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TU Bergakademie Freiberg Institut für Elektrotechnik Drehstrom Skriptum für Nichtelektrotechniker Verfasser: Prof. Dr.-Ing. habil. U. Beckert Datum: 2001 Umfang: 23 Seiten

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TU Bergakademie Freiberg Institut für Elektrotechnik

Drehstrom

Skriptum für Nichtelektrotechniker

Verfasser: Prof. Dr.-Ing. habil. U. Beckert Datum: 2001 Umfang: 23 Seiten

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Inhaltsverzeichnis 1. Vorteile von Drehstrom

2. Erzeugung von Drehstrom: Drehstromgenerator

3. Verkettung des Drehstromsystems

4. Ströme und Spannungen im symmetrischen Drehstromsystem

5. Drehstromleistung

6. Blindleistungskompensation bei Drehstrom

7. Leistungsmessung bei Drehstrom

8. Entstehung eines Drehfeldes

TU Bergakademie Freiberg Institut für Elektrotechnik Prof. Dr.-Ing. habil. U. Beckert ..\bt\vorles\grdl_et\Drehstrom 2001-06-11 (üa08)

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1. Vorteile von Drehstrom Unter einem symmetrischen Dreiphasensystem, meistens kurz Drehstromsystem genannt, versteht man ein System von drei sinusförmigen Wechselspannungen oder Wechselströmen gleicher Frequenz und gleicher Amplitude, die gegeneinander um 2π/3 = 120° phasenver-schoben sind, s. Bild 1.

)t(sinI2)t(i1 ω=

)3/2t(sinI2)t(i2 π−ω= (1)

)3/4t(sinI2)t(i3 π−ω=

π 2π ωt π30

1i

I23i, 2i1i

i2 3i

Bild 1: Zeitverlauf der Ströme im symmetrischen Drehstromsystem

Die Vorteile von Drehstrom gegenüber Einphasenwechselstrom sind erheblich. Dies soll an einem einfachen Beispiel gezeigt werden:

a) Ein Verbraucher, z.B. ein elektrischer Heizkörper, dargestellt durch den Widerstand R (Bild 2a), wird über eine Doppelleitung an eine Wechselspannung

)t(sinU2)t(u ω=

angeschlossen. Es fließt der Wechselstrom

)t(sinI2)t(i ω= . (2)

Im Verbraucher wird die Wirkleistung

RIIUP 2==

umgesetzt. Der Querschnitt des Hin- und Rückleiters ist für den Effektivwert des Stromes

RUI =

zu bemessen.

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b) Die gleiche Wirkleistung lässt sich im Verbraucher auch umsetzen, wenn der Verbraucher in drei gleiche „Stränge“ mit jeweils dem Widerstandswert R3 (Bild 2b) aufgespalten und alle drei Widerstände an die gleiche Wechselspannung angeschlossen werden. Durch jeden Strang fließt jetzt ein Drittel des ursprünglichen Stromes

)t(sin3I2)t(i)t(i)t(i 321 ω=== . (3)

Für die im Verbraucher umgesetzte Wirkleistung gilt:

RI)R3(3I3P 2

2

=⎟⎠⎞

⎜⎝⎛=

Es werden jetzt vier Leitungen benötigt. Drei sind für den effektiven Strom I/3 zu bemessen, besitzen also jeweils ein Drittel des ursprünglichen Querschnittes, während der Rückleiter für den vollen Effektivwert I auszulegen ist.

i

i R

i/3

i/3

i

i/3 3 R

3

2

1 3 Ri

i

i

Bild 2: Speisung eines ohmschen Verbrauchers mit Einphasenwechselstrom und Drehstrom

a)

b)

c)

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c) Wird schließlich der dreisträngige Verbraucher an ein symmetrisches Drehspannungs-system mit dem gleichen Effektivwert U angeschlossen, so bilden die drei Strangströme ein symmetrisches Drehstromsystem mit dem Effektivwert I/3:

)t(sin3I2)t(i1 ω=

)3/2t(sin3I2)t(i2 π−ω= (4)

)3/4t(sin3I2)t(i3 π−ω=

Wegen

0)3/4t(sin)3/2t(sin)t(sin =π−ω+π−ω+ω (5)

ist die Summe der drei Strangströme zu jedem Zeitpunkt Null, d.h. der Rückleiter führt keinen Strom und kann weggelassen werden (Bild 2c).

