ueber borax als grundlage der acidimetrie

9
Ueber Borax als Grundlage der Acidimetrie. Von Th. Salzer. Als Bunsen in einem Colleg des Wintersemesters 1856/57 die Eigenschaften der Borsäure vortrug, kam ich auf den Gedanken, die Säuren mittelst Boraxlösung zu messen, denn ich hatte kurz vbrher bei maassanalytischen Arbeiten in der M o h r 'schen Apotheke die Nachtheile der Aetzkali-, sowie der Sodalösung kennen gelernt. :Nachdem ich durch Versuche die Brauchbarkeit der Boraxlösung zu diesem Zwecke glaubte nachgewiesen zu haben, machte ich M ohr davon Mittheilung, wie dies von Mohr in dessen Lehrbuch der Titrirmethode, I. Aufl., Bd. 2, S. 102 erwähnt worden und, wesentlich gekürzt, in die späteren Auflagen über- gegangen ist. Mohr hat die Benutzung der Boraxlösung aus später zu erörternden Gründen nicht befürwortet und mir war es wegen baid darauf erfolgten Uebertritts in die Praxis nicht möglich, näher auf die - Sache einzugehen. Wenn ich jetzt das damals Versäumte nachhole~ so glaube ich Vielen, welche grosse Mengen :Normallauge gebrauchen, damit einen Dienst zu erweisen. Die nächste Veranlassung dazu sind zwei Veröffentlichungen von E. Rimb a eh1) : »zum Atomgewicht des Bors« und »Borax als Grundlage der Alkalimetrie«, deren Inhalt ich hier als bekannt voraussetze. Der Borax hat vor den ätzenden und kohlensauren Alkalien den grossen Vorzug, dass er sehr leicht chemisch rein darstellbar ist, keine Mutter- lauge einschliesst, dass er weder verwittert, noch Feuchtigkeit aus der Luft aufnimmt Und dass seine wässrige Lösung voraussichtlich unbegrenzt haltbar ist. 2) 1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellseh. zu Berlin 26, 164 u. 171; diese Zeit- schrift 82, 449 u. 526. ~) Eine Aufnahme von Kohlensäure kommt unter gewöhnlichen Verhältnissen, soweit meine Versuche bis jetzt reichen~ nicht in Betracht. Fresenius, Zeitschrif~ f. analy~.Chemie. XXXII. Jahrga~g, 36

Upload: th-salzer

Post on 14-Aug-2016

216 views

Category:

Documents


1 download

TRANSCRIPT

Ueber Borax als Grundlage der Acidimetrie.

Von

Th. Salzer.

Als B u n s e n in einem Colleg des Wintersemesters 1856/57 die Eigenschaften der Borsäure vortrug, kam ich auf den Gedanken, die Säuren mittelst Boraxlösung zu messen, denn ich hatte kurz vbrher bei maassanalytischen Arbeiten in der M o h r 'schen Apotheke die Nachtheile der Aetzkali-, sowie der Sodalösung kennen gelernt. :Nachdem ich durch Versuche die Brauchbarkeit der Boraxlösung zu diesem Zwecke glaubte nachgewiesen zu haben, machte ich M o h r davon Mittheilung, wie dies von M o h r in dessen Lehrbuch der Titrirmethode, I. Aufl., Bd. 2, S. 102 erwähnt worden und, wesentlich gekürzt, in die späteren Auflagen über- gegangen ist. M o h r hat die Benutzung der Boraxlösung aus später

zu erörternden Gründen nicht befürwortet und mir war es wegen baid darauf erfolgten Uebertritts in die Praxis nicht möglich, näher auf die

- Sache einzugehen. Wenn ich jetzt das damals Versäumte nachhole~ so glaube ich Vielen, welche grosse Mengen :Normallauge gebrauchen, damit einen Dienst zu erweisen. Die nächste Veranlassung dazu sind zwei Veröffentlichungen von E. R i m b a eh1) : »zum Atomgewicht des Bors« und »Borax als Grundlage der Alkalimetrie«, deren Inhalt ich hier als bekannt voraussetze.

