Über den antheil von »auslösungen« an der individuellen entwickelung

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Ober den Antheil yon , AusliJsungen<< an der individueilen Entwickelung. Von Wilhelm Roux. Obschon ich reich bet vielfachen Gelegenheiten Uber dieses Thema geguBert babe, babe ich doch keine besondere Dal:stellung iiber dasselbe verfasst, weil unsere ,)Kenntnisse~ tiber dasselbe noch so gering siad, dass zur Zeit beztiglieh der meisten wichtigen Vor- g~tnge nur mehr oder 5fter auch weniger begrtindete ~>Vermuthungen,< mSglieh sind. Ich beabsiehtige daher aueh jetzt nieht, eine solehe Darstellung zu geben, sondern will nut kurz meine frUheren AuBe- rungen zusammenste]len und ihnen einige Worte zur Erl~uterung anftigCn, weil H. DRIESCIt in seiner Verwendung dieses Prineips 1) direkt Unrichtiges, aber mit der ihm eigenen Bestimmtheit, tiber meine Ansiehten mittheilt. Bet der Redaktion der Gesammtausgabe meiner Abhandlungen babe ieh, wie ftir viele andere noeh nicht zu ether zusammenfassenden Bearbeitung reifen Themata, auch fur dieses Prineip im Sachregister bet dem betreffenden Stiehwort die Verweise auf alle beztigliehen XuBerungen zus~mmengestellt, so dass jeder Interessent sieh in sehr kurzer Zeit tiber die Gesammtheit derselben orientiren kann; eine Einriehtung, yon welcher DRIESCH jedoeh keinen Oebraueh gemaeht hat, da er sonst nicht die folgenden Zeilen hgtte schreiben k~rtnen. Er sagt loco cir. : ~,Da Roux den Begriff der AuslSsung in seinem Theoriengebgude aueh viel verwendet, so set darauf hingewiesen, wie so ganz ver- schieden die Verwendung ist, die wit Beide yon diesem Begriff 1) Betraehtungen iiber die Org~nis~tion des Eies nnd ihre Genese. Dies Archly. Bd. IV. pag. 101.

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Ober den Antheil yon , AusliJsungen<< an der individueilen Entwickelung.

Von

Wilhelm Roux.

Obschon ich reich bet vielfachen Gelegenheiten Uber dieses Thema geguBert babe, babe ich doch keine besondere Dal:stellung iiber dasselbe verfasst, weil unsere ,)Kenntnisse~ tiber dasselbe noch so gering siad, dass zur Zeit beztiglieh der meisten wichtigen Vor- g~tnge nur mehr oder 5fter auch weniger begrtindete ~>Vermuthungen,< mSglieh sind. Ich beabsiehtige daher aueh jetzt nieht, eine solehe Darstellung zu geben, sondern will nut kurz meine frUheren AuBe- rungen zusammenste]len und ihnen einige Worte zur Erl~uterung anftigCn, weil H. DRIESCIt in seiner Verwendung dieses Prineips 1) direkt Unrichtiges, aber mit der ihm eigenen Bestimmtheit, tiber meine Ansiehten mittheilt.

Bet der Redaktion der Gesammtausgabe meiner Abhandlungen babe ieh, wie ftir viele andere noeh nicht zu ether zusammenfassenden Bearbeitung reifen Themata, auch fur dieses Prineip im Sachregister bet dem betreffenden Stiehwort die Verweise auf alle beztigliehen XuBerungen zus~mmengestellt, so dass jeder Interessent sieh in sehr kurzer Zeit tiber die Gesammtheit derselben orientiren kann; eine Einriehtung, yon welcher DRIESCH jedoeh keinen Oebraueh gemaeht hat, da er sonst nicht die folgenden Zeilen hgtte schreiben k~rtnen. Er sagt loco cir. :

~,Da Roux den Begriff der AuslSsung in seinem Theoriengebgude aueh viel verwendet, so set darauf hingewiesen, wie so ganz ver- sch ieden die Verwendung ist, die wit Beide yon diesem Begriff

1) Betraehtungen iiber die Org~nis~tion des Eies nnd ihre Genese. Dies Archly. Bd. IV. pag. 101.

328 Wilhelm Roux

maehen: Ro~:x l~tsst bei St t i rung der ,normalen', d. h. rein deskriptiv, der nieht irffendwie alterirten Entwiekehmff eine neue Art oder Masehinerie des Entwiekelungsverlaufs ,ausg'elSst ~ werden; ieh lasse j e d e s e inze lne E n t w i e k e l u n g s g e s e h e h n i s dutch ein ibm vor- hergehendes oder dureh einen im Ei gegebenen Faktor ,ausgelSst ' werden. <,

Naeh dieser J~uBerun~ muss def, Leser ftir zweifellos halten, dass ieh AnslSsungen blog zur Reparation yon :~StSrungen,< der normalen Entwiekelung in Verwendung gezogen h~be, dass dag'egen die EinfUhrnng" der Auslbsung in die no rma le On togenese D~IEsc~ zukommt.

Daher seien zunaehst die bezeiehnendsten meiner friiheren ~/~ul3e- rnngen tiber die ,,ganz normale,, sire ,typisehe<. ~ Ontogenese kurz wiederholt.

In einer allg'emeinen Er~rternnff ans dem Jahre 1889 tiber die M e t h o d e der Entwiekelungsmeehanik des Embryo sage ieh~):

Wenn wir aueh g'egenw~h'tig zumeist die spee i f i s ehen Be- s e h a f f e n h e i t e n der U r s a e h e n selbst nieh~ werden ermitteln kSnnen, so werden wit auf Grund unserer Fragestellung dureh die Bekanntsehaft mit der ,~) r t l i ehke i t ' der Ursaehe~ v ie l f aeh ge- s t a l t ende E i n w i r k u n g e n , zum The i l wei r yon e i n a n d e r e n t f e r n t e r T h e i l e erkennen. Wit werden damit Paktoren er- mitteln, welehe n o r m a l e r We i se die g e s t a l t e n d e T h S t i g k e i t der Ze l l en und "C~ewebe ,ausl5sen', oder naeh Quantit:~tt und Qualit~tt alteriren., ,

~,Und aueh so weR die Yer~indernngen rein (s. u. pug'. 334) aus in den verSuderten Theilen selber gelegenen Kr~tften sieh voilziehen, also ,Selbstdifferenzirungen: darstellen, werden wir die ansl~senden inneren Momente ftir jede w e i t e r e Ve r~ nde run~ zu ermitteln uns bestreben mt~ssen.<..

