the foundation for shamanic studies schamanismus...mit schamanismus, einer jahrtausendealten...
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FOUNDATION FOR SHAMANIC STUDIES INTERNATIONALE FAKULTÄTDr. Michael Harner, Gründer (1929 – 2018) I Dr.in Susan Mokelke, Präsidentin I Dr.in Sandra Harner, Vizepräsidentin
FOUNDATION FOR SHAMANIC STUDIES EUROPÄISCHE FAKULTÄTMag. Roland Urban, Geschäftsführung I DI Michael Hasslinger, Stv. Geschäftsführung
Beatriz Acuña, Guest Faculty I Petya Bachvarova, MA I Kerstin Bandmann I Stefan P. Bierbaum I DI Wieland Braun I DI Nello Ceccon DI Paul David I Nicole Drakulic-Trninic I Adele Erle, Guest Faculty I Ing. Marko Fedor I Dipl.-Biol. Kai Goerlich I Dr. Andreas J. Hirsch
Laurent Huguelit I Dr.in Jutta Leskovar I Luís Gonçalves Louro I Dr.in Lorenza Menegoni I Dr.in Marta Niccolai, Guest Faculty I Dipl.-Inf. Viktorija Orsic Muthig, Guest Faculty I Dr. Omar Osman I Dr. Winfried Picard I Daniela Rupp I Roman Steiner I Ulla Straessle I Sara Tenaglia, Guest Faculty
Ana Umbelino, Guest Faculty I Alexandra Viverge I Dipl.-Soz.Päd. David Vust I Mar Wieland, Guest Faculty I Dipl.-Pol. Tanja Woutskowsky
SCHAMANISMUSzeitschrift der foundation for shamanic studies europe I ausgabe Herbst 2019
The Foundation For Shamanic Studies
BEGEGNUNGEN MIT DER
ZUKUNFT
BLICKE IN DIE ZUKUNFT Schamanische Perspektiven auf globale Transformationen Seite 2
DAS NEUE SEMINAR Wege zu lokaler und globaler Veränderung Seite 5
ON THE ROAD… Exkursion zu den Alten Gläubigen Seite 6
TAGUNG: SCHAMANISMUS UND DIGITALISIERUNG Dreijahres-Programm, Impressum Seite 8
SEMINARÜBERSICHT 2019/20 als Beilage zum Entnehmen
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gestellt wurde [2], nach der die Erde ein selbstregulierendes
System sei [3], trafen sie den Zeitgeist der sogenannten New-
Age-Bewegung und das Bedürfnis nach einem planetaren
Bewusstsein. Sie trafen aber auch auf aggressiven Widerstand
der klassischen Wissenschaft, der den heutigen Shitstorms
in nichts nachstand. Wann immer die simple Tatsache
ausgesprochen wurde und wird, dass dies der einzige Planet
ist, auf dem wir leben können und der uns zudem
hervorgebracht hat, wurden derartige, selbst wissenschaftlich
belegbare Ansichten schnell als emotional oder religiös
abgetan. Um als Spezies zu überleben, benötigen wir jedoch
viel mehr von dieser Emotion, viel mehr von Fridays vor
Future, von der Verbundenheit mit den Ökosystemen und
letztlich einem von Dankbarkeit und Rücksichtnahme
geprägten Umgang mit Ressourcen.
Wenn ich diese Zusammenhänge ins Gespräch einbringe,
beobachte ich meist zwei miteinander verwobene Reaktionen:
eine oft verborgen zustimmende und eine eher skeptische
Haltung. Dies muss nicht verwundern, denn wir haben im
Zuge der klassischen industriellen Revolution rund 150 Jahre
mit steigendem Wohlstand verbracht. Warum sollten wir
etwas so Erfolgreiches aufgeben, nur um auf unsere Gefühle
The Foundation For Shamanic Studies
EDITORIAL
In Zeiten großen Wandels gilt es aus schamanischer Perspektive, einen Schritt zurückzutreten, die Geister zu konsultieren, ihre Kraft und Information in der alltäglichen Wirklichkeit zu manifestieren und damit Zuversicht, Hoffnung und Mut zu erzeugen. Damit wir alle, in unserem alltäglichen Leben, unseren Beitrag zu den Lösungen leisten können.
Wir von der Foundation for Shamanic Studies stellen uns der Verantwortung. Die letztjährige Tagung behandelte das Thema Schamanismus und Ökologie – und damit den notwendigen Bewusstseinswandel hin zur Verbundenheit mit allem, eine der Voraus-setzungen zur Entwicklung konstruktiver Zugänge zum Klimawandel. Und wir setzen nächstes Jahr fort, mit der Tagung „Schamanismus und Digitalisierung“ in Berlin, mit der wir uns der zweiten globalen Entwicklung unserer Zeit widmen (siehe dazu S. 8).
