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21 FVS • DGS Themen 2000 Dr. Gerd Eisenbeiß Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne Kurzfassung Die Strahlung der Sonne kann Wärme auf sehr unterschiedlichen Temperaturniveaus in ver- schiedenen Anwendungsfeldern bereitstellen; Kollektoren für warmes Wasser, Nahwärme- und Prozesswärme-Anlagen sowie thermische Kraftwerke sind technisch weitgehend reif, wirtschaftlich relativ günstig, aber erst teilweise in Märkten erfolgreich. Diese Situation wird analysiert, es werden Marktchancen erörtert und Forschungsprojekte mit Kostensenkungs- potenzial vorgestellt. 1. Einleitung Da man die Sonnenstrahlung in den meisten Anwendungen auffangen und einsammeln muss, ist Solarenergie bezogen auf die gewon- nene Energiemenge relativ teuer. Deshalb ist es vorteilhaft, wenn energiesparende Maßnah- men und Solarenergienutzung zusammenwir- ken können. Prinzipiell kann das Sonnenlicht in großen Flächen in Wärme umgewandelt wer- den, die dann einzusammeln ist; oder aber das Licht wird durch Spiegel oder Linsen konzen- triert und dann in den kleineren Fokusflächen in Wärme konvertiert. Der weit verbreitete Flachkollektor entspricht dem ersten Typ, wäh- rend die konzentrierenden Systeme mit Spie- geln und Linsen ihre Anwendung eher in südli- chen Ländern haben, wo die Solarstrahlung weniger diffus einfällt als in Mitteleuropa. In der Öffentlichkeit und vielen Zeitungen wird Sonnenenergie immer wieder mit Photovoltaik, also der Umwandlung von Licht in Strom, gleich gesetzt. Das ist manchmal ein Nachteil für eine breite Akzeptanz der Solartechnik. Denn die Technologien der Solarthermie liefern Nutzener- gie weit kostengünstiger, haben energiewirt- schaftlich eine viel größere Bedeutung und tra- gen wesentlich mehr zur Reduzierung von CO 2 -Emissionen bei als Photovoltaik (PV). Es reicht allerdings nicht aus, Kilowattstunden- kosten zu vergleichen und dabei den Unter- schied in der ökonomischen Wertigkeit von Wärme und Elektrizität zu beachten. Es kommt auch darauf an, die jeweiligen Märkte und die dort jeweils angebotenen Alternativen zu be- trachten. So konkurriert teurer PV-Strom für eine ländliche Hütte in Afrika mit ebenfalls teu- rem Strom aus Dieselgeneratoren, während Strom aus einem mittelgroßen thermischen So- larkraftwerk mit deutlich billigerem Netzstrom aus fossil befeuerten Kraftwerken konkurrieren muss. Konkurriert Solarwärme in Deutschland mit elektrischer Warmwasserbereitung, sieht die Rechnung ebenfalls viel günstiger aus als im Wettbewerb mit einer Gastherme. Bei der längst begonnenen Einführung im Wärmemarkt hat sich gezeigt, dass die Solar- thermie keine Milliarden schweren Subventio- nen braucht, um aus Nischen heraus zu wach- sen. Allerdings geht es auch nicht ohne jede staatliche Unterstützung, wenn die Preise für Gas und Öl sehr niedrig liegen. Solare Wärme kann in drei Arten gewonnen und zu unserer Energieversorgung genutzt werden: Zur Erwärmung von Brauchwasser und Heizung durch Kollektoren Zur Bereitstellung von Prozesswärme auf höherem Temperaturniveau Zur Erzeugung von Strom in solarthermi- schen Kraftwerken. Ein weiterer attraktiver Weg thermischer Solar- nutzung wird auf dem Gebiet des solaren Bauens gegangen, bei dem Gebäudegestaltung und insbesondere die Gebäudehülle in ihrer Wärmeschutzfunktion und ihren Wärmegewinnen durch solare Einstrahlung ganzheitlich betrachtet werden. Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne Dr. Gerd Eisenbeiß DLR [email protected] Bernhard Milow DLR [email protected] Dr. Robert Pitz-Paal DLR [email protected] Dr. Volker Wittwer Fraunhofer-ISE [email protected]

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FVS • DGS Themen 2000Dr. Gerd Eisenbeiß • Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne

Kurzfassung

Die Strahlung der Sonne kann Wärme auf sehrunterschiedlichen Temperaturniveaus in ver-schiedenen Anwendungsfeldern bereitstellen;Kollektoren für warmes Wasser, Nahwärme-und Prozesswärme-Anlagen sowie thermischeKraftwerke sind technisch weitgehend reif,wirtschaftlich relativ günstig, aber erst teilweisein Märkten erfolgreich. Diese Situation wirdanalysiert, es werden Marktchancen erörtertund Forschungsprojekte mit Kostensenkungs-potenzial vorgestellt.

1. Einleitung

Da man die Sonnenstrahlung in den meistenAnwendungen auffangen und einsammelnmuss, ist Solarenergie bezogen auf die gewon-nene Energiemenge relativ teuer. Deshalb ist es vorteilhaft, wenn energiesparende Maßnah-men und Solarenergienutzung zusammenwir-ken können. Prinzipiell kann das Sonnenlicht ingroßen Flächen in Wärme umgewandelt wer-den, die dann einzusammeln ist; oder aber dasLicht wird durch Spiegel oder Linsen konzen-triert und dann in den kleineren Fokusflächenin Wärme konvertiert. Der weit verbreiteteFlachkollektor entspricht dem ersten Typ, wäh-rend die konzentrierenden Systeme mit Spie-geln und Linsen ihre Anwendung eher in südli-chen Ländern haben, wo die Solarstrahlungweniger diffus einfällt als in Mitteleuropa.

In der Öffentlichkeit und vielen Zeitungen wirdSonnenenergie immer wieder mit Photovoltaik,also der Umwandlung von Licht in Strom, gleichgesetzt. Das ist manchmal ein Nachteil für einebreite Akzeptanz der Solartechnik. Denn dieTechnologien der Solarthermie liefern Nutzener-gie weit kostengünstiger, haben energiewirt-schaftlich eine viel größere Bedeutung und tra-gen wesentlich mehr zur Reduzierung vonCO2-Emissionen bei als Photovoltaik (PV).

