Über die methoden zur quantitativen bestimmung des mannits

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f2ber die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits. ~,ron Jan Smit. (Aus dem Laboratorium ftir angewand~e Chemie der Universit~t Amsterdam.) Die quantitative Bestimmung des Mannits wird man in der ein- schl~gigen Literatur bis vor wenigen Jahren zusammen mit dem quali- tativen Naehweis erw~thnt finden. Man benutzte dazu bei zahlreichen Weinuntersuehungen folgencles Verfahren: Man dampfte die zu unter- suchende Fltissigkeit bis zur Sirupkonsistenz ein und stellte sie dann einige Tage bei Zimmer- oder Kellertemperatur fort, um den Mannit auskristallisieren zu lassen. Dies geschieht in der Gestalt strahliger Aggregate seidegll~nzender Nadeln, welche unschwer zu erkennen sind. Sie wurden mit starkem Alkohol gewascben, getrocknet und gewogen. Zur Untersuchung Mannit-kranker algerischer Weine hat zuerst J6gou ~) diese Methode zur Anwendung gebracht. Es handelte sich dabei um einen Weinfehler, der schon 1857 yon Pasteur e) be- sehrieben und yon ihm als bakterielle Krankheit erkannt worden war. Spi~ter hatte man aber die Mannitbildung einer Fi~lsehung mit Feigensaft zugeschrieben~). JSgou bestritt diese Ansieht mit Hilfe der Tatsache, class auch Gegenden, wo keine Feigen zu finden sind, Mannit-kranke Weine liefern. Er gab die sonderbare Erkl~trnng, dass ein withrend der Gitrung auftretender Schirokko die Krankheit zur Folge hatte, und suchte diese Auffassung dutch einige Weinanalysen zu unterstatzen~ aus denen die genannte Nannitbestimmung entnommen ist. Dazu koeht er 240 cc+n des Weines znr ¥ertreibung des Alkohols und fiigt tropfen- weise eine verdiinnte KaliumkarbonatlSsung zu bis zu einer bleibenden grtinlichen F~trbung. Nach Entfiirbung mit Knochenkohle werden 10 ccm Bleiazetat zugegeben und zum ursprangliehen ¥olum aufgeftillt, 1) Journal de Pharm. et de Chim. [5] 27, 405 (1893). ~) JEt~tdes sur le vin und Comptes rendus 45, 913. 3) Carles, C0mptes rendus 112, 811 (1891). Frcsenius, Zeilschrift f. anal. Chen, ie. ]-JIL 3ahrganF=. 8. Heft. 31

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Page 1: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

f2ber die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits. ~,ron

Jan Smit. (Aus dem Laboratorium ftir angewand~e Chemie der Universit~t Amsterdam.)

Die quantitative Bestimmung des Mannits wird man in der ein- schl~gigen Literatur bis vor wenigen Jahren zusammen mit dem quali- tativen Naehweis erw~thnt finden. Man benutzte dazu bei zahlreichen Weinuntersuehungen folgencles Verfahren: Man dampfte die zu unter- suchende Fltissigkeit bis zur Sirupkonsistenz ein und stellte sie dann einige Tage bei Zimmer- oder Kellertemperatur fort, um den Mannit auskristallisieren zu lassen. Dies geschieht in der Gestalt strahliger Aggregate seidegll~nzender Nadeln, welche unschwer zu erkennen sind. Sie wurden mit starkem Alkohol gewascben, getrocknet und gewogen.

Zur Untersuchung Mannit-kranker algerischer Weine hat zuerst J 6 g o u ~) diese Methode zur Anwendung gebracht. Es handelte sich dabei um einen Weinfehler, der schon 1857 yon P a s t e u r e) be- sehrieben und yon ihm als bakterielle Krankheit erkannt worden war. Spi~ter hatte man aber die Mannitbildung einer Fi~lsehung mit Feigensaft zugeschrieben~). J S g o u bestritt diese Ansieht mit Hilfe der Tatsache, class auch Gegenden, wo keine Feigen zu finden sind, Mannit-kranke Weine liefern. Er gab die sonderbare Erkl~trnng, dass ein withrend der Gitrung auftretender Schirokko die Krankheit zur Folge hatte, und suchte diese Auffassung dutch einige Weinanalysen zu unterstatzen~ aus denen die genannte Nannitbestimmung entnommen ist. Dazu koeht er 240 cc+n des Weines znr ¥ertreibung des Alkohols und fiigt tropfen- weise eine verdiinnte KaliumkarbonatlSsung zu bis zu einer bleibenden grtinlichen F~trbung. Nach Entfiirbung mit Knochenkohle werden 10 c c m Bleiazetat zugegeben und zum ursprangliehen ¥olum aufgeftillt,

