Über die hydridbromide der erdalkalimetalle

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Uber die Hydridbromide der Erdalkalimetalle Von PAUL EHRLICH und HERBERT GORTZ Mit 1 Abbildung Inhaltsubersiclit Die Hydridbromide der Erdalkalimetalle (CaHBr, SrHBr, BaHBr) lassen sich durch Zusammenschmelzen von Hydrid und wasserfreiem Bromid bzw. von Metall und Bromid in eincr Wasserstoffatmosphare bei 900" darstellen. Dabei fallen die Verbindungen in grolJen, gllnzenden Blittchen an und ihneln in ihrem Aussehcn weitgehend dem Glimmer. Sie kristallisicreri tetragonal im PbClF-Typ (Raumgruppe D: ,-Pl/nmm) mit den folgcnden Gitterkonstanten: CaHBr SrHBr BaHBr a = 3,85,kX 4,24,kX 4,55,kX c = 7,89, kX 7,27, kX 7,4031tX. Fur die Metall- bzw. Brom-Ionen wurden bei den zweiziihligen Punktlagen 0 zNe3 g0 Z%fe und 0 8 zBr, 4 0 ZBr die iinhestimmten Parameter wie folgt festgelegt: CaHBr : zCa = 0,14, zBr = 0,67, SrHBr: zSr = 0,15, zBr = 0,68, BaHBr: zBn. = 0,17, zBr = 0,67. Fur die Punktlagen der Hydridioncn ergaben sich aus raurnlichen Uberlegungen: 0 0 0, Beim Erhitzen im Hochvakuum beginnen sich die Verbindungen bei -580" (CaHBr), -680" (SrHBr) und -740" (BaHBr) zu zersetzen. Die in zugeschweiliten Tiegeln durch- gcfuhrte thermische Analyse ergab fur die Systeme CaBr,/CaH,, SrBr,/SrH, und BaBrJEaH, Zustandsdiagramme rnit Schmelzpunktsmaxinia bei der Zusammensetzung MeHBr(CaHBr = 690°, SrHBr = 835", BaHBr = 860") und je zwei Eutektika. $80. In eiiier kurzlich erschienerien Arbeitl) wurde gezeigt, dal3 es sich bei der fruher als ,,CaCI" beschriebeiien Verbindung urn ein CaHCl2) handelt und daB es uns gelungen war, im Anschlul3 daran auch die l) P. EHRLICH, B. ALT 11. L. GENTSCH, Z. anorg. allg. Chem. 283, 58 (1956). 2, Die Anregung zu ubcrpriifcn, ob bei der Darstelluiig des vcrmeintlichen Sub- chlorides versehentlich Wasserstoff als Spiilgas verwendet, nnd hineindiffundiert sein konnte, crgab sich aus einer Unterhaltung mit Herrn Prof'. Dr. Dr. e. h. K. ZIECLER (Miilheim), dcm wir auch an dicscr Stelle fur den Hinweis unseren aufricht,igen Dank sagen niochten.

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Page 1: Über die Hydridbromide der Erdalkalimetalle

Uber die Hydridbromide der Erdalkalimetalle

Von PAUL EHRLICH und HERBERT GORTZ

Mit 1 Abbildung

Inhaltsubersiclit Die Hydridbromide der Erdalkalimetalle (CaHBr, SrHBr, BaHBr) lassen sich durch

Zusammenschmelzen von Hydrid und wasserfreiem Bromid bzw. von Metall und Bromid in eincr Wasserstoffatmosphare bei 900" darstellen. Dabei fallen die Verbindungen in grolJen, gllnzenden Blittchen an und ihneln in ihrem Aussehcn weitgehend dem Glimmer.

Sie kristallisicreri tetragonal im PbClF-Typ (Raumgruppe D: ,-Pl/nmm) mit den folgcnden Gitterkonstanten:

CaHBr SrHBr BaHBr a = 3,85,kX 4,24,kX 4,55,kX c = 7,89, kX 7,27, kX 7,4031tX.

Fur die Metall- bzw. Brom-Ionen wurden bei den zweiziihligen Punktlagen 0 zNe3 g0 Z%fe und 0 8 zBr, 4 0 ZBr die iinhestimmten Parameter wie folgt festgelegt:

CaHBr : zCa = 0,14, zBr = 0,67, SrHBr: zSr = 0,15, zBr = 0,68, BaHBr: zBn. = 0,17, zBr = 0,67.