Dazwischen möchten wir uns rückverbinden, um den Halt unserer Wurzeln zu spüren (siehe dazu den Bericht einer Forschungsreise auf den Spuren der Alten Gläubigen Sloweniens, S. 6). Und wir möchten Blicke in die Zukunft wagen, um Orientierung zu finden (siehe dazu den Artikel von Kai Goerlich, S. 2).
All das soll uns dabei helfen, uns selbst zu transformieren und, wie Susan Mokelke im September im Rahmen des neuen Seminars „Shamanism for Inspired Local and Global Change“ (siehe S. 5) es nannte, den „Weg des Mitgefühls“ zu gehen. Denn genau das werden wir brauchen.
ROLAND URBAN
Geschäftsführer Foundation for Shamanic Studies Europe
WIR MÜSSEN ETWAS ÄNDERN. DIES HÖREN WIR ANGESICHTS UNSERES LEBENSWANDELS SOWIE DER BEVORSTEHENDEN HERAUSFORDERUNGEN NAHEZU TÄGLICH.
zu hören? Die kurze Antwort darauf lautet, dass uns diese
Gefühle genau das Richtige mitteilen – wie uns die
Wissenschaft beweisen kann und die Probleme der Wirtschaft
bereits zeigen: in dieser Form geht der Weg nicht weiter. An
dieser Stelle setzt sehr oft reflexartig und voll im Zeitgeist
liegend eine Zuspitzung auf richtig und falsch ein, auf
Polaritäten, die nicht zu Ideen und neuen Wegen führen.
Es geht aber auch anders: wenn wir nicht alles sofort
bewerten. Was uns zeitgenössische schamanische Gesell-
schaften zeigen können, ist, wie wir mit den – vermeintlich –
weit auseinanderliegenden Denkansätzen der klassischen
Wirtschaft und einer animistischen Sicht auf die Welt umgehen
können [4]. SchamanInnen waren und sind meisterhaft darin,
auf den Grenzen zu wandeln und mit ihren divinatorischen
Techniken ihre Sicht über das normal Wahrnehmbare hinaus
zu erweitern. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen,
sind so groß, dass wir jede kreative Idee benötigen, die
Menschen hervorbringen können. Warum also nicht auf die
uralten, transkulturell und über die Zeit bewährten Ansätze
[5], Ideen und Fähigkeiten der SchamanInnen zurückgreifen,
die schon unseren Vorfahren halfen, mit der Natur zu leben
und zu überleben.
Grundlegende Veränderungen vollziehen sich oft innerhalb
weniger Jahre. Digitalisierung und Klimawandel scheinen
einen derartigen Zeitenwandel einzuläuten, mit allen Chancen
und Risiken, die globale Transformationen mit sich bringen.
Mit Schamanismus, einer jahrtausendealten spirituellen
Heilmethode, hat dies auf den ersten Blick wenig zu tun.
Genauer betrachtet, zeigt sich allerdings, dass der
Schamanismus genau die Verbindung zum Leben und zu uns
selbst herstellen kann, die uns so dringend fehlt, um die
anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.
Ab den 1970er Jahren haben wir angefangen, Computer
und Roboter zuerst in unsere Arbeitswelten, später in unseren
Alltag einzuführen und Arbeit sowie Produktion zunehmend
zu automatisieren. Im Wesentlichen ging und geht es dabei
um Innovation, um Kosteneffizienz der Produktion und des
Handels, um Arbeit, Wachstum und Absatzmärkte. Bis
ungefähr 2010 war dies eine stetige Entwicklung, die zwar zu
einigen Umstrukturierungen führte, im Großen und Ganzen
aber kalkulierbar und beherrschbar wirkte. Heute durchziehen
digitale Strukturen und Prozesse unser alltägliches Leben
in bis vor Kurzem ungeahntem Ausmaß, mit schwer
abschätzbaren Folgen.
