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Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe UUS Service d’enquête sur les accidents des transports publics SEA Servizio d’inchiesta sugli infortuni dei trasporti pubblici SII Jean Gross Utikonerstr. 9 8952 Schlieren Tel. +41 43 433 89 70, Fax +41 43 433 89 71 [email protected] www.uus.admin.ch Jean Gross 06. Mai 2010 Reg. Nr. 09112501 Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe über die Kollision zwischen Zug 42 der FW und einem Auto vom Mittwoch, 25. November 2009 in Matzingen

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Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe UUS Service d’enquête sur les accidents des transports publics SEA Servizio d’inchiesta sugli infortuni dei trasporti pubblici SII

Jean Gross Utikonerstr. 9 8952 Schlieren Tel. +41 43 433 89 70, Fax +41 43 433 89 71 [email protected] www.uus.admin.ch

Jean Gross 06. Mai 2010

Reg. Nr. 09112501

Schlussbericht der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe

über die Kollision zwischen Zug 42 der FW und einem Auto vom Mittwoch, 25. November 2009 in Matzingen

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Dieser Bericht wurde ausschliesslich zum Zweck der Verhütung von Unfällen beim Betrieb von Eisenbahnen, Seilbahnen und Schiffen erstellt. Die rechtliche Würdigung der Umstände und Ursachen von Unfällen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gemäss Art. 25 der Verordnung über die ‘Meldung und Untersuchung von Unfällen und schweren Vorfällen beim Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel’ (VUU, SR 742.161).

0. ALLGEMEINES

0.1 Kurzdarstellung

Am Mittwoch, 25. November 2009 um 09.58 Uhr kam es in Matzingen auf dem mit einer Blinklichtanlage gesicherten Bahnübergang „Juchstrasse“ zu einer Kollision zwi-schen Zug 42 der Frauenfeld – Wil – Bahn (FW) und einem Auto. Verletzt wurde nie-mand. Am Auto sowie am Rollmaterial der FW entstand Sachschaden.

Bahnübergang Juchstrasse

Gelber Pfeil = Fahrrichtung Zug 42 FW Schwarzer Pfeil = Fahrrichtung Auto 0.2

Untersuchung

Die Unfalluntersuchungsstelle UUS wurde um 10.45 Uhr durch das Bezirksamt Münchwilen über das Ereignis informiert. Da gemäss Zeugenaussagen die Blinklicht-anlage nicht funktioniert haben soll, rückte der Untersuchungsleiter Jean Gross an den Unfallort aus. Der Untersuchungsbericht der UUS fasst die Ergebnisse der durchgeführten Untersu-chungen zusammen.

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1.

FESTGESTELLTE TATSACHEN

1.1

Vorgeschichte

Nach den vorgeschriebenen Bremsproben fuhr Zug 42 fahrplanmässig um 09.49 Uhr in Frauenfeld Richtung Wil ab. Die Fahrt von Frauenfeld bis Haltestelle „Weberei Matzingen“ verlief ohne besondere Vorkommnisse.

1.2

Verlauf der Fahrt

Nach Abfahrt aus der Haltestelle „Weberei Matzingen“ sah die Lokführerin (Lf) das Kontrolllicht (Foto 9, Anlage 2) blinken. Dies bedeute, dass die Blinklichtanlagen der drei Bahnübergänge „Gemeindestrasse“, „Juchstrasse“ und „Freihof“ angeschaltet waren. Zwischen dem Bahnübergang „Gemeindestrasse“ und dem Bahnübergang „Juchstrasse“ bemerkte sie ein Auto, welches von der Firma Alushi her kommend oh-ne anzuhalten in die Juchstrasse einbog. Da das Auto vor dem Bahnübergang „Juchstrasse“ nicht anhielt, gab die Lf nach eigenen Angaben ein Achtungssignal ab und leitete eine Schnellbremsung ein. Sie konnte die Kollision mit dem Auto nicht ver-hindern. Verletzt wurde niemand. Am Auto sowie am Spitzenfahrzeug von Zug 42 der FW ent-standen Schäden.

Gegenüber der aufgebotenen Polizei gab der Autolenker wie auch ein weiterer Zeuge an, dass die Blinklichtanlage nicht funktioniert habe. Der akustische Alarm beim Bahnübergang sei zu hören gewesen.

