über das wesen der blutgerinnungsstörung bei schwerer erkrankung des leberparenchyms

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Page 1: über das Wesen der Blutgerinnungsstörung bei Schwerer Erkrankung des Leberparenchyms

1322 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 6. J A H R G A N G . Nr. 28 9. JULI ~9z7

w~thrend der Thalliumffitterung Hypophysenvorderlappen- hormon zu, dreht man also den Motor an, so kommt das Ovarium sofort in Gang, die Produktion des Ovarialhormons wird ansgel6st, und das Tier kommt nach ioo Stunden in die Brunst. Im Ovarium linden sich dann die typischen Ver/~nderungen, wie wir sie als Wirkung des Hypophysen- vorderlappenhormons beschrieben haben.

Das Ei beherrscht nicht das Ovarialhormon, das Ovarial- hormon beherrscht nicht dab Ei. E l und Ovarialhormon stehen nebeneinander, sind koordiniert, sind nicht voneinander ab- hgingig. Sie werden abet beherrscht vom Hormon des Hypo- pl~ysenvorderlappens.

Das Hormon des Hypophysenvorderlappens: ist, wie wir gezeigt haben, der Motor der SexuaKunktion. Das Hypo- physenvorderlappenhormon mobilisiert erst in den iolliku- l~ren Zellen das Ovarialhormon. Das Vorderlappenhormon ist das Primate, das Ovarialhormon das Sekund~re. Das Vorderlappenhormon 16st die Produktion des Ovarialhormons aus, gleichzeitig bringt es das Ei zur Reife. Wir konnten bei infantilen, dem Muttertier kaum entwachsenen Tieren reifende Eier auf dem Wege dutch die Tube nachweisen.

Hypophysenvorderlappenhormon, Ei und Ovarialhormon b~lden abet cine Einheit im ~unktioneUen Sinne. Sie d'ienen gemeinsam der wichtigsten Funktion des weiblichen Organismus,

"der FortpJlanzung. Dies geht daraus hervor, dab nach Be- fruchtung des Eies, d. h. in der Schwangerschaft, die Hormon- verh~ltnisse quant i ta t iv grundlegend ver~ndert sind.

HYPOPHYSENVORDERLAPPENHORMON UND OVARIALHORMON IM HARN VON

SCHWANGEREN*). V o n

S. ASCHIIEIM u n d B E R N H A R D ZONDEK. Aus der Uifiversit~ts-Frauenklinik der Charit4 zu Berlin.

Ill frfiheren Arbeiten haben wir fiber das Vorkommen des Ovarialhormons und des Hypophysenvorderlappenhormons im Organismus der schwangeren Frau berichtet. Hierbei haben wir auf Grund eigener Arbeiten und der Untersuchungen an- derer Autoren festgestellt, dab das Ovarialhormon sich findet

x. im Corpus luteum graviditatis in den ersten vier Schwangerschaftsmonaten,

2. in den thecazellreichen, atretischen Follikeln der Rinde des Schwangerschaftsovariums,

3. in der Placenta (FELLNt~R, ASCHNER U. a . ) ,

4. im Blutserum yon Schwangeren vom Anfang des ffinften Monats an. Hier ist das Ovarialhormon in so groBen Mengen vorhanden, dab es durch direkte Injektion von 2-- 3 ccm Serum beim kastrierten Tier dutch die }3runstreaktion nach- weisbar ist (ZoNDEK und ASCHHEIM, ]FELS). In frtiheren Schwangerschaitsmonaten kann das Ovarialhormon dutch das Extrakfionsverfahren ill geringeren Mengen nachgewiesen werden (R. T. FRANK-New York);

5- im Nabelschnurblut, wobei man das Hormon dutch direkte Injektion des Serums durch die Brunstreaktion naeh- weisen kann (ZoNDEK und ASCH~IEIM, FELS). Durch Injektion yon Ext rak ten hat te es schon frfiher LOEWE gefunden.

Als neu teilen wit heute mit, dab das Ovarialhormon sich finder

6. in der Frauenmilch in den ersten Wochenbettstagen (in geringen Mengen).