Es reicht allerdings nicht aus, Kilowattstunden-kosten zu vergleichen und dabei den Unter-schied in der ökonomischen Wertigkeit vonWärme und Elektrizität zu beachten. Es kommtauch darauf an, die jeweiligen Märkte und diedort jeweils angebotenen Alternativen zu be-trachten. So konkurriert teurer PV-Strom füreine ländliche Hütte in Afrika mit ebenfalls teu-rem Strom aus Dieselgeneratoren, währendStrom aus einem mittelgroßen thermischen So-larkraftwerk mit deutlich billigerem Netzstromaus fossil befeuerten Kraftwerken konkurrierenmuss. Konkurriert Solarwärme in Deutschlandmit elektrischer Warmwasserbereitung, siehtdie Rechnung ebenfalls viel günstiger aus alsim Wettbewerb mit einer Gastherme.

Bei der längst begonnenen Einführung im Wärmemarkt hat sich gezeigt, dass die Solar-thermie keine Milliarden schweren Subventio-nen braucht, um aus Nischen heraus zu wach-sen. Allerdings geht es auch nicht ohne jedestaatliche Unterstützung, wenn die Preise für Gas und Öl sehr niedrig liegen.

Solare Wärme kann in drei Arten gewonnenund zu unserer Energieversorgung genutztwerden:

• Zur Erwärmung von Brauchwasser und Heizung durch Kollektoren

• Zur Bereitstellung von Prozesswärme auf höherem Temperaturniveau

• Zur Erzeugung von Strom in solarthermi-schen Kraftwerken.

Ein weiterer attraktiver Weg thermischer Solar-nutzung wird auf dem Gebiet des solarenBauens gegangen, bei dem Gebäudegestaltungund insbesondere die Gebäudehülle in ihrerWärmeschutzfunktion und ihrenWärmegewinnen durch solare Einstrahlungganzheitlich betrachtet werden.

Solarthermie – Wärme und Kraft von der Sonne

Dr. Gerd Eisenbeiß DLR

[email protected]

Bernhard MilowDLR

[email protected]

Dr. Robert Pitz-PaalDLR

[email protected]

Dr. Volker Wittwer Fraunhofer-ISE

[email protected]

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2. Solarkollektoren

Solarkollektoren sind keine bestaunten Neuheiten mehr. Die Technik ist im kleinen Maßstab ausgereift. Zur Zeit findet jedoch ein Umbruch zur industriellen Produktion statt. Neue Technologien ermöglichen die Beschich-tung von Absorberblechen mit bisher nichtge-kannten Qualitätsmerkmalen (Absorption undEmission). Das wiederum ermöglicht die Ent-wicklung neuer großflächiger Kollektoren mitneuen Kollektorgehäusen.

Im Abdeckungsbereich sind entspiegelte Schei-ben in Entwicklung, die bessere Wirkungsgra-de und neue architektonische Konzepte ermög-lichen. Derzeit erschliessen neue Systeme auchdie Fassade. Hier ergeben sich neue großeMärkte.

In Deutschland sind inzwischen über 2,5 Mio m2 verkauft und installiert worden,weltweit dürften es deutlich über 30 Mio m2

sein. Sie produzieren größenordnungsmäßig

15 TWh Wärme, also soviel wie 1,5 Mio TonnenÖl, und sparen entsprechende CO2-Emissionenein. Jährlich dürften etwa 10% hinzukommen,was immerhin einen Umsatz von 2 Mrd. Euroausmacht. Der Markt in Deutschland hat sichin den letzten Jahren sehr gut entwickelt (Abb.1)und auch die Prognosen des Fachverbandes fürSolarenergie für die Zukunft (Abb. 2) sind rechtoptimistisch. Derzeit werden allein in Deutsch-land im Kollektorbereich mit etwa 500 Mitar-beitern 700 Millionen DM umgesetzt.

Die Erfahrungen mit Anlagen der solarenWarmwasserbereitung zeigen, dass im Nachrü-stungsfall Wärmekosten möglich sind, die zwarimmer noch beim Drei- bis Fünffachen einerGastherme liegen, aber doch für viele Haus-eigentümer erschwinglich sind. Wie bei ande-ren thermischen Solartechniken profitiert derSolarkollektor ökonomisch von der Kombinationmit der Gastherme oder der Ölheizung; alsErfahrungswert gilt, dass die Kollektoranlageetwa die Hälfte des Warmwasserverbrauchsdecken sollte.

Bei richtiger Planung von neu zu errichtendenHäusern werden ökonomisch sinnvolle Gesamt-energiesysteme unter Einschluss von Kollekto-ren möglich. Ein bekanntes Beispiel ist die Kom-bination von sogenannten Passivhäusern mitKollektoren und einer kleinen elektrischen Wär-mepumpe. Hier tragen die Kollektoren nebeneiner maßgeblichen Deckung des Warmwasser-bedarfs auch zur Deckung des geringen Heiz-bedarfs bei.

Tendenziell deutet sich bei der Entwicklung im Wohnungsbau sowohl im Neubau als auchbei der Sanierung des Bestandes ein Wechsel-spiel zwischen Reduzierung des Energiebedarfsdurch rationellere Nutzung und komplementä-re Deckung durch solare Systeme an. Bei derzu erwartenden starken Reduktion des Rest-energiebedarfes ergeben sich völlig neue An-sätze für Reserve- und Speichersysteme. NeueKonzepte, die sich zur Zeit in einer Vielzahl vonDemonstrationsvorhaben marktnah zu bewäh-ren haben, werden ermöglicht durch den Ein-satz von zentralen und dezentralen Wärmespei-chern in Verbindung mit kleinen Blockheizkraft-werken, später auch auf Brennstoffzellenbasis.Trotzdem bleibt die solare Warmwasserberei-

Abbildung 1Solarkollektor-markt Deutschland

Abbildung 2MarktprognoseDeutschland

Flachkollektoren

Jähr

lich

inst

allie

rte

Kolle

ktor

fläch

e in

100

0 m

2

450

400

350

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200

150

100

50

0

Vakuumröhrenkollektoren1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998* 1999*

*vorläufige Schätzwerte

Flachkollektoren

Jähr

lich

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Kolle

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fläch

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100

0 m

2 3500

3000

2500

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1500

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500

0

1995

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1998

*

1999

*

2000

2001

2002

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Vakuumröhrenkollektoren Prognose

*vorläufige Schätzwerte

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tung bei Einzelhausanwendungen mit besten-falls 0,25 DM/kWh recht teuer, wo sie nichtelektrische Warmwasserbereitung ersetzt.