Foto 1

Bahnübergang „Juchstrasse“

Gelber Pfeil = Fahrrichtung Zug 42 FW Schwarzer Pfeil = Fahrrichtung Auto

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Foto 2

Am Ereignis beteiligtes Auto

Foto 3

Schäden am Steuerwagen der FW

1.3 Personenschäden

Bei der Kollision wurde niemand verletzt. 1.4 Sachschäden am Rollmaterial und an der Infrastruktur des Bahnunter-

nehmens

Infrastrukturanlagen:

An den Infrastrukturanlagen FW entstanden geringe Schäden.

Rollmaterial:

Am Rollmaterial der FW entstand ein Schaden in der Höhe von ca. Fr. 10'000.-. 1.5

Sachschäden Dritter

Das am Ereignis beteiligte Auto wurde im Frontbereich beschädigt. 1.6

Beteiligte Personen

Lokpersonal

, Lokführerin FW.

Zugbegleiter

Zug 42 FW verkehrte ohne Zugpersonal.

Autolenker

, .

Autohalterin

, . 1.7

Schienenfahrzeuge

Eigentümer: Frauenfeld-Wil-Bahn. Direktion und Betriebsführung durch: Appenzeller Bahnen, Bahnhofplatz 10, 9100 Herisau.

Zugskomposition: Spitze Bt Nr. 112 – Schluss Be 4/4 Nr. 13

Triebfahrzeug:

Be 4/4 Nr. 13, am Zugschluss laufend.

Zugsgewicht: 71 t.

Bremsgewicht:

75 t.

Bremsverhältnis:

104%.

Ausgeschaltete

Bremsapparate: Keine

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1.8 Strassenfahrzeuge

Folgende Strassenfahrzeuge waren am Ereignis beteiligt: Amtliches Kennzeichen ; Fahrzeugtyp Hyundai Trajet, silberfar-big. Das Auto wurde im Frontbereich erheblich beschädigt.

1.9 Wetter, Schienenzustand

Tag, Sonne (der Jahreszeit entsprechend tief stehend). Schienen trocken. 1.10

Bahnsicherungssysteme

Die Strecke Matzingen Weberei – Matzingen ist mit einem Streckenblock Typ ASEGA ausgerüstet.

Das Triebfahrzeug ist mit der elektronischen Sicherheitssteuerung (Secheron Hasler TEL 1000 Typ 5.2401.056) und der automatischen Zugsicherung (Integra Zugstop 90 WAA 111/4) ausgerüstet.

Die Bahnübergänge „Juchstrasse“, „Freihof“ und „Gemeindestrasse“ sind mit je einer Blinklichtanlage Typ ASEGA ausgerüstet. Die Kollaudation durch das BAV erfolgte

- für die Bahnübergänge „Juchstrasse“ und „Freihof“ am 15. Mai 1972

- für den Bahnübergang „Gemeindestrasse“ am 12. Januar 1982.

Die Sicherung der Bahnübergänge (Blinklichtanlagen) wurden am Nachmittag durch die UUS überprüft (siehe Punkt 1.18). In der Zeit vom 16.12. 2009 bis am 06.01.2010 wurde die Funktion der Sicherungsan-lage der Bahnübergänge durch einen Datenlogger aufgezeichnet (siehe Punkt 1.18.3).

1.11

Zug- und Rangierfunk

Die Triebfahrzeuge und die Steuerwagen der FW sind mit einem Analog-Funksystem ausgerüstet. Die Funkgespräche werden nicht aufgezeichnet. Die Funkgespräche sind für den Unfallablauf nicht relevant.

1.12

Bahnanlagen

Die Kollision ereignete sich auf dem einspurigen Streckengleis beim Bahnübergang „Juchstrasse“ (mit Blinklichtsignal gesichert) zwischen den Bahnhöfen „Murkart“ und „Matzingen“ bei Bahnkm 12.110. Das Streckengleis verläuft unmittelbar links der Kantonsstrasse Frauenfeld – Wil.

Zum Zeitpunkt des Ereignisses wie auch zum Zeitpunkt der Versuche war ein jahres-zeitbedingter tiefer Sonnenstand zu verzeichnen. Die Sonne blendet Verkehrsteil-nehmer, welche aus Richtung Juchstrasse kommend in die Hauptstrasse (Kantons-strasse) einbiegen wollen, sehr stark. Die Blinklichtanlagen des Bahnüberganges sind als Wechselblinker ausgebildet und können dadurch „übersehen“ werden (Foto 4). Von der Gegenrichtung her (von der Hauptstrasse her kommende Verkehrsteilneh-mer) können wegen der starken Sonneneinstrahlung in die Linsen der Wechselblinker die eingeschalteten Lampen nur schwer erkennen (Foto 1). Die akustische Warnanla-ge ist gut hörbar.

