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SpiritualitätWPO 21.10.2011
Eckhard Frick sjFacharzt für Psychosomatische MedizinPsychiater und Psychoanalytiker
Ludwig-Maximilians-Universität undHochschule für Philosophie der Jesuiten
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INTERDISZIPLINÄRES ZENTRUMFÜR PALLIATIVMEDIZIN
PROFESSUR FÜR SPIRITUAL CARE
Spiritualität
1. Ein postsäkularer Blick auf C.G. Jung
2.2.2. Die eine SpiritualitDie eine SpiritualitDie eine Spiritualitääät und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitääätententen
3.3.3. SpiritualitSpiritualitSpiritualitääät: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lööösung?sung?sung?
4.4.4. Den Den Den „„„religiosityreligiosityreligiosity gapgapgap“““ üüüberbrberbrberbrüüückenckencken
5.5.5. ZukunftsperspektivenZukunftsperspektivenZukunftsperspektiven
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(Jung GW 11, § 509)
„Unter all meinen Patienten jenseits der Lebensmitte, das heißt jenseits 35, ist nicht ein Einziger, dessen endgültiges Problem nicht das der religiösen Einstellung wäre. Ja, jeder krankt in letzter Linie daran, daß er das verloren hat, was lebendige Religionen ihren Gläubigen zu allen Zeiten gegeben haben, und keiner ist wirklich geheilt, der seine religiöse Einstellung nicht wieder erreicht, was mit Konfession oder Zugehörigkeit zu einer Kirche natürlich nichts zu tun hat.“
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„Ich kam aber wieder zum selben Schluß. «Gott will offenbar auch meinen Mut», dachte ich. «Wenn dem so ist und ich tue es, dann wird Er mir Seine Gnade und Erleuchtung geben.» Ich faßte allen Mut zusammen, wie wenn ich in das Höllenfeuer zu springen hätte und ließ den Gedanken kommen: Vor meinen Augen stand das schöne Münster, darüber der blaue Himmel, Gott sitzt auf goldenem Thron, hoch über der Welt, und unter dem Thron fällt ein ungeheures Exkrement auf das neue bunte Kirchendach, zerschmettert es und bricht die Kirchenwände auseinander. Das war es also. Ich spürte eine ungeheure Erleichterung und eine unbeschreibliche Erlösung. An Stelle der erwarteten Ver-dammnis war Gnade über mich gekommen und damit eine unaussprechliche Seligkeit, wie ich sie nie gekannt hatte. Ich weinte vor Glück und Dankbarkeit, daß sich mir Weisheit und Güte Gottes enthüllt hatten, nachdem ich Seiner unerbittlichen Strenge erlegen war. Das gab mir das Gefühl, eine Erleuchtung erlebt zu haben“.
(Jung: Erinnerungen, Träume, Gedanken)
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Spiritualität
1.1.1. Ein postsEin postsEin postsäääkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jung
2. Die eine Spiritualität und die vielen Spiritualitäten
3.3.3. SpiritualitSpiritualitSpiritualitääät: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lööösung?sung?sung?
4.4.4. Den Den Den „„„religiosityreligiosityreligiosity gapgapgap“““ üüüberbrberbrberbrüüückenckencken
5.5.5. ZukunftsperspektivenZukunftsperspektivenZukunftsperspektiven
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Probe-Definitionen (C. Klein): R/S? ist...
„Sinn und Geschmack fürs Unendliche“ (F.S.)
„die Gefühle, Handlungen und Erfahrungen von einzelnen Menschen in ihrer Abgeschiedenheit, die von sich selbst glauben, dass sie in Beziehung zum Göttlichen stehen“ (W.J.)
„Ergriffensein durch das, was uns unbedingt angeht, den Grund unseres Seins und Sinnes; [...] der Zustand des Ergriffenseins von der Macht des Seins-selbst, die alles transzendiert und an der alles partizipiert. Wer von dieser Macht ergriffen ist, kann sich bejahen, weil er weiß, dass er bejaht ist“ (P.T.)
„die menschliche Antwort auf Gottes gnädigen Ruf zu einer Beziehung mit ihm selbst“ (D.B.)
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Selbstbezeichnungen (in %) als religiös und/oder spirituell in Deutschland und den USA*
* Religionsmonitor 2008: Aus Utsch / Klein 2011
11,845,531,311,4USA
43,817,59,729,0BRD
Weder nochgleich religiös/spirituell
Exklusiv/eher spirituell
Exklusiv/eher religiös
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Zugänge zur Spiritualität:
deduktiv
induktiv
„authentisch mit dem Unbestimmten umgehen“(Nassehi in: Frick / Roser2011)
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Sowohl „Religion / Religiosität“ als auch „Spiritualität“ können eng-spezifisch und weit-generisch gebraucht werden
„Ejercicios espirituales“(Ignatius von Loyola)Paulus: pneumatikós
spiritualis„Geistliche“„religiosus“ /-a als
Bezeichnung für die Ordensleute„Spiritual“: geistlicher
Begleiter, z.B. in Priesterausbildung
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Definitionen von Spiritualität in ausgewählten empirischen Studien(mod. nach Vachon et al.: J Pall Med 2009)
Anzahl der Publikationen*
* Zeitraum 1996-2007, N=946, ausgewählt n=71
0102030405060
SinnsucheSelbst-TranszendenzGemeinschaftGlaubeHoffnung
Entwicklung/Dynamik
Bewusstheit
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Palliativmedizin dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebens-bedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden mittels frühzeitiger Erkennung, hochqualifizierter Beurteilung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen physischer, psychosozialer und spiritueller Natur.