1) Journal de Pharm. et de Chim. [5] 27, 405 (1893). ~) JEt~tdes s u r le v i n und Comptes rendus 45, 913. 3) Car l e s , C0mptes rendus 112, 811 (1891).

F r c s e n i u s , Zeilschrift f. anal. Chen, ie. ]-JIL 3ahrganF=. 8. Heft. 31

Page 2: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

474 Smit: ~ber die ]V[ethoden z~lr quantitativen Bestimmung des Manmts.

Nach Entfernung des Bleis sind nur noch iibrig: Glyzerin, Azetate, L~vulose and Nannit, yon welehen nur letzterer aus der zur Sirup- konsistenz eingedampften Misehung auskristallisiert. Naehdem die Masse einige Tage im Exsikkator gestanden hat, entfernt er die Mutterlauge, dureh Einsaugen in Fliesspapier. Es ist keine Frage, dass damit grSssere Mengen Mannit verloren gehen. Die Kristalle werden schliesslieh mit 10 c c m ges~ttigter alkoholiseher MannitlSsung, darauf mit absolutem Alkohol gewasehen, bei 100 ° getrocknet und gewogen.

Es ist ohne weiteres Mar, dass dieser Methode kein bleibender Wert zukam. Im Jahre 1894 wurde denn auch eine neue Methode publiziert, die, trotzdem sie sieh auf denselben Gedanken statzte, dennoch in mancher Hinsieht einen Fortschritt bedeutete, n~mlich die Methode yon G a y o n und D u b o u r g l ) . Es gelang ihnen, das Mannitr~tsel zur LSsung zu bringen dureh die Isolierung einer St~behenbakterie (Fe r - m e n t m a n n i t i q u e ) , die sie als Krankheitserreger erkannten. Yer- l'~uft namlieh die Garung des Weines bei h~herer Temperatur, so kann sieh darin diese Bakterienart schnell entwiekeln, ehe noch die Hefe den anwesenden Zueker umgesetzt hat, und es entstehen auf diese Weise die Produkte einer Milehs~ureg~rung: Milchs~ure, Essigs~ure, Bernstein- s~ure, Glyzerin, Alkohol und Kohlens~ure aus Glukose und Saecharose, w~hrend yon der anwesenden L~vulose 65°/o zu Mannit reduziert werden. Zum erstenmale wird ~on diesen Autoren ausdrOcklich betont, dass nur die L~vulose zur Mannitbildung Anlass geben kann, und nicht die Glukose, wie P a s t e u r meinte. Dass auch yon einigen Bakterien- arten aus Saccharose Mannit gebildet wird, wurde sp~tter festgestellt 2) (unter den Pr0dukten der Verg~rung yon Raffinose und anderen Polysacchariden mit einer Lavulosegruppe ist aber niemals Mannit gefunden worden).

Um nun im Weine, oder in der yon der bez~glichen Bakterienart umgesetzten Flt~ssigkeit, den Mannit quantitativ zu bestimmen, verf~hrt man folgendermafien: 50 cm werden zur Sirupkonsistenz gebracht, und dann l~sst man den Mannit auskristallisieren, worauf er mit 2 - -3 g feinstem Sand vermischt wird. Man zieht mit 100 c c m ges~ttigter alkoholischer MannitlSsung aus und lasst das Ganze auf einem Filter w~hrend mindestens zwei Stunden abtropfen, was wahrscheinlich zum

1) Annales de ]'Inst. P a s t e u r S, 108 [1894). und ibidem 15, 527 (1901); diese Zeitschrift 85, 384.

2) ]Yber die bakterio]ogischen Einzelheiten siehe u. a. D u c l a u x , Traitd de Microbio]ogie T. IV, S. 115 und Kruse , Allgemeine Mikrobio]ogie S. 397.

