Über die funktionelle anpassung des muskelmagens der gans

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Page 1: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

Ober die funktionelle Anpassung des der Gans.

Von

Wilhelm Roux.

Muskelmagens

Der nachstehenden, auf meine Anregung entstandenen Arbeit des Herrn Dr. SCHEPELMANN tiber die gestaltende Wirkung verschiedener Ern~thrung auf die Organe der Gans, insbesondere tiber die funktio- helle Anpassung an die Nahrung, miichte ich einige Mitteilungen vor- aussenden.

In den Jahren 1882--84 besehi~ftigte ich mich auBer mit andern Erseheinungen der funktionellen Anpassung (s. Lit.) aneh mit der- jenigen des Giinsemagens an die :Nahrung.

In bezug auf diesen interessierte reich zuniichst die den Haus- frauen bekannte auffallende Versehiedenheit der GrSBe der Miigen bei KSrnerg:,tnsen und Stopfg~insen. Die z. B. mit GerstenkiJrnern gefUtterten Giinse haben groBe~ dunkelrote Muskel- oder Reibm~tgen, wahrend die kunstgerecht genudelten Gi~nse, obgleieh sie oft tiber noeh einmal so schwer sind, und obsehon die :Nudelfiitterung nut 3 bis 4 Wochen dauert, nach dem Schlaehten kleine blasse M~igen zeigen.

Es erschien mir wUnschenswert~ durch eigne Beobachtungen nnd Messungen etwas Genaueres Uber die GrSBe dieser beiderlei Ver- andernngen zu ermitteln~ erstens um za erkennen, ob funktionelle Anpassung vorliegt, zweitens um diejenigen Strukturiinderungen zu studieren, die mit erheblichen Anderungen des Volumens ver- bunden zu sein pflegen.

Bei s t a r k e r V e r g r S B e r u n g e i n e s Organs kann gewShn- lich nicht die ganze Konstruktion in a l l e n Teilen gleiehmi~Big vergrSBert werden; das vergriJBerte Organ ist daher dem kleinen nicht im mathematischen Sinne iihnlich. Das gilt auch in der Technik, besonders yon mechaniseher aber auch yon chemischer Verrichtung

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dienenden Gebilden. Dies im einzelnen zu verfolgen ist eine sehr interessante Aufgabe, die in der Biologie durch die genaue Ver- gleichung des Baues der Organe jugendlicher und erwachsener Or- gane yon Tieren derselben Art sowie der erwachsenen Organe nahe verwandter Tiere yon sehr verschiedener GriJBe gelSst werden muB.

Beim Gehirn z.B. liegt bekanntlieh die Ursache der Tatsache, dab kleine Siiugetiere einer Gattung glatte, grol3e Tiere gefurchte GroBhirnoberfl~che haben, darin, dab bei der VergriiBerung die Ober- fliiche ale bloB zwei dimensionales Gebilde nur proportional dem Quadrat des Durchmessers, der Inhalt des Gehirns nEd des ganzen yon ihm beherrschten KSrpers aber proportional der dritten Potenz desselben witchst. Auf Biegung'sfestigkeit in Anspruch genommene Gebilde, z. B. Knochen, mUssen bei Vergr(iBerungen ihre Proportionen iindern, da ceteris paribus der Biegungswiderstand in der Biegungs- richtung proportional dem Quadrat des Durchmessers, aber recht- winkelig dazu nut einfach proportional der Breite wachst.

Ahnliches wird je Each der Funktionsweise mutatis mutandis nattirlich auch bei erheblicher VergrSBerung der Organe durch Ak- tivi6ttshypertrophie ffeschchen mUssen, sofern die VergrSBerun~ in ausreichendem MaBe erfolgt.

Damals untersuchte ieh vorzugsweise die funktionelle Anpassung der Muskeln. Dabei wurde auch die Frage Each der Andcrung auf- geworfen, welche die Fiedelung deI, Muskeln bei erheblicher Ver- dickung dieser Organe erfahren werde, insbesondere ob dabei neue F i e d e r u n g e n t s t e h e n k a n n .

Die Fiederung der Muskeln beruht auf ciner Convergenz der Muskelfasern gegen das Ende der Sehne und auf sehiefem Ansatz der Muskelfasern an der Seitenfiiiche der Sehne, also wiederum auf Convergenz der Muskelfasern mit der Sehne. Sie leitct sich Each meiner Auffassung (1895, I. S. 174, 269) yon zwei gestaltlichen Mo- menten ab, erstens davon, dab die Muskelfasern ale aktive Gebildc ale Kraffmaschinen vielmal (30--120real) dicker Kind ale die bloBen Transmissionsriemen fur die yon ihnen produzierte Energie: die Sehnen, welche die ihnen Ubertragene Energie dutch ihre inter- molekul~re Anspannung nur weitertragen. Zweitens davon, dab alle Sehnenfasern eines Muskels meist mSglichst dicht, also zu einem mSg- liehst dUnnen Strang zusammengefaBt Kind. Die letztere Gestaltung wird durch das Peritenonium externum und internnm (ScHIEFFER- DECKER) hergestellt und erhalten. Dadurch wird zuni~ehst der Raum fiir die Sehnen auf ein Minimum reduziert und so schon Raum ge-

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spart. Auflerdem aber gestattet diese Konstruktion noch beliebige Verschiebung der Muskelfasern zwischen Ursprung und Ansatz des Muskels, indem die Fasern an jeder Stelle gelagert und an der Seitenflache der Sehne angeftigt werden kSnnen. Dadurch wird es mSg'lich, den vorhandenen, durch die GriJBe und Lage der Skelet- teile als der Befestig'ungsstellen in seiner GrSBe und Gestalt ge- gebenen Raum fast lUckenlos mit Muskelfleisch zu erfiillen. Letzteres hat bereits C. GEGENBAUR erkannt, indem er (1883) den ~utzen der Fiederung in der Raumersparnis sah. Zu dieser Raumausnutzung ist oft mehrfache und sekundare Fiederung nStig.

Es war mir yon groSem Interesse zu erfahren, ob die Fiederung auch als ,direkte Anpassung',, im Laufe des Lebens eines Individuums her~estellt wcrden kann~ oder ob etwa die vorhandene Fiederung eine fur das Individuum konstant vererbte Einrichtung ist. Daher gedachte ich, bei der erwahnten erheblichen u der Reibe- muskeln der Mm. laterales des GKnsemagens zu prUfen, ob neue Fiederung entsteht. Das schien schr nStig, da auch bei kleinen Reibemagen schon die beiden oberilachlich gelegenen grollen Sehnen an ihren SeitenrKndern typischerweise yon beiden Enden her bis fast gegen die Mitte hin, also, soweit als funktionell zulKssig ist, mit Muskelfasera bcsetzt sind.

Es zeigte sich, dab bei der fur diese Priifung allerdings nur ge- ringen Aktivit~tshypertrophie des Muskelmagens der GKnse keine sekundare Fiederung gebildet wird, wie denn selbst bei dem groBen Magen des StrauBes solche fehlt. Die VergrSl3erung der Konstruk- tion geschieht einfach durch u und Verl~ngerung des Muskels und der Sehne nach auBen hin, bei Erhaltung der in jeder 5Iagenhalfte sich darbietenden einfach gefiederten Bogenkonstruktion. Da hier keine Skeletteile vorhanden sind, welche einen bestimmt gestalteten Raum zur Ausnutzung anweisen, ist dieses verstandlich; und es kann daher bier eine rein funktionelle Gestaltung, sei es vererbtermaBen oder teilweise auch durch funktionelle Anpassung hergestellt werden. AuBerdem geht bier die durch die schiefe An- ftigung der Muskelfasern an die Sehnen bedingte s e i t l i che Druck- wirkung der gespannten Muskelfasern nicht wie bei den S k e l e t - muske ln ffrSf~tenteils fur die Gesamtfunktion verloren, sondern sie dient hier zum DrUcken und Quetschen der l~ahrung~ wahrend die mehr in Richtung der Reibeplatten liegenden Muskelfasern und die entsprechend wirkende Komponente der andern die ei~entliche Zer- reibung der l~ahrung bewirkt.

~/rchiv f. Entwicklungsmechanik. XXI. 31

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Dagegen habe ich damals an S k e l e t m u s k c l n auf das schSnste und reichste n e u e sekund~tre F i e d e r u n g durch f u n k t i o n e l l e A n p a s s u n g namlich be i A k t i v i t i i t s h y p e r t r o p h i c der Dicke d er 1 an g e n RU cke nm u ske l n nach Inaktivitiitsatrophie ihrer Liinge aufgefanden, es abet nur kurz gelegentlich mitgeteilt (1883, S. 374; 1895, I. S. 596, 621i.

Es wurden daher seinerzeit weiterhin nur die Ge w i c ht s- und sonstige G r S B e n v e r h ~ t l t n i s s e des M u s k e l m a g e n s bei ge:~in- d e r t e r ~Nahrung verfolgt, spiiter die MCssungen auch auf den Drtisenmagen und einigc andre mir zur u gestellte Organe ausgedchnt. So entstand die beigefUgte Tabelle (Tab. I, s. S. 472--475), die schon zu einigen Folgerungen tiber die funktionelle Anpassung, besonders des Muskelmagens Gelegenheit ~ibt, da sowohl 35 in ge- wiihnlicher Weise mit KSrnern gefUtterte, wie 23 mit Nudeln ge- miistete Giinse zur Beobachtung gelangten. Bei genauerem Zusehen ergaben sich doch aber auch mauche Widersprtiche, die ich nicht deuten konntc, da mir die Art der Ern~thrung bei den yon verschic- denen ZUchtereien stammenden Tieren nicht gentigend bekannt wurde.

Daher wurde das ganze Beobachtungsmatcrial auf die Seite ge- legt, und es h~itte vielleicht dauernd da g'eschlummert, wenn nicht in neuen Publikationen der letzten Jahre dem Vogelmagen die Fiihig- kcit der flmktionellen Anpassung abgesprochen wordcn w~ire.

Zun~ichst erschien eine Arbeit yon G. BRA.NDES (S. 1896), in welcher vertreten wurde, dab die Angaben tiber U m w a n d l u u g des sackfSrmig weiten Magens der fleischfressenden RaubvSgel (z. B. Falken) dutch KSrnerfiitterung in einen engen dickwandig musku- l~isen dcr normalcrweisc yon KSrnern lebenden Tiere sowie die um- gekehrtc Umbildung unter entgegengesctzter Veriinderung der Nah- rung unzutreffend seien. Ohne das u des Magenmuskels zur funktionellen Anpassung an sich ganz in Abredc zu stellen, meint BRANDES, eS fitnde beim Vogelmagen bei -:~nderung der :Nahrung schon deshalb keine Anderung des Magens statt, weil >~wir keinen Grund haben, anzunehmen, der Muskelmagen oder dcr Sackmagen werde durch irgendwelche ~ahrungsiinderung zu einer verminderten oder gesteigerten peristaltischen Bewegung veranlaBt<~. Dies ist indes eine dem Gesetze der Selbstregulation der FunktionsgrSBe wider- sprechende Annahme und die Beobachtungen DoYo~s, auf denen sie beruhtl), bezieht sich nur auf kurz dauernde Versuche. Ihr Ergebnis

1~ Die weitere Literatur siehe bei SCHEPELMA~.

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ist jedenfalls nieht auf mehrere Wochen oder einige Monate lang fortgesetzte Zufuhr meehanisch wenig oder fast nieht reizender Nah- rung ausdehnbar. In letzterem Falle wird, nach vielen uns bekannten Tatsachen der Selbstregulation der Funktionen zu urteilen, der Magen trotz seiner anf~ng'tichen groBen Reizbarkeit allmKhlich sehw~chere Reibebewegungen machen, ganz abgesehen davon, dab ihm zu voU- kr~tftiger Muskelleistung bei weieher Nahrung Uberhaupt die Gelegen- heit fehlt, da er kein festes, den nStigen Widerstand zu kriiftigen Reibebewegungen leistendes Material enth~tlt.

Von der aueh BRASDES bekannten Atrophie des Muskelmagens der Mastg~tnse sagt er, dab sie re in p a t h o l o g i s c h e r :Natur sei und sich zur Sttitze LA~IARKscher Ansichten nicht heranziehen lasse. Wie weir diese :kuBerung riehtig ist, wird weiter unten untersucht werden. Dagegen kann ich BRASDES' Meinung, dab die Umwandlung eines SOB. Reibemagens in einen Saekmagen und umgekehrt nieht erwiesen und auch unwahrseheinlich sei, beipfliehten.

Dieses Urteil mSchte ich erg~tnzend noeh im speziellen analytiseh weiterhin begrtinden.

Die fleischfressenden RaubvSgel (z. B. Falken) haben auf ihrem rundlichen dtlnnwandig sacki'6rmigen Magen auf entgegengesetzten Seiten je eine ann:~thernd runde Sehnenplatte, yon weleher naeh allen radi~tren Riehtungen Muskelfasern ausstrahlen uud zur andern Platte umbiegen. Bei den Ktinerfressern ist statt dieser sehr indifferenten Struktur eine ganz spezifisehe, der Reibefunktion angepaBte Struktur vorhanden. Statt der naeh alien Riehtungen gleiehen Sehnenplatte haben wit jederseits eine Sehnenplatte, die in der Mitre sehr ver - jUngt ist und daselbst f re ie S e i t e n r ~ n d e r hat, w~thrend Muskel- lasern sich nur an die divergierenden Enden ansetzen. Die Muskel- fasern sind so geordnet, dab sie die Reibeleisten der Reibeplatten mit groBer Kraft gegeneinander sehieben, mit geringerer wieder ent- fernen und gleichzeitig beide Reibeplatten kr~tftig gegeneinander pressen. Letzteres gesehieht besonders dureh Fasern, welehe die Rich- tungen zwisehen den beiden genannten einnehmen, und daher mehr winkelig, z. T. rechtwinkelig gegen die Reibeplatten geriehtet sind.