Der Borax hat vor den ätzenden und kohlensauren Alkalien den grossen Vorzug, dass er sehr leicht chemisch rein darstellbar ist, keine Mutter- lauge einschliesst, dass er weder verwittert, noch Feuchtigkeit aus der Luft aufnimmt Und dass seine wässrige Lösung voraussichtlich unbegrenzt haltbar ist. 2)

1) Ber. d. deutsch, ehem. Gesellseh. zu Berlin 26, 164 u. 171; diese Zeit- schrift 82, 449 u. 526.

~) Eine Aufnahme von Kohlensäure kommt unter gewöhnlichen Verhältnissen, soweit meine Versuche bis jetzt reichen~ nicht in Betracht.

F r e s e n i u s , Zeitschrif~ f. analy~.Chemie. XXXII. Jahrga~g, 36

530 Salzer: Ueber Borax als Grundlage der Acidimetrie.

Einzig zu berücksichtigen ist, dass der zu verwendende Borax that- sächlich 10 Molecüle Krystallwasser enthält, dass er also 4:7,1 o B Glüh- verlust erleidet oder frei ist von dem octaëdrisehen Borax, welcher mit nur 5 Molecülen Krystallwasser aus über 60 0 C. heissen oder über- sättigten Lösungen auskrystallisiren könnte.

Der Borax hat somit alle Eigenschaften eines zuverlässigen Ur- maasses; dass seine Sehwerlöslichkeit die Herstellung einer Normal- lösung verbietet, war zur Zeit, als ich den Vorschlag machte, allerdings sehr naGhtheilig, denn es ist immer misslich, zwei Flüssigkeiten von sehr verschiedener Stärke zu vergleichen, so lange man für die stärkere Flüssigkeit nicht eine entsprechend genauere Messröhre zur Verfügung hat; eine ¥iertel- oder Fünftel-Normal-Boraxlösung passte auch nicht in das System.

Zudem ist es nicht angenehm, wenn für eine einzige Bestimmung sehr viel Maassflüssigkeit verbraucht wird; all dies fällt aber weg, wenn man mit Zehntel-Normallösungen arbeitet und nur Deeigramm- Proben nimm L welche man heute in den meisten Laboratorien mit grösserer Schärfe abwägen kann~ als vor 30 Jahren die Gramm-Proben.

R i m b a ¢ h hat a. a. O. gezeigt, mit welcher Genauigkeit das

Atomgewicht des Bors durch Titriren von Boraxlösung mit Salzsäure von bekanntem Gehalt bestimmt werden' kann; derselbe hat Methylorange als Indieator benutzt, während ich zu jener Zeit natürlich nur Lackmus verwendet hatte.

M o h r hatte nun als Grund gegen Benutzung der Boraxlösung zur Säuremessung nicht mit Unrecht angeführt, dass »Borsäure nicht ohne Einfluss auf Lackmus sei, sondern dasselbe violett, ähnlich wie Kohlen- saure, f~rbe und sich nicht wie diese durch Kochen entfernen lasse.« Da nun aber das Lackmus durch Methylorange in diesem Fall durch- aus noch nicht überflüssig geworden ist, möchte ich zunächst auf jenen Einwand M o h r ' s näher eingehen. Die concentrirte Borsäurelösung röthet Lackmus sehr deutlich, aber die verdünnte Lösung 1 : 1 0 0 0 ver- ändert dessen Farbe nicht mehr als das meiste destillirte Wasser für sich allein, weil Lackmus gegen Kohlensäure ausserordentlich empfind-

1 lich ist. Nach K e r s t i n g färbt Wasser, welches 25000~ Kohlensäure

enthält, Lackmustinctur noch deutlich violett; ich bemerkte, dass das Wasser meiner Spritzflasche Lackmus röthete, während das dem ¥orrath frisch entnommene Wasser dies nicht that; es zeigte sich mir dann, dass

Salzer: Ueber Borax als Grundlage der Acidiraetrie. 531

einmaliges Anhauchen genügt, um durch Laekmus blau gefärbtes Wasser zu röthen! Aehnliches wäre bei Borsäuro ganz undenkbar. Wenn dann