Page 3: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

,qmit: l~)ber die ]V[ethoden zur quantitative~ Bestimm~mg des Mam~its. 475

Zweck hat, die Farbstoffe und andere 15sliehe Produkte zu entfernen.

Giinzlieh ausser Acht gelassen wird dabei die sehr wahrscheinliche Tat- sache, dass aus der ges~ttigten MannitlSsung sehr leicht dureh ¥er- dampfung des Alkohols etwas ausfallen wird. Zweitens l~sst sich nieht ohne Weiteres erwarten, dass 100 ecru dieser LSsung imstande sein werden; alle 15slichen Nebenprodukte quantitativ zu entfernen.

Das Fil ter mit seinem Inhalt wird jetzt in einem Apparat w~hrend einer Stunde mit 85-prozentigem Alkohol warm ausgezogen, wonaeh vier Ftinftel des Alkohols verdampft werden. ~ach Entf~irbung mit Kohle wird zur Troekne eingedampft und gewogen. Auf Grund nicht angeftihrter Versuche sollen die Resultate befriedigend sein, falls man den Zucker durch Alkoholgi~rung entfernt. Oben ist sehon dargetan, dass dies sehr unwahrscheinlich ist. Im Gegenteil lasst sich erwarten, dass die Methode viel zu hohe Werte liefern wird. Andererseits ist sp~ter gefunden worden~ dass 1 g Mannit pro Liter Wein nicht mehr aus- kristallisiert und sieh also der Bestimmung entzieht. Die Methode yon G a y 0 n und D u b 0 u r g wird daher zweifelsohne unsichere Resultate liefern und kann gewiss keine grosse Genauigkeit beanspruehen. Nichts- destoweniger findet man aueh in neueren Abhandlungen 1) diese Methode angeftihrt.

Doeh ward schon im selben Jahre 1894 eine andere Bestimmungs- weise publiziert yon viel grSsserer Genauigkeit und wissenschaftlichem Wert. Yon J. hi ti 11 e r 9) wurde n~tmlich eine Methode ausgearbeitet, die sieh auf die bekannte Tatsache stiitzt, dass die wiisserigen LSstmgen vieler Stoffe (auch des Mannits), welche die Schwingungsebene des pplarisierten Lichtes nicht oder sehr wenig zu drehen vermSgen, durch Hinzufiigung yon Borax ein sehr gesteigertes DrehungsvermSgen er- halten. Er bestimmt nun die GrSsse dieser Drehung als Funktion der in einem bestimmten Volum gelSsten Mannitquantit~it, unter Hinzugabe einer bestimmten Quantit~t Borax, n~mlich 1,4: g wasserfreie Substanz in 50 c c m (S~ttigungskonzentration). Er misst die Drehung seiner LSsungen in einem 50 cm-Rohr und hat auf diese Weise eine Tabelle zusammengestellt, aus der man bei jeder unter diesen Umstiinden ge- messenen:Drehnng ohne weiteres die gesuchte Menge Mannit finden kann. :Die Drehung ist unter diesen gtinstigen Umsti~nden dennoch

1) U. a. ~ t i l l e r - T h u r g a u und O s t e r w a l d e r , Zentralbl. f. Ba.kt~er. ]I. Abt~. 36, 129 (1912):

9) Bull. de la Soc. chim. [3] I I 329 und 1073 {1894). 31"

Page 4: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

476 Stair: fibber die Nethoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits.

sehr klein: 1 ° 41,1' bei 1 °/o Mannit. Weiter ~ndert sie sieh mit der Temperatur (0,1' pro Grad Drehung und pro Grad Temperatur), wKhrend bei etwa 6 °/o ein Rotations-Maximum yon 5 o 53' asymptotisch erreieht wird. Einigermafien genaue Bestimmungen erfordern also stark ver- dannte LOsungen.

Ausser dem Mannit zeigen aber aueh andere Stoffe dieselbe Eigen- schaft der Rotationsvergr6sserung durch Zugabe yon Borax, unter anderen alle Zuekerarten, Tartrate, Malate, Dextrin und Dulzit. Ausserdem sind alle anderen Verbindungen mit einer Alkoholgruppe mehr oder weniger st6rend, indem sie sich mit Borax verbtnden k6nnen, welche K6rper zwar indifferent sind~ aber dennoch, wenn sie in einer Misehung mit Mannit vorliegen, die ft~r den Mannit verf~igbare Quantit/it verringern, also zu niedrige Werte daffir veranlassen.

