des Japani-schen Automobilherstellers Toyota.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M5/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Beschreiben Sie, wie sich die Prämien für Sportler und Trainer in den letzten Jahren verändert haben.

2. Suchen Sie Argumente, welche die hohen Prämien und Preisgelder rechtfertigen oder infrage stellen.Beziehen Sie hierbei auch das mögliche Dopingverhalten ein. Diskutieren Sie Ihre Argumente anschlie-ßend in der Klasse.

Quelle: www.forbes.com/wealth/celebrities/list?category=Athletes

M5 – Fernsehgerät war gestern – über Preise, Prämien und Werbeverträge

Tiger WoodsKobe Bryant

LeBron JamesPhil MickelsonRoger Federer

David BeckhamChristiano Ronaldo

Lionel MessiRafael Nadal

Dwight Howard

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Erfolgreichste Sportler weltweit nach Einkommen in Millionen US$ (2011)

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181Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M5/2

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Quelle: http://sport.t-online.de/sport-topverdiener-2009-tiger-woods-vor-da-vid-beckham-auf-rang-eins/id_20828082/index

Quelle: http://www.letour.fr/2011/TDF/LIVE/de/reglements.html

Dirk NowitzkiMichael Ballack

Nick HeidfeldNico RosbergMario Gomez

Martin KaymerMiroslav Klose

Philip LahmArtur Abraham

Sebastian VettelTimo Glock

Bernhard LangerBritta Steffen

Anni FriesingerMagdalena NeunerFabian Hambüchen

Timo Boll

0 4 8 12 16

Deutsche Spitzenverdiener im Sport 2009 in

Millionen Euro

Trikot

Gesamtbewertung 450.000

Punktebewertung 25.000

Bergwertung 25.000

Jungfahrer 20.000

Preisgelder der Tour de France 2011 in Euro

Quelle: http://welt.de/sport/fussball/article8565327/Gehaltserhoehung-Loew-kassiert-nicht-nur-beim-DFB.html

HerbergerSchön

DerwallBeckenbauer

VogtsRibbeck

VöllerKlinsmann

Löw

0 50 100 150 200 250

Geschätzte Einnahmen der Fußball-

Bundestrainer einschließlich Werbeverträgen

(in Tausend Euro/Monat)

1,53,15,0

18,521,0

Page 182: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

182 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Das Unterstützen von Sportlern, Teams oder sport-lichen Großveranstaltungen haben große Unterneh-men, wie Mc Donalds, Coca Cola, Adidas, Volkswa-gen, Deutsche Telekom, v.a.m., längst für sich ent-deckt. Die Unterstützung erfolgt in Form vonFinanz-, Sach- oder Dienstleistungen. Beispielsweisestellen die Unternehmen den Sportlern die Sport-kleidung mit dem Unternehmenslogo zur Verfü-gung. Die Sportler sind vertraglich dazu verpflichtet,diese bei der Austragung der Wettkämpfe zu tragenund erhalten dafür eine finanzielle Gegenleistung.Dies wird als Sponsoring bezeichnet.

Welche Ziele verfolgt das Unternehmen mit Spon-soring? Das Unternehmen möchte medienwirksamauf sich aufmerksam machen, um die Bekanntheit desUnternehmens oder der Marke in der Bevölkerung zusteigern. Dabei erhofft es sich, mehr Kunden zu ge-winnen und diese auch langfristig zu behalten (Kun-denbindung). Dies hat für das Unternehmen zur Fol-ge, dass es seinen Gewinn steigern kann. Darüberhinaus kann das Unternehmen sein Image verbes-sern, da es sich im Bereich Sport engagiert.

Ein Beispiel für den Erfolg von Sportsponsoringstellt die Deutsche Telekom dar. Sie ist eines derUnternehmen, die am meisten in den Sport investie-ren. Lange Zeit hat die Deutsche Telekom den deut-schen Rennradsport (Team Telekom) gesponsert. Vor

der Tour de France lag der Bekanntheitsgrad derDeutschen Telekom bei ca. 45%. Nach der Tour unddem Sponsoring lag er bei ca. 96%. (Vgl. Burger/Kohlberg 2007) Dies verdeutlicht welche große Wir-kung das Sponsoring auf den Erfolg des Unterneh-mens haben kann. Als im Jahr 1998 ein großer Do-pingskandal die Tour de France erschütterte, zogensich vielen Sponsoren (u.a. Deutsche Telekom, Mil-ram) aus dem Radrennsport zurück, um einen Image-schaden zu vermeiden. Die Deutsche Telekom istweiterhin im Sportsponsoring tätig und sponsert u.a.den Fußball. Der deutsche Radrennsport hat bis heu-te Probleme Sponsoren zu gewinnen.

Die Deutsche Telekom hat nach dem Dopings-kandal bei der Tour der France das Sponsoring desTeams beendet. Doch haben Sponsoren ganz all -gemein wirklich ein Interesse daran, Sportler am Doping zu hindern? Daumann schreibt, dass Dopingfür Sponsoren nur dann gefährlich ist, wenn das Dopingverhalten aufgedeckt wird. Doping könnedurchaus im Interesse der Sponsoren sein, wenn esnämlich gelinge, Doping zu vertuschen. Die dadurcherreichte Leistungssteigerung des Sportlers helfedem Unternehmen, sein Sponsoringziel (Steigerungdes Bekanntheitsgrades) zu erreichen. (Vgl. Dau-mann 2008, 81)

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M6

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Recherchieren Sie im Internet oder in Lexika den Unterschied zwischen Sponsoring und Werbung.

2. Erklären Sie, warum ein gedopter Sportler nur dann für einen Sponsor gefährlich ist, wenn das Doping-verhalten öffentlich wird.

Quelle: http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/sportsponsoring_did_15641.html

M6 – Sponsoring im Sport

TelekomAdidas

BMWBayer

Mercedes-BenzAudiNike

Coca ColaVolkswagen

bwin

0 10 20 30 40 50 60

Top-Sportsponsoren 2007 in Deutschland in Millionen Euro

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183Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Unsere Wirtschaftsordnung beruht unter anderemauf dem Prinzip des Wettbewerbs. Dieser bildet dieGrundlage der Marktwirtschaft. Wer sich im wirt-schaftlichen Wettbewerb erfolgreich behauptenkann, erzielt meist die höheren Gewinne und ge-winnt die Gunst der Konsumenten.

Doch Wettbewerb ist nicht nur in der Wirtschaftzu finden, sondern auch in anderen Bereichen wiez.B. dem Sport. Hier treten Sportler gegeneinanderan und der Beste gewinnt den sportlichen Wett-kampf. Damit weckt er meist das Interesse der Zu-schauer, Sponsoren und oft auch der Werbebranche.

Es soll demnach derjenige den Wettbewerb ge-winnen und die höchsten Erträge erzielen, der diebeste Leistung erbringt. Dies wird als Leistungsprin-zip bezeichnet. Für die Funktionsfähigkeit des sport-lichen wie auch wirtschaftlichen Wettbewerbs, müs-sen Rahmenbedingungen geschaffen werden, dieeinen fairen Wettbewerb unter den Teilnehmern er-möglichen. Diese Rahmenbedingungen erfolgen inForm von Gesetzen, Vorschriften und Bestimmun-gen des Staates, von Sportvereinen und -veranstal-tern.

Zum Schutze des Wettbewerbs in der Wirtschaftgilt u.a. das Gesetz gegen den unlauteren Wettbe-werb (UWG). Dieses dient nach § 1 UWG „… demSchutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen undVerbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmervor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Esschützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit aneinem unverfälschten Wettbewerb.“ Beispiele für

unlauteren Wettbewerb sind nach § 4 UWG z.B. dieBeeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit, die Her-absetzung oder Verunglimpfung der Tätigkeit desMitbewerbers oder die gezielte Behinderung desMitbewerbers. Wer dennoch mit unlauteren Mittelngegen seine Konkurrenten antritt, muss damit rech-nen, dass das für ihn nachteilige Rechtsfolgen habenkann. Werden die staatlichen Aufsichtsbehörden aufsolche Verstöße aufmerksam und können diese be-legen, kann es für den Wettbewerbssünder zu Fol-gen, wie Schadenersatzzahlungen an den Konkur-renten, Unterlassungsforderungen oder Gewinnab-schöpfungen kommen.

Um den fairen Wettbewerb im Sport zu gewähr-leisten, hat die Nationale Anti Doping AgenturDeutschland (NADA) ein Regelwerk formuliert. Die-ses gilt für alle Athleten, die sich in einem sport-lichen Wettkampf befinden, oder sich für diesen vor-bereiten. In diesem sogenannten NADA-Code heißtes im Geleitwort: „Doping steht im Widerspruch zumGeist des Sports. Wer sich einen Vorteil dadurch zuverschaffen versucht, dass er sich im Training oderim Wettkampf verbotener Substanzen oder Metho-den zur Leistungssteigerung bedient, missachtet dieFairness, betrügt die anderen Sportler und die Zu-schauer und gefährdet seine Gesundheit.“ Wer den-noch versucht seine Leistung durch verbotene Sub-stanzen und Methoden zu steigern und bei Kontrol-len positiv getestet wird, muss mit Sanktionen, wiez.B. Startsperren von zwei Jahren bis lebenslänglichund/oder mit Geldbußen rechnen.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M7

Arbeitsvorschläge

1. Formulieren Sie eine allgemeingültige Definition von fairem Wettbewerb, die sich auf den sportlichenwie auch auf den wirtschaftlichen Wettbewerb bezieht.

