stark verzögertes nagelwachstum und braunfärbung der nägel bei einem rheumatiker nach...

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(Aus der Klinik und Poliklinik fiir Hautkrankheiten an der Reichsuniversit~t in Leiden [Leiter: Prof. Dr. H. W. Sienvens].) Stark verziigertes Nagelwachstmn und Braunf~trbung der N~igcl bei einem Rheumatiker nach Goldtherapie. Von Dr. Robert Simons, Oberarzt tier Klinik, jetzt Hautarzt in Soerabaia. 5Iit 5 Textabbildungen. (Eingeqangen am 16. Dezember 1938.) ~ber die Frage, wie das Waehstum der N/~gel durch verschiedene Gifte oder Krankheiten beeinflul~t wird, ist wenig bekannt. Der Grund daftir liegt u. a. in den individuellen Untersehieden des Nagelwachstums, dessen Tempo auch bei demselben Individuum fiir jeden Zehen- und Fingernagel und sogar fiir einzelne Teile desselben Nagels (Du/our) etwas verschieden sein kann. Obgleich ich Daten yon einem langsameren Nagelwachstum bei Kindern als bei Erwachsenen, im Sommer als im Winter, der rechten Hand als der linken, der Finger als der Zehen fand (Barthold, Du/our u. a.), kann im allgemeinen ein mittleres Nagelwachstum yon 1/10 mm pro Tag oder 3 mmim Monat (Bloch u. a.) angenommen werden. Diesen Durch- schnitt konnte ich sehr sch6n bei einem Falle yon Nagelpsorias!s, der durch Arsenbehandlung heilte, demonstrieren Und ebenfalls bei einem Falle yon Leuconychia striata arsenicalis; in beiden F~llen konnte die Verschiebung der Grenze zwischen psoriatischem und gesundem Nagel- anteil bzw. die Verschiebung des leukonychotischen Streifens viele Monate hindurch yon mir verfolgt werden 1. ~ber wesentliche Abwei- chungen yon diesen physiologischen Wachstumsmittelwerten scheint kaum etwas bekannt zu sein. Halban und Spitzer erw~hnen eine gewisse Beschleunigung w~hrend der Schwangerschaft, Steinberg, Dimitz u.a. bei Trauma des N. ulnaris et medianus. Absichtliche Versuehe, das Nagel- wachstum durch R6ntgenbestrahlung zu beeinflussen, mil]langen (A. Simons). Was die Beeinflussung des Nagelwaehstums durch bestimmte Gifte anlangt, so glaube ich yon Arsenik einen leicht f6rdernden EinfluB (hyperkeratotische Eigensehaften ?) annehmen zu k6nnen, ohne da]~ sieh das bisher objektiv festlegen liel3. Sehr merkwfirdig scheint mir, daft ich einmal yon einer Manikure vernahm, sie h~tte seit 7 Monaten den Nagel ihres linken Zeigefingers (und nur diesen!) nicht schneiden brauchen. Eine Ursaehe konnte sie dafiir nicht angeben: /iul3erlich war an dem Nagel nichts besonderes zu sehen. Alle N~gel waren wegen ihres Berufes wohlversorgt. An niiherer Untersuchung hatte sie kein Interesse. _~hnliehe Mitteilungen konnte ich 1 Simons, Robert: ~'ederl. Tijdschr. Geneesk. 1937, 1913.

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Page 1: Stark verzögertes Nagelwachstum und Braunfärbung der Nägel bei einem Rheumatiker nach Goldtherapie

(Aus der Klinik und Poliklinik fiir Hautkrankheiten an der Reichsuniversit~t in Leiden [Leiter: Prof. Dr. H. W. Sienvens].)

Stark verziigertes Nagelwachstmn und Braunf~trbung der N~igcl bei einem Rheumatiker nach Goldtherapie.

Von Dr. Robert Simons,

O b e r a r z t t ier K l i n i k , j e t z t H a u t a r z t in S o e r a b a i a .

5Iit 5 Textabbildungen.

(Eingeqangen am 16. Dezember 1938.)