Die Aktivimn~ der yon mlr ein~eftihrten (Ges. Abh. Bd. II. pag. 82, dies Archly. Bd. I. pug'. 5) , , komp l exen Komponenten , , , das heigt untibersehbar mannigfaeb znsammeng'esetzter, konstanter und an vielen Stellen vorkommender Wirkung'en, wie z. B. der Assi- milation, Selbstbewe~ung', Selbsttheilung', beruht auf der ~, A u s 15 s n ng',,. So wird Ges. Abh. Bd. II. pug. 81 z. B. yon der Ausl~sung" der Assimilation, des Waehsthums gesproehen.

1) gesammelte Abh~ndlungea tiber Entwickelungsmeehanik. Bd. II. pug. 38. Dies Werk werde im Folgenden kurz Ms Ges. Abh. citirt.

Uber den An,theil yon ,,A~slS~ungen<< aa tier indlw6. Entwlekelung. 329

Gelegentlieh der ErSrtenmg tiber dig ~>Ermittelung',< der Ur- saehen der-gestaltenden Leistungen der Zel len and der l ebens- t ha t i gen Ze l l the i l e I) sage ieh 1892 (Ges. Abh. Bd. II. pug'. 86):

~Es Wh'd sieh dabei meist zun~ehst blo[~ um ,ausl~sende', resp. quautitativ nnd qualitativ r e g u 1 i re n d e Ursaehen dieser Th~tigkeiten handeln; denn die Ursaehen der Qua I i t ~t t dieser Th~ttigkeiten selber werden meist, nSmlich so weir es sieh um die ,komplexen Lebens- vorg'i~nge ~ handelt, unserer Untersuehung vorlSutlg nnzug~nglieh sein. Da" jede typisehe Anderung auger in ihrer Q a a l i t ~ t aueh noeh ihrer Ze i t , ihrem Ort, ihrer R i e h t u n g nnd GrSBe naeh bestimmt sein muss, so muss aueh fur jede dieser Bestimmungen eine Ursaehe vorhanden skin und yon uns aufgesueht werden.,<

l~ber die yon mir betonte q u a l i t a t i v e Sell~st~tndigkeit der Gewebsreaktionen finder sieh (Ges. Abh. Bd. II. pag. 45. Jahr 1889) g'esagt:

,,dass die E i g e n s e h a f t der G e w e b s r e a k t i o n so wenig yon der E i g e n s e h a f t der v e r a n l a s s e n d e n :~tageren Ursaehe, so sehr dagegen yon den E i g e n s e h a f t e n des r e a g i r e n d e n Subs t r a t e s abMtngt , dass diese Ursaehe fas t blog als das ,ausl~sende' Moment Nr das Inth~tigkeittreten des speeifisehen, an sieh sehr s t ab i l en G e w e b s m e e h a n i s m u s zu betraehten ist.~,

Der ganze, aus den Jahren 1880--86 stammende erste Band meiner gesammelten Abhandlungen handelt yon no rma len Aus- lbsungen dieser GewebsthStigkeiten; denn meine Theorie der Ver- m i t t e l u n g der fanktionellen Anpassnng dutch ~,die t r o p h i s e h e W l r k u n g der f n n k t i o n e l l e n Reize~, beruht daranf, dass iu dem Organ der f u n k t i o n e l l e Reiz auger der Funktion aueh dig Assi- mi la t ion and den spee i f i sehen G e s t a l t u n g s m e e h a n i s m u s der speeifisehen Orgauzellen in Th~ttigkeit versetzt.

Die Nnktionelle Anpassnng regulirt aber nieht blog dig Anpassung an n e u e Verh~tltnisse ; sondern, wie ieh in meiner Sehrift ,,Der Kampf def. Theile im Organismus,, daNelegt babe, haben wir Veranlassung anzunehmen, dass in der Periode des funktionellen Lebens, besonders vielNeli im B e g i n n e derselben, aueh viele Ietzte feine typisehe~

~) Die bis jetzt unterschiedenen lebensthStigen Zell thei le sind: 1) die bloB der Assimilation f~higen Isopl~ssonten, 2) die aul3erdem noch der Selbstbewegung f~higen Autokineonten, 3) die auf3er diesen Funktionen noch derSelbsttheilung f~higen Automerizonten und 4) die a~l~er diesen Funktionen noch besonderer Differenzirung fi~higen Id ioplassonten (Ges. Abh. Bd. II. pug. 84).

330 Wilhelm Roux

also no rma le Gestaltungen des Individuums dnrch sie ausgebildet werden.

Den Beginn der individuellen Entwiekelung bei der Pa r theno- genes is babe ieh als , ,AuslSsung,, aufgefasst, indem ieh sagte (Ges. Abh. Bd. II. pag. $~-3): ,,Dutch was ftir ein Moment bei der Pa r t henogenes i s die Entwicke!ung veranlasst wird, wissen wit niche; wit diirfen arts diese Ursaehen abet ~uBerst einfach, vielleieht als bloge ,,AuslSsung<< vorstellenl), gh~lieh der Anzandung eines lang'- dauernden weehselvollen Feuerwerkes, ohne desshalb die specielle Einrichtung des Eies mit derjenigeu nines Feuerwerkes in Parallele stellen zu wollen.,, Die Be f rueh tung dagegen, mit weleher die fortsehreitende individuelle Entwiekelung bei geschleehtlieher Ver- mehrung beginnt (urn yon tier individuellen V o r e n t w i e k e l u n g "an dieser Stelle abzusehen, s. Ges. Abh. Bd. II. pag. 74, 2S0), kSnnen wir natUrlieh nieht als blol~e Ausl~sung auff,ossen, da, resp. so welt dabei Vermischung der individuellen Merkmale beider Eltern start- finder, so welt also beide K o m p o n e n t e n wesen t l i ehen An- thei l an der Bes t immnng tier Qual i t~t des Oesehehens nehmen.

