schwerpunkt: irak-konflikt

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Lektürekurs Internationale Politik Schwerpunkt: Irak-Konflikt 210184 LK e4: LK Internationale Politik 2 Stunde(n), 6,0 ECTS-Punkte Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung Lehrveranstaltungsleiter: Thomas Schmidinger Erstmals am: DI, 07.10.2008 Di 20:00-21:30 Hörsaal 1 (A212), NIG 2.Stock

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Page 1: Schwerpunkt: Irak-Konflikt

Lektürekurs Internationale Politik

Schwerpunkt: Irak-Konflikt

210184 LK e4: LK Internationale Politik2 Stunde(n), 6,0 ECTS-PunktePrüfungsimmanente LehrveranstaltungLehrveranstaltungsleiter: Thomas SchmidingerErstmals am: DI, 07.10.2008Di 20:00-21:30 Hörsaal 1 (A212), NIG 2.Stock

Page 2: Schwerpunkt: Irak-Konflikt

Inhalt:Thomas Schmidinger: Der Tyrann und der Warlord. Der Irak zwischen „failed state“ und beginnendem „nationbuilding.“ Context XXI 1-2/2005

Auszug aus Gudrun Harrer: Kriegs-Gründe. Versuch über den Irak-Krieg. Wien, 2003

Robert Kurz: Letzte Ausfahrt Bagdad. Konkret Nr. 9/2002

Jürgen Elsässer: Deficit bombing. Konkret Nr. 11/2002

Rainer Trampert: Zwischen Mühlsteinen. Jungle World 7/2003

Thomas Uwer / Thomas Ebermann: Beiträge zur Veranstaltung „Kriegsrat“. Jungle World 11/2003

Mary Kreutzer: A Window of Opportunity. Weshalb führten die USA den 'Krieg gegen den Terror' im Irak? In: Mary Kreutzer / Thomas Schmidinger (Hg.): Irak. Von der Republik der Angst zur bürgerlichen Demokratie?

Auszug aus Herfried Münkler: Der neue Golfkrieg. Reinbek bei Hamburg, 2003

Putting Curelty First. An Interview with Kanan Makiya. In: Alan Johnson (Hg.): Global Politics after 9/11. The Democratiya Interviews.

Kevin Woods, James Lacey, Williamson Murray: Saddam´s Delusions. The View From the Inside.Foreign Affairs Mai / June 2006

Bassam Yousif: Coalition Economic Policies in Iraq: motivations and outcomes. Third World Quarterly Vol. 27, No.3, 2006

Ole Frahm: Northern Iraq and its Neighbors: The regional dimension of the Kurdish question. Insight Turkey Vol. 9, No.1, 2007

Auszug aus Awat Asadi: Der Kurdistan-Irak-Konflikt. Der Weg zur Autonomie seit dem Ersten Weltkrieg. Berlin, 2007

Mary Kreutzer / Thomas Schmidinger: Status ungeklärt. Jungle World Nr. 28, 10. Juli 2008

Ferhad Ibrahim: Last Exit Bagdad. Der Krieg im Irak und die Ausstiegs-Szenarien der USABlätter für deutsche und internationale Politik 4/2007

Jacquelin S. Ismael / Shereen T. Ismael: Iraqi women under occupation: from tribalism to neo-feudalism. International Journal of Contemporary Iraqi Studies Vol. 1, Nr. 2, 2007

Philip Marfleet: Iraq´s refugees: 'exit' from the stateInternational Journal of Contemporary Iraqi Studies Vol. 1, Nr. 3, 2007

Administrative Grenzen: Irak

Ethnische und Religiöse Gruppen im Irak

Autonomiegebiete

Timeline: Historischer Überblick Irak

Weiterführende Literatur

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Administrative Grenzen: Irak

Die internen administrativen Grenzen des Irak sind umstritten. Die hier dargestellte Gliederung gibt den Stand der Provinzen am Ende des Regimes Saddam Hussein wieder. Insbesondere die Grenzen der vor der Baath-Herrschaft wesentlich größeren Provinz Kirkuk (at-Tamin) sind umstritten. Die Provinzen Dahuk, Arbil und Sulaymaniyah bilden gemeinsam das kurdische Autonomiegebiet, wobei auch hier die Grenzen umstritten sind. Kirkuk, sowie Teile der Provinzen Diyala und Ninawa, sind ebenfalls kurdisch besiedelt sind und werden von der kurdischen Regionalregierung (KRG) beansprucht und teilweise auch de facto kontrolliert (z.B. Kifri, Khanaqin,...). Es gibt Bestrebungen auch im Süden ein eigenes Autonomiegebiet zu schaffen („Sumer“). Ähnliche Ansprüche erheben einzelne christliche Gruppen für die assyrische Minderheit im Norden.