~ b e r die Frage, wie das Waehstum der N/~gel durch verschiedene Gifte oder Krankhei ten beeinflul~t wird, ist wenig bekannt. Der Grund daftir liegt u. a. in den individuellen Untersehieden des Nagelwachstums, dessen Tempo auch bei demselben Individuum fiir jeden Zehen- und Fingernagel und sogar fiir einzelne Teile desselben Nagels (Du/our) etwas verschieden sein kann. Obgleich ich Daten yon einem langsameren Nagelwachstum bei Kindern als bei Erwachsenen, im Sommer als im Winter, der rechten Hand als der linken, der Finger als der Zehen fand (Barthold, Du/our u. a.), kann im allgemeinen ein mittleres Nagelwachstum yon 1/10 m m pro Tag oder 3 m m i m Monat (Bloch u. a.) angenommen werden. Diesen Durch- schnitt konnte ich sehr sch6n bei einem Falle yon Nagelpsorias!s, der durch Arsenbehandlung heilte, demonstrieren Und ebenfalls bei einem Falle yon Leuconychia striata arsenicalis; in beiden F~llen konnte die Verschiebung der Grenze zwischen psoriatischem und gesundem Nagel- anteil bzw. die Verschiebung des leukonychotischen Streifens viele Monate hindurch yon mir verfolgt werden 1. ~ b e r wesentliche Abwei- chungen yon diesen physiologischen Wachstumsmit telwerten scheint kaum etwas bekannt zu sein. Halban und Spitzer erw~hnen eine gewisse Beschleunigung w~hrend der Schwangerschaft, Steinberg, Dimitz u .a . bei Trauma des N. ulnaris et medianus. Absichtliche Versuehe, das Nagel- wachstum durch R6ntgenbestrahlung zu beeinflussen, mil]langen (A. Simons). Was die Beeinflussung des Nagelwaehstums durch best immte Gifte anlangt, so glaube ich yon Arsenik einen leicht f6rdernden EinfluB (hyperkeratotische Eigensehaften ?) annehmen zu k6nnen, ohne da]~ sieh das bisher objektiv festlegen liel3.

Sehr merkwfirdig scheint mir, daft ich einmal yon einer Manikure vernahm, sie h~tte seit 7 Monaten den Nagel ihres linken Zeigefingers (und nur diesen!) nicht schneiden brauchen. Eine Ursaehe konnte sie dafiir nicht angeben: /iul3erlich war an dem Nagel nichts besonderes zu sehen. Alle N~gel waren wegen ihres Berufes wohlversorgt. An niiherer Untersuchung hatte sie kein Interesse. _~hnliehe Mitteilungen konnte ich

1 Simons, Robert: ~'ederl. Tijdschr. Geneesk. 1937, 1913.

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VerzSgertes Nagelwachstum und Braunfiirbung der Niigel. 401

in der L i t e r a t u r n ich t f inden, solche wirkl ich s t a rke Wachs tmnss t6 - rungen scheinen n iemals m i t S icherhe i t beobach te t worden zu sein.

Beziigl ich ,Farbveranderungen der N/~gel durch Verg i f tungen oder K r a n k h e i t e n i s t an ers ter Stelle die Leuconych ia s t r i a t a arsenical is zu erwi~hnen. Eine Braunver f i i rbung durch Arsenverg i f tung f and ich von Ho/]mann und Mansenow beschrieben, eine solche durch Malar ia yon Nollow, durch Lues yon V6rner, Milian u. a. ~ b e r eine Verf/i, r b u n g durch Gold konn te ich n ich ts f inden. Beausche F u r c h e n schienen mi r ab und zu e twas dunkle r als der i ibrige Nagel .

S e l b s t v e r s ~ n d l i c h miissen echte Nagelverf i~rbungen s t reng yon Ver- fi~rbungen der durch den Nage l du rchsch immernden H a u t un te r sch ieden werden (z. ]3. bei Ik te rus ) oder von Verf i i rbungen, die durch iiul3ere Ein- fliisse en t s t anden s ind (Entwicke ln von Pho tograph ien , Haar f / i rben bei Fr i seuren , Rauchen , Gebrauch von quecks i lberha l t igen Salben usw.), die sich meis tens nu r an b e s t i m m t e n F ingern und allein an den H~inden (Fingernggeln) f inden. Erw/~hnung ve rd i en t noch die vie l fach in de r L i t e r a t u r erw/~hnte Tatsache , dab m a n l~Iulatten, d ie / iu l3er l ich Weil3en /ihneln, doch an dunk le ren LunuIae der N/igel e rkennen k a n n (Stein im H a n d b u c h yon Arzt-Zieler).

