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Sinusitis maxillaris mit partiellem Verlust des Oberkieferknochens nach sekundärer Zahnfraktur Med. vet. Bea Kunz, Tierarztpraxis Dr. Rolf Hegner, Reichenburg Einleitung: Eine 4 jährige Minishettlandstute wurde wegen Schwellung am Oberkiefer vorgestellt. Die Stute war zirka im 7. Monat trächtig und wurde in einer Gruppe aus lauter Minishettys bei permanenter Weidehaltung auf einer Alp gehalten. Entsprechend wenig wurden die Ponys dort kontrolliert. Der Besitzer konnte auch nicht sagen, wie lange die Schwellung schon bestand. Bei der Befragung des Besitzers kam heraus, dass die Stute schon vor 5 Monaten mal Nasenausfluss gezeigt haben soll. Untersuchung: Die Stute war munter und aufmerksam, aber eher mager. Sie war sehr kopfscheu, wies eine Körpertemperatur von 39,1 Grad auf und zeigte immer wieder anfallsartig Kopfschütteln. Eine ca. tennisballgrosse Umfangsvermehrung unter dem rechten Auge über dem Jochbein fiel sofort auf. Die Schwellung war fluktuierend und sehr dolent. Auch war der rechte Mandibularlymphknoten geschwollen und dolent. Zu diesem Zeitpunkt war kein Nasenausfluss zu sehen, jedoch roch die Stute ganz übel aus dem Maul. Am Unterkiefer waren beidseitig sehr ausgeprägte Bumps zu sehen. Das Pony zeigte auch eine deutliche Störung beim Kauen und liess immer wieder Wickel aus dem Maul fallen. Bei der Punktion der Umfangsvermehrung unter Sedation ergoss sich schwallartig viel übelriechender, bröckliger Eiter. Nach der Punktion fiel bei der Palpation des Oberkieferknochens auf, dass der Knochen in gewissen Bereichen wo die Schwellung war, fehlte. Der Sinus maxillaris rostralis war mit Eiter gefüllt. Beim folgenden Spülen des Sinus floss die Spüllösung durch die Maulhöhle wieder ab. Abb. 1 Abb. 2 Bei der Maulhöhlenuntersuchung konnte man diverse Zahnfehlstellungen ausmachen. Die bleibenden I2 überlagerten die MilchI3 im Oberkiefer bis zur Hälfte. Auch zeigte die Stute einen Überbiss.

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Page 1: Sinusitis maxillaris mit teilweisem Verlust des ... · Sinusitis’maxillaris’mit’’partiellem’Verlustdes’Oberkieferknochensnach’sekundärerZahnfraktur’! Med.!vet.!Bea!Kunz,!Tierarztpraxis!Dr.!Rolf!Hegner

Sinusitis  maxillaris  mit    partiellem  Verlust  des  Oberkieferknochens  nach  sekundärer  Zahnfraktur  

 

Med.  vet.  Bea  Kunz,  Tierarztpraxis  Dr.  Rolf  Hegner,  Reichenburg  

 

Einleitung:  

Eine    4  jährige  Minishettlandstute  wurde  wegen  Schwellung  am  Oberkiefer  vorgestellt.  Die  Stute  war  zirka  im  7.  Monat  trächtig  und  wurde  in  einer  Gruppe  aus  lauter  Minishettys  bei  permanenter  Weidehaltung  auf  einer  Alp  gehalten.  Entsprechend  wenig  wurden  die  Ponys  dort  kontrolliert.  Der  

Besitzer  konnte  auch  nicht  sagen,  wie  lange  die  Schwellung  schon  bestand.  Bei  der  Befragung  des  Besitzers  kam  heraus,  dass  die  Stute  schon  vor  5  Monaten  mal  Nasenausfluss  gezeigt  haben  soll.  

 

Untersuchung:  

Die  Stute  war  munter  und  aufmerksam,  aber  eher  mager.    Sie  war  sehr  kopfscheu,  wies  eine  Körpertemperatur  von  39,1  Grad  auf  und  zeigte  immer  wieder    anfallsartig  Kopfschütteln.    Eine  ca.  

tennisballgrosse  Umfangsvermehrung  unter  dem  rechten  Auge  über  dem  Jochbein  fiel  sofort  auf.  Die  Schwellung  war  fluktuierend  und  sehr  dolent.  Auch  war  der  rechte  Mandibularlymphknoten  geschwollen  und  dolent.  Zu  diesem  Zeitpunkt  war  kein  Nasenausfluss  zu  sehen,  jedoch  roch  die  Stute  

ganz  übel  aus  dem  Maul.  Am  Unterkiefer  waren  beidseitig  sehr  ausgeprägte  Bumps  zu  sehen.  Das  Pony  zeigte  auch  eine  deutliche  Störung  beim  Kauen  und  liess  immer  wieder  Wickel  aus  dem  Maul  fallen.  

Bei  der  Punktion  der  Umfangsvermehrung  unter  Sedation  ergoss  sich  schwallartig  viel  

übelriechender,  bröckliger  Eiter.    Nach  der  Punktion  fiel  bei  der  Palpation  des  Oberkieferknochens  auf,  dass  der  Knochen  in  gewissen  Bereichen  wo  die  Schwellung  war,  fehlte.  Der  Sinus  maxillaris  rostralis  war  mit  Eiter  gefüllt.  Beim  folgenden  Spülen  des  Sinus  floss  die  Spüllösung  durch  die  

Maulhöhle  wieder  ab.  

