Über die bedeutung der neuen versuche an gefurchten und ungefurchten ctenophoreneiern

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Ober die Bedeutung dec neuen Versuche an gefurchten und ungefurchten Ctenophoreneiern~). Von Wilhelm Roux. Es ist niitzlich dass jede theoretisehe Auffassung eine Strecke welt ver- folgt and mit eigens daza ermittelten Thatsachen zn stiitzen versueht werde. So lange Letzteres gesehieht, ist jede Ansicht fruchtbaF und daher zu pflegen; denn diese neaen Thatsachen sind das bleibend Werthvolle, w~hrend die Theorien wechseln. Ieh schreibe daher die folgenden Zeilen nicht, um eine von mir nicht ge- theilte Theorie mSgliehst bald za Falle zn bringen; dena die Autoren, die sic vertreten2), sind zugleieh so gewandte Experimentatoren, dass wir nns noeh viele nene wichtige Thatsachen als die Friichte des Bestrebens, diese Ansiehten gegen die meinigen zu vertheidigen find zu stiitzell, yon ihnen versprechen kSnnen. Da sic indess glanben, maine beziigliehea theoretischen Ansichten nfit ihren neuen Ergebnissen widerlegt zu haben, so beabsichtige ieh, in den fol- genden Zeilen darznthnn, dass ihrem nenen, an sich werthvollen Thatsachen- material diese Eigenschaft nicht zukommt. DRIESCH nnd MORGAN h'~ben zun~chst den an der tentakelhaltigen Bolina hydatina gemachten wichtigen Fund C~u~'s, dass ans einer isolirten der beiden ersten Blastomeren eine tmlbe Larve entsteht, an einer tentakellosen Form, an Beroe ovata, gepriift. Sic fanden seh~ne HMbfnrehung mit'entspreehender halber Kngelschalenform; sehr bald vergrS~erte sich der Ektoblast nnd versehloss die Wunde. Die Larven zeigten statt aeht blo~ vier typiseh entwiekelte Rippen. CHUX hatte an seiner Form start acht Tenta.keht blol3 vier nnd statt vier Taschen zwei erhalten. Beziiglieh letzterer geben die Autoren an: >>Der normMe Embryo besitzt vier Tasehen, w;ire er typisch hMb, so mfisste unser Versuchsembryo 1 Diese Notiz war bereits verfasst, als der vorstehende Brief des zu einem Urtheile iiber den behandelten Gegenstand berufendsten Faehmannes dam Heraus- geber zuging'. Da trotz der mir sehr erfrenlichen ~bereinstimmung im Wesent- lichen tier Auffassnngen die speeielle Behandlnng des Gegenstandes in beiden Mittheilungen eine verschiedene ist, so ist vielieicht aueh der Abdruck dieser zweiten Er6rternng noeh manehen Lesern willkommen. Ro~yx. 2} Siehe H. DRIESCH nnd T. It. ~IORGA~: Zur Analysis der ersten Ent- wiekelungsstadien des Ctenophoreneies. I. Von der Entwickelnng" einzelner Ctenophorenblastomeren. II. Von der Entwiekelnng nngefurchter Eier mit Protoplasmadefekten. Dieses Arehiv. Bd. II. pag. 204--226.

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Ober die Bedeutung dec neuen Versuche an gefurchten und ungefurchten Ctenophoreneiern~).

Von

Wilhelm Roux.

Es ist niitzlich dass jede theoretisehe Auffassung eine Strecke welt ver- folgt and mit eigens daza ermittelten Thatsachen zn stiitzen versueht werde. So lange Letzteres gesehieht, ist jede Ansicht fruchtbaF und daher zu pflegen; denn diese neaen Thatsachen sind das bleibend Werthvolle, w~hrend die Theorien wechseln.