Namentlich mit dem Einfluss des Glyzerins hat sich M f i l l e r ge- nauer beseh~ftigt. Diese Substanz (deren Verbindung mit Borax eben- falls indifferent ist) finder sich in allen Weinen in Spuren vor und kann bewirken, dass man zu wenig Mannit findet. Um diesen Einfluss zu beseitigen, verfShrt er in folgender Weise:

h-aeh Entfernung des Zuckers in 50 c c m durch Alkoholg/~rung wird zur Trockne eingedampft und mit 250 c c m 85-prozentigem Alkohol ausgezogen. I~ach ¥ertreibung des Alkohols wird das Residuum in Wasser gelSst und mit Bleiessig entf~rbt, worauf das Blei mit Schwefel- wasserstoff entfernt und die L6sung auf 160 c c m gebracht wird.

• Damit f~hrt er die naehfolgenden Bestimmungen aus: • 1. 40 c c m werden auf 50 verdfinnt, and man bestimmt die Rotation

im 50 cm-Rohr. 2. Dieselbe GrSsse wird bestimmt naeh Zugabe yon 1,4g wasser-

freiem Borax. 3. Zu weiteren 40 c c m werden 5 ecru 10-prozentiger Mannitl~sung

nebst 1~4 g Borax gegeben, und wieder die Rotation bestimmt. Die beiden letzten Beobaehtungen ermOglichen nun, eine Korrektion

far das Glyzerin anzubringen, indem man sich dabei auf die Tatsache st~tzt, dass bei kleinen Mengen Glyzerin die scheinbare Abnahme der Mannitquantit~tt diesem letzteren Wert proportional ist, falls dieser nieht mehr betr~gt als l g Mannit pro 50 c c m . So war in einem Yersuch mit 506 mg Mannit und 350 m g Glyzerin die scheinbare Abnahme des Mannits 30 rag, w~hrend sie in einem anderen ¥ersuch mit I006 m g

Ma~mit und derselben Menge Glyzerin 63 mg betrug.

Page 5: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

Stair: Uber die Methoden zur quan~it~tiven BesHmnmng des Mamli~s. 477

Nennt man den unter 1. und 2. bestimmten, scheinbaren Wer~ PI,

die unter 3. hinzugeft~gte Nenge p, und die dort gefundene p~, so gelten die naehfolgenden Gleichungen:

Pl = n - - nk . . . . . . . (1),

wenn n die wirkliehe Menge und k die durch das Glyzerin verursaehte Abnahme pro Gramm Mannit vorstellt. Weiter:

= (n + p) (1 - - k) . . . . . (2) .

Aus (1) und (2) folgt unsehwer:

n - - Pl P . . . . . . . (3) .

Die wirkliehe Menge Mannit kann also aus den drei Bestimmungen hergeleitet werden.

Als Resultat zweier so angestellter Analysen fand M a i l e r 99,8

und 101,2 °/o.

Die GrOsse P mit der man die seheinbare Mannit- P~ -- Pl '

menge p, multiplizieren soll, hat sich in vielen F~llen als sehr konstant erwiesen, n~mlich zwisehen 1,030 und 1,077, im Mittel 1,06. Wenn es nicht auf die grOsste Genauigkeit ankommt, kann diese Tatsaehe

vorteilhaft sein. Abgesehen yon den Schwierigkeiten, die die Anwesen- heit anderer Verbindungen (wie Nilchs~ture) verursacht, muss man gegen die Benutzung eines 50 cm-Rohres bei den Rotationsbestimmungen das schwerste Bedenken tragen. Daffir braucht man ja eine vollkommen

Mare und fast farblose Flfissigkeit, and M f i l le r hat dies denn auch besonders hervorgehoben. Die Entf~rbung des Extraktes mit Koble

soll ,,aussi exactement que possible,> geschehen. Nebenbei bemerkt er aber, dass nachher 10--15 l a l filtriert werden muss, bevor die Fl~issig- keit gent~gend Mar geworden ist! Es leuchtet ein, dass dabei Verluste nicht zu vermeiden sind. Ausserdem babe ich selbst an ttefewasser- 10sungen die Erfahrung gemacht, dass dabei ggnzliehe Entfhrbung nieht zu erzielen war, in welchen Ffillen die Methode unbrauchbar sein w~irde.