Ob nun in dem indifferent gebauten Raubvogelmagen, abgesehen yon einer bloBen Verdiekung der Muskulatur, dureh Anderung der Gebrauehsweise der Muskeln, also dutch ~.nderung ihrer koordinierten T~ttigkeit in der Reihenfolge ihrer Zusammenziehung usw. und dureh best~tndige Ausnutzung der im Einzelfalle mSgliehen Variation der Rich- tung ihrer T:~itigkeit in den gegebenen Verh~tltnissen Uberhaupt eine

31.

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Strukturanderung nach dieser spezifischen Art der Fiederung des Magens der KSrnerfresser hin mSglich ist, ist erst noch zu ermitteln. Jeden- falls wird sie im Laufe eines individuellen Lebens nur sehr gering sein. So lehe S t r u k t u r a n d e r u n g ist e ine Le i s tung , die nicht yon der T a t i g k e i t des G e w e b e s als so lchem, sondern yon be- s o n d e r e n fo rma len F a k t o r e n abhangt . Normalerweise entsteht diese Anordnung dutch die gestaltenden Tatigkeiten der vererbten Gestaltungspotenzen der ersten der von mir unterschiedenen causalen Bildungsperioden. Im umgekehrten Falle aber ist es mir unzweifclhaft, dab die durch diese Determinationen gebildete spezifische Struktur des K~rnermagens durch angestrebte indifferente Gebl:auchsweise nicht in solehem MaBe rtickg~ngig" gemacht werden kann, dab die typisch in- differente Struktar des Fleischfressers im Laufe eines individuellen Lebens wiederhergestellt werden kSnnte. Ja ich glaube Uberhaupt nicht, dab in dieser Riehtung etwas Erhebliehes durch Gebrauchsanderung bewirkt werden kann, denn dazu mtiBte das Peritenonium externum und internum, welches so fest ist, dab es den normalen fortwahrenden auseinanderzerrenden Wirkungen der Muskeln beim Reiben lebens- langlich widersteht, bei geringerer Inanspruchnahme entfernt werden, um dis Fasern wieder auseinander treten zu lassen. Von einer solchen Auflockerung einer Sehne ist noch hie etwas bemerkt worden; wir sehen im Gegenteile, dais nach Schwund der Muskeln die Sehnen in ihrer Gestaltung erhalten bleiben, sich nur stark verkUrzen (1895, S. 629, 555).

Die also in bezug auf ihren Hauptteil zu billigenden, wenn auch in einigem zu welt gehenden negativen Folgerungen yon BRANDES wurden in einem Referate H. DRIESCIIS (1898, S. 805) in einer Form erwahnt, welche den Anschein hervorrief, BRANDES habe )~konsta- t i e r t~ , dab ein angeblicher Einf luB der N a h r u n g a u f die Aus- b i l dung des V o g e l m a g e n s n icht ex is t ie r t ! Das veranlaBte die Vorstellung, als sei dieses Ern~hrungsorgan der funktionellen An- passung Uberhaupt nieht Fahig. Und in diesem Sinne ist diese Angabe, wie leider manche andern nicht zutreffenden Ang'aben und Urteile dieses Referenten gl~ubig und ungeprUft welter g'etragen wordenl).

1) 1=[. DRIESCH, Referate fiber Entwicklungsphysiologie. In: Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgeschichte. 1898, 19011 1905.

So verdienstlich die mfihevolle Anfertigung dieser schwierigen Referate ist, so geben sie, zumal das schwierigste erste, den wahren Standpunkt der Literatur nicht ausreichend wieder. 5ianches Wichtige ist bereits ermittelt, was der Referent iibergangen; andres ist in richtigerer Weise erforscht, als er es dar-

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Ich nahm daraus AnlaI~ bei Gelegenheit vorerst, soweit ich das Ergebnis noch in der Erinnerung hatte, kurz auf meine frUheren entgegcngesetzten Erfahrungen hinzuweisen (1902), danaeh das alte Material zur endlichen Publikation hervorzusuehen und Herrn can& med. SCHEPEL)IANN ZU den nachstehend geschilderten Beobachtungen zu veranlassen.

Gegen diese zu weir gehenden negativen Folgerungen ist zun~tehst analytisch einzuwenden, dab ich in meiner Schrift tiber die causa l e A n a l y s t der f u n k t i o n e l l e n A n p a s s u n g , in welcher letztere in DRIESCtt anseheinend nicht bekannter Weise zuniichst und der Haupt- sache nach auf fo rma t ive R e i z w i r k u n g e n zurtickgefUhrt wird (1881, Kap. IV)~ sowie wiedcrholt in spliteren Arbeiten (z. B. 1894) dargetan habe, dab die f u n k t i o n e l l e A n p a s s u n g n ich t au f e inem beson - deren VermSgen der e inze lnen Organe als solcher~ sondern zu- nachst auf dem bezUglichen VermSgen der e inze lnen , die Organe zusammensctzendcn G e w e b e beruht, und dab Gewebe~ welehe in einigen Organen als anpassungsf'~thig erkannt sind, kS in andern auch sein werden. Die Erfolge geiinderten Gebrauchs werden abet sehr verschieden sein, je nach den Pe r ioden , in denen dig Gebrauchs- :,inderung" stattfiudet.

In diesel- Beziehung habe ich die Gestaltung der einzelnen Or- gane bzw. der sit aufbauendcn Gewebe in der 0ntogenese in drei causal wesentlich verschiedene Perioden eingeteilt. DiG Funktionen jeden Organs oder Gewebes werdcn dabei in spezifische oder Er- h a l t u n g s f u n k t i o n e n , welche der Erhaltung des ganzen Organismus dienen~ und in G e s t a l t u n g s f u n k t i o n e n , welche dig gestaltbildenden Leistungen umfassen, gesondert. Die Erhaltungsfimktionen k(innen aber auch zugleich gestaltende Wirkungen ausUben und dadurch unter anderm die funktionellen Anpassungen bewirken. I

Die Perioden sind erstens die sogenannte P e r i o d e der Organ - an lage , in welcber alle Organe zufolge der vererbten, also im Keim- plasma enthaltenen determinierenden Faktoren angelegt und weiter ausgebildet werden. In dieser ani'angliehen Periode ist die AusUbung

gestellt hat; und manches vordem schon Erkannte glaubt er selber in der Folge seiner Berichte erst nach und nach neu erkannt zu haben. Auch sind seine Urteile oft zu subjektiv, yon einem willkiirlich gew~ihlten, dem Autor and seiner Arbeit fremden, oft mehr dem philosophischen geniiherten Standpunkte aus ge- f~tllte. Diese Referate sind daher in bezug auf sachlichen Gehalt und auf Urteil nicht ohne sorgf:,iltige eigne Nachpriifung zu verwenden. Die funktionelle An- passung liegt dem Autor offenbar besonders fern; um so apodiktischer sind auf diesem Gebiete seine Urteite.

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der , E r h a l t u n g s f u n k t i o n ~ der Organe bzw. Gewebe weder zur eignen Erhaltung des Organs des Gewebes noch zu deren weiterer Ausbildung nStig. Es g.ibt also aueh noch keine Inaktiviti~tsatrophie and nicht einmal Inaktivit~ttsaplasie. Letztens eine Periode, in welcher die weitere funktionelle Ausgestaltung der Org.ane and ihr Wachstum nur noeh durch die g.estaltende Nebenwirkung der Erhaltung'sfunktion oder des funktionellen Reizes vermittelt wird. In dieser P e r i o d e des f u n k t i o n e l l e n Re i z l ebens findet ohne Funktionierung bzw. ohne Vermittelung funktioneller Reize kein Wachstum start und bei erheb- licher Herabsetzung der mittleren Funktionsgr~iBe tritt eine RUckbil- dung des fung.ierenden Substrates ein. Doch ist zur Erhaltung des funktionell Gebildeten nur tin gering.eres MaB yon Funktion nStig als in dieser Periode zur Bildung erforderlich war (1883, II. S. 408, 1895, I. S. 636, 555). Zwischen beide tritt die P e r i o d e d o p p e l t e n u r s a c h l i e h e n B e s t i m m t s e i n s , in welcher bei dem t y p i s e h e n G e s e h e h e n die gestaltenden Ursaehen der beiden andern Perioden gemeinsam tiitig sind, so dab einerseits noch Wachstum and weitere Differenzierung zufolge der Aktivierung der vererbten direkten Ge- staltang.spotenzen stattfindet, wiihrend anderseits zug.leich auch die Austibung. der Erhaltung.sfunktion Wachstum anregend und sonst funktionelle Gestaltung veranlassend wirkt. In dieser Periode wird dureh Inaktivitiit das Waehstum eines Organs, g.enauer der Gewebe desselben, nicht ganz aufhSren, aber hinter dem typischen MaBe zurtickbleiben; das ist die I n a k t i v i t i t t s a p l a s i e . Anderseits aber kiinnen in dieser Zwischenperiode anBer der Funktionierung auch alle alas selbstiindige Wachstnm der ersten Periode zu F6rdern geeigneten, wenn auch typischer Weise nicht vorkommenden Mittel, wie abnorme Vermehrung der Blutzufuhr, eine abnorme Wachstumssteigerung ver- anlassen. Bei Nahrungsbeschrankung bis zu erheblicher Konkurrenz der Organe um die Nahrung unter t~itigen and untStigen Organen werden die wenig.er fung.ierenden Organe sog.ar schon der Rtickbildung verfallen kiinnen. Bei :Nahrung.sUberschuB dagegen kann trotz herab- gesetzter FunktionsgrSBe vollkommene Erhaltung. des Gebildeten, viel- leicht sogar trotz ihr noeh Hypertrophie stattfinden, je nach der stiir- keren Wirkung des einen oder des andern Faktors.

Das spezielle Verhalten ist bei versehiedenen Geweben etwas, besonders bei den aktiv and den passiv t~itigen (Sttitz- and Binde-) Geweben erheblich verschieden; darauf ktinnen wir hier nicht ein- g.ehen (s. 1881).

Die dutch dieVollziehung, der Erhaltung.sfnnktion des Organs in ihm

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mitbewirkte gestaltende Leistung, insbes, die fimktionelle Anpassungs- leistung eines spezifisehen Gewebes wird in jedem Organ dutch seinen in Periode I hergestellten vererbten besonderen Bau und dureh seine funktionellen Beziehungen zu andern Organen bedingt. Aber manche der das Organ mit zusammensetzenden nicht spezifischen Gewebe k~nnen schon fimgieren, ehe noeh das ganze Organ seine Erhaltungs- funktion ausUbt; sie fungieren, indem sie die Erhaltung des be- treffenden Organs bewirken; und ihre Funktion ~ndert sich mit der Vergr~l~erung und Umgestaltung des Organs. So fungieren yon der Anlage des Organs an sein stiitzendes Bindegewebe und die ern~h- renden BlutgeF~l~e. Anderseits fungiert auch schon das spezifische Gewebe mancher Organe frUhzeitig im Embryo, wie des Herzens und der Blutgef~l~e; die knorpeligen Skeletteile sttttzen schon gegen den Druck und Zug, welcher durch die Anwesenheit der andern noch nicht fungierenden oder schon fungierenden Organe bzw. Gewebe bewirkt wird. So kSnnen sehon sehr frUhzeitig funktionell bedingte gestaltende Wirkungen in den Org'anen seitens einzelner Gewebe oder Unterorgane veranlaBt werden und zur Ausbildung der t y p i s e h e n Ge~taltung beitragen, ohne direkt vererbt, ohne im Keimplasma schon direkt gestaltend determiniert zu sein. Da das Eintreten der Zwisehenperiode wohl yon dem Beginne der Austibung der Erhaltungs- funktion abh~ngt (weshalb es aber noch nieht mit ibm zusammenzu- fallen braucht), so ist auch die Zeit des Beginns dieser Periode Far die- selben Gewebe in den verschiedenen Organen wohl eine verschiedene. Das gilt aueh fur das Ende der Zwisehenperiode. Diese P e r i o d e n sind also nur ursKehlieh e h a r a k t e r i s i e r t (1881), nieht aber zeit- lich in der Weise, dab zu einer bestimmten Zeit fur jedes Gewebe im ganzen K~rper der Ubergang yon der ersten zur zweiten oder yon dieser zur dritten Periode erfolge, oder dab alle Organe gleiehzeitig yon tier einen zur andern Periode Ubertreten. Wit haben yon Anfang an angenommen, dab schon einige Zeit nach dem Beginne der Ge- webs- bzw. Organfunktion, du t ch diese Funktionierung das Gewebe zur funktionellen Anpassungsleistung veranlaBt werde (s. 1881).

Da primer die Gewebe das Gestaltende und anch die funk- tionelle Anpassung fIervorbringende sind, und da die wenigen Ge- webe im K~rper vielfach verbreitet sind, so ist es, wie erw~hnt, nicht annehmbar, dab dieselben Gewebe, z.B. Muskel-, Epithel-, Binde-, Knochen- und ~ervengewebe, welche das Verm~gen zur funk- tionenen Anpassung in manchen Organen bekundet haben, in einem andern aus ihnen aufgebauten Organ, z. B. dem Magen des Vogels,

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dieses VermOgen nieht haben sollten; und es muB daher der Vogel- magen in den Leistung'en der einzelnen Gewebe aueh zur funktio- nellen Anpassung. bef~thigt sein. Ein Zwe i f e l k a n n s ich in d ieser Bez iehung . bloB au f das Z e i t l i e h e des A u f t r e t e n s d ieses Verm~gens und a n d e r s e i t s g.eg.en das dem Mag.en e igne B e s o n d e r e r i eh ten , also beim Reibemag.en nur g.eg.en die besondere qualitative Anpassungsf~higkeit seines Epithels, da dessen den Mag'en zur Reibefunktion geeignet maehende Besehaffenheit anderw~rts im Vog.el in soleher Weise night vorkommt. Aber gerade in dieser Hinsieht hat sieh, wie wit sehen werden, die qualitative Anpassung sehon in meinen oben erw~ihnteu frtlheren Beobaehtung.en unzweifel- haft bekundet.