Ieh schreibe daher die folgenden Zeilen nicht, um eine von mir nicht ge- theilte Theorie mSgliehst bald za Falle zn bringen; dena die Autoren, die sic vertreten2), sind zugleieh so gewandte Experimentatoren, dass wir nns noeh vie le nene wichtige Thatsachen als die Friichte des Bestrebens, diese Ansiehten gegen die meinigen zu vertheidigen find zu stiitzell, yon ihnen versprechen kSnnen. Da sic indess glanben, maine beziigliehea theoretischen Ansichten nfit ihren neuen Ergebnissen widerlegt zu haben, so beabsichtige ieh, in den fol- genden Zeilen darznthnn, dass ihrem nenen, an sich werthvollen Thatsachen- material diese Eigenschaft nicht zukommt.

DRIESCH nnd MORGAN h'~ben zun~chst den an der tentakelhaltigen Bolina hydatina gemachten wichtigen Fund C~u~'s, dass ans einer isolirten der beiden ersten Blastomeren eine tmlbe Larve entsteht, an einer tentakellosen Form, an Beroe ovata, gepriift. Sic fanden seh~ne HMbfnrehung mit 'entspreehender halber Kngelschalenform; sehr bald vergrS~erte sich der Ektoblast nnd versehloss die Wunde. Die Larven zeigten statt aeht blo~ vier typiseh entwiekelte Rippen. CHUX hatte an seiner Form start acht Tenta.keht blol3 vier nnd statt vier Taschen zwei erhalten. Beziiglieh letzterer geben die Autoren an: >>Der normMe Embryo besitzt vier Tasehen, w;ire er typisch hMb, so mfisste unser Versuchsembryo

1 Diese Notiz war bereits verfasst, als der vorstehende Brief des zu einem Urtheile iiber den behandelten Gegenstand berufendsten Faehmannes dam Heraus- geber zuging'. Da trotz der mir sehr erfrenlichen ~bereinstimmung im Wesent- lichen tier Auffassnngen die speeielle Behandlnng des Gegenstandes in beiden Mittheilungen eine verschiedene ist, so ist vielieicht aueh der Abdruck dieser zweiten Er6rternng noeh manehen Lesern willkommen. Ro~yx.

2} Siehe H. DRIESCH nnd T. It. ~IORGA~: Zur Analysis der ersten Ent- wiekelungsstadien des Ctenophoreneies. I. Von der Entwickelnng" einzelner Ctenophorenblastomeren. II. Von der Entwiekelnng nngefurchter Eier mit Protoplasmadefekten. Dieses Arehiv. Bd. II. pag. 204--226.

Bedeuttmg der Versuche an gefurchten und ungefnrchtea Ctenophoreneiern. 449

ihrer zwei besitzen: in w e i t a n s d e r M e h r z a h l d e r F i i l l e k o n s ~ a t i r t e n w i r a b e r d i e E x i s t e n z y o n m e h r a l s z w e i T a s c h e n : yon zwei gr(il3eren, symmetrisch znm Magen gelagerten, und einer kleineren: letztere lag auf der f l a e h e ren-Se i te .

Daraus geht wohl hervor, uud das ist ftir uns die Hauptsache, dass sie gleichfalls Larven mit z w e i Tasehen, und wir vermuthen wohl nicht mit Un- reeht, mit den zwei s y m'm e t r i s c h e n Taschen erhalten haben. Danach komm~ der nnpaaren k]eineren Taschc eine besondere genetisehe Bedentung zu; and nach den Erfahrungen tiber Postgenerafion kann man wohl daran denken, dais in den F~llen des Vorkommens dieser Taschen besonders friihzeitige Post- generation s~a~gefunden babe.

Zur Beurtheilnng dieser Frage w~re niithig zu wissen, ob diese Tasche, da sie k l e i n e r ist als die beiden anderen, auch ers: etwas s p i i t e r a n g e - l e g : worden ist als diese: ferner ob sie einfach oder vielleicht Ear paarig angelegt wurde. Da sie auf der p l a t t e n Seite der Halblarve, also anf der friiher offenen D e f e k t s e i t e , somit auf der P o s ~ g e n e r a t i o n s s e i t e der Larve liege, w~re es m(iglich, dass yon j e d e r Symme~rieh~lfte dieser Seite ans die Postgenerution gesondert begonnen habe, and die beiden Anlagen frtihzeitig sich vereint h:~itten~. Beim Fehlen jeder Angabe tiber die formale Eatwickelungs- weise der Larven nnd ihrer 0rgane vermSgen wir nns tiber die wahre Bedeutung des Befundes also zur Zeit kein gentigend sicheres Urtheil zn bilden.