Fur die Punktlagen der Hydridioncn ergaben sich aus raurnlichen Uberlegungen: 0 0 0,

Beim Erhitzen im Hochvakuum beginnen sich die Verbindungen bei -580" (CaHBr), -680" (SrHBr) und -740" (BaHBr) zu zersetzen. Die in zugeschweiliten Tiegeln durch- gcfuhrte thermische Analyse ergab fur die Systeme CaBr,/CaH,, SrBr,/SrH, und BaBrJEaH, Zustandsdiagramme rnit Schmelzpunktsmaxinia bei der Zusammensetzung MeHBr(CaHBr = 690°, SrHBr = 835", BaHBr = 860") und je zwei Eutektika.

$80.

In eiiier kurzlich erschienerien Arbeitl) wurde gezeigt, dal3 es sich bei der fruher als ,,CaCI" beschriebeiien Verbindung urn ein CaHCl2) handelt und daB es uns gelungen war, im Anschlul3 daran auch die

l) P. EHRLICH, B. ALT 11. L. GENTSCH, Z. anorg. allg. Chem. 283, 58 (1956). 2, Die Anregung zu ubcrpriifcn, ob bei der Darstelluiig des vcrmeintlichen Sub-

chlorides versehentlich Wasserstoff als Spiilgas verwendet, nnd hineindiffundiert sein konnte, crgab sich aus einer Unterhaltung mit Herrn Prof'. Dr. Dr. e. h. K. ZIECLER (Miilheim), dcm wir auch an dicscr Stelle fur den Hinweis unseren aufricht,igen Dank sagen niochten.

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P. ERRLICH u. H. GORTZ, obe r die Hydridbromide der Erdalkalimetalle 149

Hydridchloride des Strontiums und des Bariums darzustellen. Es lag daher nahe, sich auch mit der Frage nach der Existenz von Hydrid- bromiden zu beschaftigen. Schon die ersten Versuche ergaben, da8 die Darstellungsbedingungen und die Eigenschaften der erhaltenen Ver- bindungen weitgehend analog w-aren.

Darstellung der Prlparate

Aus diesem Grunde kann hinsichtlich der Darstellung der Pra- parate auch auf die friiher gegebenen Vorschriften l) verwiesen werden.

Bei dcr Herstellung der Ausgangsprodukte konnte im Falle der Bromide die Ge- winnung der wasserfreien Salze vereinfacht werden. An Stelle cles umstandlichen Trock- nungsverfahren im Halogenwasserstoffstrom wnrde ein innig verriebenes Gemisch yon Erdalkalibromidhydrat - durch wochenlanges Stehen uber P,O, im Vakuumexsikkator war es his etwa zum Monohydrat vorgetrocknet - und umsublimiertem Ammoniumbromid langsarn im Verlauf von 3 Stunden bis dicht oberhalb des Schmelzpunktes des betreffenden Erdalkalibromids erhitzt.

Analyse der Verbindungen

Auch hinsichtlich der angewandten Analysenverfahren sei auf die

In der folgenden Zusammenstellung sind einige Analysenbeispiele friihere l) Arbeit verwiesen.

gegeben :