Eine andre Frage ist dageg.en die naeh der Grenze der quanti- tativen Anpassung.sfahigkeit innerhalb eines individuellen Lebens sowie die naeh der Bildung. neuer Strukturen. Zu letzteren ist es n~tig., dab die Funktion sehon ohne solehe Struktur doeh derartig ver~tndert werden kann, dab dureh die mit tier Funktionierung ver- bundenen Gestaltung.svorg~inge diese neuen Gestaltungen, wenn aueh zun~iehst nur in geringstem MaBe, hervorg.ebraeht werden kSn~n. Dazu mtissen also die dies erm~glichenden Variationsbedingungen sehon im Organ selber uud in seinem nerv~sen Centrum vorhanden sein. Bei andauernden solehen Wirkungen k6nnen dann aueh ihre strukturellen Erfolge sieh summieren und so steigern.

Wir wollen nun zur D e u t u n g meiner und SCnrZPEL.~IANSS Be- f u n d e t iber den ~hskelmagen Ubergehen und sie etwas eing'ehen- tier vornehmen, als dies in der Arbeit des letzteren gesehehen ist. Meine Befunde Mind in der beigegebenen Tabelle I enthalten. Be- zUg.lieh Herrn SCHEPEL.~rA~,'~'S Arbeit ist noeh zu sag.en, dab er leider dureh ~uBere Verh~tltnisse genStig.t wurde, die Untersuehung. und die weitere Verwertung seines Materials unvermutet abzubreehen. Er hat aber in einem zweiten, folgenden Teil wenig.stens noeh die weiteren direkten Versuehserg.ebnisse vollst~ndig, zusammengestellt.

Zun~ehst ist noeh einiges Allgemeinere zu er~rtern. Es ist l~ngst bekannt, dab dam aus glatteu Muskelfasern g.ebildete

Muskelgewebe der funktionellen Anpassung in hohem MaBe f~hig ist; bei lokaler Verengerung. des Darmes finder z. B. eine oft sehr starke Aktivit~,ttshypertrophie der Museularis oberhalb der Verengerung start. Wir k~nnten die Frage der F~ihigkeit der glatten ~fuskulatur, ev. aueh des Muskelmag.ens tier Gans zur funktionellen Anpassung damit als gelSst betraehten. Wir wUBten abet noch nieht, warm diese F~ihig-

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kei t bei der Gans beg inn t und ob, bzw. warm sic bei der t y p i s c h e n Entwicklung zuers t in T~tt igkei t t r i t t . Anderseits haben wir ge- sehen, dab bezUglich des Atypischen bezweifelt worden ist, dab bei der groBen Rcizbarkeit und daher angeblich stetig gleichmiiBigen Tiitigkeit des Muskelmagens tiberhaupt Gelegenheit zur fimktionellen Anpassung bei ge~tnderter Nahrung gegeben sei.

FUr uns ist also hier die Frage die, ob die Muskulatur des G:,inscmagens in dem yon uns beobachteten Stadium des 5. his 10. Lebensmonats typischer Weise schon durch funktionelle Anpassung wlichst, oder ob die in dieser Zeit typischer Weise noch stattfindende GrSBenzunahme bloB durch vererbtes, yon dcr Funktion unabh:,ingiges und in diesem Sinne setbst~ndiges Wachstum erfo]gt, und ander- seits, ob diese Muskulatur schon der Inaktivitiitsatrophie unterliegt, also welchen der oben unterschiedenen causalen Pcrioden sie in jener Zeit zugchSrt.

Wenn abet auch fcstgestellt ist, dab ein Gewebe eines be- stimmten Organs zu einer bestimmten Zeit schon der Inaktivit~its- atrophie unterliegt, wenn also die Funktionierung" zu seiner Er- llaltung nStig ist, so folgt daraus noch nicht, dab dieses Gewebe :tuch durch die Funktionierung cntstanden sei. - - Obschon das meiste an typischer Gestaltung ohnc Funktion angelegt und eine Strecke weir ausgebildet wird, unterliegt doch sp~iter alles, was stark oder lange fungiert hat, der Inaktivit:,itsatrophie. Wenn bloB das durch Mithtilfc der Funktion Gebildete der Inaktivitiitsatrophie verfallen kiinnte, h~ttten wir in jedem Organ einen eiserncn Bestand, der durch Inaktiviti~t nicht geschmiilert werden kSnnte; und die Inaktivit~its- atrophie mUBte in den Organcn nur die erst spater gcbildeten Teile betreffen, also auch dementsprechend in den Organen lokalisiert scin. Es ist abet nichts in diesem Sinne Deutbares beobachtet worden, sondern die Inaktivitiitsatrophie betrifft allc untiitigen Gegcnden dcr Organe, wenn auch nicht in ganz gleicher Weise. Anderseits ist yon uns zu berUcksichtigen, dab das Vermiigen der Inaktivitiitsatrophie erst eintritt, nachdem die Teile schon einc Zeitlang fungiert haben; um so sicherer ist anzunehmen, dab der Inaktiviti~tsatrophie unter- liegeude Teile bei gesteigerter Fuuktion auch bereits der Aktivit~its- hypertrophie fiihig sind.

Die Futtermengen und damit die Gr(iBe der yore Mageu ge- leistetcn Arbeit sind uns yon den 115 unsrerseits nicht selbst ge- ftitterteu Tieren der Tabellen nicht bekannt. Aber etwas kSnnen wir doch im allgemeinen dartiber schlieBcn.

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T a b e l l e

Lai1- reade Datum

.N'r.

1 3. XII. 82 2 3. XII. 82 3 3. XII. 82 4 9. XII. 82 5 9. XI1. 82 6 9. XII. 82 7 9. XIL 82 8 9. XII. 82

10 t) 16.XII. 82 11 16. XII. 82 12 16. XII. 82 13 16. XII. 82 191' 4. I. 83

Nahrung

Gewicht der ent-; b lute ten I

Gans t Gewicht ohne be ider

Federn

20 21 22 23

24 25

26 27

28 29

30 31 32 33

34

35 36 37

ttafer 3950 Stopfgans 5500 Stopfgans 6000 Stopfgans 5600 Stopfgans 6125

Hafer 2500 Hafer 3000 Hafer 3000

Stopfgans 6875 Stopfgans 6250

Hafer 2625 Stopfgans 2500 Fettgans 7250

12. I. 83 Stopfgans 6000 18. I. 83 Haler 3850 18. I. 83 Hafer 4000

Kleie u Kar- 4000 18. I. 83 toffeln

28. VI. 83 Hater 3000 2. VII. 83 Kleie tl Kar-I 3125

5. VII. toffeln 8 3 Haler ~ 3000

16. VII. 83 KleietoffelnU. Kar- 2500

i 30. VII. 83 desgl. 3250 3. VIII. 83 Hafer 2125

total!

. Iii 2 ooo i: VIII'. 83 - - 3250 3375 10.VIII.83 3500

16.VIII.83 Stopfgans 3000

14. IX. 83] Stopfgans 3000 29. IX. 83] Stopfgans 4500

2

2. X. 83 ! Stopfgans 5000 !

i

Muscul i la tera les des Muskelmagens :

Gewicht des

rech ten I l inken

92 40 89 40

112 49 112 49 148 65 135 63 163 72 110 - - 92 - -

121 55 75 33 97 87

114 52 136 64 121 55

147 62 149 67

130 59 143 66

159 70 99 45

147 67 166 73 150 68 147 66

60

190 - - 75 56

Querschn i t t Summe i Gew.*

i ~ uis der in qcm des be ider i Verb'I t"

Quer- iMm. lat. r ech ten l inken schni t te i z. 6ans

g - - 1 4 , 7 17,0 52 10,3 11,5 49 10,5 12,~ 63 12,5 15,4 63 12,0 15,(J 83 17,1 19,3 72 15,3 17,2 91 18,2 21,7

- - 11,9 14,0 - - 8,8 13.8 66 13,2 16,5 42 9,0 11,1 - - 9,4 II,0

62 11,3 13,0 72 14,4 15,2 66 13,7 14,9

85 12,5 16,8 82 14,3 16,6

70 13,5 15,9 77 12,7 15,9

89 15,2 17,9 54 12,8 15,7

80 19,5 27,2 93 20,8 25,2 82 18,1 23,8 81 - - - -

- - 7 , 6 1 0 , 6

- - 8,4 14,8 - - 8 , 0 9 , 3

31,71 28,8 2 1 , 8 : 5 9 , 8 23 67,4 27,9 50 27,0 54,7 36,4 16,9 32,5 22,2 39,9 18,4 25,9 62,5 22,6 67,9 29,7 21,7 20,1 33,3 - - 74,7 - - 68,9 - - 33,7 - - 29,4 - - 33,05

- - 20,4 30,9 20,9

29,4 23,0 28,6 17,4

33,1 24,4 28,6 21,3

46,7 20,4 46,0 19,6 41,9 22,5 - - 23,8

18,2 50

- - 15,8 23,2 60 17,3 89,1

t) Die fehlenden 7Nummern sind abhanden gekommen.

Page 13: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

~'ber die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans. 473

I.

I (]ewicht I beider [ Reib- Gewich t

plat ten

g

6

5.0

4,5 5,5

3

i Drf l senmagen Gewicht4 [

Ge- i beider !Gewicht wich ts - Herz- I des ve . rhk l t - ven t r i - F e t t e s h is zur

Gans ke l

g

8 22,4 375

8 23,7 375

8,5 19,9 382.3 6,5 17,6 326,9

8 22,6 375 8,5 23,1 382,3 6,3 20!3 535,7

6,5 18,0 461,5

9 25,7 333,3 - - 2 1 , 6 - -

7 93_ ,2 714,3

L e b e r

g g 1 9 - -

2 7

30 2375 27 2250 31 2250 19 20 22,5 33 2750 29 2625 14 14,5 30 3125 33 2250 27 26 32

20 20

22,5 20

21 15 !

I

18 ' 22 !

23.2 i 23

15

25 23 22,51

,!

m

g

250 280

3O0 210

3O0

108

64

95

73

160

Milz

g

5 5

3,5

4

1

5

Beide Nieren

B e m e r k u n g e n

g

32 56

35 32

48

45

32

30

18

g

22

aus Kentschgau

aus Kentschgau

r O l l S C H ~ . F E R

aus Kentschgau

desgl. aus der Graupenstr.

yon Ft. JUTTKA desgl. ist blol3 3Woch. ge-

stopf~, Kentschg. blot32Wch.gestopft,

v 0 n S C I - I s

3 Wochen gestopft, war vorher schon sehr schwer

Page 14: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

474 Wilhelm Roux

T a b e l l e

Gewicht Lau - 'der ent-

fonde Datum, Nahrung blutete~ ~r . Gans

ohne _ _ Federn

38 4. X. 83 Gerste, Kar- 3100g toff., Runkeln

39 5. x . 83 I - 1 3500 40 10. X. 83 - - I 2750 41 13. X. 83 Feldgans, I 3350

42 15. X. 83 [ G teers I 3750

43 17. X. 83 Stopfgans 5750 44 17. X. 83 Gerste 6100 45 22. X. 83 ] Hafer ] 3100 46 i 26. X. 83 Hafer [ 4100 47 31. X. 83 Stopfgans 5000 48 1. XI. 83 I Stopfgans 6125

49 9. XI. 83 / Hafer I 4250 50 10. XL 83 / Hafer-Fett- / 4500

] gans [ 51 15. XI. 83 / ttafer, / 5750

[ Stopfgans [ 5~ ~4. XL 83 / - - I 5250 53 30. XI. 831 Stopfgans ]6000

54 28.XIL 83 ] Stopfgans ] 6500 55 6 XI 83 |~ ~ ! 6500

�9 " ~erste, 56 6. XL 83 [/ / 6500 23x 'I H~t'~" / 57 . I. 8 3 6625 58 7. XI[. 83 Malz 4250 59 3. L 84 Stopfgans / 8250 60 18. II. 84 I Stopfgans ] 6000 61 28. II. 84 i Stopfgans / 6750 62 16.VIII.84 1 tta~er /3000 63 22.VIII.84[ Stopfgans [ 4000 64 11. IX. 84[ Hater / 4125

65 12. IX. 84 Hafer ] 3750

t 66 2. X. 84 I , Haler [4000 67 23. X. 84 Stopfgans / 5875

|

Musculi laterales des hluskelmagens:

Gewicht querschn i t t Summe i Gew.- beider ~Verh~lt- Gewicht des in qcm des ' his der

i' Quer- Mm, lat. beider rechten I l inken rechten I linken schnitt, z. Gans

- i - L - 22,2 J j

220 119,3 33,o 53.1 ~ 1~.9 22,9 42;2[ 33:1

i71 96 f is,4! 26,7 45 , t i 19,5

165 - - i 16,0 ] 19,9, 45,9 22,7 75 - - i 8;4 I 11'51 19,9 i ,6,6

205 113 20,6 23,0 I 43.6[ 29,7 132 - - 11,6 16,4 I 28' 23.4 172 - - I 15,6 [ I 23;8 22,6 I 38.2

6994 - - ' 8,2 ' 10,4 53,2

149 - - ~ 88,7

120

125 - - 6O

65 185 160 205 150 102

70 76

190

220

175 35,7

150 26,6 92 64,6

Page 15: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

~'ber die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans. 475

I.

D r f i s e n m a g e n .... 6ew~cht i _ _ _ ~ ~ewlcn~

~.~'~ I FI~- ] Ge- i be lder R1? ~" [ chen - i w i c h t s - ! H e r z -

elb- ]~]ewicht a u s d e h - / ~'erhRlt-: v e n t r i l)latten n u n g n is z n r ' k "

in qcm Gans el

Gewich t

A::s L e b e r ' Beide

Milz L u n g e n Beldo N i e r e n

Bemerkungen

g g g g g g g . . . . 1 9 . . . .