Die M~gliehkeit solcher Postgeneration, also dass Beroe ovata frtiher post- generire als Bolina hydatina, wird yon den Au~oren nieht in Erw~gung ge- zogea; sondera sie nehmen an. dass CHu~ bei Bolina die dritte Tasche tiber- sehen habe nnd nennen ihren Befund eine Berichtigung tier Angaben C~u~'s.

Das schein~ mir schon auf Grand ibrer night gentigend vollst~ndigen Be- obachtung tiber die Entwickelungsweise der dritten Tasche sehr gewag~; zudem h~t CHuN seine Halblarven bis zur Geschlechtsreife aufgezogen and danach noch die Postgeneration an ihnen beobachtet, so dass ein solches Ubersehen bei einem so ausgezeichneten and mit dem 0bjekt vertrau~en Beobaehter kaum annehmb~r erscheint.

Auf diese dritte Tasche griindet sich nun die theoretische Verwerthung des ganzen Befnndes, die mit den Worten eingeleitet wird: ,)An eine Specifi- kation der Furchungszellen zum Behufe der Erkl~rung nnserer Ergebnisse ist selbstredend nicht zu denken.~ Dem entsprechend unterlassen es die Autoren aueh, d i e g e f u n d e n e U b e r e i n s t i m m n n g i n d e r t t a u p t s a c h e m i t dem B e f u n d e CHU~-'S zu konstatiren und zu verwerthen.

Ich bin dagegen der Meintmg-, dass sich his naeh der angedeuteten Ver- vollst~ndigung der Beobachtnng aus dem Besonderen ihres Befundes nichts Sicheres schlie~en l~isst, dass dagegen das Vorkommen yon Halblarven mit zwei Taschen eine Ausdehnung der Angaben CHUm's auf Beroe ovata und eine ent- sprechende Best~tigung meines Satzes v o n d e r Specifikation gestattet: ,,dass dutch die normale Fnrchung dasjenige idioplastische Material der Eizelle, welches die direkte s. t y p i s c h e Entwiekelung veranlasst und bestimmt (welches also in Folge der B e f r u c h t u n g , nieht erst dutch Defekt etc. a k t i v i r t wird),

~) Da ihre 0bjekte am ftinften Tage, also gleich nach der Laryenbildung abstarben, so ist auch tiber das sp~itere Schieksal dieser dritten Tasche, ob sie gr(iBer geworden ~4ire als die paarigen oder gar sich getheilt h'~tte, nights bekannt.

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450 Wilhelm Roux

in typischer Weise q u a l i t a t i v g e t h e i l t wird, so dass in Folge dessen .jede tier ersten beidea (resp. vier) Blastomeren sich ffir sich zu einem bestimmten S t f i c k e des E m b r y o zu entwickeln vermag.

Auf Grand der in meiner Abhandlung fiber die verschiedene Entwickelung isolirter erster Blastomeren (dieses Archly. I. pag. 596 u. f.) erw~hnten, bereits frtiher yon mir in gleicher Weise gewtirdigtea Thatsachen kann man daraus des Weiteren folgern, dass an tier Produktion dieser HMbbildlmgen nine typische A n o r d n u n g yon Idioplasson des Zellleibes, also des Dottersi einen wesent- lichen, dutch A a s l S s u n g yon Reserveidioplasson des Kernes bestimmenden Antheil nimmt.

Als neu kommt nun das wichtige Ergebnis yon DRIESCH and MO~G~N an auf gut Gliick mit der Schere zerschnittenen, noch u n g e t h e i 1 t e n befruchteten Eiern yon Beroe ovata hinzn. Von etwa 500 zerschnittenen Eiern entwickelten sich blol3 t6 iiber die Ftlrchnng hinaus; davon blieben zwei sehr tmvollkommen, indem sin keine Rippen, keinen lgagen, sondern bier3 innen Taschen "~hnliche Bildungen producirten. Sechs Eier fnrchten sieh win g a n ' z e E i e r und lie- ferten entsprechend kleiae g a n z e L a r v en mit vier Tasehea and acht Rippen and centralem Magen. Acht Eier furchten sich e t w a s a b w e i c h e n d y o n t t a l b f u r c h u n g und lieferten Larveu mit vier, fiinf oder sechs Rippen and drei oder vier Taschen, von welch' letzteren im ersteren Falle nine, im zweiten Falle zwei k l e i n e r s i n d als die anderen. [Tber den formalen und zeitlichen Bildungsvorgang dieser Produkte wird nicht berichtet.