M o h r in der 1. Aufl. a. a. 0. sagte, »dass Zehntel-I%rmal-Boraxlösung zu schwach sei, um scharfe Reäctionen zu geben«, so kann ich dies heute nur für den Fall zugestehen, dass man concentrirte Säuren mit solcher Lösung messen wollte (die betreffende Bemerkung ist in den späteren Auflagen aus mir unbekannten Gründen weggeblieben). Wie sehr hierbei die Mengenverhältnisse von entscheidendem Einfluss sind, zeigt eine ältere Streitfrage zwischen I-I. R o s e und J o u l i n l ) ; ersterer behauptete, dass »eine concentrirte, schwach angesäuerte Boraxlösung durch Verdünnen mit Wasser Wieder schwach alkalisch reagirend werde«, und J o u l i n bestritt dies ; aber R o s e hatte ganz recht : 10 cc kalt gesättigte Boraxlösung brauchen etwa 3 c c Normal-Salzsäure, um alles 1N'ätrium an

Chlor zu binden ; trotzdem wird die mit Laekmus versetzte Mischung schon nach Zusatz von 2 cc Säure roth sein, aber beim Verdünnen mit Wasser wieder blau erscheinen. Wenn dann R o s e aus dieser Thatsache allein

ge fo lge r t haben sollte, dass d ie Lösungen borsäurer Alkalien durch weiteres Verdünnen mit Wasser in saures und basisches Salz zerlegt werden2), so möchte ich nicht die Möglichkeit der Dissoeiation, sonderg nur die Art der Begründung bestreiten.

Ich glaube nicht, dass eine Dissociation ohne Abscheidung eines sauren oder basischen Salzes die Farbenreaetion einer Mischung wesent- lich verändern kann; ich halte es für wabrscheinlicher, dass bei jenem Yersuche die anfiingliehe Röthung bedingt ist durch die concentrirte Lösung der frei gewordenen Borsäure und bei der nachfolgenden Ver- dünnnng um so leichter wieder verschwindet, je mehr l~atrium noch nicht an Chlor gebunden, das heisst neutralisirt ist.

Aus diesen Betrachtungen und den nachfolgend erwiihnten Ver- suchen geht hervor, dass man mit Zehntel-l%rmal-Boraxlösung, welche ich nun ku~zweg Borlösung nenne, unter Benutzung von Laekmus nur dann sicher und genau titriren kann, wenn man die zu messende Säure genügend, das heisst mindestens auf Zehntelnormal, verdünnt hat; hierin war es jedenfalls begründet, dass M o h r ' s Versuche zu anderen Ergeb- nissen wie die meinigen geführt hatten. Die zu messende Säure wird

1) G m e l i n - K r a u t , 6. Aufl, Bd. 2, S. 161. 2) G m e l i n - K r a u t , 6. Aufl. Bd. I, 2, S. 91; vergl, auch Schmid t ' s

Lehrbuch unter Borax. 35*

532 Salzer: Ueber Borax als G~undlage der Azidimetrie.

mit w e n i g e n T r o p f e n empfindlicher Laekmustinctur blass zwiebel- roth gefarbt, das Bechergläs auf weissen Untergrund gestellt und so lange Borlösung zugegeben, bis der Farbenton in bläulich~roth umschlagt und nicht mehr in zwiebelroth zurückgeht. Setzt man namlich nahe am Ende der Reaction die Borlösung nur tropfenweise hinzu, so tritt alsbald nach dem Umschlag die röthliche Farbe wieder hervor, bis noch ein oder zwei weitere Tropfen Borlösung zugesetzt sind. Die gleiche Erschei-

