thema 5: die ikonographie des...

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Schätze des Glaubens Bode-Museum Text: Beatrice Szameitat | Gestaltung: Birgitt Leber | Herstellung: Besucher-Dienste der Staatliche Museen zu Berlin Fach: Religion, Kunst, Geschichte (Mittelalter) Jahrgangsstufe: 11.-12. Klasse Thema 5: Die Ikonographie des Eilbertus-Tragaltares Um 1150 entstand durch den Kölner Goldschmied Eilbertus ein kleiner tragbarer Altar von vollendeter Schönheit, dekoriert mit farbigen Emailplatten und Pergamentmalerei. Er gehört zum Welfenschatz aus dem Braunschweiger Dom und wird seit 1935 in Berlin aufbewahrt. Auf engstem Raum entfaltet sich ein vollständiges Sinnbild des christlichen Glaubens, das zu entschlüsseln einen genaueren Blick lohnt. Abb. 1 Tragaltar aus dem Welfenschatz, 12. Jh. (nicht in der Ausstellung) Abb. 2 Tragaltar des Eilbertus, Köln um 1150 Abb. 3 Tragaltar des Eilbertus, Altarplatte, Detail, Köln um 1150 Ein Tragaltar ist ein transportabler Miniatur-Altar. Mit ihm konnte auf Reisen die Messe abge- halten werden. In jedem Altar ist eine steinerne Altarplatte eingelassen, groß genug als Standfläche für den Kelch. Auch birgt jeder Altar eine Reliquie. Dieser einfache Altar besteht aus einem Zedernholzbrett mit einem Kalkstein. Eine Inschrift erläutert, dies sei ein Stein vom Felsen, auf dem Christus geboren ist. Somit ist der Altarstein selbst die Reliquie. Der Tragaltar des Eilbertus ist viel zu kostbar, um auf Reisen mitgenommen zu werden. Er ist vielmehr ein modellhaftes Sinnbild des Altars als Zentrum des christ- lichen Glaubens. Bereits die Darstellungen auf den Seitenwänden in Bezug zu denen der Altarplatte sind sinnbildlich aufgefasst. Das Alte Testament wird nämlich als Stütze des Neuen Testamentes dargestellt, versinnbildlicht durch Propheten zwischen Säulen. Ohne diese Stütze kann sich das Neue Testament nicht entfalten. Die Propheten sind mit ihren Namen beschriftet und halten Schriftbänder mit ihren Weis- sagungen in der Hand. Einige sind durch Attribute oder physiognomische Besonder- heiten zusätzlich kenntlich gemacht: David mit Harfe, Jonas kahlköpfig, Salomo mit Krone. Die Figuren erscheinen farbig auf goldenem Grund. Eine Hauptinschrift am Sockel des Altars, Gold auf blauem Grund (CELITUS AFFLATUR...), erklärt das Bild- programm: „Die vom Himmel Inspirierten (= die Propheten) sagten das über Christus voraus, was danach noch bevorstand.“ Im Zentrum der Altarplatte befindet sich ein Bild Christi vom Typus der Maiestas Domini (siehe Thema 1). Christus sitzt auf dem Regenbogen, zu seinen Füßen der Erdkreis, er hält ein Buch in der Linken und erhebt die Rechte in der Segensgeste. Zu Seiten seines Kopfes mit Heiligenschein (Nimbus) erscheinen die grie- chischen Buchstaben Alpha und Omega. Sie bedeuten Anfang und Ende der Welt und weisen darauf hin, dass Christus hier am Tag des Jüngsten Gerichtes dargestellt ist. Um die Figur legt sich ein weiterer Kreis (Mandorla), eine Lichterscheinung, die das besondere Licht, das von Christus ausgeht, darstellt. In den Ecken der Darstellung erscheinen die Symbole der vier Evangelisten. Diese Pergamentmalerei wird von einem Bergkristall geschützt. Der Altarstein des Eilbertus-Altars ist also durchsichtig.

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Schätze des GlaubensBode-Museum

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Fach: Religion, Kunst, Geschichte (Mittelalter) Jahrgangsstufe: 11.-12. Klasse

Thema 5: Die Ikonographie des Eilbertus-Tragaltares

Um 1150 entstand durch den Kölner Goldschmied Eilbertus ein kleiner tragbarer Altar von vollendeter Schönheit, dekoriert mit farbigen Emailplatten und Pergamentmalerei. Er gehört zum Welfenschatz aus dem Braunschweiger Dom und wird seit 1935 in Berlin aufbewahrt. Auf engstem Raum entfaltet sich ein vollständiges Sinnbild des christlichen Glaubens, das zu entschlüsseln einen genaueren Blick lohnt.