D a hochgradige Wachs tumsve rzSge rung ansche inend noch n i ch t be- schrieben ist, mSchte ich die folgende B e o b a c h t u n g mi t te i len , bei der es sich u m einen P a t i e n t e n h a n d e l t , der nach E insp r i t zungen m i t dem Goldprii, p a r a t Solganal B (wegen chronischen Rheuma t i smus ) an allen Nitgeln yon Zehen und F inge rn eine braunschwarze Ver/iirbung mi t Beauschen _Furchen und e inem sehr verlangsamten Wachstum zeigte. ]:)as ve r l angsamte W a c h s t u m en tdeck t en wir zuf/illig durch eine Reihe Photo- graphien, die zur Kon t ro l l e de r Beausehen F u r c h e n herges te l l t wurden ; aber es war dem P a t i e n t e n auch selbst aufgefa l len , da[~ cr wi ihrend 12 Monate die N~igel der Zehen und Finger nicht hatte schneiden brauchen.

Es handelt sich um einen 34j/ihrigen Bfiroangestellten beim Elektrizit/its- betriebe (Nr. 18095), der seit reichlich 6 Jahren an rheumatischert Schmerzen in den Schultern, Knien und H/tnden litt. :Die H/inde waren geschwollen. Nach seiner Angabe sind ihm in den letzten 6 Monaten von einem Arzt 35 Injektionen mit einer gelben Fliissigkeit intramuskul/lr verabfolgt worden. Bei Nachfrage leugnet dieser Arzt diese Injcktionstherapie, und behauptet dem Patientcn im Januar 1935 nur 2 Bismogenolinjektionen vorabfolgt zu haben, kann aber die Dosis nicht mehr angeben! Am 12. Mi~rz 1935 erschien der Patient zuerst in der Klinik fiir physische Therapie des Akademischen Krankenhauses (Prof. Dr. W. A. Kuenen; Leiter der Abteilung: Dr. J. F. Touw). Die Diagnose wurde auf primiire chronische Arthritis gestellt. R6ntgenologisch: chronische ArthritiS. Senkungsgeschwindigkeit der Erythrocytert 41/70; BIutdruck 160/75. Reaktion des ttarns sauer, spczifisches Gewicht 1019; Reaktionen auf Albumen, Glykose und Urobilin negativ. Sonst ohne Besonderheiten. Die Eltern und die fibrigen Familienglieder sind gesund. Der Kranko hat friiher keinerlei Krankheiten durchgemacht. Herz und Lungen normal; Stuhlgang und tiarnentlecrung ebenfalls. Keine Angina, keine Parasthesien; Gebil~ leicht kari6s.

Der Kranke bekam nun auf Weisung der Lcidener internen Klinik 3 Kuren in Rotterdam, und zwar zuniichst im M~rz 1935 6 In#ktionen Solganal B, insgesamt

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410 rag. Kontrolle fand regelmM~ig in der Abtei lung fiir physische Therapie in Leiden s tar t , wo festgestellt wurde, dab am 12. August 1935 die Gelenke weniger schmerzhaft und besser beweglieh waren. Die Senkungsgeschwindigkeit der Blut- k6rperchen betrug damals 6/13; am 3. Februa r des folgenden Jahres war dies indessen wieder auf 62/96 erh6ht . Daher bekam der Pa t ien t yore 29. Februar bis

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Abb. 1. Reehter Daumen am 29. Juni. Abb. 2. Rechter Daumen 4 Monate sp/~ter (1. November).

22. April und vom 9. September bis 21. Oktober 1936 wiederum zwei Kuren yon 16 bzw. 13 Solganalinjektionen. Dann folgte vom 1. Marz bis 29. April 1937 noch eine Kur yon 15 Injektionen. ]nsgesamt ha t t e der Pa t i en t 6,84 g Solganal B bekommen.

2kbb. 3, l~eehter Mittelfinger am 29. Juni.

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~kbb. 4. Rechter ~Iittetfinger 4 5Ionate sparer (1. November).

Die Menge pro Dosis war erst 10 rag, dann 20, darauf 50, 80, 100, 150 und maximal 200 rag.

