sicherheit beim lackieren — teil 2

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JOT 6 | 2000 48 für explosionsgefährdete Bereiche – Elektrostatische Handsprüheinrich- tungen: 07.87“:1986, Abschnitt 5.1.1 Anmerkung: In diesen Systemen besteht die Gefahr eines elektrischen Schlages oder durch zündfähige Energie nicht. 1.3.2 Elektrostatische Flocksyste- me vom Typ B mit einer Entladeener- giebegrenzung auf Werte größer als 0,24 mJ beziehungsweise 5 mJ, aber kleiner als 350 mJ und einer Begren- zung der Stromstärke auf weniger als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen besteht die Gefahr durch elektrischen Schlag nicht, wohl aber bestehen Gefahren durch zündfähige Energie 1.3.3 Elektrostatische Flocksyste- me vom Typ C mit einer Entladeener- gie von mehr als 350 mJ und/oder Begrenzung der Stromstärke von mehr als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen bestehen Gefahren durch elektrischen Schlag und durch zündfähige Energie. 1.4 prEN 50348 „Ortsfeste elek- trostatische Sprühanlagen für nicht- brennbare flüssige Beschichtungsstof- fe“ Abschnitt 5.1 1.4.1 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ A mit einer Entladeener- giebegrenzung auf Werte größer 5 mJ aber kleiner als 350 mJ und einer Stromstärkebegrenzung auf kleiner als 0,7 mA entsprechend EN 50059 „Bestimmungen für elektrostatische Handsprüheinrichtungen für nicht- brennbare Sprühstoffe für Beschich- tungen“: 06.92, Abschnitt 5.1.1 Anmerkung: In diesen Systemen besteht die Gefahr eines elektrischen Schlages nicht 1.4.2 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ C mit einer Entladeener- gie größer als 350 mJ und/oder einer Stromstärke von mehr als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen bestehen Gefahren durch elektrischen Schlag und durch zündfähige Energie. 2.0 Schutz gegen elektrischen Schlag (Personenschutz) Für den Personenschutz (Schutz M it dieser Beitragsserie soll die Sensibilität von Anlagenbetrei- bern wie -herstellern für wichtige Inhalte von sicherheitstechnischen Re- gelwerken geweckt werden. Im ersten Beitrag (JOT 10/99) dieser mehrteili- gen Serie stand die Verarbeitung von flüssigen Beschichtungsstoffen mit ortsfesten elektrostatsichen Sprühanla- gen sowie die Prüfung und Optimie- rung des sicherheitstechnischen Kon- zeptes im Mittelpunkt der Betrachtun- gen. Hilfreich für die Umsetzung in die Praxis sind ergänzende Hinweise des Autors. 1.0 Die europäischen Normen berücksichtigen drei allgemeine Klas- sen von elektrostatischen Sprühsyste- men beziehungsweise Flocksystemen, bezogen auf die verschiedenen Regel- werke wie folgt: 1.1 EN 50176 „Ortsfeste elek- trostatische Sprühanlagen für brennba- re flüssige Beschichtungsstoffe“, Ab- schnitt 5.1 1.1.1 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ A mit einer Entladeener- giebegrenzung auf höchstens 0,24 mJ entsprechend EN 50050 „Elektrische Betriebsmittel für explosionsgefährde- te Bereiche – Elektrostatische Hand- sprüheinrichtungen: 07.87“:1986, Ab- schnitt 5.1.1 Anmerkung: In diesen Systemen besteht die Gefahr eines elektrischen Schlages oder durch zündfähige Energie nicht. 1.1.2 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ B mit einer Entladeener- giebegrenzung auf Werte größer als 0,24 mJ, aber kleiner als 350 mJ und einer Begrenzung der Stromstärke auf weniger als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen besteht die Gefahr durch elektrischen Schlag nicht, wohl aber bestehen Gefahren durch zündfähige Energie 1.1.3 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ C mit einer Entladeener- gie von mehr als 350 mJ und/oder Begrenzung der Stromstärke von mehr als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen bestehen Gefahren durch elektrischen Schlag und durch zündfähige Energie. 1.2 EN 50177 EN „Ortsfeste elektrostatische Sprühanlagen für brennbare Beschichtungspulver“ Ab- schnitt 5.1 1.2.1 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ A mit einer Entladeener- giebegrenzung auf höchstens 5 mJ ent- sprechend EN 50050 „Elektrische Betriebsmittel für explosionsgefährde- te Bereiche – Elektrostatische Hand- sprüheinrichtungen: 07.87“:1986, Ab- schnitt 5.1.2 Anmerkung: In diesen Systemen besteht die Gefahr eines elektrischen Schlages oder durch zündfähige Energie nicht. 1.2.2 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ B mit einer Entladeener- giebegrenzung auf Werte größer als 0,24 mJ, aber kleiner als 350 mJ und einer Begrenzung der Stromstärke auf weniger als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen besteht die Gefahr durch elektrischen Schlag nicht, wohl aber bestehen Gefahren durch zündfähige Energie 1.2.3 Elektrostatische Sprühsyste- me vom Typ C mit einer Entladeener- gie von mehr als 350 mJ und/oder Begrenzung der Stromstärke von mehr als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen bestehen Gefahren durch elektrischen Schlag und durch zündfähige Energie. 1.3 prEN 50223 „Ortsfeste elek- trostatische Flockanlagen für entzünd- baren Flock“ Abschnitt 5.1 1.3.1 Elektrostatische Flocksyste- me vom Typ A mit einer Entladeener- giebegrenzung auf höchstens 0,24 beziehungsweie 5 mJ entsprechend EN 50050 „Elektrische Betriebsmittel Sicherheit beim Lackieren – Teil 2 Zündgefahren durch Restenergie nach dem Abschalten der Hoch- spannung bei ortsfesten (automa- tischen) elektrostatischen Beschichtungsanlagen. ARBEITS- UND GESUNDHEITSSCHUTZ