Aneh ft~r die Phy logenese ha~e ich die MSgl iehkei t des Antheiles von Ausl~sungen berUeksiehtigt, indem ich ira aahre 1892 (Ges. Abh. Bd. I[. pag. 63) sagte: ,>Es ist sogar Keimplasson denk- bar, welches zuf~llig geradezu befShigt war, mehrere dauerf:~thige Yariationen nach .einander hervorzubringen, unter Einwirkung mchr bloB aus lSsender als d i r ek t d i f f e r enz i r ende r ~tuBerer Ein- wirknngen.,<

All dieses stellt also DaIEsct:~ als nieht existirend bin2). l~ber die atypisehe 0ntogenese, also tiber die abnoi 'mer Weise

stattfindenden, aber zu t yp i schem Ende fiihrenden Bi ldungs- vorg~nge der Regeneration, Postgeneration and des sonstigen Aus- gleiehes morphologischer StSrnngen (Gem. Abh. Bd. II. pag. 509) folgerte ieh im Jahre 18SS zun~tehst beziiglich der P o s t g e n e r a t i o n tier zweiten H~tlfte des Froschembryo nnter Verwendung yon MateriM der operil~en EihNfte anf Grund der mitgetheilten Beobachtungen: >>dass sie durch d i r ek te ass imi l i r ende and d i f f e renz i r ende Wirkung d i f fe renz i r t e r Zellen anf andere, ihnen unmittelbar be-

1) Dies gilt natiirlich auch ffir die anderen ungeschlechtlichen Artea der Vermehrung, also ftir die Knospung and Selbsttheilung.

2) Vergleiche hierzu DmESCH's Bemerkung in Bd. tV dieses Archivs, pag. 75 Zeile 13 v. u., sowie bier nachstehend pag. 341.

Uber den Antheil yon ,,>Ausl~sungen<< an der individ. Entwickelung. 331

naehbarte, w e n i g e r d i f fe r enz i r t e Zellen sich im Raume ausbreitetr ,>Bei diesem letzteren Vorgang sind abet sehr verschiedene Grade der Einwi~'kung mSglich. Es kann z. B. yon den differenzirten Zellen eine die Differenzirung bloB , aus lSsende ' W i r k u n g ans- gehen, 'wahrend naeh diesem AnstoB die ganze Reihe der nSthigen Ver~nderungen sieh yon selber vollzieht; oder es kann umgekehrt , j ede ' d i e se r e i n z e l n e n Ver~tnderungen yon der d i f f e r e n - z i r ten Ze l l e n ich t bloB ,ve ran l a s s t ' , sondern aueh du rehaus , bewi rk t ' w e r d e n ; and zwisehen diesen Extremen sind zahlreiehe Z w i s c h e n s t n f e n denkbar. In Folg'e der , a t y p i s e h e n ' Anord - nung des hier in , t y p i s e h e r ~ Wei se d i f f e r e n z i r t e n Materials bin ich aber geneigt, die Einwirkung tier diffGrenzirten Zelle uuf die nieht differenzirten nieht als e ine blofs auslS.sende oder b]oB an- r e g e n d e zu denken.<, Letztere Annahme wird danach auch (pag. 510) auf die nSthigen Uxn~nderungen bereits differenzirter Zellen, also auf die U m d i f f e r e n z i r u n g ausffedehnt. (Weiteres siehe logo cir. pag. 904 u. f.)

Ieh habe reich also beziiglich der ,,Voilziehung'~< dieser BiN dungsvorg:~inge gerade mehr g e g e n die bloBe Ausl~sung ausge- sproehen; dagegen habe ich den >~Beginn~ dieser Vorg'~nge (pag. S00, 810, S97, 903) mGhr als eine >,Ausl~snng~< aufgefasst, die ~>vielleicht<< auf dem Fehlen normaler Einwirkung' oder auf dem Wirken abnormer Einwirkungen beruht, und babe reich auch sp~tterhin daftir dieses Aus@uekes welter bedient. Ieh lege jedoeh keinen besonderen Werth darauf, da wir ja darUber niehts Sieheres wissen. Das Wesentliehe bei diesen vorl~ufig'en Aufstellungen, worauf ieh Werth lege, ist, dass die U r s a e h e n sowie aueh die Vorg:~tnge der >~Aktivirung,< dieser Regulationsvorg~tnge (der Postgeneration, tteg'eneration nnd des sonstigen Ausgleiehes morphologiseher StSrungen) w esentlieh >,andere,, sein k~nnen als die Ursaehen sowie die Vorg~nge der >>Yollziehung<< dieser Regulation, also der ,~Beth:~ttigung',< des Aktivirten (Ges. Abh. Bd. II. pag. S00, Sl0 Anm.). Die Aktivirung kann eine bloBe Ansl~sung sein, wenn auch die Beth~tigung des Aasgel~st6n mit >,abhangigen~ ~, Umdiffere~zirungen verbunden ist, etwa ~thnlleh, nieht gleich, wig wenn ein Hausherr die ~othwendig- keit einer Dekoration f~r eine Zimmerecke bemerkt, eine solehe beim Bildhauer bestellt (AnslSsung der Th:~itigkeit des Bildhauers), dieser dana kommt, sich das ganze Zimmer und seine Dekoration bes'ieht und danaeh eine dazu und ftir den bestimmten Ort p a s s e n d e De- kGration herstellt.

332 Wilhelm Roux

Yon der g'eistigen Natur der Vorg':~ng'e. dieses Gleiehnisses sehen wir dabei natt~rlich ab: es ist aber damn zu erinnern, dass jeder Organismus nach seiner StSrung nur ihm selber g'leiches Typisehes, resp. seiner ei~;enen Species und Gattung Entspreeheudes prodneirt, eine Beschr~nkunf f , auf weleher racine Annahme beruht, dass die VorffSnge dieser Prodnktion ,,meehaniseh<<, nicht teleologiseh- metaphysiseh beding'te sind (Ges. Ab.h. Bd. II. pag'. $42 nnd 42).