CaHBrgei. -___-

%Me: 33,lO 33,30

% Br: 66,13 66,lO

yo H: 0,83 0,83

~~~ ~-~ ~-

CaHBrber. I SrHBrgel. j SrHBrbe,.

33,12 51,60 ~ 51,99 51,75 I

66,04 47,76 ' 47,41 47,28 0,59 0,60

BaHBre

62,81 62,86 36,52 36,69

0,47 0,47

___- BaHBrber.

62,93

36,61

0,46

-~~~ ~-

Den Zahlenwerten ist zu entnehmen, daB alle untersuchten Pro- dukte ein Atomverhaltnis Me: Br : H = 1 : 1 : 1 ergeben.

Der endgiiltige Reweis, daB es sich bei den Produkten um neue Verbindungen handelt, wurde mit Hilfe der Rontgenstrukturanalyse und der thermischen Analyse erbracht.

Chemisches Verhalten

Im chemischen Verhalten ahneln die Verbindungen sehr den Hydrid- chloriden. Auch hier kann angenommen werden, daIJ sich beim Ver- wittern an feuchter Luft zunachst Hydroxybromide bilden.

Page 3: Über die Hydridbromide der Erdalkalimetalle

150 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 288. 1956

Wie WEITZ und Mitarbeiter3) an vielen Beispielen gezeigt haben, werden polarisier- bare Verbindungen bereits beirn Verreiben mit trockenen Adsorptionsmitteln haufig heteropolar ; Stoffe, die in Schichtengittern kristallisiereu, sind besonders wirksam. SO zeigen auch die Hydridbromide diem stsrke polarisierende Wirkung z. B. gegen Chin- hydron, das aus Losung adsorbiert oder bein] trockenen Verreiben eine tiefviolette Farbe anni mmt.

AIlgemeine physikalische Eigenschaften Die Hydridbromide kristallisieren in farblosen, glimmerartigen

Blattchen. Die Flachen sind mit feincn, rechtwinklig aufeinander stc- henden Spaltcn durchsctzt. Diese bedingen auch, daB die Kristalle in dickeren Schichten dunkel erscheinen.

Im Rontgenlicht verfarben sich die Hydridbromide gleiehfalls l) nach wenigen Mi- nuten, aber alle drei Verbindungen eiuheitlich nach Rotbraun und weniger intensiv. Nnch 30stundigem Stehen am Tageslicht ist die Farbe wieder verschwunden.

Die thermische Zersetzung im Hochvakuum ( Torr) setzt bei den Hydridbromiden bei -580" (CaHBr), -680" (SrHBr) und -740" (BaHBr) ein und liegt damit tiefer als bei den Chloridcn.

Therrnisclie Analyse Fur die Aufstellung der thermischen Diagramme der Systeme

CaBr,/CaH,, SrBr,/SrH, und BaBr,/BaH, war der gleiche Arbeitsauf- wand erforderlich wie fur die Hydridchloride.

Das Ergebnis der thermischen Untersuchungen, die bis in das Gebiet von etwa 90 Mol-% MeH, sichere Werte ergaben, ist der Abb. 1 zu ent- nehmen. Die wesentlichen Datcn sind in Tab. 1 gesondert gebracht.

Abb. 1. Zustandsdiagramm SrBr, Crh3 TrH? Bc8,) ?cK?r L?L> u,

der Systeme CaBr,/CaH,, SrBr,/SrH, und BsBrJBaH,

3) Vgl. z. &. E. WEITZ, Angew. Chern. 66, 658 (1964).

Page 4: Über die Hydridbromide der Erdalkalimetalle

P. EHRLICH u. H. GORTZ, Uber die Hydridbromide der Erdalkalimetalle 151

~ ~ ~ --

System CaBr,/CaH, 560" ~ 20% System SrBr,/SrH,' 568" 1 15%

~

690' 651" I 87% 835' 810" I 77%

Danach liegen in allen Fallen einfache Verhaltnisse vor mit Schmelz- punk tsmaxima bei der Zusammensetzung MeHBr - womit die Existenz dieser Verbindungen bewiesen ist - und je zwei Eutektika. Anzeichen dafur, dafi die Hydridbromide Mischkristalle zu bilden vermogen, sind nicht gegeben.

System BaBr,/BdH, 719" , 14% 860'

Strukturuntersuchungen Wie die Ilydridchloride liefien sich die unter den gleichen Bedin-

gungen (Cu-K,- Strahlung) angefertigten Pulverdiagramme der Hydrid- bromide mit Hilfe von Drehkristallaufnahmen tetragonal indizieren. Wegen starker Untergrundschwarzung der Filme waren die Inter- ferenzen allerdings nur bis etwa 6 = 65" zu verrnessen. Bei Variation der Zusammensetzung war in ifbereinstimmung mit den Ergebnissen der thermischen Analyse keinerlei Verschiebung der Interferenzen zu beobachten. Aus den in Tab. 2 gegebenen Werten errechnen sich die am Schlufi aufgefuhrten Gitterkonstanten.