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Ethnische und religiöse Gruppen im Irak In einem ethnisierten Konflikt sind Angaben über die „Stärke“ der jeweiligen etnischen und religiösen Gruppen selbst ein Politikum. Im Falle des Irak kommt noch erschwerend hinzu, dass es keinerlei aktuelle Volkszählungen gibt und seit der letzten Volkszählung, am Höhepunkt der Baath-Herrschaft, Millionen Irakerinnen und Iraker das Land verlassen haben. Die folgenden Zahlen sind deshalb bestenfalls als Anhaltspunkt zu sehen und ergeben sich aus unterschiedlichen Schätzungen: Araber: 75 % -schiitische Araber: 54 % -sunnitische Araber: 18% % -christliche Araber: 1 % Kurden: 20 % -sunnitische Kurden: 15 % -schiitische Kurden: 2 % -Yezidi 1,5 % -Kakai: 1,2 % -andere kleinere Sekten: 0,3 % Chaldo-Assyrer (unterschiedliche christliche Kirchen, aramäischsprachig): 2 % Turkmenen (sunnitisch und schiitisch): 2 % Mandäer: 0,3 % Armenier: 0,3 % Shabak: 0,2 % Perser: 0,2 %

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AutonomiegebieteDerzeit gibt es im Irak de facto und de jure nur ein Autonomiegebiet, nämlich die „Kurdistan Region of Iraq“. Allerdings gibt es bei einem Teil der schiitischen Parteien auch Bestrebungen ein eigenes Autonomiegebiet im Südirak zu errichten. Zudem erheben auch turkmenische und assyrische Gruppen Ansprüche auf eigene Autonomiegebiete.

Kurdistan Region of Iraq: Der genaue Grenzverlauf der Region ist nicht geklärt. Die strichlierte Linie zeigt die derzeit eindeutig vom Kurdish Regional Government (KRG) kontollierten Gebeite. Grau hinterlegt sind die Regionen die vom KRG beansprucht werden und teilweise von kurdischen Sicherheitskräften (Peshmerga-Verbänden) kontrolliert werden, jedoch umstritten sind.

Turkmenische Ansprüche: Nationalistische Gruppen unter der turkmenischen Minderheit des Irak beanspruchen – teilweise mit Unterstützung aus der Türkei – eine Region „Turkmeneli“, die auch die Städte Mossul und Kirkuk umfassen soll:

Karte von Turkmeneli, die auf der Website der „European Turkmen Friendships“ veröffentlicht wurde: http://merryabla64.wordpress.com/

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Timeline: Eckdaten der irakischen Geschichte

1908 – 1913: die ersten arabisch-nationalistische Clubs, die sich aus Offizieren und Beamten im Dienste des Osmanischen Reiches rekrutieren, entstehen in Istanbul, Basra und Bagdad.

1916: Sykes-Pikot Abkommen (Frankreich und Großbritannien teilen heimlich ihre Interessensgebiete im Nahen Osten auf)

1918: Beduinen-Armee unter Faisal (später erster König von Irak) rebelliert gegen osmanisch-türkische Herrschaft und nimmt Damaskus ein. Arabische Intellektuelle und Offiziere schließen sich ihm an. Der Irak wird britisches Mandatsgebiet.

Britische Truppen beim Einmarsch in Bagdad 1917. Foto: Wikipedia

1919: Die Royal Air Force schlägt eine kurdische Revolte nieder.

1920: Aufruhr und Proteste im Nahen Osten als Sykes-Pikot Abkommen bekannt wird.

1921: Die Briten setzten König Faisal im Irak unter britischen Völkerbundsmandat ein. Panarabische Intellektuelle und etliche Offiziere ziehen mit ihm in Bagdad ein. Es folgen eine Reihe anglo-irakischer Abkommen, die den Irak weiter in Abhängigkeit von Großbritannien halten.

1932: Formale Unabhängigkeit des Irak. Im Dezember 1932 treten erstmals irakische KommunistInnen öffentlich in Erscheinung und kritisieren die Unabhängigkeit als unzureichend.

1933: Antiassyrisches Pogrom von irakischen Truppen unter General Bakr Sidqi, der daraufhin als nationaler Held gefeiert wird. 64 assyrische Dörfer werden zerstört, Hunderte Menschen niedergemetzelt. Sie waren zuvor vor der Verfolgung in der Türkei vor den Jungtürken geflüchtet.

1934: Gründung der Irakischen Kommunistischen Partei aus marxistischen Vorgängergruppen bei einer Konferenz in Bagdad.

1936: Erster Militärputsch in der arabischen Welt, General Bakr Sidqi stürzt Regierung, nicht jedoch die Monarchie. Er verspricht soziale Reformen und nationale Entwicklung und wird ein Jahr darauf ermordet. Es folgen sechs weitere Staatsstreiche.

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1937: Arabisch-nationalistische Gruppen werden von der deutschen Legation unterstützt. Baldur von Schirach besucht Bagdad und lädt die von Deutschland geförderte panarabische Jugendorganisation Futuwwa zum Nürnberger Reichsparteitag der NSDAP ein. Im April kommt Saddam Hussein in Takrit zur Welt.

1939: Der strikt antijüdische Mufti von Jerusalem, Hadj Amin al-Husseini, trifft in Bagdad ein. Dort werden bei Überfällen auf jüdische Viertel mehrere irakische Juden ermordet. Bei den Verhören der Täter stellt sich heraus, dass sie von Deutschen instruiert wurden.