Wer die Abstimmung mit Reihenhausnachbarnnicht scheut, kann es vor allem bei der Sanie-rung mit einer Gemeinschaftsanlage billigerhaben; hier schlägt im kleinen der Vorteil derVernetzung gegenüber der mitunter überschätz-ten Autarkie durch: man denke nur an den Ge-winn der Nicht-Gleichzeitigkeit des Verbrauchsoder der Urlaubszeit.

Auch in nördlichen Breiten ist Heizen mit Son-ne keine Illusion, allerdings auch noch keinewirtschaftliche Option. Skandinavien undDeutschland erproben zur Zeit in einer Reihevon Demonstrationsprojekten solare Nahwär-mekonzepte für ganze Siedlungen. Hier ist imUnterschied zur Warmwasserbereitung ein zen-trales Problem, die Solarwärme vom Sommerin den Winter zu bringen; deshalb benötigendiese Projekte Saisonspeicher, die zentralWarmwasser einspeichern und im Winter wie-der zur Verfügung stellen. UnbefriedigendeZwischenergebnisse dieser Projekte betreffenallerdings nicht die Speicher selbst, sonderndie Gesamtauslegung, bauliche Realisierungund Betrieb des Gesamtsystems der zu behei-zenden Häuser sowie von Kollektor-, Speicher-und Heizungsanlage. Wirtschaftlich sind solcheNahwärmesysteme selbst bei solaren Deckungs-graden von 65% mit 3 bis 5 DM/kWh/a deut-lich günstiger als Kleinanwendungen im Einzel-haus mit Kurzzeitspeicher (8 bis 15 DM/kWh/a).Technisch sind hier auch in unseren Breitenkonzentrierende Systeme nicht ohne Chance,wie eine Vergleichsrechnung für den StandortWürzburg (Abb. 5) zeigt; bei höheren Tempe-raturen sind eben die Wärmeverluste des Kollek-tors gegenüber der Umgebung bei konzentrie-renden Systemen kleiner, weil die heiße Flächewesentlich kleiner ist.

3. Solare Prozesswärme

Für industrielle Anwendungen sind die typi-schen Temperaturbereiche der Prozesswärme80 bis 200°C; dies gilt auch für Absorptions-kälte-Anlagen. Die typische Wärmeleistung solcher Anlagen reicht von weniger als 100 kW

bis in den MW-Bereich. Der Prozesswärme-bedarf in diesem Temperaturbereich wird inder EU auf bis zu 300 TWh pro Jahr geschätzt,dies entspricht 8% des Endenergiebedarfs.Solare Anlagen konkurrieren mit fossil gefeu-erten Anlagen mit oder ohne Wärme-Kraft-Kopplung; dabei sind die heutigen Kosten fürAnlagen mit Kollektorfeldern von 2000 bis3000 m2 nur etwa doppelt so teuer wie diefossile Referenz – ein Abstand, der durch er-wartete Kostensenkungen bei den solaren Komponenten durch Massenfertigung, Wett-bewerb und Komponentenverbesserung mittelfristig überbrückbar erscheint.

Nach verschiedenen frühen Experimenten und Demonstrationsanlagen hat die US-FirmaIST einen gewissen Erfolg mit dem Vertrieb vonRinnenkollektoren in Aluminium-Leichtbauweise.Es wurden fünf solche Prozesswärmeanlagenmit Wärmeleistungen von 140 bis 1.170 kWgebaut (Kollektorfelder von 223 bis 2.677 m2),die noch heute erfolgreich betrieben werden (Abb. 3). Günstige Kollektorpreise (installierteKosten je nach Feldgröße von 400 bis 600DM/m2), Betreibermodelle mit langfristigenWärmeabnahmeverträgen sowie steuerlicheHilfen können unter den klimatischen Bedin-gungen der südlichen USA zu solaren Wärm-preisen führen, die unter denen von Erdgas-systemen liegen.

Das DLR betreibt in Köln seit 1999 ein 168 m2

großes IST-Kollektorfeld mit zwei Kollektorschlei-fen als solares Testbett. Ziel dieses von der AGSolar des Landes NRW unterstützten Projektessind Untersuchungen zum Einsatzpotenzial inEuropa und eigene Weiterentwicklungen.

Abbildung 3 Der IST-Rinnenkollektor

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Das IST-Kollektorsystem besteht aus Modulenmit einer Apertur von 2,3 m und einer Längevon 6,1 m. Der Reflektor besteht aus einem inParabelform eingespannten Aluminiumblech,das mit einer Reflektorfolie beklebt ist.

Die verwendete Folie hat bereits eine gute Be-ständigkeit gegen Witterungseinflüsse nachge-wiesen. In der Brennlinie ist innerhalb einesGlashüllrohrs ein selektiv beschichtetes Stahl-rohr als Absorberrohr angeordnet. Bis 250 °Cist eine Evakuierung des Zwischenraums nichterforderlich. Der Aufwand für Aufbau und War-tung des Systems erwies sich erwartungsgemäßals sehr gering. Die einzelnen Kollektormodulesind verhältnismäßig leicht (ca. 80 kg) und

können von ungelerntem Personal ohne Hebe-zeug einfach montiert werden; sie werden inStahlstützpfeiler horizontal eingehängt. Bis zufünf Kollektorreihen mit insgesamt 420 m2

können mit einer einzigen robusten sensorge-steuerten Antriebseinheit der Sonne nachge-

führt werden. Sie werden bis auf eine etwavierwöchentliche Inspektion autonom betrieben.