Mit den pyknometrisch gemessenen Dichten (CaHBr: d r = 3,38; SrHBr: dz5 = 4,22; BaHBr: d:5 = 4,73) ergeben sich Werte von n = 1,97 - 2,Ol Molekeln/Zelle.

Unter Zuhilfenahme der hier nicht gegebenen Drehkristallauf- nahmen lassen sich bei Durchsicht der in Tab. 2 gegebenen hkl-Werte folgende Gesetzniafligkeitcn erkennen, die in Tab. 3 nochmals zusammen- gestellt sind.

Entscheidend fur die Auswahl der Raumgruppen ist das Fehlen der hk0-Interferenzen bei h + k = 2 n + 1, das wiederum allen drei Verbindungen gemeinsam ist. Auch sonst werden die uberlegungen, die bei den Hydridchloriden zur Wahl der Raumgruppe DZh mit der Punktlagenkombination 0 8 zMe, 0 4 Z%re und + 0 zBr, + 0 ZBr fuhrten, bestatigt.

807" I 86%

Page 5: Über die Hydridbromide der Erdalkalimetalle

152 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 288. 1956

r" G % H bL

r-r- -+ n o * m c- o m * w r- i m i 3

~ ~~~~ ~ +- m o i GZm A 01 n w o n * m o ri dr lo m m r o n ti m o h CD ZCU o r i r i 3 i o i r l r l o n l r l m 3 m m N ~ o c u m r i m m r i m m o m m o o o o i o ~ A o o o A o o o r i i i o i o o r i o r i m m o r l m

Page 6: Über die Hydridbromide der Erdalkalimetalle

P. EHRLICH u. H. GORTZ, f iber die Hydridbromide der Erdalkalimetalle 153

m o* O r n W L D

w rlrl cn*LoLD m m e o w w w m *wz*-

a, r i P m m m * P O M m *

w m m p . m m * *

w a0 aa m

w 0 r l m o r i m m c-m r i c - 1010 lorn

Page 7: Über die Hydridbromide der Erdalkalimetalle

154 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 288. 1956

CaHBr . -. SrHBr . . . BaHBr . . .

Tabelle 3 Gese tzmaSigkei ten im A u f t r e t e n der Indizes

Me-& Br-Br Me-Br H-H Me-H Cl-H

3,52 3,82 3,11 2,72 2,22 3,24 3,75 3,99 3,23 3,OO 2,41 3,15 4,13 4,08 3,42 3,22 2,62 3,34

Interferenzen niit h + k = 2 n

Interferenzen mit h + k = 2 11 + 1

Es t

CaHBr

h k l h k 7

h k 0 h k 3 h k 6

ten nicht

SrHBr

h k l h k 3

h k O h k l h k 6

If bei

BaHBr

h k l

h k O h k l h k 6

Stark werden in der Regel

CaHBr I SrHBr I BaHBr gefunden bei : '

h k O hkO h k O h k 2 I h k 2 I h k 2

Aus den Intensitatsabstufungen charakteristischer Interferenzen :

CaHBr: 0 1 4 > 11 2 > 0 1 1 > OO3> 0 2 1

SrHBr: O 1 2 > 1 1 4 > 0 2 2 > 0 0 5 > 0 0 3

BaHBr: 1 1 0 > 0 1 2 > 1 1 2 ~ 0 2 0 > 0 0 6

wurden folgende Parameterwerte festgelegt :

zcn = 0,14, zSr = 0,15, zBa = O,17,

zB, = 0,67, zBr = O,68, zBr = 0,67,.

Fur die Hydridionen stehen die EIohlraume in 0 0 0 und 3 4 0 zur Verfugung. In Tab. 2 sind die damit berechneten Intensitaten (Spalte 5 bzw. 10 und 15) den beobachteten (Spalte 4 bzw. 9 und 14) gegenuber- gestellt. Die Ubereinstimmung ist - besonders wenn man die hier nicht gebrachten Drehkristallaufnahmen zusatzlich heranzieht - so gut, daB auch hier die abgeleitete Struktur fur die Hydridbromide als be- wiesen gelten kann.

&lit den gegebenen Parameteriverten errechnen sich die in Tab. 4 gegebenen kleinsten Abstande.

Tabelle 4 A b s t a n d e i n den H y d r i d b r o m i d e n

(gegeben in kX)

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P. EHRLICH u. H. GORTZ, fjber die Hydridbromide der Erdalkalimetalle 155

Eine allgemeinere Auswertung dieser Arbeit erfolgt erst im An- schlul3 an die Hydridjodide.

Dem Verband der Chemischen Industrie (Fonds der Chemie) sowie der Dentschen Forschungsgemeinschaft danken wir fur die Unterstutzung dieser Arbeit.

GieJen, Chemisches Institut der Justus-Liebig- Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 5. August 1956.