nung wird der aufmerksame Beobachter vielleicht auch schon bei dem Titriren von Zehntel-±Normalsäuren mit Zehntel-~ormal-Kalilauge bemerkt haben; hier wird nur das Ende der Reaction durch die sattblaue und dort durch die violette Farbe angezeigt;man wird in beiden Fallen über den letzten, die Reaction beendigenden Tropfen nicht im Zweifel sein. Wollte man auch bei dem Titriren mit Borlösung diese zu- setzen, bis die Mischung rein blaue Farbung annimmt, so würde dieser Punkt schwer wahrnehmbar sein und eine um etwa 10 ~ zu hohe Zahl erhalten werden. Das Titriren mit Borlösung bietet noch eine Eigenthümliehkeit: Hat man zwei ganz gleichwerthige Säure- und Aetz- alkali-Lösungen, so gebraucht man bei dem Titriren mit Lackmus stets einen Tropfen Ueberschuss von der einen oder andern, um den Farben- wechsel zu erzeugen (also bei jc lOcc einen Unterschied von 2 X 0,Ö5 ==0,1 entsprechend 1 ~) . Bei dem Titrireu mit Borlösung ist der Unterschied nur halb so gross: die durch freie Säure bedingte zwiebelrothe Farhung verschwindet, sobald die gerade genügende Menge Borlösung zugesetzt ist bei umgekehrtem Verfahren wird die durch Lackmus blau gefarbte Bor- lösung auf Zusatz von Saure bald weinroth, aber natürlich erst dann z?viebel- roth, wenn ein Tropfen der betreffenden Saure im Ueberschuss zugefügt ist. Auch bei dem umgekehrten Yerfahren ist der Farbenwechsel leicht sichtbar, vorausgesetzt dass genügend verdünnt worden war. M o h r wollte deshalb die Sauren stets mit Borlösung im Ueberschuss versetzen und mit Normalsäure zurücktitriren (a. a. 0.).

Wenn R i m b a c h die Borlösung unter Zuziehung von hiethylorange als Indicator empfiehlt, so hat er dabei offenbar nur die Darstellung von Normalsäure auf diesem Wege beabsichtigt; die von mir in einer Notiz 1) ausgesprochene ¥ermuthung, dass auch zur alltäglichen Saure- messung die Borlösung mit Mcthylorange geeigneter sei als mit Lackmus~ hat sich nur in sehr beschränktem Maasse bestätigt. Methylorange

1) Ber. d. deutsch, chem Gesellsch zu Berlin 26, 430.

Salzer: Ueber Borax als Grundlage der Acidimetrie. 533

verdient nur bei Messung von eoncentrirten anorganischen Säuren den Vorzug, ist bei verdünnten Säuren weniger geeignet und bei organischen Säuren ganz unbrauchbar.

50 ec ausgekochtes Wasser durch wenig Lackmus blau gefärbt, werden durch einen Tropfen Hundertel-Normal-Salzs~ure sofort in die

Augen springend zwiebelroth; die gleiche Menge des gleichen Wassers, durch einen Tropfen Methylorango blass gelblich gefärbt, wurde erst nach Zu- satz von 5 bis 8 Tropfen der gleichen Säure röthlich. Bei Anwendung grösserer Mengen Indicatorflüssigkeit ist der Uebergang von Gelb in Orange, beziehungsweise Roth, noch schwerer zu beobachten; 1 cc der Farbstofflösung für sich allein wird dagegen durch einen Tropfen jener Säure geröthet. 1) Andere Beobachter haben Methylorange noch wesent- lich unempfindlicher geschildert, zum Beispiel gebrauchte T h o m s o n zur Rothfärbung vön 1 cc Mythylorangelösung (0,15 : 1000) 0,5 cc Zehntel- Normal-Säure ~) ; vergl, auch W i e 1 a n d. 3)

Die nachfolgend erwähnten Ergebnisse wurden mit einer durch Auflösen von 19,1 g Borax zu einem Liter dargestellten Lösung erhalten ( R i m b a c h ' s genauere Zahl war 19,087 g); ich beginne mit Kleesäure, weil ich es nach der Veröffentlichung R i m b a c h 's nicht mehr für nöthig erachte, die Borlösung mit Zehntel-Normal-Salzsäure oder -Schwefel- säure von gewichtsanalytisch festgestelltem Gehalte zu vergleichen.

Das zu den Verdünnungen verwendete Wasser sollte gegen Laekmus möglichst wirkungslos sein.

1. K l e e s ä u r e . l c c B o r l ö s u n g = 0 , 0 0 4 5 g C20~H 2. l O c c einer frisch bereiteten Zehntel-Normal-Kleesäurelösung mit 0, 1 0 , . 200 cc

Wasser und einigen Tropfen Lackmus versetzt, zeigten bei 9,9 cc ver- brauchter Borlösung den ersten Farbenumschlag und wurden durch 9,95 bis 10,00 dauernd violett (s. o.).