Die Blinklichter und das akustische Signal werden durch die Züge (Befahren eines Schienenkontaktes) angeschaltet. Die Blinkzeit beträgt ca. 44 Sekunden. Bei Zügen in Fahrrichtung Frauenfeld schalten Blinklichter und akustisches Signal nach der Zugs-durchfahrt gleichzeitig ab. In Fahrrichtung Wil stellt das akustische Signal erst ca. 4 Sekunden nach dem Erlöschen der Blinklichtsignale ab.

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Foto 4

Blendwirkung durch die tief stehende Sonne Foto 5

Sichtverhältnisse für den Autofahrer auf die Hauptstrasse und das Bahntrassee Seite Frauenfeld.

Foto 6

Sichtverhältnisse des Lokführers auf den Bahnübergang.

1.13 Fahrdatenschreiber

Der Triebwagen Be 4/4 Nr. 13 ist mit einer elektronischen Geschwindigkeitsmessan-lage ‚Hasler Teloc 1000’ ausgerüstet. Die Fahrdaten werden elektronisch aufgezeich-net. Sie wurden durch die Verkehrsunternehmung ausgelesen und durch die Ver-kehrsunternehmung sowie die UUS ausgewertet.

Die Auswertung der Fahrdaten ergab, dass die Lokführerin unmittelbar vor dem Er-eignis mit einer Geschwindigkeit von 56 km/h gefahren ist und somit die für diesen Streckenabschnitt vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h nicht über-schritten hat. Die Abgabe des Achtungssignals ist aufgezeichnet (Anlage 1).

1.14

Befunde an den Bahnfahrzeugen

Die am Ereignis beteiligten Schienenfahrzeuge wurden durch den Untersuchungslei-ter der UUS nicht weiter untersucht.

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1.15 Befunde an Strassenfahrzeugen

Ueber den Zustand des Strassenfahrzeuges geben die Akten der Staatsanwaltschaft Auskunft.

1.16

Medizinische Feststellungen

In Bezug auf medizinische Beschwerden der am Unfall beteiligten Personen ist nichts bekannt.

1.17

Feuer

Beim Ereignis trat kein Feuer auf. 1.18 Besondere Untersuchungen

1.18.1 Funktionsweise der Blinklichtanlage

- Die Steuerung der Sicherungsanlage des Bahnübergangs (sowie von zwei weiteren benachbarten Blinklichtanlagen) befindet sich in einem Sicherungskasten unmittelbar nördlich des Bahnübergangs „Juchstrasse“.

- Alle Lampen der Blinklichtanlage wie auch der akustische Alarm sind in Serie ge- schaltet (Schema siehe Foto 8).

- Die Blinklichtanlage wird durch das Befahren eines Schienenkontaktes durch den entsprechenden Zug angesteuert, die Blinklichter sowie der entsprechende akusti- sche Alarm werden angeschaltet.

- Funktionieren alle Blinklichter und der akustische Alarm, so leuchtet das Kontrolllicht (Anlage 2, Foto 9) und signalisiert dem Lokführer, dass die Blinklichtanlage normal funktioniert. Der beim Kontrolllicht angebrachte Zugsicherungsmagnet spricht bei der Zugsdurchfahrt nicht an.

- Bei Störungen an der Blinklichtanlage (Lampendefekt, Störung an der akustischen Anlage usw.) wird das Kontrolllicht für den Lokführer nicht angeschaltet. Beim Ueber- fahren des Zugsicherungsmagneten spricht die Zugsicherung des Zuges an und es wird eine Schnellbremsung eingeleitet

1.18.2 Versuche am Ereignistag (25. November 2009)

Versuch 1:

Normale Fahrt von Zug 58 Frauenfeld – Wil. Blinklichter und akustisches Signal wer-den angeschaltet. Die Blinkzeit der Blinklichter bis nach Vorbeifahrt des Zuges beträgt 44 Sekunden, das akustische Signal ist ca. vier Sekunden länger angeschaltet.

Fazit: Die Anlage funktioniert bei der Durchfahrt von Zug 58 normal.