Bei Weinuntersuchungen werden sich aber diese Sehwierigkeiten wohl Qberwinden lassen, und M~il ler ' s Zahlen beweisen hinreiehend, dass seine Methode der yon Gay o n und D u b o u r g an Brauchbarkeit und Zuverl~ssigkeit bei weitem iiberlegen ist. Desto sonderbarer erscheint die Tatsache, dass sie sieh in der Literatur keinen Platz hat erobern kOunen: Nur in einer Abhandlung, n~mlieh in der yon Mazd und

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478 Stair: l)ber die Ne~hoden zur Tlan~ita~iven Bestimmung des Malmit~s.

P e r r i e r ~ ) , fiber Krankheiten des Weines, wird sie erwiihnt und benutzt.

Das unbefriedigende Resultat dieser Methode, wenn Itefewasser- 16sungen oder sonstige stark gefi~rbte Flfissigkeiten vorliegen, ha t reich

aber dazu veranlasst, gelegentlich einer Untersuchung fiber die Produkte der Milchs~iureg~rung 2) nach einer besseren Bestimmung zu suchen.

Die Frage, welche sich dabei ergab, war die folgende: Es ist zu bestimmen in einer yon Milchs~turebakterien vergorenen LOsung irgend eines Zuckers in Hefewasser (das als Stickstoffnahrung yon den Bakterien

benutzt wird), ob and wie viel Mannit, oder dessen Isomeren, aus dem vergorenen Zucker entstanden ist. Es handelt sich also um eine quanti- tative Bestimmung des Mannits neben Milehsiiure, Essigs~ure, Ameisen- s~ure, Bernsteinsi~ure, Kohlens~ture oder deren Kalksalzen und unver-

gorenem Zueker, wiihrend zu erwarten war, dass die Bestandteile des Hefewassers (namentlich Farbstoff and Eiweiss) die Bestimmung er-

schweren wfirden.

Es war yon vornherein klar, dass zur LSsung dieses verwickelten Problems die einfache Methode yon G a y o n und D u b o u r g nicht aus-

reichen konnte, wi~hrend die Bestimmung nach N i i l le r die Entfernung von Zucker, Milchs~ture und Farbstoff erforderte. Diese an und fiir sich nicht sehr bequeme Methode wfirde dadurch noch mehr yon ihrer

Brauchbarkeit verlieren. Zwar erforderte auch das schliesslich ange- wandte Yerfahren (wortiber spii}er) die Abwesenheit oben genannter Stoffe, aber die eigentliche Bestimmung des Mannits ist dabei viel

einfacher.

Die yon mir durehgearbeiteten ~ethoden lassen sieh in 3 Gruppen

einteilen : 1. Ausscheiden des Mannits aus der LOsung und W~gen desselben,

das heisst eine Verbesserung der Methode G a y o n und D u b o u r g .

2, Ausscheidung einer Mannitverbindung you bekannter Zusammen- setzung.

3. Indirekte Bestimmnngsweisen, ohne Ausscheidung des Mannits.

1) Ann. de l'Inst. P a s t e u r 1903. 2) Siehe meine Dissertation: B a c t e r i o l o g i s c h e en chemische

o n d e r z o e k i n g e n over de m e l k z u u r g i s t i n g (Bal/teriologisehe und chemische Untersuchungen fiber die Milchsi~uregi~rung)Amsherdam 19t3.

Page 7: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

Stair: I]ber die Ne~hoden zur (luanti~a~iven Best.immung des Mamfi~s. 479

I.

Wenn reine Mannitl0sungen vorliegen, ist die Bestimmung ein-

faeh genug: Dem Troeknen and W~tgen steht niehts im Wege. Sind neben dem Nannit in Wasser oder in Alkohol unl0sliehe Stoffe vor- handen, so wird die Bestimmung ebenfalls ohne Sehwierigkeiten vor sieh gehen (die LSsliehkeit in Alkohol ist erst bei Siedehitze einiger- mafien betr~tehtlieh).