       

  Abb.  1             Abb.  2  

Bei  der  Maulhöhlenuntersuchung  konnte  man  diverse  Zahnfehlstellungen  ausmachen.  Die  bleibenden  I2  überlagerten  die  Milch-­‐I3  im  Oberkiefer  bis  zur  Hälfte.  Auch  zeigte  die  Stute  einen  

Überbiss.    

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Die  Kappen  der  P4  im  Unterkiefer  waren  beidseitig  noch  vorhanden,  konnten  jedoch  leicht  gelöst  

werden.  

Im  Oberkiefer  rechts  sah  man  sofort  einen  gebrochenen  M1  mit  weit  auseinanderstehenden  Fragmenten.  Zum  Teil  war  der  Spalt  zwischen  den  Fragmenten  mit  Futter  vollgestopft.  Die  Spülflüssigkeit  trat  auch  zwischen  den  Fragmenten  aus.  Nach  Entfernen  der  Futterreste  konnte  man  

kariöse  Veränderungen  am  M1  sehen.  Der  M1  im  Oberkiefer  links  war  nach  buccal  verlagert.  

 

Diagnose:  

Sinusitis  maxillaris  nach  sekundärer  Zahnfraktur  mit  Lyse  des  Oberkieferknochens  

Therapie:  

Aus  finanziellen  Gründen,  sowie  wegen  diverser  Veränderungen  und  einer  ungünstigen  Prognose  wurde  das  Pony  euthanasiert  

Theorie:    

Eitrige  Entzündungen  der  Kieferhöhle  lassen  sich  beim  Pferd  recht  häufig  beobachten:  als  Folge  einer  Zahnfraktur,  ulzerierten  Neoplasmen,  infektiösen  Atemwegserkrankungen  oder  Alveolarperiostitis.  

Die  chronische  Sinusitis  maxillaris  stellt  beim  Pferd  fast  ausschliesslich  eine  einseitige,  eitrige  Erkrankung  dar.  Die  meisten  Patienten  zeigen  eitrigen  Nasenausfluss  auf  der  betroffenen  Seite,  der  mehr  oder  weniger  übelriechend  sein  kann.  Besonders  übel  riecht  sogenannter  Zahneiter,  d.h.  wenn  

die  Ursache  an  den  Backenzähnen  zu  finden  ist.  Eine  Auftreibung  des  Schädelknochens  über  dem  Sinus  maxillaris  kann  beobachtet  werden.  Auch  ist  der  Schall  bei  der  Perkussion  deutlich  gedämpft  und  oft  ist  die  Perkussion  dolent.  

Die  Sinusitis  gehört  zu  den  bekanntesten  Folgen  einer  Erkrankung  der  kaudalen    Backenzähne  im  

Oberkiefer.  Theoretisch  kann  jeder  Zahn  der  letzten  4  Backenzähne  von  einer  Erkrankung  betroffen  sein,  doch  treten  häufiger  Störungen  beim  Zahndurchbruch,  Frakturen,  Infektionen  und  Alveolarerkrankungen  an  den  P4  und  M1  auf.  Das  bedeutet,  dass  die  Infektion  des  rostralen  Sinus  

maxillaris  häufiger  vorkommt,  als  die  des  Kaudalen.  

Durch  Verletzungen  der  Zähne  oder  durch  Lyse  der  Zahnsubstanz  können  die  Bakterien  in  den  Sinus  maxillaris  vordringen.  Dort  kommt  es  zur  Entzündung  und  Bildung  von  Eiter,  was  in  fortgeschrittenem  Stadium  zuerst  zur  Auftreibung    und  später  sogar  zur  Lyse  des  Schädelknochens  

führen  kann.  Auch  können  der  Tränennasenkanal  sowie  die  Nervenwurzeln  betroffen  sein,  was  sich  dann  in  Entzündungen  der  Konjunktiven  oder  Nervenentzündungen  mit  Symptomen  wie  Kopfschütteln  zeigen  kann.  

Abb.  3  

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    Abb.  4  

Die  Therapie  besteht  je  nach  Art  der  Sinusitis  und  Beteiligung  anderer  Strukturen  in  der  Spülung  des  Sinus  mit  Kochsalzlösung,  systemischen  Antibiotika  und  NSAIDS,  Trepanation  des  Sinus  maxillaris,  Spülen  mit  Jodlösungen  und  Antibiotika  lokal,  sowie  in  der  Extraktion  befallener  Zähne.  Die  Prognose  

wird  mit  zunehmendem  Befall  verschiedener  Strukturen  ungünstiger.  

Dieser  Fall  zeigt  erneut,  dass  regelmässige  Zahnkontrolle  und  Behandlung  auch  bei  Miniaturpferden  angezeigt  ist,  da  meistens  genau  diese  Rassen  durch  die  engen  Platzverhältnisse  im  Maul  erhebliche  Probleme  mit  dem  Zahndurchbruch  und  der  Zahnstellung  zeigen.  

 

Referenzen:  

Zahnheilkunde  in  der  Pferdepraxis,  Gordon  J.  Baker,  Jack  Easley,  Schlütersche  Hannover,  p  129  

Krankheiten  des  Pferdes,  Wintzer  Hanns-­‐Jürgen,  3.  Auflage,  Parey  Verlag,  1.1.1.4  

 

Bilder:  

Abb.  1-­‐4:  aus  Baker,  Easley,  „Zahnheilkunde  in  der  Pferdepraxis“