Versuch 2:

Eine Birne des Blinklichtsignals auf der Nordseite (Seite Juchstrasse) wird entfernt. Die restlichen Blinklichter sowie das akustische Signal funktionieren. Trotzdem wird Zug 57 (Wil – Frauenfeld) durch das fehlende Kontrolllicht auf eine Störung an der Anlage aufmerksam gemacht, die Zugsicherung spricht an.

Fazit: Die Anlage funktioniert bei der absichtlich herbeigeführten Störung rich-tig. Der Lokführer wird durch das fehlende Kontrolllicht und das Ansprechen der Zugsicherung auf die Störung aufmerksam gemacht.

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Versuch 3:

Eine (andere) Birne des Blinklichtsignals auf der Nordseite (Seite Juchstrasse) wird entfernt. Die restlichen Blinklichter sowie das akustische Signal funktionieren. Trotzdem wird Zug 60 (Frauenfeld – Wil) durch das fehlende Kontrolllicht auf eine Störung an der Anlage aufmerksam gemacht, die Zugsicherung spricht an. Siehe auch Aufzeichnung der Fahrdaten (Anlage 3).

Fazit: Die Anlage funktioniert bei der absichtlich herbeigeführten Störung rich-tig. Der Lokführer wird durch das fehlende Kontrolllicht und das Ansprechen der Zugsicherung auf die Störung aufmerksam gemacht.

1.18.3 Untersuch Funktion Steuerung Bahnübergang „Juchstrasse“:

Auf Anregung der UUS wurde die Funktion der Bahnübergangssteuerung „Juchstrasse“ mittels eines Datenaufzeichnungsgerätes (Datenlogger EDL 108-D mit 32 Kanälen) durch Fachpersonal von SBB Infrastruktur so überwacht, dass allfälli-ge Störungen oder Fehlfunktionen die zu einer eingeschränkten oder falschen Signa-lisierung respektive Warnung der Verkehrsteilnehmer hätte führen können, aufge-zeichnet worden wären. Die Auswertung ergab, dass während der Beobachtungszeit keine Hinweise auf eine Fehlfunktion registriert worden waren (siehe auch Anlage 4).

Foto 7

Sicherungsanlage der Bahnübergänge

Foto 8

Schaltschema der Anlage

Foto 9 Kontrolllicht für Lokführer Zugsicherungsmagnet

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Foto 10

Eingebaute aber zum Zeitpunkt des Ereignisses noch nicht scharfgeschaltete Kontaktschlaufe. 1.20

Informationen über Organisation und Verfahren

Bei Zug 42 handelt es sich um einen regelmässig verkehrenden, im offiziellen Kurs-buch aufgeführten Reisezug von Frauenfeld (ab 09.49 Uhr) via Matzingen (ab 09.59 Uhr) nach Wil (an 10.18 Uhr)

1.21

Verschiedenes

- Das Ereignis wird seitens der Strafverfolgungsbehörden durch die Kantonspolizei Thurgau untersucht.

- Bei der Untersuchung des Ereignisses durch die UUS sind bei den Mitarbeitern der Verkehrs- und Infrastrukturunternehmungen keine Verstösse gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen festgestellt worden.

- Gemäss Zeugenaussagen ist es auf dem Bahnübergang „Juchstrasse“ in der Ver- gangenheit zu weiteren Kollisionen Zug – Auto gekommen, bei denen die Blinklicht- anlage nicht funktioniert habe. Aufgrund dieser Aussagen wurden am Tag des Er- eignisses diverse Versuche durchgeführt und vom 16.12.2009 bis am 06. Januar 2010 ein Datenaufzeichnungsgerät (Datenlogger EDL 108-D mit 32 Kanälen) ange- schlossen, um das Funktionieren der Anlage über einen längeren Zeitraum zu über- prüfen. Die Montage der Anlage wie auch das Auswerten der Daten wurde durch die SBB AG, Division Infrastruktur (SBB AG I-BU-O-SG/ELT WF) durchgeführt (siehe auch Ziffer 1.18.3 sowie Anlage 4).

- Die Sicht für Strassenbenützer, welche von der Juchstrasse her kommend in die Hauptstrasse einbiegen wollen, ist beidseitig (auf Strassen- und Schienenfahrzeuge) stark eingeschränkt. Die Lenker müssen, um die Verkehrssituation richtig über- blicken zu können, bis auf das Gleis der FW vorfahren (Foto 5).