2. Ist unlauterer Wettbewerb in der Wirtschaft gleichzusetzen mit Doping im sportlichen Wettbewerb?Begründen Sie.

3. Diskutieren Sie die Tragfähigkeit und Grenzen der Analogie des Wettbewerbs auf den Märkten unddes Wettbewerbs im Sport.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

M7 – Die Idee des fairen Wettbewerbs – im Sport wie in der Marktwirtschaft

Page 184: Saubere Leistung? – Grenzen · Themen und Materialien – Saubere Leistung? – Grenzen akzeptieren!/ bpb 2012 5 Vorwort Das Doping-Problem greift weit über die spezielle Sportsphäre

184 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Als Markt wird von Ökonomen ganz allgemein derOrt bezeichnet, an dem sich Angebot und Nachfragetreffen, um eine Ware oder Dienstleistung (= einGut) zu tauschen. So gibt es z.B. einen Markt für Im-mobilien, Ausbildungsstellen, Autos, Kleidung, Le-bensmittel, Drogen und auch für Dopingmittel. Mankann Märkte danach unterscheiden, ob es sich umlegale oder illegale Produkte handelt. Dementspre-chend gibt es legale und illegale Märkte (umgangs-sprachlich: Schwarzmärkte). Darum geht es im Fol-genden. Dabei soll auch der Markt für Dopingmittelmit dem Drogenmarkt verglichen werden.

Legal oder illegal? In Deutschland zählen Alko-hol und Nikotin zu den legalen Drogen. Sie dürfenab einem bestimmten Alter gekauft und konsumiertwerden. Dagegen dürfen Kokain, Cannabis, Ecstasy,etc. nicht angebaut, hergestellt, in Verkehr gebrachtoder mit ihnen Handel betrieben werden. Wenn diesgleichwohl geschieht, handelt es sich dabei um ei-nen illegalen Markt. Benötigt eine Person ein Medi-kament, dessen Wirkstoff nach dem Betäubungsmit-telgesetz verboten ist, ist die medizinische Verord-nung und Verwendung des Wirkstoffs aber legal.

Auch der Markt für Dopingmittel kann dement-sprechend unterteilt werden. Jedoch muss hierbeidie Besonderheit beachtet werden, dass einige Sub-stanzen für den herkömmlichen Gebrauch legal sindund lediglich der Einsatz bei sportlichen Wettbewer-ben verboten ist. Zur Leistungssteigerung beimSport werden viele Substanzen verwendet, z.B. Pro-teinshakes, die den Muskelaufbau steigern. In Dro-

geriemärkten oder Fitnessstudios sind diese teil-weise frei verkäuflich. Enthalten Proteinshakes dage-gen verbotene Substanzen, können sie nur illegal er-worben und gehandelt werden. Ferner gibt es Medi-kamente (z.B. bestimmte Schmerzmittel), die injeder Apotheke rezeptfrei erworben werden können.Enthält dieses Medikament leistungssteigernde In-haltsstoffe, darf es jedoch vor oder während einessportlichen Wettkampfes nicht eingenommen wer-den. Verschreibungspflichtige Medikamente mit ei-ner leistungssteigernden Wirkung sind bei sport-lichen Wettkämpfen ebenfalls verboten. Auch derErwerb dieser Medikamente kann legal (Rezept einesArztes) oder illegal erfolgen.

Wer bietet an und wer fragt nach? Die zweck-entfremdeten Medikamente werden meist ganz le-gal von der Pharmaindustrie hergestellt und an Apo-theken geliefert. Die Substanzen können legal (mitRezept) erworben werden. Aber auch Ärzte und Dro-geriemärkte zählen zu den Anbietern. Zudem kön-nen Dopingmittel und Drogen in illegalen Laborenhergestellt werden. Weitere Anbieter vertreiben ihreProdukte im Internet und versenden die Ware aufdem Postweg. Diese Händler befinden sich meist imAusland. Da der Kauf und die Einfuhr nach Deutsch-land verboten sind, kontrolliert der Zoll eingeführteWaren. Nachfrager auf dem Markt für Drogen sindPersonen, die von legalen und illegalen Substanzenpsychisch und/oder physisch abhängig sind. DieNachfrager auf dem Dopingmarkt sind u.a. Profi-sportler, Freizeitsportler und Trainer.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M8

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Definieren Sie den Begriff Dopingmarkt.

2. Erklären Sie, warum der Markt für Dopingsubstanzen nicht grundsätzlich illegal ist.

3. Erörtern Sie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Markt für Drogen und dem für Dopingsubstanzen.

4. Analysieren Sie, warum sich für verbotene Produkte illegale Märkte bilden und welche Faktoren dieDurchsetzung von Verboten erschweren.

M8 – Der Dopingmarkt – (k)ein Markt wie jeder andere?

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185Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Mehrere Mit-glieder eines Radrennteams haben sich vor einemWettkampf abgesprochen und verbotene Substan-zen zur Leistungssteigerung genommen, um ihreSiegchancen als Team zu erhöhen. Und tatsächlichsind sie diesmal als erstes Team über die Ziellinie ge-fahren.

Nach dem Rennen müssen sich einige Mitgliederdes Teams einer Dopingkontrolle unterziehen. Bis-her ist die Einnahme der verbotenen Substanz nochnie bei einer Dopingkontrolle aufgefallen. Angeblichnehmen deshalb auch viele andere Teams dieselbe,bisher nicht nachweisbare Substanz ein. Doch dieKontrolleure verbessern ihre NachweisverfahrenStück um Stück und fördern so manches zu Tage,was seither im Verborgenen blieb. Das Risiko, dassdas unerlaubte Doping auffällt, steigt daher von malzu mal. Die Radsportler können sich also nicht zu100% sicher sein, dass das Ergebnis der Dopingkon-

trolle auch diesmal negativ sein wird. Werden sieentdeckt, so wäre es der erste nachgewiesene Ver-stoß und alle überführten Sportler des Teams dürf-ten mindestens zwei Jahre an keinem Wettrennenmehr teilnehmen; von den negativen Folgen in wirt-schaftlicher Hinsicht ganz zu schweigen.

Ein Teammitglied (Sportler A) ist angesichts des-sen nicht nur nachdenklich, sondern sogar ein we-nig ängstlich geworden. Von seinem Anwalt hört er,dass er die drohende Startsperre herabsenken kann,wenn er ein umfassendes Geständnis ablegt und die„Komplizen“ im Team sowie die Hintermänner „ver-pfeift“. Hierzu muss er auch aussagen, wer ihm dieSubstanzen gegeben hat, um so dem Arzt, der wo-möglich auch noch sehr viele andere Sportler dopt,das Handwerk zu legen. Dann könnte Sportler A spä-testens nach einem Jahr wieder an Radrennen teil-nehmen. Natürlich könnten auch alle anderen Mit-glieder des Teams als Kronzeugen aussagen.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M9

Arbeitsvorschläge

1. Rekonstruieren Sie: Worin besteht das Entscheidungsproblem für jeden einzelnen Radrennfahrer?

2. Analysieren Sie: Welche Handlungsalternative sollte Sportler A wählen, wenn er rein eigennützig han-deln will?

3. Bewerten Sie: Welche Handlungsalternative sollte er wählen, wenn er rein moralisch handeln will?

4. Vergleichen Sie Ihre Antworten auf die Fragen 2 und 3 und interpretieren Sie das Ergebnis!

5. Beurteilen Sie die Wirksamkeit einer solchen Kronzeugenregelung im Spitzensport, um unerlaubtesDoping aufzuklären! Bedenken Sie dabei auch evtl. unerwünschte Folgewirkungen!

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Geständnis

Sportler A

Schweigen

(kein Geständnis)

Geständnis

Ergebnis für Sportler A:

Ergebnis für andere Team -mitglieder:

Ergebnis für Sportler A:

Ergebnis für andere Team -mitglieder:

Schweigen (kein Geständnis)

Ergebnis für Sportler A:

Ergebnis für andere Team -mitglieder:

Ergebnis für Sportler A:

Ergebnis für andere Team -mitglieder:

andere Teammitglieder

M9 – Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Oder umgekehrt?

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186 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Im Profisport geht es längst um mehr als nur umden Sieg. Es geht um viel Geld. Mit der Kommerziali-sierung des Sports haben die Dopingfälle zugenom-men, die Chancengleichheit leidet darunter. Ist eineLegalisierung von Doping sinnvoll, um wieder glei-

che Bedingungen herzustellen? Staatsrechtler Prof.Dr. Wolfram Höfling und Ex-Verfassungsrichter Prof.Dr. Udo Steiner vertreten gegensätzliche Stand-punkte. Ein Fall für zwei.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M10/1

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Arbeitsvorschläge

1. Lesen Sie das Plädoyer und markieren Sie alle Argumente, die Ihrer Meinung nach überzeugend sind.

2. Überlegen Sie, wie Sie diese Argumente mit Ihren eigenen Worten in Ihr Plädoyer einfließen lassenkönnen.

3. Antizipieren Sie mögliche Gegenargumente der Contra-Partei und bereiten Sie eine passende Erwide-rung vor.

Ein Plädoyer gegen die Scheinheiligkeit in der Sportpolitik

von Prof. Dr. Wolfram Höfling

Sport und Gesellschaft leben heute in einer überausengen Symbiose. Das olympische Motto des „höher,schneller, weiter“ ist zugleich Maßstab für eine weit-gehend durch die Bipolarität von Sieg und Niederla-ge, Erfolg und Misserfolg geprägte Gesellschaft. FürMillionen von Menschen gehört es heute zum Alltag,der Stimmung, dem Gedächtnis, dem Appetit, der Li-bido, dem Schlaf usw. pharmakologisch auf dieSprünge zu helfen. Der weltweite Markt für Lifestyle-Drugs wächst rasant. Warum sollte es bei einem Spit-zensportler ein Zeichen moralischer Verkommenheitsein, wenn er seinerseits zu (verbotenen?) Mitteln derLeistungssteigerung greift?

