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September 2011 3 Schwerpunktthema Horizonte des Religiösen Zeit zu handeln. Das Kairos- Palästina-Dokument Gewaltfreier Widerstand: Interview mit Abdallah Abu Rahma Lamya Kaddor - eine muslimische Powerfrau Missbrauchsopfer bleibt man ein Leben lang Tagungsvorschau Chancen für eine neue Flüchtlingspolitik Solidarisch wirtschaften. Eine andere Ökonomie ist möglich Ethik der Nachrichtendienste in der Demokratie Rückblende, Onlinedokumente Publikationen Service ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis 3.- Horizonte des Religiösen Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll

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Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll

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September 2011 3

Schwerpunktthema Horizonte des Religiösen

Zeit zu handeln. Das Kairos-Palästina-Dokument

Gewaltfreier Widerstand:Interview mit Abdallah AbuRahma

Lamya Kaddor - eine muslimische Powerfrau

Missbrauchsopfer bleibt man ein Leben lang

Tagungsvorschau

Chancen für eine neueFlüchtlingspolitik

Solidarisch wirtschaften. Eineandere Ökonomie ist möglich

Ethik der Nachrichtendienstein der Demokratie

Rückblende,Onlinedokumente

Publikationen

Service

ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis € 3.-

Horizonte des Religiösen

Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll

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Missbrauchsopfer bleibt man ein Leben lang 12

Onlinedokumente 14

Was kommt ... 15Vorschau auf Tagungen in der Zeit vom 9. September bis 31. Dezember 2011

Aus der Akademie 21

Publikationen 23

Impressum 24

Meditation 25

i n h a l t

Die Künstlerin Gabriela Oberkofler:Buggelkraxen, 2010, Installation unterwegs

TitelbildGraffiti des britischen Straßen-künstlers Banksy auf der Mauer,durch die Israel die palästinensischenGebiete abgetrennt hat.

Fotograf: Marco Di Lauro, Getty Images

aktuell ... 2Wiederbesetzung von vakanten Stellen in der Evangelischen Akademie Bad Boll Ethik-Preis der Wirtschaftsgilde 2012Zum Tod von Angelika Wetzel Neue Fahrräder in der Akademie

Rückblende 3Rückblick auf vergangene Tagun-gen sowie Links zu interessantenBeiträgen

Ausstellung 6Geheimnis-Installation.Bad Boller Bußtag der Künste mit derKünstlerin Gabriela Oberkofler

Schwerpunkt: Horizonte des Religiösen 7Zeit zu handeln. Das Kairos-Palästina-DokumentInvestitionen in Bildungsarbeit stattBoykott. Stellungnahme aus demchristlich-jüdischen DialogWiderstand – gewaltfrei, kreativ, erfolgreich. Interview mit demAktivisten Abdallah Abu RahmaÖkologische SpiritualitätZur Aktualität des chinesischenPhilosophen MenziusLamya Kaddor – eine muslimischePowerfrau

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Liebe Leserin, Lieber Leser,

Religion wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus – so eine Untersuchung, die 2008 im Auftrag der Ber-telsmann-Stiftung gemacht wurde. Mehr oderweniger stark beeinflussen religiöse Prägungen dasAlltagshandeln der Menschen, sie wirken sich aufdie Erziehung, Partnerschaft, Arbeit, politische Ein-stellung, das Freizeitverhalten und den Umgang mitder Natur aus. Besonders offensichtlich werden reli-giöse Fragestellungen an den Grenzen des Lebens,in Krisensituationen und bei wichtigen Lebensereig-nissen wie Geburt, Heirat oder Tod. Ferner zeigt derBertelsmann-Religionsmonitor, dass Religion nichtan kirchliches Engagement gebunden ist. Das Religiöse hat einen weitenHorizont und viele Dimensionen. Einige greifen wir in der vorliegendenAusgabe von SYM auf. »Die Stunde der Wahrheit – Ein Wort des Glau-bens, der Liebe und der Hoffnung« haben palästinensische Christinnenund Christen das Kairos-Dokument überschrieben. Dieser Aufruf hat eineheftige Debatte über die theologischen Prämissen und die politischenFolgerungen ausgelöst. Wir zeichnen Grundlinien der Argumentationenund Kontroversen nach in der Überzeugung, dass der Aufschrei »aus derMitte des Leidens der Palästinenser und Palästinenserinnen« andereChristinnen und Christen zum Mitleiden (1. Kor 12) herausfordert.

In die Nachhaltigkeitsdebatte sind schöpfungstheologische Aussagen ein-geflossen. Das urprotestantische Prinzip der Verantwortung für die Weltverändert den Umgang mit der Natur. Auch dazu lesen Sie in dieserAusgabe. In der Nachhaltigkeitsdebatte geht es aber auch um Ökonomieund Soziales, und in allen Bereichen ist verantwortliches Handeln gefragt. Auf der Tagung, die wir in Zusammenarbeit mit IKETH (InterreligiöseKonferenz Europäischer Theologinnen) durchgeführt haben, ging es umdie Bewertung von Fremdenhass und Islamfeindlichkeit im interreligiösenKontext. Sie lesen dazu ein Porträt über die Muslimin Lamya Kaddor.

Religiöse Fragestellungen und spirituelle Suche sind in unterschiedlichenBereichen der Gesellschaft erkennbar, auch wenn dies nicht immer sobenannt wird. Theologische Orientierung ist gefragt, im Tillich’schenSinne als Orientierung an dem, was uns unbedingt angeht. Wir erleben esin der Tagungsarbeit, wenn explizit theologische Themen aufgegriffenwerden, wir erleben es in den Pausen- und Abendgesprächen, wennLebensthemen und Sinnfragen gestellt werden. Religion hat viele Dimen-sionen – und für alle Bereiche des menschlichen Lebens gilt der kräftigeZuspruch und Anspruch des Evangeliums (vgl. Barmer TheologischeErklärung) zur Freiheit der Kinder Gottes (Röm 8).

Wir laden Sie dazu ein: Suchende und Begeisterte, Fragende und Hof-fende, Zweifelnde und Überzeugte. Wir freuen uns, wenn Sie mit unsgemeinsam Dimensionen des Religiösen entdecken und Horizonte weiten!

Ihr Joachim L. Beck, Geschäftsführender Direktor

e d i t o r i a l

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Wiederbesetzungen von vakanten Stellen

Vier frei gewordene Studienleitenden-Stellen werden inden kommenden Monaten in der Evangelischen AkademieBad Boll wieder besetzt:

- Je eine Wirtschafts- und SozialpfarrerInnenstelle beimKirchlichen Dienst in der Arbeitswelt in der PrälaturReutlingen und in der Prälatur Heilbronn. Der KirchlicheDienst in der Arbeitswelt (KDA) ist ein Fachdienst derEvangelischen Landeskirche und in den Regionen Heil-bronn, Reutlingen, Stuttgart und Ulm angesiedelt. DieKDA-PfarrerInnen arbeiten an der Schnittstelle Kirche und Wirtschaft.

- Zwei Angestelltenstellen in der Evangelischen AkademieBad Boll: eine mit dem Schwerpunkt »Nachhaltigkeit, Um-welt, Technologie«, eine zu den Themen »Friedenspolitik,Internationale Krisen- und Konfliktbearbeitung«.

Die Evangelische Akademie erhofft sich von den Wieder-besetzungen und Neueinstellungen Impulse für die gesell-schaftspolitische Arbeit der Kirche. Informationen zu den Stellen gibt der GeschäftsführendeDirektor Joachim L. Beck. Weitere Informationen sindauch unter www.ev-akademie-boll.de zu finden.

Drei neue Fahrräder in der Akademie

Die Evangelische Akademie Bad Boll hat für ihre Gästeneue Fahrräder angeschafft. Die alten Fahrräder warenfünfzehn Jahre alt und nur mit einer 3-Gang Torpedo-Schaltung ausgestattet. Manche Gäste hatten sich überdiese alten Modelle beschwert.

Jetzt gibt es drei neue, moderne Fahrräder für Gäste, diegerne die Umgebung der Akademie auskundschaften oderins Dorf fahren wollen. Es handelt sich um Fahrräder mittiefem Einstieg und einer 8-Gang-Nabenschaltung. AmEmpfang kann man die Räder ausleihen.

In Memoriam Angelika Wetzel

Bis 2009 hat die Künstlerin an den Vorbereitungen desalljährlich stattfindenden Boller Bußtags der Künstewesentlich mitgewirkt. G. Angelika Wetzel verstarb am 5. August in Stuttgart im Alter von 77 Jahren.

Der Kontakt zur Bildhauerin G. Angelika Wetzel begann1999 am 2. Boller Bußtag der Künste mit einer großenAusstellung zu »Skulptur und Zeichnung. Das Ei. Form undGegenform. Immanenz und Wandlung« vertreten war. Siebelegte den Altartisch der Kapelle mit einer großen Eiformund provozierte so Diskussionen über Schöpfungssymbolewie über Gestaltungsmöglichkeiten eines Andachtsrau-mes. Dass darüber hinaus auf sieben Stühlen weitere Platzfüllende Gipseier lagen, erheiterte und irritierte die Be-sucher zusätzlich. In einem Gruppenraum lag eine Instal-lation auf dem Fußboden, die die Entwicklung vom Ei zumHorn thematisierte, auf die Polaritäten alles LebendigenBezug nehmend, darin Weibliches und Männliches reflek-tierend, auch Irdisches und Himmlisches ansprechend,Leben und Tod. Damit traf sie die wesentliche Intentionvon Kunst in der Akademie, kopflastige Diskursforen mit-tels ästhetischer Anschauung zu erweitern.

Neben vier Arbeiten für die Sammlung Evangelische Aka-demie Bad Boll, die in Gästezimmern des Südflügels hän-gen, sind im Kaminzimmer zwei Zeichnungen zu sehen, indenen sie die Lichtverhältnisse der Kapelle im Juli 1999festhält, als sie ihre Ausstellung mit großer Sorgfalt vor-bereitete.

Ethik-Preis der Wirtschaftsgilde 2012

Die Wirtschaftsgilde e. V. vergibt im Jahr 2012 zum drit-ten Mal ihren Ethik-Preis. Dieser wird als »Preis der Wirt-schaftsgilde für Wirtschaftsethik und Sozialgestaltung«alle zwei Jahre vergeben und ist mit 3.500 Euro dotiert.Damit wird die Arbeit junger Wissenschaftler oder jungerWissenschaftlerinnen ausgezeichnet, die sich praxisorien-tiert mit Aspekten wirtschaftsethischen Handelns bei derFührung eines Unternehmens befassen. Die Preisverlei-hung erfolgt im Juli 2012 anlässlich der traditionellenJahrestagung der Wirtschaftsgilde in Bad Boll. Die Be-werbung erfolgt online über die Website der Wirtschafts-gilde (www.wirtschaftsgilde.de).

Die Wirtschaftsgilde wurde 1948 an der EvangelischeAkademie Bad Boll im Bemühen um eine ethische Fundie-rung wirtschaftlichen Handelns in christlicher Verantwor-tung gegründet. Sie ist eine Vereinigung von Personen, dieleitende Aufgaben in der Wirtschaft wahrnehmen oder inanderer gesellschaftlicher Verantwortung stehen.

a k t u e l l

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Studienleiterin Viktoria Pum testet eines der neuen Räder.

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Altbischof Klein ausSiebenbürgen zu Besuch in der Akademie

Christoph Klein, lutherischer Bischofi.R. aus Siebenbürgen, hielt sich imMai mit seiner Frau einige Zeit in derEvangelischen Akademie auf. Er war

von 1990 bis 2010 Bischof der Evan-gelischen Kirche in Rumänien. Im klei-nen Kreis gab er einigen Studienlei-tenden aktuelle Informationen überdie gegenwärtige Lage der Evangeli-schen Kirche in Rumänien. Diese isteine evangelisch-lutherische Diaspo-rakirche von mittlerweile nur nochrund 14.000 Mitgliedern, welche vor-nehmlich die deutschsprachigen Evan-gelischen in Siebenbürgen und in derHauptstadt Bukarest umfasst. 1990waren 90 Prozent der SiebenbürgerSachsen abgewandert, was die Kirchevor große Herausforderungen stellte.Klein berichtete vom notwendigenund gelungenen Umbau einer traditi-onsbewussten Volkskirche in eine en-gagierte Minderheitenkirche. »Chris-ten werden nicht gezählt, sonderngewogen«, meinte er. Heute betreuenetwa vierzig Pfarrer die verbliebenenund wieder zugezogenen Gemeinde-glieder. Sie arbeiten ökumenisch mitder ungarischsprachigen reformiertenund der weitaus größeren rumänisch-orthodoxen Kirche zusammen. Dankihrer Verbindungen zur EKD unterhal-ten sie große diakonische Projekte

und eigene Schulen. GesellschaftlicheProbleme bearbeiten sie erfolgreich in der Evangelischen Akademie Her-mannstadt. Die dortige Kirchenge-meinde wächst inzwischen sogar wie-der. Zu ihr gehören heute 1350 Ge-meindeglieder. Fünf Religionslehrererteilen etwa tausend Schülern Re-ligionsunterricht. Neben der Evange-lischen Theologischen Fakultät ist dasÖkumenische Institut, das seine Ar-beit in der Tradition der Charta Oecu-menica versteht, besonders wichtig.Wenig bekannt ist, dass es in Sieben-bürgen als erstem Land Europas be-reits 1568 ein Gesetz über die freieAusübung der Religion gab. Das galtsogar für die Unitarier, die anderswoblutig verfolgt wurden. Nicht zufälligwar Hermannstadt/Sibiu 2007 Gast-geber der Dritten Europäischen Öku-menischen Versammlung. Die dies-jährige 56. Jahresversammlung derEuropäischen Akademien (OikosnetEurope) wird im September im »Hausder Hoffnung« in Kronstadt/Brasovstattfinden. Das Thema lautet: »Moving Forward Together – NewDirections«.

Wolfgang Wagner

Sicherungsverwahrung:gelungene Resozialisierung istder beste Opferschutz

Rund 100 Bewährungshelfer, Sozial-arbeiterinnen und Juristen diskutier-ten bei der Tagung »Sicherungsver-wahrung und Führungsaufsicht« am18./19. Juli in der Evangelischen Aka-demie Bad Boll, wie eine Neuregelungder Sicherungsverwahrung aussehenkann. Diese Maßnahme verhängenGerichte gegen Straftäter, die sieauch nach Ende der Haft für gefähr-lich halten. In Baden-Württembergsind derzeit 68 Täter in Sicherungs-verwahrung.Klaus Pflieger, Vorsitzender des Ver-bands Bewährungs- und Straffälligen-hilfe Württemberg und Generalstaats-anwalt sagte zum Abschluss der Ta-gung: »Der Schutz der Bürger vorStraftaten hat einen hohen Stellen-wert. Doch der beste Opferschutz isteine erfolgreiche Resozialisierung derTäter. Deshalb braucht es hier zusätz-

liche Ressourcen und Konzepte, damitalle Beteiligten während und nach derSicherungsverwahrung koordiniertzusammenarbeiten«.Am Vorabend hatte Landesjustizmi-nister Rainer Stickelberger (SPD) beieiner Podiumsdiskussion zugesagt,neue Stellen in Haftanstalten in Frei-burg und Bruchsal zu schaffen. »Wirwerden im Haushalt 2012 Mittel für16 zusätzliche Stellen für Sozialar-beiter und Therapeuten beantragen.Wenn wir die Vorgaben des Bundes-verfassungsgerichts umsetzen wollen,gibt es dazu keine Alternative«, sagteStickelberger. Das Bundesverfassungs-gericht hatte die geltende Praxis derSicherungsverwahrung im Frühjahrals verfassungswidrig abgelehnt unddie Politik verpflichtet, bis 2013 unteranderem für mehr Betreuung undTherapie der Sicherungsverwahrten zusorgen. Der ehemalige LandesjustizministerProf. Ulrich Goll (FDP) betonte, auchnach dem Urteilsspruch aus Karlsruheblieben Fragen offen. »Unser Rechts-system lebt auch von der Akzeptanzder Bürger. Und nichts verstehen dieMenschen weniger, als wenn wir je-manden freilassen, der anschließendwieder eine Straftat begeht«, sagteGoll, unter dessen Ägide die vom Bun-desverfassungsgericht gekippte nach-trägliche Sicherungsverwahrung ent-stand.Letzte Sicherheit, ob ein Mensch nachHaft und Sicherungsverwahrung wie-der eine schwere Straftat begeht, gibtes nicht. Das unterstrichen bei derTagung alle Experten, darunter der

Der neue Justizminister Rainer Stickelberger (li.), SPD,und sein Vorgänger, Prof. Ulrich Goll, FDP, diskutiertenauf dem Podium über die Sicherheitsverwahrung.

Zum Abschied schenkte Altbischof Klein der Akademiebibliothek das von ihm ver-fasste Buch »Kirchen der Stadt – Stadt der Kirchen«.

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Derzeit sind in Afghanistan mehr als100.000 ausländische Soldaten sta-tioniert, darunter rund 5.000 Angehö-rige der Bundeswehr. Bis 2014 wollenUSA und NATO die Verantwortung fürdie Sicherheitslage am Hindukusch andie afghanischen Sicherheitskräfteübergeben. Deutschland will ab Ende2011 mit dem Rückzug beginnen, dieUSA planen, bis Sommer 2012 rund30.000 Soldaten abzuziehen.