Das Hypophysenvorderlappenhormon"wurde yon uns zum ersten Male im schwangeren Organismus nachgewiesen. Der Nachweis geschieht durch die yon nns angegebene Methodik, wobei als Testobjekt das Ovarium der infantilen Maus benutzt wird. Das Vorderlappenhormon bewirkt Follikelwachstnm, Corpus luteum-Bildung, Thecawueherung und -luteinisierung. Durch die Follikelreifung wird sekundXr in der Scheide der oestrale Scheidenaufbau und im Scheidensekret das reine Schollenstadium hervorgerufen (Brunstausl6sung). Ablaut der Reaktion in rund too Stunden**).

*) Vorgetragen yon ASCHHEIM auf d. Gyn~koIogen-KongreB in Bonn. I927. **) Vgl. Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gyn~kol. 90. 1926 u. Klin.Woehensehr. Jg. 6, S. 248.

Das Vorderlappenhormon wurde yon uns zuerst nach- gewiesen:

i. in der Decidua graviditatis der ersten 4 Monate, 2. im Corpus luteum graviditatis, 3. in der Placenta vom 2. Monat der Schwangerschaft an, 4. im Blute der schwangeren Frau, vom 2. Monat an, dutch

direkte Inj ektion weniger Kubikzentimeter Serum nachweisbar, 5. in einigen F~illen irn Nabelschnurblut, 6. in der Tubenschleimhaut bei intra- und extrauteriner

Gravidit~tt des 2. Monats.

Angesiehts der Tatsache, dab die Hormone am 2. Wochen- bettstage im Blur der Frau dureh direkte Injektion des Serums nicht mehr nachweisbar sind, muBten wir uns fragen: Wo bleiben diese Stoife?" Werden sie im Organismus abgebaut, werden ate anderweitig verwendet oder werden sie ausgeschie- den ? Wit prfiften zun~chst die letzte M6glichkeit, d. h. die Aus- scheidung durch den Ham. Die erste Angabe fiber Ausschei- dung yon Ovarialhormon dutch den Urin s tammt von LOEWE, der im Intervall, d .h . aIso am 14. Tage zwischen zwei Men- struationen, etwa eine M~iuseeinheit pro Liter Frauenharn fan& Diesen Befund k6nnen wit bestgtigen. Wir Ianden 2 Einheiten, also sehr geringe Mengen. Ganz anders liegen die Verhgltnisse in der Schwangerschaft und im Wochenbekt.

Wir fanden, dab sich im Wochenbettsharn auBerordent- lich groBe Mengen yon Ovarialhormon und Hypophysenvorder- lappenhormon nachweisen lieBen. In einem Liter fanden wir iooo Mguseeinheiten Ovarialhormon und mehr, so dab wit an Stelle des Extraktionsverfahrens mit direkter Injektion des Harns am kastrierten bzw. iniantilen Tier arbeKen konnten. Bet der weiteren Prfifnng des Harris in der Schwangerschaft ergab sich nun, dab das Ovarialhormon yore Anfang des 5. Monats an durch Injektion des Harns nachweisbar ist.

Das HypophysenvorderIappenhormon t r i t t bereits im 2. Schwangerschaitsmonat im Harn ant. Wir fanden es bereits am 35. Tage nach den letzten Menses. Die bisher gepriiften Kontrollharne yon Frauen in den verschiedenen Menstrua- tionsphasen, yon Klimakterischen, Carcinomat6sen, von Mgnnerharn usw. ergaben negative Resultate. Gro/3e Reihen- untersuchungen, besonders yon Kontrollen sind zur Zeit im Gange. Sollten sich die bisherigen Resultate wetter bestXtigen, so dfirfte eine Feststellnng der Schwangerschaft dureh den Naehweis des Hypophysenvorderlappenhormons im Harn sich als m6glich erweisen.

Es wird hierbei -- das set besonders hervorgehoben -- nicht ein ftir die Schwangerschaft spezifiseher StofI nachge- wiesen. Ftir die Schwangerschaft charakterisfisch ist ledig- lich die ungeheure Vermehrung der Fortpflanzungshormone (insbesondere des Hypophysenvorderlappenhormons schon in den ersten Schwangerschaftswochen). Das Blut wird in der Schwangerschaft mit Hormon tiberschwemmt, so dab das Hormon im Harn ausgeschieden wird.