Vor dem Hintergrund einer derart „verdopten“ Ge-sellschaft ergibt sich die Begründung für die Forde-rung nach einem „sauberen“ Sport keineswegs vonselbst. Und gerade die besten Sportler mögen es alsmoralisch entschuldbar ansehen, selbst zu dopen,wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass we-niger begabte Konkurrenten es ebenfalls tun undmöglicherweise unentdeckt bleiben. Selbst die Zen-trale Ethikkommission bei der Bundesärztekammerräumt ein, dass keines der gängigen ethischen Argu-mente gegen das Doping – nämlich die Gefährdungdes Sinngehalts des Sports und der Chancengleich-heit, das schlechte Beispiel, Gesundheitsrisiken, dieVergesellschaftung von Schäden – für sich genom-men so durchschlagend sei, dass aus ihm ein Verbotdes Dopings unmittelbar abgeleitet werden könne.

In einer grundrechtlichen Perspektive kommt hin-zu, dass die leistungssteigernde Beeinflussung des ei-genen Körpers – solange und soweit sie von ein-sichtsfähigen Erwachsenen praktiziert wird – Aus-druck von (formaler) Freiheit ist. Deren Regulierungdurch den Staat erweist sich daher als rechtferti-gungsbedürftiger Grundrechtseingriff. Im Hinblick aufdie damit verbundene Problematik hat es ein US-amerikanischer Skistar auf folgende zynisch-resignati-ve Weise formuliert: „Entweder leben wir in einer Do-ping-freien oder in einer freien Gesellschaft – beidesgleichzeitig geht nicht.“

Auch wenn man diese Position nicht teilt und dieunbestrittene Schutzpflicht des Staates bejaht, ge-sundheitsgefährdende Manipulation bei solchen Per-sonen zu verhindern, denen die Einsichtsfähigkeit indie Gefährlichkeit ihres Tuns fehlt, bedarf es der kriti-schen Aufmerksamkeit, wenn die (Sport-)Politik sichvon Scheinheiligkeiten und Selbsttäuschungen leitenlässt.

Wir sollten unseren Blick vielleicht verstärkt lenkenauf die Rolle der Medien in ihrem komplexen Zu-sammenspiel mit dem Sportpublikum und handfes-ten Wirtschaftinteressen; und jeder Einzelne solltesich selbst ehrlich fragen, ob er nicht auch lieber diesensationellen „übernatürlichen“ Sportleistungen(selbstverständlich „natürlich“ erbracht) miterlebenmöchte anstelle von sportlicher „Hausmannskost“.

Quelle: http://www.cfmueller-campus.de/content/campus/legalisierung-von-doping-im-sport

M10 – Soll Doping legalisiert werden?

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187Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M10/2

Arbeitsvorschläge

1. Lesen Sie das Plädoyer und markieren Sie alle Argumente, die Ihrer Meinung nach überzeugend sind.

2. Überlegen Sie, wie Sie diese Argumente mit Ihren eigenen Worten in Ihr Plädoyer einfließen lassenkönnen.

3. Antizipieren Sie mögliche Gegenargumente der Pro-Partei und bereiten Sie eine passende Erwiderungvor.

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Der Wettbewerb soll ermitteln, was ein Athlet kann. Ein Plädoyer gegen Doping im Sport.

von Prof. Dr. Udo Steiner

Doping im Sport – das scheint heute zu heißen: mit-tendrin statt nur dabei. Der Sport steht unter Gene-ralverdacht. Kraft- und Ausdauersportarten sind be-sonders gefährdet, Sportarten – wie Fußball – mithohem „Konzentrationsbedarf“ eher weniger, weilsich der sportliche Erfolg durch die Kombination vonEigenschaften und Fähigkeiten einstellt. Staat undSport haben Doping den Kampf angesagt. 200000Dopingkontrollen wurden 2006 weltweit durchge-führt. Die Zahl ist seitdem steigend. Sie kosten vieleMillionen Euro und Dollar. Große Labore, auch inDeutschland, untersuchen Proben, verbessern Ana-lyseverfahren, forschen präventiv. Ein Heer von Ju-risten ist mit Dopingsanktionen beschäftigt, formu-liert schiedsgerichtliche Urteile, die sich lesen wieDoktorarbeiten der Biochemie. Die allerbestenSportler, in Testpools zusammengefasst, müssen derjeweils zuständigen Anti-Doping-Stelle für ein Quar-tal im Voraus mitteilen, wo sie sich wann aufhalten.Dopingkontrollen sind intensive Eingriffe in die In-timsphäre. Ob der Kampf gegen Doping erfolgreichist, ist offen. Es gibt beachtliche Fortschritte. DerBlutpass gehört dazu. Aber wir wissen nicht genau,wo wir in diesem Kampf stehen. Lohnt sich der Auf-wand? Sollte man nicht – wie in der Nobelpreispra-xis – die Besten im Sport erst nach Jahrzehnten fürihre Spitzenleistung ehren, wenn wir zuverlässigwissen, dass ihre Leistung redlich war, gegebenen-falls postum, nach Einschaltung eines Pathologen?Noch radikaler: Soll man Doping im Sport legalisie-ren? Nein, man sollte nicht. Der Weg zur „Legalisie-rung“ ist nicht einfach. Es gilt nicht nur, die Regelndes Sports zu ändern. Die Freigabe des Besitzes vonKokain und Cannabinoiden zugunsten des Sportlersdurch Änderung des Betäubungsmittelgesetzes wirdverfassungsrechtlich und rechtspolitisch nicht mög-

lich sein. Im Arzneimittelrecht lässt sich der Sportlerschon eher von Strafe freistellen. Er macht sich oh-nehin nur strafbar bei Besitz von nicht geringenMengen an Substanzen für Dopingzwecke. Man wirddann allerdings konsequenter Weise auch das „Um-feld“ des Sportlers entkriminalisieren müssen, das,effizient und international organisiert, Dopingmittelfür den Sport massenhaft in den Handel bringt. Ähn-liche Probleme hat bekanntlich die „Legalisierung“der Prostitution aufgeworfen. Der sportliche Wett-bewerb würde durch die Freigabe von Doping nochmehr verfälscht sein. Je höher das Einkommen, dasder Athlet durch Sport erzielt, umso mehr wird ervom medizinischen und pharmazeutischen Fort-schritt Nutzen ziehen können. Innovationen wollenbezahlt sein. „Die Faszination des Sports erwächstaus der Authentizität der Leistung“, sagte Eike Em-rich. Der Wettbewerb soll ermitteln, was der Athletaufgrund von Anlagen, Training und Lebensführungsportlich zu leisten vermag. Das ist es, was die Men-schen interessiert, nicht die Möglichkeit von Medizinund Naturwissenschaften, diese Leistung zu steigernoder zu verstetigen. Der Sport will Doping nicht,weil es die Integrität des Wettbewerbs zerstört. Do-ping ist eine tendenziell tödliche Krankheit des Spit-zensports mit Aussicht auf Heilung. Erlaubt mandem Sport dagegen Doping, ist er tot. Er verliert seinPublikum, nicht zuletzt das, das ihm die Medien ver-mittelt. Ist Doping erlaubt, ist die Athletenwertungnicht mehr interessant. Der Athlet ist dann tenden-ziell eine synthetische Figur. Ersetzt wird die Athle-tenwertung durch die Pharmawertung, ähnlich derKonstrukteurswertung in der Formel 1. Dies wollendie Sportler nicht oder noch weniger diejenigen, diedem Sport zugewandt sind.

Quelle: http://www.cfmueller-campus.de/content/campus/legalisierung-von-doping-im-sport

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188 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Sie haben viele Informationen zum Thema „Dopingim Spitzensport“ verarbeitet. Dabei haben Sie dieökonomische Perspektive eingenommen. Abschlie-ßend können Sie nun Ihr Wissen in einer Concept-

Map strukturieren. Schneiden Sie dazu die Kartenaus und stellen Sie die Zusammenhänge zwischenden Begriffen dar, indem Sie die Begriffe durch be-schriftete Pfeile verbinden.

Doping im Spitzensport: Gibt es eine ökonomische Erklärung und Lösung?Materialien für Lernende M11

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

Beispiel: verabreichtDopingmittel an

Sportler Zuschauer NADA

Erfolg Arzt Internet

Dopingmittel Team Fitnessstudio

Krankheit Sponsor Sportverband

Verein Dopingkontrolle Fairness

NADA-Code Medien Strafe

Trainer Siegprämien Wettkampf

Werbevertrag Manager Pharmahersteller

Arzt Sportler

M11 – Was hängt mit etwas anderem wie zusammen?

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189Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Das Bundesinstitut fürSportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

Carl Müller-Platz Prävention gegen Doping ist neben den repressivenMaßnahmen der Kontrolle und Bestrafung der Ver-such durch frühzeitige Intervention die Gefahr desFehlverhaltens im Spitzensport möglichst gering zuhalten.

Ob dabei unspezifisch vorgegangen wird odergezielt bestimmte betroffene Zielgruppen ange-sprochen werden, ist eine Frage der verfügbarenMöglichkeiten. Keinesfalls schließen solche Aktivitä-ten einander aus. Im günstigsten Fall sollte es gelin-gen, die Maßnahmen aufeinander abzustimmen,voranzutreiben und Synergieeffekte zu erzeugen.Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp)nutzt Möglichkeiten auch wissenschaftsfördernd dieDopingprävention zu unterstützen und damit einenBeitrag zu leisten. Neben diesen Maßnahmen hatdas BISp die zentrale Aufgabe der Forschungsförde-rung auch für die Dopingbekämpfung. Im Freizeit-und Breitensport ist das sog. Doping viel mehr alsSubstanzmissbrauch zu verstehen, denn Doping ist,legt man die Definition des Europarates aus demJahr 1989 zugrunde auf den Leistungssport be-grenzt. Deutschland hat dieses Übereinkommen ge-gen Doping im Jahr 1994 ratifiziert. Das für denHochleistungssport und damit die Dopingbekämp-fung zuständige Bundesministerium des Innern unddas nachgeordnete BISp trägt eine hohe Verantwor-tung.