Bei gleicher Wirkleistung P und gleichem Effektivwert U der Verbraucherspannung kann bei Drehstromspeisung die Hälfte des Leitermaterials gegenüber der Speisung mit Einphasen-wechselstrom eingespart werden. Außerdem halbieren sich die Stromwärmeverluste der Leitung.

Drehstrom besitzt gegenüber Einphasenwechselstrom nicht nur Vorteile bei der Verteilung elektrischer Energie, sondern auch bei ihrer Erzeugung und Anwendung. So erfordern Drehstromgeneratoren und –motoren einen geringeren Materialaufwand als Wechselstrom-maschinen gleicher Leistung. Außerdem lassen sich mit Drehstrom leicht magnetische Drehfelder (rotierende magnetische Felder) erzeugen, wie sie in Elektromotoren benötigt werden.

Der Einsatz von Drehstrom ist schon bei energietechnisch kleinen Leistungen, ab etwa 3 kW sinnvoll.

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2. Erzeugung von Drehstrom: Drehstromgenerator

Bild 3 zeigt den grundsätzlichen Aufbau eines Drehstrom-Synchrongenerators: Die Hauptteile des Generators sind Ständer und Läufer.

w v

u

w

u

v

uu

uv

uw

Der Ständer hat die Form eines Hohlzylinders und ist zur Herabsetzung der Wirbelströme als Blechpaket ausgeführt. In gleichmäßig am Umfang der Ständerbohrung angeordneten Nuten ist die dreiphasige Ständerwicklung eingelegt. Die einzelnen Wicklungen (Stränge) sind am Ständerumfang gleichmäßig versetzt angeordnet und zwar bei einem zweipoligen (Polpaarzahl p = 1) Generator, wie dargestellt, um räumlich 360°/3 = 120° = 2π/3, bei einem vierpoligen (p = 2) Generator sechs Wicklungen um räumlich 120°/2 = 60° usw. Der Übersichtlichkeit wegen ist in Bild 3 angenommen worden, dass jeder Strang nur aus einer Spule besteht. Der Läufer besteht im Gegensatz zum Ständer aus massivem Eisen, besitzt ausgeprägte Pole und eine Erregerwicklung zur Erzeugung eines magnetischen Gleichfeldes. Die Erregerwicklung wird in der klassischen Technik über zwei Schleifringe mit Gleichstrom gespeist. Rotiert der Läufer mit der konstanten Drehzahl ns (angetrieben von einer Dampfturbine, einer Wasserturbine oder einem Dieselmotor), so rotiert auch das magnetische Feld mit. Die drei Ständerwicklungen werden (durch die Drehbewegung) von zeitveränderlichen magnetischen Flüssen durchsetzt. Nach dem Induktionsgesetz werden in ihnen Spannungen induziert. Da die drei Ständerwicklungen die gleiche Windungszahl w besitzen und nacheinander vom gleichen Fluss durchsetzt werden, besitzen die induzierten Spannungen in drei Wicklungen die gleiche Frequenz snpf = (6) und den gleichen Effektivwert

Φ=≈ ˆwf44,4EU (7)

bzw. die gleiche Amplitude

U2U = .