11 33,5 318 23 i 5.5 10 27,8 275 20 98 20,5

7 22,2 478,5 22 120 2 44

7 25,9 535,7 22 i 75 5 21,9 1150 - - 280

5,0 8,5 27,6 717,6 30,7 193 4 31 7 2118 442,8 18,5 i ] 8,3 25 ,2 :493 ,9 27,5 6,5 20,0 769,2 24 2000 54!

4,5 'i 10 612,5 26,5

4,6 7,7 I 551,9 21 2000 31 715 7,5 ! 600 27 1750 125 30

8 718,7 31,5 2000 188 39

I - - 35 175

6 1000 30 29 375 5 45

i _ i I _ _

! r - I

8 1031,2i 36,5 3750 290 6 59 7 859,1 i 27 8 38 7 96~,3 30 450

10 300 ! 2 0 112 10,5 27 7,5 592,5 24,5 162 2!! 31

10[ 21 ~ 26 115 11,5 50

6 7,5 500 22,5 105 2,2 34

27 88 1 29 8,5 8 734,3 24,5 295 2

- - i aus Jena

yon SCH.~FER. 24 aus Jena yon R. 22 ,5 K~rner vom Stop-

pelfeld, aus Jena, y o n S A C t t S E

V. S C H . ~ F E R gestopft 42 aus Berlin v. Frau B.

3 Wochen 1 Tag ge- stopft, wog vorher 6--7 Pfd.

kurze Zeit genudelt

] viel Blut in den ' Lungen

V. S C t t A F E R , Breslau

aus Berlin, haben viel Fe t t

blo~ 8 Tage gestopft viel Pulpa in der

Milz wenig Pulpa in der

Milz

Page 16: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

476 Wilhelm Roux

Es darf erfahrungsgem~iB damit gerechnet werden, dab die grofie Mehrzahl der G:~tnse dutch Darbietung einer geeigneten Menge und Art yon Nallrung nach Belieben sowohl auf Fleisch- wie auf Fettansatz gem~stet uerden kann; und man kann daher bei gleicher Art der Nah- rung, wenn mehrere Fi~lle vorliegen, aus griiBerem Gewicht des Tieres a u f gr ( iBere A u f n a h m e und V e r a r b e i t u n g yon :Nahrung schlieBen. So dUrfen wir annehmen, daB die Mehrzahl der schwereren GKnse im allgemeinen mehr gefressen haben als die erheblieh leichteren G~inse, wenn auch einzelne Ausnahmen davon vorkommen miigen, die auf Verschiedenheiten der Disposition der Tiere zum Ansatz bei gleieher Nahrungsart und Menge beruhen. Die Fleischmast und die Fettmast sind in jedem Monat yore September bis Februar m(iglich ; ob frUher schon, ist uns nicht bekannt. Dieser Ansatz ist also nicht etwa so yon der Zeitperiode abhi~ngig wie die typische Atrophie des Magens, die wir (s. u.) bei nur zur Erhaltung eines mi~Bigen Gesamtgewichts ausreichender ~Nahrung im Dezember und Januar aufgefimden haben.

Der Muskelmagen der erst vor wenigen Tagen ausgeschlUpften G~inse isr bereits in seiner typischen Gestalt ausgebildet, ehe er seine spezifische Reibefunktion ausiibt. Sein dieser Funktion entsprechen- der Ban wird daher durch die gestaltenden Potenzen der causalen Periode I hergestellt. In den ersten 2 bis 3 Monaten wachsen die jungen G~nse bei der yon ihnen gewahlten und am besten vertragenen Grasnahrung Uberaus rasch zu einem Gewichte von 2 bis 4000 g heran and bilden dabei auch ihren Muskelmagen zn bedentender GriiBe aus. Das ist den ZUchtern bekannt. Leider haben wir davon abet nur weniff W~tgungen. Wir fanden aber im Juni die Mm. laterales yon nur 3000 g schweren: auf gew(ihnliche Weise erst mit Gras dann auch mit K(irnern geftitterten G~insen schon 140 his 150 g schwer.

Ob diese rasche VergrSBerung noch rein auf dem vererbten selbst~indigen Wachstum der Periode I beruht, oder ob funktionelle Anpassnng schon einen, sei es geringen oder groBen Anteil daran hat, k~nnen wir, so sehr die starke Funktion des Graszerreibens dies auch nahe legt, auf Grund unsres Materials nicht beurteilen. Dazu h~ttten wir Versuche haben mtissen, welche bekunden, ob dies Wachstum im zweiten Lebensmonat auch bei :Sudel-oder Breigi~nsen stattfindet; aber solchen Versuchen steht entgegen, daB nach den An- gaben der ZUchter die G~inse in den beiden ersten Monaten sehr empfindlich gegen Nahrungswechsel sind und dabei rasch wegsterben.

Die groBe Tabelle I gibt die Resultate meiner eignen Wagungen und Messungen an 38 K~irner- und 20 h'udelgitnsen. Die yon mir

Page 17: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

L'ber die f unk t i oue l l e A n p a s s u n g des M u s k e l m a g e n s de r Gans . 477

T a b e l l e I I .

J u n i . . . . . . J u l i . . . . . .

Mittel

A u g u s t . . . .

Mittel

S e p t e m b e r . , .

Mittel

0 k t o b e r . . . .

Mit tel

N o v e m b e r . . .

Mittel

D e z e m b e r . . .

Mit te l

J a n u a r . . . .

Gewicht dot Gewicht der u

Gans Muse. lat . Musk. zur Guns

ohne Federn

g 3000 3125 3090 3250

3125

2125 3OOO 3250 3375 35O0

3083

4125 3750

3927

4100 400O 3100 3100 3500 2750 3350 3750 6100

3570

425O 450O 65OO 6500 6625

5673

3750 2500 30O0 3000 2625 4250

3148

3 8 ~ 4OOO 4OOO

g 147 149 130 159

146

99 147 166 150 147

142

220 170

195

172 150 132 140 220 183 171 165 2O5

171

148 149 185 160 220

172

130 148 135 163 121 150

141

114 136 121

1 : 20,4 1 : 20,9 1 : 23,0 1 : 24,4

1 : 21,4

1 : 21,3 1 : 20,4 1 : 19,6 1 : 22,5 1 : 23,8

1 : 21,6

1 : 19,0 1 : 22,5

1 : 20,7

1 : 24,4 1 : 26,6 1 : 23,5 1 : 29,2 1 : 16,0 1 : 15,0 1 : 19,6 1 : 22,1 1 : 29,7

1 : 22,8

1 : 28,7 1 : 30,2 1 : 35 ,1 1 : 40,6 1 : 32,3

1 : 33,1

1 : 28,8 1 : 16,9 1 : 22,2 1 ~ 18,4 1 : 21,7 1 : 28,3

1 : 22,3

1 : 3 3 , 7 1 : 29,4 1 : 33,0

Page 18: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

478 Wilhelm Roux

in Breslau untersuchten sogenannten K(irnerganse waren mit wenig Ausnahmen (ira Oktober und November) nicht gemastet, sondern es war ihnen Hafer, Gerste und Kleie in gewShnlicher Menge dargeboten worden. Ich stelle ihre Ergebnisse auszugsweise in Tabelle II nach Monaten geordnet zusammen.

Die G~inse des Juli, August, Oktober und Dezember zeigen fast das gleiehe Gesamtgewicht yon 3000 bis 3500 g und eignen sich daher sehr zum Vergleiche des Verhaltens in den versehiedenen Monaten. Dabei betragt das Gewicht der Reibemuskeln, der Mm. laterales~ im Mittel jedes Monats 146, 142, 171, 141, im Gesamtmittel 150 g auf 3309 g mittleres Gesamtgewicht, also ein Verhaltnis beider yon 1 :22 , das sich als Mittel yon 1:21,4, zu 21,6, zu 22,8, zu 22,3 ergibt. Diese Proportion schwankt also in diesen Monaten bei nur ge- ringen Sehwankungen des Gesamtgewichts fast gar nicht. Im Januar dagegen zeigte sich eine erhebliche Anderung. Das absolute mittlere Magengewicht -nahm erheblich ab, sank yon 150 auf 124 g, trotz (wohl frtiherer) Zunahme des mittleren Gesamtgewichts, yon 3300 auf 3800 g. Es fand somit im J a n u a r eine a u s g e s p r o c h e n e ' R U c k b i l d u n g des Magens trotz einer geringen aber deutlichen Steigerung des Gesamtgewichts statt; diese RUckbildung ist so stark, dab dabei das relative Gewicht yon 1 : 22 auf 1 : 31,8 sinkt. Dies geschah bei einer mageren Kost, welche den Tiereu im ganzen aber noch ein geringes Waehstum (auf 3950 g im Mittel) gestattete. Wir sehen also: wahrend in den ersten drei Lebensmonaten das Gesamtwachstum ein sehr rasches war, und der Magen dabei auch sehr rasch auf etwa 150 g gewachsen war, hat er das so erlangte Gewicht bei ausbleibendem oder doch nur geringem weiteren Gesamtwachstum noch einige Monate behalten und ist dann bei weiterer Fortdauer derselben Verhaltnisse im Januar in allen drei Fallen erheblich rUckgebildet worden. Er hatte also seine Selbsterhaltungsfithigkeit nach langerer Dauer der ver- ringerten FunktionsgrSBe eingebiiflt. D a s i s t Inaktivit~itsatrophie und damit deutliche Anpassung an ein in de r Z e i t e i n h e i t ve r - r i n g e r t e s MaB der F u n k t i o n . So leichte Muskelmiigen sind uns in der Zeit yon Juli bis Dezember bei K(irnerg~insen nicht zur Be- obachtung gekommen. Der Muskelmagen vermag also im Januar bei verringerter Funktion sein frUher gebildetes Volumen nicht mehr zu erhalten, und daraus folgt erst recht, dab er, wenigstens bei der gebotenen Nahrungsmenge~ ohne Funktion nicht mehr zu wachsen vermag. Der Magen befindet sich also im Januar, in dem 9. bis 10. Lebensmonat~ bereits vorgeschritten in der Zwischenperiode doppelten

Page 19: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

I'~ber die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans. 479

Bcstimmtseins, mindestcns hat das SelbstcrhaltungsvcrmiJgcn bei herab- gesetzter Fuuktion und sparlicher •ahrung sehr abgenommen.

Die leichtestc Gans des Oktober yon 2750 g Gewicht ohne Federn zeigt mit 183 g die relativ schwersten Reibemuskeln, namlich tin Verhaltnis yon 1:15. Die drei erst mehrere Tage alten Ganschen boten bei 28 g' Muskelmagengewicht sogar ein Vcrhliltnis yon 1:11 dar. Die Ganse des ~ovember, meiner Tabelle II, und die letztange- reihte schwerste Gans des Oktober entsprcchcn nicht denen der andern Monatc, denn sie haben statt 3000--4000 g ein mittlercs Gesamt- gewicht yon 5600 g. BezUglich der schwersteu yon ihucn ist mir bekannt geworden, dab sie auch Fettbildner: Malz uud Kartoffeln erhalten batten. Ihr Muskelmagen hat im Mittel absolut ctwas zu- genommen, aber in bezug auf das Gesamtgewicht glcichwohl erheb- lich an Gcwicht verloren, denn die Mm. laterales wicgen nur noch im Mittel 1/33. Es fehlt also an einer der grSBeren bewaltigten Nahrungsmenge ganz entsprechenden Zunahme der Magenmuskulatur. Wir schlieBen daraus abet nicht~ dab der Magen dieser Tiere zur funktionellen Anpassung unf:,ihig war, sondern dab die frUhcr cr- langte Magengr~l~e zu dem KSrperwachstum noch ausgereicht hat~ was leicht mSglich war, da das Nahrungsmaterial in diesen Fallen zum Teil wcicher und zur Mast geeignet war.

SCHEPELMANNS aUS andcrn Gegenden mit andern Ftitterungs- gewohnheiten stammende KSrnerganse zeigen in der nach Monaten geordneten Tabelle I | I auf folg. Scite~ wclche aus seiner groBen Tabelle A ausgczogen worden ist, vom Oktober his Dezember eine Zunahme der mittlercn Gesamtgewichte yon 5054 g im Oktober auf 5861 g im Dezember; dabei wachst das Gewicht der Muskelmagen yon 149 g im Mittel auf 163, die relativen Gewichte sinken dabei ein wenig', yon 1 : 34,3 auf 1 : 36,0.

Der Magen nimmt also zu dieser Zeit auch in dieser Beobach- tungsreihe mit dcm Gesamtgewicht des KSrpers im Mittcl absolut zu; doch sind die individuellen Verschiedenheiten innerhalb der Reihen fast noch grSBer als bei den meinigen; und auch in diesen Fallen ist uns die Vcrschiedenheit der ~ahrung nicht bckannt. Vom Januar sind seitens SCHEPELMANNS leider keine Wagungen mehr vorhanden.

Gehen wir nun zu den g e n u d e l t e n G a n s e n tiber, so wollen wir zunachst die Ergebnisse der Wagungen, die in der Tabelle A SCHEPELMANN8 enthalten sind, besprechcn.

Das Fett dieser Tiere konnte nicht abgetrennt und daher nicht gewogen werden, da der Handler die RUmpfe verkaufen wollte.

Archly f. Entwicklungsmechanik. XXI. 3~

Page 20: Über die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans

T a b c l l e I I I .

10. Oktober . .

Gewicht der Gewicht der VerhMtnis

Gans ~Iusc. la tera les Musk. zur Gans ohne Federa

g 5170 4000 6000

Mittel

11. November .

Mittel

Dezember . . .