Doping – Problem des Hochleistungssports,Substanzmissbrauch – Problem des Breiten-und insbesondere FreizeitsportsIm Hochleistungssport leiten sich Ansatzpunkte fürein mögliches Doping aus den Grenzen des eigenenkörperlichen und psychischen Vermögens ab. Am Er-folg Anteil hat neben dem Sportler auch der Trainerund letztlich der Verband, dessen Ansehen auch vonder Leistungsfähigkeit (Medaillen und Siege/Platzie-rungen) seiner Sportler abhängt.

Doping im Hochleistungssport findet auch eineErklärung in der Angst im Wettkampf nicht die maxi-male Leistung abrufen zu können. Andererseits kannauch der Fall eintreten, dass die verfügbare Maxi-

malleistung generell nicht ausreicht um in die Spitzevorzudringen.

Im Freizeitsport sind es Narzissmus und er-wünschtes athletisches Aussehen (Bodybuilding)oder übermäßiger Ehrgeiz ein gestecktes Ziel zu er-reichen (z.B. einen Städtemarathon in einer be-stimmten Zeit zu laufen) oder auch der Aufbau vonKraft für einen Job, bei dem körperliches Durchset-zungsvermögen gefragt ist (Türsteher usf.).

Viele weitere Gründe zum Griff nach unerlaubtenStoffen könnten aufgeführt werden, denn dadurchsind viele Effekte zu erzeugen, z.B. das Durchbre-chen der eigenen Leistungsbegrenzung und Aus-schalten der Warnsignale der Erschöpfung durch Sti-mulanzien; das Ausschalten von Warnsignalen derÜberbelastung durch starke Schmerzmittel; der Auf-bau von Muskelmasse durch anabole Wirkstoffe; dieErhöhung der Risikobereitschaft durch Cannabinoi-de; die Gewichtsreduzierung durch Flüssigkeitsaus-trieb mit harntreibenden Mitteln (Diuretika) undauch die Erzeugung verschiedener der oben ge-nannten Wirkungen einschließlich Erhöhung desSauerstofftransfers durch sogenannte Peptidhormo-ne.

Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Metho-den im Sport, die sog. Dopingliste ist nach Stoff-gruppen geordnet, wobei die verschiedenen Stoffein jeweils einer Gruppe in ihren Wirkungen beimMissbrauch ähnlich sind.

Fakten zur Häufigkeit von Substanzmiss-brauch und DopingAuch heute noch fehlen hinreichende wissenschaft-lich belastbare Grundlagen für eine Bewertung desArzneimittelmissbrauchs oder des Dopings im Hoch-leistungs-, Leistungs-, Breiten- und Freizeitsport. Ab-schätzungen von etwa 10%–20% auf dem Feld derKörperformung und auch im Hochleistungssportgibt es derartige Zahlen, der Anteil an Hochleis-tungssportlern, die tatsächlich beim Doping er-wischt werden, ist deutlich niedriger. Angesichts dernunmehr bestehenden Strafrechtsnormen im Arz-neimittelgesetz wird eine solche Erhebung auch im-mer schwieriger. Zuletzt hat das Robert Koch Institut(RKI) versucht genauere Zahlen zu erhalten; auchdiese Erhebung, die Kolibri-Studie hat nicht die er-hofften belastbaren Ergebnisse gebracht. Immerwieder finden sich neue Ansatzpunkte wie beispiels-

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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190 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

weise der Ge- und Missbrauch von Schmerzmittelnim Breiten- und Freizeitsport, der u.a beim Bonn-Ma-rathon im Jahr 2009, erfragt wurde und von Arznei-mitteln in der Arbeitswelt, wie eine Studie der Deut-schen Angestellten Krankenkasse (DAK-Studie 2009)ergeben hat. Darüber hinaus ist nach Umfragenmittlerweile auch bekannt, dass auch in der Wissen-schaft zu Wirkstoffen gegriffen wird, um die psychi-sche Leistungsfähigkeit bzw. das Konzentrationsver-mögen zu steigern. Der Arzneimittelmissbrauchscheint weit verbreitet zu sein und alles wird unter„Doping“ subsummiert. Schnell war für die Einnamevon Psychopharmaka neue Begriffe gefunden, sodas eher harmlos anmutende Wort „Neuro-Enhance-ment“ oder aber „Hirndoping“, was es zweifelsfreinicht ist, denn Doping ist ein Begriff aus dem Sportbzw. aus der Materialtechnik (Supraleiter).

Gesundheitsrisiken von Substanzmissbrauchund DopingArzneimittelsubstanzen haben ein hohes Wirkpoten-zial. Dabei können auch verschiedene unerwünschteNebenwirkungen auftreten. Bei längerem Miss-brauch entstehen so hohe Gesundheitsrisiken, wiewir das von sog. Volksdrogen wie Alkohol und Rau-chen kennen. Am Beispiel „Rauchen“ kann der Erfolgder Prävention für alle gut erläutert werden, weilRauchen sehr viele Menschen betrifft (mehr als 25%der Bevölkerung raucht.). - Rauchen ist ungesund. Zuerst einmal mussten

belastbare wissenschaftliche Grundlagen der Ge-sundheitsgefährdung ermittelt werden. Die epi-demiologischen Studien zum Rauchen haben er-geben, dass unter Rauchern die häufigste Spät-folge verschiedene Formen desLungenkarzinoms, aber auch Herz-Kreislaufer-krankungen sind. Eine weitere Spätfolge ist dasLungenemphysem. Nicht jeden ereilt eine solcheErkrankung, aber das Risiko ist um ein Vielfacheserhöht.

- Die Aufklärung über die gesundheitlichen Schä-den als präventive Maßnahme hat beim Raucherselbst nur eine bedingte Wirkung, weil das Risikoeben nicht die Erkrankung selbst, sondern dieWahrscheinlichkeit ihres Auftretens und ihrerSchwere ist.

- Seit die Risiken des „Passivrauchens“, d.h. desEinatmens von Rauch in einem von Rauchern

mehr oder weniger verqualmten Raum genaueruntersucht wurden, erkennen Nichtraucher, dassihre Toleranz gegenüber Rauchern eine Erhö-hung des eigenen Gesundheitsrisikos zur Folgehat. Das Verständnis für die Einschränkung biszum Verbot des Rauchens in öffentlichen Gebäu-den, das heute gilt, stieg durch solche Erkennt-nisse stetig.

- Das Rauchen betrifft die gesamte Gesellschaft,deshalb sind unspezifische bevölkerungsweiteKampagnen als präventive Maßnahme wichtig.

- Für den Raucher werden mittlerweile auf den Be-hältnissen der Tabakwaren zusätzlich Warnhin-weise für Gesundheitsschäden aufgedruckt.

Nähert man sich der Dopingprävention alsSonderform des Arzneimittelmissbrauchs oder allge-meiner des Substanzmissbrauchs, so betrifft dies zu-erst einmal die gesamte Bevölkerung Deutschlands,die bekanntlich einen hohen Arzneimittelkonsumhat. Dieser Arzneimittelkonsum kann für sportlicheBetätigung missbraucht werden, nämlich dann,wenn durch das Training ein selbstgestecktes, zuehrgeiziges Ziel nicht erreicht wird, egal ob dazu diekörperliche Konstitution nicht ausreicht oder durchandere Umstände wie beispielsweise Schmerzenwegen zu hoher Trainingsbelastung oder eine Erkäl-tung die Zielerreichung gefährden. Erfolgt dies beiWettkämpfen im Leistungssport, dann wird dieserSubstanzmissbrauch als Doping bezeichnet.

Um Dopingprävention zu betreiben, müssen, umden Vergleich mit dem Rauchen zu erhalten, die ge-sundheitlichen Risiken des Substanzmissbrauchs, er-forscht sein. Dabei kommt erschwerend hinzu, dassepidemiologische Studien an der Anzahl von verfüg-baren Leistungssportlern schwierig sind und oftnicht die gewünschte Aussagekraft besitzen.

Die Einnahme verbotener Wirkstoffe und die An-wendung verbotener Methoden sind schwere Ein-griffe in die Regelkreise des Körpers und erzeugenneben der erwünschten leistungssteigernden Wir-kung viele Nebenwirkungen.

Die meisten zum Doping missbrauchten Stoffeund Methoden sind auch Arzneimittel. Daher sinddie allgemeinen Nebenwirkungen gut bekannt.Nicht einschätzbar werden aber diese Nebenwirkun-gen, wenn die therapeutischen Dosen beim Dopingoder Substanzmissbrauch meist deutlich überschrit-

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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191Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

ten werden oder verschiedene Arzneimittel zusam-men eingenommen werden.

Ein wichtiges Indiz für nicht erwünschte Neben-wirkungen von Dopingsubstanzen sind dann medi-zinische Untersuchungen und Befragungen von Be-troffenen selbst.

Im Rahmen eines von der Europäischen Uniongeförderten Forschungsvorhabens „Biomedical SideEffects of Doping“ haben Wissenschaftler dieseKenntnisse zu den Nebenwirkungen der verschiede-nen Substanzen, die zum Doping missbraucht wer-den, zusammengestellt. Sie sind in zweierlei Selek-tionsmöglichkeiten als Internetauftritt (www.do-pingprevention.de) in mittlerweile 20 europäischenSprachen verfügbar.

So können dort einerseits die verschiedenenWirkstoffe und Methoden aufgerufen werden. IhreNebenwirkungen auf die verschiedenen Organe undOrgansysteme sind dort zusammengestellt.