Solehe AuslSsung 'en yon gestaltliehen (Ges. Abh. Bd. II. pag. 904) nnd g e s t a l t e n d e n Reg 'u l a t i onsm 'eehan i smen kommen naeh meiner Anffassung' aueh sehon -bei der sog ' enann ten normalen E n t w i e k e - lung' vet (pan. 91i--912, 9S0--9S3), well diese hie >>g'anz normal,,, hie wirkiieh vollkommen ~typiseh,< verlaufen kann, da immer kleine, oft aueh grbgere quantitative, zeitliche odor qualitative St~rungen bei ihr vorkommen, welehe dureh diese m o r p h o l o g i s e h e n Se lbs t - r e g u l a t i o n e n aus~eg'liehen werden, ~o dass diese Beg~ulationen t i be rhaup t zur n o r m a l e n Eutwiekelung nSthig" sind. Also ist aueh diesen reg, uiatorisehen AuslSsung'en. ein Antheil an der sogenannten >,normalcu,, i n d i v i d u e l l e n En twieke lung" zuzusprechen.

Heine Distinktion tier : , typischen,~ und der , , ,atypisehen,, EntwiekeNug" ist also eine a n a l y t i s e h e , da die ~,typisehe~, Ent- wiekelung hie an der Bildung eines Individuums ~olIein betheiligt ist. Aueh die Sehwerkraft bestimmt hie allein den Fall tines Steines; k e i n Geb i lde f~l l t v o l l k o m m e n den aus ihr a b g e l e i t e t e n F a l l g e s e t z e n e n t s p r e c h e n d ; diese Gesetze bezeiehneu aber die Wirknng" einer, der ttauptkomponente, und mtissen daher anfg'estellt gordon. So ist aueh die Unterseheidnng der t ypisehen und der atypisehen s. reg'nlatorisehen Entwiekehmg als in versehiedener Weise wirkender Komponenten der Ontog'enese hi, thin ~). Abet es ist allerhand ZufSllig.- keiten iiberlassen, in welehen Phasen und in weleher Ansdehnm~g im E inze l f a l l e atypische Entwiekehmg an der norton!on Ontogenese be- theiligt gird; eeteris paribus abet wird dieser Antheil nm so geringer sein, je in s ieh g e f e s t i g t e r and am so geniger leicht zn stSren die Meeh~mismen tier t y p i s c h e n Entwiekelung" der betreffenden Thierart odor Gattnng'en resp. Klassen sind.

Man kann also nieht ftir ,,typisehe~ Entwiekelung einfaeh ,normale~ Entgiekelnn~ sagen; dieses Untersehiedes wegen babe ich die besonderen

: ) D i e t y p i s c h e Entwickelung kntipft an die Vermehrung durch Eier, die atypische an die Vermehrung der niederen 0rganismen dutch Theilung des e n t w i c k e l t e n Individuums an. 1]ber die speeifischen r bolder Entwieke!ungsarten siehe Ges. Abh. Bd. II. pag. Sl1--815, $43--$47.

Ube~ den Antheil yon ,,AuslSsungen,, aa der individ. Entwickelung. 333

analytisehen Bezeiehnungen eingefUhrt; die typisehe Entwiekehmg entspr~tehe nur einer ,,g'anz normalen<< Ontogenese, die aber in Folge tier ung'leiehen ~ugeren Einwirkung'en und vielleieht aueh in Folg'e yon Variationen im Bau des Eies resp. SamenkSrpers wohl hie vorkommt.

Vielleieht sind bei den n i e d e r e n T h i e r e n die Vorggnge der t y p i s e h e n und a t y p i s c h e n Entwiekelung w e n i g e r yon e i n a n d e r v e r s e h i e d e n als bei den h~heren, indem aueh bei der typisehen Entwiekelung sehon der regu]atorisehe Antheil grSBer ist, so dass vielleieht auf noeh niedrigerer Stufe die prineipiellen Unterschiede sehwinden und ein Streit t~ber beide Entwiekelangsarten fast gegen- standslos wird. Das wissen wir abet noeh nieht. Indess habe ich darauf sehon bei der ersten Betonung" d6r Aufstellunff beider Ent- wickelung'sarten hingedeutet, indem ieh sag're, dass bei den h~heren T h i e r e n die no rma le E n t w i e k e l u n g fester meehanisirL ty- p i seher g e w o r d e n ist (Verhandl. d. anat. Ges. zu Wien 1892. pag. 60, Ges. Abh. Bd. II. pag. 815); dies sehliegt ein, dass sie bei den niederen Thieren noeh nieht so sei. Di~IaSCi~ and andere Zoologen, denen die yon mir zur Gharakterisirung der typisehen Entwiekelung herange- zog'ener/ Thatsaehen der Entwiekelung der hSheren Thiere nieht ge- niig'end bekannt sind, lengnen die yon mir auf Grand dieser That- saehen aufgestellte Kategorie der ~,typisehen Entwiekelung<< ; w~thrend ieh dage'g'en die BeNnde dieser Autoren anerkenne, jedoe.h meine, es werde bei den niederen Thieren nieht gleieh g anz anders zugehen als bei den hSheren, besonders so weit bei ersteren das Vorkommen yon Halbfurehung, oder aneh noeh yon Semimorula- and Semiblastula- bildnng die fur die ,,typisehe,< Entwiekelnng eharakteristisehe ~ S e l b s t d i f f e r e n z i r u n g tier ersten Blastomerem< bekunden.