Katja Korf

Zivile und militärischeAkteure im Gespräch

An der Bearbeitung von Konflikten ininstabilen Regionen sind seit den frü-hen 90er Jahren immer mehr Akteurebeteiligt – insbesondere wenn sie mitMilitäreinsätzen verbunden sind. Vondeutscher Seite aus sind mindestensdas Außen-, Entwicklungs- und Ver-teidigungsministerium beteiligt, fer-ner staatliche Durchführungsorgani-sationen wie GIZ (Gesellschaft für In-ternationale Zusammenarbeit), dasTechnische Hilfswerk, Bundeswehrund Polizei. Dazu gesellen sich Fach-kräfte aus der zivilen Konfliktbearbei-tung und zahlreiche Nichtregierungs-organisationen (NROs). Unter diesenAkteuren gibt es einen hohen Bedarfan Absprachen. Dafür fehlen meistsowohl Routine als auch Instrumente.Bei militärischen Engagements stößtdas Bedürfnis der Militärs nach Ord-nung und Koordination auf großeSkepsis bei zivilen Organisationen. DieKonfliktlinien laufen hier zwischenbewaffnet – unbewaffnet, militärisch– zivil, staatlich – nichtstaatlich.

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Kriminologe Prof. Dr. Thomas Feltesvon der Universität Bochum. »Die Ge-fahr, die von den Entlassenen aus-geht, wird jedoch überschätzt«, sagteFeltes. Eine Studie der UniversitätBochum habe gezeigt, dass von 77ehemals Sicherungsverwahrten etwa20 Prozent erneut zu einer Haftstrafeverurteilt wurden. »Das ist dieselbeQuote wie bei anderen Straftäternauch«, so der Kriminologe. Dennochbleibe das Restrisiko eines Rückfallsnach der Sicherungsverwahrung –damit müsse die Gesellschaft leben.

Katja Korf

Abzug aus Afghanistan:Bedingung für Frieden?

Afghanische Diplomatie, Exil- undFriedensbewegung diskutierten in derEvangelischen Akademie Bad Bollvom 1.-3 Juli über die Zukunft Afgha-nistans. Abed Nadjib, BotschaftsratAfghanistans sagte, dass das Landnoch nicht bereit für einen sofortigenAbzug aller internationalen Truppensei. Solange die Lage in Afghanistannicht stabil sei, habe die gesamteWelt ein Sicherheitsproblem. »In Afghanistan geht es auch um dieSicherheit in Europa, Amerika undAsien«, so der Diplomat. Der Politikwissenschaftler und Afgha-nistan-Experte Dr. Matin Baraki for-derte dagegen einen sofortigen Ab-zug aller ausländischen Kampftrup-pen. »Die Sicherheitslage hat sich inden vergangenen zehn Jahren nichtverbessert, sondern verschlechtert.Das Konzept der amtierenden afgha-nischen Administration, auch mittel-fristig auf die Unterstützung auslän-discher Kräfte zu setzen, ist geschei-tert«, sagte der gebürtige Afghane,der heute in Deutschland lebt. DerKampf der NATO-Truppen fordere im-mer wieder zivile Opfer. »So lange dieNATO in Afghanistan Familienfeiernbombardiert auf den bloßen Verdachthin, dort könnten Widerstandskämp-fer am Tisch sitzen, so lange es will-kürliche Hausdurchsuchungen undErschießungen gibt, so lange wird derWiderstand nicht enden«, sagte Bara-ki. Nach dem Abzug der NATO-Trup-pen könnten Peacekeeping-Kräfte ausislamisch geprägten Staaten einennoch auszuhandelnden Waffenstill-stand überwachen. Über die Ursachenund die internationale Dimension vonTerrorismus sagte Golalei Safi Nur,eine afghanische Parlamentarierin:»Terrorismus ist ein internationalesProblem, kein afghanisches.«

In der Debatte um die Frage, ob einsofortiger Abzug aller ausländischenTruppen einschließlich der Bundes-wehr aus Afghanistan die Lage imLand verbessere, plädierten viele Ver-treter der Friedensbewegung dafür, soschnell wie möglich eine allgemeineWaffenruhe zu erproben.

Demonstration gegen den Afghanistan-Einsatz vom Bremer Friedensforum

Aufgelesen in der BadischenZeitung am 13. Juli

»Ausgeladen«Michael S. (Name geändert) war wegen derVergewaltigung von zwei Anhalterinnen1985 vom Landgericht Stuttgart verurteiltworden. Fünf Jahre saß er daraufhin inHaft, 21 Jahre in Sicherungsverwahrung. Erwurde erst im September 2010 entlassen,weil der Straßburger Gerichtshof für Men-schenrechte die rückwirkende Verlängerungder Verwahrung für unzulässig hielt. Seit-dem lebt der heute 52-Jährige in Freiburgund wird rund um die Uhr von der Polizeibewacht. Auf Vorschlag seines Bewährungs-helfers Peter Asprion wurde S. nach BadBoll zu der Tagung über Sicherungsverwah-rung eingeladen. S. sollte ein Impulsreferataus der Sicht eines Betroffenen halten.Doch schon im März lud ihn die Evangeli-sche Akademie wieder aus. Einer der Mit-veranstalter, der »Verband Bewährungs-und Straffälligenhilfe Württemberg«, habedarum gebeten. Auf Nachfrage nannteKlaus Pflieger, Vorsitzender des Verbandsund Generalsstaatsanwalt von Stuttgart,der BZ den Grund für sein Veto: »Die Rund-um-die-Uhr-Überwachung in Freiburg istnur ein Übergangsphänomen und nicht daseigentliche Thema.« Die Zukunft der Siche-rungsverwahrung hätte bei »so einem Auf-tritt am Rande des Show-Effekts« in denHintergrund geraten können. Allerdingswäre S. nach 21 Jahren Sicherungsverwah-rung auch für grundlegende Reformfragendurchaus ein Gesprächspartner gewesen.Pflieger nennt deshalb noch einen weiterenGrund: »Die Freiburger Polizei hat sich anmich gewandt und protestiert. Sie habegenug Sorgen und sehe es nicht ein, auchnoch nach Bad Boll zu fahren, um einensolchen Auftritt zu ermöglichen.« Der Evan-gelischen Akademie Bad Boll ist die Aus-ladung peinlich. Denn dort will man durch-aus auch mit sonst ausgerenzten Betrof-fenen sprechen und nicht nur über sie. (gekürzt)

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2008 veranstaltete die EvangelischeAkademie Bad Boll unter dem Titel»Gesicherte Entwicklung« eine Tagungzur Frage nach Zusammen- und Wech-selwirken von Entwicklungs- und Si-cherheitspolitik. Aufbauend auf die-sen Erfahrungen lud die Akademie einJahr später 30 Akteure der Konflikt-bearbeitung im internationalen Kon-text zu einer nichtöffentlichen Ver-anstaltung nach Bad Boll ein. Imgeschützten Raum konnten sich dieGesprächspartner frei über zentraleFragen austauschen. Hier konnten sienicht nur als Vertreter ihrer Organisa-tionen, sondern frei als Personensprechen. In Gruppen von 8 bis 10Personen diskutierten sie zum Bei-spiel über Fragen wie »Wie sieht ge-lungene Konfliktbearbeitung aus«oder »Was ist Nachhaltigkeit im Kon-fliktkontext«. Hohe Beamte des Ver-teidigungsministeriums und Offiziereder Bundeswehr kamen hier mit Ge-schäftsführern von Entwicklungsorga-nisationen und Fachkräften der zivi-len Konfliktbearbeitung ins Gespräch.Diese Gesprächsform brach Verhär-tungen auf und ermöglichte einenAustausch im bilateralen Rahmen. Eswurde vereinbart, das Gespräch inBerlin weiterzuführen.

In Kooperation mit der Bundesakade-mie für Sicherheitspolitik (BAKS), ei-ner Dialogeinrichtung der Bundesre-gierung, die von der Bundeswehr be-trieben wird, fand am 7. und 8. Junidas Gespräch als Workshop unter demTitel »Ziviles und militärisches Enga-gement in Konflikten – Zivile undmilitärische Akteure im Gespräch« ander BAKS in Berlin-Pankow statt. DasKonzept von Diskussionen in kleinen,heterogen besetzten Gruppen wurdeübernommen. Als virulentestes Themawurde die Frage identifiziert, wie diepolitischen Ziele für staatliche Aus-landseinsätze zustande kommen undwie die NROs darin angemessen ein-gebunden werden können. In einemweiteren Komplex wurde erörtert, wiedie Bedürfnisse des Ziellandes in die-sen politischen Prozess effektiv ein-gespeist werden können.

Es wurde deutlich, dass es bei den Teil-nehmenden kein einheitliches Bild da-

von gibt, wie Ziele für Auslandsein-sätze entstehen oder wie die lokaleMitträgerschaft (»local ownership«)verwirklicht werden soll. Die disku-tierten Perspektiven ermöglichtenaber ein verbessertes Verständnis. Er-staunlich war, dass sich die Disputan-ten schneller über eine positive Zu-kunftsvision einigen konnten, als dieDetails der Gegenwart zu klären. Auf-fällig war ebenso, dass sich in den Ge-sprächen über Details und ein positi-ves Szenario für die Zukunft die zuvorso deutlich scheinenden Grenzlinienzwischen den Akteuren verflüchtigtenund zum Teil unerwartete Kongruen-zen und Koalitionen entstanden. DieEvangelische Akademie Bad Boll wirdden Prozess weiterführen.

Matthias Wanzeck, StudienassistentWirtschaft und Entwicklung

»Unsere Gesellschaft hat sichverrannt« – Tagung zu nach-haltigem Wirtschaften

Ohne einen tiefgreifenden Wandel inWirtschaft, Politik und Gesellschaftsteht den Industrienationen der Kol-laps bevor. »Wir haben uns verrannt.Das zivilisatorische Modell der Indus-trienationen ist nicht zukunftsfähig«,sagte Dr. Peter H. Grassmann, lang-jähriger Siemens-Vorstand und ehe-maliger Vorstandsvorsitzender vonCarl Zeiss am 23. Juli bei einer Tagungin der Evangelischen Akademie BadBoll. »Die kommenden Generationenwerden uns für diese Fehlentwicklun-gen kritisieren.« Grassmann, der seineÄmter 2007 niederlegte, engagiertsich heute für einen grundlegendengesellschaftlichen Wandel zugunsteneiner nachhaltigen Wirtschaftsord-nung, unter anderem als Vorstand desÖkosozialen Forums Deutschland e.V.»Probleme wie der Klimawandel oderdie Finanzkrise sind verursacht durchein Versagen unseres Wirtschaftssys-tems«, sagte der ehemalige Unterneh-menschef. Er forderte mehr Bürgerbe-teiligung bei wichtigen Weichenstel-lungen. Derzeit sei die Politik nicht inder Lage, die richtigen Maßnahmenfür die Zukunft zu beschließen.»Unsere Parteien sind zu sehr abhän-gig von Wählerstimmen und stehen

unter dem Druck von Unternehmen«,so Grassmann. Schon vor Jahrzehntensei die Welt aus dem Gleichgewichtgeraten. Seit Ende der 70er Jahre ver-brauche und beschädige die Mensch-heit mehr natürliche Ressourcen, alsdas Ökosystem regenerieren könne.Auch sozial befinde sich die Welt ineiner dramatischen Schieflage: »Wennvon rund sieben Milliarden Menschendie Hälfte in Armut lebt, dann ist daskein faires System«, so Grassmann. Rund 50 Teilnehmende diskutiertenbei der Tagung »Weniger, anders, bes-ser« ein Wochenende lang über einzukunftsfähiges Wirtschaftsmodell.Mitveranstalter war die Wirtschafts-gilde. Der 1948 in der Akademie ge-gründete Verein ethisch orientierterUnternehmer hatte zahlreiche Stu-dierende eingeladen. »Nachhaltigkeitist eine Generationenfrage: Älteredürfen nicht auf Kosten der Jüngerenleben.«, so Hans Füller, Vorsitzenderder Wirtschaftsgilde. Unter den Referenten war auch PeterParwan, einer der Pioniere der so ge-nannten LOHAS-Bewegung. Das Kür-zel steht für »Lifestyle of Health andSustainability«, also eine Ausrichtungder Lebensweise auf Gesundheit undNachhaltigkeit. Parwan erwartet inden kommenden Jahren eine umfas-sende Trendwende in der Lebenswei-se: »Schon heute gibt es in den USA40 Millionen LOHAS-Anhänger, in Eu-ropa zählen 49 Millionen Konsumen-ten zu dieser Kategorie.«

Jobst Kraus, ehemaliger Studienleiterder Evangelischen Akademie Bad Bollund Nachhaltigkeits-Experte, rief zueiner radikalen Wende in der Lebens-führung und bei der Arbeit auf. »DieIndustrieproduktion muss sich quali-tativ verbessern und quantitativ starksinken. Ziel muss es sein, 50 Prozentweniger Rohstoffe und andere natür-liche Ressourcen zu verbrauchen.«Kraus warnte, die Wende sei nichteinfach zu haben. »Es reicht nichtaus, weiter zu konsumieren wie bisherund statt konventioneller Produktenur Öko-Ware zu kaufen. Es geht umweniger Konsum, nicht nur um ande-ren Konsum.«

Katja Korf

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»Das Geheimnis, das Gabriela Oberkofler mit sich rum-schleppt, heißt zeitgenössische Kunst und muss wiedie Ware der Wilderer mit Vorsicht genossen werden«,schreibt Prof. Rainer Ganahl, einer ihrer Lehrer an derStuttgarter Akademie der Bildenden Künste über dieaus Südtirol stammende und in Stuttgart lebendeKünstlerin. 2010 wurde sie auf seinen Vorschlag hinerste Preisträgerin des neuen Columbus-Förderpreisesfür aktuelle Kunst. Die Bilder, die Sie auf dieser Seitesehen, waren in der Shortlist-Ausstellung zum Förder-preis in Leipzig 2010.

Beim diesjährigen Boller Bußtag der Künste geht esum die Geheimnisse, die wir alle mit uns herumtra-gen. Gabriela Oberkofler plant eine Installation mitsolchen mitgebrachten und sorgsam »eingemachten«Geheimnissen der Besuchenden. Diese »Geheimnis-Installation« wird erst noch, was sie sein soll. Mehrkann und soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Kunst verwickelt ins Schauen, ins Nachdenken, insHinterfragen. Gabriela Oberkofler verwickelt uns mitdieser Installation auch ins Tun. Installationen und Performances bilden ihre künstleri-schen Schwerpunkte. Oft verbindet sie traditionelle

Dinge aus ihrer bäuerlichen Herkunftswelt mit neuenMedien. Die Installation »Buggelkraxen« weist geo-grafische Bezüge zu ihrem Heimatdorf auf und lässtzugleich Brechungen durch die künstlerische Bearbei-tung erkennen. Sie schreibt dazu: »Ich baue mir meinDorf, so wie ich es kenne, aus Obstkisten nach. EineKirche, eine Schule, ein Widum, ein Gasthaus, Häuserund Ställe. Ich baue es mir so, dass ich es als »Buggel-kraxe« (Rucksack) jederzeit mitnehmen kann und gehedamit auf Wanderschaft. Die »Buggelkraxenträger«waren die Zeitarbeiter von früher, die von Hof zu Hofzogen und ihre Dienste anboten: der Gerber, der Fli-cker, der Spinner, der Weber. Viele Liebesgeschichtensind damit verbunden und so manch eine/r verdanktsein Dasein einem »Buggelkraxenträger«.

Susanne Wolf

Boller Bußtag der Künste in Kooperation mit dem Verein für Kirche und Kunst16. November 2011, 16:30 UhrProgramm: Gottesdienst mit Pfarrer PD. Dr. Peter Haigis, Pfarrer Johannes Koch und Pfarrerin Susanne WolfGeheimnis-Installation von Gabriela OberkoflerEinführung und Performance zur Netzkunst mit demStuttgarter Netzliteraten Johannes Auer undSprecherin Christiane Maschajechi.

Tagungsnummer: 530511Tagungsleitung: Susanne Wolf, Reinhard Lambert AuerInfos: Brigitte Engert, Telefon 07164 79-342

Geheimnis-Installation – Boller Bußtag der Künstemit Gabriela Oberkofler

Stiftung Christliche Kunst WittenbergChristliche Graphik im 20. JahrhundertVernissage: 11. September 2011, 11:00 Uhr im Café Heuss. Dauer der Ausstellung: 11.9. - 23.10.2011 Infos und Anmeldung zum Mittagessen (12 Euro):Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342 [email protected]

Gabriela Oberkofler, Buggelkraxen, 2010, Installation unterwegs

Installation mit Sterbebildchen, 2009Holzschächtelchen, Blumenvase, Blume, Ei mit Schmetterlingund Postkarte

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h o r i z o n t e d e s r e l i g i ö s e n

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Von Martina Waiblinger

Theologen, Nahost-Experten sowieVertreter und Vertreterinnen zivilge-sellschaftlicher Organisationen habenin der Evangelischen Akademie BadBoll vom 20. bis 22. Mai über dasKairos-Palästina-Dokument, ein Papierpalästinensischer Christen, diskutiert.Seit seiner Veröffentlichung im De-zember 2009 hat es in Deutschlandkontroverse Debatten ausgelöst.