Wodurch diese Verscbiedenheit der Ergebnisse beding't ist, war bet der homogen erscheinenden Beschaffenheit des Dotters dieser Eier nicht zu ermitteln; die Aatoren nehmen an~ class die Ganzbildungen aus Eiern entstanden, denen ein wenig der angenommenen v e g e t a t i v e n ~)ottermasse genommen war, wiilu'end die Theilbildungen aus Eiern entst~nden, deren nine >>Seite,, des Eies dnreh den Schnitt reducirt war.

Es w~ire nun zuni~chst wichtig, din'oh genauere Beobachtungen zu e r - m i t r e ! n , ob die Halbbildungen ans s e i t l i c h h a l b e n Eiern and die gr(if3eren Theilembl'yonen arts entsprechend grSf3eren Stiicken entstanden, insbesondere ~ber, ob die f[infte resp. sechste Rippe nnd ebenso die dritte nnd vierte Tasche sicher g l e i c h z e i t i g mit den anderen entsprechenden Gebilden an- gelegt warden.

Die geringe Zahl der iiber die Furchung hinaus entwickelten Eier, 14 yon etwa 500, liisst zudem die Vermuthung aufkommen, dass in der That blol3 bei g e w i s s e n Schnittrichtungen weitere Entwickelung stattfand, and class andere, vielleicht s c hr itg zur gedachten Eiachse stehende Dm-chsehnitte die Entwicke- lung nieht gestatteten, sofern nicht bloB ganz kleine Theile abgeschnitten wurden; letmeres ist aber beim Schneiden f r e t im Wasser befindlicher, also nicht fixirter r u n d e r weicher Objekte weniger anznnehmen.

Also anch diese Versuche versprechen uns bet weiterer Fortsetzung and bet Versch~rfnng der Beobachtung noch manche Aufkliirnng, sofern es gelingt, beim Anschneiden selber die Lage des Schnittes zu dem e x c e n t r i s c h liegendea Kern and zum Mittelpunkt des Eies, also zu der gedachten Eiaehse, zu be- obachten; and dies wird vielleicht dadurch mSglieh werden, dass das Ei vorher zna~chst zwischen die Branchen ether Pineette gelegt und so gegen Ausgleiten gesichert und mit ether feinen Nadel angestoehen wird, wonach dann das Aus- gleiten beim Dtu'chschneiden verhindert and dabei der specielle Effekt der Operation beobachtet werden kann.

Bedeu~nng der Versuche an gefurchten und ungefurchten Ctenophoreneiern. 451

Ehe diese Precision der Versuche and tier Beobachtuug gelungen ist, sind aber nur wenig Schltisse aus ihneu zu ziehen mSglich.

Ich. sehliei3e daher aus den bis jetzt vorliegenden Befunden nur, dass bei Beroe ovata die oben erw~hnte t y p i s c h e A n o r d n u n g des Dottermaterials s chon vor der e r s t e n S e l b s t t h e i l u n g des E ie s v o r h a n d e n i s t , a n d dass dies in e i n e r W e i s e der F a l l i s t , dass s ie d u r c h Z e r s c h n e i d e n d e s E i e s ,>nicht g~inzl ich gestSrt<< u n d i h r e r W i r k s a m k e i t b e r a u b t z n w e r d en b r a u ch t, sondern dass naeh diesem Eingriff noeh Entwickelnng, abet mit v e r s c h i e d e n e m R e s u l t a t e m(iglieh ist.