Auch der Klimawandel war bisher eine eher theoretische,
abstrakte Angelegenheit. Jetzt aber sehen wir die ersten
konkreten Auswirkungen auf unser Alltagsleben: regelmäßige
Dürreperioden, Überflutungen, Stürme und Ernteausfälle, um
nur einige zu nennen. Dennoch: wir denken und handeln
nach wie vor weitgehend in den alten Strukturen der
industriellen Revolution. Wir weigern uns anzuerkennen, dass
wir, mit der Ausnahme des Sonnenlichts, tatsächlich auf einer
Kugel mit begrenzten Ressourcen leben. Gleichzeitig bleibt
nur noch wenig Zeit, die Auswirkungen des Klimawandels
einzudämmen und insgesamt nachhaltig zu wirtschaften - laut
des Wissenschaftsmagazins New Scientist gerade noch zwölf
Jahre [1]. Wir brauchen also rasch neue Ideen, wie wir mit
natürlichen Ressourcen umgehen wollen. Und wir werden
zusätzlich zu den technischen auch soziale Innovationen
erarbeiten und umsetzen müssen.
SCHAMANISMUS – EINE SPIRITUELLE ÖKOLOGIESchamanismus ist in Gesellschaften entstanden, die direkt in
und aus der Natur gelebt haben, Jäger und Sammler sowie
frühe, halbsesshafte Ackerbau und Viehzucht betreibende
Gemeinschaften. Aus schamanischer Sicht besitzt alles eine
Seele – Tiere, Pflanzen, Steine, auch die Erde. Als in den
siebziger Jahren von den Wissenschaftlern James Lovelock
und Lynn Margulis die sogenannte Gaia-Hypothese auf-
TEXT KAI GOERLICH
BILDER
MINKA VON KRIES
Schamanische Perspektiven auf globale Transformationen
BLICKE IN DIE ZUKUNFT
Mit dem Thema Schamanismus wird heute meist die
schamanische Heilung einzelner KlientInnen assoziiert. Sind
schamanisch Praktizierende mit
größeren Problemen der Gesellschaft,
einer Natur- oder anderen Katastrophe
konfrontiert, beschränken sie sich teils
darauf, die Geister direkt um
Linderung des Leids durch rein
spirituelle Mittel zu bitten. Sie ersuchen
ihre Geister beispielsweise darum,
sich an den Ort des Geschehens zu
begeben und dort Heilarbeit zu leisten.
Zwar wird diese Form der
„Fernheilung“ tatsächlich in vielen
Fällen sofort Wirkung zeigen. Sie wirft
gleichzeitig komplexe ethische
Fragestellungen auf, die es gilt, zu
berücksichtigen. […]
SPIRITUELLE PROBLEMBEWÄLTIGUNGWir sind Wesen sowohl der alltäg-
lichen als auch der nicht-alltäglichen
Wirklichkeit. Dementsprechend haben
auch die Herausforderungen, denen
wir uns stellen, Aspekte beider Seiten. Es ist daher wichtig, die
Themen, die uns bewegen, mit allen uns zur Verfügung
stehenden konventionellen Mitteln zu untersuchen und zu
erforschen.
Nutzen wir dafür ausschließlich Maßnahmen, die sich allein
auf die alltägliche Wirklichkeit beziehen, lassen sich die uns
drohenden Krisen nicht bewältigen. Unsere Aktivität bliebe per
definitionem unvollständig. Für effektive, elegante und
nachhaltige Lösungen müssen wir auch in der nicht-alltäglichen
Wirklichkeit arbeiten, um die Kraft und Weisheit der helfenden
Geister zum Tragen zu bringen. […]
DER WEG DES MITGEFÜHLSSchamanische Divination ist eine kraftvolle Methode der
Problembewältigung. Wie viele andere hochwirksame
Praktiken erfordert sie viel von den Praktizierenden. Wenn
man sich auf diesen Weg begibt, wird es unterwegs auch zu
Schwierigkeiten kommen: Angst, Zweifel, Leistungsansprüche,
etwas nur auf „meine Art“ tun wollen, Verwirrung, Wertungen,
Wut oder gefühlte Feindschaften können auftreten. Diese
Herausforderungen sollten nicht als Bestrafung empfunden
werden, sondern als eine Art Geschenk der mitfühlenden
Kräfte unseres Universums. Wir können sie als eine Gelegen-
heit verstehen, Grenzen unserer
alltäglichen Wirklichkeit zu
überwinden, und uns zu
mitfühlenderen, transformierten
Menschen zu entwickeln.
Es ist nicht einfach, Wandel
herbeizuführen. Wenn wir uns also
dieser Art von Mitgefühl widmen,
finde ich es hilfreich, eine Problem-
stellung in der alltäglichen Wirklichkeit
zu wählen, die einem am Herzen liegt.
Es sollte etwas sein, das einem wirklich
wichtig ist und einen tief bewegt. Denn
es sind die Liebe zu diesem gewählten
Thema und der tiefe Wunsch, es
wachsen und gedeihen zu sehen, die
uns durch scheinbar unmögliche
Zeiten leiten – dies und unsere
Beziehung zu den mitfühlenden
Geistern sowie ihre Liebe zu uns.