1. April 1941: Der radikale Panarabist Rashid Ali al-Gaylani kommt durch einen Putsch an die Macht und wird von den Achsenmächten unterstützt. Die jüdische Bevölkerung erhält Ausgangssperre. Die Deutsche Luftwaffe kämpft auf Seite al-Gaylanis gegen die Briten, kann aber die Niederlage der Irakischen Truppen nicht verhindern. Die späteren Gründer der Ba’th-Partei in Syrien sammeln Spenden für Rashid Ali al-Gaylani. Bevor die Briten Bagdad erreichen, kommt es zu einem antisemitischen Pogrom durch Panarabisten (Farhud). Rashid Ali al-Gaylani und der Mufti von Jerusalem flüchten mit Hilfe der Deutschen nach Berlin.

1943: Die Ba’th-Partei wird von Michel Aflaq in Syrien gegründet.

1948: Gründung des Staates Israel. Öffentliche Diskreditierung der irakischen Regierung, die zuvor verkündet hatte, einen jüdischen Staat mit allen Mitteln zu verhindern. Im Land beginnt eine Repressionswelle gegen die Opposition und die irakischen Jüdinnen und Juden.

1949: Erhängung von Fahd (Yusuf Salman Yusuf) des Gründers der Irakischen Kommunistischen Partei (ICP) und zweier weiterer führender Kommunisten (Zaki Basim und al-Shabibi). Die Leichen werden zur Abschreckung auf öffentlichen Plätzen zur Schau gestellt.

1956: Welle panarabischer Begeisterung durch Nassers Suez-Kanal Verstaatlichung. Saddam Hussein tritt in die Ba’th-Partei ein.

Februar 1957: Gründung der Nationalen Widerstandsfront bestehend aus Irakischer Kommunistischer Partei (ICP), Nationaldemokratischer Partei, Istiqlal-Partei und Ba’th-Partei.

14. Juli 1958: Sturz der Monarchie durch eine Gruppe Offiziere um Abd el-Karim Qasim. Michel Aflaq reist nach Bagdad und ruft zum Sturz Qasims auf.

1. Mai 1959: In Bagdad demonstrieren rund 1 Mio. Menschen für eine Beteiligung der Kommunisten (ICP) an der Regierung. Nach dem gescheiterten Mordanschlag auf Qasim flüchtet Saddam Hussein nach Ägypten.

8. Februar 1963: Erster Putsch der Ba’th-Partei, die nach heftigen Kämpfen in den Armenvierteln Bagdads und der Ermordung Qasims die Macht ergreift. Aufgrund der exzessiven Gewalt gegen Oppositionelle, insbesondere KommunistInnen, die über 10.000 Menschen das Leben kostet, und interner Flügelkämpfe kann sich die Partei jedoch nur 9 Monate an der Macht halten.

Abd el-Salam Arif und Abd el-Karim Qasim. Foto: Wikipedia

November 1963: Abd el-Salam Arif übernimmt mit Hilfe des Militärs die Macht und setzt damit dem Bürgerkrieg verschiedener Fraktionen der Ba’th-Partei ein Ende.

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21. September 1965: Der Zivilist Abd el-Rahman al-Bazzaz wird Premierminister.

April 1966: Nach dem Tod Abd el-Salam Arifs bei einem Hubschrauberunfall übernimmt dessen Bruder Abd el-Rahman Arif das Präsidentenamt. 17. Juli 1968: Erneuter Putsch der Ba’th-Partei, die zum Schein noch andere nationalistische Offiziere und Anhänger der Muslim-Brüder in den Putsch einbinden. Zum Präsidenten wird der ba’thistische Kader Ahmad Hasan al-Bakr ernannt.

30. Juli 1968: Die Ba’thisten nützen einen Auslandsaufenthalt des Verteidigungsministers al-Daud um sich ihrer anderen nationalistischen Kameraden zu entledigen. Ministerpräsident al-Nayif wird von einer Gruppe von Offizieren unter Führung von Saddam Hussein bei einem Essen mit al-Bakr verhaftet.

September 1968: Verkündigung der vorläufigen Verfassung, die den Islam zur Staatsreligion erklärt und den „Sozialismus“ zur Grundlage der Ökonomie. Der Revolutionäre Kommandorat wird zum obersten legislativen und exekutiven Organ und ist lediglich der Ba’th-Partei Rechenschaft schuldig. Wenige Tage nach der Verkündigung der Verfassung kehrt das Regime, das anfänglich versöhnliche Signale an KurdInnen und KommunistInnen zu senden schien, zur Politik der massiven Repression zurück. Es beginnen willkürliche Verhaftungen, Folter und Exekutionen.

Jänner 1969: Bei einem ersten im Fernsehen übertragenen Schauprozess werden 11 „Verschwörer“ – 8 von ihnen sind irakische Juden – am Liberation Square erhängt. In Basara wurden 3 weitere irakische Juden als „Spione“ öffentlich erhängt.

Frühling 1969: Festnahme der Parteiführung der ICP-Abspaltung ICP-Zentralkommando unter Aziz al-Hajj. Aziz al-Hajj wiederruft seine Ideen im Fernsehen und denunziert seine MitkämpferInnen.

1972: Irakisch-sowjetisches Freundschaftsabkommen (Militärhilfe gegen Ölförderrechte in Nord-Rumaila). Britische Iraqui Petrol Company wird verstaatlicht. Saddam Hussein beginnt mit dem Aufbau des Meta-Geheimdienstes (Mukhabarat), der alle staatliche Behörden überwacht.