In welcher Weise aber bei der n o r m a l e n s. t y p i s c h e n E n t w i c k e - l u n g w:~ihrend der F n r e h u n g die qualitative Materialscheidnng des K e r n e s betheiligt ist, ob alles Kernmaterial dabei qualitativ gleieh geschieden wird, wie diese Antoren durch ihre Versuche ftir ,~direkt<< bewiesen ansehen, oder ob das die typische Entwiekelung bestimmende resp. vermittelnde Kernmaterial qnalitativ ungleichundblof3 daneben das der a t y p i s c h e n s . r e g u l a t o r i s e h e n Entwicke- lung (derPost- nnd Regeneration nnd sonstigem Ausgleich yon StSrungen) dienende Reserveidioplasson znniichst qualitativ g l e i e h getheilt wird, welch' ersteres ich anf Grnnd der anerkannten Thatsachen tiber die griif3ere idioplastische Bedeutnng des Kernmaterials (wie die Zusammensetzung des SamenkSrpers vorwiegend ans Kernmaterial and die Niehtregenerationsfiihigkeit kernloser Pro- tistenstticke) seit zwSlf Jahren vertrete, d a r t i b e r f o lg t aus i h r e n E r g e b - n i s s e n gar n i c h t s B e s t i m m t e s ; denn diese Ergebnisse kiinnen bei beiden ,>Annahmen<< - - und nur um solche kann es sieh iiberhaupt his jetzt in diesen Fragen handeln - - abgeleitet werden. Die Griinde, die ieh als Vorztige fiir meine Anffassung ansehe, habe ieh wiederholt dargelegt and jtingst in dem >,Naehwort<< zn Bd. II meiner ges. Abhandlnngen nochmals gegen die Argumente der Gegenpartei abgewogen, so dass ich hier yon einer Reproduktion derselben absehen kann. Daselbst ist auch der nenere Hypothesenban DRIESCH'S ge- niigend gewtirdigt; derselbe scheint mir nieht so fest fnndirt wie seinem Ur- heber, wenn ich reich auch nicht so bestimmt abf~llig ~ui~ern will, wie es dieser Autor beziiglich abweichender Ansichten Anderer zu than gewohnt ist.

Hier sei nnr noch Eines bemerkt. Wenn, wie ich annehme, die A n o r d - h a n g der (sichtbar oder unsichtbar) v e r s e h i e d e n e n Dottersubstanzen diesen Anordnnngen e n t s p r e e h e n d e Gestaltungskr:Mte >,ausliisen<~, also e n t - s p r e c h e n d e Idioplassontheile aktivire~ kann, so maeht es keinen Unterschied, ob dies vor ode r n a c h der e r s t e n E i t h e i l a n g g e s c h i e h t . Der Vet- such mit dem Anschneiden des Dotters v o r der ersten Theilnng beweist somit niehts gegen meine Auffassnng. Ich glaube vielmehr, es wird noch die Arbeit vieler Decennien nSthig sein, bis die yon DRIESCH und MO~GA~ jetzt schon als erledigt bezeichnete Frage der >)Speeifikation<< resp. naeh ihrer Meinung der ,)Nichtspeeifikation des an der t y p i s c h e n Entwickelung betheiligten Kern- materials wi~hrend der Fnrchung~< anniihernd sicher entsehieden sein wird.

Auf Grand ihrer Versuche denken sich die genannten Antoren die An- ordnnng desDotters trotz der scheinbaren Homogeneit~it beziiglich der An- sammlung des angenommenen Nahrungs- and Bildungsdotters ~ihnlich den Ver!~iltnissen tier Amphibieneier, and sie ziehen darans wesentlich dieselben Folgerungen beziiglieh des Principes der organbildenden Keimbezirke, wie ich sie fiir das Froschei abgeleitet habe, indem ich sagte, dass es zwar , ,miigl iehr ist, bei tier normalen Entwickelung die 0 r g a n e auf b e s t i m m t e D o t t e r - the i l e des nngetheilten befruchteten Eies zu proj i c i r e n , dass es aber wenig