Bei umgekehrtem Verfahren mit ähnlich wechselndem Wasserzusatz verlangten 10 cc Borlösung 10,05 bis 10,10co Säure; abgesehen von

1) Natürlich hatte ich mich vorher davon übe~meugt, dass das Wasser frei von Alkali war und solches auch nicht aus den benutzten GlSLsern aufnahm; letzteres selbst dann nicht, wenn.das Wasser schwach angesäuert ist; mit Hun- dertel-Normalsäure geröthete Methylorange-Lösung ist ein sehr einfaches Mittel, Gläser, welche A]kali abgeben, schnell zu erkennen.

~) Diese Z~itschrift 24, 2'23. ~) Diese Zeitschrift 24, 238.

534 Salzer: Ueber Borax als Grundlage der Acidimetrie.

dem hier nöthigen Säureüberschuss erschien hiernach die Borlösung um

0,0 bis 0,5 oB stärker. Titriren mit Methylorange ist unmöglich.

2. S c h w e f e l s ä u r e . l c c B o r l ö s u n g ~ 0 , 0 0 4 9 g H~SO 4. Reine

Scl~wefelsäure wurde annähernd auf Zehntel-I%rmal verdünnt.

10,0cc dieser Säure verlangten wie oben mit Wasser und La@mus

in 10 Versuchen 10,1 cc (nur einmal 10,0 ec) Borlösung.

10,0 cc Borlösung gebrauchten bei Verdünnung bis zu i 00 cc: 9,90 bis

9,95 cc Schwefelsäure. Die Schwefelsäure enthielt also in 10 c c : 0 , 0 4 9 4 g

statt 0,0490 g H~SO~.

lOcc Borlösung ~- 0 cc H~O .4- Methylorange verlangten 9,95 c c Schwe-

10 « « -}- 30 « « -~- « « 10,00 « fel-

l0 « « -4- 100 « « d - « « 10,10 « säure.

3. S a l z s ä u r e . l c c B o r l ö s u n g ~ 0 , 0 0 3 6 5 g HC1. 5 ,00cc und

10,00cc Zehntel-~ormal-Salzsäure gebrauchten, mit 10 bis 100 ec Wasser

verdünnt, 5,00 beziehungsweise 10,00 cc Borlösung, und nmgekehrt :

5,0cc Borlösung und Lackmus 5,05 cc Salzsäure

10,0 . . . . 10,05 « « bis zwiebelroth.

25,0 « « « « 25,10 « «

Mit Methylorange brauchten 10cc Säure nur 9,95 cc Borlösung

und bei umgekehrtem Verfahren mit steigender Verdünnung grösseren

Säureüberschuss, wie dies auch bei Schwefelsäure ersichtlich ist.

4. S a l p e t e r s ä u r e . l e c B o r l ö s u n g = 0 , 0 0 6 3 g HNO a. 10ce

Salpetersäure wurden zu 100 cc verdünnt und davõn verlangten 10 cc,

mit Lackmus und wechselnden Mengen Wasser versetzt, zur Neutrali-

sation 46,1 bis 46,2 cc Borlösung ; gefunden also in 10 cc : 0,29043 bis

0~291g HNO s. Es verlangten ferner

20 cc Borlösung ~- 2 5 c c H s O 4,35 cc Säure

20 « « - ~ 5 0 « « 4,35 « « wonach 10 cc Säure nur 0,2896 g ttI~O s enthielten. 4,30 cc würden

die Zahl 0,293 g geben; der hier hervortretende grössere Unterschied

ist durch die allzugrosse Concentration der gemessenen Säure bedingt.

Mit Methylorange als Indicator gebrauchten

5 cc Säure ohne Wasserzusatz 2278 cc Borlösung

10 . . . . 45,6 « «

10 « « -~ 50cc HsO 4 5 , 4 « «

Salzer: Ueber 130rax als Grundlage der Aeidimetrie. 535

wonach 10 cc Säure nur 0,286 respeetive 0,285 # HN03 enthielten; ferner bedurften 20 ec Borlösung ohne Wasserzusatz 4,40 cc Säure, woraus sich 0,286 g ItNOs in 10 cc berechnen.