Da die Bedingungen zu d i e s e r Selbstdifferenzirung leieht bei der vorausg'ehenden Isolation der Fnrehungszellen gestSrt werden kSnnen, so vermuthe ieh~ dass aueh einige Thiere, welehe naeh den bisherigen'Untersuehungen keine Theilbildungen aus isolirten Blasto- meren bildeten, obsehon sie hSher oder ebenso hoeh als andere, Halbbildungen produeirende Thiere stehen, bei gentigender Vorsieht des Experimentators vielleieht doeh noeh IIalbbildungen produeiren kSnnen, also einer >>typisehen<< Entwiekelnng neben der atypisehen s. regulatorisehen fghig" sind. Das Alles ist and wird yon D~IJ~SC~ so unriehtig nnd tmvollstgndig dargestellt, dass die Lesdr nut den Eindruek der >,Unzulgngliehkeit,< meiner angebliehen Auffassung g'ewinnen kSnnen.

334~ Wilhelm Roux

Aus den obigen Citaten ergiebt sieh, dass ieh lange vet Dr~IESC~ auger der yon den Physikern Uberkommenen, als quantitative zu b e z e i e h n e n d e n AuslSsung, bei weleher dureh eine g e r i n g e aktuelle Energie eine g rebe Menge Spannkraft aktivirt wird (wie bei Anztindung einer Pulvermine), noeh eine qualitative Auslgsung eingeftihrt habe (siehe oben pag. 329), die cladurch eharakterisirt ist, (lass die Qualit~tt der P~eaktion vo, l l k o m m e n oder h o e h g r a d i g unabh~tng.ig yon der Qual i t~ t de r , d i e se t~eakt ion zun~ehs t v e r a n l a s s e n d e n U r s a e h e ist. Die inFol~e d e r A u s l S s u n g statt- findende Ver:~inderung des Substrates ist die , u n v o l l k o m m e n e Selbstdifferenzirung<< meiner Terminologie; die anslSsende Ur- saehe hei[tt yon Alters her ,~Reiz,<. Die Reizlehre ist somit der eine Theil der Lehre yon den org'anisehen Ausl~snng'en, und diese bilden ihrerscits einen Theil der :>unvollkommenen Selbstdifferen- zirun~,, denn jede unvollkommene Selbstdifferenzirun~ wird dutch ~,AuslSsung,( veranlasst. ~,Selbstdifferenzirung',~ ist blog die Bezeieh- hung ftir den Si tz der Ursaehen der spee i f i s ehen Yer~tnderung" eines b e t r a c h t e t e n C%bildes oder'Theiles, wie (lie Definition zeig~t (Ges. Abh. Bd. II. pag. 15. Jahr .1885): ,Somit bedeutet Selbst- differenzirung" eines Systems yon Theilen, d~ss entweder die Ver- Knderuug ~ in ihrer Tota!itSt, oder doeh die , spee i f i sehe Natnr ' der vet sieh g'ehenden Ver:~tnderung dutch die Energien des Sys t ems selber bes~immt wird.,< Der Unterseheidung einer vollkommenen und einer nnvellkommenen. Selbstdifferenzirnn~ wird (pag'. 16) hinz~.g'eftigt, class es ganz vollkommene Selbstdifferenzirung" eines Gebildes nieht geben kann, ,~mindestens muss die ,AnslSsung ~, der erste AnstoB, wie z. B. das Anztinden eines Peuerwerkes, .~on angen kommen,r Die Distinktion einer ,~volikommenen<~ Selbstdifferenzirung grtindet sieh a]so nut anf die bei unseren morpholog ' i sehen Untersuehnng'en oft stattfindende Verm~ehlSssigunff dieser AuslSsungsursaehe, wie das Alles des Weiteren erbrtert worden ist.

Also: al le Se lbs td i f fe renz i rung" ist dureh ,,~AuslSsung<~ veran lass t .

Den Geg'ensatz der Selbstdifferenzirnng bildet die , ,abhSngig'e D i f f e r e n z i r u n g % bei weleher die spee i f i s ehe Natur , also die Qnalit~tt der V e r S n d e r u n g wesen~tieh dutch die ,:on augen dem be~reffenden Theil zugeNhrte Energie (oder dureh die Abg~be yon Energie naeh aul3en) mit bedingt wird.

Die iiber beide Differenzirungsarten gegebenen Definitionen (Ges. Abh. Bd. I1. pag. 14--16, 209, 907--910) bestimmen, erstere positiv,

Uber den Antheil yon ~,Ausl~isungemr an tier individ. Entwickelung. 335

letztere begrenzen.d, zugleieh das Wesen der AnslSsnng; und so weir S e l b s t d i f f e r e n z i r u n g an der O n t o g e n e s e b e t h e i l i g t ist , g i l t d a s s e l b e ftt r d i e A u s l S s u n g (s.o. pag. 328). M e i n e V e r w e n d u n g der Ausl~isu'ng ist a lso e ine noeh we l t a u s g e d e h n t e r e ~ls aus den vorstehend citirten Stellen hervorgeht, an denen zuf~tllig das Wort AuslSsung gebraueht wurde, well yon der die Selbstdifferen- zirung veranlassenden Ur s uc he die Rede war.

Uber den w i r k l i e h e n An the i l des Prineips der Selbstdifferen- zirung nnd damit der Ausl~sung ~n der Ontogenese sind wir nun fl.eilieh nicht in der glttekliehen Lage des T h e o r e t i k e r s zu urtheilen, weleher solche Saehen gleich im Voraus weig, ehe sic noeh unter- sueht sind. Ieh habe es vielmehr der Entwiekelnngsmeehanik als die im Al lgeme inen n:~tchste Aufg~be gestell~, diesen Antheil durch ~tugerst zahlreiehe (und NB. z. Th. reeht mUhsa~ne) Specialarbeiten zu ermitteln. Was in dieser Beziehung" bereits ermittelt ist, findet sieh in meinen gesammelten Abhandlungen nnter dem betreffenden Stieh- wort, sowie weiterhin in zahlreiehen Einzelabhandlnngen dieses Arehivs.