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Page 1: Sicherheit beim Lackieren — Teil 2

JOT 6|200048

für explosionsgefährdete Bereiche –Elektrostatische Handsprüheinrich-tungen: 07.87“:1986, Abschnitt 5.1.1Anmerkung: In diesen Systemen besteht dieGefahr eines elektrischen Schlages oderdurch zündfähige Energie nicht.

1.3.2 Elektrostatische Flocksyste-me vom Typ B mit einer Entladeener-giebegrenzung auf Werte größer als0,24 mJ beziehungsweise 5 mJ, aberkleiner als 350 mJ und einer Begren-zung der Stromstärke auf weniger als0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen besteht dieGefahr durch elektrischen Schlag nicht, wohlaber bestehen Gefahren durch zündfähigeEnergie

1.3.3 Elektrostatische Flocksyste-me vom Typ C mit einer Entladeener-gie von mehr als 350 mJ und/oderBegrenzung der Stromstärke von mehrals 0,7 mA.Anmerkung: In diesen Systemen bestehenGefahren durch elektrischen Schlag unddurch zündfähige Energie.

1.4 prEN 50348 „Ortsfeste elek-trostatische Sprühanlagen für nicht-brennbare flüssige Beschichtungsstof-fe“ Abschnitt 5.1

1.4.1 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ A mit einer Entladeener-giebegrenzung auf Werte größer 5 mJaber kleiner als 350 mJ und einerStromstärkebegrenzung auf kleiner als0,7 mA entsprechend EN 50059„Bestimmungen für elektrostatischeHandsprüheinrichtungen für nicht-brennbare Sprühstoffe für Beschich-tungen“: 06.92, Abschnitt 5.1.1Anmerkung: In diesen Systemen besteht dieGefahr eines elektrischen Schlages nicht

1.4.2 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ C mit einer Entladeener-gie größer als 350 mJ und/oder einerStromstärke von mehr als 0,7 mA.Anmerkung: In diesen Systemen bestehenGefahren durch elektrischen Schlag unddurch zündfähige Energie.

2.0 Schutz gegen elektrischenSchlag (Personenschutz)

Für den Personenschutz (Schutz

Mit dieser Beitragsserie soll dieSensibilität von Anlagenbetrei-

bern wie -herstellern für wichtigeInhalte von sicherheitstechnischen Re-gelwerken geweckt werden. Im erstenBeitrag (JOT 10/99) dieser mehrteili-gen Serie stand die Verarbeitung vonflüssigen Beschichtungsstoffen mitortsfesten elektrostatsichen Sprühanla-gen sowie die Prüfung und Optimie-rung des sicherheitstechnischen Kon-zeptes im Mittelpunkt der Betrachtun-gen. Hilfreich für die Umsetzung in diePraxis sind ergänzende Hinweise desAutors.