Mittel

g 191 115 141

5054

5750 6250 4500 4250. 5900 4750 5000 5000 4750 5750 5770 5250

5170

5000 5OOO 6750 7000 5500 5500 65OO 6500 5O00 5500 50OO 650O 5250 5500 7250 6500 6500 4750

586i

149

205 210 146 132 157 150 148 149 125 150 141 124

153

184 175 214 209 169 161 200 187 146 156 144 162 138 137 173 149 149 104

163

480 Wilhelm Roux

27~0 34,7 42,5

34,7

28, t 29,6 30,9 31,4 31,7 33.0 33,8 33,5 38,0 38,4 41,5 42,4

31,3

27,1 27,5 31,5 33,4 32,5 34,2 32,5 34,7 34,0 35,2 34,7 40,0 37,8 4O.O 41,7 43,6 43,4 45,6

36D

Dieser schi~tzte das Fe t t au f e twa 1 P fund mehr als bei den KSrner -

g~tnscn; sie s ind also fUr ~Nudelgi~nse sehr wenig fett. Sie haben

auch dasselbe Mittelgewicht wie SCHEPELMAXNS K(irnergitnse~ n~tm-

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Uber die funktionelle Anpassung des l~Iuskelmagens der Gans. 481

lich 5591 gegen 5547 der letzteren; auch die Extreme sind we- sentlieh dieselben: das Minimum betr~4"t wie bei den KSrnerg~tnsen 4250, das Maximum 7625 gegen 7250 der KSrnergiinse. Das relative Gewicht der Mm. laterales nimmt in deutlieher Weise 7 wenn auch nicht s t e t i g mit dem Gesamtgewiehte ab. Dabei zeigen sich wieder s tarke individuelle Verschiedenheiten, die wohl aufVersehiedenheiten

T a b e l l e IV.

a . S C H E P E L M A N N 8 sehwerste Nudelgiinse.

Mittel

Gewicht der Gans

g 7625 7050 60OO 6000 598O 6050

6500

Gewicht der Muse, la terales

g 103,8 101,6 82,6 81 87 93

91,5

Yerhf~ltnis Musk. zur Gans

1 : 73,4 1 : 60,5 1 : 72,0 1 : 74,8 1:68 1:65

1 : 70,0

b. SCrIEPELMANNS leiehteste Nudelgi~nse.

Gewicht der Gewicht der Yerh~,ltnis Gans Masc. laterales I Musk, zur Gans

Mittel

g 4600 4400 4250 4250 5050 5375

4654

g 100,5 1 : 45 79,0 1 : 55 70,2 1 : 65 69,0 1 : 61 72,0 1 : 70 80,0 1 : 66

78 1 : 60

der eignen Disposition und der Art der Erni~hrung beruhen werden. Aber das Mittel der schwersten seehs G~nse ergibt auf 6500 g bloB 91 g Mm. lat., also eine Relation yon nur 1 : 70; w~hrend die seehs leieh- testen Nudelganse bei 4650 g Mittelgewicht 78 g Mm. lat. und damit noch ein Verh~tltnis yon 1 : 6 0 darbieten. Somit hat bei weicher Nahrung und nur g e r i n g e r F e t t m a s t das Gewieht der Magen- muskeln gegen das der KSrnerganse mit 1 5 0 - - 1 7 0 absolutem und 1/'22 relativem Gewicht absolut und relativ s tark abgenommen, was wieder deutliche I n a k t i v i t ~ t t s a t r o p h i e bekundet.

32*

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482 Wilhelm Roux

DaB dabei die schwereren G~inse noch zwar relativ leichtere aber absolut ein wenig, im Mittel um 13 g schwerere Mm. laterales des Muskelmagens hubert als die leiehteren Nudelg~tnse, berechtigt, nach- dem durch die frtiher erw~thnten Beobaehtungen die Aktivit~ttshyper- trophie und Inaktivit~ttsatrophie dieses Muskels f|ir diese Zeit erwieseu sind, nunmehr umgekehrt zu dem RUcksehluB, dab selbst diese weiche Art der Nahruug doch noch, wenn sic in vermehrter Menge dargeboten wird, auch den Magen mehr zu Reibebewegungen veranlaBt, da[~ er also dabei nicht um so unti~tiger ist, je mehr er yon der weichen Masse erhiilt, uud dab er deshalb auch nicht so stark schwindet. Das ist nicht auffallend.

Tabe l l e V.

Rouxs sechs schwerste Nudelg~inse.

Gewicht tier VerhMtnis Masc. la terules Musk. zur Guns

Nr. 19 Nr. 59 Nr. 61 Nr. 60 Nr. 53 Nr. 54

Mittel

Gewicht der Guns

g g 7250 97 8250 102 6750 76 6000 60 6000 60 6400 65

1:74 1 : 80,8 1:88 1:85 1:100 1:100

6775 77 i 1:88

Eine erhebliche Steigerung erfi~hrt die Herabsetzung des Mageu- gewiehts bei den yon mir in Breslau gewogeneu Nudelgi~nseu, welehe nach den bei ihnen in mehreren Fallen mSglichen Wagungen viel mehr Fe t t , 2 @ - - 3 7 0 0 g gebildet hatten. Hier wird, wie Tabelle V zeigt, trotz etwas gr(igeren mittleren Gesamtgewiehts der seehs sehwersten Fettgiinse sowohl das absolute wie das relative Gewicht der Museuli laterales gegen dasjenige bei SCHEPELMANNS schwersten Nudel- giiusen nochmals erheblieh herabgesetzt; die absoluten Gewiehte sinken im Mittel yon 91 auf 77 g, die relativen yon 1/70 auf 1/88.

Aber es fifilt bei weiterer Beobachtung dieser Tabelle auf: dab in Abweiehung von dem Verhalten der Nudelgi~nse SCHEPELMANNS ' die weuiger sehweren unsrer schwersten G~inse yon nut 6000 bis 6400 ff Gesamtgewicht die rel a t iv leiehtesten Musc. laterales haben, ni~mlich 1/100 gegen 1//80 der schwersten. Absolut haben die leich- tereu Giinse auch noch die leichteren Magen wie bei SCHEPELMANN. Worauf aber das abweicbende VerhaIten beruht, vermi~gen wit niebt

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L'ber die flmktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans. 483

zu beurteilen, da wir iiber die Besonderheiten der Ern~hrnng und Behandlung dieser Tiere niehts wissen. Vielleieht sind sie besonders rasch und gewaltsam oder mit weniger gepfefferter und daher weniger chemisch reizender Nahrung genudelt worden.

Da bei den Nudelg~insen das relative Gewieht der Muscnli la- terales des Muskelmagens yon 1/15--1/'22 der Magerganse auf 1/80-- 1/100 bei den Nudelg~insen gesunken ist, k a n n also d u r c h FUt- t e r u n g mi t w e i e h e r / 'qahrung das r e l a t i v e G e w i e h t tier M a g e n m u s k u l a t u r a u f ein V i e r t e l bis ein F t in f t e l , j a e in S e e h s t e l des bei g e w S h n l i e h e r :Nahrung im g l e i e h e n L e b e n s - a l te r s ich a u s b i l d e n d e n Verh~t i tn i s ses r e d u z i e r t w e r d e n .

Diese relativ sehr leiehten Miig'en sind sehr blab und sehlaff. Es ist wohl anzunehmen, dab bier nieht nur Inaktivit~tsatrophie, son- dern noch etwas Pathologisehes, wenn aueh nieht, wie BRA.~DES meint, nur Pathologisches vorliegt. Dies ist vermutlieh in folgender Weise abzuleiten. Zum Zweeke des Fettansatzes wird in den Nndeln eine an EiweiB arme :Nahrung im UberfluB gewaltsam eingefiihrt. Der EiweiBmangel bewirkt eine starkere Konkurrenz der Organe um das EiweiB, als sie normal stattfindet. Dabei wird den weniger t~itigen Organen die EiweiBnahrung yon den tatigen vorweg ge- nommen, ahulieh, wie dies z. B. seitens der MilehdrUsen S~iugender bei unzureiehendem Kalkgehalt der :Nahrung gesehieht, indem diese DrUsen dem Knoehen die Kalksalze aus dem Blute vorweg nehmen, weshalb die neugebildete Knochensubstanz viel l~inger und daher aus- gedehnter kalkfrei bleibt, als dies naeh G. POMI~IERS Entdeekung sehon normalerweise der Fall ist. So werden die t~tigen Muskeln des K~irpers dem weniger tEtigen Magenmuskel die EiweiBnahrung vorweg nehmen. AuBerdem wird wohl aueh noeh, wie es sonst bei partiellem oder tota- lem Hunger erwiesen ist, Organeiweil] der am wenigsten t~tigen Organe verflUssigt, in die Blutbahn gebracht, und yon den tKtigen Organen verbraucht. Wenn die Magenmuskeln bei ehemiseh gleich eiweiB- armer Nahrung noch in normaler Weise zum Reiben angeregt warden, so w|irden sie vermutlich trotz des EiweiBmangels nieht so dUnn und blab werden. Das l~tBt sieh vielleicht experimentell dureh Beifllgung yon Sand zu den Nudeln erreiehen und so prtifen.

Sofern die Tiere in enge KKsten gesteekt werden, wird aueh die Rumpfmuskulatur stark in ihrer Tatigkeit herabgesetzt und so die Konkurrenz um die Nahrung zwischen ihr und den Magenmuskeln verringert. Wie groB dieser EinffuB ist, kann nut durch besondere Versuche ermittelt werden.

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484 Wilhelm Roux

Wenn dagegen die Miigen der genudelten Giinse sich im Ok- tober und ~N'ovember noch in der Periode der Selbsterhaltung der Organe ohne Funktion befinden, so wUrde Inaktivitiitsatrophie an der RUckbildung keinen Anteil haben, sondern die EiweiBarmut der ~'ah- rung w:,tre als die alleinige Ursache der Atrophie anzunehmen. Bei- des ist bei unsrer jetzigen unzureichenden Kenntnis vorstellbar und wit kiinnten also aus dieser Atrophie Ftir sich allein keinen SchluB darauf ziehen, in welcher yon beiden Perioden der Magen sich zu dieser Zeit befindet. Da wir aber aus andern Vorgi~ngen schon er- schliellen konnten, dab die Muskelmiigen sich bereits in der Zwischen- periode doppelten Bestimmtseins befinden, wird die obige Ableitung' wohl der Hauptsache nach das Richtige treffen.

Die Fi~lle yon nut geringer Magenatrophie mit einer Relation yon 1/45--1/55 (s. SCHEPELMA~BIS Tabelle A, •udelgiinse Kolumne V) stellen auch im Mittel die leichteren Tiere dar. Sie rUhren also wohl yon weniger eiweiBarmer :Nahrung her und der Schwund kann als ein- fache Inaktivitiitsatrophie aufgefaBt werden. Der Muskel wird dabei auch nicht so blaBbraun, wie in den hohen Graden der RUckbildung, obschon der Magenmuskel auch in nur wenig atrophischen Mfigen nicht die auffallende tief dunkelrote, thst an die dunkelrote Farbe der quergestreiften Muskulatur der lange untertauchenden und daher vial Sauerstoff aufspeichernden SKuger (Delphine usw.) erinnernde Fiirbung des Muskelmagens der Gras- und K(irnergi~nse zeigt.

Wo die Grenze zwischen bloBer Inaktivitiitsatrophie und der Aushungerung dutch Konkurrenz um die gebotene ~Nahrung und weiterhin der Einsehmelzung der Strukturbestandteile dutch Hunger- wirkung liegt, ist vorlliufig nicht bekannt. Vielleicht kann ~enaue mikroskopische Untersuehung einige Aufkliirung bringen.

Wir kommen nun zur Beurteilung der Ergebnisse yon SCHEPEL- ~IANXS e ignen F i i t t e r u n g s v e r s u c h e n . Sie betrafen sechs Ge- schwister im gleichen Alter yon 9 Wochen, die bisher auf der Weide lebend in der sehr kurzen Zeit bei Gras und Kleefntter Lebend- gewichte yon 3400--4300 g erreicht hatten. Also trotz gleicher Nah- rungsgelegenheit und gleicher Abstammung war die individuelle Dis- position so verschieden, dab die Gewichte um ein Viertel differierten. Der Vorteil der gleichen Disposition zur Erni~hrung und zum Wachs- turn, auf den wir bei Geschwistern gerechnet hatten, war also doch nur mangelhaft vorhanden. Immerhin ist auch das in 9 Wochen erreichte Minimalgewicht yon 3400 g ein sehr ansehnliehes. Die Tiere waren s~imtlich gut zur Mast veranlagt, und der ZUchter gab

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[~ber die funktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans. 485

sie daher nur ungern her. Sic hatten bei dem raschen Wachs- turn gewil~ aueh schwere Muskelmi~gen ausgebildet, und wir irreu wohl wenig, weun wir die Gewiehte der Museuli laterales am Be- ginn des Versuches auf 150--170 g schi~tzen. Denn es wogen im Juni die Mm. laterales yon nur 3000 g schweren G~nsen, Nr. 24--28 meiner Tabelle~ schon 140--150 g', deshalb werden die entsprechenden Muskeln unsrer bereits ein Drittel schwereren Gitnse wohl auf etwa 150--170 g., vielleicht noch erheblich hSher geschStzt werden dtirfen. Ieh habe bereits im August bei einer Hafergans yon 3000 g (Nr. 62) sogar ein Gewieht der Mm. laterales yon 2~5 g gefunden. Es ist natUrlich ein Fehler, dab wir die wirklichen Anfangsgewichte nicht sicher wissen kSnnen, und einige Folgerungen werden dadurch un- sicher werden.

Die Breigiinse und die KSrnerg~tnse bekamen chemisch dieselbe Nahrung aus Hafer, Mais und etwas Weizen gemengt, die BreigKnse aber in gemahlenem und erweichtem Zustande, die Ki3rnergi~nse in nattirlichem Zustande. Die letzteren bekamen Sand, die ersteren nicht. Sic knapperten aber etwas Kalk you den Witnden.