Die bisher gemessenen Daten (Abb. 4) zeigen im fraglichen Temperaturbereich Wirkungs-grade deutlich über 50%. Weitere Verbesse-rungsmöglichkeiten sind identifiziert.

Basierend auf den Messergebnissen des IST-Kollektorsystems in Köln hat das DLR Simula-tionsmodelle für das Programmsystem TRNSYSentwickelt, die eine verlässliche Ertragsvorher-sage für bestimmte Standorte erlauben. In Abb. 5 sind die auf diese Weise berechnetenJahreserträge unter der Annahme von 100%Verfügbarkeit für drei verschiedene Kollektor-typen (IST-Parabolrinne, Arcon-Flachkollektorund SK 6-Vakuumröhre) und für zwei verschie-dene Standorte (Faro in Portugal und Würz-burg in Deutschland) als Funktion der mittle-ren Kollektoraustrittstemperatur gegenüberge-stellt. Erwartungsgemäß sind die Erträge imSüdeuropa etwa doppelt so hoch und die Wärmekosten nur etwa halb so hoch wie inDeutschland.

Andererseits liefern die Parabolrinnensystemein Deutschland potenziell ähnlich hohe Erträgewie Systeme mit Vakuumröhrenkollektoren;dabei übertreffen sie Flachkollektorsysteme beieiner mittleren Kollektortemperatur von mehrals 60 °C. Bei dem erheblich größeren Direkt-strahlungsanteil im Mittelmeerraum sind Para-bolrinnenkollektoren anderen Kollektorsyste-men im gesamten betrachteten Temperaturbe-reich im Ertrag deutlich überlegen.

Die Energiebereitstellungskosten hängen insbesondere beim Parabolrinnensystem vonder Kollektorfeldgröße ab. Da beim IST-Kollek-torsystem eine einzelne Nachführeinheit ein Kollektorfeld mit etwa 400 m2 nach dem Son-nenstand ausrichtet, macht es kostenmäßigSinn, Systeme erst ab dieser Größe zu betreiben. Für Anlagen mit 1000 m2 Kollektorfläche bietet IST installierte Kollektoren zu etwa 500 DM/m2 an. Ähnliche Angebote für Syste-me dieser Größe (z. B. Nahwärmesysteme inDänemark) liegen vom FlachkollektorherstellerArcon vor. Dagegen werden in der Literaturdoppelte so hohe Preise für installierte Vaku-umröhrenkollektoren genannt. Basierend auf

Abbildung 4Wirkungsgrade vonIST-Kollektoren

Abbildung 5BerechneteJahreserträge verschiedenerKollektoren

Messung Sandia

0 50 100 150 200Temperaturdifferenz zur Umgebung [°C]

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Wirk

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grad

[%

]

Messung DLR

50 75 100 125 150 175 200

Mittlere Kollektortemperatur (°C)

Flachkollektoren Vakuum-Röhre Parabolrinne

Standort Faro (Portugal)

Standort Würzburg (Deutschland)

1400

1200

1000

800

600

400

200

0Jahr

eser

trag

(kW

h/m

2a)

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Aussichtsreiche Ansätze für Demonstrations-projekte sind zur Zeit beispielsweise die Klima-tisierung eines Hotels in der Türkei mittels einerIST-Parabolrinnenanlage in Verbindung mit ei-ner Absorptionskältemaschine, die Ergänzungeines dänischen Flachkollektorfelds zur Nahwär-meerzeugung mit Parabolrinnenkollektorenoder die solare Dampferzeugung für die Här-tung von Porenbeton.

Um für solare Prozesswärmsysteme auch ver-brauchsnahe Dachflächen nutzen zu könnenund die dabei auftretenden Windlasten zu be-herrschen, entwickelt das DLR gemeinsam miteinem deutschen Hersteller und mit Unterstüt-zung der AG Solar NRW einen facettiertenRinnenkollektor (Abb. 7). 25

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diesen Zahlen und unter Berücksichtigung des höheren Wartungsaufwandes für Parabol-rinnen im Vergleich zu Flach- und Vakuumröh-renkollektoren (10 DM/m2 und Jahr gegenüber5 DM/m2 und Jahr) und unter Annahmen fürZinssatz (i = 8%) und Abschreibungsdauer (n = 15 Jahre) und den berechneten Jahreser-trägen lassen sich spezifische Wärmekosten er-mitteln. Diese Wärmekosten sind für die ver-schiedenen Kollektorsysteme und Standorteund in Abhängigkeit von der mittlerenKollektortemperatur in (Abb. 6) dargestellt.

Die Abbildung zeigt, dass die Vakuumröhre beider betrachteten Anlagengröße kostenmäßigin keinem Fall eine Alternative zur Parabolrinnedarstellt. Überraschend ist auch, dass die Para-bolrinne dem Flachkollektor selbst am betrach-teten deutschen Standort bei mittleren Kollek-tortemperaturen oberhalb von 70 °C kosten-mäßig überlegen ist.

Bei diesen Vorteilen der Parabolrinnentechnikstellt sich die Frage, warum sie im Vergleich zuden anderen Kollektorsystemen in Europa nochnicht weiter verbreitet sind. Die Gründe dafürsind vielschichtig; sie werden im folgendenerläutert und kommentiert.