Die Aus lSsungen se tzen das B e s t e h e n b e s o u d e r e r Me- ehan ismen vorans , w elehe dureh die Einwirkung: din'oh den Reiz, die Anregung, in Th~ttigkeit gesetzt werden. Bei dem Beispiel der Pulvermine ist die Aufh~tufung yon potentietler Energie eine derartige, dass die Kinetisirung eines Theiles sieh stets auf die Naehbartheile fortpflanzt und daher raseh die gauze Menge Pnlvers in Th~ttigkeit setzt. Der AnstoB des Uhrpendels bewirkt gleichfalls die Aktivirung der dutch das Aufziehen der Uhr aufgespeieherten Energiel); doeh ist der Meehunismus hier mit Vorriehtungen zur la ng s a m e n, gleieh- mggigen Aktivirung kombinirt. Dies sind Beispiele quantitativer AuslSsung.

Die q u a l i t a t i v e AnslSsung giebt zu qualitativ: ehemiseh oder strukturell neuen Bildungen Anlass. Chemiseh neue Bildungen, an deren Natur dem auslSsenden Moment, hier dem Funken, kein Antheil zukommt, entstanden aueh sehon bei der Explosion des-Sehieg- pulvers; dieser Fall stellt also, vollstandig betraehtet, eine Kombi - nat ion yon quantitativer und qualitativer AuslSsung dar.

Eine rein qualitative, nieht zugleieh quantitative AuslSsnng ist es, w'enn eine komplieir te Verbindung yon m e h r e r e n versehiedenen Grund- stoffen, z.B. Eiweig, dureh den Zutritt e in e s neuen Stoffes in T.h~tigkeit

~) Es [euehtet unmittelbar ein, dass die auslSsende Kraft in jedem Falle eine gewisse minimale GrSBe haben muss, um den Apparat in Th~itigkeit zu setzen.

336 Wilhelm Roux

gesetzt wird, sofern dabei die Gr(iBe der bewirkten Ver~nderung" stets p r o p o r t i o n a l tier jeweiligen Meng'e dieses zutretenden Stoffes ist. Da- bei wircl wohi die Q u a l i t s t der Ver~aderung" des komplexen Stoffes im Allg'emeinen um so mehr yon ihm selber bes~immt, je mehr ver- sehiedene Stoffe in ibm vorhanden sind und thgotig" werdenl); und um so weniger wird dabei die Qaalit~tt des Gesehehens yon dem z u l e t z t zugeNhrten Stoffe bedingt, dutch dessen Zutritt abet erst die Um- setznng m~Sglieh und veranlasst wnrde. ImmerMn hat dieser ]etztere Stoff aueh einen wesentliehen An~heil an dieser Qualit:~tt, wenn aneh einen qnan~itativ g'ering'eren, als wenn er zn blo[~ z w c i anderen Stoffen hinzutritt nnd dadnreh nene Verbindung veranlasst. In diesem letzteren Fa,lle lgge naeh meiner fi'tiheren Definition :~abh:~tng'ige Difi%renzirung~ des Koraplexes der beiden Stoffe dnreh den Zutritt des nenen S~offes vet.

Je mehr dagegen~ sei es in Fo]ge der ~us v i e l e n versehiedenen Stoffen bedingteu oder s o n s t i g e n eig 'enar~ig 'en Z n s a m m e n - s e t z u n g des G e b i l d e s , die QuMiti~t der nelten Pro(mkte desselben yon der Besehaffenheit d i e s e s (4ebildes' selber bestimmt wird, um so lnehr ist die dureh den Hinzntritt den nenen Stoffes (z. 13. yon Sauer- stofi zum sieh entwiekelnden El) bedi;~g'te Ver:~tnderung :, S e lb s t - d i f f e r e n z i r u n g des betreffenden Gebildes< ~, (nattirlieh ,,nnvollkom- mene Selbstdifferenzirung<:) oder bei etwas grbgerer Ver:~indernng" ,, e~b- h~tng'ige D i f f e r enz i rung< : mit noeh g e r i n g e r AbhS~ngigkeit (s. Ges. Abh. Bd. E. pag'. 9-09). Es sind nattirlieh n ~ e n d l i e h vie! Uber - o ' a n g s s t n f e n deukb,~r, Nr welehe eine kurze Bezeiebnung sehr sehwer sein w~irde. Jede ehemisehe Fabrik stellt ferner einen solehen Meehanismns qn~d i t~ t i ve r Ansl{;,snng oder u-nvoilkommener Seibst- differenzirnng d.'.~r; d:ts Fener resp. der dur& dasse!be hervorgebre~hte Dampf, we!ehe zm~ 13etriebe nSthig sind, be~@ken in jeder aaderen Fabrik die I~'rodnktion anderer ehemiseher Stoffe; also die speeifisehe Que2itiit der Produkte is~ bier ganz nrmbh:~ingig' yon dieser Energie, da letztere in eollen FStlen dieseIbe ist.

Die Physiker und Cbemiker haben diese q u a l i t a t i v e Aus- !( isnng nieht unterseMeden, da bei ihren Geg'enst:~tnden die Ver- h:~ltnisse so Mar vor Augen liegen, dass kein Wort dariiberbesonders zu sggen war.

*) Wir woUen selbstverst:~tndlich nieht vertreten, dass bei ,,ehemisehen(~ Yer- bindungen tier AnNeit jedes eiuzelnen Etementes art tier Qualit:~tt des ganzen immer blof3 proportionM der ~,Z ahl~: der betheiligten Elemente, also nieht aueh yon tier Art seiner Betheiligung an der Verbindung abhiingig sei."

~ber den Anthoit yon ,AusI~sungem~ an der individ. Entwiekelung. 337

Fttr uns ~ber, ~ die wir die unsiehtbaren nnd augerordentlieh komplieirteu org'~nisehen Gestaltnngsvorglinge erforsehen wollen, sind

a l l e versehiedenen Fttlle mbg'liehst zu sondern nnd in ihrer Ver- sehiedenheit zu studiren; nnd die Ausl~snng wird wohl bald in noeh mehr Unter}~btheilnngen zerlegt werden mtissen als es bier gesehehen ist, z. B. in Rt~eksieht darauf, ob dieselbe dutch Energie ponderabeler odel" imponder'~beler Theile bewirkt wird, wie andererseits in Rtiek- sieht anf die Ar t der ausgeltisten Vorg~inge und den eventuellen, wenn aueh nut geringen Antheil des ausl~senden Nomentes an dieser A:rt.

