ueber culturverbesserung des rathmannsdorfer moores;

4
ARCHIV DER YAARMAClE. __- LXXXIX. Bandes erstes Heft. Erste Abtheilung. 1. Physfk, Chemfe and praktische Pharmacie. Ueber Culturverbesserung des Rathmannsdorfer Moores ; Yon Dr. L. F. Bley. - Irn Octoberhefte des Jahrgangs 1843 dieses Archivs der Pharmacie habe ich eine Analyse des Bodens ver- sciiiedener Stellen des Rathmannsdorfer Moores mitgetheilt und nach deren chemischem Befunde dem Herrn Besitzer Rath ertheilt, diesen Boden zu verbessern. Ein mir Unbekannter hat in einem an den Hrn.Land- rath v o n Kr o s i g k auf Hohenerxlebcn gerichteten, mit X Y 2 unterzeichneten Briefe , welcher das Postzeichen Dresden und auf dem Siege1 ein lateinisches A tragt, fol- gendes Urtheil gefallt : aEin Liebhaber der Chemie findet irn Archive der Pharmacie eine chemische Priifung der Ackererde des Rathmannsdorfer Moores, die ihn zu folgenden Bernerkun- gen veranlasst. ))Angenomrnen, jene Ackererde enthalte durchschnitt- lich 7 Proc. schwefelsaure Talkwde, so waren etwa 3,3 Proc. gebrannter Kalk nothig, urn die vorgeschlagene Zer- setzung moglich zu machen. Um aber einen Magdeburger Morgen nur 4 Zoll tief mit 3,3 Proc. gebranntem Kalk zu versehen, sind 450 Centner erforderlich. Es ist sehr zu Arch.d.Pharm. LXXXIX.Bds.1. Hft. 1

Upload: dr-l-f-bley

Post on 06-Jun-2016

215 views

Category:

Documents


1 download

TRANSCRIPT

Page 1: Ueber Culturverbesserung des Rathmannsdorfer Moores;

ARCHIV DER YAARMAClE. __-

LXXXIX. Bandes erstes Heft.

Erste Abtheilung.

1. Physfk, Chemfe and praktische Pharmacie.

Ueber Culturverbesserung des Rathmannsdorfer Moores ;

Yon

Dr. L. F. Bley . -

Irn Octoberhefte des Jahrgangs 1843 dieses Archivs der Pharmacie habe ich eine Analyse des Bodens ver- sciiiedener Stellen des Rathmannsdorfer Moores mitgetheilt und nach deren chemischem Befunde dem Herrn Besitzer Rath ertheilt, diesen Boden zu verbessern.

Ein mir Unbekannter hat in einem an den Hrn.Land- rath v o n Kr o s i g k auf Hohenerxlebcn gerichteten, mit X Y 2 unterzeichneten Briefe , welcher das Postzeichen Dresden und auf dem Siege1 ein lateinisches A tragt, fol- gendes Urtheil gefallt :

aEin Liebhaber der Chemie findet irn Archive der Pharmacie eine chemische Priifung der Ackererde des Rathmannsdorfer Moores, die ihn zu folgenden Bernerkun- gen veranlasst.

))Angenomrnen, jene Ackererde enthalte durchschnitt- lich 7 Proc. schwefelsaure Talkwde, so waren etwa 3,3 Proc. gebrannter Kalk nothig, urn die vorgeschlagene Zer- setzung moglich zu machen. Um aber einen Magdeburger Morgen nur 4 Zoll tief mit 3,3 Proc. gebranntem Kalk zu versehen, sind 450 Centner erforderlich. Es ist sehr zu Arch.d.Pharm. LXXXIX.Bds.1. Hft. 1

Page 2: Ueber Culturverbesserung des Rathmannsdorfer Moores;

2 Bley,

bezweifeln, dass die bedeutendcn Kosten sich verintercs- siren werden, aoch wenn der Acker so gut wiirde, wie Sie wunschen und Hr. Dr. B l e y meint, durch den Zusatz von Kalk werden iibrigens weder die physischen Mangel des Bodens beseitigt, noch dem Acker andere fehlende Verbindungen einverleibt.

Der Hauptpunct ist aber, dass, wie wenigstens sehr gewichtige Autoritaten annehmen, kohlensaure Bittererdo und schwefelsaure Kalkerde sich bei Gegenwart von Was- ser zu kohlensaurer Kalkerde und schwefelsaurer Bitter- erde umwandeln. So die Entstehung vieler bittersalzhal- tender Mineralwasser; der Kalk leistet also gar nicht die Dienste, welche der Hr. Dr. B l e y ihni zuschreibt. - Ge- setzt aber, es wiirde wirklich kohlensaure Bitterde und schwefelsaure Iialkerdc gebildet, so wtire der Gewinn auch nicht sehr gross. Die Ackerkrumc wurdc durchschnittlicli 12,7 Proc. Gyps enthalten - cinc wahrscheinlich zu grosse Menge. Doch kann ich Ihnen nicht sagen, ob es nicht gute Aecker giebt, die noch mehr Gyps enthallcn. - Ich mochte zwei andere Benutzunparten jcnes Bodens vor- schlagen. Der so bedeutende Ge,halt an Bittersalz fuhrt zunachst auf die Frage, ob nicht dort mit Vortheil dieses im Grossen dargestellt werden konnte. Wenn das Brcnn- material dort billig ist, so mochte kaum daran zu zweifeln sein, zumal da die bei Ihnen haufigen Schiiler der Kru- kenbergischcn Schule fur Absatz sorgen. Erlaubte es die Oertlichkcit und stande besonders der Zufluss eines klei- ncn Baches zu Gebote, so wiirde die Anlage eines Tei- ches das beste sein; das abfliessende Wasser wiirde all- malig so vie1 Gyps und Bittersalz wegschaffen, dass noch nachher einige Jahre Feldbau miiglich ware und so ab-- wechselnd. - Sollte aber der Bittersalzgehalt jcner Erdc von aus der Tiefe dringenden Quellen herruhren, so ist keinc Verbesserung des Bodens moglich. Dieses ist zwar moglich, aber nicht wahrscheinlich. - Als Ihr stiller Ver- ehrer - ich verehrc jeden Landwirth, der offene Ohren fur den Rath der Wissenschaft hat. - Ich dcnke, der Rarh wird das Porto werth sein. x. Y. z.