Während wir praktizieren, um das zu
nähren, was wir lieben, werden wir
selbst verwandelt werden.
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KÜNSTLICHE INTELLIGENZDigitalisierung ist, wie oben erwähnt, nicht neu, begleitet uns
seit spätestens den 1970er Jahren. Was neu ist, ist die
Geschwindigkeit der Veränderung, das Durchdringen des
kompletten Alltags und der beginnende Konflikt zwischen
Mensch und Maschine (ein Programm, ein elektronisches Gerät,
ein Automobil, ein Roboter etc.) – wobei auch diese Grenze
immer mehr verschwimmt.
Seit den ersten Schritten in Richtung künstliche Intelligenz
durch maschinelles Lernen (machine learning) erleben wir, dass
Maschinen und Software zunehmend in der Lage sind,
selbstständig zu lernen und sich Fähigkeiten anzueignen, die
bisher uns Menschen vorbehalten waren. Sie können Go auf
einem Niveau spielen, das Menschen nicht mehr erreichen,
Sprache, Bilder und Gesichter besser erkennen als wir, sie
fangen an, Musik zu komponieren und Bilder zu malen, unsere
Vorlieben und Wünsche besser zu verstehen als unsere engsten
Angehörigen. Eine Welt, in der wir rundum von intelligenten
Maschinen assistiert werden, liegt nahe.
Ob wir aber jemals eine autonome und mit Bewusstsein
ausgestattete künstliche Intelligenz erleben werden, ist nicht
sicher – auch wenn dies immer wieder zu lesen ist. Yuval Noah
Harari führt diesbezüglich drei grundlegende Möglichkeiten
an [6]. Die erste Möglichkeit besteht darin, dass Bewusstsein an
die Biologie gekoppelt ist und damit außerhalb eines bio-
logischen Organismus nicht realisierbar wäre. Die zweite, dass
wir intelligent handelnde Maschinen mit emotionalem Erkennen
erzeugen können, die aber kein Bewusstsein in unserem Sinne
aufweisen. Nach der dritten Möglichkeit schließlich hätten wir
Maschinen, die tatsächlich intelligent und bewusst denken sowie
handeln könnten. Vermutlich wäre dies eine neue Spezies.
Wir könnten uns zurücklehnen und hoffen, dass es nicht so
schlimm kommen wird – so wie wir das schon mit
dem Klimawandel erfolglos getan haben. Oder – so
der Vorschlag von Harari – wir fangen an, uns
ernsthaft mit menschlichem Bewusstsein aus-
einanderzusetzen. Aktuell haben wir nach wie vor
keine konkrete wissenschaftliche Theorie darüber,
wo und wie menschliches Bewusstsein entsteht
bzw. was dafür nötig ist. Wir können
wissenschaftlich noch nicht einmal belegen oder
widerlegen, ob es andere (nicht menschliche)
Formen des Bewusstseins auf unserer Erde gibt.
Kandidaten dafür wären etwa Bäume, Raben-
vögel, Wale oder staatenbildende Insekten. Aus
schamanischer Sicht stellt sich diese Frage nicht,
denn aus der praktischen schamanischen Erfahrung
wissen wir, dass Tiere, Pflanzen und Steine zwar
von uns unterschiedliche Bewusstseins-Präsenzen
haben, aber sie haben sie. Ergo: Wenn wir uns
selber und unsere Lebenszusammenhänge nicht
verstehen, werden wir entweder keine wirklich
intelligenten Maschinen bauen können – oder
Gefahr laufen, die Kontrolle zu verlieren.
RUF AUS DER VERGANGENHEITDie oben erwähnte Gaia-Hypothese dürfte in die
richtige Richtung gewiesen haben: Wir müssen die
Erde als ein einziges Ökosystem behandeln und unser Handeln
neu ausrichten. Und wir sollten anfangen, das menschliche
Bewusstsein mit allen zur Verfügung stehenden Methoden
gründlich zu erforschen. Schamanen und Schamaninnen haben
schon immer die Verbundenheit mit allem, was ist, erfahren, und
divinatorische Techniken genutzt, um ihr eigenes Bewusstsein
zu erweitern bzw. die Interaktion zwischen Mensch und den
anderen Lebewesen zu koordinieren. Nach 250 Jahren
Industriezeitalter klingt dies wie ein Ruf aus der Vergangenheit.
Wir Menschen und die Erde sind immer noch dieselben, nur die
Aufgabe ist größer und dringender geworden.