452 Wilhelm Roux

Werth babe, dies zu than (Gesammelte Abhandlungen. l~d. II. pug. 850), da die Theile des Dotters bestimmten 0rganen des Embryo nicht d i r e k t entsprechen, d. h. letztere uicht dutch ,,Selbstdifferenzirung<~ aus sich hervorgehen lassen: Diese M~ftigung ist ihrerseits um so mehr anzuerkennen, als das neue Ergebnis auf viel engere Beziehungen zwischen beiden Gebilden hinzuweisen scheint, als sie beim Frosch vorhanden waren, wo ich t/5 des Dotters entleeren konnte, ohne dass Defekte oder Missbildungeu entstanden, obschon dabei der iibrige Dotter sehr durch e inander kam. Aus meinen Versuchen mit kiinstlich lokalisirter Befruehtung, wobei sieh die dunkle ttemisphiire auf die Befruchtungsseite senkte und stets zur c a u d a l e n Seite des Embryo wurde, ira Verein mit dem Er- gebnis yon PFLI;GER: BORN and mir, dass auch bet Z w a n g s l a g e diese Seite der tieferstehenden schwarzen Hemisphiire zur caudalen Sei~e wurde, habe ich abgeleitet, dass das e n t s p r e c h e n d e A n o r d n u n g s v e r M i l t n i s d e s D o t - t e r s das C a u d a l u n d C e p h a l b e s t i m m t ',Gas. Abhandlungen. pag. 408, 852). Speciellere Bestimmnngen lie[3en sich am Froschei damals aus der A n - o r d n u n g des D o t t e r s nicht ableiten; die Versuche 0. SCtIULTZE'S der Um- kehr platt gepresster Eier m i t dam Resultate der Bildung auch p a r t i e l ! e r Doppelbildungen weisen aber darauf hin, dass auch die Bildung yon T h e i l - s t r i c k e n e t h e r A n t i m e r e durch Dotteranordnung ausgelSst warden kann, wie ich schon frtiher (dieses Archly I. pag, 59% erwi~hut babe.

Die Autoren nehmen weiterhin gleich mir an, dass y o n d i e s e m r c l a t i v e i n f a c h e n L a g e v e r h ~ l t n i s arts dutch W e c h s g l w i r k u n g e n die spiitere ~Iannigfaltigkeit producirt win'de, l~ber das Specielle dieser an sich noah ganz unbekannten Wirkungen aber sind sie sehr verschiedener Neinung yon mir, indem ich den Haupttheil der die A u s frih r u n g d e r t y p i s c h e n Gestaltungen bewirkenden Kr~ifte dam Kern, sie dam Zellleib zudenken. Ich habe aber schon darauf hingewiesen, dass die vorliegenden Yersuche nicht geeignet stud, diese zweite Frage zu entscheiden.

Schliel31ich seien noeh aus dem ,~A n h a n g e<~ D~IESCH'S ZU diesen Arbeiten diejenigen Punkte besproehen, welehe fiir die Rieht igkei t der Ausfiihrungen meiner oben bereits eitirten Abhandlung tiber die versehiedene Entwickelung isolirter Blastomeren yon beeintritchtigender Bedeutung zu sein scheinen.

D~IESCH erwiihnt, dass ieh mit Unreeht beriehtete, er habe bei Sphaer- echinus keine ,Halbfurehnn.~<~ erhalten und verweist darauf, dass er die halbe Zahl der Zellen und der Nikromeren aus einer isolirten H'dbei-Blastomere erhalten hat. In so fern ist er im Reeht. Doeh l iegt der Sehwerpunkt meiner Er5rterung nieht darin, sondern in der 0 r d n u u g d i e s e r Z e l l e n zu einer h a l b e n H o h l k u g e l ; und bezriglich dieser erw';~hnt DmEscI~ aneh hier wieder, dass er dieselbe bet den g e s c h t i t t e l t e n Eiern yon Sphaereehinus nie erhalten hat. Ich dagegen begrrinde die Vermuthung, dass die halbe Hohlkugel viel- leicht nach v o r s i c h t i g e r Isolation mit der N a d e l entstehen wird.