Am 11. Dezember 2009 veröffentlich-ten 15 palästinensische Christen ver-schiedener Konfessionen nach einerzweijährigen Diskussionsphase dasKairos-Palästina-Dokument. In derEinführung wird das Dokument als»Schrei der Hoffnung in hoffnungslo-ser Zeit« und als Wegscheide zwischeneinem neuen friedlichen Ansatz undeiner weiteren Spiralisierung der Ge-walt im Nahost-Konflikt beschrieben.Zur Tagung kamen zwei Mitautorendes Dokuments, der Katholik Dr. JamalKhader und der Anglikaner Dr. NaimAteek, der jüngst ein Buch zur selbenThematik herausgebracht hat (s. S.23). Khader erläuterte die Entste-hungsgeschichte des Papiers, das an-fangs in erster Linie für Palästinenser(das Original ist Arabisch) geschriebenwurde. Es entstand in einer Situation,als klar war, dass der Friedensprozessgescheitert ist. Das Papier soll inhoffnungsloser Zeit Hoffnung, Kraftund Impuls für eine neue gewaltfreieHandlungsoption geben. Das Kairos-Dokument hat Vorläufer, die bereits2004 von der befreiungstheologischenGruppe Sabeel (Dr. Naim Ateek gehörtzu den Gründern) initiiert wurden.Das Dokument wurde mit palästinen-sischen Jugend- und Frauengruppen,mit muslimischen Intellektuellen, Pil-gergruppen und Mitgliedern deschristlich-jüdischen Dialogs diskutiert.Im Herbst soll auch ein Handbuch fürSchulen veröffentlicht werden. Grund-lage für das Dokument sind Gewalt-

verzicht, Gerechtigkeit, Liebe, Frieden,Würde und Menschlichkeit. Themensind unter anderem die Besatzung,Jerusalem, die Siedlungen, die Mauer,die Theologie des Landes, empfohleneBoykottmaßnahmen und eine aus-führliche theologische Begründung.

Khader sieht, dass speziell die Deut-schen Probleme mit Boykottmaßnah-men gegen israelische Produkte ha-ben. International gibt es zustimmen-de und ablehnende Reaktionen. Indiesem Zusammenhang erinnert erdaran, dass die Deutschen sich gegen-über Israel immer als ehemalige Un-terdrücker sehen, wohingegen diePalästinenser Israel als Unterdrückererleben. Sein engagiertes Plädoyerheißt: »Wir haben uns für den Wegdes Gewaltverzichts entschieden. Des-halb fordern wir Kirchen und Regie-rungen auf, sich stärker als bisher fürdie Menschenrechte der Palästinensereinzusetzen.«

Besonders hoch gingen die Wogen er-wartungsgemäß bei den Themen The-ologie des Landes und Boykott, auchwenn dieser nur einen kleinen Teil desDokuments ausmacht. Iris Hefets, inBerlin lebende Israelin, plädoyierteleidenschaftlich für einen Boykottisraelischer Waren und begründetedies als Akt der Befreiung. »Es ist kei-ne rassistische Kampagne, sie richtetsich nicht gegen Menschen, Ethnienoder Religionen. Ich sage: Kauft beiJuden, keine israelische Waren!« Sie fragte, wie es sein könne, dassDeutschland immer und überall dieAllgemeinen Menschenrechte hoch-halte, für Israel aber andere Stan-dards anlege. Weiter argumentiertesie, dass die Tatsache, dass 98 Pro-zent der Juden in Israel für den An-griff auf Gaza votierten, zeige, wiesehr sich diese Gesellschaft bereits antotalitäre Strukturen gewöhnt habe.

Dieter Qualmann, Mitglied der AGOldenburg der deutsch-israelischenGesellschaft (DIG), betonte zwar die

unterschiedlichen Positionen inner-halb der DIG, wandte sich aber striktgegen jede Art von Boykottmaßnah-men. Die Kirchen hätten 1933 zuBoykottaufrufen gegen jüdische Ge-schäfte aufgerufen, deshalb dürftensie nun Rufen nach wirtschaftlichenSanktionen keine Plattform geben.

Martin Schneller, ehemaliger Bot-schafter in Jordanien, forderte dieBundesregierung und die internatio-nale Gemeinschaft auf, den Druck aufIsrael zu erhöhen: »Nur wenn finanzi-elle Leistungen an beide Konfliktpar-teien von Fortschritten im Friedens-prozess abhängig gemacht werden,wird sich etwas bewegen.« MartinSchneller gehört auch zu den 32 Ex-Diplomaten, die in einem öffentlichenSchreiben am 6. Juli die Bundes-kanzlerin aufgefordert haben, denStaat Palästina bei der geplanten Ab-stimmung bei den Vereinten Nationenim September anzuerkennen.

Zum selben Thema finden Sie weitereBeiträge auf S. 10-12 und S. 23.

Als Online-Dokument sind drei Bei-träge im Internet verfügbar (s. S. 14).

Zeit zu handelnDas Kairos-Palästina-Dokument

Dr. Jamal Khader (re.) ist Dekan derSozialwissenschaften an der

katholischen Universität Bethlehem.

Dr. Naim Ateek im Gespräch mit Iris Hefets

t027
Hervorheben
t027
Notiz
en
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Investitionen in Bildungsarbeit statt BoykottStellungnahme aus dem christlich-jüdischen Dialog

Von Pfr. Friedhelm Pieper

Ich habe der Bitte zugestimmt, als einVertreter des christlich-jüdischen Dia-logs zu dem palästinensischen Kairos-Papier Stellung zu nehmen, weil derNahostkonflikt seit langem ein zen-trales Thema im christlich-jüdischenDialog ist. Auch nehmen wir im Dia-log die Befürchtung unter Palästinen-

sern wahr, der christlich-jüdischeDialog und die Bemühungen um eine»Theologie nach dem Holocaust« wür-den sich zu ihren Lasten entfalten.

Wer sich der Sprache von »Kairos«nicht verschließt, spürt wie hier inbewegenden Worten ein Schrei nachHoffnung zum Ausdruck kommt –inmitten einer bedrückenden Lage inNahost, inmitten des Versagens vonpolitisch Verantwortlichen aus denKonfliktparteien in Israel und bei Pa-lästinensern sowie im weiteren Um-feld im Nahen Osten. Zugleich bietetdas Kairos Papier theologische Deu-tungen und politische Positionierun-gen, die kritisch diskutiert werdenmüssen. In Bezug auf die Bibel beto-nen die Kairos-Autoren, dass beideTeile – Altes und Neues Testament –zusammengehören. Sie wählen einenklassischen kirchlichen Zugang: diechristologische Interpretation derTexte und die in Christus begründeteUniversalisierung biblischer Verhei-ßungen: das Land gehört Gott und

soll allen, die dort leben, ein Leben inGerechtigkeit und Frieden ermögli-chen.

Wir haben in den letzten Jahrzehntengelernt, dass das so genannte »AlteTestament« als hebräische Bibel, als»Tanach«, uns in einzigartiger Weisemit dem Judentum verbindet. Wirhaben gelernt, die christliche univer-sale Interpretation der Bibel nichtmehr gegen die partikulare Perspek-tive der jüdischen Tradition zu stellen.Ich kann dem Kairos-Papier zustim-men in der Ablehnung fundamentali-stischer Bibelinterpretationen, die dasLand exklusiv Juden zuschreiben wol-len, ohne zu verdrängen, dass dasJudentum eine jahrtausendealte Be-ziehung zu dem Land hat. Ich hoffe,dass es gelingen kann, das »natürlicheRecht« der Palästinenser klar anzuer-kennen, die als »freies Volk in unse-rem Land leben wollen« (Kairos), unddass wir zugleich in der Lage sind, »zueinem volleren Verständnis der tiefenBindung des Judentums an das LandIsrael« zu gelangen (Berliner Thesen,Internationaler Rat der Christen undJuden). Einen Ansatz dafür sehe ich indem beeindruckenden Satz im Kairos-Papier: »Gott hat uns als zwei Völkerhierher gestellt, und gibt uns, wennwir es nur aufrichtig wollen, auch dieKraft, zusammenzuleben und Gerech-tigkeit und Frieden zu schaffen, dasLand wahrhaft in Gottes Land zu ver-wandeln«.

Es ist dringlich, an einer sachgemä-ßen »Theologie des Landes« weiterzu-arbeiten – unter Aufnahme der pro-phetischen Perspektive, die das Woh-nen im Land mit der Verpflichtetheitzu gerechtem Handeln verknüpft.Religiös begründete Exklusivansprü-che von islamischer Seite (HamasCharta, Art. 11) oder von jüdischenSiedlern stehen den Bemühungenzum Ausgleich und Frieden im Weg.Eine weiterführende »Theologie desLandes« hätte dagegen die Aufgabe,das Potential zu Frieden und Gerech-

tigkeit der beteiligten Religionen he-rauszuarbeiten und Beiträge zurÜberwindung der jeweiligenExklusivan-sprüche zu leisten.

Die Besetzung der palästinensischenGebiete bestimmt mit all ihren Folgenden Alltag der Palästinenser und alsoauch das Kairos-Papier. Dabei bleibenaber andere wesentliche Aspekte desNahostkonflikts ungenannt: die Be-drohung Israels durch Iran, Waffen-lieferungen an Hisbollah, Raketenan-griffe auf Israel. Wir hören die Narra-tive der Palästinenser: die arabischeGeschichte des Landes, »Nakba«, Be-satzung – wir hören in unseren Be-gegnungen mit Israelis auch derenNarrative: die jüdische Geschichte desLandes, Holocaust, Kriege, anhaltendeBedrohungen. Angesichts der immerwieder durchbrechenden Einseitigkeitder Konfliktparteien, empfinde ich be-sonders die Passagen im Kairos-Papierbeachtenswert, die den »Widersacher«in eine Zukunfts- und Hoffnungsper-spektive mit einbeziehen und auchselbstkritisch eigene Verantwortungund eigene Probleme benennen.

Aus der reduzierten und so einseiti-gen Analyse des Konflikts folgt imKairos-Papier auch eine einseitigeHandlungsempfehlung: der BoykottIsraels. Ein solcher Aufruf zum Boy-kott weist Israel die alleinige Ursachedes Konflikts zu und macht Israelallein für die Lösung dieses Konfliktsverantwortlich. Von daher hat dieseEmpfehlung deutliche Zurückweisungerfahren. Statt Boykott und Divest-ment, die die Haltung der Einseitig-keit verstärken, können religiöseGruppen, Kirchen und Friedensinitia-tiven Foren der Begegnung bietenund für Investitionen in die Bildungs-arbeit und den interreligiösen Dialogzur besseren Wahrnehmung des je-weils Anderen eintreten, damit wirdem Ziel von Kairos näher kommen:»gemeinsam an einer Zukunft in Frie-den und Sicherheit zu bauen«.

s. a. S. 7, 9, 14-15 und 23

Pfr. Friedhelm Pieper war Referent auf derTagung »Zeit zu handeln««

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Der Lehrer Abdallah Abu Rahma de-monstriert seit 2005 in Bilin bei Ram-allah mit vielen anderen gegen diedort gebaute Sperranlage, durch diedie Hälfte des Landes von Bilin abge-trennt wurde. Der 40-Jährige wurdemehrmals verhaftet. Erst im März warer freigekommen – dafür hatte sichauch die Bundesregierung eingesetzt.Im Mai war er Referent der Tagung»Zeit zu handeln - Konsequenzen ausdem Kairos-Palästina-Dokument«. DasInterview hat Wiltrud Rösch-Metzler,Vizepräsidentin von pax christi geführt.

Herr Abu Rahma, Sie waren 16 Mo-nate in Haft. Sie haben Familie, dreikleine Kinder. Werden Sie sich nun vonDemonstrationen fern halten?Es ist sehr schwer, im Gefängnis ein-gesperrt zu sein. Es ist auch schwer,an den Aktionen nicht teilnehmen zukönnen – sie sind ein Teil von mir. Ichhoffe, dass wir den gewaltlosen Wi-derstand fortsetzen können, ohnedass jemand verhaftet wird. Es tutweh, wenn Freunde im Gefängnis sindoder vom Militär getötet werden.

Während Ihres Gefängnisaufenthaltsdurfte Ihre Familie Sie nur einmalbesuchen. Wie lässt das durchstehen?Mir hat sehr geholfen, dass mir meinRechtsanwalt von Briefen aus der

ganzen Welt berichtete. Dies gab mirviel Kraft. Ermutigend war auch, dassEU-Vertreter und Freunde zu meinenProzessen kamen. Als ich die ehema-lige italienische EuropaabgeordneteLuisa Morgantini im Gerichtssaal sah,wäre ich vor Freude fast aufgesprun-gen.

Wie ist die Lage Ihrer Mitgefangenen?Im Gefängnis sind unter 18-jährige,alte und kranke Menschen; manchesind dort seit über zehn Jahren. DieGefangenen haben viele Probleme.Einige dürfen nicht von ihren Familienbesucht werden, andere sind in Isola-tionshaft. Ich versuche hier das Gründer Bäume und Wiesen zu genießen –und muss immer an die Freunde imGefängnis denken. Meine Träume sindgroß, aber die Träume der Gefange-nen handeln nur davon, die Familiefünf Minuten länger zu sehen. Ichhoffe, dass alle bald frei kommen.

Seit wann engagieren Sie sich imgewaltlosen Widerstand?Ich habe 1987 während der 1. Intifadadamit begonnen – damals war ichSchüler im Gymnasium. An der Uni-versität ging es weiter und als Lehrerhabe ich Wert darauf gelegt, dassmeine Schüler lernen, ihre Problemegewaltlos zu lösen. Seit die Israelis2002 mit dem Mauerbau begonnenhaben, wenden wir gewaltlose Me-thoden intensiv und kreativ an.

Können Sie uns dazu Beispiele nennen?Einmal gingen wir als blau geschmink-te Avatare zur Demo. Dann »luden«wir die weltbekannten Führer der Ge-waltlosigkeit Gandhi, Martin LutherKing und Nelson Mandela »ein«.Nachdem das Versöhnungsabkommenzwischen Fatah und Hamas unter-zeichnet war, hatten wir zwei alsAbbas und Hanije Verkleidete dabei.

Unterstützt die palästinensische Au-tonomiebehörde Ihren Widerstand? Ja, vor allem, nachdem wir beimObersten Gerichtshof in Israel erfolg-

reich waren und das Urteil besagte,dass die Mauer zu unseren Gunstenversetzt werden muss, ermutigte unsdie Autonomiebehörde weiter zumachen. Premierminister Fayyad hatuns besucht und an einer Aktion teil-genommen. Vor kurzem hat uns Prä-sident Abbas eingeladen. Sie sprechenjetzt vom Modell Bilin und forderndie Palästinenser auf, nach diesemModell Widerstand zu leisten.

Wird der Staat Palästina einmal ohneArmee auskommen?Die Palästinenser wollen die gleichenRechte wie andere auch. Wenn ande-re Völker wie Israel Armeen haben,brauchen wir auch eine Armee. Wirwerden die Methoden der Gewaltlo-sigkeit aber auch nach dem Ende derBesatzung benötigen. Wir brauchendann Komitees, die diejenigen verfol-gen, die Gewalt angewendet haben.

Was ist der Preis für die gewaltfreienDemonstrationen?Der Preis, den wir bislang dafürbezahlt haben, sind 100 Verhafteteund zwei Tote.

Bilin ist ein muslimisches Dorf.Beteiligen sich auch Christen an dengewaltfreien Aktionen?Ja, aber eher in den Orten um Beth-lehem herum. Wir erhalten auch einestarke Unterstützung von einzelnenchristlichen Abgeordneten.

Hilft das Kairos-Palästina-Dokument,das hier diskutiert wurde, dem gewalt-freien Widerstand in Palästina?Ich bin sehr froh, dass ich hier zweiVerfasser des Textes gehört habe. Daszeigt, dass es christliche Persönlich-keiten gibt, die den gewaltlosenKampf unterstützen. Das gibt mirKraft für den Widerstand. Ich wün-sche mir, dass mehr Menschen inPalästina und außerhalb dieses Do-kument kennenlernen und unter-stützen.

siehe auch S. 7, 8, 14-15, 23

Widerstand - gewaltfrei, kreativ, erfolgreichInterview mit Abdallah Abu Rahma – Aktivist gegen die Sperranlage

Abu Rahma in Bad Boll - Anfang Juli hatIsrael ein Urteil umgesetzt, das vom Obers-ten Gerichtshof vor vier Jahren gefällt wor-den war: Ein Teil der Sperranlage musste ent-fernt und die Hälfte des unrechtmäßig ab-getrennten Landes zurückgegeben werden:Ein großer Erfolg für jene, die seit Jahren ge-waltlos gegen die Landnahme demonstrieren.

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Ökologische Spiritualität Dialog mit der Ursprungsquelle des Seins

Bei der Tagung »Was ist dem Men-schen zuzutrauen?« wurde angesichtsder Tatsache, dass die Menschen dieFülle des Lebens auf dem Planeten ge-fährden, die Frage nach den Potenzia-len moralisch-ethischen Verhaltensgestellt. Studienleiter Dr. Günter Renzreflektiert die globale ökologischeKrise.