Bild 3: Drehstrom-Synchrongenerator im Querschnitt (links) und mit symbolischer Darstellung der drei Ständerstränge (rechts)

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Durch den räumlichen Versatz der Wicklungen um 2π/3 = 120° sind die erzeugten Spannungen um je 120° = 2π/3 zeitlich gegeneinander phasenverschoben. Bei sinusförmiger Flussänderung gilt für die drei Ständerstrangspannungen:

Die Bilder 4 und 5 zeigen die zeitlichen Verläufe und das Zeigerdiagramm der drei Ständer-strangspannungen: Das Liniendiagramm zeigt, dass die Summe der Augenblickswerte der drei Strangspannungen zu jedem Zeitpunkt Null ist.

wuvuuu

tωπ 2π

u

Bild 4: Zeitdiagramm der Ständerstrangspannungen

120

Uu

UvwU

UuUw

o

_

__

__

Aus dem Zeigerbild kann man ablesen, dass

0UUU wvu =++ . (9)

)t(sinU2u u ω=

)3/2t(sinU2u v π−ω=

)3/4t(sinU2u w π−ω=

Bild 5: Zeigerdiagramm der Ständerstrangspannungen

(8)

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Schaltet man an jede der drei Ständerwicklungen des Generators einen Verbraucher-widerstand gleicher Größe, so gilt auch für die fließenden Ströme:

0III wvu =++ . (10)

Ein solches Dreiphasen- oder Drehstromsystem heißt symmetrisch, andernfalls unsymmetrisch.

Drehstrom-Synchrongeneratoren besitzen die größten Einheitsleistungen elektrischer Maschinen.

Die größten Turbogeneratoren für Wärmekraftwerke erreichen derzeit: bei p = 1 (ns = 3000 min-1) Sn = 1200 MVA und Un = 21 kV bei p = 2 (ns = 1500 min-1) Sn = 1700 MVA und Un = 27 kV Die größten Generatoren für Wasserkraftwerke mit senkrechter Wellenanordnung erreichen

.MVA800Sn = Hier ist gemäß Gl.(6)

SN npf =

die Polpaarzahl den gegebenen relativ niedrigen Drehzahlen von ns = 60 min-1 bis 100 min-1 anzupassen. Z.B. sind bei Hz50fN = und ns = 75 min-1 achtzig Pole entlang des Läufer- umfanges einzuordnen. Der Läufer wird so zu einem Polrad mit großem Durchmesser von über 15m bei vergleichsweise geringer axialer Länge.

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3. Verkettung des Drehstromsystems Die drei Wicklungen des Drehstromgenerators werden als Stränge (u, v, w) bezeichnet. Ebenso setzt sich ein Drehstromverbraucher aus drei Verbrauchersträngen zusammen. Zwei Verkettungsschaltungen sind von großer Bedeutung: die Sternschaltung und die Dreieckschaltung.

Sternschaltung: Die drei Stränge des Generators und des Verbrauchers werden gemäß Bild 6 in Stern geschaltet.

I1

I 2

3 I

0 I

_

_

_

_

L1

L2

L3

N

u

v

ww

v

u

Generator Verbraucher Bild 6: Sternschaltung von Generator und Verbraucher

Der Schaltungspunkt, in dem die drei Stränge des Generators bzw. des Verbrauchers zusammengeführt werden, heißt jeweils Sternpunkt. Der die beiden Sternpunkte verbindende Leiter heißt Neutralleiter N. Die drei äußeren Verbindungsleitungen zwischen Generator und Verbraucher heißen Außenleiter oder kurz Leiter L1, L2, L3 – früher R, S, T. Auf diese Weise entsteht das bekannte Vierleiter-Drehstromnetz, das der Energieverteilung dient.

Dreieckschaltung: Sie ist im Bild 7 dargestellt. Die Stränge des Generators und des Verbrauchers sind jeweils in Dreieck geschaltet. Generator und Verbraucher sind nur über die drei Außenleiter L1, L2, L3 verbunden. Mit diesem Dreileiter-Drehstromnetz erfolgt bei höchsten Spannungen (220 kV und 380 kV) die Fernübertragung der elektrischen Energie.

L1

L2

L3

I 1_

_ 2 I

_ 3 I

w u

v

VerbraucherGenerator

w

v

u

Bild 7: Dreieckschaltung von Generator und Verbraucher

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4. Ströme und Spannungen im symmetrischen Drehstromsystem Im Folgenden werden die Zusammenhänge abgeleitet, die zwischen den Strang- und den Leitergrößen bei der Stern- und der Dreieckschaltung bestehen. Folgende Begriffe sind wichtig:

Als Strangspannung verwendet man die an einem Strang liegende Spannung: wvu U,U,U . Unter Strangstrom versteht man den durch einen Strang fließenden Strom: wvu I,I,I .