Wit Morphologen haben es nnn besonders mit e i n e r Art yon Wirkungen zn thun, mit den g e s t a l t e n d e n Wirknngen. Aneh bei diesen kommen AnslSsnngen vor, die wir als gestaltende oder mor- l)hologisehe Ausliisungell bezeiehnen wollen; sie bilden eine Untereurt der qualitativen Ansl:dsnng'. Es werden dabei Neehanismen in Th:~Ltig- keit gesetzt, welehe nene G e s t a l t n n g e n prodneiren, ohne dass dieses Produkt in seiner Eigenart wesentlieh yon der Eigenart des den Meehsmismns aktivirenden Agens abh~tngt, ~thnlieh wie beim Betriebe einer Webe-, Miibel- oder Pianofortefabrik das Produkt jeder derselben nieht yon der Qnalit~tt des Betriebsmittels, des Wassers, Dampfes oder der Elektrieitgt abh:~tngt. (Hierbei ist oft t~tglieh naeh nnserer Definition eine e r s t e [quantitative] AuslSsnng' und dann die andere den ,Betrieb<< bewirkende fo r tw:~ th rende [quc~litative I Ausli~sung zu nnterseheiden, die yon einander sehr ver- sehieden .sind Is. pag. 3311. ) So z. B. kann der dutch die Nerven den Muskeln zug'eftihrte Reiz (auger der Punktion) Vermehrnng' tier Nuskelsnbstanz, der den Speieheldrttsen, der Leber z~lgeftihrte l~eiz u dieser Driisensubstanzen, der wohl yon den wesentliehen Harnbestandtheilen des Blntes ausg'ehende tleiz Vermehrung de{" Nierensnbstanz bewirken. In tier embryonalen Entwiekelung werden solehe Wirkungen ~ueh vielfaeh vorkommen, z. B. indem Waehsthums- reize produeirt werden.

Di~ISSC~ angehend, so g'ebraueht er, wie mir seheint, das Wort Ausli~sung blog in der yon den Physikern ttberkommenen Bedeutung der ,>quantitativen Auslbsnng'<<.

Er sagt (Analyt. Theorie d. org. Entw. pag. 49): , ,Das.Einzige also, was die Ausl i isung yon einer anderen eausa oeeasionalis wirklieh seheidet, ist die U n g l e i e h h e i t der -zugef t ihr ten nnd der a n f t r e t e n d e n Energie.~." Dass mit dieser ,>Ungleiehheit der zuge- ftihrten und der anftretenden Energie~ die q u a n t i t a t i v e UngMeh-

33S Wilhelm Roux

heit gemeint ist, ist aus der unmittelbar vorhergehenden Erbrterung zu entnehmen, in der yon Wirkungeu gesproehen wird, ~deren Quan tum das Quantum der Ursaehe um Ungeheueres tiberragt<< mit tier Beiftigung: ,~Wir nennen in diesem Falle die Ursaehe eine Ans- l~sung.,< Der Autor sagt dann weiterhin (pug. 49): >>Es ist also damit gesagt, dass die bei , j e d e r ' o n t o g e n e t i s e h e n V e r g n d e - rung wirkende U r s a e h e nut ein ~ n s t o g sei.~<

Die Begrtindung dieses universellen Ansspruehes beruht in der Behauptung (Analyt. Th. pug. 45), dass , a l l e m o r p h o l o g i s e h e n E l e m e n t a r v o r g g n g e in l e t z te r I n s t a n z ehemisehe Wirk~tngen seien<., und dass (pug. 51)) ,shemisehe Proeesse qualitative Neu- sehSpfungen sind, zu denen die nSthige Energie yon b e i d e n Be- theiligten beigebraeht wird<.'.

Naeh der vorausgegangenen Definition liegt dabei, nieht wie w i r annehmen wtirden, der Naehdruek auf der ,,qualitativen Neu- seh~pNng~<, sondern in tier, abet in diesem Satze wieder nieht enthaltenen, Ungleiehheit tier zugeNhrten and der auftretenden Energiemenge.

D~mscH nnterseheidet danaeh blog die q u a n t i t a t i v e Aus- 15sung, so dass sein Aussprueh, dass j e'des Entwiekelungsgesehehen AuslSsung sei, sehr wenig, blog etwas Quantitatives, n igh ts Morpho- log isehes besagt, aber trotzdem sehon mehr enth~tlt, als D~IESCH zu beweisen vermag.

Ieh halte as bei unseren m o r p h o l o g i s e h e u Bestrebungen gerade Nr wiehtiger als die q u a n t i t a t i v e Ungleiehheit der yon zwei Seiten zu einer Wirkung gelieferten Energie die Ungleiehheit im Antheil an der Qualit~tt der Wirknng, hier an der g e s t a l t e n - den Wirkung zn bert~eksiehtigen; nnd desshalb babe ieh bereits im Jahre 1889 (siehe oben pug. 329) die qua l i t a t i ve Anslbsung einge- Nhrt. Da D~xEscH yon allem Diesen nichts weiB~ so hat er es aueh unterlassen, seine Anffassnng in Beziehung zu der meinigen zu setzen.

Da sieh in seiner jtingsten Abhandlung kein Widerruf findet, so werden wir also die daselbst pug. 98 u. f. gegebenen Darlegungen wohl aueh auf die frtihere~ bier eitirte Definition zn beziehen haben, womit seine gauze vielfaehe Anwendung der AuslSsung morpho- log iseh bedentuugslos ist.