Der Nobelpreisträger Paul Crutzenforderte im Jahre 2002 in der renom-mierten Zeitschrift Nature: »Lasst unsFarbe bekennen; nennen wir das jet-zige erdgeschichtliche Zeitalter, dasvor 200 Jahren begonnen hat, nachseiner dominanten Macht: Anthropo-zän.« Im Jahr 2009 unternahmen Wis-senschaftler in derselben Zeitschriftden Versuch, für neun Aspekte abzu-schätzen, ob die Grenzen der nach-haltigen Tragfähigkeit der Erde durchdiese Macht – den Menschen – ge-fährdet oder schon überschritten sind.In drei Bereichen ist danach letzteresder Fall: Klimawandel, Artensterben,Stickstoffkreislauf. In anderen wirddie Grenze sehr bald erreicht sein:etwa bei der Versauerung der Meereund der Frischwassernutzung. Solltenausgerechnet wir in einer Zeit leben,in der die Erde an den Rand gerät?Der Physiker J. Richard Gott hat denSpieß dieser Frage herumgedreht undgemeint, wir bräuchten uns nicht zu

wundern, dass wir heute leben, dennheute sei nun mal die Zeit, in der sehrviele Menschen leben (im Gegensatzzu früheren und kommenden Zeiten). Einige Philosophen haben den Ernstder Lage des Planeten erkannt. PeterSloterdijk entfaltet auf 700 Seiten dieGeschichte des sich übenden Men-schen, um auf den letzten zu offen-baren, dass es heute die Sorge umdas Ganze ist, die den Imperativ zusprechen vermag: Du musst deinLeben ändern. Hans Jonas hat schon1979 in seinem Werk »Das PrinzipVerantwortung« von der Treue zumverwandten Ganzen gesprochen. Nunwird uns dieses Ganze immer präsen-ter: Bilder von den hungernden Men-schen am Horn von Afrika, vonschmelzenden Gletschern, von abge-schlachteten Walen, aber auch Bildervon den ihre Rechte einforderndenDemonstranten kommen uns nah. Wirerfreuen uns an den Tierherden derSerengeti und immer tiefer gräbt sichdas Bild des blauen Planeten als Sym-bol unserer Zusammengehörigkeit inunser kollektives Gedächtnis. Hölder-lins Verse: »Wo aber Gefahr ist,wächst / Das Rettende auch« kom-men in den Sinn. Denn wann hättedie Menschheit nicht nur so viel wis-senschaftliches Wissen gehabt, son-dern auch so viel wahrnehmendesund mitfühlendes Wissen um das Lei-den anderer Menschen und Mitge-schöpfe und mehr besorgtes Wissenum unsere bedrohte Ökosphäre? Diesimpliziert Austausch, Diskurs, Protes-te, Aktionen von Nichtregierungsor-ganisationen und auch – so bitter ihrbisheriges überwiegendes Scheiternist – internationale Konferenzen undVerpflichtungen.

Welche Rolle spielen Theologie undReligionen in dieser weltgeschichtlichexzeptionellen Situation? Gibt es einaufrüttelndes Wort des Papstes oderder Evangelischen Kirche in Deutsch-land? Man möchte fragen: Bleibenreligiöse Menschen durch ihren Glau-ben in fahrlässiger Weise gelassener?

Ist ihr Engagement schon durch an-deres (sehr wichtiges) absorbiert?Eine vernünftige global-orientierteinternationale Politik wird nur danndurchsetzbar sein, wenn in den Be-völkerungen die Sensibilität weiterwächst.

Kann hier eine neue Spiritualitätunterstützend wirken? Leonardo Boffs2010 erschienenes Buch »Die Erde istuns anvertraut« hat in der deutschenÜbersetzung den Untertitel »Eine öko-logische Spiritualität«. Der spirituelleMensch hat nach Boff die Fähigkeit,»mit der Ursprungsquelle allen Seinsin Dialog zu treten, die er wahr-nimmt, wenn er die gesamte Wirk-lichkeit durchschreitet. Er kann indemütige Kommunikation mit jenerhöchsten Wirklichkeit treten und siein sich selbst in Gestalt von Begeiste-rung, jener inneren Energie, die dasLeben bewegt und alle Pläne beseelt,wahrnehmen« (S. 206). Die Spirituali-tät, für die er wirbt, mündet in eineEthik, die sich kennzeichnen lässtdurch das Ins-Recht-Setzen der Di-mension von Pathos (Mitleid, Sympa-thie, Erbarmen) im Unterschied zu derdes Logos, durch Sorge, Respekt, Soli-darität und Kooperation und schließ-lich durch Verantwortung. Im Blickauf Letztere formuliert Boff in Anleh-nung an Jonas als neuen kategori-schen Imperativ: »Handle so, dass dieFolgen deines Handelns das Lebenund die Zukunft nicht zerstören«,sondern »das Leben, die Fürsorge, dieKooperation und die Liebe fördern«(S. 204). Es ist leicht, Detailkritik anBoff zu üben, etwa an seiner Aufnah-me der Gaia-Hypothese, nach der dieErde als Lebewesen zu verstehen sei,oder an seinen teleologischen Formu-lierungen, auf die Wissenschaftlermeist allergisch reagieren. Aber wermit ihm überhaupt eine Gesamtschauzu unternehmen bereit ist – und Boffdurchschreitet in seinem Buch dieFülle des Wissens der Menschheitheute vom Urknall über die Evolutiondes Menschen bis zur Noosphäre –wird sich der Sorge um das Ganzenicht entziehen können.

siehe auch S. 14, Onlinedokumente

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und hält Vorträge. Im Zentrum ihresBerufslebens steht also ein Teil ihrerIdentität, den sie selbst in Interviewsals »Mosaiksteinchen« bezeichnet.Dass dieser Aspekt eine wesentlicheRolle im Leben der Lamya Kaddorspielt, hat zweifellos mit ihrer Über-zeugung zu tun – und damit, wie siewahrgenommen wird. Denn so einewie sie wünscht sich die deutscheÖffentlichkeit: Eine Muslimin, die keinKopftuch trägt, die engagiert für De-mokratie und Menschenrechte ein-tritt, die für einen Islam plädiert, dermit der Zeit geht. Bequem ist sie des-wegen nicht. In ihrem Vortrag in derEvangelischen Akademie Bad Bollschreibt sie der christlichen Mehr-heitsbevölkerung in Deutschland insStammbuch: »Nicht andere sagen mir,was der Islam ist oder sein sollte,sondern ich möchte bestimmen, wieich meinen Islam lebe. Wenn dazu einKopftuch aus religiöser Überzeugunggehört, sollte man dies akzeptieren.«Kaddor trägt kein Kopftuch, weil sieglaubt, in einer Gesellschaft wie derdeutschen sei seine ursprünglich in-tendierte Schutzfunktion nicht mehrnotwendig. Sie will sich nichts vor-schreiben lassen. »Jedes Individuumsoll seine religiöse und moralischeVerantwortung mit Gott ausmachen.Es kann nicht sein, dass das islami-sche Kollektiv immer wieder versucht,hier regulierend einzugreifen«, sagtesie dem Kölner Stadtanzeiger zumBeginn des Ramadans im August.

Themen wie die Frage nach alternati-ven Lebensentwürfen oder die Frauen-frage müssten diskutiert werden,doch die konservativen islamischenVerbände hätten daran kein Interesse.»Der Islam besteht zwar immer ausder gleichen Theologie, aber er kannund muss für das Leben interpretiertwerden. Hier ist die Theologie aufge-fordert, mit den Veränderungen in derWelt Schritt zu halten, anstatt zuversuchen, diese Entwicklungen auf-zuhalten.« Ihre Position, die sie selbstals die Mitte zwischen Islamkritik und

Lamya Kaddor Porträt einer muslimischen Powerfrau

Von Katja Korf

Die Wurzeln von Islamfeindlichkeitund Fremdenhass beleuchteten An-fang Juli christliche, jüdische und mus-limische Theologinnen bei der Inter-religiösen Konferenz EuropäischerTheologinnen (IKETH e. V., s. a. S. 12) inder Evangelischen Akademie Bad Boll.Lamya Kaddor, Islamwissenschaft-lerin, Pädagogin und Autorin, lieferteeine muslimische Perspektive.

»Ich weiß, ich spreche schnell. So istdas, wenn man etwas mehr Tempera-ment hat.« So entschuldigt sichLamya Kaddor, bei ihrem Vortrag inder Evangelischen Akademie Bad Boll.Das Temperament der 32-Jährigenspürt jeder, der ihr zuhört. Die Frau,die in Deutschland als Tochter syri-scher Eltern geboren wurde, sieht sichals Vertreterin eines liberal-gläubigenIslam, den sie hier unterrepräsentiertempfindet: »Wer sich ernsthaft mitdem Islam in Deutschland beschäfti-gen will, der darf nicht nur den sogenannten Islamkritikern auf dereinen und den islamischen Funda-mentalisten auf der anderen Seitezuhören«. Die liberalen, gläubigenMuslime seien in der Mehrheit, wür-den jedoch kaum wahrgenommen.

Kaddor bezeichnet sich als Berufs-muslimin, arbeitet als Religionspäda-gogin und Dozentin, schreibt Bücher

MenziusZur Aktualität des chinesischenPhilosophen Menzius (371-289 v. Chr.)Der Sinologe Henrik Jäger schreibt inseinem Menzius-Lesebuch: »In einerZeit, in der die Bedrohung für dasganze Leben auf der Erde steigt, hö-ren sich Menzius’ Einsichten beklem-mend aktuell an. In seinem Denkenist das wirkliche Menschsein unmit-telbar mit einem nachhaltigen Um-gang mit den Ressourcen und miteiner weit blickenden Verantwortungfür die nachfolgenden Generationenverbunden. Also wird jener Menschseinem Menschsein gerecht, der dieunendliche Kostbarkeit des Lebensspüren und in seinem Denken undHandeln sichtbar machen kann.« Ineinem seiner bekanntesten Gleich-nisse vergleicht Menzius die Naturdes Menschen mit dem nach untenströmenden Wasser eines Flusses.Das Wasser ist gleichermaßen Sinn-bild der gelassenen Klarheit, der Be-wegung, der Wechselseitigkeit zwi-schen Fluss und Flussbett und derEinbindung in den Kreislauf der Na-tur. In diesem Kreislauf drückt sichdas Gute aus. So wird das WasserSinnbild der guten Natur des Men-schen, denn nach Menzius haben alleMenschen die Tendenz zum Gutenwie das Wasser die Tendenz hat,nach unten zu strömen. Menzius er-hellte den Fürsten und Königen, dieihnen unbewussten Hintergründeihres verantwortungslosen Umgangsmit der Macht. Dabei wurde ein lei-denschaftlicher Glaube an eine »guteMacht« deutlich, ein kompromisslo-ses Eintreten für eine menschlicheund gerechte Regierungspolitik, nachder sich Menschen in allen Zeiten sosehr sehnen. Für Menschen aus allenErdteilen stellt sich heute so ein-dringlich wie nie zuvor die Fragenach der Zukunft der Menschheit.Wenn wir diese Fragen in ihrer vollenTragweite hören, werden wir erfah-ren, dass Menzius auch nach 2300Jahren unserer tiefsten Sehnsucht zuantworten vermag.

Wolfgang Wagner zur PhilosophischenSommerakademie »Menzius - den Men-

schen gerecht«, 30.8. bis 2.9.2011

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InterreligiöseKonferenzEuropäischerTheologinnen(IKETH)

Der Verein IKETH wurde 2001 in derEvangelischen Akademie Bad Bollgegründet. Er ist eine konfessionellund religiös offene Gruppe von The-ologinnen aus Judentum, Christen-tum und Islam, die sich für Ge-schlechtergerechtigkeit und dieGleichstellung von Theologinnen inihren religiösen Gemeinschaften ein-setzen. Zu IKETH gehören derzeitdrei Organisationen und 63 Frauenaus Deutschland, Schweden, Däne-mark, Niederlande, Belgien, Großbri-tannien, Irland, Finnland, Schweizund Österreich. Sie alle bringen einegroße Vielfalt von spirituellen, kul-turellen und religiösen Erfahrungenund Traditionen in den interreligiö-sen Dialog ein, mit dem IKETH einenBeitrag zur friedlichen Verständi-gung in Europa geben will.

IKETH veranstaltet jährlich eine Ta-gung für Mitglieder und andere inte-ressierte Theologinnen. Aus feminis-tisch-theologischer Perspektivewerden Texte aus allen drei Religio-nen studiert. Einsichten aus derWissenschaft werden mit Fragenund Erfahrungen aus der praktischenArbeit in Gemeinden und Einrichtun-gen verknüpft. Wichtig ist auch derAustausch über lokale interreligiöseProjekte und die Vernetzung für zu-künftige Projekte.

IKETH ist im Internet präsent mit der Website www.iketh.eu sowie alsGruppe auf Facebook und LinkedIn.Interessierte Theologinnen sindherzlich eingeladen, IKETH beizutre-ten und daran mitzuwirken, dassIKETH noch mehr mit anderen euro-paweit arbeitenden Organisationenfeministischer, religiöser und politi-scher Art zusammenarbeiten kannund Einzelne oder Gruppen gewinnt,die den interreligiösen Dialog ideellund finanziell unterstützen.

Susanne Wolf

islamischem Fundamentalismus be-schreibt, verschafft Kaddor Feinde inbeiden Lagern. Im Internet kursiertenFotos von ihr, auf denen ihr das Wort»Ungläubige« auf die Stirn tätowiertwar. Auch auf der anderen Seite derIslamdebatte macht sich Kaddor nichtbeliebt. Immer wieder bekommt dieIslamwissenschaftlerin Zuschriftenmit dem Inhalt, sie sei keine Deutscheund solle »nach Syrien abhauen«.Unterstützung für die hier lebendenMuslime, gerade von Spitzenpoliti-kern, hat sie vor allem in der Diskus-sion um das umstrittene Buch ThiloSarrazins vermisst. Das Statement vonBundespräsident Wulff, der Islam ge-höre zu Deutschland, begrüßt sie.

Lamya Kaddors eigene Biographie be-ginnt 1978 im westfälischen Ahlen.Dort wird sie als Tochter syrischer Ein-wanderer geboren. Als die Entschei-dung ansteht, ob das Mädchen zumGymnasium wechseln will, rät dieKlassenlehrerin zur Realschule. Kaddorschreibt dazu in ihrem Blog »LamyasWelt«, es sei keineswegs um mangeln-de Leistungen gegangen: »Beinahealle aus meinem Bekannten- undFreundeskreis mit Migrationshinter-grund, die das Abitur gemacht haben,haben nach der Grundschulzeit keineGymnasialempfehlung bekommen.Bezeichnend oder einfach nur Zufall?«Kaddor machte trotz der Widerständedas Abitur und schloss 2008 ein Ma-gisterstudium der Arabistik und Islam-wissenschaft, Erziehungswissenschaftund Komparatistik an der UniversitätMünster ab. Sie bildete dort vier Jahreislamische Religionslehrer und –lehre-rinnen aus und unterrichte selbst alsLehrerin. Sie hat am ersten islami-schen Schulbuch für den Religionsun-terricht mitgearbeitet und einen Kin-derkoran veröffentlicht. Ihr Buch»Muslimisch – weiblich – deutsch!Mein Weg zu einem zeitgemäßenIslam« ist im vergangenen Jahr er-schienen. Talkshowauftritte, Inter-views, Streitgespräche, ein eigenerBlog und dazu die eigene Familie miteiner Tochter – Lamya Kaddor hat sichein beeindruckendes Pensum aufer-legt. Wer das bewältigen möchte,macht gezwungenermaßen Tempo.Auch beim Vortragen.

Von Jürgen Schäfer, Redakteur, NWZ, Göppingen

In der Evangelischen Akademie BadBoll beschäftigten sich Ende JuniFachleute mit sexuellem Missbrauchin Internaten, Schulen oder Vereinen.Es waren auch Opfer - Mitglieder desVereins »Glasbrechen« – anwesend.

Die Abgründe an der Odenwaldschule,die ganz Deutschland im Jahr 2010erschüttert haben, wurden in Bad Bollbeleuchtet. Ganze Generationen vonSchülern waren an der Schule einemMissbrauch mit System ausgesetzt,sagt Jochen W., eines der Opfer. Unddies ausgerechnet an einer Elite-schule, die nach dem Krieg eine ersteAdresse für Familien des Widerstandsgegen die Nazis war und gleichzeitigoffen für Kinder aus einfachen Ver-hältnissen. Jochen W. wurde im Alterzwischen 12 und 14 Jahren miss-braucht, von einem Lehrer, der ihm»Wärme gab und ein Nest«. Miss-braucht heißt in diesem Fall: be-grapscht werden, Übergriffe, Annähe-rungsversuche. Weitergehende Gewaltkonnte er zurückweisen. Und nocheinmal, mit 18, widerfuhr ihm dasUnglaubliche. Der Leiter der Vorzeige-schule, Gerold Becker, sei nackt nebenihm gelegen und habe ihn verführenwollen: »Ach Jochen, probier es dochmal aus. Du weißt doch gar nicht, wieschön es ist.« Bizarr: Denselben Schul-leiter und Knabenschänder, der zuden oberen Zehntausend im Landzählte, der auch schon im Bundestagsprach und Astrid Lindgren in seinerSchule empfing, hatte Jochen W. einhalbes Jahr später als Prüfer immündlichen Abitur. »Er hat mich nicht gut wegkommen lassen.«

Heute ist Jochen W. 51, selbst Lehrerund Familienvater. Er trat heraus ausdem Dunkel, das über dem Missbrauchlag und das mancher Betroffene garnicht verlassen mag, weil Schweigen

Missbrauchs-OpferErfahrungen eines Betroffenen

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weniger schmerzhaft sei. Der Schritthat ihn Kraft gekostet. Aber JochenW. will »kämpfen für die Schule derZukunft«. So hat er sich für den Film»Und wir waren nicht die Einzigen«zur Verfügung gestellt. Dort schilderter als einer von sechs Betroffenen dieZustände an der Odenwaldschule –stellvertretend für 130 Missbrauchs-opfer. Jochen W. hat sich der Vereini-gung »Glasbrechen« angeschlossen,die gegen sexuellen Kindesmissbrauchkämpft. Es kostet ihn immer nochKraft, auch jetzt wieder in Bad Boll.Seit 35 Jahren belastet ihn »das Leid,das ich erfahren habe«.

Missbrauch, so wird in der Tagung ge-sagt, verjährt beim Opfer nicht. Im-merhin hat es Jochen W. geschafft,den Hass auf seine Peiniger zu über-winden. Das sei wichtig zum Selbst-schutz. Denn: »Hass bindet einen anden Täter«, sagt er. Manche seiner Lei-densgenossen »stecken noch im Hass«.