1.0 Die europäischen Normenberücksichtigen drei allgemeine Klas-sen von elektrostatischen Sprühsyste-men beziehungsweise Flocksystemen,bezogen auf die verschiedenen Regel-werke wie folgt:

1.1 EN 50176 „Ortsfeste elek-trostatische Sprühanlagen für brennba-re flüssige Beschichtungsstoffe“, Ab-schnitt 5.1

1.1.1 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ A mit einer Entladeener-giebegrenzung auf höchstens 0,24 mJentsprechend EN 50050 „ElektrischeBetriebsmittel für explosionsgefährde-te Bereiche – Elektrostatische Hand-sprüheinrichtungen: 07.87“:1986, Ab-schnitt 5.1.1Anmerkung: In diesen Systemen besteht dieGefahr eines elektrischen Schlages oderdurch zündfähige Energie nicht.

1.1.2 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ B mit einer Entladeener-giebegrenzung auf Werte größer als0,24 mJ, aber kleiner als 350 mJ undeiner Begrenzung der Stromstärke aufweniger als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen besteht dieGefahr durch elektrischen Schlag nicht, wohl

aber bestehen Gefahren durch zündfähigeEnergie

1.1.3 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ C mit einer Entladeener-gie von mehr als 350 mJ und/oderBegrenzung der Stromstärke von mehrals 0,7 mA.Anmerkung: In diesen Systemen bestehenGefahren durch elektrischen Schlag unddurch zündfähige Energie.

1.2 EN 50177 EN „Ortsfesteelektrostatische Sprühanlagen fürbrennbare Beschichtungspulver“ Ab-schnitt 5.1

1.2.1 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ A mit einer Entladeener-giebegrenzung auf höchstens 5 mJ ent-sprechend EN 50050 „ElektrischeBetriebsmittel für explosionsgefährde-te Bereiche – Elektrostatische Hand-sprüheinrichtungen: 07.87“:1986, Ab-schnitt 5.1.2Anmerkung: In diesen Systemen besteht dieGefahr eines elektrischen Schlages oderdurch zündfähige Energie nicht.

1.2.2 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ B mit einer Entladeener-giebegrenzung auf Werte größer als0,24 mJ, aber kleiner als 350 mJ undeiner Begrenzung der Stromstärke aufweniger als 0,7 mA. Anmerkung: In diesen Systemen besteht dieGefahr durch elektrischen Schlag nicht, wohlaber bestehen Gefahren durch zündfähigeEnergie

1.2.3 Elektrostatische Sprühsyste-me vom Typ C mit einer Entladeener-gie von mehr als 350 mJ und/oderBegrenzung der Stromstärke von mehrals 0,7 mA.Anmerkung: In diesen Systemen bestehenGefahren durch elektrischen Schlag unddurch zündfähige Energie.

1.3 prEN 50223 „Ortsfeste elek-trostatische Flockanlagen für entzünd-baren Flock“ Abschnitt 5.1

1.3.1 Elektrostatische Flocksyste-me vom Typ A mit einer Entladeener-giebegrenzung auf höchstens 0,24beziehungsweie 5 mJ entsprechendEN 50050 „Elektrische Betriebsmittel

Sicherheit beim Lackieren – Teil 2Zündgefahren durch Restenergienach dem Abschalten der Hoch-spannung bei ortsfesten (automa-tischen) elektrostatischenBeschichtungsanlagen.

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gegen elektrischen Schlag),wird in denNormen gefordert, dass die dem Hoch-spannungskreis entnehmbare Entlade-energie, 2 s nach dem Abschalten derHochspannung, einen Grenzwert von350 mWs nicht überschreiten darf,beziehungsweise dass der Zugang zurSprühkabine erst freigegeben wird,wenn dieser Wert sichergestellt ist.