Will Di~Issct~ aber aueh q u a 1 i t a t i v e AuslSsuug gemeint haben, so sagt er mit seiner ;Augerung, dass j e d e ontogene- tisehe VerSnderung AuslSsung sei, direkt Falsehes; denn wie

Uber den Anthoil yon ~Ausltisungen<~ an der indlvid. Entwickelung. 339

oben dargethan wurde, ist an dem Vorkommen w i r k l i c h e r ab- h a n g i g e r Dfffere, nz i rung aicht zu zweifeln. Die Entstehung der Qua l i t a t ist ihm t ibe rhaup t etwas dauernd Unverstandliches. )>Alle natUrlichen Ursachen sind ihm causae occasionales, sofern die Qua l i t a t der Wirkung in Frage kommt.,( Meint er nun etwa, ~)die Qualitat~ wUrde tiberhaupt bloB ,,>ausgelSst~, da alles chemisehe Geschehen bloB AuslSsung sei; dann ware mit einer Anwendung der qualitati~en AuslSsung auf den Satz, dass alles ontogenetisehe Ge- sehehen bloB AuslSsuug sei, weiter nichts gesagt, als dass alle organische Gestaltung in letzter Instanz chemisches Gesehehen sei, was er ja auch vertritt.

Wir halten es dagegen fiir wesenflieh~ eehte q u a l i t a t i v e Aus tSsungen anderen qualita~iven Wirkungen gegeniiberzustellen; denn Sauerstoff und Warme sind zur Entwiekelung" der Eier so n~thig, dass erst mit ihrer Zufuhr ontogenetisehe Gestaltungen statt- finden; aber.wir denken uns diese Abhang'igkeit ahnlieh wie die Abhangigkeit einer der oben genannten Fabriken yore Feuer; das P r o d u k t der Fabriken ist zumeist nicht yon den Eigensehaften des Feuers abhangig; und in jedem versehiedenen thatigen Theile des Keimes oder Embryo werden ve r seh i edene Saehen, Gestaltung'en produeirt, also ist die versehiedene, die spee i f i s ehe Qualitat dieser Arten des Gesehehens nieht durch den Sauerstoff und die Warme bed ing't (s. Ges. Abh. Bd. II. pag. 209)~). Dafttr eben habe ieh den Begriff der Selbstdifferenzirung" vor zwSlf Jahren eingefiihrt.

DRIESCH ist wieder auf das sehon lange (Ges. Abh. Bd. I. pag. 208, 214)als unriehtig erkannte Prineip verfallen, dass die t y p i s e h e o rgan i sehe G e s t a l t u n g in l e t z t e r I n s t anz ehe- misehes Gesehehen sei.

Man lasse also einmal aus den ehemisehen Bestandtheilen ohne Betheiligung" grSBerer, spee i f i sch g e f o r m t e r Gebilde ein Pianoforte" maehen. Ieh halte far s ieher , dass zur B i ldung der speei- f isch o rg~n i sehen , t y p i s c h e n >>entwiekelten<< G e s t a l t u n g e n

1) Wir wissen wohl, dass z.B. die feinere Beschaffeaheit des Fleisches des Rindviehes wie der Fiirbung der u etc. zum Theil durch Wechsel der Qualit~it des Futters ver~ndert werden kSnnen. Wenn sich unsere Betrach- tungen auf d i e s e Verschiedenheiten richten, miissen wir also yon ~>abhiingiger Differenzirung(~ des Fleisches, der Vogelf~rbung etc. sprechen, obschon in dot Fi a u p t s a c h e dies e Bildungen in Bezug auf die Nahrung Selbstdifferenzirungen der betreffenden Theile sind, da bei dem gleichen Futter ftir den ganzen Organismus die verschiedensten 0rgane resp. F~rbungen gebildet werden.

Archiv L En~wickelungsmech~nik. IV. 23

340 Wilhelm Roux, Uber den Anthoil yon )~AuslSsungen,~ etc.

sehon spec i f i s ehe , t yp i sche , w e n n aueh nur e rheb l i ch ein- f a e h e r e ~Gestal tungen% we lehe jenseits des rein Chemisehen, im Bere ieh des P h y s i k a l i s e h e n l iegen , nSthig sind: sle repr~isen- tiren die V e r e r b u n g s s t r u k t u r des Keimplasson. An dieser .~Toth- wendigkeit wird nichts dadureh ge~tndert, class vielleicht der Stoff zu diesen Gestaltungen erst in loeo oder in der Ni-ihe auf ehemische Weise fertig zubereitet wird. Es liegt mir fern, die Ansicht zn hegen, dass t ibe rhaup t die c h e m i s e h e n Eigensehaften tier K(irper, so, um in der Spraehe der jetzt tibliehen Annahmen zu reden, die Strnktur der A t o m e nieht an sieh -inch die p h y s i k a l i s e h e Struktur, die Struktur tier Molekel und damit die Anordnung tier Molekel (z. B. bei tier Krystallisation) mehr oder weniger bedingen kSnnten. Ieh vertrete bier nut die Auffassung, class die g e s t a l t l i c h e n Art-, Gattungs-, Klasseneharaktere etc. der O r g a n i s m e n sowie wohl grtigtentheils nueh sehon die speeifisehe physikalisehe Struktur der letzten Elementarorgane (s. o. pag. 329 Anm.) n i eh t a l l e in aus den ehemischen Eigenseliaften der betheiligten Stoffe folgen, sondern dass zur Prodnktion dieser typisehen Gestaltnng'en bereits besondere, typisehe physikalisehe, also aus Molekeln gebildete Strukturen (Metastrukturen) der Keimplasme~ nSthig sind.

Ieh erinnere daran, dass aus ganz d e n s e l b e n ehemischen Stoffen, z. B. Eisen oder Holz, tiberaus versehieden gestaltete Gebilde ge- maeht werden kSnnen, allein abhangig davon, auf was die Fabrik eingeriehtet ist, in der dieses Material bearbeitet wird. Aueh ktinnen v e r s e h i e d e n e Fabriken aus d e n s e l b e n ehemisehen Stoffen, racist Holz nnd Stein, Eisen und (~1 bestehen; und die eventuellen be- ztig'liehen q u a n t i t a t i v e n und ehemis .ehen Unterschiede dieser Fabriken im Ganzen bestimmen nieht die Untersehiede der in ihnen gebildeten Fabrikate. Man kSnnte statt Stein lauter Holz, statt Eisen Nickel nehmen und doeh dasselbe produciren, weil im Maschinenbetrieb die G e s t a l t u n g des Produktes weniger yore e h e m i s e h e n Stoff des Werkzeuges als yon der G e s t a l t u n g desselben abh~ngt.