Als Leiterspannung bezeichnet man die zwischen zwei Außenleitern des Drehstromsystems auftretende Spannung: 1,33,22,1 U,U,U . Die Leiterspannungen tragen zwei Indizes, die angeben, zwischen welchen Leitern die jeweilige Spannung anliegt.

Als Leiterstrom bezeichnet man den in einem Außenleiter fließenden Strom: 321 I,I,I . Der Strom im Neutralleiter wird mit 0I bezeichnet.

Die Betrachtungen beschränken sich auf symmetrische Verbraucher, d.h. die drei Stränge des ohmsch-induktiven Verbrauchers seien exakt gleich:

Strwvu RRRR ===

Strwvu XXXX ===

Sternschaltung: Bild 8 zeigt den symmetrischen Drehstromverbraucher in Sternschaltung mit den Zählpfeilen für alle vorkommenden Spannungen und Ströme.

I1

I 2

3 I

0 I

N

L2

I u

uU

Uw

Uv

v I

w I

L1

L3

N

U3,1

1,2U

2,3U

_

_

_

_

_

_

_

_

_

_

_

_

_

Bild 8: Spannungen und Ströme bei der Sternschaltung des Verbrauchers

Dabei ist angenommen worden, dass die Leiterströme 321 I,I,I zum Verbraucher hin fließen, während der Strom 0I im Neutralleiter vom Verbraucher zum Generator fließt.

Der Knotenpunktsatz liefert, dass die Leiterströme auch die Verbraucherstränge durchfließen:

u1 II = v2 II = w3 II = (12)

(11)

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11

Allgemein sind bei der Sternschaltung die Leiterströme gleich den Strangströmen:

StrL II = (13)

Der Knotenpunktsatz angeschrieben für den Sternpunkt des Verbrauchers ergibt, dass die Summe der Leiterströme gleich dem Strom im Neutralleiter ist. Bei einem symmetrischen Drehstromverbraucher ist dieser Null.

0wvu IIII =++

0IIII 0321 ==++ (14)

Der Maschensatz liefert den Zusammenhang zwischen den Leiterspannungen und den Strangspannungen. Für die in Bild 8 dargestellte Masche erhält man

0UUU 2,1vu =−−

vu2,1 UUU −= (15)

In gleicher Weise erhält man: wv3,2 UUU −=

uw1,3 UUU −=

Aus Symmetriegründen sind sowohl die Leiterspannungen als auch die Strangspannungen untereinander gleich groß:

L1,33,22,1 UUUU === (17)

Strwvu UUUU === (18) Im Bild 9 sind die Maschensätze (15, 16) im Zeigerbild dargestellt.

_

__

_

_

_O30

uU

wUvU

U3,1

3 2

U1,2

U2,3

1

(16)

Bild 9: Zeigerbild der Spannungen bei der Sternschaltung

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Aus dem schraffierten Dreieck liest man ab:

uu2,1 U

2330cosU

2U

=°=

u2,1 U3U = (19)

Allgemein sind bei der Sternschaltung die Leiterspannungen um den Faktor 732,13 = größer als die Strangspannungen:

StrL U3U = (20)

Im bekannten Drehstrom-Niederspannungsnetz (Bild 10) beträgt die Leiterspannung UL = 400 V (früher 380 V). Zwischen einem Leiter und dem Neutralleiter (z.B. zwischen L1 und N) steht die Strangspannung V2303/V400UStr == (früher 220 V) zum Betrieb ein-phasiger Verbraucher wie z.B. Glühlampen zur Verfügung.

L1

L2

L3

N

M3~

Drehstrom-asynchronmotor

400 V

Gluhlampe230 V

..

motorEinphasen-

1~M

Bild 10: Drehstrom- und einphasige Verbraucher am Drehstrom-Niederspannungsnetz

Dreieckschaltung: Bild 11 zeigt den symmetrischen Drehstromverbraucher in Dreieck-schaltung mit den Zählpfeilen für alle vorkommenden Spannungen und Ströme.