Bei dem zulässigen Zeitwert von 2 swird in der Norm von einer praxisbezo-genen Zeit ausgegangen, die vergehtvon der Auslösung der Hochspan-nungsabschaltung, zum Beispiel durchAuslösen des Begehschutzes oder einerKabinentür, bis zum Zeitpunkt einermöglichen Berührung der Sprüh oderFlocksysteme beziehungsweise vonTeilen der Anlage welche dem Hoch-spannungssystem zuzuordnen sind(Elektroden), oder dergleichen.

3.0 Schutz gegen zündfähigeEntladung (Zündschutz)

In letzter Zeit bekannt gewordeneUnfälle in ortsfesten elektrostatischenBeschichtungsanlagen ereigneten sichnicht durch elektrischen Schlag desBedienpersonals, sondern durch eineelektrische Entladung aus dem Hoch-spannungskreis auf das Bedienperso-nal beziehungsweise deren mitgeführ-tes Werkzeug oder/und Reinigungsma-terial.

Durch Verwendung von brennba-rem Reinigungsmittel kam es zur Zün-dung des vom Reinigungsmittelerzeugten Lösemittel-Dampf-Luftge-misches, durch eine elektrische Entla-dung bei Annnäherung beziehungs-weise Berührung von dem Hochspan-nungskreis zugeordneten Teilen,

welche betriebsmäßig auf Hoch-spannungspotenzial liegen. Bei denuntersuchten Vorfällen waren dies dieSprühköpfe beziehungsweise die Auf-ladeelektroden der ortsfesten elek-trostatischen Sprühsysteme.

Es ist anzumerken, dass geradebeim Verarbeiten von sogenanntenWasserlacken, aufgrund deren schlech-ten Rücklöseverhaltens, häufig brenn-bare Lösemittel mit niedrigem Flamm-punkt1) als Reinigungsmittel einge-setzt werden.

Es ist festzustellen, dass dieeuropäischen Sicherheitsnormen, wieunter 1.0 ff aufgelistet, in der derzeiti-gen Fassung den besonderen Gefahrenwelche durch Zündung eines zündfähi-gen Gemisches, wie solche zum Bei-spiel bei Reinigungsarbeiten an ortsfe-sten elektrostatischen Anlagen aller

möglichen Bauarten auftreten können,nicht Rechnung tragen. Mit anderenWorten, um den weitergehendenSchutz gegen zündfähige Entladung(Zündschutz) sicherzustellen, ist einEntladeenergie-Grenzwert von 350mWs zu hoch.

Vielmehr ist ein Entladeenergie-Grenzwert von < 0,24 mWs bezie-hungsweise mJ anzusetzen, wie er inder europäischen Norm EN 50050„Elektrische Betriebsmittel für explo-sionsgefährdete Bereiche – Elektrosta-tische Handsprüheinrichtungen –07.87“, Abschnitt 5.1.1, gefordert wird.

Weiter ist darauf hinzuweisen, dassauch der zulässige Zeitwert von 2 s,aufgrund er betrieblichen und örtli-chen Verhältnisse häufig zu hoch ist.Hier können 0,5 s angebracht sein.

Elektrostatische Handsprühpistolenfür die Verarbeitung von brennbaren,flüssigen Beschichtungsstoffen müs-sen unter anderem von der Physika-lisch Technischen Bundesanstalt(PTB) in Braunschweig auf Zündsi-cherheit geprüft werden.

Hierbei wird die gesamte Sprühpis-tole bei angelegter Hochspannung ineinem zylindrischen Behälter, welchermit einem Gemisch von Propan miteiner Reinheit von 99% und Luft miteiner Volumenkonzentration von 5,25+ 0,25 % gefüllt ist, mit einer an Erd-potential liegenden Kugel von 10 - 25mm Durchmesser abgetastet.

Dies geschieht 5 x 5 Minuten lang.Wird das Gasgemisch während dieserProzedur nicht gezündet, gilt dieSprühpistole als zündsicher im Sinneder EN 50050 „Elektrische Betriebs-

mittel für explosionsgefährdete Berei-che – Elektrostatische Handsprühein-richtungen – 07.87“.

So geprüfte Handsprühpistolenentsprechen dem Typ A nach EN50176 „Ortsfeste elektrostatischeSprühanlagen für brennbare flüssigeBeschichtungsstoffe“.