Das niedrigere Ergebniss ist offenbar nur eine Folge der geringeren Empfindlichkeit von Methylorange gegen verdünnte Säuren.

5. P h o s p h o r s ä ur e. lec Borlösung ~ 0,0098y H3PO ~. Phosphor- säure ist mit Borlösung und Lackmus eben so wenig wie mit Kalilauge und diesem Indieator zu titriren. S c h l i e k um und J o l y haben aber gezeigt, dass sich Phosphorsäure gleich einer einbasischen Säure titriren lässt, wenn CocheniUe, beziehungsweise Methylorange, als Indicator be- nutzt wird» So konnte denn auch die Phosphorsäure mittelst Borlösung und ~Iethylorange mit befriedigender Schärfe bestimmt werden.

Meine chemisch reine Phosphorsäure hatte bei 15 o C. ein specifisches Gewicht von 1,160, sollte somit 26 o B I-I3PO 4 enthalten; es mussten also 3,77 g oder 3,25 cc dieser Säure auf 100 cc verdünnt werden, um Zehntel- Normalsäure (9,8 # in 1000 cc) zu erhalten.

5 cc dieser Verdünnung q- 0 cc It20 bedurften 5,00 ce Borlösuug 5 « « « ~- i0 « « « 5,00 « «

5 « « « ~- 20 « « « 5,05 « «

i 0 « « « d - 0 « « « 1 0 , 0 0 « <

10 « « « - ~ - 50 « « « 10,05 « «

2 5 « « « " 4 - 0 « « « 2 5 , 1 0 « «

Bei dem ersten, zweiten (und ähnlich vierten) Versuche war die 3~isehung nach Verbrauch von 4,7 ee Borlösung noch deutlich rosa, nahm bei 4,8 cc einen Stich in's Gelbe an, hatte bei 4,9 ec noch einen Stich in's Röthliche und war bei 5,0 cc rein gelblich.

Versuche mit einer andern, allerdings dreimal stärkeren Säure zeigten, dass auch durch umgekehrtes Verfahren gut übereinstimmende Zahlen erhalten wurden.

In ganz ähnlicher Weise wird eine Auflösung von neutralem Natrium- pyrophosphat ~rst dann geröthet, wenn so viel Zehntel-Normalsehwefel- säure zugesetzt ist, als die Bildung von Di-Natriumpyrophosphat verlangt (0,446 g Salz, 20,1 cc Zehntel-lNormalsäure). Die Auflösung von I)i- Natriumsubphosphat (Na2H2P206) wird auf Zusatz von Methylorange noch nicht geröthet, wohl aber dann, wenn noch 1 TrOpfen Zehntel- ±Normalschwefelsäure zugefügt wird.

Die Röthung erscheint also in allen Fällenl wenn an ein Atom Phosphor weniger als ein Atom lqatrium gebunden ist.

536 8alzer: Ueber Borax als Grundlage der Acidimetrie.

6. E s s i g s ä u r e . 1 sc Borlösung~--- 0,006g C,H~O 2. 2õ cc einer (30procentigen) Säure wurden auf 500 cc verdünnt.

10 c c verlangten, mit wechselnden Wassermengen noch weiter ver- dünnt: 10,3 bis 10,4, im Mittel 10,35 c c Borlösung und umgekehrt ge- brauchten 10 c c Borlösung nach weiterer Verdünnung 9,7 c c Säure.

10000 (Nach obigem Mittel hätten 10 c c Borlösung verlangt: 1-Ö35- ~ 9,66 cc

Säure; 0,04 c c dienten deshalb zur Röthung.) Hiernach hatte 1 c c der ursprünglichen Säure 51,75 cc Borlösung, entsprechend 0,3105g C2It40e,

verlangt, was, da 1 c c 1,04lg wog, einem Procentgehalt von 3 1 , 0 5 29 82 1,0/11

entspricht. Bei dem ersten Bestimmungsversueh hatte ich die Säure nur auf

das Zehnfache verdünnt und für 2 cc dieser Verdünnung 10,3 cc Borlösung

« 4 << « « 20,8 «

« 5 « « « 26,1 «

gebraucht, wobei die Unterschiede wegen der Schwierigkeit der genauen Abmessung kleiner Mengen grösser ausfielen (51,5 bis 52,2 für 1 c c

Säure).