Die KiJrnerg~tnse boten, nach 51/2 bis 6 Monaten geschlachtet, ohne Federn nut um ein Siebentel bzw. ein Drittel hSheres Gewicht dar. Die Mm. laterales wogen nur 113 bzw. 103 g, waren also leicht und trotz der starken Reibet~ttigkeit im absoluten Gewiehte gegen frtiher stark zurUckgegangen. Diese Atrophie ist sicher, auch wenn unsre augeuommenen Anfangsgewiehte yon 150--170 g etwas zu hoeh seiu sollteu. Ieh glaube abet, sie sind eher zu gering ange- nommen. Diese Atrophie erkl~rt sich dureh das geringe und in den letzten 4 Monaten fast fehlende Waehstum (s. SCHEPELMANNS Tar. VII). Daftir war der bei dem frUheren starken Wachstum, das in 21/4 Mo- naten 3400--3900 g betrug, ausgebildete Muskel viel zu stark. Zudem war zur Zeit des TStens, Mitte Dezember und Anfang Januar, bereits die Zeit der Inaktivit~ttsatrophie des Magens bei fehlendem Gesamt- wachstum erreicht, die wir aus unsern Tabellen tiber die andern KSrnergi~nse schon erkannt haben. SCHEPELMAI~'N hat in seiner Ta- belle im Dezember nur eine KSrnergans yon fast ebenso geringem Gewichte, yon 4075 g, deren Mm. laterales wogen sogar nur 104 g, was eine Relation yon 1/45 darstellt; wiihrend unsre noeh 1/40 und 1/43 zeigen. Das Resultat ist also nicht absonderlich.

Die beiden Bre ig i inse SCHEPELMANNS hubert mehr zugenommen als seine Ki~rnergiinse, ni~mlich yon 4000 g auf 5478 und 5338 ohne Federn. Die Mm. laterales sanken dabei auf 93 und 96 g herab,

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486 Wilhelm Roux

was einer Relation yon 1/55 und 1,.59 entspricht. Diese Gewichte bekunden also eine noch nicht sehr starke'Atrophie, eine fihnliche, wie sie die entsprechend schweren ~udelg'Snse der Tabelle A, Reihen- nummer 5, 6, 7, 10 aus dem ~November anzeigen. Aber die st:,trkere A t r o p h i e in fo lge der B r e i f t i t t e r u n g t ro t z des g l e i c h e n E i - w e i B g e h a l t e s wie dem de r KSrne rg~ inse ist gegen die Mm. lat. dieser yon 103 und 113 g d e u t l i e h a u s g e s p r o e h e n , wenn wir uns den Unterschied aueh erheblich grSl~er gedaeht hatten. Einige Monate frUher, bevor der Magen unsrer K5rnerg~inse gleichfalls atro- phierte, war er jedenfalls viel erheblicher. Die im Gesamtgewieht entspreehenden Nudelggnse SCHEPEL3IANNS ans dem Dezember, Ko- lumne III l~r. 12., 13, 14, 20, zeigen schon noch kleinere M~tgen yon blofl 1/66--1/78, so dab also die Atrophie bei nnsern eignen Ver- suehstieren noch geringer ist, was wohl davon abzuleiten ist, dab unsern Tieren in dem dargebotenen Kiirnerschrot die HUlsen mit ge- reieht wnrden~ wenn auch in erweichtem Zustande. Da der Magen der G~tnse, wie DoYo~ durch sein Experiment mit der eingefUhrten Gummiblase gezeigt hat, selbst durch ein so glattwandiges Gebilde sehr erregbar ist, so haben wohl die Htilsen und der yon den Wiin- den abgeknapperte" Kalk den Magen mehr in Tiitigkeit gesetzt, als letzteres bei den regelrecht gezUchteten, in K~isten gesperrten Iqudel- giinsen der Fall war.

Es bleibt noch das Verhalten der beiden mit gemahlenem Fleische, nnd da sie reines Fleiseh nieht fraBen, noeh mit 10--12o/0 erweiehtem Kiirnersehrot gefiitterten sogenannten F l e i s c h g l i n s e zu beurteilen.

Die eine yon ihnen nahm bei dieser Kost yon 434X) auf 4948 g zu; die andre tat, wie Tabelle VII SCHEPELMANNS zeigt, -{hnliches in den ersten 31/2 Monaten gleiehfalls, bekam dann den bSsartigen Band- wurm und hat sich auch nach dem Abtreiben desselben nicht wieder erholt, sie nahm yon 3600 g am 12. Juni, nach erheblicher Steigerung auf 5400 g einschl. Federn, bis zu 2720 g am Schlachttage, dem 4. Januar, ab.

Die Mm. laterales der ersten Gans wogen am 28. Dezember, dem Schlachttage 185 g, gleich 1,/26, die der zweiten 120 g, gleich 1/22 des Gesamtgewichts ohne Federn. Der Magen der ersteren hatte trotz der weichen 5/ahrung statt abzunehmen vielleicht sogar yon etwa 150 oder 170 auf 185 g zngenommen. Oder, wenn wir annehmen, dab er, wie es nieht nnwahrscheinlich ist, schon am Versuchsbeginn 185 g gewogen habe, so h~ttte er sein Gewicht behalten statt wie die Breig~tnse infolge der Reibungsverminderung stark etwa auf 100 g

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l"ber dic filnktionelle Anpassung des Muskelmagens der Gans. 487

abzunehmen oder uie die der KSrnerg~tnse zur selben Zeit auf 113 g zu sinken. Die Mm. laterales tier kranken und im Gewicht auf 2700 g herabgesunkcnen Fleischgans sind zwar stark geschwunden, wiegen abel" noch 120 g, also noch ein wenig (7 g) mehr als die tier KSrner- g~insc yon erheblich schwererem Gesamtgewicht zur selben Zeit.

Das ist ein vielleicht manchen iiberrasehendes, ja verwirrendes Ergebnis; und wet es fUr sich allein betrachtet, kann fo]gern, .~)dall sich das ~Niehtbestehen einer funktionellen Anpassung des Muskcl- magens der Giinse auf das Evidenteste ergeben~, habe.

Das R~ttsel 15st sich durch BerUcksichtigung der typischen, ur- s~ichlich verschiedcnen Bildungsperioden, die bereits vor einem Viertel- jahrhundert yon mir, also nicht erst hier ad hoc aufgestellt worden sind, die aber bisher fast niemand verwertet hat J).

Es liegt hier vielleicht Hypertrophie eines Organs, mindestens aber Erhaltung hohen Organgewiehtes bei zweifellos starker Herab- setzung der Funktion vor. Dies wUrde in der ersten Bildungsperiode nicht auffallen, sofern es mSglich ist, dab bereits stark fimgierende Organe noch l:,ingere Zeit in dieser ersten Periode verbleiben kSnnen. Aus den friiher besprochenea Ergebnissen wurde aber ersehen, dab das geprtifte Organ im Dezember je nach Umstiipden nicht nut der Aktivit~ttshypertrophie, soudern auch der Inaktivit~ttsatrophie fithig ist. Da der Magen hier aber selbst bei starker Herabsetzung der Funktion sich auf hohem Gewichte erhalten hat, j a vielleicht sogar noch dabei gewachsen ist, so folgern xvir, dab er sich in der Periode doppelten urslichlichen Bestimmtseins befindet, dail also noch vererbtes, yon der Funktionierung unabhiingiges Erhaltungs-, vielleicht auch Wachstums- vermSgen vorhanden ist~ obsehon er zur selben Zeit auch der Inaktivi- t:,itsatrophie unterliegen kann.

Um diesen Widerspruch zu verstehen, ist daran zu erinnern, dal] sich die gegebene Charakterisierung der Perioden auf das nor- male Geschehen bezieht, welches auch nur unter normalen Verh~,ilt - nissen stattfindet. Dazu gehiirt eine normale Erniihrung, die zu nor- maler Blutmenge und zu normalem Eiweil]gehalt des KSrpers ftihrt. In unserem letzten Versuche dagegen haben wit die entgegengesetzte Abnormit~tt wie bei den schweren Stopfg~insen; start Eiweil]mangel mit Konkurrenz der Organe am das zu sp~trliche EiweiB~ besteht bier bei der gesunden Gans absolater, bei der erkrankt gewesenen rela-

1) Sich(~ dagegen die Arbeit yon H. MEYBURG, Zur Kenntnis des Stadiums der prim~iren in toto konzentrischen Knochenbildung. Archly f. mikr. Anat. Bd. 64. 1904.

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488 Wilhelm Roux

fiver EiweiBtiberflufl. Und abnorme Hypefitmie kann auch eiu unter normalen Verhaltnissen nur minimales oder fast erschSpftes Selbst- wachstumsvermSgen zu hoher Tiitigkeit bringen. Wenn H y p e r a m i e bei e inem G e w e b e ke in W a c h s t u m mehr v e r a n l a s s e n kann , d a n n i s t d a s G e w e b e s i c h e r in der d r i t t e n P e r i o d e . Normaler- weise erh~tlt der Magen durch die reg'ulatorisehe Verteilung nur so viel Blut zugeftihrt, als seiner durch die erblich iibertragene Waehtums- gri~ge oder dureh die Arbeitsgffige bedingten Affinit~t entsprichtl). Aus diesem Grunde wird weniger tiitigen Organen in der physiolo- gisehen Konkurrenz um die Nahrung auch weniger iNahrung zuge- fUhrt und so Atrophie veranlagt. Diese Inaktivitiitsatrophie berubt im Zwiscbenstadium also wohl mit auf schw~tcherer Attraktion der b!ahrung aus der umgebenden Lymphe, was geringeres Austreten aus den Capillaren und auch dem entsprechende, yon da ausgelSste nervSs vermittelte, spater bleibend gewordene geringere Weite der zuftihrenden Arterien zur Folge hat.

Hier dagegen fiillt infolge des E i w e i B U b e r f l u s s e s durch die Fleischnahrung dieses normale Regulationsmittel aus, und die sonst der Atrophic verfaltenden Teile-sind infolgedessen erhalten geblieben oder gar nocb gewaebsen. Letzteres ist vielleicht nicht der Fall ge- wesen, trotz riehtiger Annahme des Anfangsgewiehtes am 9. Juni; denn das vermutete Muskelwachstum yon 150 oder 170 auf 180 g wird wohl schon in den Monaten Juli bis September stattgefunden haben, fiir welche Zeit die MSgliehkeit tier Inaktivit~ttsatrophie des Muskelmagens noch nicht erwiesen ist.

Vielleicht schwindet aucb nieht dutch die Funktion gebildete Muskelsubstanz bei verringerter Funktion weniger leieht als die funktionell gebildete (s. Roux, 188L.

Mag das eine oder das andre der Fall gewesen sein, so rechnen wir dieses bier erkannte doppelte Verhalten zu der Periode doppelten ursiichlichen Bestimmtseins. In dieser Periode kann noch Fleisch- mast ohne gesteigerte Muskelfunktion stattfindell, was in der dritten Periode nicht mehr mSglieh ist.

Bei der gegebenen sogenannten Fleisehkost wird tibrigens die unzweifelhaft stattgehabte Herabsetzung der Funktion doeh vielleicht nicht so grog gewesen sein, als man sich bei der Bezeichnung Fleisch- kost vorzustellen geneigt ist; denn es wurde dem gemahlenen Fleisch 10--12o/0 erweiehter KSrnersehrot zugesetzt; und die HUlsen und

i) Prinzip der Selbstlbhnung (s. Roux, 1895, II. S. 215; 1905, S. 168'.

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i/'ber die funktionelle Anpassung des Muskelmagens tier Gans. 480

Schalen werden den iiberaus reizbaren Magen noch, wenn auch wohl in mit der Zeit abnehmcndem MaBe, zu st~rkeren und iifteren Kon- traktionen ang'ercg't haben, als reines gemahlencs Fleisch es ge tan haben wtirde.

Wir haben aber bei diesen abnorm mit EiweiBstoffen iiberladenen Fleischg~insen somit cine schon mehrfach g'emachte Erfahrung aufs neue gewonncn: In typischen oder normalen Verh:~tltnissen ermitteltes Geschehen braucht darum nicht auch in abnormen Verh:~iltnissen in gleicher Weise stattzufinden. Ebenso war es mit der typischen Art der Bestimmung der Medianebene, mit der Mosaikarbeit dcr Furchung'~- zellen als typische Leistung dieser Zellen und anderm. Meine ,,st~tn- diffenr Gegner haben aus diesem Verhalten seit Dezennien konse- quent den unrichtigen SchluB gezogen, das ftir die typischen Vor- gauge An~egebene mtisse falsch sein, wenn sich am selben Objekte, abet in andern Umst~nden ein andres Gesehehen gezeigt hat (1905, S. 235). Diese unzutreffende Opposition wird anscheinend so bald kein Ende finden.

Wit kommen nun zu dem Verha l t en der Hornschicllt oder der Cut icula dcr R e i b c p l a t t e n des Muskelmagens.

Diese Schicht ist auf dem Wall oder der Reibeleiste am dicksten nnd nimmt yon da aus anfangs rasch, dann lang'samer an Dicke ab. Da die GriiBe der Reibefunktion in eben solchel: Lokalisation ab- nimmt, kann in dieser .~nd.erung" der Dicke eine der FunktionsgrSBe entsprechende Gestaltung: also eine funktionelle Gestaltung g'esehen werden. Soweit diese Gestaltung schon bei den erst ausgekrochenen GSsseln vorhanden ist, ist sie also vererbt. Es ist die Frage, ob schon bald naeh dem Beginne erheblicher Reibefunktion die weitere entsprechende Verdickun~ durch diese Lokalisation der Funktions- grSBe vermittelt wird~ oder ob noch fUr liingere Zeit eine selbstiindige vererbte WachstumsgrSBe dieser Schicht vorliegt. Das ware etwas Besonderes, da es sieh hier nieht nm S e l b s t w a c h s t u m dieser Schicht, sondern nur um p a s s i v e s W a c h s t u m (1895, II. S. 77) der- selben, mn VergrSBerung dutch Anlagerung neuen, yon den Epithelien gebildeten Secretes, also um eine secretorische Funktion handelt, de rende r typischen Gestaltung" entsprechende AustibungsgriiBe abet vererbt wSre.