Am 29. Jun i 1937 wurde der Pa t i en t wegen der braunen Verfiirbung seiner :N~tgel nach der dermatologischen Klinik geschickt; er konnte nieht genau angeben, wann die Verfi~rbung eingesetzt ha t te . Das Blutbi ld zeigte an diesem Tage folgenden Befund: Eosinophile Zellen 0, basophile 2, polynuklei~re 68, Monocyten 5, Lympho- eyten 25. Alle Nagel der Finger und Zehen waren braunsehwarz verfarbt. Die Farbe konnte meines Erachtens am bes ten mi t der an den Fingern von Zigaretten- rauehern vorkommenden Farbe verglichen werden; doeh war sie stitrker und

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der N~gel bei einem Rheumatiker naeh Goldtherapie. 403

dunkler im Ton. Die Haut der Finger war weder in der Umgebung der Ni~gel noeh unter dense|ben mit verfii, rbt, und am ganzen K6rper war welter keine Verf/~rbung oder Effloreszenz zu linden. Bei eingehendem Nachfragen kann der Patient nichts angeben, was die Haut durch lokale Einwirkung hatte verfiirben k6nnen. Gegen 6rtliche Einfltisse spricht fiberzeugend der Umstand, dab alle N/igel gleichmMtig erkrankt sind. Auflerdem verliefen fiber die Fingern~gel deutliche Beausehe Furchen (Abb. 1--4). Ferner teilte der Patient mit, daft es ihm aufgefallen sei, dal~ seine Nagel langsamer wfichsen. Am 26. Juli wurde zwecks chemischer und histologischer Untersuchung der Nagel des linken Zeigefingers extrahiert. Chemisehe Untersuchung von 105 mg Nagelsubstanz auf Gold, mit einer Genauigkeit yon 0~0001mg, fiel negativ ~ ~ ~ aUS (Dr. Pot~ewijd). ' ~

Mikroskopischer Be/und (Abb. 5). Der Nagel , I selbst hat einen auffallend feinen lamell/iren Bau, mit verschwommenen Lamellengrenzen. An vielen Stel- len sind diese Lametlen fadenf6rmig und sie haben .... ein k6rniges Aussehen, als ob eine Neigung zum Auseinanderfallen bestehe. Mikroskopiseh zeigt sieh ]~ ' , :~ i \~ ferner, dail L/ingsb~nder fiber die N/igel verlaufen. ~ ~t~ Einige dieser Momente stimmen mit der klinisehen ~ . ~ , ~ ~'~ Beobaehtung iiberein, die ieh maehte, ats ieh die ~ ~-~ N~gel absehnitt (s. unten). In den Hii.matoxylin- ---~,J~'i!:~i~ schnitten sind die k6rnig auseinandergefallenen La- 5 ,)'

t " :# , ] mellengrenzen violetter verf~rbt. Dasselbe gitt aueh , ~ : ~ : ftir die in der L/~ngsrichtung verlaufenden B/inder. ~;a~lp ~

Naeh der mikrochemischen Methode Cristallers - . ~ , i i J war kein Gold naehweisbar. Die ungef~trbten Schnitte . Y . ~ waren diJ[ue gelb verf~rbt. Die Eisenf~rbung fiel : negativ aus.

Mit H~O~ umrde die Farbe gebleicht; mit l%igem : ~ , ~i~] I AgNO a (24 Stunden) war kein schwarzer Niederschlag ~ u l l . d zu sehen. Daherdarf der gelbeFarbstoffindenN~geln ~atttl~'i~ nicht Melanin genannt werden. Andernfalls k6nnte er Abb. 5. eia Abbauprodukt yon Melanin sein; zu beweisen ist dies nieht. Melanin l~Bt sich n~mlich durch H20 ~ in

I-Iistologisches Bih[ des Nagels.

ein hellgelbes Pigment fiberftihren, das zwar ftir I'I202 empfindlich ist, aber nieht mehr eine Reaktion mit AgNO s ergibt. Es wurde vermutet, dab im NageL ein Ab- bauprodukt yon Melanin vorhanden sein k6nnte (gebleicht mit HaO~ ergab die Sub- stanz keinen Niederschlag mehr mit Silbernitrat). Daher wurde versucht, ob es mfiglich sei, das eventuelle Melanin dutch Reduzierung mit aus HC1 und Zink erhaltenem Wasserstoff zurtickzuerhalten, wonaeh die Silbernitratreaktion ausge- ftihrt wurde; diese Probe fiel jedoeh negativ aus. Somit war nicht zu beweisen, ob das Pigment Melanin ist.