Nach AbschluB unserer Reihennntersuchungen werden wir n~heres darfiber mitteilen.

l~lber das Vorkommen anderer Hormone im H a m yon schwangeren Frauen (Thyroxin, Insulin) sind Untersuchungen im Gange, ebenso fiber die Hormonverhttlmisse bet tr~chtigen Tieren.

Anmerlzuny bei der Korrektur : Wit fanden inzwischen auch im Harn der tr~ichtigen Huh und des Neugeborenen Ovarial- hormon.

OBER DAS WESEN DER BLUTGERINNUNGS- STORUNG BEI SCHWERER ERKRANKUNG

DES LEBERPARENCHYMS. V o n

D r . E U G E N I - [ARTMANN. Aus tier Mediziniscben Klinik der Ulfiversit~t Breslau (Direktor: Prof. Dr. STEPP).

Es ist schon seit langem bekannt, dab bei einer Sch~idi- gung des Leberparenchyms, insbesondere bei langwierigem und hochgradigem Ikterus eine h~morrhagische Diathese be-

Page 2: über das Wesen der Blutgerinnungsstörung bei Schwerer Erkrankung des Leberparenchyms

9. J U L I 1927 K L I N I S C I - I E W O C H E N S C H R I F T . 6. J A H I R G A N G . Nr. 28 1323

merkbar werden kann und unter Umst/~nden zu schwer still- baren Blutungen f/ihrt. Diese sog. ,,ch(~l{~mischen Blutungen", die nach dem klinischen Aspekt bald dem Morbus Werlhofii, bald der HXmophilie ~thneln, werden besonders als post- operative, yon chirurgischer Seite bet langdauernden Gallen- gangsverschlfissen, geftirchtet.

Die Blutuntersuchung bet FXllen yon schwerer Leber- erkrankung, insbeEondere Icterus gravis -- akute gelbe Leber- atrophie, Chloroformvergiftung, Weilsche Krankheit, hyper- trophische Cirrhose, langdauernde Gallengangsu -- zeigt in manchen FXllen eine normale, in anderen wieder eine mehr oder minder verti~ngerte Gerinnungszeit in vitro. ])as Zustandekommen yon Blutungen bet den F~llen, in welchen diese verl~ngerte Gerinnungszeit sich findet, kann zum Tell auf die Ver~nderung des Koagulationsmechanismus bezogen werden. Fiir die F~lle dagegen, in denen trotz normaler Ge- rinnungszeit eine h~morrhagische Diathese sich einstellt, dart vielleicht eine yon FRANK gegebene ErklArung heran- gezogen werden. Sie besagt, dab infolge des l)bertr if ts un- bekannter, in dem gesch~digten Leberparenchym entstandener Substanzen in die Blutbahn die Blutpl~ttchen ihre Aggluti- nationsf~higkeit verlieren und nicht mehr imstande sind, den Pl~ttchenthrombus zu bilden, d .h . in diesen F~llen besteht de facto der gleiche Zustand, als ob die Blutpl~ttchen fehlten. Neben diesen Faktoren dart eine toxische Sch~digung der Gef~Bw~nde nicht auBer Acht gelassen werden.

Die Verlangerung der Blutgerinnungszeit wurde friiher auf eine Uberladung des Blutes mit Gallens~uren zurfick- geffihrt, da diese bekanntlich einen hemmenden Einflug a u f die Gerinnung des Blutes ausfiben. MORAWITZ und BlngIC}I sowie P~TRkN zeigten abet, dab die Gallens~uren im Blute unter alien Umst~nden sich in einer so minimalen Kon- zentration beiin.den, dab sie nicht geniigen, eine Gerinnungs- verz6gerung hervorzurnfen. Die Ursache der Jknderung des Gerinnungsvorganges glauben MoRAwI~z und BInRICH auf einen Mangel an Thrombokinase zurtickzuftihren. Sie fanden n~mlich, dab nach Zusatz eines w~Brigen Extraktes aus Gewebssaft die verl~ngerte Gerinnungszeit kompensiert wurde, in gleicher Weise wie es bet der H~tmophilie der Fall ist.