Im Publikum sitzt einer, der die Oden-waldschule als Besucher kannte.Georg Becker, emeritierter Professor

für Lehrerausbildung an den Univer-sitäten Freiburg und Heidelberg sowiean der Pädagogischen HochschuleSchwäbisch Gmünd. Er hat seine Stu-denten in den 60er bis 80er Jahrenregelmäßig zur Odenwaldschule ge-führt, um ihnen Reformpädagogik zuzeigen. Rückblickend graust ihn das.»Ich habe das immer als transparenteSchule erfahren, ältere Schüler habenuns geführt. Es herrschte dort einoffener, radikal-demokratischer Ton.«Den Schulleiter Becker, einen Namens-vetter, hat er natürlich gekannt. Heu-

te analysiert er: »Die Odenwaldschulehatte verkommene Subsysteme.« DieEnthüllungen haben Georg Becker sobeschäftigt, dass er ein Buch ge-schrieben hat. Pädagogen mit insge-samt tausend Dienstjahren hat er in-terviewt, um »Sexualität an der Schu-le« zu fassen. Ergebnis: Keiner habeihm gravierende Vorfälle berichtet.Georg Becker schließt daraus: »Esbleibt ein Dunkelfeld.«

Schulen müssen mehr gegenMissbrauch unternehmen

Schulen, Internate und Heime, aberauch Sportvereine müssen verstärktMaßnahmen ergreifen, um sexuellenMissbrauch zu verhindern und mitBetroffenen angemessen umgehenzu können. Das betonten Expertenaus Wissenschaft und Politik bei derTagung »Sexuelle Gewalt an Schu-len« (27./28. Juni). Vertreter desVereins »Glasbrechen«, dem Opfervon Missbrauch angehören, forder-ten verbindliche Vorgaben für Schu-len. Außerdem müssten unabhängi-ge Experten die Umsetzung solcherMaßnahmen beurteilen.

Dr. Christine Bergmann, unabhängi-ge Beauftragte zur Aufarbeitung dessexuellen Kindesmissbrauchs, sagte:»Jede Einrichtung, die mit Kindern

und Jugendlichen arbeitet, muss wis-sen, wie sie sexuellem Missbrauchvorbeugt und mit Verdachtsfällenangemessen umgeht. Sexueller Miss-brauch kann an jeder Schule vor-kommen, das zeigen die Forschungs-ergebnisse.« 32 Prozent jener vonMissbrauch Betroffenen, die sich andie von Bergmann geleitete Anlauf-stelle in Berlin wandten, berichtetenvon Übergriffen in Institutionen, wie-derum 24 Prozent dieser in Einrich-tungen missbrauchten Männer undFrauen wurden in der Schule zumOpfer. Außerdem komme der Schuleauch bei Missbrauch in der Familieeine Schlüsselrolle zu. So gaben ineiner Umfrage des Deutschen Jugend-instituts (DJI) unter Schulleitern einDrittel der Interviewten an, es habe in den vergangenen drei Jahren Ver-dachtsfälle von Missbrauch im fami-liären Umfeld von Schülern gegeben.

Die Hälfte aller Missbrauchsfälle, sodie DJI-Studie weiter, käme ansLicht, weil sich Opfer an Personenaus ihrem Umfeld anvertrauten –das seien sehr oft Lehrer. »Deshalbbrauchen wir mehr Fortbildung inallen pädagogischen Bereichen. Esreicht nicht aus, wenn nur ein Be-ratungslehrer Fachwissen hat«, be-tonte Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ärztli-cher Direktor der Klinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie/Psychothe-rapie des Universitätsklinikums Ulm,einer der verantwortlichen Wissen-schaftler der Begleitforschung.Ziel der Tagung war es, Konzeptezur Prävention von sexuellem Miss-brauch zu erarbeiten. Veranstalterwaren die Evangelische AkademieBad Boll und die VereinigungDeutscher Landerziehungsheime.

Katja Korf, PM, 28.6.2011

bleibt man ein Leben lang- Mitglied des Vereins »Glasbrechen«

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Text- und AudiodokumentWas ist dem Menschen zuzutrauen?Das ethische Potenzial desMenschen2.-3. Juli 2011, Bad BollMichael Windfuhr, stellvertretenderDirektor des Deutschen Instituts fürMenschenrechte sprach auf der Ta-gung über Das Spiel der Kräfte inder Menschenrechtspolitik. Der Vor-trag, der einen lebendigen Eindruckvon den internationalen Diskussionenund Problemen gibt, ist als Tondoku-ment verfügbar. Im Blick auf die Re-aktorkatastrophe in Fukushima erör-terte der Journalist Jens-ChristianRabe aus München das Problem desHeldentums in liberalen Gesellschaf-ten: Heldentum in Fiktion undRealität. Warum der liberale StaatHelden braucht und Stars bekommenhat. (Textdokument)

TextdokumenteStrategische Herausforderungen inder Diakonie. Zwischen Fürsorgeund Wettbewerb24. bir 25. Mai 2011, Bad BollDie unternehmerische Diakonie stehtvor vielen Herausforderungen. DieSozialpolitik will Wettbewerb undfördert zugleich behördliche Aufla-gen. Der Markt entwickelt sich, aberdie Wettbewerber arbeiten unter ver-schiedenen Rahmenbedingungen. DieKirche erwartet wirtschaftlichen Er-folg bei hohen Personalkosten. In derTagung ging es um die Kunst, zwi-schen solchen Widersprüchen erfolg-reich zu führen. Im Internet sind zweiBeiträge zu der Tagung verfügbar:Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vor-standsvorsitzender des DiakonischenWerks Württemberg sprach zum

psychischen Innenwelten.« Mit diesenWorten beginnt das Buch »Erschöp-fende Arbeit«, Gesundheit und Prä-vention in der flexiblen Arbeitswelt,das Helga Dill zusammen mit Prof. Heiner Keupp herausgegeben hat. Siewar Referentin auf der 4. Burnout-Tagung in der Evangelischen Akade-mie Bad Boll, zu der jährlich sehrviele Personalverantwortliche undWerksärzte, Betriebsräte und Perso-nalräte kommen, um gemeinsam zuüberlegen, welche betrieblichen Prä-ventionen notwendig sind, um denUrsachen (betrieblichen) psychischerBelastungen begegnen zu können.Ihre Powerpointpräsentation ist aufder Website der Evangelischen Aka-demie Bad Boll zu finden.

TextdokumenteZeit zu handeln. Konsequenzen ausdem Kairos-Palästina-Dokument20.-22. Mai 2011, Bad BollZu der Tagung sind drei Beiträge ineinem Online-Dokument verbunden.1. Kein theologischer Deckmantelüber die Sünde der Besatzung –

Eine Stellungnahme aus dem christ-lich-jüdischen Dialog von Pfr. Fried-helm Pieper - vollständige Fassung2. Man greift zu Boykott, wenn diePolitik versagt hat. Interview mit derin Berlin lebenden israelischen Frie-densaktivistin Iris Hefets von WiltrudRösch-Metzler3. Kaum bei uns bekannt: Brief von26 Elder Statesmen an den Präsi-denten des Europarats vom 2.Dezember 2010

Thema Die Weiterentwicklung derDiakonie und was dazu nötig ist.Der Beitrag von Cornelia Coenen-Marx, Oberkirchenrätin bei der EKDDiakonie und Kirche im Spannungs-feld von Fürsorge und Wettbewerbanalysiert die Hintergründe, die zueiner zunehmend wettbewerblichenAusrichtung unseres Sozial- und Ge-sundheitssystems geführt haben. Siebeschreibt den Paradigmenwechsel,der seit den 90er Jahren in unseremSozial- und Gesundheitswesen statt-findet und der nicht nur die Struktu-ren diakonischer Arbeit, sondernzwangsläufig zum Teil auch den Geistbetrifft. Cornelia Coenen-Marx be-tont, dass es bezüglich der Gepflegtenwie auch der Pflegenden um den Kerndessen geht, was wir unter Mensch-lichkeit verstehen. Sie bringt auch dieUN-Charta ins Spiel: »Es wird nochlange dauern, bis die Teilhaberechte,die in der UN-Charta für behinderteMenschen festgelegt sind, auch aufandere Hilfsgruppen übertragen wer-den – denn das könnte heißen, ernstzu machen und unser Sozialsystemvom Kopf auf die Füße zu stellen.«

TextdokumenteBurnout begegnen.Herausforderung im betrieblichenKontext30. Juni bis 1. Juli, Bad Boll»Die Entwicklung hin zu einem globa-len Kapitalismus hat die Lebens- unddie Arbeitsbedingungen der Men-schen grundlegend verändert. DieseVeränderungen betreffen nicht nurdie äußere Welt, sondern haben er-hebliche Konsequenzen auch für die

Onlinedokumente auf der Internetseite der AkademieText- und Tondokumente von Vorträgen und Diskussionen aus Tagungen derEvangelischen Akademie Bad Boll können Sie herunterladen und zu Hauselesen oder anhören. Alle Onlinedokumente – Texte und Audio-Dateien – finden Sie unter: www.ev-akademie-boll.de/onlinedokumente

Iris Hefets

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Was kommt?Tagungen vom 9.9.-31.12.2011

Untrügliche Zeichen vonVeränderung. Chancen für eineneue Flüchtlingspolitik9.-11. September 2011, Bad BollFlüchtlinge werden in Deutschlandnoch immer ausgegrenzt und diskri-miniert. Medizinische Versorgung undUnterbringung sind unzureichend;Flüchtlinge haben keinen oder nur ei-nen erschwerten Zugang zum Arbeits-markt und zu Bildung. Eine humanereFlüchtlingspolitik ist notwendig – wasträgt die neu gewählte Landesregie-rung in Baden-Württemberg dazu bei?Tagungsnummer: 430711Tagungsleitung: Dr. ManfredBudzinski, Ulrike Duchrow, BerndMesovic, Annette StepputatInfos: Reinhard Becker, Tel. (07164) 79-217, Fax 79-5217reinhard.becker@ev-akademie-boll.dewww.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/430711.pdf

Vernissage Stiftung ChristlicheKunst in Wittenberg. ChristlicheGraphik im 20. Jahrhundert11. September 2011, Bad BollDie Stiftung Christliche Kunst Wit-tenberg wurde im Juli 2001 von demStifterehepaar Dr. Gisela Meister-Scheufelen und Dr. Ulrich Scheufelengegründet. Sie beinhaltet eine außer-gewöhnliche Sammlung von Graphi-ken international bekannter Künstlerdes 20. Jahrhunderts zu christlichenThemen. Eine Auswahl der Werke istbis 23. Oktober in der EvangelischenAkademie Bad Boll zu sehen.Tagungsnummer: 936211Tagungsleitung: Susanne WolfInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Entwicklungspolitische Kriterien imethischen Investment. Fachtagungzu nachhaltigen Geldanlagen15.-16. September 2011, Bad BollEthische Geldanlagen orientieren sichbislang vor allem an ökologischen undsozialen Kriterien. Inzwischen gibt esauch erste Fonds, die entwicklungs-

politische Kriterien berücksichtigen.Die Tagung stellt solche Geldanlagenvor und lädt zur Diskussion über diedahinter stehenden Konzepte ein.Tagungsnummer: 620811Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann,Dr. Karin BasslerInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Morbus GKV – Heilungschancen für das Gesundheitssystem?16.-18. September 2011, Bad BollGesundheitsreformen sind notwendig,um unerwünschte Entwicklungen zukorrigieren und neuen Herausforde-rungen zu begegnen. Aber wie musssich das Gesundheitssystem entwi-ckeln, damit es heilsam wirken kann?Experten stellen alternative Modellemit Stärken und Schwächen vor. Sieentwerfen ein zukunftsfähiges Ge-sundheitssystem, in dem Solidaritätund soziale Verantwortung eine zen-trale Rolle spielen.Tagungsnummer: 411411Tagungsleitung: Dr. Günter Renz, Dr. Ellis Huber, Wolf-Ingo GobinInfos: Susanne Heinzmann, Tel. (07164) 79-212, Fax 79-5212susanne.heinzmann@ev-akademie-boll.dewww.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/411411.pdf

Solidarisch wirtschaftenEine andere Ökonomie ist möglich16.-17. September 2011, Bad BollWirtschaften zum Wohle der Men-schen: Wie diese Vision in die Praxisumgesetzt wird, zeigen bei der Ta-gung Genossenschaften, Dorfläden,selbstverwaltete und von Belegschaftübernommene Betriebe wie hessnatur.Immer mehr Unternehmen und Pro-jekte beweisen, dass selbstverant-wortliches, solidarisches, gemein-wohlorientiertes und demokratischesWirtschaften möglich ist.Tagungsnummer: 270311Tagungsleitung: Jens Junginger,Reinhard Hauff, Bernhard Franke,Silke Wedemeier, Dagmar EmbshoffInfos: Petra Randecker, Tel. (07121) 161771, Fax [email protected]/tagungen/details/270311.pdf

TextdokumentBestattungskultur - Abschiedgestalten. Tagung der AltenPflege-HeimSeelsorgenden in Württemberg2.-4. Mai 2011, Bad BollDie Tübinger Professorin Dr. BirgitWeyel hielt bei der Tagung zur Be-stattungskultur einen VortragTheologische Grundlegungen undpraktische Konsequenzen. In ihrerEinführung beschreibt sie die vier Teileihres Vortrags: 1. Zum Verständnis derBestattung im Wandel. Hier soll esdarum gehen, die Phänomene des kul-turellen Wandels zu konzeptualisie-ren. Wie lässt sich unsere Bestat-tungskultur gegenwärtig beschreibenund verstehen? Die Wahrnehmungund Zusammenschau der Phänomenesoll hier am Anfang stehen. 2. DieBestattung als Kasualie. Die Bestat-tung wird in der Praktischen Theolo-gie als Kasualie verstanden. WelcheImplikationen hat es, wenn man dieBestattung nicht mehr als Amtshand-lung versteht? Was lässt sich für dasVerständnis der Bestattung gewinnen,wenn man sie nicht isoliert betrach-tet, sondern mit der Taufe, der Konfir-mation und der Trauung in einen Zu-sammenhang stellt? 3. Die Predigtzwischen Biographie und Eschatolo-gie. Die Predigt am Grabe ist ein Spe-zialfall und zugleich das Paradigmader evangelischen Predigt. Von derHoffnung auf Leben über den Todhinaus öffentlich zu sprechen – dasist die große Herausforderung. Hierist die Kirche bei ihrem zentralenAuftrag. Hier geht es um das Ganze.Zwar ist die Verkündigung dieserHoffnung die Aufgabe jeder Predigt,aber die Predigt am Grab ist nocheinmal etwas Besonderes, weil sieaugenfällig im Angesicht des konkre-ten Todes eines einzigartigen Men-schen geschieht. Schließlich 4. Thesenzur Gestaltung.

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Ausdruck als auch der Austausch zwi-schen Mensch und Mensch im Mit-telpunkt.Tagungsnummer: 451211Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers,Norbert Brugger, Dezernent,Städtetag Baden-WürttembergInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]/tagungen/details/451211.pdf

Versöhnung in Sri Lanka. Hindernisse und Perspektiven in der Nachkriegszeit in einemzweigeteilten Land30.9.-2.10.2011, Bad BollOffiziell ist der Bürgerkrieg zwischenSinghalesen und Tamilen in Sri Lankabeendet, doch die Lage bleibt ge-spannt. Vor allem jene Menschen, diesich für Frieden einsetzen, haben dieHoffnung verloren. Wir betrachten dieSituation im Nordosten und im Südendes Landes, die Lage der Flüchtlingeund die Folgen der Militarisierung.Was kann, was will die europäischeDiaspora zur Versöhnung beitragen?Tagungsnummer: 430811Tagungsleitung: Dr. ManfredBudzinski, Hedwig Held, RanjithHenayaka-LochbihlerInfos: Reinhard Becker, Tel. (07164) 79-217, Fax [email protected]

Selbstheilungskräfte aktivieren –Gesundheit fördern. Mit Elementenaus Feldenkrais und Yoga1.-3. Oktober 2011, Bad BollFeldenkrais-Arbeit und Yoga-Praxisbereichern und vertiefen sich gegen-seitig. In diesem Seminar lernen wirgemeinsame Elemente der beidenMethoden kennen: achtsames Üben,Schulung der Wahrnehmung, In-Kontakt-Kommen mit sich und demUmfeld, Pflegen körperlicher und geis-tiger Ressourcen, Verwandeln been-gender Muster zu mehr Offenheit,Toleranz und Kreativität.Tagungsnummer: 401511Tagungsleitung: Christa EngelhardtInfos: Erika Beckert,

Tel. (07164) 79-211, Fax [email protected]/tagungen/details/401511.pdf

Abschied von der ErwerbsarbeitAufbruch ins Morgen, Weichenstellen5.-8. Oktober 2011, Bad BollAltersteilzeit, Vorruhestand und Ruhe-stand sind verbunden mit dem Ab-schied aus vielen Rollen und Bezie-hungen. Die Chancen der neuen Le-bensphase für Beziehung, Freizeitakti-vitäten und Engagement für anderezu erkennen, ist das Ziel des Seminars.Tagungsnummer: 700211Tagungsleitung: Dr. Karlheinz Bartel,Margit MetzgerInfos: Ingrid Brokelmann, Tel. (07131) 982330, Fax [email protected]