Sehwieriger gestaltete sieh die L0sung des oben genannten Problems. Eine Extraktion mit Wasser oder Alkohol war hier nutzlos, da aueh die tibrigen Stoffe mit extrahiert werden mtissten. Es musste also eine Trennnng stattfinden, oder eine Verniehtung der st0renden YerbindungeD. Beim Zueker war letzteres geboten, and so stamen dann zwei Wege often :

1. gerggrung dureh Alkoholhefe. 2. ZerstiJrung dutch Alkalien.

Ieh wghlte den letzteren Weg, der am sehnellsten zum Ziel fahrt. Orientierende Versuehe mit Misehungen yon Glukose und Mannit ergaben das Folgende: Die dutch Koehen mit Alkalien [Ca(OH)~, Ba(OH)~, PbO] erhaltenen, tief braunen LSsungen wurden zuerst mit Kohlensgure oder Oxalsgure nentralisiert, da sonst ein Tell des Mannits gebunden bleibt. Naehdem die L0sung zur Troekne eingedampft worden ~,ar, wurde etwas Oips oder ausgegl*ihter Sand eingert~hrt, and dann mit 96-prozentigem Alkohol ausgezogen 1). Es stellte sieh heraus, dass, bei Verwendung yon 1 17 reinster Glukose, dutch den Alkohol 300 mg aus- gezogen warden, wghrend die extrahierte Menge 1240 ~ng betrug, wenn eine Misehung yon 1 g Glukose und 1 g Mannit vorlag. Es wurden also 94 °/o des 3lannits wieder gefunden. Der Raekstand war in diesem einfaehen Falle farblos. Dass aber bei Anwendung reiner Glukose nahezu 30 °/o im Extrakt gefunden warden, wies auf einen Fehler der Methode hin, der unzulitssig ersehien. Benutzte ieh Bleioxyd-statt Barythydrat, so liess sieh dieser Weft his zu 10 °/o herabsetzen, falls das Blei mit Sehwefelwasserstoff entfernt and die Fltissigkeit mit 3_ther perforielat wurde. Aber aueh 10 °/o Extrakt sind viel zu viel, wenn eine zuekerhaltige L6sung yon unbekannter Zusammensetzung vorliegt, denn man ist in diesem Fall nieht bereehtigt, yon dem Weft des Ex- traktes 10 °[o der gefundenen Zuekermenge abzuziehen and das tibrige

1) Ein sehr bequemer Apparat; far heisse Ext:rakt;ion ist yon B e r n t r o p , Zei~sehrift f. angew. Chem. 1902, S. 122 beschrieben wordem

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480 Stair: Uber die Methoden zur quanti~ativen Bestimmung des M~nnits.

als Mannit anzusehen. Mancherlei ~ussere Umsthl~de (Farbe und Be- schaffenheit des Hefewassers) werden ihren Einfluss auf diese Zahl aus- t~ben, so dass sich kein unver~nderlicher Wert angeben l~sst. Die Sache wird noeh verwiekelter, falls neben dem Zueker noch organisehe S~uren oder (teilweise alkohollSsliehe)Salze vorhanden sind. Damit wird aber die Methode hinf~llig, und ich habe yon weiteren ¥ersuchen in dieser Riehtung abgesehon.

II. Zu den Stoffen, mit denen Mannit eine zur Bestimmung geeignete

Verbindung zu geben vermag, geh~Jren einige Aldehyde nnd Ketone. Uber die ersteren hat J. M e u n i e r berichtet, in einer Abhandlung: ~.Sur l e s c o m p o s ~ s , que l a m a n n i t e e t l a s o r b i t e f o r m e n t