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2.

BEURTEILUNG

2.1

Technisches

- Aufgrund der Fahrdatenaufzeichnung kann festgehalten werden, dass die Bremsen der Schienenfahrzeuge richtig funktioniert haben.

- Die durch die UUS durchgeführten Versuche am Ereignistag haben keine Hinweise auf eine Fehlfunktion der Blinklichtanlage ergeben.

- Der durch Fachleute der SBB AG, Division Infrastruktur angeschlossene Daten- logger hat während dem Zeitfenster vom 16. Dezember 2009 bis am 06. Januar 2010 keinen Hinweis auf eine Fehlfunktion der Blinklichtanlage beim Bahnübergang „Juchstrasse“ ergeben.

2.2

Betriebliches

Die Lokführerin hat sich richtig verhalten. Beim Erkennen der Gefahr durch das nahende Auto hat sie einen Achtungspfiff abgegeben und eine Schnellbremsung eingeleitet.

2.3

Strassenseitig

Zum Zeitpunkt des Ereignisses wie auch zum Zeitpunkt der Versuche am Ereignistag bestand eine starke Blendwirkung durch die tief stehende Sonne. Aus Sicht UUS ist es denkbar, dass der so geblendete Autolenker die Blinklichtanlage übersehen hat. Der auf der andern Strassenseite stehende Zeuge hörte das akusti-sche Signal, dürfte aber die funktionierenden Blinklichter ebenfalls nicht gesehen ha-ben, da die Sonne direkt in die Linsen der Blinklichter (Wechselblinker) geschienen hat.

3.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

3.1

Befunde

- Weder die durchgeführten Versuche durch die UUS am Ereignistag noch die Auf- zeichnungen des Datenloggers während der Versuchsphase vom 16. Dezember 2009 bis am 6. Januar 2010 ergaben Hinweise für eine Fehlfunktion der Blinklicht- anlage.

- Die Lokführerin hat beim Erkennen der Gefahr richtig reagiert, einen Achtungspfiff abgegeben und eine Schnellbremsung eingeleitet.

- Zum Zeitpunkt des Ereignisses bestand für den Autofahrer eine starke Blendwirkung durch die tief stehende Sonne.

3.2 Ursache

Die Kollision dürfte mit grösster Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen sein, dass der Autolenker durch die tief liegende Sonne geblendet worden ist und dadurch die eingeschaltete Blinklichtanlage übersehen hat. Bei geschlossenen Fenstern und ein-geschaltetem Autoradio ist zudem das akustische Signal nur schlecht hörbar.

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4.

SICHERHEITSEMPFEHLUNGEN

Es ist zu prüfen ob

der Bahnübergang „Juchstrasse“ mit einer Halbbarrierre (aus Richtung Juchstrasse) ausgerüstet werden kann;

zur besseren Sichtbarkeit bei starker Sonneneinstrahlung anstelle der beste-henden Blinklichtanlage mit Wechselblinkern Drehleuchten montiert werden können.

Die FW hat beim Bahnübergang eine Kontaktschlaufe eingebaut (Foto 10). Bei Annä-

herung eines Zuges werden die Blinklichtanlage sowie das akustische Signal normal angeschaltet. Das fehlende Kontrolllicht des Lokführers und die „scharfgeschaltete“ Zugsicherung beim Kontrolllicht verhindern aber das Verkehren eines Zuges bei be-legter Kontaktschlaufe. Falls der Zug beim Befahren der Kontaktschlaufe durch das Auto das Kontrolllicht bereits passiert hat, ist die Anlage nicht mehr wirksam. Diese Anlage wird im Verlaufe des Jahres 2010 in Betrieb genommen.

Die Untersuchung wurde von Jean Gross geführt. Schlieren, 06. Mai 2010 Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe Jean Gross Untersuchungsleiter Fotos: Nr. 2, 3, 4 KAPO TG

Nr. 1, 5 - 9 UUS/grj)

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Anlage 1

Fahrdaten Zug 42 FW ___________________________________________________________________

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Anlage 2

Auszug aus den Schweizerischen Fahrdienstvorschriften FDV R 300.2 „Signale“

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Anlage 3

Fahrdaten Zug 60 FW

Versuch am 25. November 2009 ___________________________________________________________________

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Anlage 4

Datenaufzeichnung Bahnübergang Juchstrasse ___________________________________________________________________

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