Den Tieren gerecht werdenDas Mensch-Tier-Verhältnis inChristentum und Buddhismus7.-9. Oktober, Stuttgart-HohenheimManche christliche Tradition verstehtden Menschen als Herrscher über dieSchöpfung. Gnadenlose Folgen sindAusbeutung und Massentierhaltung.Die buddhistische Lehre gesteht Tie-ren eine Buddha-Natur zu mit demPotential zur Erleuchtung. Folglichwollen Buddhisten Tiere weder schä-digen noch töten. Wir versuchen, imDialog beider Religionen den Weg zueiner tiergerechten Praxis zu finden.Tagungsnummer: 640311Tagungsleitung: Wolfgang Wagner, Dr. Klaus W. HälbigInfos: Romona Böld, Tel. (07164) 79-270, Fax [email protected]

Lernkonzepte zum Fairen HandelMaterial und Konzepte für denUnterricht7.-8. Oktober 2011, Bad BollDer Faire Handel bietet gute Möglich-keiten, die Globalisierung und ihreProbleme anschaulich zu vermitteln.An Waren wie Kaffee oder Baumwollelässt sich zeigen, wie sich unser Ver-halten auf das Leben von Menschenin anderen Ländern auswirkt. DieTagung stellt Unterrichtsmaterial und-modelle dazu vor. Es geht um wirt-

Europa ohne Ziele und Werte?Was hält die Europäische Unionzusammen?23. September 2011, Bad BollEuropa ist in der Krise. Die Schulden-krise in der Europäischen Union isteine schwere Belastungsprobe für denZusammenhalt der EuropäischenStaaten. Dabei zeigt sich, dass dergemeinsame Wirtschaftsraum alsGrundlage für die Zusammenarbeit inder EU alleine nicht ausreicht. WelcheWerte und Ziele braucht die Europä-ische Union darüber hinaus, um einegemeinsame Zukunft zu gestalten?Tagungsnummer: 621211Tagungsleitung: Dr. Dieter HeidtmannInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Klimawandel in Deutschland undIndien. Energisch für alternativeEnergien und Klimaschutz23.-25. September 2011, Bad BollDie deutsche Entwicklungszusammen-arbeit arbeitet mit Indien an einerstrategischen Partnerschaft, um dieglobalen Herausforderungen wie Kli-mawandel oder Energiemangel zu be-wältigen. Die indische Regierung hates bisher vermieden, sich auf klareKlimaziele festzulegen. Gibt es den-noch Chancen voranzukommen? Wiekönnen die Interessen der Armen ge-sichert werden? Wie verhalten sichdie Kirchen?Tagungsnummer: 640211Tagungsleitung: Wolfgang Wagner,Lutz Drescher, Maria Gießmann,Walter HahnInfos: Romona Böld, Tel. (07164) 79-270, Fax [email protected]

Kommunikation: Körpersprache alszentrales FührungsinstrumentIntensivseminar für KommunaleFührungskräfte28.-29. September 2011, Bad BollDie Körpersprache ist ein besonderswichtiges Ausdrucksmittel. Auch fürsie gilt: Man kann nicht nicht kom-munizieren. Im Seminar lernen Sie,Körpersprache besser zu verstehenund Ihren Körper effektiver für IhreKommunikationsziele einzusetzen.Dabei stehen sowohl der öffentliche

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schaftliche Zusammenhänge in derEinen Welt und die ethische Mei-nungsbildung.Tagungsnummer: 501811Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Justiz und interkulturelleKompetenz7.-9. Oktober 2011, Bad BollMenschen unterschiedlicher Kultur-kreise treffen vor Gericht aufeinander.Hier ist interkulturelle Kompetenzgefragt, um sich zu verstehen undaufeinander einzugehen. Die Tagungthematisiert, wie interkulturelle Kom-petenz in der Justiz aussehen kann.Was bedeutet sie für die Rechtspre-chung? Wie können sich alle Prozess-beteiligten verständigen? Was behin-dert einen respektvollen Umgang mit-einander?Tagungsnummer: 520811Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Globale Kreditmärkte. Vergabekri-terien, Investitionsentscheidungenund Regulierungsbedarf7. Oktober 2011, Haus der Kirche, UlmDie globale Finanzkrise hat ganzeStaaten an den Rand des Bankrottsgebracht. Welche Alternativen gibt es,um stabilere Finanzbeziehungen zwi-schen reichen und armen Ländern zuschaffen? Der Studientag schlägt denBogen von weltweiter Finanzpolitiküber entwicklungsorientierte, verant-wortungsvolle Kredit- und Bürg-schaftsvergabe bis zu kritischen In-vestitionen und stellt politische Kam-pagnen vor.Tagungsnummer: 200211Tagungsleitung: Martin SchwarzInfos: Eliane Dörfer,Tel. (0731) 1538-571, Fax [email protected]

Engagement braucht Wissen. Tagung für Schwerbehindertenver-tretungen in Betrieben, Kommunen,Schulen12.-14. Oktober 2011, Bad BollDie Tagung gibt Einblicke in die Auf-

gaben einer Schwerbehindertenver-tretung. Erfahrene Kollegen und Refe-rierende aus verschiedenen Bereichenvermitteln Kenntnisse zu Themen wieBetrieblichem Eingliederungsmanage-ment (BEM) oder Barrierefreiheit.Hubert Hüppe, Beauftragter der Bun-desregierung, ist einer der Referenten.Kooperationspartner sind der VdK undder Kommunalverband für Jugend undSoziales.Tagungsnummer: 250111Tagungsleitung: Esther Kuhn-Luz,Christa Engelhardt, Martin SchwarzInfos: Simon Lademann, Tel. (0711) 2068-261, Fax [email protected]

Mitmachen EhrensacheFit für das Botschafteramt14.-16. Oktober 2011, Bad BollDie Aktion »Mitmachen Ehrensache«und die Evangelische Akademie BadBoll laden Schülerinnen und Schüleraus Baden-Württemberg ein, die sichals ehrenamtliche Botschafterinnenund Botschafter für diese Initiative anSchulen, bei Arbeitgebern und in denMedien einsetzen wollen. Das Semi-nar bietet Workshops, in denen öf-fentliches Auftreten und Kommuni-kation geübt werden.Tagungsnummer: 360511Tagungsleitung: Marielisa vonThadden, Gabi Kircher, Günter BressauInfos: Heidi Weiser, Tel. (07164) 79-204, Fax [email protected]

Leben im Alter gestaltenAuftrag und Möglichkeiten christli-cher Gemeinden – Jahrestagung derACK Baden-Württemberg21.-22.10.11, Bad BollDie Seniorenarbeit der christlichenKirchen steht angesichts des demo-grafischen Wandels und der gesell-schaftlichen Veränderungen vor enor-men Herausforderungen. In ökumeni-scher Zusammenarbeit fragt diese Ta-gung, wie Gemeinden in guter Weisefür und mit älteren Menschen arbei-ten und leben können. Zwei Vorträgeführen ins Thema ein, in Arbeitsgrup-pen stellen Fachleute konkrete Bei-spiele vor.Tagungsnummer: 411011

Tagungsleitung: Dr. Günter RenzInfos: Susanne Heinzmann, Tel. (07164) 79-212, Fax [email protected]

Einführung von Umweltmanage-ment an Hochschulen, Workshop25. Oktober 2011, Bad BollDie Universität Hohenheim hat 2011mit der Einführung eines Umweltma-nagements nach EMAS begonnen.Erfahrungen anderer Hochschulen beider Einführung sollen diskutiert wer-den. Ziel ist außerdem eine stärkereVernetzung der Verantwortlichen ver-schiedener Universitäten und Hoch-schulen, die Interesse am Umwelt-management nach EMAS haben.Tagungsnummer: 240611Tagungsleitung: Dagmar Bürkardt,Oliver Foltin und Dr. Volker Teichert,Forschungsstätte der Ev. Studienge-meinschaft HeidelbergInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]/tagungen/details/240611.pdf

Wie Integration gelingtFür eine neue Willkommenskulturin Stadt und Land27.-28. Oktober 2011, Bad BollDamit Integration gelingt, brauchenwir eine neue Willkommenskultur. DieTagung will klären, was dazu gehörtund stellt Best-Practice-Beispiele ausdem In- und Ausland vor. Dazu gehö-ren zum Beispiel Integrationsverein-barungen und ihre Umsetzung oderEinbürgerungsveranstaltungen. Wich-tig sind dabei auch die integrations-politischen Ziele der neuen Landesre-gierung Baden-Württembergs, die vonBilkay Öney, Ministerin für Integra-tion des Landes Baden-Württemberg,vorgestellt wird.Tagungsnummer: 431111Tagungsleitung: Dr. Manfred BudzinskiInfos: Reinhard Becker, Tel. (07164) 79-217, Fax [email protected]

Ethik der Nachrichtendienste in der Demokratie28.-30. Oktober 2011, Bad BollEuropäische Geheimpolizeien und Ge-heimdienste sind seit 1989 im Wan-

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Der Nationalsozialismus hat viele Fa-milien mit seelischen Wunden zurück-gelassen. Heute lebt in Deutschlanddie Generation der Kriegskinder mitihren Söhnen, Töchtern, Enkeln. Werden Krieg erlebte, hat oft Traumatadavongetragen, Schuld verdrängt oderverschwiegen. So wurden seelischeBelastungen an die nächsten Genera-tionen übertragen. Können wir diesealten Verletzungen überwinden?Wenn ja, wie?Tagungsnummer: 521711Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax 79-5233gabriele.barnhill@ev-akademie-boll.dewww.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/521711.pdf

Auf die Hüfte geschlagenHerausforderung und Sinn vonKrankheit und Behinderung7.-9. November 2011, Bad BollWie kann man trotz und gerade imLeiden Sinn finden? Die Tagung bietetTheolog/innen, Seelsorger/innen undReligionspädagog/innen Gelegenheit,darüber zu reflektieren. Krankheitenund Behinderungen sind Krisen.Gerade Theolog/innen können solchepersönlichen Krisen jedoch als Res-sourcen verstehen, aus denen einebesondere Qualifikation für Seelsorgeund gesellschaftliches Engagementwächst.Tagungsnummer: 401311Tagungsleitung: Christa Engelhardt,Thomas MannInfos: Erika Beckert, Tel. (07164) 79-211, Fax [email protected]

Abschied von der Erwerbsarbeit –Aufbruch ins Morgen, Weichenstellen9.-12. November 2011, Bad BollAltersteilzeit, Vorruhestand und Ruhe-stand sind verbunden mit dem Ab-schied aus vielen Rollen und Bezie-hungen. Die Chancen der neuen Le-bensphase für Beziehung, Freizeitakti-vitäten und Engagement für anderezu erkennen, ist das Ziel des Seminars.Tagungsnummer: 760211Tagungsleitung: Sigi Clarenbach,Werner Kollmer

del. Die sicherheitspolitische Lage isteine andere als im Kalten Krieg. Bür-gerbewegungen und -proteste stellendie Dienste vor neue Aufgaben, diePolitik verlangt stärkere demokrati-sche Kontrolle. Die Tagung fragt nachdieser Kontrolle, aber insbesondereauch nach der Ethik von Nachrichten-diensten in der Demokratie.Tagungsnummer: 521611Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Cilento Grand Tour. Akademiereisezu den schönsten griechischenTempeln und dem größten Klosterin Italien29.10.-5.11.11, Cilento/ItalienAuf der Grand Tour bereisen Sie denCilento, der etwa 100 km südlich vonNeapel im Herzen Kampaniens be-ginnt. Der zweitgrößte italienische

Nationalpark gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir wohnen mittenim Dorf, genießen die lokale Küche,wandern, besichtigen und fragennach. Zentral sind Diskussionen mitLokalpolitikern über einen Teil Euro-pas, der zu uns gehört und der dochso ganz anders ist.Tagungsnummer: 502111Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax 79-5342brigitte.engert@ev-akademie-boll.dewww.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/502111.pdf

Generationen im Gespräch über die Nazi-Zeit. Heilen nach »HeilHitler«? Verletzungen in der eigenen Familie1.-4. November 2011, Bad Boll

Infos: Ingrid Brokelmann, Tel. (07131) 982330, Fax [email protected]

Übergang Schule-Beruf: Niemand darf verloren gehenDemografie-Fachtag im ProjektREGIOdrive10. November 2011, Bad BollDie Veranstaltung ist eine Weiterfüh-rung des Demografie-Fachtags im Juli2010. Dieses Mal liegt der Schwer-punkt auf dem Thema Jugendlichebeim Übergang von der Schule in dieAusbildung oder den Beruf. Ange-sichts des drohenden Fachkräfteman-gels muss alles getan werden, damitauch Jugendliche mit schwächerenSchulabschlüssen eine Lehrstelle be-kommen. Niemand darf verlorengehen.Tagungsnummer: 451311Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers,Friederike WinsauerInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]

ADHS: Neue Erkenntnisse undPerspektivenAktuelle Forschungsergebnisse undihre Konsequenzen12. November 2011, Bad BollGemeinsam mit Cordula Neuhaus,Therapeutin und ausgewiesener Ex-pertin in der Forschung zu Aufmerk-samkeitsdefizit mit und ohne Hyper-aktivität, und weiteren renommiertenExperten wollen wir den neuestenStand der Forschung wahrnehmenund Konsequenzen für Schule, Eltern-haus und öffentliche Bewertung desPhänomens ADHS entwickeln.Tagungsnummer: 501711Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Chancen und Herausforderungenfür AdoptivfamilienTagung für Adoptiveltern12.-13. November 2011, Bad BollDie Tagung bietet gelassenen Opti-mismus und einen neuen Zugang zumalltäglichen Familienchaos. Wir wol-len nicht in erster Linie die Schwie-rigkeiten, sondern die Chancen der

Poseidontempel in Paestum – eines der Zieleder Cilento-Reise

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Eltern-Kind-Beziehung in Adoptiv-familien betonen. Das Wochenendewill Lust und Mut machen, Problemein der Familie anzupacken und sichauf den eigenen Weg zu begeben.Tagungsnummer: 400811Tagungsleitung: Christa Engelhardt,Ilse OstertagInfos: Erika Beckert, Tel. (07164) 79-211, Fax [email protected]

Verantwortungsbewusstes Führenund EntscheidenSelbst- und Zeitmanagement imBerufs- und Privatleben14.-16. November 2011, Bad BollPraktische Ethik für Menschen in Ent-scheidungssituationen. In diesem Se-minar zeigen qualifizierte Trainerin-nen, wie sich dieses Modell schritt-weise üben und konkret anwendenlässt. Theorie- und Praxiseinheitensetzen konkret an der persönlichenSituation der Teilnehmenden an.Tagungsnummer: 450911Tagungsleitung: Dr. Irmgard EhlersInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]/tagungen/details/450911.pdf

14. Architektentag14. November 2011, Bad BollDie Tagung bietet Fachleuten ausArchitektur und Restaurierung dieGelegenheit, sich mit Vertretern derKirche über Fragen rund um Neu- undUmbau von kirchlichen Gebäudenauszutauschen. Unter anderem gehtes darum, wie die Verantwortlichenden Brandschutz auch in Baudenk-mälern gewährleisten können.Tagungsnummer: 531911Tagungsleitung: Susanne Wolf, Jobst KrausInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Das Grundgesetz und das Missver-ständnis der GewaltenteilungEntwicklungen der Judikative16.-18. November 2011, Bad BollDas Grundgesetz garantiert die rich-terliche Unabhängigkeit, damit dieJudikative eine bestimmte Distanz zu

Exekutive und Legislative einhaltenkann. Doch üben die drei Gewaltenwechselseitigen Einfluss aufeinanderaus - inmitten unterschiedlichergesellschaftlicher, politischer undökonomischer Interessen. WelcheStellung hat die Rechtsprechungheute in dem komplexen Gefüge derGewaltenteilung?Tagungsnummer: 520911Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Boller Bußtag der Künste16. November 2011, Bad Bollsiehe S. 8

Südliches Afrika. Klimagerechtig-keit und Entwicklung18.-19. November 2011, Bad BollEnde 2011 treffen sich Tausende De-legierte in Durban zur Weltklimakon-ferenz (COP 17). Das nehmen wir zumAnlass, um das südliche Afrika unterden Aspekten Klimagerechtigkeit undEntwicklung unter die Lupe zu neh-men. Welche Folgen hat der Klima-wandel für Umwelt, Wirtschaft,Lebensbedingungen und soziale Ge-rechtigkeit? Welche Konzepte zurNachhaltigkeit haben Kirchen undZivilgesellschaft?Tagungsnummer: 670511Tagungsleitung: Dr. Dieter HeidtmannInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Opfer, Schuld und SühneFünfzig Jahre Israelarbeit derAktion SühnezeichenFriedensdienste (ASF)18.-20. November 2011, Bad BollSeit 50 Jahren engagiert sich dieAktion Sühnezeichen (ASF) für dieVerständigung zwischen Israel undPalästina. Vertreter der ASF diskutie-ren mit anderen ökumenischen Initi-ativen, die auf diesem Gebiet arbei-ten. Wie haben sich theologische undpolitische Vorzeichen der Friedens-arbeit verändert? Haben Kategorienwie Opfer, Schuld und Sühne bleiben-de Relevanz für künftige Solidaritäts-aktionen?