Mai 1972: Eintritt kommunistischer Minister in die Regierung.

Juli 1973: Irakisch Kommunistische Partei tritt u.a. auf sowjetischen Druck in die Nationale Patriotische Front mit der Ba’th-Partei ein.

1974: Zuvor den Kurden zugestandene Autonomie wird aufgelöst. Hunderttausend KurdInnen flüchten, kurdische Städte werden dem Erdboden gleichgemacht.

1975: Abkommen mit dem Iran, es folgt großangelegte Kampagne gegen KurdInnen im Nordirak, die aufgrund des Abkommens nicht mehr vom Iran unterstützt werden. Mitglieder des Barzani-Stammes werden verhaftet und exekutiert.

1977: Hinrichtungen von schiitischen Geistlichen; Ende der 70er werden 200.000 irakische Schiiten in den Iran deportiert. Auch die Repression gegen KommunistInnen nimmt wieder zu.

Juli 1978: Erlass des Revolutionären Kommandorates, der jede nicht-ba’thistische politische Betätigung bis hin zum Lesen eine kommunistischen Parteizeitun den Angehörigen der Armee unter Androhung der Todesstrafe verbietet.

Februar 1979: Islamische Revolution im Iran.

17. Juli 1979: Saddam Hussein übernimmt das Präsidentenamt und lässt anschließend 1/3 der Mitglieder des Revolutionären Kommandorates (RCC) samt Familien erschießen. Weitere 500 hohe Parteifunktionäre werden ermordet.

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1980 – 1988: Der Irak greift am 22. September 1980 den Iran an und löst damit den 1. Golfkrieg aus. Irak setzt erstmals Giftgas ein. Israelischer Luftwaffe gelingt 1980 die Zerstörung des irakischen Kernreaktors Osiraq. Am Ende des Golfkrieges haben ca. 2 Millionen Menschen ihr Leben verloren.

1981: Zerstörung des von Frankreich gebauten Atomreaktors Osirak durch die israelische Luftwaffe.

1984: Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen USA und dem Irak. Der Irak wird in der Folge von westlichen Staaten gegen den Iran durch Waffenlieferungen unterstützt.

März 1988: Giftgasbombardement von Halabja. 5000 kurdische Irakis werden ermordet.

Gedenkmonument in Halabja. Foto: Thomas Schmidinger

August 1988: Anfal-Kampagne, bei der weitere Giftgasbomben von irakischen Helikoptern auf kurdische und assyrische Dörfer geworfen werden. Rund 180.000 Tote, ebensoviel „Verschwundene“. Massenexekutionen und Dorfzerstörungen halten bis 1989 an.

2. August 1990: Überfall des Irak auf Kuwait. Drohung Saddams, bei Eingreifen des Auslandes Israel mit Giftgas anzugreifen. Resolution 661 des Sicherheitsrates: internationale Sanktionen gegen Irak. Der Irak weigert sich trotz internationalen Drucks sich aus Kuwait zurückzuzuiehen.

16. Jänner 1991: Die internationale Militäroperation 'Operation Desert Storm' zur Befreiung Kuwaits beginnt. Nach einem massiven Truppenaufmarsch in Saudi-Arabien starten USA, Frankreich und GB schließlich Luftangriffe gegen den Irak, es folgt Bodenoffensive bis zur Eroberung von Kuweit City, 100.000 irakische Soldaten sterben. Irakische Scud-Missiles treffen Tel Aviv und andere Städte. Nach einer vernichtenden militärischen Niederlage beginnt die irakische Armee ihren Rückzug aus Kuwait.

28. Februar 1991: Der Irak akzeptiert die UNO-Resolution 660 und anerkennt die Unabhängigkeit Kuwaits.

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März 1991: Während der Krieg für beendet erklärt wird, erhebt sich im gesamten Irak die Bevölkerung gegen das Ba’th-Regime, v.a. die KurdInnen im Norden und SchiitInnen im Süden. 2/3 des Landes sind kurzfristig außerhalb der Kontrolle der Regierung. Als klar wird, dass die Anti-Irak-Koalition von der UNO kein Mandat zur Unterstutzung der Aufständigen erhält, beginnt die Regierung mit der militärischen Niederschlagung des Aufstands. 1,5 bis 2 Millionen Menschen werden durch die Vergeltungsmaßnahmen der Ba’thisten in die Flucht getrieben. Massenexekutionen im Südirak. In Bagdad werden mehr als 40 Händler im Rahmen einer „Kampagne gegen Spekulanten“ hingerichtet und Monate später weitere 25 hingerichtet. Um die Massenflucht von KurdInnen in die Nachbarstaaten zu verhindern wird im Norden wird eine Schutzzohne („safe haven“) mit prekärer Autonomie eingerichtet. Internationale Waffeninspektoren sollen die Zerstörung von Massenvernichtungswaffen überwachen.

Juli 1994: Dekret Nr. 59 wird verabschiedet: Amputation des linken Fußes ab dem Knöchel als Strafe für wiederholten Diebstahl. Weitere Körperstrafen werden eingeführt: Kennzeichnung mit Brandmalen auf der Stirn und Abschneiden des Ohrs. Dekret 117 bedroht Ärzte, die sich weigern, ebenfalls mit Amputation.