QUELLE
[1] Le Page, Michael (2018): Climate change is happening, but how fast? This is what we really know. https://www.newscientist.com/article/mg24032080-200-climate-change-is-happening-but-how-fast-this-is-what-we-really-know/; 02.09.2019.
[2] Lovelock, James E. (1972). „Gaia as seen through the atmosphere“. Atmospheric Environment. Vol. 6, Issue 8. 579–580; Lovelock, James E., Margulis, Lynn (1974): Atmospheric homeostasis by and for the biosphere: the Gaia hypothesis. Tellus. Series A. Stockholm: International Meteorological Institute. Vol. 26, Issue 1–2. 2–10.; Lovelock, James E. (1979): Gaia: A new look at life on Earth. Oxford: Oxford University Press.
[3] Eine Hypothese, die wir – wenngleich in einem noch holistischeren Sinne – auch aus dem Schamanismus kennen (vgl. etwa Urban, Roland, Huguelit, Laurent (2018): Schamanismus und Ökologie. Wartberg ob der Aist: FSSE).
[4] Oelschlägel, Anett C. (2013): Plurale Weltinterpretationen: Das Beispiel der Tyva Südsibiriens. Fürstenberg/Havel: Kulturstiftung Sibirien.
[5] Harner, Michael (1990): The Way of the Shaman. 3rd ed. New York: Harper One. S. xviii.
[6] Harari, Yuval Noah (2019): 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert. München: C.H. Beck.
SCHAMANISCHE WEGE ZU LOKALER UND GLOBALER
VERÄNDERUNG
TEXT: SUSAN MOKELKE 1
DAS NEUE SEMINAR „Shamanism for Inspired Local and Global Change“ – zu Deutsch: „Schamanische Wege zu lokaler und globaler Veränderung“ – wurde erstmals im September 2019 von der Präsidentin der FSS, Susan Mokelke, in Europa durchgeführt. Es bietet effiziente, geradlinige und praktikable Zugänge, um mittels der Weisheit der mitfühlenden Geister konkrete Lösungsansätze für kollektive – lokale bis globale – Probleme zu entwickeln.
EIN WEITERER TERMIN MIT ROLAND URBAN, Geschäftsführer der FSSE, ist für 28.02.– 01.03.2020 angesetzt. Das Seminar wird in Rottenbach, Oberösterreich, stattfinden.
DETAILS UND ANMELDUNG unter E: [email protected] bzw. T: +43-650-7700660.
SchamanInnen werden in ihren Stammessprachen oft als „SeherInnen“ oder „Wissende“ bezeichnet. Denn sie sind Teil eines
Wissenssystems, das auf Erfahrungen aus erster
Hand basiert.
Schamanismus ist kein Glaubenssystem, sondern beruht auf persönlichen
Experimenten, die durchgeführt werden, um Heilung zu bewirken oder
Informationen zu erlangen.
Michael Harner
„
[1] Dieser Text beinhaltet einen Auszug aus dem Artikel von Susan Mokelke (2017): Shamanic Divination as Spiritual Problem Solving. Shamanism Annual. Issue 30. S. 29-31. Übersetzung: Alexander Jatscha.
ON THE ROAD … AUSZÜGE AUS DEM LOGBUCH
PRÄLUDIUMForschung meint in der Essenz die Beantwortung wichtiger
Fragen bzw. die Ausdifferenzierung, Vertiefung und
Fundierung des Kenntnisstandes zu einem bestimmten
Thema. Core-schamanische Forschung ist praxisorientiert
und basiert auf folgenden Prinzipien [1]: Respekt vor
Tradition und Wissen der Forschungssubjekte; „Radikale
Partizipation“ (die Forschenden sind aktiver Teil der
beforschten Realität) [2]; vergleichende Studien und
Recherchen – um Regularitäten in Theorie und Praxis
herauszufinden; experimentelle Anwendung und
Überprüfung der Hypothesen und Techniken; Weitergabe
der Erkenntnisse, Modelle und Praktiken im Rahmen
erfahrungsbasierter Veranstaltungsformate – mit dem
Ziel, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen das
Erfahrene und Erlernte unmittelbar anwenden können.