Abb. 1 Tragaltar aus dem Welfenschatz, 12. Jh. (nicht in der Ausstellung)

Abb. 2 Tragaltar des Eilbertus, Köln um 1150 Abb. 3 Tragaltar des Eilbertus, Altarplatte, Detail, Köln um 1150

Ein Tragaltar ist ein transportabler Miniatur-Altar. Mit ihm konnte auf Reisen die Messe abge-halten werden. In jedem Altar ist eine steinerne Altarplatte eingelassen, groß genug als Standfläche für den Kelch. Auch birgt jeder Altar eine Reliquie. Dieser einfache Altar besteht aus einem Zedernholzbrett mit einem Kalkstein. Eine Inschrift erläutert, dies sei ein Stein vom Felsen, auf dem Christus geboren ist. Somit ist der Altarstein selbst die Reliquie.

Der Tragaltar des Eilbertus ist viel zu kostbar, um auf Reisen mitgenommen zu werden. Er ist vielmehr ein modellhaftes Sinnbild des Altars als Zentrum des christ-lichen Glaubens. Bereits die Darstellungen auf den Seitenwänden in Bezug zu denen der Altarplatte sind sinnbildlich aufgefasst. Das Alte Testament wird nämlich als Stütze des Neuen Testamentes dargestellt, versinnbildlicht durch Propheten zwischen Säulen. Ohne diese Stütze kann sich das Neue Testament nicht entfalten. Die Propheten sind mit ihren Namen beschriftet und halten Schriftbänder mit ihren Weis-sagungen in der Hand. Einige sind durch Attribute oder physiognomische Besonder-heiten zusätzlich kenntlich gemacht: David mit Harfe, Jonas kahlköpfig, Salomo mit Krone. Die Figuren erscheinen farbig auf goldenem Grund. Eine Hauptinschrift am Sockel des Altars, Gold auf blauem Grund (CELITUS AFFLATUR...), erklärt das Bild-programm: „Die vom Himmel Inspirierten (= die Propheten) sagten das über Christus voraus, was danach noch bevorstand.“

Im Zentrum der Altarplatte befindet sich ein Bild Christi vom Typus der Maiestas Domini (siehe Thema 1). Christus sitzt auf dem Regenbogen, zu seinen Füßen der Erdkreis, er hält ein Buch in der Linken und erhebt die Rechte in der Segensgeste. Zu Seiten seines Kopfes mit Heiligenschein (Nimbus) erscheinen die grie-chischen Buchstaben Alpha und Omega. Sie bedeuten Anfang und Ende der Welt und weisen darauf hin, dass Christus hier am Tag des Jüngsten Gerichtes dargestellt ist. Um die Figur legt sich ein weiterer Kreis (Mandorla), eine Lichterscheinung, die das besondere Licht, das von Christus ausgeht, darstellt. In den Ecken der Darstellung erscheinen die Symbole der vier Evangelisten. Diese Pergamentmalerei wird von einem Bergkristall geschützt. Der Altarstein des Eilbertus-Altars ist also durchsichtig.

Schätze des GlaubensBode-Museum

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Abb. 4 Tragaltar des Eilbertus, Altarplatte, Köln um 1150 Abb. 5 Tragaltar des Eilbertus, Unterseite, Köln um 1150

Die zwölf Jünger sind im Kreis um Christus herum angeordnet. Jeder von ihnen ist in Kopfhöhe namentlich bezeichnet und hält ein Schriftband in der Hand. Oben links mit Petrus beginnend, sprechen sie alle zu-sammen das Glaubensbekenntnis. Petrus sagt: „Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer des Himmels und der Erde...“ Andreas fährt fort: „... und an Jesus Christus, seinen einzigen Sohn, unseren Herrn.“ Die anderen Jünger sprechen das Bekenntnis zu Ende, so dass es vollständig auf dem Altar erscheint. Die zweite Hauptinschrift am Rand der Altarplatte (DOCTRINA PLENI...) erklärt dieses Bildprogramm in Bezug auf die Propheten des Alten Testamentes: „Die zwölf Väter (=die Jünger), voll der Lehre des Glaubens, bezeugen, dass die prophetischen Reden nicht erfunden sind.“

Die Unterseite des Tragaltars ist mit einem Rosettenmuster verziert. Die mittleren sechs Rosetten bilden den Deckel eines Faches, in dem die Reliquie des Altars verborgen ist. Ein schmaler Rahmen des Deckels ist mit der Inschrift EILBERTUS COLONIENSIS ME FECIT versehen. Dadurch wissen wir sicher, dass das Kunstwerk von dem Kölner Eilbertus stammt. Über ihn hat man bisher keine weiteren Informationen gefunden.