Bei einer elektrostatischen Hand-sprüheinrichtung liegt die konstrukti-ve Beschaffenheit von Bau und Ausrü-stung, wie zum Beispiel Art der Elek-trode, Bauart des Hochspannungs-erzeugers, Art und Länge desHochspannungskabels und derglei-chen fest und ist Bestandteil des (PTB)Prüfberichts. Werden konstruktiveÄnderungen, welche die elektrischeSicherheit beeinflussen können, andem Equipment vorgenommen, ist die

Elektrostatische Handsprühpistolen für die Bearbeitung von flüs-sigen, brennbaren Stoffen werden in einem mit Gas gefülltenBehälter auf Zündsicherheit geprüft

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Handsprüheinrichtung einer neuenPrüfung zu unterziehen.

Wie bekannt, ist die elektrischeKapazität des Entladestromkreises einentscheidendes Kriterium für die Ent-ladeenergie. Die konstruktive Beschaf-fenheit einer ortsfesten (automati-schen) elektrostatischen Beschich-tungsanlage ist fallweise, entsprechenddem verwendeten Verfahren und denbetrieblichen und örtlichen Verhältnis-sen, in weiten Bereichen variabel. Soist zum Beispiel die Bauart des Hoch-spannungskabels und die Verlegungs-art eine entscheidende Größe für dieHöhe der Entladeenergie. Demnachist es nicht vorstellbar, eine kompletteortfeste elektrostatische Beschich-tungsanlage einer Zündprüfung nachEN 50 050 zu unterziehen.

Ein gangbarer Weg ist es, die elek-trische Kapazität der kompletten orts-festen (automatischen) elektrostati-schen Beschichtungsanlage, unter rea-listischen Betriebsbedingungen, dasheißt unter Berücksichtigung derbetrieblichen und örtlichen Verhältnis-se, durch Messung zu erfassen unddann die Entladeenergie zu berech-nen.

Diese Vorgehensweise wird bislangauch bei der Ermittlung des Grenzwer-tes von 350 mJ für den Personenschutzpraktiziert. Die Vorgehensweise ist ver-tretbar und folgerichtig, da bei einerortsfesten elektrostatischen Sprühanla-ge Entladungen nicht andauernd undbetriebsmäßig erzeugt werden, wiedies im Gegensatz bei einer elektrosta-tischen Handsprühpistole erwartetwerden muss.

Die Entladenergie berechnet sichnach der Formel W =1/2 x C x U2

W =gespeicherte Energie in Ws oder JC = Kapazität des Kondensators in FU = Ladespannung des Kondensators

in V Daraus ergibt sich, dass der Mo-

mentanspannung welche im Momentder Berührung noch anliegt, entschei-dende Bedeutung zu kommt. Bei bei-spielsweise einer Anlagenkapazität von2,5 nF und einer Entladeenergie von0,24 mJ, ergibt sich eine zulässigeMomentanspannung von zirka 400 V.

4.0 Sicherstellen der zulässigenEntladeenergie

4.1 Entladewiderstände Der Entladevorgang läuft nach

einer e-Funktion ab. Um die Dimensi-on der Widerstände berechnen zu kön-nen, ist es zunächst notwendig dieKapazität des Hochspannungssystemsdurch Messung zu ermitteln.

Dabei gilt der Grundsatz, dass derWiderstandswert umso geringer wird jehöher die elektrische Kapazität des Ge-samtsystems ist, je höher die Ladespan-nung und geringer die zulässige Entla-dezeit angesetzt werden muss. Die Be-lastung der Hochspannungsversorgungsteigt jedoch proportional zum abneh-menden Widerstandswert, häufig wirddabei die Leistungsgrenze des Hoch-spannungserzeugers überschritten.

4.2 Mechanische Entladeschalter(Erdschalter)

Werden die hochohmigen Dämp-fungswiderstände in den Erdschalternentfernt, um schnellere Entladezeitenzu erreichen, ist dabei jedoch zu beach-ten, dass insbesondere beim Einsatzvon Erdschaltern der älteren Generati-on beim Erden die Erdrückleitunghochgepegelt wird und es häufig zur

Zerstörung von elektronischen Bautei-len oder zum Absturz von System-steuerungen kommen kann.