Es können aber andererseits auch die Organsys-teme des menschlichen Körpers aufgerufen werden.Dann werden die Nebenwirkungen der Wirkstoffeund Methoden auf ein Organ oder Organsystem an-gezeigt.

Von vielen Substanzen kennt man bereits die ge-sundheitlichen Gefahren auch bei Überdosierung,neue Substanzen müssen jedoch noch auf ihr ge-sundheitsschädliches Potenzial hin untersucht wer-den. Arzneimittelforschungen auf diesem Feldunterstützen damit auch die Dopingprävention.

Ein gedopter Sportler kann auch seinem Wett-kampfpartner gesundheitlich schaden, besondersbei Wettkämpfen mit Körperkontakt. Eine Dopingto-leranz unter Leistungssportlern, so sie möglicher-weise bestünde, bezahlt der saubere Athlet dann zu-mindest mit einem erhöhten Verletzungsrisiko.

Gegen den weit verbreiteten Substanzmiss-brauch, der allerdings viel facettenreicher ist als dasBeispiel des Rauchens, könnten verschiedene Kam-pagnen Abhilfe schaffen. Bezogen auf die Welt desSports müssten Sportvereine, Sportstätten undSportveranstaltungen mit präventiven Ansätzen ge-gen den Substanzmissbrauch überzogen werdenund darauf hinweisen, dass Substanzmissbrauch imHochleistungssport durch Wettkampfsperre und Dis-qualifikation bestraft wird.

Gesundheitliche Schäden werden als abschre-ckende Präventionsmaßnahme meist drastisch ge-

schildert, Herzinfarkt mit Todesfolge oder Selbst-mord. Es ist viel wichtiger alle Zwischenstufen dergesundheitsschädlichen Wirkungen deutlich zu ma-chen, der Dopingtod ereilt nur eine sehr geringeZahl von Sporttreibenden, die Arzneimittel miss-brauchen. Da überdies der Freizeit- und Breitensportmeist nicht im Fokus wie der Spitzensport steht,werden diese Fälle bestenfalls lokal bekannt. ÜberBelastbares über die Todesfolge nach Substanzmiss-brauch im Sport ist nahezu nichts bekannt. Geringe-re Anzeichen gesundheitlicher Schädigung werdenvon Betroffenen mitunter am eigenen Körper regis-triert und damit ist eine Glaubwürdigkeit gegeben.

Für das Doping und den Arzneimittelmissbrauchhaben wir leider eine viel dünnere Faktenlage wiebeim Rauchen, weil, wie oben erwähnt, beim Rau-chen belastbare Zahlen über das Risiko einer Erkran-kung bis hin zur Todesfolge bestehen.

Rechtliche GrundlagenSeit vielen Jahren wird über ein Anti-Doping-Gesetzauf allen Ebenen der Gesellschaft diskutiert. Die Ar-gumente der Befürworter und Gegner werden invielen Diskussionen ausgetauscht, der Ruf nach ge-setzlichen Regelungen ist besonders laut nach spek-takulären Dopingfällen. Fast unberührt von dieserDiskussion ist der Substanzmissbrauch im Freizeit-und Breitensport, der das Gesundheitswesen wahr-scheinlich viel stärker belastet als das Doping imHochleistungssport.

Im internationalen Vergleich gibt es Staaten, dieein Anti-Doping-Gesetz erlassen haben, solche, diein allgemeiner gültigen Gesetzen darauf Bezug neh-men aber auch Staaten, die keine rechtliche Normzur Dopingbekämpfung erlassen haben.

Unter Beachtung der grundgesetzlichen Normenund Zuständigkeiten in Deutschland könnten Geset-ze gegen das Doping als sportspezifisches Vergehendie Autonomie des Sports einschränken. EinigeBundesländer haben in ihrer Zuständigkeit die För-derung des Sportes in ihre Verfassung aufgenom-men und/oder Sportfördergesetze erlassen. Auchdie Dopingbekämpfung wird als Fördergrundsatzgenannt.

Doping als Sonderform des Substanzmissbrauchshat sich allerdings immer mehr auch zu einem straf-rechtlich relevanten Delikt nach dem Arzneimittel-gesetz (AMG) entwickelt. Das für die Gesundheit zu-

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

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192 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

ständige Bundesministerium hat im Jahr 1998 mitder Einführung des §6a Verbot von Arzneimitteln zuDopingzwecken im Sport erstmals den Begriff desDopings in das Gesetz eingeführt und damit einenStrafenkatalog verbunden. Unter besonders schwer-wiegenden Gründen kann eine Freiheitsstrafe vonbis zu 10 Jahren verhängt werden.

Der Athlet allerdings unterliegt im Dopingfall zu-erst einmal der Schiedsgerichtsbarkeit des Sports,wenn er nicht zusätzlich gegen das AMG verstoßenhat, weil er Dopingsubstanzen in nicht geringenMengen mit sich führt, die einen Handel damitwahrscheinlich machen. Hiezu wurde eine Verord-nung zur Festlegung der nicht geringen Menge vonDopingmitteln (Dopingmittel-Mengen-Verordnung -DmMV), die jährlich aktualisiert wird, erlassen.

Das Doping bei Tieren wird schon seit dem Jahr1986 im Tierschutzgesetz als Ordnungswidrigkeitgeahndet und ist mit Bußgeld bewehrt. Bisher istein Fall bekannt geworden, bei dem die zuständi-ge Staatsanwaltschaft nach Abschluss ihrer Er-mittlungen festgestellt hat, dass ein Dopingtat-bestand vorlag und das Verfahren an die für Ord-nungswidrigkeiten zuständige Behördeweitergeleitet hat.

Der Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepu-blik Deutschland und der DDR betraf alle Politikge-biete und somit auch den Sport. §39 regelt, dassverschiedene Einrichtungen des DDR-Sports über-nommen wurden. Im Rahmen der Dopingbekämp-fung besitzt Deutschland seither zwei akkreditierteDopingkontrolllaboratorien.

Die Dopingvergehen in der ehemaligen DDR, dieauch nach DDR-Recht unzulässig waren, weil auchdort der Einsatz nicht geprüfter Wirkstoffe verbotenwar, hatten Nachwirkungen. Verschiedene Athletensahen sich durch die unfreiwillige Gabe von Doping-mitteln gesundheitlich geschädigt und in verschie-denen Gerichtsverhandlungen wurden körperlicheSchäden bestätigt. Nach langem Tauziehen hat dasBM ein Dopingopferhilfefond in Höhe von 2 Mio Eu-ro eingerichtet und seine Verwendung durch dasGesetz über eine finanzielle Hilfe für Doping-Opferder DDR geregelt. Das Gesetz trat nach der Vertei-lung der Mittel auf anerkannte Dopingopfer außerKraft.

Die Bundesrepublik Deutschland ist Mitglied desEuroparates und hat im Jahr 1994 das Übereinkom-men gegen Doping von 1989 durch Gesetz ratifi-ziert. Als Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen (UN– United Nations) und ihrer Organisation für Bil-dung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO – UnitedNations Educational, Scientific and Cultural Organi-zation) folgte im Jahr 2007 das Ratifizierungsgesetzfür deren Internationale Konvention gegen Dopingim Sport. In beiden internationalen Vereinbarungeneinschließlich ihrer Protokolle wird der Bogen zuden Normen des Dopings nicht staatlicher Organisa-tionen, die für die Dopingbekämpfung zuständigsind, insbesondere die Welt Anti-Doping Agentur(WADA – World Anti-Doping Agency/AMA – AgenceMondiale Antidopage) geschlagen. Damit ist dieGrundlage für eine Einheitlichkeit in Begriffen undVorgehensweisen zwischen den Institutionen derStaaten und den Organisationen des Sports geschaf-fen. In beiden Abkommen wird von den Vertrags-staaten vereinbart, dass sowohl Vorhaben der For-schung als auch Maßnahmen auf dem Gebiet derPrävention durchgeführt werden.

Methodiken der DopingpräventionPrävention besteht nicht nur aus der Ermittlung er-forderlicher Fakten zur Darstellung des Sachstandeszur Entscheidung ob und in welchem Umfang sienotwendig ist, sondern auch aus den durchzufüh-renden Maßnahmen und deren richtige methodi-sche und didaktische Auswahl.

Dies hängt insbesondere von den Zielgruppenab, die angesprochen werden sollen.Durchgesetzthat sich die Unterscheidung zwischen Verhaltensund Verhältnisprävention. Während die Verhalten-sprävention auf eine Änderung der Einstellung derPerson zum Problem des Dopings zielt, soll die Ver-hältnisprävention die Rahmenbedingungen, die dasDoping befördern könnten, dahingehend verän-dern, dass Doping erschwert wird und möglichstwenig gesellschaftlichen Nährboden findet. Demzu-folge ist die Verhaltensprävention mehr im For-schungsgebiet der Psychologie angesiedelt , die Ver-hältnisprävention in den Gesellschaftswissenschaf-ten.Darüber hinaus sind strategische Überlegungenerforderlich, wie Maßnahmen aufeinander zu folgenhaben und wie die Schnittstellen zu definieren sind.

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

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Dieser Aufgabe widmet sich entsprechend ihrerSatzung die Nationale Anti Doping Agentur (NADA).

Das BISp liefert die Fakten, indem es den For-schungsbedarf zur Erkenntnisgewinnung ermittelt,die Forschungen initiiert und begleitet sowie die Er-gebnisse bewertet und nutzergerecht an den Be-darfsträger weitergibt.

So war es auch folgerichtig, dass NADA und BISpim Jahr 2007 dem Aufruf der Bundeszentrale für po-litische Bildung folgte und in einer Seminarreihe dieProbleme der Dopingprävention definiert undHandreichungen bereitgestellt hat.