Bild 11: Spannungen und Ströme bei der Dreieckschaltung des Verbrauchers

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_I 1

_I 3

_wI

_vI

_uI

2I

30O

_

Der Maschensatz liefert

u2,1 UU = v3,2 UU = w1,3 UU = (21)

Allgemein sind bei der Dreieckschaltung die Leiterspannungen gleich den Strang-spannungen.

StrL UU = (22)

Der Knotenpunktsatz liefert zunächst, dass die Summe der Leiterströme stets gleich Null ist:

0III 321 =++ (23)

Außerdem liefert der Knotenpunktsatz

uw1 III =+

wu1 III −= (24)

In gleicher Weise erhält man:

uv2 III −=

vw3 III −=

Bei einem symmetrischen Drehstromverbraucher sind sowohl die Leiterströme als auch die Strangströme untereinander gleich groß:

Strwvu IIII ===

L321 IIII ===

Im Bild 12 sind die Knotenpunktsätze (24) und (25) im Zeigerbild dargestellt.

(25)

(26)

Bild 12: Zeigerbild der Ströme bei derDreieckschaltung

13

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Aus dem schraffierten Dreieck liest wieder man ab:

I2330cosI

2I

u1 =°=

u1 I3I =

Allgemein sind bei der Dreieckschaltung die Leiterströme um den Faktor 732,13 = größer als die Strangströme:

StrL I3I =

(27)

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5. Drehstromleistung

Für die in einem Strang eines Drehstromverbrauchers umgesetzte Wirkleistung gilt:

ϕ= cosIUP StrStrStr (28)

Die gesamte in einem symmetrischen Drehstromverbraucher umgesetzte Wirkleistung ist dann

ϕ== cosIU3P3P StrStrStr (29)

Da in der Praxis oftmals die Stranggrößen nicht, sondern nur die Leitergrößen gemessen werden können, wird üblicherweise die Drehstromleistung durch die Leitergrößen ausgedrückt. Unter Beachtung, dass bei der Sternschaltung

3

UU L

Str = LStr II = (30)

und bei der Dreieckschaltung

LStr UU = 3

II L

Str = (31)

gelten, führt Gl. (29) auf folgenden Ausdruck für die Drehstrom-Wirkleistung:

ϕ= cosIU3P (32)

Der Index L für die Leitergrößen wird üblicherweise weggelassen!

Analog gelten für die Drehstrom-Blindleistung

ϕ= sinIU3Q (33)

und für die Drehstrom-Scheinleistung

IU3S = . (34)

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6. Blindleistungskompensation bei Drehstrom

Ebenso wie bei Einphasenwechselstrom ist auch bei Drehstrom die Blindstrom- bzw. Blindleistungskompensation von großer Bedeutung.

Im Folgenden wird die Blindleistungskompensation bei Drehstrom am Beispiel eines Drehstrommotors mittlerer Leistung dargestellt: Ein Drehstrom-Asynchronmotor mit folgenden Nenndaten (Index n = Nenn-)

132 kW; 1485 min-2; 400 V; 50 Hz

87,0cos n =ϕ ; %94n =η

werde mit Nennmoment belastet. Zur vollständigen Blindleistungskompensation )1(cos k =ϕ sind die Kondensatoren in den drei Strängen zu bemessen, wenn sie in Stern oder alternativ in Dreieck geschaltet sind, s. Bild 13.

L1

L2

L3

M3~

3 x 380 V

CSt DC

alternativ Bild 13: Blindleistungskompensation eines Drehstrommotors

Bei Nennbelastung (M = Mn) gibt der Motor an der Welle die Nennleistung

kW132PP n,mechn == (35)

ab, arbeitet dabei mit seinem maximalen Wirkungsgrad

%94n =η

und nimmt die Wirkleistung

kW4,140P

Pn

n,mechn,el =

η= (36)

auf.