Prozesswärmenutzer sind in Regel Industrie-unternehmen, die auch ökologisch bedingteMehrkosten ungern akzeptieren. In Diskussio-nen zwischen DLR mit interessierten Unter-nehmen konnte aber herausgearbeitet werden,dass ein Teil der durch solare Installationen verursachten Mehrkosten von Mehreinnahmengedeckt werden könnte. Hierbei spielen Image-und Marketingeffekte eine wichtige Rolle.Akzeptabel erscheint für den überwiegendenAnteil der Unternehmen, einen Teil jener Kos-tenersparnis in ein Solarsystem zu investieren,die eine Optimierung des Prozesswärme-Versorgungssystems ergibt. Darüber hinaus zeigen auch kommunale Prozesswärmenutzer(z.B. für Klärschlammtrocknung) ein politischmotiviertes Entgegenkommen bei solarenMehrkosten. Es sind also Chancen vorhanden,Anwendungen zu realisieren und mittels ersterMarkterfolge die Fertigung entsprechenderAnlagen zu verbilligen, wenn auch für dieseSolartechnik finanzielle Starthilfe vom Staatgeleistet wird.

Abbildung 7FacettierterRinnenkollektordes DLR

50 75 100 125 150 175 200

Mittlere Kollektortemperatur (°C)

Wär

mek

oste

n [D

M/k

Wh]

Flachkollektoren Vakuum-Röhre Parabolrinne

Standort Faro (Portugal)

Standort Würzburg (Deutschland)

0.40

0.35

0.30

0.25

0.20

0.15

0.10

0.05

0.00

Abbildung 6SpezifischeWärmekosten verschiedenerKollektorsysteme

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Kosten-Bewertung der solaren Wasserentsal-zung gewonnen.

Mit einem Erfolg solarthermischer Kraftwerkeim Sonnengürtel der Welt dürfte auch die sola-re Meerwasserentsalzung reüssieren. Ein spezi-fischer Forschungsbedarf ist jedoch heute nichtzu erkennen.

Als Spezialanwendung solarer Prozesswärmeseien noch Solarkocher erwähnt. Die Kon-zepte reichen von einfachen ”Kochkisten” biszu Anlagen in komplexer Anordnung, wobeidie Aggregate zur Wärmebereitstellung(Solarkollektoren) und die Kochstelle räumlichgetrennt sein können (Abb. 8). Derartige Ein-richtungen (vor allem als Großküchen) bein-halten dann häufig auch Wärmespeicher, umden Kochgewohnheiten in den Zielländernentgegen zu kommen, wo meist eine warmeMahlzeit in den frühen Abendstunden zuberei-tet wird. Allen Solarkochern ist das Entwurfs-prinzip für einen Selbstbau in den Ländern desSonnengürtels gemeinsam. Das bedeutet, dassnotwendige Werkzeuge und Vormaterialienlokal verfügbar sein müssen. Eine Konsequenzdaraus sind gewisse Einschränkungen beimWirkungsgrad der Anlagen, teils auch ein etwaserhöhter Bedienungsaufwand. Dies äußert sichetwa in relativ großen Spiegelflächen, um dienicht vollkommene Wärmedämmung derKocher zu kompensieren, oder in mit Gewichts-belastung oder Federwerk betätigten Einrich-tungen zur Verfolgung der Sonne durch diekonzentrierenden Parabolspiegel.

Hohe Anforderungen an eine robuste Mecha-nik haben dazu geführt, dass einfache Typender Solarkochern die weitaus größte Verbrei-tung gefunden haben. Die Ausführung mitkonzentrierenden Kollektoren bleiben vor allemGroßküchen und Einrichtungen wie Schulenvorbehalten. Die Kapazität solcher Systemekann für bis zu 400 Mahlzeiten täglich reichen,Brennstoffeinsparungen von rund 100 kg Holztäglich sind mittels solcher Anlagen erzielbar.

Der Kostenrahmen für Solarkocher reicht vonrund 500 DM für kleine Kochgeräte (Famili-engröße) im Selbstbau bis zu 20.000 DM fürein Kochaggregat einer Gemeinschaftsküche(auch hier auf der Basis eines Selbstbaus wesent-26

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Grundsätzlich attraktiv wäre der Einsatz solarerProzesswärme zur Wasserentsalzung in groß-technischen Einheiten von mehreren tausendm3 pro Tag. Bewährte Destillations-Verfahren(z. B. MED Multi EffectDistillation) müssten mitthermischen Solarkraftwerken ähnlich gekop-pelt werden, wie dies heute mit großen Dampf-kraftwerken üblich ist – also als Zweizweckan-lagen für Strom und Entsalzung mittels billigerAbwärme der Dampfturbinen. Einzweckanlagenmit direkter Beheizung der Destillationskolon-nen sind selten, weil die eingesetzte Energieverhältnismäßig teuer ist.

Für die solare Wasserentsalzung wurden in der Vergangenheit verschiedene Technologienexperimentell getestet, wobei lediglich erstekleine solare Entsalzungsanlagen als reine Pro-zesswärme-Anlagen gebaut und versuchsweisebetrieben wurden. Erwähnt sei das spanisch-deutsche Forschungs- und Entwicklungsprojektzur Entsalzung auf der Plataforma Solar deAlmería (PSA) vor 10 Jahren. Mit diesem Projektwurde das größte und aktuellste solarthermi-sche Versuchsvorhaben zur Entsalzung (STD) in jüngerer Zeit realisiert. Es war als Einzweckanlage für reinen Solarbe-trieb mit einer Entsalzungskapazität von 3 m3

Wasser pro Stunde mit dem MED-Verfahrenkonzipiert. Es verwendete zur solaren Beheizungdie auf der PSA bereits vorhandenen ACUREX-Parabolrinnen. Mit dieser Anlage wurden wertvolle Erfahrungen und Grundlagen für die

Abbildung 8Kochkiste undKochstelle mitgetrenntemSolarkollektor

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licher Teile und einer Lieferung nur weniger me-chanischer Komponenten, etwa jene zur Nach-führung der Parabolspiegel).