Moderne mechanische Erdschalterhaben diese Nachteile im Regelfallnicht mehr. Allerdings ist auch hier einFeldversuch zu empfehlen.

5.0 Weitere Schutzmaßnahmen5.1 Unabhängig von der Art des ein-

gesetzten Entladevorrichtung ist der

Einsatz eines Kontrollsystems möglich,welche die Restenergie des Hochspan-nungssystems durch Messung über-wacht.

Die Überwachungseinrichtung kon-trolliert selbsttätig die Entladeenergievon elektrostatischen Beschichtungs-anlagen nach der Formel

E = 1/2 x C x U2

Wird der zulässige Wert überschrit-ten, wird eine Störmeldung ausgege-ben. Die Kapazität des Hochspan-nungskreises wird durch manuelleMessung ermittelt und der ermittelteWert der Überwachungseinheit anla-genspezifisch vorgegeben.

6.0 Zündgefahren bei Reinigungsar-beiten durch aufgeladene Flächen

6.1 Gefährdungen welche von auf-geladene Kunststoffflächen ausgehenkönnen, werden durch die vordemgemachten Ausführungen nicht tan-giert.

Der Einsatzvon Erd-schaltern istimmer dannangezeigt,wenn Entla-dewider-stände nichteingesetztwerden kön-nen. Dabeiist festzustel-len, dassaufgrund

der relativ hohen Ableitwiderständevon mehreren Mega-Ohm welchein den Erdschaltern integriert sindund der Verzögerungszeit vomAnsprechen zum Beispiel desBegehschutzes bis zum Schließendes Schaltkontaktes häufig zu lan-ge ist, um eine Entladung desGesamtsystems auf einen zulässi-gen Wert sicherzustellen.

Bei Entladewiderständen wirdsomit der Widerstand selbst unddas Hochspannungssystem aufKabelbruch überwacht. Beim Ein-satz von Erd-Umschaltern wirdzusätzlich die mechanische Funkti-on überwacht, eine Stellungsüber-wachung am Schalter ist nicht mehrnotwendig.

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Zündgefahren durch aufgeladeneFlächen sind nicht zu erwarten, wenndie Größe der Fläche, die infolge Rei-bung von Personen oder infolge be-trieblicher Vorgänge aufgeladen wer-den kann, in Abhängigkeit von der Un-terteilung der Gase und Dämpfe undder Zone auf die in Tabelle 1 aufge-führten Höchstwerte beschränkt wird.Siehe BGR 132 (bisher ZH 1/200)2)

Abschnitt 7.1.1.4, Tabellen 1 und 2:

Ist ein Gegenstand aus aufladbarenStoffen langgestreckt, zum Beispiel einRohr oder ein Vierkantstab, sind Zünd-gefahren nicht zu erwarten, wenn dergrößte Durchmesser oder die größteBreite des aufladbaren Gegenstandesin Abhängigkeit von der Unterteilungund der Zone folgende Höchstwertenicht übersteigt:

6.2 Bei Verwendung von Wändenund Einbauten in Sprühkabinen ausnichtleitendem Kunststoff ist das Auf-treten von sehr energiereichen Entla-dungen, genannt Gleitstielbüschel-Entladungen, zu vermeiden. Gleit-stielbüschel-Entladungen können ent-stehen, wenn Kunststoffe geringererSchichtdicke als 9 mm Kontakt mitgroßen geerdeten Metallflächen ha-ben. Wo Kunststoffe von so geringerSchichtdicke verwendet werden, darfzwecks Vermeidens des Auftretens von Gleitstielbüschelentladungen dieDurchschlagsspannung durch die

der Momentanspannung ist ein Mittel,das Risiko einer zündfähigen Entla-dung nach dem Abschalten der Hoch-spannung zu minimieren. Alle Schutz-maßnahmen sollten sorgfältig abgewo-gen werden, hilfreich ist dabei, durcheinen Sachverständigen3) eine Sicher-heitsanalyse erstellen zu lassen. ■