Von dam wesentliehen Umstand, dass nach Isolirung dutch Schritteln bet Echinus die ttalbei-Blastomere sich n i c h t g a n z r u n d e t , sondern etwas yon der frtiheren normalen Abplattnng behielt, sagte frriher DmEscHI' : ,,Die relative Lage der Massentheilchen war also minimal gestSrt, daher wirkten die die Furcimng bestimmenden Faktoren auf dieselbe wie sonst: ergo Halbfurchung.~,

1) Analytisehe Theorie der organischen Entwickelung. Leipzig 1894. pug. 17.

Bedeutung der Versuehe an gefurchten und ungefnrchten Ctenophoreneiern. 45 3

Ich sehloss dai'aus im Zusammenhang mit seinen sonstigen Ausfiihrungen, in denen er die S e m i m o r u l a als ein ~ , z u f i i l l i g e s P r o d u k t ~ bezeiehuet, er leite hier die Entstehuug der Semimorula yon der beim Sehtitteln stattgehabteu S t S r t l n g ab, welehe StSrung die vollkommene Rundung, die soust jede isolirte Zelle anuehmen miisse (da nach ihm j e d e F u r c h u n g s z e l l e g l e i c h d e m g a n z e n E i is t ) , verhindert habe. Da er je tz t betont, der Nachdruek liege auf ~min ima l< , gesti~rt, so sell der Passus wohl deutlieher lauten: die ~ n o r -

-m a 1 e <~ relative Lage der Massentheileheu war nur minimal gest(irt, a l s o n o c h f a s t n o r m a l , d a h e r H a l b f u r e h u n g . Das entspr:~tehe allerdings ganz m e i n e r Auff'assung, seheint aber weniger zu der Auffassung D~IESC~'s zu passen, dass das ~ A u s b l e i b e n des Zusammengleitens der Zellen zur Kugel<( bei der Halbfurchuug oder bei den Nachkommeu eiuer Aehtelei-Blastomere (WiLson) auf S c h i i d i g u n g beruhe (s. 1. e. pug. 19), w~hrend es doeh eine Wi e d e r h o 1 u ng derjenigen Anordnung darstellt, welehe mit diesen selben Zellen im n o r m a l e u Eiverbande hergestellt wird; wesshalb ieh die Herstellung dieser Auordnung als n o r m a l e s , der t y p i s e h e n Entwiekelung zugehiiriges Geschehen auffasse.

D ass DRIESCH die you mir nntersehiedene Art des E r s a t z e s weggenom- mener oder zerst~rter Theile durch U m o r d n u n g nnd U m d i f f e r e n z i r u n g yon Zelleu uicht als ~,Regeneration<, gelten lasseu will, sondern entgegen den Thatsaehen und der dem Worte zukommenden Bedeutung Regeneration nur als Ersatz dureh V e r m e h r n n g yon Zellen, durch Sprossung definirt, war friiher schon als nicht zutreffend bezeichnet worden. Dadureh, dass er j i ingst (Bd. II, pag. 190) ftir ersteres .Gesehehen die Bezeiehnung )~eine anders als normaler Weise erfolgende Verwendung ontogeuetischen Mater~als<~ gebraucht, wird daran nichts gebessert und der Nutzen dieser neuen Bezeichnung ist nicht klar. Eineu Theil der dabei stattfiudenden t y p i seh e n Umordnungsvorg'~inge leitet DRIESC~f wieder yon den dureh ihn iiberhaupt so ansgedehnt zur Erkliirung verwendeteu z n f i i l l i g e n , e i n f a c h physikalischen Momenteu wie Elasticit~t yon Zell- schichten, mechanischem Zellgleiteu ab, was ich auch im vorliegenden Falle aus bereits dargelegten Griinden (s. im Register zn meinen ges. Abhandlungen die Stichworte: Halbbilduugen, Postgeneration, Regeneration) nicht als wahr- seheinlich anerkenneu kann. In meinem Beitrag V zur Eutwiekelungsmechanik, pag. 259 und 283 (ties. Al~handlungen. Bd. II. pug. 484, 511) finden sich ferner die his je tz t erkannteu Untersehiede you Postgeueration und Regeneration dargestellt. DmESC~ dagegen scheinen nicht blol3 diese Uuterschiede, sonderu auch die Postgeneration selber unbekannt geb!ieben zu seiu (s. dieses Archly. Bd. II. pug. 193).