4. Solarthermische Kraftwerke

Solarthermische Kraftwerke beruhen auf derMöglichkeit, direkte Solarstrahlung mittels Spiegeln zu konzentrieren und in der Focus-fläche Arbeitsmedien auf hohe Temperaturenzu erhitzen. Je nach Spiegelgestaltung kann die Fokusfläche ein Absorberrohr in der Brenn-linie einer Parabolrinne sein (Abb. 9) oder einStrahlungsempfänger nahezu punktförmiger Gestalt im Brennpunkt eines Spiegelparabo-loids (Abb. 10). Varianten ergeben sich aus derGröße der Spiegelfläche: bis zu Spiegeldurch-

messern von gut zehn Metern sind einheitlicheParaboloidspiegel möglich und üblich – zumeistmit einem Stirlingmotor als Energiewandler vonetwa 20 kW Leistung versehen. Für größereLeistungen bis über 100 MW wird das optischerforderliche Paraboloid aus einzelnen Facettenzusammengesetzt, so dass das Solarfeld ausvielen nachführbaren Heliostaten besteht. Alle diese Technologien sind heute mehrfachrealisiert und demonstriert. Am eindrucksvoll-sten ist sicher noch immer die solarthermischeKraftwerkskapazität von etwa 350 MW inKalifornien, aus der mit über 8 TWh die meistebisher erzeugte solare Elektrizität stammt.

Warum sind diese Technologien nicht erfolg-reicher im Markt, obwohl sie doch zumindest in der Variante der kommerziell erprobten Rin-nenanlagen den weitaus billigsten Solarstromzu liefern vermögen – sicher unter 10 cent/kWhim Sonnengürtel der Welt?

Die Antwort ist vielschichtig, endet aber miteiner sehr optimistischen Prognose. Zunächstsind alle Solartechniken mehr oder weniger un-wirtschaftlich, wenn man sie mit spitzem Blei-stift kalkuliert und mit fossil befeuerten Anla-gen vergleicht. Insofern sind nur jene erneu-erbaren Energien in breite Anwendungengekommen, denen mit teilweise groß-zügigen staatlichen Programmenund Rahmenbedingungen (wieden Stromeinspeiseregelun-gen) nachhaltig geholfenworden ist. SolarthermischeKraftwerke haben bis aufden Sonderfall Kalifornien(Abb. 12) vor mehr als zehnJahren nirgends vergleichbareHilfe erfahren, weil sie nicht injenen reichen Ländern des Nor-dens errichtet werden können, indenen zudem eine hohe öffentliche Em-pfindlichkeit hinsichtlich Umwelt- und Klima-gefahren besteht. Wenn heute in DeutschlandStromvergütungen von bis zu 1 DM pro kWhfür Solarstrom gewährt werden, verhilft das sehrviel teureren Solartechnologien zu Marktchan-cen, nicht aber der Solarthermie, weil solarerImportstrom nicht von der Regelung profitiert.Es ist zwar richtig festzustellen, dass solar-thermischer Strom etwa aus Südspanien oderMarokko selbst an einer Freiburger Steckdosebilliger wäre als Solarstrom vom FreiburgerDach, aber politisch ist es eben so, dass deut-sche Politik sich nur für deutsche Stromerzeu-gung verantwortlich fühlt. Dass solarthermi-sche Kraftwerke nicht in deutschen Wahlkreiseneingeweiht und betrieben werden können, ist sicherlich auch eine relevante Feststellung.

Abbildung 9Linienfokussierungin einerParabolrinne

Abbildung 10Punktkonzen-tration in einemDish-Stirling-System

Abbildung 11Punktkonzen-tration in einerSolarturmanlagemit Heliostaten-feld (Heliostatesind zweiachsignachgeführteEinzelspiegel).

Empfänger

Konzentrator

Parabolrinnensystem

Abb. 9

Empfänger

Heliostate

Solarturm-System

Empfänger

Konzentrator

Dish-Stirling-System

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Blickt man auf jene Länder, die ein geeignetesKlima für solarthermische Kraftwerke haben, so ist eine weitere Feststellung wichtig: dieseLänder – ob Industrieländer wie die USA oderärmere Länder wie Ägypten – haben spätstensmit der Liberalisierung der Strommärkte einSystem geschaffen, in dem nur das betriebs-wirtschaftlich günstigste eine Chance auf Reali-sierung hat. Damit können erneuerbare Ener-gien nur reüssieren, wenn es Geldgeber gibt,die Anschubfinanzierung und eine umweltori-entierte Preisbildung bieten können.

Die auf diesem Gebiet tätige Industrie, das DLR und ihre internationalen Partner haben die-se nachteilige Situation frühzeitig verstanden.Eine Konsequenz war, die internationalen Geld-geber für Nachhaltigkeitskonzepte, also insbe-sondere die Weltbank mit dem Global Enviro-mental Facility (GEF), von der Leistungsfähigkeitder solarthermischen Kraftwerkstechnik zu übe-zeugen. Man kann heute feststellen, dass diesgelungen ist; auch das DLR hat daran gehörigenAnteil, weil es nicht nur geforscht, sondernauch strategisches Marketing betrieben hat.

Mit der erklärten Bereitschaft der Weltbank,nicht nur Solarkraftwerke als Einzelprojekt zuunterstützen, sondern ganze Strategien de-gressiv mitzufinanzieren, hat z. B. die ägypti-schen Regierung entschieden, eine Reihe vonsolarfossilen Hybridkraftwerken zu errichten.

Neben ähnlichen Planungen in anderen außer-europäischen Ländern wie Indien, Mexico,Marokko oder den Vereinigten ArabischenEmiraten ist innerhalb der EU die Entwicklungin Spanien von besonderer Bedeutung. Dortstand man Ende 1999 dicht vor einer gesetzli-chen Regelung, Solarstrom via Stromeinspei-severgütung mit etwa 0,36 DM/kWh zu bezu-schussen. Leider konnte das Verfahren nichtvor der Wahl im März abgeschlossen werden,so dass die begonnen Planungen für mehreresolarthermische Kraftwerke verschiedener

Technologie unterbrochen werden mussten.Die Regelungen, die sich nun andeuten, liegennur bei einem Drittel der erwarteten Vergü-tung; sie können jedoch übergangsweise durchinvestive Zuschüsse ergänzt werden. Man mussnun abwarten, ob und was kommt. Auch dasTheseus-Projekt auf Kreta ist trotz enttäuschendgeringer Förderung seitens EU weiterhin einsolarthermische Kraftwerks-Projekt mit erhebli-cher Bedeutung als Referenzfall europäischerindustrieller Leistungsfähigkeit in dieser Tech-nologie.