Inzwischen wurde der Patient regelmallig beobachtet und jeden zweiten Monat wurde eine Kontrollphotographie angefertigt, dabei wurde das verlangsamte Waehs- turn aueh objektiv festgestellt. Dieses wieh sehr von dem monatlichen Durehschnitts- mag (3 ram) ab; die Photographien geben davon ein deutliches Bild. Das Wachstum wurde an der zunehmenden Entfernung der Beauschen Furche vom Nagelfalz ver- folgt, die zuverli~ssiger ist als die Entfernung zwischen der Furche und dem Ende des Nagels. Diese Entfernung wurde aueh sehmitler trotz der Versieherung des Patienten, die Nagel nieht zu sehneiden. Abnutzung kam infolge der Besehafti- gungslosigkeit des Patienten nicht in Betracht. Die Abb. 1 und 2 zeigen den Nagel des reehten Daumens. Die erstere wurde am 29. Juni 1937 angefertigt, die letztere am 1. November 1937, also 4 Monate spater. Das normate Nagelwachstum hatte etwa 12 mm betragen mfissen; hier land sich eine Zunahme von nur 2--3 ram. Die

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404 Robert Simons: Stark verz6gertes iNagelwachstum und Braunf~rbung

Abb. 3 und 4 sind vom rechtcn Mittelfinger an denselben Tagen aufgenommem ])as ~Vaehstum des Nagels an diesem betrug start 12 mm ebcnfalls nur 2--3 mm in 4 Monaten.

Sehr gut war das verlangsamte Waehstum auch am linken Zeigefinger fest- zustellen, yon dem am 26. Juli 1937 der Nagel extrahiert worden war. Am 12. Marz 1938, also 71/2 Monate sphter, h~tte der Nagel etwa 21 mm lang sein mfissen, also fast zweimal erneuert. Start dessen war er nur zur H/~lfte gewachsen, also 1/~ bis 1/~mal so schnoll oder 2--4real so langsam wie normalerweise. :Es war dabei dem Patienten aufgefal]en, dab der erste Tell des Nagelstiickes etwas schneller gewachsen sein sell als der fibrige Tell. Am 10. Juni 1938 schrieb der Patient mir, dab er wegen der Schwere seines Rheumatismus nicht mehr kommen k6nne, weshalb ich ilm am 20. Juni in seinem Hause aufsuchte. Er war sehr abgemagert nnd steif. Die Gelenke waren stark gesehwo]len, diejenigen der Finger spindelf6rmig verdickt. Es bestand eine starke ttyperhidrosis. Auf der Haut land sich nichts Besonderes auBer einer 5markstiiek~oTol3en, hyperkeratotisehen, scharf begrenzten Stelle fiber dem linken Malleolus internus. In den Augenbrauen bestand eine starke seborrhoische Schup- pung. Die Angenbrauen konnten leicht herausgezupft werden, was der Patient mir zeigte. Kopfhaut und Haar wiesen nichts Besonderes auL Der Patient versieherte, da~ er seit seinem ersten Besuch in unsererKlinik (29. Juni 1937)--also seit 1 Jahr!

die N/igel seiner Zehen nicht mehr geschnitten habe. Die Pediknre, die ihm dabei vor 1 Jahre wegen seines Rheumas noch hatte behilflich sein mfissen, brauehte nicht mehr zu kommen. Die N~gel der Finger hatten im letzten Monat plStzlich angefangen sehneller zu waehsen. Auch waren sic weniger braun als vorher und sie hatten ein 2 mm breites MSndclmn eines crneuerten weiBen Nagels. (Die N~gel der Zehen waren noeh ganz braun.) Die Beausche Furehe des rechten Mittelfingers befand sieh 17 mm yon dem Nagelfalz entfernt und war schon 3 mm fiber die Finger- spitze hinausgewachsen. (Der Nagel des Fingers ragte etwa 5 mm fiber der Finger- spitze hervor.) Dieser .Nagel war zwischen dem 29. Juni 1937 und dem 20. Juni 1938, also in 1 Jahre, 7 mm gewaehsen, statt etwa 36 ram.

Der ~Nagel des linken Zeigefingers war immer noch nicht ganz angewachsen, sondern nur 10 mm (etwa a/4 des ganzen Nagels). Er war am 26. Juli 1937, also vor reiehlich 10 Monaten, extrahiert und hatte somit 33 mm lang oder reichlich zweimat exneuert sein kbnnen, frier anders bereehnet: er war monatlich 1 mm gewaehsen statt 3 mm. Der hrageI des rechten Mittel[ingers war mithin in 12 Monaten 7 mm gewachsen, d . i . mit einem Monatsdurchschnitt yon reichlich 1/~ mm (statt 3 ram) und der ]~agd des linken Zeige/inffers war in 10 Monate~ 10 mm gewachsen, demnach mit einem Monatsdurchschnitt vo~ I ram.