Wissen in diesem Sinne ist lebendig, an die jeweiligen
Lebensumstände angepasst und lösungsorientiert. „Um es
anders zu sagen, die Foundation for Shamanic Studies ist
ein Laboratorium des Schamanismus, einer Wissenschaft
der Geister den Weg bahnend.“ [3]
Eine Exkursion bezeichnet eine Studienfahrt zu
wissenschaftlichen und Bildungszwecken. Ziel ist es, durch
ein Heraustreten aus den alltäglichen Bezügen und ein
Einnehmen einer anderen Perspektive neue Einsichten und
Erkenntnisse zu entwickeln. Hört man von schamanisch
motivierten Exkursionen, denkt man oftmals an Kulturen
und Lebensweisen, die uns geographisch weit entfernt
erscheinen. Das Naheliegende sollte in seinem Wert
nicht unterschätzt werden – auch und vor allem, was die
Transferabilität von Wissen und Praktiken anbelangt.
Mit diesen Gedanken im Gepäck machte sich im Juni 2019
eine Gruppe schamanisch Praktizierender und Forschender
auf den Weg, um auf den Spuren der Alten Gläubigen in
Slowenien, Italien und Österreich zu wandern, dadurch
Rückschlüsse und Rückverbindungen zu ihrem eigenen
natürlichen wie kulturellen Umfeld bzw. ihrer spirituellen
Forschung und Praxis herstellen zu können.
BLITZLICHTER 4
20.6.2019, ca. 6.30 Uhr, Raststation Mondsee / Oberösterreich:
Treffpunkt und gemeinsame Abreise. Route, Motivation
und Ziele der Exkursion werden rekapituliert. Nach ersten
persönlichen Kontakten und Kooperationen mit den letzten
Zeugen der Alten Gläubigen Sloweniens [5] sollen die
Beziehungen sowie der Austausch intensiviert und vertieft
werden. Geplant sind u.a. Treffen mit ProtagonistInnen
der Forschungsgruppe zu den Alten Gläubigen,
Wanderungen zu Naturheiligtümern, gemeinsame
spirituelle Arbeiten sowie die Erschließung neuer Kontakte.
Dem aktuellen Wissensstand zufolge erstreckt sich das
ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Alten Gläubigen auf
das Soca-Tal in Slowenien sowie kleinräumige Gebiete im
Nordosten des Friaul, Italien, sowie Südkärntens. Damit
war die Strecke definiert.
20.06.2019, gegen Mittag, Cerkno / Slowenien:
Unsere Kontaktperson vor Ort kommt uns zu Fuß entgegen
und begrüßt uns mit den Worten: „Ich glaube, ihr wartet auf
mich.“ Wir werden zu einem heiligen Felsen nahe Šebrelje
geführt – und hören viele, auch bezaubernde, Geschichten.
Etwa, dass der Felsen mit den Sternen verbunden ist; dass
er nicht betreten werden durfte, weil es ein heiliger Platz ist,
der von der „Weißen Frau“ besessen wird; dass es Wächter
gab, die in unmittelbarer Nähe des Felsens wohnten. Dass der
Ort, wo ein männlicher Fluss bzw. Bach in einen weiblichen
fließt, ein Ort für rituelle Waschungen sei, um für Fruchtbarkeit
zu bitten.
20.06.2019, 19.00 Uhr, Cerkno / Slowenien:
Wir befinden uns auf einem Grundstück unweit des Idrijca-
Flusses, das nicht nur in Bezug auf die Infrastruktur an die
Zeiten der Alten Gläubigen erinnert, sondern dessen Wälder
Höhlen warten, die nur für bestimmte Zwecke aufgesucht
wurden und von kraftvollen Naturgeistern bewohnt sind.
21.06.2019, ca. 17.00 Uhr, Nähe Zapotok / Slowenien:
Ankunft am Sommersonnenwendenplatz. Die gesamte Gruppe
bereitet die Feier vor: wir schlichten den Feuerstapel auf,
flechten Blumenkränze, essen, trinken, führen Gespräche. All
dies getragen von einer Atmosphäre der Gemeinschaft,
eingebettet in ein natürliches Panorama, das sich von den
Julischen Alpen bis zum Mittelmeer erstreckt. Die Sonnwend-
feier ist einfach und geradlinig, gerade deswegen kraftvoll. Das
Feuer repräsentiert den Dank für das Bisherige, das Wesen der
Transformation, und deutet den Weg in die Zukunft an. Nacht
im Freien, unter dem Himmelszelt der Alten Gläubigen.
22.06.2019, 09.00 Uhr, Nähe Zapotok / Slowenien:
Das Wetter wechselt. Mit dem Starten des Motors beginnt es,
heftig zu regnen. Wir passieren den östlichen Teil des Friaul, um
in einem kleinen Museum in Potoki zu landen. Eine Führung
durch die Ausstellung gibt Einblicke in die lokale Geschichte und
Tradition. Erst dann eröffnen sich die praktischen Dimensionen
der Kraft des Dreiecks („trocan“) und der „schwarzen Stäbe“
(„Brtin“). Wir erleben, dass die Wege der Alten Gläubigen
weitergeführt werden.