Solarthermische Kraftwerkstechnik knüpft andie herkömmliche Technik von Dampfkraft-werken an. Sie verwendet also nicht nur dieausgereiften Komponenten wie Turbinen undGeneratoren, sondern sie integriert damit aufkostengünstige Weise die Eigenschaft, ohne

Abbildung 12Das Solarkraftwerkbei Kramer Junction(CA) mit 150 MW.

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Inverter und teure Speicher Wechselstrom nach Bedarf liefern zu können; Abb. 13 zeigtein Prinzip-Schaltbild. Dies gilt für Rinnen-Kraftwerke ebenso wie für Turmkraftwerke.

Natürlich wird es in Zukunft nicht bei Solar-kraftwerken bleiben können, die in erheblich-em oder gar weit überwiegendem Maße Gasals Brennstoff einsetzen. Deshalb schauen In-genieure und Wissenschaftler bereits auf dieFrage, wie man durch Speicherung Solarstromsolargerecht erzeugen, aber bedarfsgerecht zur

Verfügung stellen kann. Ein Weg ist in Barstow(USA, CA) demonstriert worden: dort hat mandie Solarwärme auf dem Turm der SOLAR-TWO-Anlage (Abb. 14) zunächst in ein Wärme-trägermedium aus flüssigem Salz eingekoppelt,das einem kalten Speicher entnommen undeinem heißen Speichertank auf 560°C zuge-führt wird. Aus diesem Tank kann man dannbedarfsgerecht Salz entnehmen und einemDampferzeuger zuführen, der wiederum einenTurbo Generatorsatz mit Dampf vesorgt. Die intrinsischen Speichereigenschaften dieserTechnik bezahlt man also mit einem gewissenVerlust an Temperatur und Wirkungsgrad.Europäische Fachleute sind von der Qualitätund Wirtschaftlichkeit diese Weges nicht ganzso überzeugt wie diejenigen, die die Technikentwickelt und demonstriert haben. Langfristigsind in jedem Fall billigere Speicherlösungenfür Solarkraftwerke erforderlich.

Nicht nur diese Barstow-Technik, sondern jedes solarfossile Dampfkraftwerk muss sich dieFrage gefallen lassen, ob es das Gas effizientgenug einsetzt; schließlich baut man heuteCombined-Cycle-Kraftwerke mit Wirkungsgra-den, die auf 60% zugehen, so dass jeder Gas-einsatz in reinen Ranking-Prozessen in Bezugauf CO2-Vermeidung suboptimal ist. Einerseitsbedeutet dies, dass reine Dampfkraftwerke deskalifornischen SEGS-Typs tatsächlich nur sehrbeschränkt Gas als Zufeuerung einsetzen dürfen.

Abbildung 13Prinzip-Schaltbildeines solar-fossilenHybrid-Kraftwerks

Abbildung 14 Der Power TowerSOLAR TWO beiBarstow (USA, CA)

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Kombiniert man Solarfelder als Dampfquellemit einem modernen Combined-Cycle-Kraft-werk, so ist sehr genau darauf zu achten, dassdas System im Gasbetrieb nicht wesentlicheWirkungsgradeinbußen hinzunehmen hat. Hier haben detaillierte Simulationsprogrammeihre Aufgabe, wie sie an einigen Stellen derWelt, u.a. im Deutschen Zentrum für Luft- undRaumfahrt (DLR), gut koordiniert entwickeltworden sind. Zwei mögliche Konfigurationenzeigt Abb. 15.

Thermodynamisch günstiger ist es, den er-zeugten Solardampf in den Abhitzekessel desKraftwerks einzukoppeln (Option A in Abb. 15).Berechnungen des DLR zeigen, dass die einge-koppelte Solarenergie in einem solchen Systemmit einem Wirkungsgrad von mehr als 43% in Strom umgewandelt wird. Dies ist deutlichmehr als bei der Einkopplung in ein reinesDampfkraftwerk des SEGS Typs, bei dem nur38% erreicht werden. Auch im Nachtbetriebohne Sonne erreicht ein optimiertes ISCCSSystem praktisch den gleichen Wirkungsgradvon 57% brutto wie ein optimiertes fossilesReferenz-Kraftwerk. Einschränkend zu bemer-ken ist jedoch, dass diese sehr guten Werte nur erreicht werden können, wenn der Anteilder solar erzeugten Leistung mit zehn bis zwan-zig Prozent klein ist gegenüber der gesamtenKraftwerksleistung. Wird das Kraftwerk in der

Grundlast rund um die Uhr betrieben, stam-men daher nur weniger als fünf Prozent derJahresproduktion von der Sonne.

Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Konzep-te für solarthermische Stromerzeugung. Z.B.verfolgen Wissenschaftler und Unternehmen inAustralien die Strategie, im Brennpunkt großerParaboloidkonzentratoren Dampf zu erzeugenund diesen Dampf auf eine Sammelschiene zugeben, die zur Turbine führt. Abb. 16 zeigt denPrototypen eines ”Big Dish” in Canberra. Manplant eine ganze Serie solcher Anlagen imNorden Australiens kommerziell zu errichten.Israel hat u.a. auf ein Turm-Konzept (”reflective

Abbildung 15Zwei möglicheKonfigurationen einesCombined-Cycle-Kraft-werks

Abbildung 16Der australischeBig Dish zurDampferzeugung(Fläche 400 m2)

Abb. 16

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tower”) gesetzt, bei dem der Receiver am Fuß des Turmes angeordnet ist und das an derTurmspitze von einem Spiegel nach unten re-flektierte konzentrierte Licht auffängt.