Page 3: Ueber Culturverbesserung des Rathmannsdorfer Moores;

CulkrveTbcsserung des Rathrnan?isdoi.fer hfoores. 3

Gegcn diesen guten Rath ist nun Folgendes zu erin- nern: Der Dodcn ist meistens cin sehr trockner, wofir auch das Auswittern der Salze spricht, welches auch in diesem, doch meist nassem Sommer stat hatte. Diese Trockenheit wird bedingt durch den Mange1 an Thorierde in1 Obergrundo, der dagegen irn tiefsten Untergrunde in grossen Massen vorhanden ist ; durch diese Trockenheit wird aber die vom anonymen H e m Hathgeber befurchtetc Zersetzung des schwefelsauren Kalks und der kohlensau- ren Bittererde nicht hegunstigt, dessen Befiirchtung hber- haupt nur eintreten wiirde, wenn der Boden mit iiber- schwenglicli vielem Wasser in Deriihrung kame, da dcr schwefelsaure Kalk, \vie bekannt, sehr schwer Ioslich ist, zuinal wenn er nicht durch Schhltcln, Reiben u. s. w. in grossere Bcruhrung rnit dem Wasser kommt. Dass dage- gen die Zersetzung der schwefelsauren Kalkerdc leichter eintritt, wird erklarlich durch dic leichte Liislichkeit der- selben. Wire nun der Kalk, mit dem dcr Boden verbes- ser werden sol1 und schon worden ist, niclit in der Nahe gut und reichlich vorhanden, so liiitte der Herr Anonymus \vietierum Recht, die Verbesscruiig theuer zu finden, so a])er ist das anders und von mir recht wohl bedaclit wor- den. Dass den1 Aclier die felllenden Verbindungcn gcge- ben werden, dafur dient die Verniischung iiiit den1 Unter- grundo, der Kieselcrde und Thon cntliiilt.

Auch der Einwand von Srossem Gypsgehalte, welchen der Boden enthalten sollte, weiin man meinen Ih th zur Ausfihrung bringt, ist nichtig : denn wir haben liier an- sehnliche Strecken von Ackerboden, der grosse Mengen Gyps enthhlt und schr giinstige Ernten giebt. Ein hiesi- ger hochst tiichtiger Ockonom diingt aher seine Felder, Jallr aus Jalir ein, durch Gyps, den er inilErde vermischt in die Yiehsliitte bringen Iiisst, und welclier dam, auf die Felder gebraclit, treffliche Ilienste leistct.

Der Rath, llittersalz zu fabriciren, ist gnnz unpraktisch, ejnlna], weil es an Wasser fehlt, die Auslaugung leich~ vowunehmen, sodann, weil das Feuermaterial keineswegs wohlfcil, und cndlicli also die llittersalzfabrication, unter

I *

Page 4: Ueber Culturverbesserung des Rathmannsdorfer Moores;

4 Bley, Cukurverbesseruny des Rathmannsdorfer Moores

Nlchen Urnskinden, keineswegs sehr vortheilhaft sein wurde. Obschon wir hkr in der Nahe der Schuler des hochverdienten K r u k e nb e r g viele haben, so ist doch die Consumtion dieses Salzes so gar gross nicht, und ein Centner desselben reicht in den bestbeschaftigsten Apo- theken Jahre lang aus. Urn indess den Hrn. Verfasser in der That zu iiberzeugen, dass mein Rath so gar ubel nicht gewesen, will ich hier nur bemerken, dass auf einigen Stellen, wo mein Vorschlag der Ackerverbesserung ausge- fuhrt wurde, eine so giinstige Kartoffelernte gemacht wor- den ist, wie nicht allein zuvw niemals auf diesem Acker, sondern auch mindestens eben so reichlich, als auf allen umliegenden Aeckern der grossen Landguter des Herrn Landraths v o n K r o s i g k , wofur dessen hier beigefugtes Zeugniss spricht.

,Auf Ersuchen des Hrn. Apothekers Dr. B 1 e y zu Bern- burg bezeuge ich hierdurch, dass derjenige Theil des so- genannten Rathmannsdorfer Moores, welcher im vorigen Jahre in Acker umgewandelt und nach dem Rathe dcs Hrn. Dr. Bley namentlich durch Dungung mit dem Unter- grunde behandelt worden ist, eine sehr reichliche Kartof- felernte geliefert hat, welche der Ernte meines uhrigen, in guter Cultur sich befindenden Ackers vollkommen gleich- zustellen war.

A. v. Krosigk.cc Hohenerxleben, am 5. Jan. 1844.

Was nun der ungenannte Herr Rathgeber mit seinem Rathe eigentlich bezweckt hat, ist mir nicht deutlich ge- worden, ich kann dariiber nur Verrnuthungen hegen. Jeden- falls aber ist es wenig, weisen Rath ertheilen zu wollen, ehe man die ortlichen Umstiinde und Verhaltnisse erwo- gen hat.