23.06.2019, 09.00 Uhr, Villach-Warmbad / Österreich:
Am Vorabend nach Österreich zurückgekehrt, gehen wir
potentiellen hiesigen Quellen nach. Intakte Spuren der
Traditionen der Alten Gläubigen können hier – wie im Friaul –
nur vermutet werden. Deren Kraft war für uns in Slowenien
wahrnehmbar.
23.06.2019, 16.00 Uhr, Raststation Mondsee / Oberösterreich:
Dem Land, den Nachkommen, Geistern und Geschichten der
Alten Gläubigen nähergekommen, kehren wir mit der zentralen
Frage zurück, wie das Wissen für unsere heutige Zeit zu nutzen
ist. Was würden sie uns bei unseren aktuellen Problemen raten?
Wie würden sie die Herausforderungen unserer Zeit angehen?
Die Klarheit, Nüchternheit und Geradlinigkeit des Zugangs
jener, die das Erbe der Alten Gläubigen antreten wollen, und
ihre Hingabe zur (Wieder-)Entwicklung eines fundamentalen
Verständnisses von Natur und Geistern hat hohe Kompatibilität
mit unserer Arbeit sichtbar gemacht und die menschlichen
Bande vertieft. Die Kooperation wird fortgesetzt werden.
TEXT VIKTORIJA ORSIC-MUTHIG, ROLAND URBAN
BILD MINKA VON KRIES
QUELLE
[1] Vgl. Harner, Michael (1999): Science, Spirits and Core-Shamanism. Shamanism Annual. Vol. 12, No. S. 5–8.; Urban, Roland (2016): Schamanismus und Wissenschaft. In: Urban, Roland, Hirsch, Andreas (2016): Schamanismus und Wissenschaft. Wartberg ob der Aist: FSSE. S. 22f.
[2] Vgl. dazu auch das Konzept des „going native“ (etwa Tedlock, Barbara (1991): From Participant Observation to the Observation of Participation: the Emergence of Narrative Ethnography. Journal of Anthropological Research. Vol. 47, No. 1, S. 69–95).
[3] Harner, Michael (1999), S. 5; Übersetzung und Hervorhebung d. Verfassers.
[4] Auf die Nennung von Personennamen sowie nähere Bezeichnungen der Örtlichkeiten wird bewusst verzichtet. V.a. aus Respekt vor Land, Leuten und Geistern – und um die Ausbreitung eines spirituellen Pilgertourismus zu verhindern, dessen Auswirkungen an manchen Plätzen bereits sichtbar sind.
[5] Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung „Schamanismus in Europa – 30 Jahre FSSE“ sowie des Buches „Schamanismus und Ökologie“.
und Wiesen vollgesogen vom Gefühl vergangener Tage sind.
Bei gutem Essen, Trinken und slowenischer Gastfreundschaft
tauschen wir uns mit VertreterInnen der Forschungsgruppe über
die jeweiligen Traditionen (Alte Gläubige, FSS) aus, besprechen
aktuelle Herausforderungen und die Relevanz unser beider
Arbeit für das Wohl unserer Gemeinschaften. Die Geister des
Ortes und der Natur hören mit, der Abend klingt aus, und
unsere Kontaktperson begibt sich auf den Heimweg – zu Fuß,
mehrere Kilometer über die Hügel der Umgebung hinweg,
durch den dunklen Wald.
21.06.2019, 09.00 Uhr, Cerkno / Slowenien:
Aufbruch nach Padence, einem Naturheiligtum der Alten
Gläubigen. Am Übergang, einer Brücke, wurden dem Wasser
Bitten übergeben bzw. Dank gesagt. Danach ist der Weg
unübersichtlicher, die wesentlichen Plätze sind für Uneinge-
weihte nicht zu finden. Dies macht Sinn, da Wasserfälle und
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Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Roland Urban, Untere Reitling 26, 4224 Wartberg ob der Aist, T: +43 650 77 00 660, E: [email protected]
Grafik: Doris Sommavilla, diegestalter.at Fotos: Archiv FSSE, Minka von Kries
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Gezeichnete Artikel geben die Meinung der AutorInnen wieder; diese muss sich nicht unbedingt mit der der Redaktion decken. www.shamanicstudies.net
The Foundation For Shamanic Studies
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Österreichische Post AG. Verlagspostamt 4224 Wartberg ob der Aist Aufgabepostamt 1230 Wien
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IMPRESSUM SCHAMANISMUS HERBST 2019
Eigentümer, Verleger, Herausgeber: Foundation for Shamanic Studies Europe, Untere Reitling 26, 4224 Wartberg ob der Aist
AVISO 13. DREIJAHRES-PROGRAMMIm Mai 2021 beginnt das 13. Europäische Dreijahresprogramm in Fortgeschrittenen Schamanischen Initiationen und Schamanischem Heilen™ der Foundation for Shamanic Studies.