Das Wesen der Blutgerinnungsverz6gerung bleibt nach P E T R t ~ N , SCHULZ und SCH-~-FFER unbekannt. NOLF bringt die Verlangsamung der Gerinnung mit der experimentellen sub- akuten Phosphorvergiftung der Hunde in Analogie, indem er meint, dal3 es sich bet beiden Erkrankungen um eine Abnahme des Serocyms und Fibrinogens handelt. Ein Fibrinogen- mangel kann deswegen nicht vorhanden sein, well nach er- folgter vollst~ndiger Gerinnung ein testes derbes Gerinnsel ent- steht, und well nach Zusatz yon Gewebssaft, der bekanntlich weder Fibrinogen noch Serocym enth~lt, sich sofort ein testes Gerinnsel bildet. WlLDGANS meint, dab beim schweren Icterus evtl. die Entstehung des Thrombins aus seinen Vor- stufen oder die Wirkung des schon gebildeten Thrombins auf das Fibrinogen gehemmt wird. Er Iand 3- -4 Wochen nach Unterbindung des Choledochus beim Hunde eine Sen- kung des Thrombinspiegels.

Die Experimente yon MORAWITZ und BIERICH beweisen, dab die elektive gerinnungsf6rdernde Potenz des Gewebs- saftes die selbst den normalen GerinnungsaMauf beschleunigt, imstande ist, die verl~ngerte Gerinnungszeit bet schwerem Icterus sogar fiber den Normalwert auszugleichen. Damit ist nicht erwiesen, dab bet diesen F~tlen wirklich eine integrie- rende Komponente des Blutgerinnungsprozesses, n~mlich das Cytocym fehlt. Die Thrombokinase yon MORAWlTZ enth~lt nach BO~DET zwei Prinzipien, eine Ansicht, der auch wir uns anschlieBen (s. FRANK und HARd,ANN, Klin.Wochenschr. ~927, S. 435), einerseits das lipoide Cytocym, das bet der Gerinnung des Blutes unentbetirlich ist, andererseits einen thermolabilen Stoff, der zwar den Gerinnungsvorgang stark beschleunigt, aber ftir die Gerinnung des der Vene entnommenen Blutes nicht ben6tigt wird.

Die Untersuchung der BlutplXttchen zeigt, dab sie nume- risch nicht veri ingert sind, und nach meinen Untersuchungen sind sie auch/unktionell mit den normalen Blutpld~ttchen gleich- wertig, lie/ern also geni~gend Cytoeym.

Um das Wesen der Blutgerinnungsverz6gerung bet schwe- ren Leberkranken zu ermitteln, wurde die Technik yon BORDeT und seinen Mitarbeitern benutzt, die uns die Isolierung ein- zelner Gerinnungskomponenten ermSglicht, sowie die ge- trennte Untersuchung der einzelnen Phasen der Gerinnung ge- starter. Wir haben (FRANK und HART51ANN) in I~berein- s t immnng mit BORDET und FEISSLY gefunden, dab zur Akti- vierung des Proserocyms 25--3 ~ Minuten notwendig sind und dab nach der Aktivierung des Proserocyms die Vereinigung des Serocyms mit dem Cytocym und die Bitdung des Throm- bins fast momentan, , ,explosiv", eintritt. Wir kamen zu dem Ergebnis, dab der Zeitfaktor bet der Blutgerinnung nur bet der Aktivierung des Proserocyms eine wesentliche iRolle spielt (~. FRANK und HAgTMANN; Klin. Wochenschr. 1927, S. 435).

Nachdem die Untersuchungen bereits die Tatsache ge- lehrt haben, dab im Blute bet Icterus gravis und schweren Parenchymsch~digungen der Leber sowohl die corpuscul/~ren Elemente wie das Fibrinogen und das Cy~cocym sich voll- kommen normal verhalten, kam es uns auch hier darauf an, die Umwandlungszeit des Proserocyms in Serocym zu studieren.