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Dabei fließt der Nennstrom

A233cosU3

PI

nn

n,eln =

ϕ= (37)

Aus dem Leistungsfaktor 87,0cos n =ϕ erhält man

°=ϕ 54,29n 493,0sin n =ϕ (38)

Der Blindstrom des Motors im Nennbetrieb beträgt

A9,114sinII nnn,b =ϕ= . (39)

Für die Blindleistung des Motors im Nennbetrieb erhält man

kVAr5,79cossinPQ

n

nn,eln =

ϕϕ

= (40)

Da der Drehstrommotor einen symmetrischen Drehstromverbraucher darstellt, verteilen sich alle Leistungen gleichmäßig auf die drei Stränge:

kVAr5,263

QQQ nCStr === (41)

Bei Sternschaltung (Index St) sind die Kondensatoren für die Strangspannung

V2303

UUU nStrSt,C === (42)

zu bemessen. Aus

2C

C

2C

C UCXUQ ω== (43)

erhält man

F1596Uf2

QC 2Strn

CSt µ=

π= . (44)

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Bei Dreieckschaltung (Index D) müssen die Kondensatoren für die Leiterspannung

V400UU nD,C == (45)

bemessen werden.

Dies ergibt die Kapazität

F7,527Uf2

QC 2nn

CD µ=

π= , (46)

also nur 1/3 des Wertes der Sternschaltung. Daher wird für die Blindleistungskompensation bei Drehstrom meistens die Dreieckschaltung angewandt.

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7. Leistungsmessung bei Drehstrom

Ein Leistungsmesser zeigt grundsätzlich die Leistung

IIII cosIUP ϕ= (47)

an, wobei IU (Index I = Instrument) die am Spannungspfad liegende Spannung und II der im Strompfad fließende Strom sind. Iϕ ist die Phasenverschiebung zwischen IU und II .

Ist der symmetrische Drehstromverbraucher in Stern geschaltet und steht der Neutralleiter zur Verfügung, so kann die Drehstromleistung mit nur einem Wattmeter ermittelt werden, s. Bild 14:

I1_L1

L2

L3

N

u

v

w

P

U_u

_ u I

Str

Bild 14: Leistungsmessung bei Sternschaltung

In der Messschaltung nach Bild 14 liegt am Spannungspfad die Strangspannung uU , im Strompfad fließt der Strangstrom uI )II( u1 = , so dass man die Leistung eines Stranges erhält

ϕ== cosIUPP StrStrStrI . (48)

Bei einem symmetrischen Verbraucher ergibt sich die Gesamtleistung zu

IP3P = . (49)

Die wichtigste Leistungsmessschaltung bei Drehstrom ist die in Bild 15 dargestellte Aron-Schaltung.

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20

I_3

P2

1P

L3

L2

L1 1

U_3,2

1,2_U

_I

Verbraucher

Bild 15: Aron-Schaltung

Die Leistungsmesser 1 und 2 erfassen die Leiterströme u1 II = und w3 II = , an den Leistungsmessern liegen die Leiterspannungen 2,1U und 3,22,3 UU −= . Bei dem angenommenen symmetrischen, ohmsch-induktiven Verbraucher eilen die Strangströme den Strangspannungen jeweils um den Winkel ϕ nach. Die von den Leistungsmessern erfassten Spannungen bilden dann mit den erfassten Strömen die Winkel °+ϕ=ϕ 301I und

°−ϕ=ϕ 302I , s. Zeigerbild 16.

_

__

_

_

_

uU

wUvU

U3,1

3 2

U1,2

U2,3

1

ϕ

ϕ

30O− ϕ

+ ϕO30

Iw_

_vI

_uI

U_3,2

Die Leistungsmesser zeigen die Leistungen

)30(cosIUP 1I °+ϕ=

)30(cosIUP 2I °−ϕ=

an. Die Gesamtleistung ist die Summe beider Leistungen:

[ ])30(cos)30(cosIUPPP 2I1I °−ϕ+°+ϕ=+=

(50)

Bild 16: Zeigerbild zur Aron-Schaltung

ϕ= cosIU3P , (51)

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da der Klammerausdruck

[ ] ϕ=°ϕ= cos330coscos2

ergibt.