v e e d e s a ld e h y d e s~ i). Einige Azetale werden darin besehrieben, gebildet mit Paraldehyd, Valeraldehyd und Benzaldehyd unter dem katalytischen Einfluss yon Salzs~inre oder 50-!orozentiger Schwefels~ure. Wenn ~ e u n i e r eine LOsung des Mannits in diesen S~uren w~hrend einiger Stunden mit dem Aldehyd sehtittelte~ so entstand eine kristalli- nische Yerbindung in solcher Menge, dass dabei die ganze M~sse lest wurde. Die Zusammensetzung war C6HsO6(CH.C~H~) ~ [ M e u n i e r schreibt irrtt~mlieherweise C6H1103(CTHsO)3 ]. Die Yerbindungen sind unl6slich in kaltem Wasser, wenig tSslieh in Alkohol, leicht l~Jslich in J~ther, Chloroform~ Benzin und Eisessig. Kochen mit verdtlnnten Shuren spaltet sie wieder. Die Verbindung mit Benzaldehyd (1 Tell Mannit, in 2 Teilen konzentrierter Salzshure gelSst, und 1,7 Teile Benzaldehyd) erhielt er in seidegl~nzenden bTadeln mit dem Sehmelzpunkt 207 °. ¥er- bindungen yon anderen Aldehyden, aueh mit Sorbit und Perseit, wurden auf analogen Wegen erhalten, nicht ~ber mit Dulzit.

G. S e h e n k 2) hat 1900 versucht, auf diese Weise den Mannit in Pflanzenteilen zu bestimmen. Seine Vorversuche tiber die quantitativen Yerh~ltnisse bei dieser Reaktion mit Benzaldehyd und Paraldehyd waren aber nicht einwandsfrei, da er bei allen Yersuehen mit Benzaldehyd zu wenig von demselben hinzugefagt hat (bis 1,7 Teile auf 1 Tell Munnit , wahrend theoretiseh 1,75 Teile nOtig sind). Diese Tatsache hat reich veranlasst, seine Versuche mit einem grossen Ubel'schuss der beiden Aldehyde zu wiederholen. Dabei babe ich his zu der 15fachen theoretischen Menge Aldehyd und stark wechselnde Mengen Salzs~ure

1) Ann. chim. phys. [6] ~ , 412 (1891). ~) Over her M~nniet bij de O!eaceae , Dissertation, Amsterdam.

Page 9: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

Stair: rdber die }Iet.hoden zur qua.nti~ativen Be,qtimmung des 3'Iannits. 481

und Sehwefelst{ure benutzt, aber, trotzdem nicht zu einem befriedigenden Resultate kommen kSnnen; mehr als 86 °[o der fheoretisehen Ausbeute liessen sieh nicht erzielen, auch nieht wonn bei h0herer oder niederer Temperatur gearboitet wurde, odor Wenn to vfel Alkohol zugegoben Wurde, dass die Misehung von Mannitl6sung und ±ldehyd gerade homogen blieb.

Erst die Anwendung der lVfethode, dureh welche F i s c h e r 1 ) eine Verbindung yon Dulzit mit Benzaldehyd hat erhalten kOnnen, fiihrte zu einem bosseren Resultat. Nach seiner Yorsehrift erwiirmt man 4g Dulzit mit 7 g Benzaldohyd im Wasserbade, bis alles geltist ist, und ftihrt durch diese L6sung einen Strom trocknen Salzsiiuregases unter allm~thlichem Abktihlen his zu Zimmertemperatur. Darauf l~isst mall die Misehung einigo Tage im Vakuum tiber Kalk stehen, wobei: die Verbindung sich ausschoidet. Nan wiischt mit Ather und kristallisiert aus 60 his 70 Teilen Alkohol urn. Schme!zpunkt 215--220 °

Ich konnte diese Methode fast ohne Ab~ndorung auf Mannit iiber- tragen. Nur scheidet sich die verbindung schon wlihrend des Hindurch- leitons yon Salzs~ure in festen Pfropfen aus, so dass eine Weitere Zufuhr nutzlos wird. Naeh einigem Stehen im Exsikkator babe ich mit Natriumbikarbonat neutralisiert, den Ubersehuss des Benzaldehydes im Dampfstrom entfernt und die Verbindung getrocknet und gewogen. Wenn ieh auf einen Teil Mannit 10--14 Teile, Benzalde:hydverwendeto, botrug die Ausbeuto einmal 99 °/o, das folgende Mal 1'00,3 °/, o der theoretiseheni

Zugleieh aber wurde mir klar, class trotzdem mit dieser Methode niehts anzufangen war, wenn es gait, den Mannit zu 'bestimmen in F10ssigkeiten wie tIefewasser mit Zueker, organisehen S~uren oder deren Salzen, wozu maine Untersuehung reich zwang. Solehe Fliissigkeiten lasson sieh im Allgemeinen sehr sehwer eintroeknen, Was bei dieser Methode unbedingt erforderlieh ist, und zweitens kann man niemal* ganz sieher soin, ob nicht aueh andero Stoffe mit Benzaldehyd Ver- bindungen eingehen, beziehungsweise in der Misehung unlSslieh sind. Bis auf weiteres war also dieses Verfahren im 'vorliegonc]en Falle unbrauehbar.