Wir untersuchten an IO verschiedenen F~illen yon Icterus gravis resp. langdauernden Gallengangsverschliissen mit Ver- z6gerung der Gerinnungszeit die Umwandlungszeit des Pro- serocyms und konnten jedesmal eine Verld~ngerung der Um- wandlungszeit ]eststellen.

Experiment 1. Technik: Man bereitet ein i--2~ Natriumoxalatplasma,

das wir vorher yon allen Formelementen durch energisches Zentri- fugieren befreit haben. Aus diesem stellen wir das Proserocym entweder nach der Methode yon BORDnT oder yon GRATIA her, ebenso das Plasmaphosphat6*). An Stelle der Pl~t~cchenaufschwem- mungen benutzen wir das syphilitische Antigen yon BOnD~T, das nach Studien yon BORDET wie in unseren Experimenten als ,,Testcytocym" sich bewXhrt hat.

Ffigt man zu dem Proserocym Ca" hinzu und wartet man eine bestimmte Zeit mit dem Zusatz des Cytocyms und Fibrinogens, so kann man dutch einen Reihenversuch die Zeit ermitteln, in d e r das Proserocym umgewandelt ist, d. h. den Moment, in welchem nach Zusatz des Cytocyms und Fibrinogens die Ge- rinnung sofort eintritt. Als BeispieI fiihre ich einen Fall yon Icterus gravis an, in dem die Gerinnungszeit (geprt~ft nach der Methode MOI~AWlTZ-BI~RICH) I Stunde 3 ~ Minuten betrug.

Zusatz yon 3 Tropfen Cytocym + I ccm Plasma Gerinnt in

phosphat6 nach

I. I ccm Proserocym ]1 20 Minuten I5 Minuten I1 I

0,35 ccm - - CaC12 ~ I o

2 . , , 3 5 ,, I 2 ~,

3 . ,, 5 ~ ,, 6 , ,

4. ! ,, 7 ~ ,, 5 ,, 5. ,, 9 ~ ,, 3 ,, 6. ,, I Stunde 4 ~ Minuten i --2 ,,

Aus diesem Experiment, in dem das in I Stunde 3 ~ Minuten gerinnende t31ut eines schweren Leberkranken benutzt wurde, ist ersichtlich, dab die zur Aktivierung des isolierten Prosero- cyms erforderliche Zeit I Stunden 4 ~ Minuten betrug. Der vorliegende Fall repr~sentiert nach meinen Untersuchungen die l~ngste Umwandlungszeit, das Mittel der Umwandlungszeit in den anderen ~gllen betrug 55--65 Minuten. Die Unter- suchungen fiber das Proserocym bei den FXllen yon Icterus gravis-Kranken, die eine Gerinnungsverlangsamung nicht zeigten, konnte ]ede~smal eine normale Aktivierungszeit des Pro- serocyms und Seroeyms, d.h. 25--30 Minuten aufweisen.

Damit scheint der Beweis erbracht zu sein, dab die Ursaehe der GerinnungsstOrung in einer Verlangsamung der Umwand- lung des Proserocyms zu erblicken ist. Weder ein Mangel an 2'ibrinogen noeh an Thrombokinase dar] als Ursache der Ge- rinnungsst6rung angesehen werden.

*) Es sei kurz erwfihnt, dab man unter Plasmaphospath6 ein Plasma versteht, das yore Cytocym befreit und aus dem das Proserocym mittels Tricalciumphosphat entfernt worden isL Es ist eine FibrinogenI6sung im physiolpgischen Milieu (s. zur Nomenklatur die Arbeit yon FRANK und HARTMANN, Klin. Wcchenschr. I927. Nr. Io).

Page 3: über das Wesen der Blutgerinnungsstörung bei Schwerer Erkrankung des Leberparenchyms

I324

Fi i r die Ve rz6ge rung de r A k t i v i e r u n g des P r o s e r o c y m s be t schweren Lebe rpa renchymsch~ td igungen k 6 n n t e n zwei 1. F a k t o r e n v e r a n t w o r t l i c h g e m a c h t werden .