Die Messung der Blindleistung ist besonders für die Blindleistungskompensation bedeut-sam. Bild 17 zeigt, wie man unter Ausnutzung der Phasenbeziehungen im Drehstromsystem mit einem Wirkleistungsmesser die Blindleistung eines symmetrischen Verbrauchers messen kann.

Verbraucher

I_

U_2,3

1L1

L2

L3

P

Bild 17: Messung der Blindleistung

Im Strompfad fließt der Strangstrom uI (bei Sternschaltung des Verbrauchers ist )II u1 = . Am Spannungspfad liegt die Leiterspannung 3,2U , die mit dem erfassten Strom den Winkel

ϕ−°=ϕ 90I bildet, s. Zeigerbild 16.

Der (Wirk-) Leistungsmesser zeigt die Leistung

ϕ=ϕ−°= sinIU)90(cosIUPI , (52)

d.h. eine Blindleistung an. Die gesamte Blindleistung ist dann

ϕ== sinIU3P3Q I . (53)

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8. Entstehung eines Drehfeldes Das Betriebsverhalten von Asynchronmaschinen und Synchronmaschinen wird durch ein besonderes Luftspaltfeld, das sogenannte Drehfeld, maßgeblich bestimmt. Ein Drehfeld liegt vor, wenn die Flussdichteverteilung B(x) im Luftspalt eine fortschreitende sinusförmige Welle darstellt (Bild 18). Ihre Wellenlänge ist gleich der doppelten Polteilung τp.

B(x)

t=0

2 p

^B

t>0

tωD

ωD

Sowohl beim Asynchronmotor als auch bei der Synchronmaschine wird das Drehfeld dadurch aufgebaut, dass die dreisträngige Ständerwicklung, deren drei Wicklungsstränge a, b, c (oder u,v,w) räumlich um 120° gegeneinander versetzt angeordnet sind, durch Anschluss an das Drehstromnetz (Bild 19) mit drei Wechselströmen gespeist werden, die zeitlich um 120° gegeneinander phasenverschoben sind, (Bild 4). L1

L2L3

ia

i c i b

a

bc

Im Folgenden wird die Entstehung des Drehfeldes an einer Drehstrommaschine mit der Polpaarzahl p = 1 gezeigt. Der Übersichtlichkeit wegen ist dabei angenommen, dass jeder Strang nur aus einer Spule besteht. Bild 20 zeigt zunächst die Anordnung mit den positiven Zählrichtungen der Ströme.

Für drei um TN/12 bzw. ωt = 30° aufeinanderfolgende Zeitpunkte (Bild 21) ist in Bild 22 der Verlauf des magnetischen Feldes qualitativ dargestellt, wie er aufgrund der Stromverteilung zu erwarten ist. Man erkennt, dass sich das Feld um jeweils 2π/12 = 30° gedreht hat. Nach einer vollen Netzperiode TN wird das Feld eine volle Umdrehung ausgeführt haben.

Bild 18:

Flussdichteverteilung im Luftspalt x Koordinate in Umfangsrichtung

Bild 19:

Anschluss der Ständerwicklung

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π tω2π 3π

ooo 6030cb a

^

0iii

i

iSpulenachse

b

c

a

c b

a

Bild 20: Anordnung mit positiven Bild 21: Zeitlicher Verlauf der Strangströme Zählrichtungen der Ströme

ωt = 0ω o t = 30ω o t = 60o

30 oo60

Bild 22: Feldverläufe

Bei einer zweipoligen Drehstrommaschine (p = 1) gilt also für die Drehfelddrehzahl:

NN

D fT1n == (54)

Bei einer Maschine mit der Polpaarzahl p erhält man für die Drehfelddrehzahl:

pfn N

D = (55)

Für fN = 50 Hz ergeben sich die folgenden Drehfelddrehzahlen:

p 1 2 3 4 ... 10 ... 40

nD /min-1 3000 1500 1000 750 ... 300 ... 75