WHO-Definition der Palliativmedizin, 2002
physical psycho-social
spiritual
suffering
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Klinisches Interview SPIR (Frick et. al. Eur J Cancer Care2006)
Halbstrukturiertes Kurzinterview
spirituelle Bedürfnisse
spirituelle Resourcen
Ärzte / Pflegekräfte
Ziel: patientenzentrierte Indikation für spirituelle Begleitung
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Huguelet et al.: Psychiatr Serv 2011
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Spiritualität
1.1.1. Ein postsEin postsEin postsäääkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jung
2.2.2. Die eine SpiritualitDie eine SpiritualitDie eine Spiritualitääät und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitääätententen
3. Spiritualität: Teil des Problems oder Teil der Lösung?
4.4.4. Den Den Den „„„religiosityreligiosityreligiosity gapgapgap“““ üüüberbrberbrberbrüüückenckencken
5.5.5. ZukunftsperspektivenZukunftsperspektivenZukunftsperspektiven
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Pargament KI 2007/2011
„Spiritually integrated psychotherapy. Understanding and addressing thesacred“
Integration / Desintegration von Patient(in), Therapeut(in)
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Desintegration durch problematische Gottesbilder (Pargament KI 2007/2011)
Kleine Götter
Falsche Götter
Konflikthafte Gottesbilder–Ambivalenz gegenüber dem Heiligen
–Selbst-Entwertung
–Dämonisierung von Selbst und Objekten
–„innere heilige Kriege“
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Problematische spirituelle Prozesse (Pargament KI 2007/2011)
Verengung und OberflächlichkeitProbleme der Passung (spiritueller
Bindungsstil) zwischen–Prozess und Gottesbild (Extremismus, Heuchelei)–Prozess und Lebenssituation–Individuellem und sozialem Kontext
Kontinuität und Wandel in der psychischen / spirituellen Entwicklung
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Spiritualität
1.1.1. Ein postsEin postsEin postsäääkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jung
2.2.2. Die eine SpiritualitDie eine SpiritualitDie eine Spiritualitääät und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitääätententen
3.3.3. SpiritualitSpiritualitSpiritualitääät: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lööösung?sung?sung?
4. Den „religiosity gap“ überbrücken
5.5.5. ZukunftsperspektivenZukunftsperspektivenZukunftsperspektiven
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An Pfister
25.11.28
Ich weiß nicht, ob Sie das geheime Band zwischen der ‚Laienanalyse‘ und der ‚Illusion‘ erraten haben. In der ersten will ich die Analyse vor den Ärzten, in der anderen vor den Priestern schützen. Ich möchte sie einem Stand übergeben, der noch nicht existiert, einem Stand von weltlichen Seelsorgern, die Ärzte nicht zu sein brauchen und Priester nicht sein dürfen. Herzlich Ihr alter Freud
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An Freud
10.9.26
Ohne Zweifel wird es ein
außerkirchliches Seelsorgeramt geben, sogar ein nichtreligiöses. Wenn nur Menschen gut und glücklich gemacht werden, mit oder ohne Religion, wird der liebe Gott freundlich lächelnd dieser Arbeit zunicken.
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Sprachebenen
1.Person-Perspektive (Selbstschilderung, Konstruktion)–des Patienten
–des Therapeuten
2.Person-Perspektive: –Der (schwierige) Dialog über das Spirituelle
–Das Prinzip der wohlwollenden Neutralität
–Aushandeln
3.Person-Perspektive:–Beschreibung
–Diagnostik
–Behandlungsplanung
–Zuweisung zu anderen Personen / Berufsgruppen
–Forschung (wissenschaftlich-metasprachliche Begriffsverwendung)
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Spiritualität
1.1.1. Ein postsEin postsEin postsäääkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jungkularer Blick auf C.G. Jung
2.2.2. Die eine SpiritualitDie eine SpiritualitDie eine Spiritualitääät und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitt und die vielen Spiritualitääätententen
3.3.3. SpiritualitSpiritualitSpiritualitääät: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lt: Teil des Problems oder Teil der Lööösung?sung?sung?
4.4.4. Den Den Den „„„religiosityreligiosityreligiosity gapgapgap“““ üüüberbrberbrberbrüüückenckencken
5. Zukunftsperspektiven
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Organisation von intrapsychisch repräsentierten Bindungen
(nach Collins &Read, 1994, erweitert nach Kirkpatrick, 1999)
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Empirische Forschungsergebnisse
Probanden mit einer sicheren Bindung zeigen Gottesbild, das geprägt ist von Liebe und Fürsorglichkeit (Granqvist et al. (2007)
Probanden mit einer als unsicher kodierten Bindung äußern das Bild eines als distanziert empfundenen Gottes.
Die emotionale Kompensations-Hypothese fand v. a. Bestätigung in Studien, welche die Voraussetzungen einer plötzlichen religiösen Konversion untersuchten. Dabei war die elterliche Insensitivitätassoziiert mit einem plötzlichen Anstieg der Religiosität der Probanden im späteren Leben (z. B. Metaanalyse von Granqvist & Kirkpatrick, 2004)
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