Dezember 1998: Abzug der UNSCOM-Inspektoren aus dem Irak. Die Waffeninspektoren kehren erst im Herbst 2002 im Rahmen der UNMOVIC zurück.

2000: 10 Jahren nach Verhängung der Sanktionen nehmen 140 deutsche Unternehmen an der Bagdader Industriemesse teil. Weltweite Solidarität mit dem „irakischen Volk“ kommt Regime zugute. Familien von SelbstmordattentäterInnen in Israel erhalten von Saddam Hussein 10.000 US$ (an Saddam Husseins Geburtstag 25.000) Belohnung für die Ermordung israelischer ZivilistInnen. Im Jahr 2000 werden 100 Frauen am „Tag der Ehre der Frau“ als „Prostituierte“ öffentlich enthauptet. Zwischen 1991 und 2002 wurden insgesamt 1.500 Frauen als „Prostituierte“ exekutiert.

16. September 2002: Der Irak erklärt sich in einem Brief an UN-Generalsekretär Kofi Annan zur Wiederaufnahme von UN-Waffeninspektionen bereit.

8. November 2002: Der UN-Sicherheitsrat beschließt die Resolution 1441, womit dem Irak „ernsthafte Konsequenzen“ angedroht werden, sollte dieser sich weigern seine Waffenprogramme vollständig offenzulegen und eventuell vorhandene Bestände von Massenvernichtungswaffen zu vernichten.

17. November 2002: UN-Waffeninspektoren nehmen ihre Arbeit im Irak offiziell wieder auf.

9. Jänner 2003: Bericht des UNMOVIC-Chefs Hans Blix und des Leiters der IAEA Mohammed al-Baradei vor dem UN-Sicherheitsrat, worin betont wird, dass der vom Irak übergebene Waffenkatalog viele Fragen offen ließe.

27. Jänner 2003: Weiterer Bericht der UNMOVIC vor dem UNO-Sicherheitsrat in dem der irakischen Regierung vorgeworfen wird keine „genuine Akzeptanz“ der von ihr geforderten Abrüstung zu zeigen.

Anfang März 2003: Saddam Hussein versucht angeblich durch Geheimdiplomatie in letzer Minute einen Angriff zu verhindern. Kurz vor Kriegsbeginn erwähnt die US-Administration neben den angeblichen Massenvernichtungswaffen plötzlich auch andere Argumente für den Krieg: den Sturz eines totalitären Regimes und die Demokratisierung der Region.

20. März 2003: Eine von US-Präsident Bush „Koalition der Willigen“ genannte Allianz aus US- und britischen Streitkräften greift den Irak an.

22. März 2003: Heftige Kämpfe um Umm Kasr und Basra im Südirak.

24. März 2003: Saddam Hussein ruft im irakischen Fernsehen die Bevölkerung auf sich am „Gihad“ gegen die USA zu beteiligen.

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27. März 2003: Mit der Landung von Fallschirmspringern im Nordirak eröffnet wird die Nordfront eröffnet.

1. April 2003: Beginn der Kämpfe mit den Republikanischen Garden vor Bagdad.

3. April 2003: US-Truppen nähern sich Bagdad um wenige Kilometer.

7. April 2003: US-Truppen rücken erstmals in Teilen Bagdads ein und besetzen zwei Präsidentenpaläste. Dabei treffen sie kaum auf irakischen Widerstand.

7/8. April 2003: Der junge schiitische Geistliche Muqtada al-Sadr nützt das Chaos das das zusammenbrechende Regime hinterläßt um sich in den schiitischen Armenvierteln als Ordnungsmacht zu etablieren. Seine Bewegung verweigert seither jede Zusammenarbeit mit den Besatzungstruppen und den neuen irakischen Behörden.

9. April 2003: Bagdad wird von der US-Armee eingenommen. Unter dem Jubel der Bevölkerung werden die Statuen Saddam Husseins gestürzt. Wenige Tage später erscheint mit der Parteizeitung der Irakischen Kommunistischen Partei die erste freie Zeitung in der Stadt, die gratis verteilt wird. Es folgen weitere Medien und die Rückkehr exilierter Oppositioneller.

10. April 2003: In der Imam Ali Moschee in Kerbala wird der quientistischen schiitische Gelehrte Abd al-Majid al-Khu´i ermordet. Als Urheber wird Muqtada al-Sadr vermutet, allerdings ist der Fall bis heute nicht aufgeklärt.

13/14. April 2003: Kampf um Tikrit, Saddam Husseins Geburtsstadt. Auch hier stoßen die US-Truppen auf wenig Gegenwehr.

21. April 2003: Der von der US-Regierung eingesetzte Verwalter Jay Garner nimmt seine Arbeit im Irak auf, wird jedoch bald von Paul Bremer abgelöst.

22. Mai 2003: Der UN-Sicherheitsrat stimmt einer Resolution zu, wonach die Sanktionen gegen den Irak, mit Ausnahme des Waffenembargos, aufgehoben sind und den Besatzungsmächten USA und Großbritannien eine entscheidende Rolle im Nachkriegsirak zugebilligt wird. Die UNO anerkennt damit die Besatzung bis zur Einsetzung einer international anerkannten irakischen Regierung mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten für legitim. Schließlich werden von den USA und Großbritannien weitere Staaten wie Polen, Spanien oder Italien mit ihren Armeen mit Besatzungsaufgaben betraut.