Maßnahmen des BISp auf dem Gebiet derDopingpräventionWährend die NADA mehr die praktischen Maßnah-men der Dopingprävention plant und durchführt,hat das BISp in diesem Themenfeld und seiner För-derung die Forschung zum Erkenntnisgewinn imBlick. Diese Aufgabe wird durch verschiedene Maß-nahmen erfüllt.

Wissenschaftliche Tagungen des BISpIn der Regel dienen diese Tagungen der Feststellungdes Standes der Wissenschaft auf einem bestimmtenFeld der Dopingbekämpfung. Je nach Aktualitätwerden Themen ausgewählt und auf diesem Gebietausgewiesene Wissenschaftler zum Vortrag und zurDiskussion eingeladen. Nahezu jährlich findet einesolche Tagung statt und ist Ausgangspunkt vonÜberlegungen wie durch die Förderung von For-schungen die Grundlagen der Dopingbekämpfungverbessert werden können. Der Dopingpräventionwaren auch einige der Tagungen gewidmet.

Im Zuge der Dopingprävention, deren Durchfüh-rung im Jahr 2002 auf die NADA übergegangen ist,wurden verschiedene Tagungen (Tab. 1) vom BISp

durchgeführt.Im Zuge der Maßnahmen des Europarates zur

Dopingprävention im Rahmen der Konvention ge-gen das Doping, die von vielen europäischen Staa-ten ratifiziert wurde, hat das BISp in Zusammenar-beit mit der AG Antidoping der Konferenz der Sport-referentinnen und -referenten der BundesländerVertreter aus den Niederlanden, Österreich und derSchweiz eingeladen, um über Präventionsmaßnah-men und ihre Erfolge zu berichten und daraus wei-tere Schlüsse zu ziehen.

Es folgte im Jahr 1998 eine Tagung, in der diemöglichen Problemfelder, die für präventive Maß-nahmen geeignet schienen, zusammengefasst wur-den. Erstmals wurde auch der Breiten- und Freizeit-sport in die Überlegungen einbezogen. Das Dopingund mehr noch der Arzneimittelmissbrauch im Brei-ten- und Freizeitsport ist heute so aktuell wie früher,präventive Maßnahmen haben bisher keinen durch-schlagenden Erfolg gebracht.

Erst durch die Begleitung mit repressiven Maß-nahmen der Strafverfolgung nach dem Arzneimittel-gesetz zeigt die flankierende Präventionsarbeit ver-besserte Wirkung.Im Jahr 2000 wurde der Kenntnis-stand zu den gesundheitlichen Wirkungen desMissbrauchs von anabolen Wirkstoffen in denVordergrund gestellt um die mögliche Abschre-ckung als präventiven Ansatz einzubringen. Dabeistand die realistische Darstellung gesundheitlicherSchäden durch den Missbrauch im Vordergrund, diesich aus Fallschilderungen am deutlichsten ableitenlassen. Die Tagung „Sportwissenschaftlerinnen undSportwissenschaftler gegen Doping“, die zusammenmit der Deutschen Sporthochschule Köln und demDeutschen Olympischen Institut durchgeführt wur-de, stellte die ethisch-moralische Sichtweise des Do-pings als Ansatzpunkt für präventive Ansätze zur

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

Tabelle 1: Tagungen des BISp mit Inhalten zur Dopingprävention

1997 Internationale Konferenz zur Dopingprävention 1998 Leistungsmanipulation – eine Gefahr für unsere Sportler 2000 Missbrauch anaboler Steroide – Nebenwirkungen und Todesfälle 2000 Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler gegen Doping 2001 Dopingbekämpfung – Aufklärung tut not2011 Doping bei Tieren

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Dopingbekämpfung in den Vordergrund. Die Teil-nehmer der Tagung haben ihre Ergebnisse in einerResolution als Kölner Erklärung gegen Doping zu-sammen gefasst, die auf die Oldenburger Erklärungder dvs (Deutschen Vereinigung für Sportwissen-schaft) zum Doping im Hochleistungssport aus demJahr 1991 anschließt.

Mitwirkung an Forschungsvorhaben Grundlagen einer erfolgreichen Dopingpräventionsind Fakten, die belastbar sind und entsprechendeStrategien, wie diese Fakten der bzw. den Zielgrup-pen nahegebracht werden können. Dabei ist Präven-tion nicht das Allheilmittel, kann aber als Wegberei-ter frühzeitig zur Charakterbildung eingesetzt wer-den und zum Verständnis notwendiger repressiverMaßnahmen beitragen.

An dem von der Europäischen Union gefördertenProjekt „Kampf gegen Doping in Fitnessstudios“,wirkte das BISp maßgeblich mit. Es wurde federfüh-rend von der Arbeitsgruppe Antidoping der Konfe-renz der Sportreferenten der Länder, die damalsvom Land Niedersachsen geleitet wurde, durchge-führt. Österreich, Schweiz, Niederlande und Belgienwaren die weiteren Partner des Projektes. Die Pro-jektergebnisse, aus denen ein Maßnahmenkatalogabgeleitet wurde, können noch heute im Internetabgerufen werden.

Mit der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS)und später der TU München wurde das ebenfallsvon der EU geförderte Projekt „Biomedical Side Ef-fects of Doping“, durchgeführt, das bereits oben be-schrieben wurde. An diesen Projekten waren nebenEinrichtungen Deutschlands die Länder Polen,Frankreich, Portugal, Spanien, Rumänien, Belgien,Niederlande, Finnland und Griechenland beteiligt.

ForschungsförderungDas seit dem Jahr 1970 bestehende Bundesinstitutfür Sportwissenschaft (BISp) fördert Forschungen aufdem Gebiet des Hochleistungssports. Durch die För-derung der IOC-akkreditierten Laboratorien – einesseit 1972, das andere seit 1990 – bis zum Jahr 2005ist es schon früh in die Dopingbekämpfung einge-bunden gewesen. Seit dem Jahr 1994 wird die Do-pingbekämpfung auch als Aufgabengebiet im BISpausgewiesen.

Die Forschungen, die seitdem durch das BISp ge-

fördert wurden, betrafen in der ersten Phase bis zurEinigung Deutschlands im wesentlichen die Analy-tik; vereinzelt gab es Vergleiche zur Wirksamkeit derbestehenden Gesetzgebung in unterschiedlichenLändern. Nach den Ereignissen um den Tod einerdeutschen Siebenkämpferin im Jahr 1997 durchmultiples Organversagen nach lang andauerndemArzneimittelmissbrauch, auch unterstützt von Ärz-ten, und den „Anabolikaspielen“ in Seoul 1988, rück-te die Dopingprävention mehr in das Blickfeld derWissenschaft. Auch das Interesse in der Bevölkerungstieg stetig, ausgelöst durch eine häufige Berichter-stattung in den Medien.

Eine Übersichtlichkeit der Forschungen und For-schungsergebnisse speziell in der Dopingpräventionist schwer herzustellen, da Forschungen auf den ver-schiedensten Ebenen und Strukturen betrieben wer-den. Das BISp unterhält sportwissenschaftliche Da-tenbanken (www.bisp-datenbanken.de), in denen Li-teratur und Forschungen zur Prävention nachSchlagworten abgerufen werden können.

Immer wieder stellen sich Fragen nach den Ge-sundheitsschäden durch Dopingsubstanzen, insbe-sondere Anabolika. Dabei steht maßgeblich der Frei-zeitsport in Fitnessstudios im Vordergrund. In einerMulticenterstudie wurde in Deutschland diese Miss-brauchshäufigkeit untersucht.

Auch in der Forschung wird zwischen Verhältnisund Verhaltensprävention unterschieden. Die Förde-rung soziologischer Forschung war eine logischeFolgerung für das BISp. Soziologen wie Bette undSchimank postulierten aus einer Untersuchung zubiografischen Dynamiken ein Beziehungsgeflechtverschiedener persönlicher und gesellschaftlich be-dingter Ursachen, die den Weg zum Doping auchjenseits des persönlichen Ehrgeizes erklärbar ma-chen. Eine Quantifizierung der identifizierten sozio-logischen Einflussfaktoren steht jedoch noch aus.

Mit den Dopingfällen im Radsport, beginnendmit der Tour de France 1998, die sich weit in das er-ste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts hineinzogen, ha-ben viele Staaten die Dopingbekämpfung gesetz-lich, meist auch mit strafrechtlichen Folgen, gere-gelt.

Auch für das deutsche Recht und seine Auswir-kungen wurden die Gesetze verschiedener europäi-scher Staaten miteinander verglichen. Im Vorder-grund standen dabei nicht die Antidopinggesetze

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

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selbst, sondern die Durchsetzbarkeit erforderlicherMaßnahmen um Doping aufdecken zu können undsofort strafprozessuale Folgen zu verhängen.

Interessante Ergebnisse zeigte eine Querschnitt-studie zu den Antidopingmaßnahmen, die inDeutschland im Jahr 2007 durchgeführt wurden. Beidieser Bestandserhebung stellte sich heraus, dassviele Aktivitäten durchgeführt wurden, eine Koordi-nation der einzelnen Maßnahmen aber nicht er-kennbar war. Bis heute ist es nicht gelungen hier ei-ne hinreichende Einheitlichkeit zu erzeugen.

Immer wieder werden auch Untersuchungen zurEinstellung gegen das Doping angeregt. Dabei wirdangestrebt die wissenschaftlichen Erkenntnisse inHandlungsmuster umzusetzen. Dazu gehören bei-spielsweise die Erforschung von Dopingeinstellun-gen, nicht nur qualitativ, sondern auch eine quanti-tative Einschätzung um daraus Maßnahmen zur Cha-rakterbildung abzuleiten.