7. C i t r o n e n s ä u r e . i c c Borlösung = 0,0064g CöHs07. Die Titrirung einer Zehntel-lNormal-Citronensäure (0,70 g zu 100 cc gelöst) mit Borlösung und Lackmus hatte keine Schwierigkeit und gab richtige Zahlen, aber bei dem umgekehrten Verfahren wurden für 10 cc Bor- lösung 10,6 bis l l ,0cc also zu viel Säure bis zur zwiebelrothen Färbung gebraucht, wahrscheinlich weil sich Borcitronensäure bildet.

8. W e i n s ä u r e . l c c Borlösung-~~0,0075g C~H606, 0,75g Weinsäure wurden zu 100 cc gelöst: 2 c c dieser Säure verlangten 2 0 c c

Borlösung; die Lösung noch 10fach verdünnt: 5 c c Säure verlangten 4,9 c c Borlösung

10 « « « 9,95 « «

10 « « -~- 25 cc H20 10,0 cc Borlösung 10 « « - ~ - 50 « << 10,0 « «

1 0 « « - ~ - I 0 0 « « I 0 , 0 « «

25 « « -~- 0 « « 24,9 « «

Der vorübergehende Farbenumschlag erfolgt oft verh~ltnissmässig früher als bei den übrigen Säuren, wird aber erst dauernd, wenn die richtige Menge Borlösung verbraucht ist.

Saher: Ueber Borax als Grundlage tier Acidimetrie. 537

Naehtheilige Wirkung etwa stattfindender Bildung yon B0rweins£ure bei dem Zur~ektitriren habe ieh (innerhalb der eingehaltenen Grenzen) nieht beobaehten k6nnem

30cc Borl6sung verlangten 3,0 cc

I0 <~ <~ @ 0 cc H~O ~< 1 0 , 0 5 <<

I0 << * @ 50 ~ << << I0~I0 <,

I0 << << @150 << << ~< I0,i0 <<

Normal-WeinsaurelSsung Zehntel - N ormal-Wein- saurelSsung Zehntel-Normal-Wein- saurelOsung Zehntel-Normal-Wein- s~arel0sung.

Um die h'eie Saure im Wein mittelst Borl6sung zu bestimmen, misst man 10 cc Wein ab, verd~innt etwa mit der 5faahen Menge Wasser und gibt (ohne Laekmus) so lange BorlSsung zu, bis die hellgelbliehe Farbe der Mischung dunkler 'wird und bis ein herausgenommener Tropfen Lackmuspapier nicht mehr sofort rSthet.

0,2 g Weinstein (Ph. G. III) in 50, 75 unel 100 cc Wasser gel0st verlangten 10,60 cc Borl6sung (berechnet 10,65 cc ) ; die gleiehe Menge einer zuerst untersuehten Probe, welche ebenso den Anforderungen der Ph. G. III genttgt o hatte und vollkommen trocken war, verlangte nur 10,3 bis 10,d~ c c Borl0sung; leider war es mir nicht mehr mÙglich, die gleiche Waare zu erhahen, um die Ursaehe dieses iinderverbrauchs er- grttnden zu k0nnen (Rubidiumgehalt?). Ieh warde dies hier nicht er- wahnen, wenn nieht It. und A. B o r n t r ~ g e r den Weinstein als Ur- titersubstanz empfoh]en h~tten. 1)

Hiermit glaube ich gezeigt zu haben, dass der prismatische Borax neben Kleesaure des geeignetste Urmaass far Acidimetrie und Alkali- metric ist, und dass die leicht daraus herzustellende Zehntel-Normal- 15sung wegen ihrer Unveranderliehkeit sehr empfehlenswerth zur Saure- messung ist; bei der Messung yon coneentrirten anorganisehen Sguren kann Methylorange als Indicator dienen, wahrend in allen andern Fallen Lackmus den "Vorzug verdient (nur Citronensaure wird besser mit Kali- laug e und Phenolphthale~'n gemessen).

W o r m s , im Mai 1893.

1) Vergl. diese Zeitsehrift 25, 333 u. 30, 226.