13. Juli 2003: In Bagdad tritt der provisorische Regierungsrat, der alle wesentlichen Parteien der (ehemaligen) irakischen Opposition umfaßt zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.

7. August 2003: Über 10 Personen werden bei der Explosion einer Autobombe vor der jordanischen Botschaft in Bagdad getötet.

19. August 2003: Eine schwere Explosion zerstört den Großteil des UNO-Sitzes in Bagdad. Eine Reihe von UN-Angestellten, darunter der UN-Sonderbeauftragte für den Irak, Sergio Vieira de Mello können nur noch tot geborgen werden. Damit beginnt eine immer stärker werdende Serie von Anschlägen.

29. August 2003: Das Oberhaupt von SCIRI, Muhammad Baqr al-Hakim, wird nach dem Freitagsgebet in Najaf durch eine Bombe getötet. Insgesamt kommen bei dem Anschlag über 80 Menschen ums Leben.

20. September 2003: Mit der ehemaligen Ba’thistin Akila al-Hashimi wird ein wichtiges Mitglied des Übergangsrates erschossen.

14. Dezember 2003: Saddam Hussein wird von kurdischen und US-amerikanischen Soldaten in der Nähe von Tikrit gefunden und gefangen genommen. Der irakische Öffentlichkeit wird er als gebrochener Mann mit langem Bart präsentiert, der aus einem Erdloch gezogen wird.

Page 12: Schwerpunkt: Irak-Konflikt

Jänner 2004: Massendemonstrationen von Frauenorganisationen und säkularen Irakis gegen die Entscheidung Nr. 137 des irakischen Regierungsrates, mit dem dieser das zivile Personenstandsrecht durch die Sharia ersetzen will. Die Demonstrationen zeigen Erfolg, die Entscheidung wird zurückgenommen.

Februar 2004: Bei Selbstmordanschlägen in Arbil kommen über 100 Menschen ums Leben. Bei weiteren Anschlägen radikaler Islamisten und Ba’thisten kommen immer mehr irakische ZivilistInnen und weniger Besatzungssoldaten ums Leben.

1. März 2004: Bei Selbstmordanschlägen auf die religiösen Feiern zum schiitischen Ashura-Fest sterben in Bagdad und Kerbala über 200 Menschen, rund 500 werden verletzt.

8. März 2004: Alle Parteien des Regierungsrates stimmen nach anfänglichen Differenzen zwischen religiösen und säkularen Parteien der Übergangsverfassung zu.

März 2004: Nach einem Selbstmordanschlag in Madrid, bei dem am 11. März über 190 Menschen ums Leben kommen und über 1200 verletzt werden, kündigt die neu gewählte sozialdemokratische Regierung Spaniens den Rückzug der spanischen Truppen aus dem Irak an. Spanien folgen weitere Staaten, die mit dem Abzug ihrer Truppen beginnen.

April 2004: Aufstände von Ba’thisten und sunnitischen Islamisten in Falluja, sowie von Anhängern von Muqtada al-Sadr im Südirak führen zu erneuten lokalen Kriegshandlungen. Die Lage eskaliert so weit, dass fast überall die Feiern zum Jahrestag des Sturzes Saddam Husseins abgesagt werden.

Anfang Mai 2004: Foltervorwürfe gegen US-Militärs führen zu Demonstrationen in Bagdad und zu internationaler Kritik am Vorgehen der Besatzungstruppen. Präsident Bush und Verteidigungsminister Rumsfeld kommen auch innenpolitisch unter massiven Druck als sich herausstellt, dass das Verteidigungsministerium schon vor Monaten durch das Rote Kreuz von den Misshandlungen wußte. Der Skandal weitet sich im Laufe des Jahres aus, führt aber schließlich nur zur Verurteilung einzelner Soldaten. Die politischer Verantwortung bleibt bis heute unklar.

17. Mai 2004: Der turnusmäßige Vorsitzende des Regierungsrates Essedin Salim wird in Bagdad von einer Bombe ermordet.

1. Juni 2004: Nachdem der Wunschkandidat der USA Adnan Patschatschi erklärt hatte auf das Präsidentenamt zu verzichten wird Ghasi al-Yawar zum künftigen Staatspräsidenten ernannt.

8. Juni 2004: Annahme einer neuen Irak-Rsolution durch den UN-Sicherheitsrat. Sie schreibt eine „enge Kooperation“ zwischen irakischer Übergangsregierung und den Koalitionstruppen fest.

30. Juni 2004: Der Irak wird wieder in die Unabhängigkeit entlassen und die Macht der Übergangsregierung übertragen.

30. Jänner 2005: Wahlen für ein 275 Abgeordnete zählendes Übergangsparlament. Die von verschiedenen schiitischen Parteien gebildete „Vereinigte Irakische Allianz“ gewinnt mit über 48 % gefolgt von der Kurdistan-Allianz und der überkonfessionellen Allianz Iyad Allawis. Teile der sunnitischen Parteien boykottieren die Wahl. Zwar kann eine politische Stabilisierung erreicht werden, allerdings nehmen die Anschläge insbesondere im „Sunnitischen Dreieck“ noch zu.