Ein wichtiger Ansatz in der Forschung wird alsEvaluationsforschung bezeichnet. Hier gilt es Krite-rien zu entwickeln, nach denen der Erfolg und des-sen Dauer untersucht werden können. Diese For-schungen dienen damit dazu zu ermitteln, ob mitPräventionsmaßnahmen die entsprechenden Zieleerreicht wurden. Auch solche Forschungen finan-ziert das BISp.

Das Feld der Präventionsforschungen ist weit ge-fächert und schließt eine Reihe von wissenschaft-lichen Disziplinen ein. Die Erkenntnisse aus den For-schungen können in der Regel nicht unmittelbar inkonkrete Maßnahmen übertragen werden, da sieaus einer Fülle einzelner Komponenten zusammen-gesetzt ist wie Inhalte und Methodiken.

DopingpräventionsseminareIn den Jahren 2008–2010 wurden unter Federfüh-rung der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB)und Beteiligung von NADA und BISp Präventionsver-anstaltungen durchgeführt. Die Zielgruppe war ent-sprechend dem Auftrag der BpB sehr weit gefasst.Die Teilnahme war frei und richtete sich insbesonde-re an Lehrer und interessierte Bürger, die sich mitdem Sport verbunden fühlen. Die Seminarreihestand unter dem Leitsatz: Dopingbekämpfung – einegesellschaftspolitische Aufgabe. Die Seminare hat-ten zum Ziel das gesamte Feld der Dopingpräven-tion mit seinen einzelnen Bereichen aufzufächern

und auch in den Breiten- und Freizeitsport mit demArzneimittelmissbrauch vorzudringen. Ein wichtigesAnliegen war es, immer authentisch zu sein, d.h.auch Teilnehmer einzuladen, die als Spitzensportlerim Geschehen als Täter oder Betroffene beteiligt wa-ren.

Mit solchen Seminaren können strukturelle Be-dingungen von Leistungsmanipulation im Sport u. a.mit dem sogenannten Täterdreieck von Motiv, Legi-timation und Gelegenheit herausgearbeitet werden.Es wurden Präventionskonzepte von Sportorganisa-tionen wie der deutschen Sportjugend oder dasKonzept der NADA in den Eliteschulen des Sportsvorgestellt und diskutiert. Authentizität wurde da-durch hergestellt, dass Gelegenheit bestand mit be-troffenen Spitzensportlern das Problem des Dopingszu diskutieren.

Anti Doping KampagnenKampagnen werden für verschiedene Zielgruppengestartet wie beispielsweise die Journalistensemina-re, die zu einem besseren Verständnis für die Zu-sammenhänge bei der journalistischen Arbeit beitra-gen sollen. Die NADA-Tour durch die Eliteschulen isteine weitere abgegrenzte Maßnahme. Viele weitereKampagnen von Sportorganisationen und privatenAnbietern könnten genannt werden. Wie oben er-wähnt hat das BISp hierzu eine Zusammenstellunggefördert. Die Zuständigkeitsverteilung zwischenBund und Ländern machen sich auch bei den Sport-organisationen bemerkbar. Als Koordinator kann nurdie NADA als unabhängige Stiftung auftreten, wozudiese auch eingerichtet worden ist. Die WADA führtimmer wieder Tagungen durch, in denen Vertreteraus vielen Ländern der Welt über ihre Aktivitäten inder Dopingprävention referieren. Solche Tagungenfördern den Austausch und bieten die Möglichkeitneue Impulse zu erhalten.

Die Prävention setzt bestenfalls bereits im Kin-desalter spielerisch ein, damit die Kinder so vielSelbstvertrauen entwickeln, dass sie den Versuchun-gen zum Substanzmissbrauch widerstehen können.So erfüllen die Kampagnen „Kinder stark machen“und der Förderverein „Keine Macht den Drogen“auch einen Präventionseffekt gegen Doping, auchwenn die Drogenbekämpfung gegen Alkohol, Niko-tin und harte Drogen hierbei im Vordergrund ste-hen.

AnhangDas Bundesinstitut für Sportwissenschaft – Partner in der Dopingprävention

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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196 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Zusatzangebot auf der beiliegenden CD:Projektwoche Körperkult

Die Projektwoche ist für Schüler der 7./8. Jahrgangs-stufe konzipiert und kann zur Dopingprävention ein-gesetzt werden. Als Zugang wird das HauptmotivJugendlicher gewählt, die Dopingsubstanzen nut-zen: Optimierung des Körperäußeren. Gerade für Ju-gendliche stellt das Aussehen des Körpers das ent-scheidende Merkmal der Identität dar. Oftmals wirder zum Anlass von Scham und Peinlichkeit oder aberbewusst zur Schau gestellt. Insbesondere Jugendli-che sind empfänglich für Versprechen, mithilfe be-stimmter Methoden oder eben auch Substanzen ihrErscheinungsbild zu verbessern, um somit ihrem(u.a. medial) vermittelten Ideal vermeintlich näherzu kommen.

In der Projektwoche wird also der Auslöser fürDopingkonsum bei Jugendlichen – das Schönheits-ideal – hinterfragt. Die Schüler werden aufgefordert,anhand von Collagen ihr Schönheitsideal darzustel-len, um es anschließend gemeinsam zu reflektieren.Vor dem Hintergrund der biologischen Unmachbar-keit respektive Unerreichbarkeit soll den Schülernein potentieller Entwicklungsdruck genommen wer-den. Die Schüler erfahren, dass medial verbreiteteIdeale, zumeist mit Bildbearbeitungsprogrammenverändert wurden. Sie werden angeleitet, zu erken-nen, dass diese Unerreichbarkeit durchaus wirt-schaftlichen Interessen entspricht: Diejenigen, dieunzufrieden sind und die gleichzeitig daran glau-ben, mit dem Erwerb bestimmter Produkte ihremIdeal näher zu kommen, sind potentielle Käufer. Da

der antizipierte Erfolg aber nur, wenn überhaupt,ansatzweise eintritt, konsumieren sie lebenslang.

Ein weiterer Schwerpunkt dieser Projektwocheliegt auf einem Wissenstransfer zu Wirkungen undvor allem Nebenwirkungen verbreiteter Substanzen,die zur Körpermodellierung genutzt werden. Dazuzählen neben Anabolika, die das Muskelwachstumund den Fettabbau steigern bspw. auch Diuretika,die zur Gewichtsreduzierung durch Entwässerungeingesetzt werden. Die Schüler werden angeleitetdarüber nachzudenken, welche Mühen und Risikensie bereit sind auf sich zu nehmen, um einem uner-reichbaren ästhetischen Ideal zu entsprechen. Flan-kierend dazu werden sie aufgefordert, ihrer persön-lichen Stärken und Schwächen bewusst zu werden,um sie zu nutzen oder daran zu arbeiten.

Begleitend und anknüpfend zu diesen beidentheoretischen Themen (Schönheitsideal und Sub-stanzen), werden die Schüler in sportpraktischenUnterrichtseinheiten an Akrobatik herangeführt. Zielist es, dass die Schüler spüren, dass jede körperlicheKonstitution gebraucht wird und ihre Berechtigunghat. Am Ende der Projektwoche sollte daher eine Ge-samtpyramide aus allen Schülern gebaut werden.

Zusammenfassend kann die Projektwoche mögli-cherweise einen Beitrag dazu leisten, die Schüler inihrer Identitätsbildung zu fördern, indem sie in ihrenEntwicklungsaufgaben unterstützt und über Gefah-ren des Substanzmissbrauchs aufgeklärt werden.

Das auf der CD beigefügte Booklet erleichtert Ih-re Nutzung der CD-Rom dahingehend, dass einexemplarischer Zeitplan dargestellt wird und Navi-gationsschritte erklärt werden.

AnhangZusatzangebot auf der beiliegenden CD: Projektwoche Körperkult

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197Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Dirk Alpermann, Jahr-gang 1961, lebt mit sei-ner Familie in Gunters-blum/Rheinhessen.Von 1981 bis 1988 stu-diert er EvangelischeTheologie in Mainz undHeidelberg.

1991 wird er zumPfarrer der EKHN ordi-niert, seit 1993 erteilter hauptberuflich Religionsunterricht am Gymna-sium zu St.Katharinen in Oppenheim/Rh. Nebenbeiproduziert er von 1997 bis 2011 Texte für kirchlicheRundfunkarbeit bei RPR 1.

Er ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichungenmit besonderem Interesse an allem, was abseits destraditionellen Themenkanons der Religionspädago-gik liegt. Privat ist Dirk Alpermann begeisterter Mu-siker und Gitarrensammler, 2012 erscheint sein Buch„Die Gitarre der Götter“.

Prof. Dr. Christoph

Asmuth, geb. 1962 inBochum, Studium1983–1992 Bochum,1992 M.A. in Philoso-phie, 1992–1995 Sti-pendium der Studien-stiftung des deutschenVolkes, 1995 Dr. phil.im Fach Philosophie,1996-1998 Lehrbeauf-tragter am Institut für Philosophie der Ruhr-Univer-sität Bochum, 1997–1998 Stipendium der DeutschenForschungsgemeinschaft, 1998-2004 Wissenschaft-licher Assistent am Institut für Philosophie der TUBerlin, 2003 Habilitation, seit 2009 apl. Prof., 2009–2012 Leitung des BMBF-Projekts „Translating Doping– Doping übersetzen“ an der TU Berlin.

Dozent am IUC Dubrovnik 2001–2006, 2007 Gast-professur LMU München, 2009 Gastprofessur Basel;seit 2007 Leitung des Kurses Transzendentalphiloso-phie am IUC Dubrovnik seit 2007, Leitung des Inter-nationalen Forschungsnetzwerks Transzendental-philosophie/Deutscher Idealismus.