Nun sehnitt ieh die Fingerniigel ab (von den Zehenn~geln konnte ich nichts abschneiden), wobei mir gleich auffiel, dab die N~gel der reehten Hand viel sprSder und teigartig, faserig (hyperkeratotiseh) waren als diejenigen der linken Hand. Die rechte Hand war auch starker rheumatisch krank als die linke.

Eine nochmalige ehemische Untersuehung auf Gold fiel negativ aus.

Es handel te sich also um einen Fal l mi t den folgenden Ersehe inungen an allen F ingern und Zehenn~geln:

1. Stark ver langsamtes W a c h s t u m . l a. Unterschieden i m W a c h s t u m zwisehen Fi~lgerniigeln unterein-

ander und z~ischen den N~geln yon F ingern und Zehen. 2. Braunf/ i rbung. 3. B e a u s c h e Furchen. 4. Aul]erdem bestand te igar t ige SprSdigkei t der Fingern~tgel, an der

rech ten H a n d mehr als links. Miissen diese Nagels tSrungen nun dureh eine Goldintoxikat ion, Gold-

idiosynkrasie oder durch das R h e u m a erkl~rt werden ?

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der Nggel bei einem Rheumatiker nach Ooldtherapie. 405

Verlangsamtes Waehstum und aueh Braunveff~rbung land ich weder bei Goldintoxikation noch bei Rheuma besehrieben. Die Beausehen Furchen sind bekannt sowohl bei Rheuma (Vogel u. a.) als auoh bei Gold- vergiftung (Belin[ante). Gegen Rheumatismus als ~tiologisehes Moment spricht der Umstand, dab der Patient keine der St6rungen w/ihrend der 6j£hrigen Dauer seiner Krankheit gehabt hat, als or noeh keine Goldinjek- tionen bekam, aber wohl nachdem er solche Injektionen bekommen hatte. Ebenso.sprieht gegen Rheuma als verursaehendes Moment der Umstand, dab eine Regeneration der Niigel anfing 1 Jahr naeh Aufh6ren der Gold- injektionen, trotzdem das Rheuma in heftigerem MaBe als je bestand. Fiir Gold spreehen der Haarausfall und die Hyperkeratose, so~e das Aufh6ren der StSrungen naeh dem Abstellen der Goldtherapie.

Der Umstand, dab kein Gold in der Nagelsubstanz odor im Harn naeh. weisbar war, braucht kein Argument gegen das gtiologische Moment des Goldes zu sein. Die durch Gold verursaehten Nebenerscheinungen k6nnen in die sog. idiosynkratischen Erscheinungen, boi welehen das Gold bereits in geringster Dosis fiir die Symptome verantwortlieh ist, aber nicht naehweisbar zu sein braueht, und in die eehte Auriasis eingeteilt werden, bei weleher die Erscheinungen auf eine eehte Goldin/iltration zuriiekzu- ffihren sind. )Ian kann das aueh als qualitative und quantitative Gold- intoxikation unterscheiden; die genannten Nagelvergnderungen wgren dann unter der ersteren unterzubringen.

Zusammenfassung. Besehreibung eines Falles yon stark verlangsamtem Iqagelwaehs-

turn und Braunfgrbung aller Finger- und Zehennggel bei einem Mann, der wegen ehronisehem Rheuma mit 6,84 g Solganal B behandelt war.

Es bestanden: 1. Stark verlangsamtes Waehstum. 2. Untersehied im Wachstum zwisehen den Fingern~geln unterein-

ander und zwischen den Nageln yon Fingern und Zehen. 3. Braunfarbung. 4. Beausche Furchen. 5'. AuBerdem teigartige Spr6digkeit der Niigel, an der reehten Hand

mehr als links. Obwohl die Krankheit seit Jahren bestand, hat sieh vet der Dureh-

fiihrung der Gohttherapie keinerlei Nagelvergnderung gezeigt. Das Wachs- tumstempo lieB sich sehr zuverlgssig an den Beauschen Furchen verfolgen und an dem Zurfickkommen eines neuen Nagels, der extrahiert worden war. ]:)as Wachsmm war bis zum vierfaehen verlangsamt. I)as dureh- sehnittliche Waehstum betrug 1/2--1 mm anstatt 3 mm im Monat.

Literatur. Belln/ante: •ederl. Tijdschr. Geneesk. 81 II, 23 (1937). - - Heller: Handbuch der

Hautkrankheiten, Bd. 13/2. - - Simons: Arsenikodermie. Leiden 1937.

Archiv f. Dermatologie u. Syphilis. Bd, 178, 28