3. Mai 2005: Nach monatelangen Regierungsverhandlungen einigen sich die Mehrheit der Parteien auf eine Regierung unter Ibrahim al-Jafaari von der schiitischen Dawa-Partei. Staatspräsident wird der PUK-Parteichef Jalal Talabani. Vizepräsidenten der Schiiten Adel Abdul Mahdi und der Sunnite Ghazi al-Yawar.

Oktober 2005: Die neue permanente Verfassung wird in einer Volksabstimmung angenommen.

15. Dezember 2005: Wahlen zum ersten regulären Parlament, die diesmal von den sunnitischen Parteien nicht boykottiert werden. Erneut gewinnt die „Vereinigte Irakische Allianz“ die Wahlen mit 41%. Zwei sunnitische Wahlblöcke (ein eher postbaathistischer und ein eher islamistischer) ziehen ins Parlament ein.

Page 13: Schwerpunkt: Irak-Konflikt

22. Februar 2006: Nach einem großen Selbstmordanschlag auf die „Goldene Moschee“ in Samarra, einem der wichtigsten schiitischen Heiligtümer des Irak, bei dem das Heiligtum fast völlig zerstört wurde, beginnen schiitische Racheaktionen gegen Sunniten. Aus den Terroranschlägen werden zunehmend ethnisierte Formen der Gewalt, die zum offenen Bürgerkrieg und zu ethnischen Säuberungen in gemischt besiedelten Gebieten, v.a. in Bagdad führen.

März 2006: Soziale Proteste gegen die kurdische Regionalregierung in Halabja und anderen kurdischen Städten, werden teilweise extrem repressiv niedergeschlagen.

20. Mai 2006: Nach erneut zähen Verhandlungen und internen Konflikten innerhalb der „Vereinigten Irakischen Allianz“ einigen sich die großen Parteienblöcke auf eine neue Regierung unter dem Dawa-Politiker Nuri al-Maliki.

November 2006: Die Bewegung des radikalen Schiitenpredigers Muqtada al-Sadrs zieht sich aus der Regierung zurück. Er und Teile seiner Bewegung werden zunehmend in den Untergrund gedrängt.

30. Dezember 2006: Saddam Hussein wird nach dem Todesurteil eines irakischen Gerichtes gehängt. International stößt nicht nur die Hinrichtung an sich, sondern auch das Video der Hinrichtung auf Protest.

10. Februar 2007: US-General David Patreaeus übernimmt das Kommando der Multinational Force im Irak. Seine anfänglich gefeierte neue Sicherheitsoffensive bringt jedoch nicht die erhofften Ergebnisse. In den USA verstärkten sich in der Folge Debatten über einen Rückzug aus dem Irak. Im Irak selbst bleibt die ethnisierte Gewalt durch Milizen und Terrorgruppen eines der Haupthindernisse für den Wiederaufbau des Landes.

August 2007: Nach dem Rückzug der „Iraqi Accord Front“ und der „Iraqi National List“ aus der Regierung, bildet sich eine neue „Moderates Front“ aus den wichtigsten schiitischen Parteien (ohne Muqtada al-Sadr) und den großen kurdischen Parteien, die unter Nuri al-Maliki weiter regieren.

14. August 2007: Bei einem großen Anschlag gegen die Minderheit der Yezidi kommen im Nordirak rund 500 Menschen ums Leben. Die Yezidi – die von konservativen Muslimen als „Teufelsanbeter“ betrachtet werden – sind neben anderen Minderheiten zunehmend Hauptopfer der ethnisierten Gewalt, da sie selbst nicht über die militärische Stärke verfügen sich zu schützen.

September 2007: Der Druck der Türkei und des Iran auf das kurdische Autonomiegebiet der Irak erhöht sich. Iranische Truppen greifen Grenzregionen und Stellungen der kurdisch-iranischen Guerilla der PJAK an. Türkische Truppen attackieren die im Nordirak gelegenen Camps der PKK an. Die angekündigte große Bodenoffensive bleibt jedoch aus.

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Herbst 2007: Bereits über den Sommer deutete sich an: Erstmals seit Beginn des offenen Bürgerkriegs gehen die Anschlagszahlen und Toten nachhaltig zurück. Dieser Rückgang der Gewalt ist neben einer Erhöhung der US-Truppenstärke auch auf das Überlaufen ehemaliger sunnitischer Aufständischer zurückzuführen, die sich gegen al-Qaida und ihre Verbündeten wenden und sich zu so genannte Sahwa-Milizen zusammenschließen, die gegen al-Qaida kämpfen und dafür von den US-Truppen Sold und Ausrüstung erhalten. Der Irak ist jedoch de facto weitgehend ethnisch zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden aufgeteilt. In der Region Kirkuk spielen die Turkmenen noch eine gewisse Rolle. Andere Minderheiten können sich jedoch kaum behaupten. Sie stellen einen besonders hohen Anteil unter den knapp 2 Millionen neuer irakischer Flüchtlinge.

20. Dezember 2007: Auf Vorschlag der UNO und mit Zustimmung der kurdischen Regionalregierung wird das geplante Referendum um die Zukunft Kirkuks um sechs Monate auf Mitte 2008 verschoben... auch dann fand es nicht statt.