Eine interessante Frage stellt sich bei Systemender Leistungsklasse um 10 kW, wo Photovoltaikund solarthermische Dish-Stirling-Systeme (Abb. 17) um dezentrale, netzferne Anwendun-gen im Wettbewerb liegen. Landläufig wirddarauf verwiesen, dass die Investitionskostenvon etwa 6000 Euro/kW für beide Systeme inder selben Größenordnung liegen könnten. Bei den Lifecycle-Kosten und dem Kostensen-kungspotenzial beider Technologien könnte esaber durchaus zugunsten der Dish-Systemeausgehen, wenn diejenigen PV-Systemfachleuterecht haben, dass die Lifecycle-Kosten einesautarken PV-Systems nur zu etwa 12% vom in-novativen Kern, der Photozelle stammt. Wo eineGaszusatzverbrennung möglich ist, könntensich hybrid ausgelegte Dish-Stirling-Systememit Heat-Pipe-Receiver als noch günstiger er-weisen; europäische und amerikanische Sys-teme werden gerade getestet.

Photovoltaik wird in diesem Jahrhundert mithoher Wahrscheinlichkeit einen enormen Marktbedienen können und müssen, wo noch lange

Zeit Netze fehlen. Aber es wird der Photovol-taik langfristig schwer fallen, Netze zu ersetzenoder auch nur ihren Vormarsch aufzuhalten.Zu groß ist der Vorteil einer Vernetzung – öko-nomisch wegen der Nichtgleichzeitigkeit vielerVerbraucher und gesellschaftspolitisch, weilVernetzung und nicht Autarkie dem menschli-chen Wesen entspricht. Wo immer der Wohl-stand wächst – und das ist für alle Regionender Welt zu erhoffen – wird das Netz und dieNetzstromversorgung aus den jeweils billigstenGeneratoren im wirtschaftlichen Wettbewerbobsiegen. Da wird es in den Metropolen derWelt schwer werden, solarthermischen Stromaus dem Sonnengürtel der Welt solar zu schla-gen, wenn fossile Energieträger nicht zur Ver-fügung stehen. Sicher hängt diese Tendenzaus-sage an unserer Fähigkeit, die jeweiligen Kos-ten der Technologienutzung durch Forschung und Entwicklung weiter zu senken. Deshalbseien abschließend einige Themen und Projek-te genannt, die dazu beitragen sollen:

Eine Gruppe von europäischen Projekten mitden Namen PAREX, EUROTROUGH und DISSsowie amerikanische Arbeiten dienen der Ver-besserung der Rinnentechnik bei Komponen-ten und Materialien sowie Betriebs- und War-tungsverfahren. Am weitesten greift das spa-

Abbildung 17Dish-Stirling-Anlagen auf derPlataforma Solarde Almería

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nisch-deutsche DISS-Projekt auf der Plata-forma Solar de Almería (Abb. 18), das die solare Dampferzeugung im Kollektor direkt erschlies-sen will, statt der in den bisherigen Anlagenüblichen Thermoöl-Erhitzung, die einen weite-ren Wärmetauschprozess zur Dampferzeugungerfordert. Die Beteiligten untersuchen z. Z. verschieden konzipierte Anlagen einer solchendirekten Dampferzeugung und wollen heraus-finden, welche Konstruktion optimal zur Kosten-senkung beiträgt.

Auch bei der Turmtechnik wird an kostensen-kenden Konzepten für Heliostate und Receivergearbeitet. Am weitesten und jedenfalls ther-

modynamisch am konsequentesten sind jeneArbeiten beim DLR und beim Weizman-Institut(Israel), die Solarwärme in die Brennkammereiner Gasturbine einbringen, z. B. als solar vor-geheizte Brennluft. Denn auf diese Weise wirddie solare Wärme mit den höheren Wirkungs-graden eines G&D-Prozesses genutzt. Das DLRhat auf der Plataforma Solar de Almería zu-nächst am Einzelmodul gezeigt, dass dieses Kon-zept mit einem druckbeaufschlagten, geschlos-senen Receiver mit Sekundärkonzentrator funk-tioniert (Abb.19); nun führt das DLR zusam-men mit spanischen Partnern ein Demonstra-tionsprojekt für die Verfahrenstechnik dreier inReihe geschalteter fortgeschrittener Moduledurch.

5. Auf ins solare Jahrhundert

Auch wenn die Aussagen dieses Artikels wiederholt intrasolare Vergleiche ziehen, umdie große Bedeutung der thermischen Solar-energienutzung zu unterstreichen, soll dochbetont werden, daß die Menschheit in diesemJahrhundert – und zwar schon in den näch-sten Jahrzehnten – alle solaren und erneuerba-ren Energien brauchen wird. Anders wird man das Zieldreieck aus ökonomischer, öko-logischer und sozialer Nachhaltigkeit nichterreichen (Abb. 20).

Abbildung 18 Die DISS-Anlage aufder PSA zur Erprobung derdirektenDampferzeugung

Abbildung 19 Das REFOS-Projekt zur solaren Luftvor-wärmung beiGasturbinen

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Es ist oft darauf hingewiesen worden und ver-dient Wiederholung: ohne Durchbruch bei derbreiten Nutzung erneuerbarer Energien wirdein humanes Leben schon in der nächsten Ge-neration kaum möglich sein. Es gibt wohl keineAnnäherung an das weithin zumindest verbalakzeptierte Ziel der Nachhaltigkeit ohne nach-haltige Lösung des Energieproblems, die unab-hängig von der jeweiligen Einzelmeinung zustrittigen Fragen von Kohle und Kernenergienicht geleistet werden kann. Energie ist undbleibt ein Schlüsselfaktor für die Weiterentwick-lung der Menschen, für die Überwindung derArmut bei den einen und für Sicherung undAusbau des schon hohen Wohlstandes bei denanderen; beides ist gleichermaßen wichtig fürdie Erhaltung des sozialen und internationalenFriedens.

Dabei plädieren die Autoren nicht für solarenAbsolutismus, der verkennen würde, dass noch beträchtliche Zeit insbesondere Kohleaber auch Öl, Gas und Kernenergie die Arbeits-pferde der Weltenergieversorgung bleiben wer-den. Aber es kommt eben auch heute schondarauf an, den Mix zu verändern und erneuer-baren Energien im Energiemarkt Verbreitungzu sichern.

Abbildung 20Weltkarte miterneuerbaren undanderenEnergiequellen