I. Das V o r h a n d e n s e i n e ther die A k t i v i e r u n g des Prosero- cyrus h e m m e n d e n Subs t anz . 2.

2. Das F e h l e n eines a k t i v i e r e n d e n Fak to r s .

U m diese F rage zu en t sche iden , h a b e n wir fo lgende E x p e r i m e n t e anges te l l t . W i r h a b e n das ik t e r i sche P l a s m a 3. p h o s p h a t 6 m i t e iner L 6 s u n g v o n n o r m a l e m P r o s e r o c y m zu- s a m m e n g e b r a c h t , u n d f a n d e n dabei , d a b das ik te r i sche P l a s m a p h o s p h a t 4 v e r z 6 g e r n d au f die U m w a n d l u n g des nor - 4. m a l e n P rose rocym s wirk t :

Experiment 2,

I .

2.

i ccm norm. Proserocym I 3 Tropfen

o, 5 Ccm ~o CaCle + Cytocym

I ccm norm. Proserocym 3 Tropfen

0, 5 ccm n CaClz + Cytocym lO I

K L I N I S C H E W O C H E N S C t t R I F T . 6. J A H R G A N G . N r . 28

I c c m n o r m . I g e r i n n t i n

, ,Plasma [ 9 Min. + Phosphat6" I

I ccm ikter. / ger innt in , ,Plasma 2o Min,

+ Phosphat6"

Diese H e m m u n g ve rz6ge r t die A k t i v i e r u n g des n o r m a l e n P rose rocyms n i c h t i m m e r gleichm~Big u n d sche in t y o n ver- s ch iedenen F a k t o r e n a b h ~ n g i g zu seth.

i . Von der G e r i n n u n g s z e i t des ik t e r i s ehen Blutes . Je s t a rke r die G e r i n n u n g s a n o m a l i e in E r s c h e i n u n g t r i t t , u m so ausgepr~g te r i s t die H e m m n n g s w i r k u n g des i k t e r i s chen P l a s m a phospha t6 , d . h . des to m e h r s t ab i l i s i e rende KSrper s che in t das ik te r i sche B l u r zu e n t h a l t e n . I n a n d e r e n F~l len k o n n t e n wi r eine VerzSgerung bis zu 35 M i n u t e n b e o b a c h t e n .

2. Von der 5 ienge des T r i ca l c iumphospha t e s , die zur Her - s t e l lung des P l a s m a p h o s p h a t 4 v e r w e n d e t w o r d e n war .

Zur B e a n t w o r t u n g dieser F r a g e n e r sche in t uns b e a c h t e n s 2 wert , die U n t e r s u c h u n g e n yon NOLF u n d GRATIA h e r a n z u - z iehem NOLV wies nach, dab die gesunden Leberze l len n a c h i n t r a v e n 6 s e n I n j e k t i o n e n yon Pep t on , , ,phys ioIogische" Ant i - t h r o m b i n e sezernieren. Dasse lbe gesch ieh t im a n a p h y l a k - t i s chen Schock. Die F o r s c h u n g e n GRATIAS fiber die Ant i - t h r o m b i n e des P e p t o n p l a s m a s ergeben, dab sie n i c h t dia lysier- b a r bis z u 5 6 ~ t h e r m o s t a b i l s ind und d u r c h grof3e Mengen von T r i c a l c i u m p h o s p h a t g rSg ten te i l s a d s o r b i e r t werden . Meine U n t e r s u c h u n g e n fiber die s t ab i l i s i e renden (hemmenden) S u b s t a n z e n in d e m ik t e r i s chen Blu% h a b e n n u n ~ihnliche Er - gebnisse, gezeit igt*). Die g e r i n n u n g s h e m m e n d e n K6rper des ik t e r i s chen Blu tes s ind im D i a l y s a t p l a s m a e n t h a l t e n , sie s ind bis zu 56~ hi tzebest~tndig und w e r d e n d u r c h grof3e Nfengen vor~ Tr i ea l c iumphospha• ebenfa l ls adsorb ie r t .