Tagungsnummer: 640611Tagungsleitung: Wolfgang Wagner,Christian Buchholz, Bernhard Krane,Dr. Michael VolkmannInfos: Romona Böld, Tel. (07164) 79-270, Fax [email protected]

Fachkräfte gesucht - Potenziale,Ansatzpunkte, AkteureWissenschaft trifft Praxis21.-22. November 2011, Bad BollNach der Wirtschafts- und Finanz-krise hat sich der Arbeitsmarkt erholt,der demografische Wandel verstärktdiesen Trend. In Zukunft wird eswichtig sein, ein Nebeneinander vonFachkräftemangel und verfestigterLangzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden.Welche Strategien müssen im Blickauf Qualifizierung, Vereinbarkeit vonBeruf und Familie und Zuwanderungeingeschlagen werden, um Fachkräftezu gewinnen?Tagungsnummer: 240411Tagungsleitung: Dagmar BürkardtInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]

Unternehmensführung angesichtsendlicher Ressourcen. Strategienund Umsetzung in der Praxis25.-26. November 2011, Bad BollVerantwortungsvoll mit Rohstoffen,Energie und Wasser umzugehen istdie große Herausforderung der nächs-ten Jahrzehnte. Diese Ressourcen sindendlich. Gut, wer sich mit seinemUnternehmen rechtzeitig darauf ein-stellt. Die Tagung in der Reihe »Evan-gelische Beiträge zur Sozialen Markt-wirtschaft« lädt zum Austausch überStrategien ein, mit denen Unterneh-men natürliche Ressourcen zukunfts-fähig nutzen.Tagungsnummer: 620911Tagungsleitung: Dr. Dieter HeidtmannInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Ökologisierung DeutschlandsUtopie, Vision, Handlungs-notwendigkeit25.-27. November 2011, Bad BollDie Debatte um Ökologie, Umwelt-schutz und Bewahrung der Schöpfung

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Geschäfte und Einrichtungen nichtabwandern, die Grundversorgung derBürger gesichert bleibt. Kommunenund Kirchengemeinden bieten sichdamit neue Möglichkeiten, beimDienst am Menschen vor Ort zusam-menzuarbeiten. Der Fachtag stelltkonkrete Kooperationsmodelle vor.Tagungsnummer: 451411Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers,Martin Schwarz, Gabriele Wulz,Prälatur UlmInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]

Integration durch religiöse Bildung?Interreligiöses Lernen in BeruflicherBildung und Arbeitswelt2.-3. Dezember 2011, Bad BollInterreligiöses Lernen wird in der be-ruflichen Bildung immer wichtiger.Hintergrund ist die Integrationsfrageund der sich abzeichnende Fachkräf-temangel. Die Einwanderungsgesell-schaft kann sich aber keine Bildungs-reserven mehr leisten. Wichtige Ak-teure kommen bei der Grundsatzta-gung ins Gespräch: Schule und Uni-versität, Wirtschaft und die großenReligionsgemeinschaften Judentum,Islam und Christentum. Die Tagungsoll unterstreichen, dass das interre-ligiöse Lernen im Kontext der beruf-lichen Bildung eine Notwendigkeitdarstellt.Tagungsnummer: 311211Tagungsleitung: Gerald Büchsel, Dr. Dieter HeidtmannInfos: Andrea Titzmann, Tel. (07164) 79-307, Fax [email protected]

Advent – Zeit unsere Herzenstürenzu öffnen3.-4. Dezember 2011, Bad BollAdvent als Vorbereitungszeit auf dieGeburt Jesu. Zeit, zu bedenken, wasuns in diesen Wochen besonders wich-tig ist. Lassen Sie uns miteinander insGespräch kommen, Lieder singen undErzählungen genießen. Tagungsnummer: 020911Tagungsleitung: Volker Stücklen, Ines RömppInfos: Karin Nitsch, Tel. (07164) 79-206, Fax [email protected]

Mit Zielen zum ZielDie eigene Vision des Lebens ent-wickeln und verwirklichen5.-6. Dezember 2011, Bad BollIn diesem Seminar zum zielorientier-ten Selbstmanagement vermittelnerfahrene Referentinnen, wie Sie IhrePläne umsetzen, damit Sie beruflichund privat verwirklichen können, wasSie sich vorgenommen haben. MitHilfe von theoretischem Input, prakti-schen Übungen und individuellemFeedback bestimmen Sie Ziele undden Weg zu ihrer Umsetzung.Tagungsnummer: 450611Tagungsleitung: Dr. Irmgard EhlersInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]

Todesursache VerkehrsunfallVerkehrssicherheit in Deutschland5.-6. Dezember 2011, Bad BollDas Auto ist das FortbewegungsmittelNummer 1 in unserem Land. Die Zah-len der Verkehrstoten gehen seit Mit-te der 70er Jahre beständig zurück,aber immer noch ist ein Verkehrs-unfall die häufigste Todesursache beiMenschen unter 50 Jahren. WelcheMaßnahmen helfen? Mehr Geschwin-digkeitskontrollen? Ein absolutesAlkoholverbot für (junge) Autofahrer?Ein generelles Tempolimit?Tagungsnummer: 521011Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Die Bedeutung des Opferschutzes in Justiz und PolitikAnforderungen an die Zeugen- undProzessbegleitung8.-10. Dezember 2011, Bad BollDas Strafverfahren dient nicht nurdazu, die Wahrheit zu ermitteln undTäter zu überführen. Vielmehr erken-nen auch Justiz und Politik immerdeutlicher, dass der Schutz des Opferseine wichtige Funktion des Prozessesist. Mittlerweile zeigen Erfahrungs-werte und wissenschaftliche Er-kenntnisse, mit welchen Mitteln

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ist Jahrzehnte alt. Doch wir steuernnur im Schneckentempo in dieseRichtung. Ist das ein Armutszeugnisfür Gesellschaft und Politik? Oderzeigt diese Trägheit, wie mächtigAgrar-, Chemie-, Fleisch- und Auto-lobby sind? Unter anderen debattie-ren die Politiker Sigmar Gabriel,Dr. Erhard Eppler und Fritz Kuhn.Tagungsnummer: 520711Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Der Intelligenz auf der SpurKriterien für Messung undDiagnostik von Intelligenz undSchulleistung28.-30. November 2011, Bad BollDiese Tagung liefert Grundlagen, sichim Feld des Messens und Testenssowie den damit verbundenen Fragenfachlich sicherer zu bewegen. Nebender Vermittlung von Grundlagen ste-hen jeweils Bezüge zum Schulalltagim Vordergrund. Spannend ist dieMöglichkeit, unterschiedliche Test-aufgaben unter Realbedingungen zubearbeiten, auszuwerten und zuinterpretieren.Tagungsnummer: 500811Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax 79-5342brigitte.engert@ev-akademie-boll.dewww.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/500811.pdf

Damit Kirche und Laden im Dorfbleiben. Wie ländliche Gemeindenihre Zukunft sichern können1.12.2011, Haus der Begegnung, UlmViele ländliche Gemeinden schrump-fen. Sie stehen vor der Frage, wieOrtskerne dennoch attraktiv werden,

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Opfer während eines Gerichtsprozes-ses aktiv geschützt werden können.Tagungsnummer: 521411Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Europäische Kirchen undMenschenrechteProtestanten, Orthodoxe undKatholiken im Dialog9.-11. Dezember 2011, Bad BollZwischen den europäischen Kirchengibt es eine lebhafte Diskussion überdas Verhältnis von Menschenrechtenund christlichem Glauben. Auslöserder Debatte ist die Menschenrechts-lehre der russisch-orthodoxen Kirche.Die Tagung bringt hochrangige Ver-treter und Experten der evangeli-schen, katholischen und orthodoxenKirchen zum Dialog zusammen.Tagungsnummer: 620511Tagungsleitung: Dr. Dieter Heidtmann,Wolfgang WagnerInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Unternehmen und Menschenrechte15. Dezember 2011, Bad BollWenn Unternehmen gegen Gesetzeund Verordnungen verstoßen, haftensie dafür. Das ist selbstverständlich.Doch was geschieht, wenn Firmen-töchter oder Zulieferer im AuslandMenschenrechte verletzen oder dieUmwelt zerstören? Wie können Un-ternehmen solche Vergehen verhin-dern? Die Tagung informiert darüber,wie Firmen Menschenrechte und ver-gleichbare Rechtsnormen schützenkönnen.Tagungsnummer: 621111Tagungsleitung: Dr. Dieter HeidtmannInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Generationen im Dialog26. Lesbentagung15.-18. Dezember 2011, Bad BollJüngere und ältere Lesben tauschenErfahrungen über die Generationenhinweg aus. Manche Themen stellen

sich in bestimmten Lebensaltern, wieFamiliengründung oder Wohngemein-schaft fürs Alter, während Erfahrun-gen rund um das Coming-Out immeraktuell werden können. Gewinn füralle Generationen liegt im Dialog aufAugenhöhe, der mit Neugier undWertschätzung geführt wird.Tagungsnummer: 530411Tagungsleitung: Susanne WolfInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Aus der AkademieAbschied von VolkerSteinbrecher

Pfarrer Volker Steinbrecher war zehnJahre Studienleiter in der Evangeli-schen Akademie Bad Boll und Sport-beauftragter der Evangelischen Lan-deskirche in Württemberg. Seit An-fang August nimmt er eine neue Aufgabe wahr: Er vertritt die beidenevangelischen Landeskirchen beiLandtag und Landesregierung inBaden-Württemberg und folgt damitWolfgang Weber nach, der 2010überraschend verstorben war.

Volker Steinbrecher fing in der Aka-demie im Bereich Freizeit/Sport/Verei-ne an, der 2006 in den Bereich Frei-zeit/Sport/Tourismus überging. Zu sei-nen Aufgaben gehörten in den erstenJahren vor allem die Begleitung vonVereinen, Gottesdienste und Tagungs-arbeit. Er baute viele Kontakte aufund lernte bei Tagungen, die er ge-meinsam mit dem Kultus- und Sozi-alministerium durchführte – zum Bei-spiel bei der Tagung ›Aktiv und glück-lich älter werden‹ – »wie die Ministe-rien ticken«. In der Anfangszeit orga-nisierte er außerdem die StudienkurseKirche und Sport in Sils Maria fürSportfunktionäre, kirchliche Mitarbei-ter, Pfarrer und Sportwissenschaftler.

Die spektakulärste Tagung, die Stein-brecher durchführte und die die meis-ten Journalisten in der Akademiege-schichte seit 1968 anzog, war »Fuß-ball unterm Hakenkreuz – Aus derGeschichte lernen« im April 2006 mitTheo Zwanziger, Wolfgang Schäuble,Dr. Joachim Gauck, Moshe Zimmer-mann und anderen bekannten Persön-lichkeiten. Weitere stark beachteteTagungen waren »Peking 2008 – Einesportjournalistische Herausforderung«zur Olympiade in China, in der es u. a.um Menschenrechte in China ging,und eine Tagung zu Doping. Wenn in den Osterferien der Parkplatzfür Autos gesperrt wurde und Inline-skater ihre Runden drehten, war klar,dass Steinbrecher wieder die beliebteInline-Online-Woche durchführte.

Türkische Bohnen

4 PersonenZutaten geputzt gewogen

Zutaten500 g breite grüne Bohnen250 g frische, gewürfelte

Tomaten (oder Dose)150 g gehackte Zwiebeln2 zerdrückte

Knoblauchzehen50 ml Olivenöl50 ml Zitronensaft1 TL Salz

frisch gemahlener Pfeffer1 Msp Chilipulver

ZubereitungDie Bohnen je nach Größe ganzlassen oder schräg halbierenHälfte der Bohnen in einen Topfgeben, in die Mitte eine VertiefungdrückenTomaten und Zwiebeln in dieVertiefung gebenRestliche Bohnen darauf gebenÖl, Zitronensaft und Gewürze ver-rühren und übergießenBohnen zum Kochen bringen undim gut verschlossenen Topf bissfestgarenNicht umrühren

Die Bohnen passen lauwarm gut zugegrilltem Fleisch oder auf jedesSommerbüffet

Guten Appetit!Ingrid Hess

r e z e p t – a u s d e r a k a d e m i e

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schäftsführende Pfarrstelle an derevangelischen Stadtkirche in Tuttlin-gen. Dies ist für Junginger kein frem-des Terrain. Hier wohnt er mit seinerFamilie und hier war er bereits von1995 bis 2003 im Pfarrdienst in derVersöhnungskirche. Seine Investiturwird am 11. September um 10 Uhrgefeiert.

Die Stelle, die Junginger 2003 inReutlingen antrat, war zuvor dreiJahre vakant: »Es gab kein Büro, keineInfrastruktur, nichts, an das wir hät-ten anknüpfen können.« Allerdingshatte er Vorerfahrungen aus der Inte-gration von Arbeitslosen in Arbeit beidem Verein »Brücke – christliche Ini-tiative für Leben und Arbeit«. Eine an-dere Erfahrung, die ihm beim Einstieghalf, war die Arbeit als Diakoniepfar-rer im Kirchenbezirk Tuttlingen unddie Erwerbslosenarbeit in Tübingen/Reutlingen, wo er für eine eigenstän-dige Rechtsberatung für Erwerbslosegekämpft hatte. Zunächst informiertesich Junginger über die Betriebe inder Region und machte Besuche inBetrieben, bei der IHK, bei der IG Me-tall und bei verschiedenen Veranstal-tungen. Dabei machte er eine überra-schende Erfahrung: »Ich habe überalleine offene Türe gefunden. Immerhieß es: Es ist toll, wenn jemand vonder Kirche vorbeikommt.« Junginger hat es in den acht Jahrengeschafft, die Beziehungen zwischenKirche, Arbeitswelt und Akademie aufeine neue Ebene zu stellen, die inzwi-schen verschiedene Früchte trägt. Esentstand ein Netzwerk und es ent-wickelten sich Gesprächskreise, z. B.die regelmäßig stattfindenden Reut-linger Gespräche mit dem Arbeitskreisevangelischer Unternehmer (AEU) so-wie institutionelle Beziehungen zwi-schen Kirchen und Gewerkschaften.Neu installiert wurde ein Praktikumfür Pfarrer und Pfarrerinnen in Be-rufsschulen. Sie machen ein einwöchi-ges Betriebspraktikum, das von allenals hilfreich und bewusstseinserwei-ternd beurteilt wird. Als vor acht Jahren langsam klar wur-de, dass Hartz IV kommen würde, hatdie Kirche laut Junginger »die Brisanzder Thematik noch gar nicht erkannt.«Mit der Landeskirche hat er zweimal

Hier ging es um neue Medien, Bewe-gung und die Frage, wie sich dieKommunikation zwischen Erwachse-nen und Kindern verbessern kann –im Sinne von gegenseitigem Lernen.Steinbrecher leitete verschiedene Ar-beitskreise, zum Beispiel den ›Landes-arbeitskreis Kirche und Sport in Würt-temberg‹. Steinbrecher dazu: »Diesersucht mit über 20 Persönlichkeitenaus Politik, Kirche, Sport und Gesell-schaft in Deutschland seinesgleichen.«Er bearbeitete natürlich auch die klas-sischen Themen an der Schnittstellevon Kirche und Sport: Sonntagsschutz,Gemeinschaft und Familie. Und lastnot least koordinierte Volker Steinbre-cher alles, was die Fußball-WM undKirche betraf, sowohl bei der WM2006 als auch in diesem Jahr bei derFußball-WM der Frauen.Auf die neue Stelle freut sich der Va-ter von drei Söhnen. »Da bin ich Brü-ckenbauer zwischen Kirche und Poli-tik, eine spannende Herausforderung«,sagte er in einem Gespräch mit demEvangelischen Pressedienst (epd).

Martina Waiblinger

Abschied von Jens Junginger

Nach acht Jahren engagierter Arbeitals Wirtschafts- und Sozialpfarrer imPrälaturstandort Reutlingen mussteJens Junginger, der Vorsitzende desKirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt(KDA) Württemberg*, den nach dieserZeitspanne für Sonderpfarrstellenvorgesehenen Abschied nehmen. Am1. September übernimmt er die ge-

das »Sozialforum« gemacht – Tagun-gen, bei denen es um die kirchlicheVerantwortung für soziale Verwerfun-gen und um Wirtschafts- und Sozial-politik ging. Daraus ist eine Projekt-stelle »Armut und Teilhabe« im Dia-konischen Werk entstanden. Vielekleine Schritte haben schließlich dazugeführt, dass die WürttembergischeLandessynode 2010 das Thema »Reich-tum braucht ein Maß« auf der Tages-ordnung hatte. »Das verbuche ich aufder Habenseite«, meint Junginger imRückblick und konstatiert, dass in derKirche heute die Themen Armut undArbeit auf der Agenda stehen.

Jungingers Büro wurde immer wiedervon Beschäftigten und Betriebsrätenaufgesucht, wenn es Konflikte im Be-trieb gab. Er begleitete Belegschaftenin Krisensituationen, und anlässlicheiner Standortschließung in Rangen-dingen richtete er mit dem Betriebs-ratsvorsitzenden einen Runden Tischfür ein Qualifizierungsprogramm undeine Job to Job Vermittlung ein, umArbeitslosigkeit zu verhindern. DieEntlassenen mussten sich nicht durchdie Instanzen mit ungewissem Aus-gang kämpfen und wurden in neueJobs vermittelt, wo sie ihre Kompe-tenzen einbringen konnten. Mit demPersonalchef der Walter AG, WernerHahn, hat er den unbefristeten Wie-derereinstieg Entlassner organisiert.

Jens Junginger am 1. Mai 2008 in Reutlin-gen – Beim Abschied im Hohbuch-Gemein-dehaus wurde verschiedentlich Kritik darangeübt, dass es keine flexiblere Handhabungbei der Befristung der Sonderpfarrstellengibt, damit Netzwerke und Vertrauen längergenutzt werden können.