Bücher: Das Begreifen des Unbegreiflichen. Stutt-gart-Bad Cannstatt 1999; Interpretation – Transfor-mation. Göttingen 2006; (Hg.), Was ist Doping? Fak-ten und Probleme der aktuellen Diskussion Bielefeld2010; Bilder über Bilder – Bilder ohne Bilder. Eineneue Theorie der Bildlichkeit. Darmstadt 2011; (Hg.)Entgrenzungen des Machbaren? Doping im Schnitt-feld zwischen Recht und Moral Bielefeld 2012– Rei-henherausgeber u.a.: Brennpunkt Doping, trans-cript-Verlag – Zahlreiche weitere Bücher als Heraus-geber, über 100 Aufsätze, Rezensionen,Lexikonartikel.

Sabine Baumann,

Jahrgang 1964, Stu-dium der Biologie ander Universität Basel(Diplombiologin). Stu-dium der FachdidaktikBiologie an der Univer-sität Bern, Abschluss1999.

Seit 1999 Wissen-schaftliche Mitarbeite-rin und Leiterin der naturwissenschaftlichen Samm-lung an der PH der Fachhochschule Nordwest-schweiz in Aarau.

Autorin und Mitautorin mehrerer Lehrmittel, soz.B. Genwerkstatt: Lernmaterialien zur Genetik undGentechnologie; Biologie begreifen und Technik be-greifen. In ihrer Freizeit ist Frau Baumann begeister-te Photographin, unternimmt Wander- und Velotou-ren und spielt wettkampfmässig Tischtennis.

AnhangDie Autorinnen und Autoren

1a 1b 2a 2b 3a 3b 4a 4b Anhang

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198 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Anni Heitzmann, Jahr-gang 1950, lebt inBern, Schweiz. Studiumder Biologie an derETH-Zürich und Univer-sität Bern (Promotion).Langjährige Erfahrungals Gymnasiallehrerinauf Sekundarstufe 1und 2. Seit 1995 in derLehrerbildung tätig.

Lehraufträge für Fachdidaktik Biologie an derUniversität Bern und an der Fachhochschule der Pä-dagogischen Hochschule Nordwestschweiz. Profes-sorin für Fachdidaktik Biologie. Forschungstätigkei-ten im Bereich von Technikunterricht und fächer-übergreifendem Unterricht.

Anni Heitzmann ist Autorin mehrerer Lehrmittelfür Biologieunterricht und Fachdidaktik Biologieoder Naturwissenschaften. Privat ist sie begeisterteImkerin, Sportlerin und Berggängerin.

Dr. Corinna Hößle

(geb. 1965) hat ihrLehramtsstudium fürdas Gymnasium mitden Fächern Biologieund Theologie in Ham-burg absolviert. Nachdem 2. Staatsexamenist Frau Hößle als wis-senschaftliche Mitar-beiterin am IPN in Kielund an der Universtität Hamburg tätig geworden.

Seit 2004 ist Frau Hößle Professorin für Didaktikder Biologie an der Carl von Ossietzky Universität Ol-denburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen imBereich der Lehr- und Lernforschung in der Kompe-tenzmodellierung von Bewertungskompetenz sowiein der Lehrerprofessionalisierung zu den BereichenDiagnose und ethische Bewertung.

Karin Krzatala, M. Ed.(geb. 1985) ist wissen-schaftliche Mitarbeite-rin am Lehrstuhl fürWirtschaftswissen-schaften und Didaktikder Wirtschaftslehre ander Universität Duis-burg – Essen (CampusEssen).

Sie hat Ökonomi-sche Bildung und Niederlandistik für das Realschul-lehramt an der Carl von Ossietzky Universität Olden-burg studiert. Forschungsschwerpunkte liegen u.a.bei der Entrepreneurship Education und der Poten-zialanalyse.

Thomas Loosli, Jahr-gang 1960, arbeitet alsGymnasiallehrer in Kö-niz bei Bern und ist Do-zent für FachdidaktikChemie Sekundarstufe2 an der Pädagogi-schen Hochschule derFachhochschule Nord-westschweiz.

Er hat an der Uni-versität Bern Organische Chemie studiert, dort pro-moviert und an der Rudolf Steiner Schule Bern undIttigen unterrichtet. Thomas Loosli ist interessiert anhandelnden Zugängen zum Chemieunterricht. Inseiner Freizeit schätzt Thomas Loosli Musik, Langlaufund Kultur.

AnhangDie Autorinnen und Autoren

Anhang 4b 4a 3b 3a 2b 2a 1b 1a

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199Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Dominic Müser (geb.1980) hat sein Diplom-studium der Sportwis-senschaften in Bochum2007 abgeschlossen.

Nach dem Studiumarbeitete Herr Müserzunächst im Doping-Kontroll-System derNationalen Anti Do-ping Agentur (NADA)bis er 2008 in die Dopingprävention der NADAwechselte.

Seit 2011 leitet Herr Müser das Ressort Präven-tion in dem in den letzten Jahren mehr als 30 Pro-jekte für unterschiedliche Zielgruppen wie z.B. Ath-leten, Trainer und Lehrer umgesetzt wurden. Weite-re Informationen über das Präventionsprogrammder NADA erhalten Sie unter www.gemeinsam-ge-gen-doping.de.

Univ.-Prof. Dr. habil.

Thomas Retzmann,

Diplom-Handelslehrer(geb. 1963) ist Profes-sor für Wirtschaftswis-senschaften und Di-daktik der Wirtschafts-lehre an der UniversitätDuisburg – Essen(Campus Essen).

Seit 2009 ist er Er-ster Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Ge-sellschaft für Ökonomische Bildung (DeGÖB). Ausge-zeichnet wurde er 1996 mit dem Max-Weber-Preisfür Wirtschaftsethik in der Kategorie „Forschungs-preis“ und erneut 2012 in der Kategorie „Schul- undLehrbuchpreis“. Seine Forschungsschwerpunkte lie-gen u.a. bei der Wirtschafts- und Unternehmens-ethik in Theorie und Praxis; Nationalen Standardsder Ökonomischen Bildung; Ökonomische, morali-sche und politische Bildung.

Dr. phil. Christian

Schmidt (geb. 1980)arbeitet als Lehrer amGymnasium Kusel, so-wie als Lehrbeauftrag-ter für Politikdidaktikund als lehrbeauftrag-ter Fachleiter für Sozi-alkunde am Studiense-minar Kaiserslautern.

Nach seiner Disser-tation beschäftigt er sich weiterhin mit Fragen zumZusammenhang von politischer Kultur und politi-scher Bildung, ebenso mit dem Zusammenhang vonTheorie und Praxis der politischen Bildungsarbeit.Hierbei veröffentlicht er regelmäßig theoretischeund best-practice-Arbeiten.

Dr. Michael Segets

(geb. 1967) ist Privat-dozent am Institut fürPädagogik und Philo-sophie an der Deut-schen SporthochschuleKöln und Fachseminar-leiter für Sport undPhilosophie am Zen-trum für schulprakti-sche Lehrerausbildungin Düsseldorf. Forschungsschwerpunkte liegen inder Sportethik und in didaktischen Fragestellungender Sportphilosophie.

AnhangDie Autorinnen und Autoren

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200 Themen und Materialien – Doping / bpb 2012

Dr. Antje Stache, geb.1972; Studium derSportwissenschaft undAnglistik, Psychologieund Erziehungswissen-schaft an der Hum-boldt-Universität zuBerlin, Promotion 2009an der Humboldt-Uni-versität zu Berlin, z.Z.Lehramtsreferendarinin Berlin.

Bücher: Der Körper als Mitte – zur Dynamisierungdes Körperbegriffs unter praktischem Anspruch.Würzburg 2010; (Hg.) Das Harte und das Weiche.Körper – Erfahrung – Konstruktion (Hg.) Stache, Ant-je. Bielefeld 2006; (Hg.) Stache, Antje – Grüneberg,Patrick: Fahrrad – Person – Organismus. Zur Bedeu-tung technischer, philosophischer und sozialwissen-schaftlicher Konstruktionen in ihrer Beziehung zurKörperlichkeit des Menschen. Frankfurt a. M. 2008;(Hg.) Stache, Antje et al.: Gesundheitsförderung zwi-schen individuellem Anspruch und gesellschaftlicherVerantwortung. Beiträge zur Gesundheitsförderungin ausgewählten Feldern. Hamburg 2012.

Dr. Annika

Steinmann, Jg.1977,absolvierte zunächsteine Ausbildung zurstaatlich anerkanntenPhysiotherapeutin(1997–2000), studierteErziehungswissen-schaften an der Univer-sität zu Köln (2001–2007) und promoviertezur Dr. phil. an der Deutschen Sporthochschule Köln(2007–2011). Seit 04/2008 ist sie wissenschaftlicheMitarbeiterin der Abteilung Pädagogik der DSHSKöln; ihre Arbeitsgebiete sind Dopingprävention,Gesundheitspädagogik und Kindheits- und Jugend-forschung

Dr. Hartmut Traub,Jahrgang 1952, istFachleiter für Sozial-wissenschaften undHauptseminarleiter amZentrum für schulprak-tische Lehrerausbil-dung in Essen und Vor-sitzender des wissen-schaftlichen Beirats der Internationalen Johann-Gottlieb-Fichte-Gesellschaft. Er war von1995 bis 2012 Fachberater für Evangelische Reli-gionslehre bei der Bezirksregierung in Düsseldorfund Lehrbeauftragter für Philosophie und ihre Di-daktik an den Universitäten Duisburg-Essen, Siegenund der Alanus-Hochschule in Alfter.

Er hat Sozialwissenschaften, Evangelische Reli-gionslehre und Philosophie in Bochum, Essen undDuisburg studiert und ist Autor und Herausgeberwissenschaftlicher Bücher und Beiträge zur Didaktikder Philosophie und zur Philosophie des DeutschenIdealismus.

AnhangDie Autorinnen und Autoren

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