U m diese F rage n~ther zu s tud ie ren , h a b e n Wir das Oxa laG p l a s m a mi t t e l s ve r sch iedene r 2vfengen yon T r i e a l c i u m p h o s p h a t v o r b e h a n d e l t u n d diese ve r sch iedenen F o r m e n yon P l a s m a p h o s p h a t 6 dem n o r m a l e n P r o s e r o c y m zugesetz t , u m e inen U n t e r s c h i e d in der H e m m u n g s w i r k u n g verscl~iedener P l a s m e n fes tzus te l len .

Experime~t 3. Technik: Man bereitet ans dem Blur eines Ikterischen (mit

ether verlXngerten Gerinnungszeit) ein i--2~ Natr iumoxalat- plasma, das wit vorher yon allen Formelementen durch energisches Zentrifugferen befreit haben. Wi t pipettieren in 4 R6hrchen A, B, C, D j e IO ccm Plasma ab. \Vir setzen zu den RShrchen o,I bzw. 0,2, 0, 3 und 0, 4 ccm ether gelatin0sen Suspension yon Tricalciumphosphat hinzu. Nachdem wir ein paarmal durch- geschiittelt haben und das Triealcium abzentri lugiert ist, nehmen wir.aus jedem ROhrchen i ccm Fl~ss~gkeit und setzen ihr Ca und Cytocym zu. Wit k0nnen nun beobaehten, dab im R6hrchen A nach ca. 2 Stunden eine Gerinnnng eintrat, dagegen in den ROhr- chen B, C, D eine Oerinnung ausbleibt. In R0hrchen A war offen- bar die Menge des TricaI'ciumphosphates nieht geniigend um das Proserocym quant i ta t iv zu entfernen. Ferner bereiten wir eine Proserocyml6sung aus normalem Blur vor.

Fall R. Oerinnungszeit (komplette Oerinnnng) nach I Stnnde, Umwand!ungszeit des Proserocyms I Stunde IO Minuten.

*) Das Tricalciumphosphat adsorbiert in geringerer Menge also lediglich das Proserocym, in geniigend groBer Ivtenge auBerdem such die Stoffe, welche die Umwandlung des Pro- serocyms in Serocym hemmen.

9, J U L I i927

I e c r u n o r m . P r o s e r o c y m n

0,6 cem -- CaCI~ 1o

I ccm norm. Proserocym n

9,6 cem - - CaC12 1o

1 c c m n o r m . P r o s e r o c y m n

o,6 ccm - - CaCI 2 IO

I ccm norm. Proserocym n

o,6 ccm - - CaCI~ IO

3 Tropfen I ccm norm. ge r inn t l n ]-- Cytoeym ,,Plasma 12 Min.

3 Tropfen + Cytocym

3 Tropfen Cytocym

@ Phosphat@"i

I ccm ikter, g e r i n n t in , ,Plasma 35 Min.

q- Phosph. B";

I ccm ikter, gerinnt in , ,Plasma i 3o Ylin.

-{- Phosph. C" i

cam ikter. [ ge r inn t in i

, ,Plasma i 2o Min. J

q- Phosph. D"I

Aus den E x p e r i m e n t e n I I u n d I t I i s t ers icht l ich, dab i m B lu t e der I k t e r u s g r a v i s - K r a n k e n eine h e m m e n d e S u b s t a n z v o r h a n d e n ist, die i m s t a n d e ist, die A k t i v i e r u n g des n o r m a l e n P rose rocyms zu verz6gern . Die h e m m e n d e n Subs tanzen , wie aus d e m E x p e r i m e n t I I I e r s ich t l i ch is t d u r c h grol3e Mengen des T r i c a l c i u m p h o s p h a t e s adso rb i e rba r .

Das Wesen de~ ~ Verz@erung der Blutgerir~nung beim Icterus gravis bzw. bei schweren Leberpamnchymschdidigunyen ist dar in zu erblicken, daft i.r~ B ~ t e tier K r a n ~ e n ein Obevma,~ an stabi~i- sierenden -- hemmenden -- Subs tanzen vorhanden ist, die die Ak t i v i e rung des Pro,~erocyms verzOgern. Das Obermafi an stabili- sierenden Subs tanzen ist n u t so lange nachweisbar, als eine Sehddigung des Leberparenchyms vorliegt.