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Junginger engagierte sich für den ar-beitsfreien Sonntag, setzte die The-men Grundeinkommen und Demo-grafischer Wandel – ein Thema, dasden Betriebsräten anfangs fremd war–, und stellte das kirchliche Arbeits-recht, den »Dritten Weg«, auf denPrüfstand. Zuletzt ging es ihm um dieFolgen der Arbeitsmarktreformen unddie Themen Mindestlohn und Existenzsichernde Arbeit. In der Tagungsarbeit wirkte Jens Jun-ginger vor allem an den Arbeitsmarkt-tagungen mit dem Institut für Arbeits-markt und Berufsforschung (IAB) mitund einmal jährlich lud er ein zuWorkshops, in denen es um ethischesVerbraucherverhalten in globalisiertenZeiten ging. Handlungsbedarf in derKDA-Arbeit sieht er vor allem für Fir-men, bei denen es um Entlassungen,Standortverlagerungen und Umstruk-turierungen geht. Diese Themen sindabsolut tabu. Gerade hier geht esaber um die Menschen, die ganz per-sönlich betroffen sind. Neben allem,was Jens Junginger angestoßen hat,sieht er seinen größten Erfolg in derTatsache, dass die Frage: »Soll es denKDA überhaupt noch geben?« schließ-lich von der Kirchenleitung positivbeantwortet wurde. Die Relevanz desThemas Arbeit und Kirche hat JensJunginger maßgeblich beeinflusst.

Martina Waiblinger*Der KDA ist ein Fachdienst derEvangelischen Akademie mit vierStandorten und vier Stellen.

Buchtippsedition akademie 30 Flucht und Migration durchKlimawandel. Eine globaleHerausforderungHrsg. Dr. Manfred Budzinski 13,00 Euro, Bad Boll, ca. 90 Seiten, ISBN 978-3-936369-38-0Es ist unumstritten, dass weltweit ein Klimawandel stattfindet. Absehbarund schon heute deutlich sind dieFlucht- und Migrationsbewegungen,die unmittelbar durch den Klimawan-del oder indirekt durch ihn entstehen.Bei der Tagung »Flucht und Migrationdurch Klimawandel« im September

2010 in derEvangelischenAkademie BadBoll wurden –auch anhandvon Auswir-kungen desKlimawandelsin Ländernund Regionen– Kriterien für

einen menschenwürdigen Umgangmit Klimaflüchtlingen und für ihrenwirksamen Schutz definiert, Hand-lungsnotwendigkeiten und -empfeh-lungen für politische Akteure sowiefür Nichtregierungsorganisationenformuliert, und es wurde überlegt,was die aufgezeigten Szenarien fürdie deutsche und europäische Flücht-lingspolitik bedeuten.

Warum man an Musik nicht sparenkann. Musik ist wichtig. Integrationdurch musikaliosche Bildung. Eine Dokumentation der Tagung vom26. bis 28. Januar 2011 mit den mit-geschnittenen Vorträgen, kleinen In-terviews, musikalischen Auftrittenund den gezeigten Videos kann beiBrigitte Engert für 10 Euro erworbenwerden: 07164 79-342,[email protected]

Naim Stifan AteekGerechtigkeit und Versöhnung –Eine palästinensische StimmeAphorismA Verlag, Berlin 2010,200 Seiten, 15.00 EuroEs gibt keinen besseren theologischenKommentar zum im Dezember 2009von den Bischöfen aller palästinensi-schen Denominationen veröffentlich-ten Kairos-Palästina-Dokument alsdieses Buch von Naim S. Ateek. Cha-rakteristisch für jede Form von Befrei-ungstheologie ist die stete Verknüp-fung von theologischer Reflexion mitder jeweiligen politischen und gesell-schaftlichen Realität. Deshalb erfah-ren selbst Experten von Ateek vielNeues über den israelisch-palästinen-sischen Konflikt. Dennoch kommt dietheologische Wissenschaft und vorallem die bibeltheologische Argumen-tation bei Ateek nie zu kurz.

Als Ateek 1985 von seinem Doktoran-denstudium aus den USA zurückkehr-te und Pfarrer an der anglikanischenSt. Georgs-Kathedrale in Jerusalemwurde, intensivierte er die Zusammen-arbeit mit Theologen und Nichttheo-logen anderer christlichen Denomina-tionen in Palästina und gründete jeneGruppe, die sich ab 1993 »Sabeel«(arab. = Weg und Quelle) nannte. »Von Anfang an«, so Ateek, »hat derchristliche Glaube Juden und Christendie Augen geöffnet.« Damals entdeck-ten die Mitglieder beider Gruppen,dass Gottes ursprüngliches Ziel schonimmer darin bestand, eine Menschheitin Christus zu haben. Diese durchJesus eröffnete und im Neuen Testa-ment entfaltete Sicht, die in Judenund Heiden die gemeinsamen ErbenGottes erkennt, bezeichnet Ateek als»inklusiv«. Solche inklusiven Aussagenfinden sich jedoch nicht nur bei Jesusund im Neuen Testament. Für Ateekund Sabeel ist es die Aufgabe christli-cher Theologie, die auf Jesus und dasNT vorausweisenden inklusiven Aus-sagen des AT, wie z. B. Lev. 24,23bund Ez 47,21ff, die den Nichtjudenneben den Juden Lebensraum im Lan-de gewähren, gegenüber den nationa-listisch beschränkenden exklusivenTextstellen hervorzuheben. Obwohl der christliche Zionismus inden USA mindestens 30 Millionen An-hänger hat, fand er bei hiesigen Theo-logen kaum Beachtung. Für palästi-nensische Christen ist die Auseinan-dersetzung mit dieser »fundamenta-listischen theologischen Position« je-doch eine Existenzfrage, weil derchristliche Zionismus vorbehaltlos diejüdische Einwanderung und Sied-lungspolitik samt den kriegerischenHandlungen Israels unterstützt unddas Lebensrecht der Palästinenserzwischen Mittelmeer und Jordan be-streitet. Für Ateek ist klar, dass hierdie Bibel »eher als Instrument derUnterdrückung« statt »der Befreiung«benutzt wird. (S. 132)Die konkrete Erfahrung der israeli-schen Besatzung lässt Ateek und dieSabeel-Gruppe den jungen Mann ausNazareth neu und deutlicher sehen.Jesus lebte unter römischer Besatzung,wurde von deren Soldaten hingerich-tet und sah sich ähnlichen Optionen

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viel Freude an diese Zeit zurück; siehat mich in allerlei Hinsicht mitge-prägt. Ich war seit damals ein oderzwei Mal wieder da; das liegt nunauch mehrere Jahre zurück. Ich hoffe,irgendwann wieder aufzutauchen; ichbin öfters in Deutschland.

Mit herzlichen Gruessen, Ihr Peter Berger,

University Professor of Sociology, Emeritus, Boston University

b r i e f e

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Impressum

SYMMagazin der Evangelischen Akademie Bad Boll8. Jahrgang 2011, Heft 3/2011ISSN: 1613-3714

Herausgeber: Evangelische Akademie Bad Boll(Joachim L. Beck)

Verantwortlich im Sinne desPresserechts: Martina Waiblinger

Redaktion und Gestaltung:Martina Waiblinger

Fotonachweis: Marinko Belanov: S. 22 (re), Denis Bury:S. 6 (re), Thierry Chassepoux: S. 6 (li),Thilo Fitzner: S. 18, Fotolia: S. 10, Katja Korf: S. 11, Birgit Meinke: S. 4,Privat: S. 22 (li), Dierk Schäfer: S. 13,Martina Waiblinger: S. 2, 3 (2), 7 (2), 8, 9, 14, 19, 20

SYM erscheint vierteljährlich.

Anschrift des Herausgebers:Evangelische Akademie Bad BollAkademieweg 11, 73087 Bad BollTel. 07164 79-0E-Mail: [email protected]: [email protected] Tel. 07164 79-302www.ev-akademie-boll.de

Das Papier wurde chlorfrei und säurefrei gebleicht.

Druckerei: Mediendesign Späth GmbH,73102 Birenbach

Briefe an die SYM Redaktion

Liebe KollegInnen aus der Akademie,

mit großem Interesse lese ich immerwieder gerne Euer Magazin: die Textesind gut und informativ, sie gebenbildhafte Einblicke ins Geschehen undDenken der Akademie. Die Themensind anregend und motivierend undmachen Lust auf eine Tagung in derschönen neuen Akademie. Ein Ort desDialogs, der Meditation, des Gesprä-ches, des Streites, der Aufmerksam-keit, der Achtsamkeit und des gutenEssens, dem ich gerne viele Besuche-rinnen und Besucher wünsche. Undwer nicht hingehen kann, tobt sich inder interessant gemachten Homepageaus. Links, Downloads ... schnell ge-funden, schnell geladen. Danke fürdie gute Arbeit!

Heinz Gerstlauer, Vorstandsvorsitzendereva, Evangelische Gesellschaft

Stuttgart e.V.

Sehr geehrte Frau Waiblinger,

Ich weiß nicht, ob mein Name Ihnenetwas sagt – ich bin als Religionsso-ziologe einigermaßen in Deutschlandbekannt. Jemand in Bad Boll schicktmir regelmäßig Ihr Magazin »SYM« –ich möchte mich bei Ihnen dafürbedanken. Es interessiert mich sehr,die Aktivitäten der Akademie da-durch verfolgen zu koennen. Bad Boll ist eine wichtige Station inmeinem professionellen Lebenslaufgewesen. Dort war mein erster richti-ger Job als Soziologe, 1955/1956.Eberhard Müller hatte mich beauf-tragt, eine Studie in Reutlingen überBeruf und Kirchenzugehörigkeit zuunternehmen. Und während dieserZeit war ich auch oft bei verschiede-nen Veranstaltungen in Boll. Nichtzuletzt lernte ich in diesem Jahrmeine Frau kennen; sie war damalsStudentin in Stuttgart. Ich denke mit

konfrontiert wie heute die unter isra-elischer Besatzung Lebenden. JesusWeg heißt »Eintreten für Gerechtig-keit und Wahrheit, ohne zum Schwertzu greifen, das heißt dem Bösen wi-derstehen, ohne die Wege des Bösenzu gehen.« (S. 137) Ateek idealisiertnie die eigene Seite, sondern bleibtals Palästinenser stets selbstkritisch.Bemerkenswertes Beispiel hierfür istdas Kapitel »Samson, der erste Selbst-mordattentäter«. (S. 163ff)Im letzten Abschnitt des Buches (S.249-262) geht es um die Zukunft derPalästinenser und Israels. Auch hier,wo aktuelle politische Pläne diskutiertwerden, bedient sich Ateek der Bibelals Kompass. Wird man künftig denexklusiven Vorstellungen Nehemias(Neh 2,19f) folgen, oder gelingt es,ein neues Jerusalem nach der Visiondes Ps 87 zu bauen, in dem die bei-den Völker und die drei ReligionenPlatz haben und im Frieden miteinan-der leben? Solche Vorstellungen grei-fen freilich weit über die gegenwärtigdiskutierte Ein- bzw. Zwei-Staaten-Lösung hinaus, denn sie setzen wech-selseitige Vergebung und Versöhnungvoraus. Ateeks großes Plädoyer füreine gewaltfreie ›Theopraxie‹ (Des-mond Tutu, der das Vorwort geschrie-ben hat) trägt deshalb zu Recht denTitel ›Gerechtigkeit und Versöhnung‹.

Sören Widmann

Ulrich KadelbachBethlehem zwischen Weihrauch und Tränengas. Als ökumenischerBegleiter in Palästina204 Seiten, Gerhard Hess Verlag,2011, 17.40 EuroUlrich Kadelbach, ehemaliger Nahost-referent im Evangelischen Missions-werk in Südwestdeutschland, war2010 für drei Monate als ökumeni-scher Beobachter in Palästina. In demBuch berichtet er eindrücklich vonseinen Erfahrungen als Beobachteram Grenzübergang zwischen Bethle-hem und Jerusalem, von Begegnun-gen, Leid und Hoffung. Eingebettetsind Hintergrundinformationen zurGeschichte und zur nahöstlichen Be-siedlung. Buchvorstellung: 9. September, 19.30 Uhr, Haus derKath. Kirche, Stuttgart, Königsstraße

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m e d i t a t i o n

Herr, ich bin nicht wert, dass ...Von Wolfgang Wagner

Psalm 67 nach EG 768 »Gott, du bistfreundlich zu uns«. Herr, ich bin nichtwert, dass Du unter mein Dach gehst,aber sprich nur ein Wort, so wird mei-ne Seele gesund. Nach Matthäus 8, 8.

Mit diesem Vers beten wir Evangeli-sche mitunter in der Abendmahls-liturgie, die Katholiken regelmäßig inder Messe. Er drückt einerseits aus,dass wir uns vor dem Göttlichen be-scheiden zeigen, andererseits aberalles Heilsame von Gott erwarten. Die meisten werden vermuten, dasses ein Vers aus der Bibel ist. Doch ausdieser wird ungenau zitiert. Bessergesagt: Der Vers wird frei übertragen,aus dem Zusammenhang genommenund für das eigene Leben nutzbar ge-macht. Das ist auch richtig so.

Es lohnt sich aber – auch aus aktuel-lem Anlass – einmal in den biblischenZusammenhang zu schauen. Der Versstammt aus der bekannten Geschich-te vom Hauptmann von Kapernaum,die dreimal etwas unterschiedlich inden Evangelien erzählt wird. In Mt.Kapitel 8, 5-13 heißt es: »Als Jesusnach Kapernaum hineinging, trat einHauptmann zu ihm…«. Dieser Offizierder Besatzungsmacht war ziemlichsicher ein Römer, jedenfalls kein Jude.»…der bat ihn und sprach: ›Herr, meinKnecht liegt zu Hause und ist ge-lähmt und leidet große Qualen‹«.

Jesus, der sich eigentlich nur zu sei-nem jüdischen Volk gesandt weiß,antwortet: »Ich will kommen und ihngesund machen.« Seltsamerweise bit-tet der Hauptmann Jesus aber nichtin sein Haus oder Lager, sondern ant-wortet: »Herr, ich bin nicht wert, dassdu unter mein Dach gehst, sondernsprich nur ein Wort, so wird meinKnecht gesund.« Eine seltsame Reak-tion! Respektiert er die Reinheitsvor-schriften, die einem Juden den Kon-takt zu Heiden verbieten? Vielleichtgibt es einen weiteren Grund, den dieantike Kulturgeschichte uns offen-bart.

Welches Verhältnis hat der Haupt-mann zu dem Knecht, der auch Jungeoder Sohn genannt wird? Nun, es warüblich, dass sich römische Offiziereim Lager Lustknaben hielten, da sieoft monatelang von zuhause wegwaren und ihre Frauen nicht mitneh-men durften. Manchmal gab es einechtes Liebesverhältnis zu den Jun-gen, die die Rolle einer Frau übernah-men. Am Offiziersstammtisch wurdenWitze gemacht, wann ein solchesVerhältnis am schönsten ist: »Wennder Bart noch nicht sprosst«. Wennwir das bei Römern übliche, bei Judenaber verbotene homosexuelle Verhält-nis bedenken, bekommt der Satzeinen ganz neuen Sinn. »Ich weiß,dass ihr uns verachtet. Erspare mirdiese Begegnung.« Wie auch immer:Jesus geht mit liebevoller Rücksicht-nahme darauf ein. Er grenzt Homo-sexuelle und Andersgläubige nichtaus.

Ich würde diese Auslegung gern de-nen vortragen, die gegenwärtig unse-re Landeskirche etwa in der Landes-synode in eine peinliche Debatte überHomosexualität verstricken. Laut»Stuttgarter Zeitung« nehmen sie gareine Kirchenspaltung in Kauf. In mei-

ner Jugend wurde Homosexualitätunter Männern mit Strafe verfolgt.Seit sich 1979 auf dem NürnbergerKirchentag die Gruppe »Homosexuali-tät und Kirche« vorgestellt hat, setzteallerdings ein Umdenken ein. Dabeiist mein rationales Denken meinenEmpfindungen immer noch voraus.

Seit mir aber ein schwuler Vikarskol-lege sein Leiden an der Diskriminie-rung anvertraute, trete ich für dasMenschenrecht auf selbstbestimmteSexualität ein. Es müssen jetzt dieden Mund aufmachen, die nicht sel-ber betroffen sind. Sicher müssen wirauch unsere Sexualität ethisch be-trachten und ganz gewiss unsere ge-schlechtlichen Beziehungen kultivie-ren. Aber die vielbeschworene christ-lich-kleinbürgerliche Moral hat immernur zu Heuchelei und Unterdrückunggeführt. Sie kann sich offenkundignicht auf Jesus berufen, der ohneAnsehen der Person geholfen hat.Vielleicht denken Sie nächstes Maldaran, wenn Sie beim Abendmahldiesen Vers hören oder sprechen:»Herr, ich bin nicht wert,….«

P.S.: Die Anregung zu dieser Auslegung verdanke ich Herrn Pastor i.R.

Karsten Sohrt aus Kiel

Wolfgang Wagner ist Studienleiter in derEvangelischen Akademie Bad Boll

Der Hauptmann von Kapernaum.Egbert-Kodex, um 980

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Evangelische Akademie Bad BollAkademieweg 1173087 Bad BollPostvertriebsstück 64670Entgelt bezahlt

Die Evangelische Akademie Bad Boll aus der VogelschauSeit diesem Sommer hat die Evangelische Akademie Bad Boll wieder Fotos aus der Vogelperpsektive. Nachdem der neue Südflügel fertiggestellt und die Anlagen um die Gebäude wieder begrünt waren, wurde der Luftfotograf Werner Feirer beauftragt, aus der Luft Fotos vonder Evangelischen Akademie zu machen. Verschiedene Male schwang sich der Fotograf mit einem Gleitschirm in die Höhe, um die Akade-mie im neuen Outfit zu fotografieren. Zwei der Motive sind nun auch als Postkarten erhältlich.