Geburt, Tod und Auferstehung Christi sind auf acht weiteren Emailbildern dargestellt. Links sieht man Verkün-digung, Heimsuchung, Geburt und Darbringung im Tempel, rechts Kreuzigung, Frauen am Grabe, Christus in der Vorhölle und Himmel-fahrt.Das in sich geschlossene theologische Bildprogramm umfasst das Erlösungs- werk Gottes an den Menschen: Versinnbildlicht durch die Maiestas Domini, von den Propheten geweis-sagt, sichtbar geworden durch Leben, Tod und Auferstehung Christi, verkündet von den Aposteln und schließlich auf dem Altar mit dem eucharistischen Opfer (dem Dank an Gott) gefeiert.

Schätze des GlaubensBode-Museum

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Thema 5: Die Ikonographie des Eilbertus-Tragaltares

Ideen für den Unterricht

Da der Altar sehr klein ist, können nicht mehr als vier Schüler gleichzeitig das Arbeitsblatt ausfüllen.Die anderen könnten währenddessen eines der anderen Themen bearbeiten.Bitte Klemmbrett und Stift nicht vergessen!

Hinweise zum Arbeitsblatt:

• Schaue dir den Altar genau an!

• Versuche, die Inschriften abzuschreiben!

• Benenne die Figuren!

• Beschreibe die Bilder! Überlege, was zum Alten Testament gehört und was zum Neuen Testament!

• Welche Abschnitte aus dem Leben Christi sind dargestellt?

• Sieh genau hin: wie unterscheiden sich die Figuren unten von denen oben in der Gestaltung?

• Mit welchen Symbolen sind die Evangelisten auf dem Altar vertreten?

Schätze des Glaubens

Bode-M

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Arbeitsblatt

Thema 5:

Die Ikonographie des Eilbertus-Tragaltares

12 Apostel: C

redo in deum patrem

omnipotentem

...B

itte ergänzen: Propheten des Alten

Testamentes

Vordeseite:1

Daniel

2 3 4 5 6 rechte S

chmalseite:

7 fehlt 8 9 R

ückseite:10 11 12 13 14 15 linke S

chmalseite:

16 17 18A

ltarstein mit M

aiestas Dom

iniin den E

cken Evangelistensym

bole

1

– Matthäus

2

– Johannes 3

– Lukas

4

– Markus

Hauptinschrift

Beginn vorn unten:

+ CE

LITUS

AFFLATI ...

Fortsetzung vorn oben + DO

CTR

INA P

LEN

I ...

VE

RK

ÜN

DIG

UN

G

Schätze des Glaubens

Bode-M

useum

10 Sim

on11 Judas Thaddäus

12 Matthias

1 Petrus

2 Andreas

3 Jakobus4 Johannes

5 Thomas6 Jakobus

7 Philippus

8 Bartholom

äus9 M

atthäus

Lösungsblatt

Thema 5:

Die Ikonographie des Eilbertus-Tragaltares

12 Apostel: C

redo in deum patrem

omnipotentem

...

Propheten des Alten Testam

entesVordeseite:1

Daniel

2 E

zechiel3

David (m

it Harfe)

4 M

elchisedech5

Hosea

6 M

alachiasrechte S

chmalseite:

7 fehlt

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Balaam

Rückseite:

10 Jonas

11 N

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Johellinke S

chmalseite:

16 Jakob

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Altarstein m

it Maiestas D

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in den Ecken E

vangelistensymbole

1 E

ngel/Mensch – M

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Adler – Johannes

3 S

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Löwe – M

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Hauptinschrift

Beginn vorn unten: + C

ELITU

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Fortsetzung vorn oben: + DO

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Übersetzung:

D

ie vom H

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el Inspirierten (=die Propheten) sagten das über C

hristus voraus, was danach noch bevorstand.

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äter (=die Apostel), voll des G

laubens, bezeugen, dass die prophetischen Reden nicht erfunden sind.

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