Bei den K(irnerg':~tnscn ist die Hornschicht oberfliichlich ebeu und erweist sich beim DrUcken und Ziehen mit den Fingern als sehr ,,druck- und zugfestr sowie beim Schaben mit stumpfen Instrument, mit den Finffern~tgeln, oder dem Skalpellstiel als ansehnlich scher-

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490 Wilhelm Roux

fest. Sie ist auffallenderweise l e i e h t im ganzen, also im Zu- sam m enhang" yon der unterliegenden DrUsen- und Epithelschicht ab- ziehbar.

Bei den Nudel- und Breig~insen dagegen ist diese Platte moist erheblich dicker, an der Oberfl~tche unregelmi~Big hSckerig uneben, und daselbst moist mit harten BrSckeln oder Borken bcdeckt. Sic ist auch bei diesen Tieren an der vorspringenden l~eibeleiste dicker als an den flachen Stellen; sie ist aber in ihrer Hauptmasse viel w e i c h e r als bci den KSrncrgansen, obgleich bci diesen die harte, borkige, brSckelige Oberfi~tchenschicht, die fl-tiher vielleicht auch vor- handen war, jedenfalls durch Abnutzung', ganz verbraucht ist, sofcrn nicht dicse Abnutzung vorher schon ihre Bildung., d.h. das Hartwerden, verhindert hat. Die hier daucrnd vorhandene Masse entspricht ihrer Lage nach nur den tieferen Teilcn der Cuticula der Breig~insc. Bei letzteren ist diese yon der unterliegenden, sie produzierenden DrUsen- schicht und Oberfliichenepithclschicht meist nicht abziehbar; sondern ihre totale AblSsung muB durch das Abschneiden mit dem Messer oder mtihsam stUckweise durch Abschaben geschehen. Dies ist dadurch bedingt, daB sie fester auf ihrer Matrix haftet, und da sie auBerdem weicher ist, gelingt ihre Abl(isung' durch Ziehen oder Kratzen nur in Stricken.

Bei den B r c i - u n d Nudelg~tnsen wird also die sog. Horn- substanz trotz der abgeschwi~chten Funktion noch fortgebildet, aber wenig abgenutz L wie die Existenz der oberfliiehliehen Borken be- kundet. Es ist auffallend, dab trotz der weichen nassen Nahrung solche trockneren festeren Teile an der Oberfl~tche entstehen, und es ist daher zu vermuten, dab hierin Selbsdifferenzierung der ~tltesten Teile der Hornschicht vorliegt. Oder sind diese Borken nur die letzten Reste der frUher noch untcr Wirkung der stlirkeren Reibefunktion gebildeten festeren Hornsehicht, die nun aber rissig, borkig geworden sind?

Das Wesentliche ist, daB die bei schw~tcherer Druck und Reibe- funktion gebildete Hornschicht weicher ist und daher zu normalstarker Funktion nicht fest genug sein wUrde. Zu roll leistungsfahiger Funk- tionsfi~higkeit gehSrt also in den yon uns geprUften Monaten Oktober bis Januar die AusUbung roller Funktion. Es l iegt also bei den 7 - - 1 0 M o n a t e a l ten G a n s e n in der funk t ions f i i h igen Aus- b i l d u n g der H o r n p l a t t e n eine deu t l i che q u a l i t a t i v e f u n k - t i one l l e A n p a s s u n g vor. Vielleicht ist dies erheblich frUher auch schon der Fall; wir haben es aber nicht geprUft. Wie es bei den

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ganz jungen GSsseln ist, ob deren Hornschicht erst allmiihlich mit der Aufnahme und Verarbeitung allmithlich festerer ~Nahrung auch erst allm~thlich fester wird, oder ob diese nStige Fiihigkeit schon vor der AusUbung der starkcn Funktion in ausreichendem Mal]e (also dutch Periode I) geschchcn ist, ist mir gleichfalls nicht bekannt.

Bci der gesunden der sog. Fleischg: , inse ist die Hornschicht noch etwas dicker als bei den ~Nudelg~tnscn; und sie war nach An- gabe des Herrn SCttEPELMANN aueh vielleicht etwas fester als bei den Brei- und Nudelgiinsen, aber yon ihren oberflachlichen Borken abgesehen in ihrer Hauptmasse wieder weicher als bei den Kiirner- gitnsen. Vielleicht hiingt diese gcringc Anderung gleichfalls mit dem EiweiBrcichtum der Nahrung als solchcm zusammen.

Von besonderem Interesse ist die Veriinderung der Abziehbarkeit dcr Hornschieht der Rcibeplatte yon ihrer Untcrlage bei den Ki~rner- und den ~Nudel- bzw. Breigi~nsen. Es ist gewiB auffallend, dab dig viol festere Reibeplatte bei den stark reibenden KSrnergansen ausreichend befestigt ist, um den starken, beim Reiben beider Platten gegeneinander und gegcn den Iahalt entstehenden Schiebe- oder sog. Schubwirkungen Widcrstand zu leistcn, wi~hrend sie in denjenigen Richtungen, die dabci nicht beansprucht werden, n~tmlieh rcchtwinkelig zur Obcrfl~iehe, abet nur locker bcfestigt und dahcr leicht abziehbar ist. Ebcnso ist es sonderbar, dab bei den mit weichem Futter gen~thrten Ticren diesc spezifische Differenzierung schwindet, und die Hornschicht so fest an der Untedage haftet, dab sit nieht mehr abgezogen werden kann, was, wie obcn erwiihnt wurde, nicht allein auf der grSBeren Weichheit und daher gri~Beren ZerreiBlichkeit beruht. An den mikroskopischen Schnitten konnte darUber keine ausreichende Auf- klarung gcwonncn werden. Man sieht bei den beiderlei Objekten die Secretf~den meist korkzieherartig gewunden aus den Drtisen hervorragen, um dann in der Hornschieht selber erst gerade oder wenig nach einigen allg'emeinen Riehtungen gebogen zu verlaufen.

Ebenso ist es nicht ausreichend gelungen, die verschiedene Festigkeit der Hornschicht yon sichtbaren Strukturversehiedenheiten abzuleiten. Diese Schicht bestcht aus den yon den DrUsen gebildeten homog'en erscheinenden S e e r e t f a d e n und aus diese miteinander verbindender kSrniger Z w i s e h e n s u b s t a n z , welche ein l~rodukt des cylindrischen einschichtig'en Binnenfl~tchenepithels ist. Die Zwischen- substanz ist weieher als die Secretf~iden, wie sieh dadurch bekundet, dab an der freien Binnenflaehe der Hornschicht die Secretf~den zwar abgerundet enden, abet etwas vorstehen, withrend bier die kSrnige

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Zwischensubstanz meist fehlt. Da letztere etwas tiefer noeh zwischen den Secretfiiden vorhanden ist, ist sie oberfl~ichlich also ganz abge- rieben oder ausgepreBt worden, somit weniger fest als die Uberragen- den Secretfitden. Auf dem Wall oder der Reibeleiste, der Stelle stiirk- ster Reibung, ist, wie erwiihnt, die Hornschicht bei allen Giinsen am dicksten; und es ist hier stets v ie l w e n i g e r Z w i s c h e n s u b s t a n z vorhanden als gegen die Peripherie der Reibeplatte hin. Bei den KSrnerg i~nsen ist nun oft die, wie wir schlossen, weniger feste Z w i s c h e n m a s s e im a l l g e m e i n e n sp~i r l icher , aber g e s e h l o s - sener , w e n i g e r yon LUeken u n t e r b r o c h e n als bei den Bre i - , N u d e l - und F l e i s chg~ tnsen , dies sowohl an der Reibeleiste und in ihrer niiheren, weniger in der ferneren Umgebung. An der Reibe- leiste aber, also an der Stelle st~trkster Funktion, ist sie oft auch bei den Brei- und Nudelgi~nsen sehr spiirlich. Das ist das einzige, was wir gesehen haben. Die weiteren qualitativen Versehiedenheiten mUssen auf nicht mikroskopisch sichtbarer Struktur beruhen, wie das ja vielfach gerade bei Festi~keitsverschiedenheiten der Fall ist. Das ist um so wahrseheinlieher, als aueh der dUnnwandige Teil des Muskel- magens, welcher nicht zum Reiben dient, in seinem weichen inneren Uberzug ftir die mikroskopisehe Besiehtigung fast ganz denselben Bau zeigt als die Hornplatte nahe ihrem schon festen Rande.

Die yon SCHEPELSIAR'N beriehtete Hy'pertrophie der DrUsen- s c h i c h t bei den Fleisehgi~nsen erkliirt sich wie die oben besproehene Verdickung ihrer Magenmuskulatur. Demniiehst ist die DrUsenschieht am dicksten bei den KiirnergAnsen, das erkliirt sich als Aktivitats- hypertrophie, da hier am meisten Reibematerial abgenutzt und durch die Einwirkung des st~trkeren funktionellen Reizes neu produziert wird. Bei den Breig~tnsen ist die DrUsensehicht am dUnnsten, was yon der geringeren Ti~tigkeit sich ableitet. Die D r U s e n s c h i c h t verh~tlt s ieh a l s o w i e die M u s k u l a t u r , i s t im D e z e m b e r in demselben Stadium, in d e m Z w i s c h e n s t a d i u m d o p p e l t e n Be- s t immtse in s .

Die Verdickung der bindegewebigen Befestigungsschicht, also des Stratum eompactum, bei den Fleischgiinsen ist vielleicht gleichfalls zum Teil yon besserer Ernlihrung abhi~ngig. Denn, wie wir wissen (s. 1881), hypertrophiert Bindegewebe lebensliinglich schon dutch Hyperiimie auch oben gesteigerte Funktion, nut dab es sich diese Hyperi~mie normalerweise nicht selber verschaffen kann. Das Binde- gewebe kommt also, wie es scheint, lebensl~tnglich nieht aus der zweiten Periode heraus. SCHEPELMA.NN nimmt an~ dab eine Aufloekerung des

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Bindegewebes dutch Saftreiehtum und geringeren Druck bei den Fleiseh- und Nudelg~nsen als beteiligter Faktor der Verdiekung zu betraehten sei, was wohl teilweise zutreffen wird.

Von der Besprechung der an dem Vor- oder Dr t i s enmagen ge- wonnenen Ergebnisse sehe ieh ab. So wenig weit sic sehon deutungs- f~hig sind, ist dies bereits durch SCItEeEL~IANN gesehehen. Die speeifische Funktion dieses Magens ist die Lieferung eines ehemischen Produktes, welches ehemischer Einwirkung auf die ~Nahrung dient. Wit wissen einerseits abet nieht7 welehe Stoffe der ~ahrung seine Bildung ausl~sen, kennen anderseits auch die verschiedene chemische Zusam- mensetzung der den untersuchten Tieren gegebenen ~Nahrung nieht ausreichend und kSnnen daher vorl~iufig keine weiteren zuverl~ssigen Fo]gerungen aus den versehiedenen Gewichten dieses Organs, sowie auch aus denen der andern beztiglichen Organe ableiten. AuBerdem haben in letzter Zeit die bekannten sehSnen Untersuehungen BABXKS am Darmkanal neue ttberraschende Gesiehtspunkte ergeben, die sorg- f~ltig zu verwerten sein werden. Herr Dr. BABXK wird in diesem Arehiv demn~ehst selber darUber beriehten.

Uberblieken wir das. im vorstehenden Erkannte, so ist es zu- n~iehst die Einsicht, dab j e d e e a u s a l e Un te r suehung ' , so a u e h j e d e a u f das Ve rmSgen zur f u n k t i o n e l l e n A n p a s s u n g g e - r i e h t e t e U n t e r s u e h u n g z u g l e i e h zu prUfen hat , in w e l e h e r der d re i e a u s a l e n P e r i o d e n das g e p r U f t e Organ sich zur Ze i t der U n t e r s u e h u n g b e f i n d e t , da in jeder derselben die Organe bzw. die es zusammensetzenden Gewebe anders auf Ein- wirkungen, hier auf funktionelle ~nderungen reagieren.

Die Deutung der Befunde war nieht leieht und blieb mehrfach zweifelhaft, weil mehrere Faktoren, die uns zudem in ihrer Wirkungs- grSBe nicht ausreichend bekannt waren, an dem Geschehen beteiligt sind. Diese sind: 1) Individuelle Verschiedenheit des vererbten Wachstums- und AnbildungsvermSgens, 2) dig uns mehrfaeh nicht ausreichend bekannte Verschiedenheit der ~Nahrung und ihre vermut- lieh verschiedene direkte Einwirkung auf den Magen, 3) die beson- ders groBe Reizbarkeit des Muskelmagens der VSgel und deren an- zunehmende allm~thliche "~_nderung bei -&nderung der ~ahrung, 4) die verschiedenen causalen Perioden der Ontogenese mit ihren verschiedenen Reaktionsweisen, yon denen jede selber wieder durch verschiedeue Faktoren bestimmt wird, 5) dig noch nicht bekannte Zeit des Ablaufens bzw. Eintretens dieser Perioden. Diese Umst~tnde n(itigten uns, nur aus den augenfalligsten und dutch mehrere Bei-

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spielc beleg.ten Ver~iuderungen des Verhaltens der untersuehten 124 G~nse Folg'erungen abzuleiten. Vielleicllt kann unser Beobachtungs- material sp~ter, wenn dureh vielfache neue Versuche die Kenntnisse reiehere und sichere g.eworden sind, noeh welter verwertet werden.

Die eine eig'ne Reihe yon Ftitterungsversuehen SCHEPELMA~N~N'S hat bei dieser komplizierten Sachlag'e nattirlich nicht ausreichende Aufklarung. bringen kSnnen. Wir kSnnen abet aus der gewonnenen Einsicht ableiten, wie weiterftihrende Versuehe anzustellen sind:

Von je sechs bis acht mSglichst gleich alten, mSg.lichst g.leieh schweren und auf die g.leiehe Weise ern~hrten Gesehwisterg~insen, welche also in ihren vererbten .Wachstumseig.enschaften mSglichst g.leich sind, mtissen gleich beim Versuehsbeg.inn zwei geschlaehtet werden, um die Organgewichte am Versuchsbeg.inn zn ermitteln.