22. Februar 2008: Die Türkei beginnt eine zwei Wochen dauernde große Bodenoffensive gegen Stellungen der verbotenen türkisch-kurdischen PKK auf irakischem Territorium. Obwohl die türkische Regierung die Offensive als Erfolg verkaufen will, mehrt sich nach dem offensichtlichen Misserfolg auch innerhalb der Türkei Kritik an der Militärintervention. Die türkische Armee zieht sich letztlich weitgehend Ergebnislos und mit relativ hohen eigenen Opferzahlen aus dem Irak zurück.

29. Februar 2008: Mit Paulos Faraj Rahho, dem Erzbischof von Mossul, wird einer der höchsten Geistlichen der mit der römisch-katholischen Kirche unierten chaldäischen Kirche entführt. Am 13. März wird seine Leiche in Mossul gefunden, was zu einer erneuten Verunsicherung irakischer Christen führt. Einer der Attentäter, Ahmed Ali Ahmed (auch Abu Omar genannt) wird am 19. Mai durch ein irakisches Gericht zum Tode verurteilt.

25. März 2008: Die irakische Armee geht gegen verschiedene schiitische Milizen, u.a. die Mahdi-Miliz Muqtada al-Sadrs in Basra vor, was zu längeren Kämpfen in mehreren Städten im Südirak führt.

4. April 2008: Premierminister Maliki befiehlt die Angriffe auf die schiitischen Milizen einzustellen, die sich so weiter im Süden behaupten können.

21. Juli 2008: US-amerikanische Präsidentschaftskanidat Barak Obama besucht den Irak, der im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf eine wichtige Rolle spielt.

6. August 2008: Der amerikanische UN-Botschafter Alejandro Wolff erklärt vor dem UN-Sicherheitsrat, dass im vergangenen Jahr die Zahl der Anschläge insgesamt um 84 Prozent gesunken wäre. In den vergangenen drei Monaten habe die Gewalt den niedrigsten Stand seit vier Jahren erreicht.

22. August 2008: US-Aussenministerin Rice und der irakische Ministerpräsident Maliki einigen sich auf einen Abzug der US-Truppen bis 2011 und ein langfristiges Sicherheitsabkommen der beiden Staaten.

27. August 2008: Die New York Times berichtet, zwei US-Soldaten hätten gestanden vier schiitische Milizionäre nach ihrer Gefangennahme erschossen zu haben.

1. September 2008: Die Provinz Anbar wird vom US-Militär der irakischen Regierung übergeben. Die ehemalige Hochburg sunnitischer Aufständischer konnte so weit befriedet werden, dass in Zukunft die irakischen Sicherheitskräfte für sie verantwortlich sein werden.

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14. September 2008: Das irakische Parlament entzieht Mithal al-Alusi von der „Demokratische Partei der Irakischen Nation“ wegen eines Besuchs einer Antiterrorkonferenz in Israel die Immunität und verbietet ihm damit auch die Ausreise. Nun soll ein Verfahren wegen „Besuchs eines Feindstaates“ gegen den liberalen Abgeordneten eröffnet werden, ein Delikt auf das im Irak die Todesstrafe droht.

16. September 2008: General David Petraeus übergibt das Kommando über den US-Einsatz im Irak an General Raymond Odierno. Insgesamt gelang Petraeus in seiner Zeit als Kommandant eine deutliche Stabilisierung der Sicherheitslage und eine Erfolgreiche Übergabe der Verantwortung an irakische Sicherheitskräfte, jedoch kein Ende der militärischen Auseinanderseitungen im Irak.

24. September 2008: Nach langwierigem Tauziehen verabschiedet das irakische Parlament ein Wahlgesetz für die Provinzen. Bis dahin war eine Einigung v.a. an einer Sonderregelung für die multethnische Stadt Kirkuk gescheitert, die sowohl von Kurden, Arabern und Turkmenen beansprucht wird. Damit sind die Probleme um das Wahlrecht in Kirkuk selbst jedoch nicht gelöst. Arabische, kurdische und turkmenische Vertreter einigten sich nur, dass ein parlamentarisches Komitee die offenen Fragen zu Kirkuk bis März 2009 bearbeiten und dem Parlament vorlegen soll.

Im Provinzparlament von Kirkuk. Foto: Thomas Schmidinger

25. September 2008: Die Einigung auf das neue Wahlgesetz führt zu Protesten aus der christlichen Minderheit. Der Studentenverband der chaldäischen Christen protestiert, dass aus dem alten Gesetzesvorschlag ein Paragraf gestrichen wurde, wonach in den Provinzräten jeweils eine bestimmte Anzahl von Sitzen für Christen und andere religiöse Minderheiten reserviert werden sollte. In Bagdad wird laut einer irakischen LGBT-Organisation ein Schwulenaktivist, der „sichere Häuser“ für Schwule und Lesben in Bagdad organisiert hatte von einer Miliz hingerichtet.

26. September 2008: Die türkische Luftwaffe greift im Nordirak erneut mutmaßliche Stellungen der PKK an. 16 Kampfflugzeuge sollen an der Grenze zum Iran Luftangriffe geflogen sein.

Oktober 2008: Die irakische Armee soll das Kommando über die sunnitischen Sahwa-Milizen übernehmen, was unter diesen teilweise auf heftige Kritik stößt.

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