1) Flammpunkt einer brennbaren Flüssig-keit ist die niedrigste Temperatur in °C, beider sich in einem geschlossenen Tiegel ausder zu prüfenden Flüssigkeit unter festge-legten Bedingungen Dämpfe in solcherMenge entwickeln, dass sich im Tiegel eindurch Fremdzündung entflammbaresDampf-Luft-Gemisch bildet. Der Flamm-punkt gestattet, brennbare Flüssigkeitenhinsichtlich ihrer Neigung, explosionsfähi-ge Dampf-Luft-Gemische zu bilden, inGruppen einzuteilen. Die Bedingungensind in DIN 51 755 „Prüfung von Mine-ralölen und anderen brennbaren Flüssigkei-ten; Bestimmung des Flammpunktes imgeschlossenen Tiegel, nach Abel-Pensky“bzw. DIN 53 213 Teil 1 „Prüfung vonAnstrichstoffen und ähnlichen lösungsmit-telhaltigen Erzeugnissen; Flammpunktprü-fung im geschlossenen Tiegel, Bestimmungdes Flammpunktes“ festgelegt.

2) BGR 132 Richtlinien für die Vermeidungvon Zündgefahren infolge elektrostatischerAufladungen – Richtlinie „Statische Elek-trizität“ – (bisher ZH 1/200) Hauptverbandder gewerblichen BerufsgenossenschaftenFachausschuß „Chemie“; Oktober 1989

3) Sachverständiger ist, wer auf Grund sei-ner fachlichen Ausbildung und Erfahrungausreichende Kenntnisse auf dem Gebietdes elektrostatischen Versprühens von flüs-sigen Beschichtungsstoffen, Pulverlackenoder Flock mit Sprühgeräten und automati-schen (ortsfesten) Sprühanlagen hat undmit den einschlägigen staatlichen Arbeits-schutzvorschriften, Unfallverhütungsvor-schriften, Richtlinien und allgemein aner-kannten Regeln der Technik (z.B. DIN-Normen, VDE-Bestimmungen, technischeRegeln anderer EG-Mitgliedstaaten) ver-traut ist, dass er den arbeitssicheren Zu-stand von Sprühgeräten und automatischen(ortsfesten) Sprühanlagen prüfen und gut-achtlich beurteilen kann. (Begriffsbestim-mungen aus BGI 764 „ElektrostatischesBeschichten“, ZH 1/160, in Vorbereitung).

Der Autor: Fred Luderer ist Obmann des„K 239“ (Elektrostatisches Sprühen)

„Der Deutschen Elektrotechnischen Kom-mission“ im DIN und VDE und betreibtein Büro für sicherheitstechnische Bera-

tungen auf dem Gebiet der Ober-flächentechnik, Tel. (0 71 83) 42 80 44

Schicht nicht größer als 4 kV sein. Sie-he auch EN 50176 Abschnitt 7.1.1.

6.3 Weiter ist darauf hinzuweisen,dass zum Reinigen von Kunststoff-flächen nach Abschnitt 7.1.3 von EN50176 „Ortsfeste elektrostatischeSprühanlagen für brennbare flüssigeBeschichtungsstoffe“, nur Reinigungs-flüssigkeiten verwendet werden dür-fen, deren Flammpunkt um minde-

stens 5 K höher ist als die Umgebungs-temperatur.

Zusammenfassung

Wenn in ortsfesten (automatischen)elektrostatischen Beschichtungsanla-gen zu Reinigungszwecken brennbare

Flüssigkeiten eingesetzt werden, sinddie besonderen Gefahren welchedurch zündfähige Entladungen, dievon Teilen der Anlage welche zumHochspannungskreis gehören, ausge-hen können, zu beachten.

Das Schutzziel ist hinreichend er-läutert worden. Welche Lösungen ge-funden werden, so zum Beispiel durchdie Anwendung von Entlade- oder/undzusätzlichen Maßnahmen, ist unterBerücksichtigung der betrieblichen undörtlichen Verhältnisse zu entscheiden.

Der Einsatz von automatischenÜberwachungssystemen zur Messung

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Explosionsgruppe I II A, II B II C(Methan) (Flächen in cm2)

Zone 0 50 25 4

Zone 1 100 100* 20*

Zone 2 keine Beschränkung

Explosionsgruppe I II A, II B II C(Methan) (Maße in cm)

Zone 0 0,3 0,3 0,1

Zone 1 3,0 3,0 2,0

Zone 2 keine Beschränkung

Tabelle 1

Tabelle 2