Ob die h e m m e n d e S u b s t a n z der I c t e rus g r a v i s - K r a n k e n m i t d e m Howel l schen H e p a r i n iden t i f i z ie r t we rden darf , mi issen die Ergebn i s se we i t e re r U n t e r s u c h u n g e n erweisen.

Es is t somi t n a c h den obenerwS, h n t e n U n t e r s u c h u n g e n n i c h t yon de r H a n d zu weisen, dab die schwer gesch~idigten Leberze l len Stoffe im Sinne de r o b e n e r w ~ h n t e n ge r innungs - h e m m e n d e n S u b s t a n z e n im Crbermal3 p roduz i e r en k6nnen . Bef unse ren Unf ie r suchungen (FRANK u n d H A R T ~ A N N ) t iber da s Wesen der H~tmopbilie h a t t e n wir a n g e n o m m e n , dab im B l u t e des N o r m a l e n ein G le i chgewich t szus t and de r s t ab i l i s i e renden und a k t i v i e r e n d e n S u b s t a n z e n v o r h a n d e n sein miisse. I s t dieses Gle ichgewicht gest6r t , wie bet de r H~tmophitie, u n d zwar z u g u n s t e n der S tab i l i sa to ren , so e n t s t e h t eine Anoma l i e des Ge r innungsvo rganges . Es w~tre d e m n a c h gu t denkba r , d a b die Leberze l len be im G e s u n d e n die g e r i n n u n g s h e m m e n d e n Stoffe n u t in e ther m in ima le n Q u a n t i t ~ t in die B l u t b a h n schicken, u m die G e r i n n u n g i n n e r h a l b der B l u t z i r k u l a t i o n zu ve rh inde rn . Sind abe r die Leberze l len e r k r a n k t , so ve r l i e ren sie t empor t t r die F~thigkeit, das n o r m a l e Gle ichgewich t de r S t ab i l i s a to r en u n d A k t i v i t o r e n a u f r e c h t zu e rha l t en , d~ h. die ge r innungs - h e m m e n d e n Stoffe zu re t in ie ren , u n d das B l u t wi rd yon diesem i i be r sehwemmt . Vr e rb l icken somi t das Wesen de r , ,chol~imischen" G e r i n n u n g s s t 6 r u n g in der Unf i ih igke i t der e r k r a n k t e n Leberze l len zur Dos ie rung de r g e r i n n u n g s h e m - m e n d e n Subs t anzen .

L i t e r a t n r : J. ]3ORDEr Ann. de Fins< Pasteur 34, 561. I92O. Literatur! -- R. F1~ISSLY, Jahrb. f. Kinderheilk. IIO. 1925. -- g . FRA N CK , Handbuch der Krankhei ten des Blutes und der Blut- bildenden Organe. J. Springer 1925. Die h~imorrhagische Dia- these. S. 445. -- R. GRATIA, Ann. de l ' inst. Pasteur 35, 543. 1921. - - E . H A R T M A N N , Ober das \u der Hamophilen, Gerinnungs- stSrung usw. Vortrag, gehalten in Vaterl. Gesellsehaft zu Breslau. Aug. 1926, Referiert in der I<lin. Woehenschr. 1926. -- >IoWELL, Americ. journ, of physiol. 7 I, Nr. 3. 1925- -- MOR_~WITZ und BIEmCH, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 56, I15. -- MORAWIYZ, Oppen- heimers Handbuch d. Biochemie. Bd. IV, -- PETREN, Acts chit. scandinav. 58. I925. Literatur! -- SCHULZ und SCHXFFEa, Berlin. klin. \Vochenschr. 1921, S. 789. -- WILDEGANS, Arch. f. klin. Chit. 142, 698; Klin. \Vochenschr. 1927.

0BER DIE RESYNTHESE DER MILCHSAURE BE1 KREISLAUFKRANKEN.

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Dr . HANS PE~G:Em Aus der Medizinischen U]liv.-Klinik Freiburg i. Br. (Direktor : Prof. Dr. H. EPPINGER) .

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