Das Dreijahresprogramm wurde in jahrzehntelanger Forschungsarbeit entwickelt und gilt weltweit als einzigartig. Michael Harner selbst bezeichnete es als sein Lebenswerk. Eine unveränderliche Gruppe trifft sich in drei aufeinanderfolgenden Jahren für jeweils eine Woche zur intensiven schamanischen Arbeit.
SEMINARORT: Casole d´Elsa (SI), Toskana, Italien.
ZEIT: 02. – 08.05.2021 (erstes Treffen).
ARBEITSSPRACHEN: Englisch, Italienisch.
SEMINARLEITUNG: Mag. Roland Urban
KOSTEN: Kursgebühr jährlich € 990,-.
Hinzu kommen pro Woche ca. € 450,-
bis € 700,- für Unterkunft und Verpflegung
(je nach Zimmerkategorie; Stand September
2019, Änderungen vorbehalten).
VORAUSSETZUNGEN Absolvierung der Seminare „Basis“,
„Schamanische Extraktion“, „Tod und
Sterben in schamanischer Sicht“, „(Core-
Schamanische) Seelenrückholung“ sowie
eine gewisse praktische Erfahrung. Zudem
physische wie psychische Stabilität.
ANMELDUNG Wenn Sie sich für dieses Programm
bewerben möchten, bitten wir um
Zusendung eines ungefähr zwei Seiten
langen Briefes, in dem Sie sich selbst als
Person beschreiben. Dazu ein Passbild
und eine Auflistung der von Ihnen bei der
Foundation for Shamanic Studies absolvierten
Seminare (bei wem, wo, wann).
Bei Zulassung verpflichten Sie sich zur
Teilnahme am gesamten Programm, d.h. an
allen drei Treffen.
Bitte übermitteln Sie die Unterlagen per Post
oder via E-Mail an die Foundation for
Shamanic Studies Europe, Untere Reitling 26,
A-4224 Wartberg ob der Aist, bzw. an
Die FSS behält sich das Recht vor,
TeilnehmerInnen ohne Angabe von
Gründen abzuweisen. Der Rechtsweg ist
ausgeschlossen.
8 Ankündigung | Impressum
ALLES, WAS IST, IST BELEBT
UND BESEELT. GILT DIES
AUCH FÜR DAS INTERNET?
SIND VIRTUELLE REALITÄTEN
TATSÄCHLICH REAL? VERFÜGT
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
ÜBER EINE WESENHAFTIGKEIT?
WAS SIND DIE ONTOLOGISCHEN
KATEGORIEN DES MENSCH-
SEINS IM ZEITALTER DER
DIGITALISIERUNG?
TAGUNG Foundation for Shamanic Studies
Schamanismus und DigitalisierungDiesen Fragen möchten wir uns bei der nächsten Tagung „Schamanismus und Digitalisierung“ widmen, die am 26. JUNI 2020 im Deutschen Architekturzentrum Berlin, Deutschland, stattfinden wird. Initiiert und organisiert von der Foundation for Shamanic Studies Europe soll diese Veranstaltung Grundlagen zu bisher nicht erforschten Wechselwirkungen präsentieren, und den fachlichen Austausch sowie die interdisziplinäre Kooperation zu wesentlichen Themen unserer Zeit fortsetzen. WissenschaftlerInnen sowie PraktikerInnen aus IT-relevanten Bereichen, Technik, Schamanismus und Geisteswissenschaften werden gemeinsam mit KünstlerInnen und VertreterInnen von physischen wie sozialen Netzwerken diesen Tag gestalten. Die konkreten Formate reichen von Vorträgen und Workshops bis zu Kunstprojekt und Fest.
Die Tagungsgebühr beträgt € 70.- (inkl. Verpflegung). Detailinformationen auf Anfrage. Zeitgerechte Anmeldung – über FSSE (E: [email protected]; T: +43 650 77 00 660) – wird aufgrund limitierter Plätze empfohlen. Die Veranstaltung wird öffentlich zugänglich sein; Vorkenntnisse sind nicht nötig.