Die Versuehe sind, wenn die Tiere es aushalten, noeh erheblich frtiher zu beginnen, damit wir erkennen, ob das starke Mag'enwaehs- turn der ersten Monate sehon auf Aktivifiitshypertrophie beruht oder yon der Funktion unabhang.ig noch zufolg.e der Bildung'senergien der Periode I erfolgt. Ftitterung. mit Brei- und KSrnernahrungg yon mSg.- liehst g.leicher ehemiseher Zusammensetzung. ist zu wiederholen, ebenso die Ftitterung" mit g'emahlenem Fleisch. Aber der Brei- und Fleisch- nahrung, ist statt K~rnerschrot, um die meehanisch reizende Wirkun~ der Hiilsen usw. zu vermeiden, eingeweichtes Brot zuzusetzen. Start der BreifUtterung. kSnnen auch ~udeln angewandt werden. Dem Eiwei[lmang.el bei der letzteren Fiitterungsweise ist dureh Zusatz yon etwas Fleiseh vorzubeug.en.

Die Tiere sind in Raumen mit g.latter Holz- oder Blechwandung zu halten, um ihnen das Abknappern you Kalk unmSglieh zu machen. Wenn die Tiere bald dabei sterben, ist der frtihe Beginn wenig'- stens bei einer Versuchsreihe durchzuftihren. Anderseits ist :Nudeln ohue Fleisch Sand zuzuftigen, um zu erkenuen, ob bei der dadurch stark erregten T~ttigkeit der Mag.enmuskulatur trotz des Eiweifimang.els doch erheblich gering.ere Atrophie als bei :Nahruug. ohne Sand statt- findet. In jedem Monat ist eine g.auze Versuchsg'ruppe durch T6tung zu beenden, um den Lauf der Veriinderung.en verfolgen zu kSnneu. Ferner sind die Versuche noch tiber das zweite Jahr auszudehnen, um eiuerseits zu seheu, wie lang.e die Fleischmasthypertrophie des Magens anlfitlt, anderseits wie die im Dezember oder Januar be- g.innende typische Atrophic der Muskulatur des Reibemagens bei KSrnerftitterung fortschreitet.

Ferner sind die pbysikalischen Eigenschaften der Hornschicht

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der Reibeplatte: die Druck-, Zug- und Scherfestigkeit mit geeigneten Mitteln objektiv messend festzustellen.

Als allgemeinstes Ergebnis aus den an 124 untersuehten G~insen gemaehten Beobachtungen gewannen wir folgende Einsieht:

Die G~nse bilden sehon, bevor die Reibefunktion beginnt, den Muskel-oder Reibemagen mindestens in der zur ersten Funktionierung ausreichenden Weite aus (Periode der selbstKndigen d. h. ohne Funk- tionierung erfolgenden Organanlage und-Ausbildung'). Danach finder bei der normalen Ern~thrung in den 2 his 3 n~tehsteu Monaten ein ungemein rasches Wachstum dieses Magens statt, von dem es noeh unbekannt ist, ob es noch zufolge des vererbten selbstiindigen WachstumsvermSgens erfolgt, oder ob es bereits zu einem geringen oder grol]en Teile aueh dutch die Funktionierung veranlalit wird, ob also der Magen zu dieser Zeit noeh in tier ersten oder sehon in der zweiten eausalen Periode, letzteren Falles also in der sogenannten P e r i o d e d o p p e l t e n u r s i t e h l i e h e n B e s t i m m t s e i n s , sich befindet, wobei die Bestimmung der Gestaltung sowohl dutch vererbte Ge- staltungspotenzen wie aueh dureh funktionelle Anpassung gesehieht. Im seehsten Lebensmonat ist dies wohl bereits sieher der Fall und dauert mindestens bis zum Ende unsrer Beobaehtungszeit, his in den zehnten Mortar. Dies tieB sieh far die Muskulatur des Reibemagens aus ihrem versehiedenen Verhalten bei Ftitterung der Ganse mit Ksrner-, Brei-, :Nudel- und Fleisehnahrung ableiten. Vielleieht dauert diese Periode noeh erheblieh litnger. Wir kommen hier an tier Grenze der zweiten und dritten Periode auf sehr sehwierige und noeh manehes Ri~tsel einsehliel~ende Verhaltnisse. Man wird zweifeln k(innen, ob es in strengem Sinne Uberhaupt diese dritte Periode gibt, oder ob in ihr das Typisehe, Vererbte nur zeitweilig sehr gegen das funktionell Be- dingte zurtiektritt. DarUber wird in einem u tiber die Morpho- logie der funktionellen Anpassung des weiteren gehandelt werden.

Weniger lieB sieh dagegen aus den Versehiedenheiten des Ver- haltens innerhalb jeder einzelnen Reihe yon gleiehartiger Ernlihrung" ableiten, da bier die gereiehte lqahrungsmenge, die ev. besonderen Untersehiede der Nahrung noeh weniger bekannt waren und die in- dividuellen Untersehiede gegen diese an sieh geringen Versehieden- heiten sehr hervortraten. Doeh bekundete sieh bei gleieher KSrner- erni~hrung und fast gleieh bleibendem Gesamtgewieht, dab aueb das relative und absolute Magengewieht einige Monate gleieh bleiben kann, dab dann abet gegen Ende des Dezember und im Januar eine relative und absolute Abnahme des Magengewiehts erfol~, die sieh dureh das

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Beendigtsein des Gesamtwachstums als Anpassung an ein vermindertes MaB der FunktionsgrSBe in der Zeiteinheit, also als p h y si ol o gi s ch c I n a k t i v i t ~ t s a t r o p h i e charakterisiert.

Die R e i b e p l a t t e des Muskelmagens zeigt in bezug auf funk- tionelle Anpassung ein ahnliches Verhalten wie seine Muskulatur, doeh bieten ihre versehiedenen Gewebe Besonderheiten dar. Die bindegewebige Befestigungsschieht derselben auf der Muskulatur, das Stratum compactum, wird bei der abnorm starken Nahrungszufuhr der Fleischgiinse abnorm stark, wie aueh sonst Bindegewebe durch Hyperamie zur Vermehrung angeregt wird, selbst zu einer Zeit, in der die aktiv tiitigen Gewebe sich bereits in der dritten Periode be- finden, da sie nur noch dutch vermehrte Funktionierung wachsen. Die an der Bildung der reibenden Hornsehicht am meisten beteiligte D r U s e n s e h i c h t ist gleichfalls am dicksten bei den Fleischgiinsen; sie Verhiilt sieh also wie die Magenmuskulatur dieser Tiere, aus den- selben GrUnden. Bei den KSrnergiinsen ist sie dicker als bei den Brei- und Nudelg~nsen, was sich gleichfalls wie das Verhalten der Magen- muskulatur derselben Giinse ableitete und auf Aktivitiitshypertrophie ev. letzteren Falles auf Inaktivit~ttsaplasie schlieBen l~tBt.

Bei den Brei- und Nudelgiinsen findet infolge der Weichheit der Nahrung eine r a s c h e und s t a r k e R U c k b i l d u n g der Muskulatur des Reibemagens start, selbst wenn das Gesamtgewicht des Tieres bei dieser Ern~thrung erheblieh zunimmt. D i e s e r B e f u n d s t e l l t d e u t l i c h e I n a k t i v i t ~ t s a t r o p h i e dar. In exzessiven F~tllen yon Nudelung sinkt das relative Gewicht der Reibemuskeln auf 1/100 des Gesamtgewichts, so dab as also nur ein V i e r t e l b is ein FUnfte l yon dem 1/15 bis 1/20 betragenden relativen Gewicht der auf gewShn- liche Weise ern~hrten KSrnerg~nse betriigt. Doch liegt in diesen extremen Fallen nicht reine Inaktivitiitsatrophie sondern auch noch Schwund iufolge yon abnorm gesteigerter Konkurrenz der Orgaue um das in unzureichender Menge vorhandene EiweiB vor.

Diese Atrophien waren aber geringer, als man erwartete, wohl weil HUlseu und Schalen enthaltendes KSrnerschrot mit gereicht und yon den Gi~nsen Kalk yon der Wand abgeknappert wurde, was bei der yon Physiologen ermittelten besonderen refiektorischen Reizbarkeit des Muskelmagens dieser Tiere wohl AnlaB zu wenn auch nicht kraft- vollen, so doch fortgesetzten Bewegungen dieses Magens gab.

Die mit gemahlenem Fleisch und 10 his 12 Prozent erweichtem KSrnersehrot gef|itterten Fle ischg~tnse bildeten zur selben Zeit trotz der verring'erten Reibet~itigkeit relativ, und die nicht erkrankte Gans

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aueh absolut erheblieh schwerere Magenmuskulatur aus als die beiden K(irnerglinse derselben Versuchsreihe. Dies bekundet, dab die Magen- muskulatur im Oktober bis Dezember noch yon der Funktionierung unabhiingiges Erhaltungsvermiigen, weniger wohl auch Wachstums- vermSgen besitzt. Dieses VermtJgen wird erkennbar, wenn den Magen- muskeln infolge EiweiBUbersehuB im Kiirper mehr EiweiBnahrung zugeFlihrt wird, als sie unter normalen Verhi~ltnissen auf dem Wege der Selbstregulation der l'~ahrungsverteilung, durch >)SelbstlShnung,< sieh selber zu verschaffen vermSchten. So lange die Periode selbst~tn- digen Waehstumsvermtigens einer Muskulatur dauert, ist Fleischmast derselben auch ohne gesteigerte Funktionierung mtiglich. Daran ist die Dauer dieser Periode. zu erkennen.

An der H o r n s e h i c h t der Reibeplatten ist bei den Brei-, Nudel- und Fleischgiinsen in der Dick e keine RUckbildung, nicht einmal eine verminderte Bildung, Aplasie, gegenUber den KSrnerg~nsen be- merkbar. Im Gegenteil wird bei ersteren Giinsen die Hornschieht vielfach durch l'~ichtabnutzung dicker als bei den KSrnergiinsen, wo sie dutch stete Abnutzung verdtinnt ist. In der geringeren Fliichen- ausdehnung der Hornschicht aber ist bei den Brei- und Nudelg~tnsen eine Rtiekbildung zu erkennen, welche Inaktivit~ttsatrophie darstellt.

Die Qual i t i i t der Hornplatte dagegen :~tndert sich in einer der Funktionierung entsprechenden Weise, indem die Hornschicht bei den drei mit weicher ~ahrung erniihrten Tiergruppen selber weieh und so zum Zerreiben fester ~ahrung ungeeignet gebildet wird. Bei den Kt i rnerg~tnsen d a g e g e n wird sie fes t und somit durch die Funk- tionierung zu deren AusUbung fiihiger. Das ist deutliche q u al i t a t ive f u n k t i o n e l l e Anpassung , die nattirlich aber auf q u a n t i t a t i v e n Abweichungen der zum Aufbaue dienenden Bestandteile der Hornplatte yon dem Aufbaue bei den mit Weiehfutter geniihrten Tieren oder auf quantitativen Verschiedenheiten der Anordnung der Teile beruht.

Selbstverst~ndlich sind auch die Blutgef~iBe und ~erven bei den beobachteten Hypertrophien in zureichender Weise mit ausgebildet worden, sonst wi~ren die Gebilde nicht entsprechend dauer- und funktionsf'~thig gewesen.

Es hat sich also ergeben, dab der M u s k e l m a g e n der Giinse im 6. bis 9. Monate in allen ihn zusammensetzenden ))Geweben<,. der p rog ' r e s s iven und, ausschlieBlieh des Bindegewebes des Stra- tum compactum, aueh schon deutlich der r e g r e s s i v e n f u n k t i o - ne l len Anpassung" ffihig ist, and dab diese seine Gewebe im 7. bis 10. Lebensmonate - - vielleicht auch viel fi'tiher schon und noch

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langer for tgese tz t - sich in der Pe r i ode doppe l t en ursi~chlichen B e s t i m m t s e i n s bef inden .

Dagegen muBten wir es mit BRANDES als unbewiesen und aus den yon uns dargelegten analytischen GrUnden auch als unwahrscheinlich erkliiren, dab durch die funktionelle Anpassung allein ohne sonstige determinierende Gestaltungsfaktoren eine Umbildung des indifferenten sacki'Srmigen Muskelmagens der RaubvSgcl in den typisch differen- zierten der KSrnerfresser oder die umgekehrte Umbildung im Laufe eines individuellen Lebens in erheblichem MaBe m(iglich sei; und es ist sogar fraglich~ ob durch die individuell mSglichen J(nderungen des Gebrauchs allein eine erkennbare Umbildung nach diesen Rich- tungen hin bewirkt werden kann. Dazu geh~iren vielleicht noch neue, sei es wenigstens den Gebrauch oder auch direkt die Ge- staltung iindernde determinierende Faktoren.

Die charakteristischen Unterschiede der Mitgcn dieser Tiergruppcn werden jetzt ontogenetisch schon vor der entsprechenden Funk- tionierung in der Periode der selbst~tndigen Gestaltung angelegt und ausgebildet~ sie beruhen also typischer Weise auf Determinationen, die im Keimplasma enthalten sind. Es ist abet zweifelhaft, wie sie phylogenetisch entstanden sind, ob direkt durch Keimplasmavariationcn oder durch ~Ubertragung~ und ~Implikation~ yon funktionellen An- passungen, sofern letztere Arten des Geschehens iiberhaupt vorkommen (s. Roux, 19057 S. 218).

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1) Die weitere Literafur ist in der naehsteheaden Arbeit SCttEPELMA~N.NS einzusehen.

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1894. Funktionelle Anpassung. Realencyclopiidie der gesamten Heilkunde, spezielh Encyclop~idische Jahrb. Bd. IV, und Gesamm. Abhandl. 1895. Bd. I.

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