Dasselbe gilt bei Verwendung der Methode, naeh' welehei" F i s eh er e) eine Verbindung Init Azeton, den Tti-_hzeton-Mannit zur Absehoidung bringt. Er hat nur ,,reieNiehe Mengens, dieses Prdd~aktes erhalten, ieh fand eine Ausbeute yon h6ehstens 46;3°/o. Aueti die Verbindung mit substituierten Benzaldchyden (ichversuchte p( nitro- Benzaldehyd)

1) Ber. der deutsch, chem. Gesellsch. zu Berlin 27, 152:~ (1894). ~) Ber. der deutsch, chem. Geseltsch. zt~ :B6rlin 28, 1167 (t895).

Page 10: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

482 Smit: Uber die Methoden zur quan~itativea Bes~immung des Manni~s.

liess sich nicht quantitativ erhaiten. D.emzufolge habe ich auf weitere Versuehe in dieser Richtung verziehtet.

Es blieben also die Methoden, bei denen der Mannit nieht in Substanz oder in Verbindung abgeschieden wird, sondern indirekt zur Bestimmung gelangt. Dabei ist ein Yerfahren entstanden~ das reich sehr nahe arts Ziel gefiihrt hat. Es wird unten beschrieben werden.

III. Indirekte Bestimmungen.

K u p f e r m e t h o d e n a e h M. W a g e n a a r .

: Die bekannte Tatsache~ dass Verbindungen, welehe mehrere Alkohol- radikaie enthalten, befahigt sind, die F~llung yon Kupferhydroxyd in alkaliseher LOsung zu vertlindern (wie Glyzerin und Weins~ure), ist yon M, W a g e n a a r 1) zu einer quantitativen Glyzerinbestimmung aus- gearbeitet worden. Die zu untersuehende Fltlssigkeit wird dazu in einem 100 c c m fassenden Messzylinder mit eingeschliffenem St~psel bis zu 5 0 c c m aufgefilllt. Man gibt hinzu: 25 c c m 4-faeh normale Natronlauge und 25 c c m Kupfersulfat-LSsung (125 g Hydrat pro Liter), sehiittelt kr~ftig und l~sst w~hrend 12 Stunden bei Zimmertemperatur (etwa 18 o C.)stehen. Der I~iederschlag yon Kupferhydrat hat sich dann vollkommen abgesetzt, u n d e s ist leieht, 25 c c m klare Flilssig- keit herauszupipettieren. Dazu gibt man 10 c c m einer 30-prozentigen KaliumjodidlSstmg und darauf 10 c c m 25-prozentiger Schwefelsaure. Das abgeschiedene Jod wird mit n/lo-Thiosulfatl~sung titriert. Die An- zahl Kubikzentimeter, welche dazu nStig ist~ bietet ein direktes Ma$ far die Menge des gelSsten Kupfers. Da aber keine vollst~ndige Pro- portionalit~t zwisehen den Mengen Thiosulfat und Glyzerin besteht, war es nfitig~ eine empirische Tabelle aufzustellen~ welehe zu jedem Wert des verbrauchten Thiosulfats (also auf 25 c c m der Misehung) die g an z e Menge Glyzerin zu finden erlaubt (also in 100 c c m der Mischung oder 50 c c m urspriinglieher GlyzerinlSsung).

Ieh b a b e reich bemiiht~ diese ausgezeichnete Methode zu einer quantitativen Mannitbestimmung zu verwerten, da auch dieser Stoff zu den Knpfer 15senden gehSrt. Der bIiedersehlag sank auch hier leicht und vollst~ndig zu Boden, so dass sich mit einer gewfihnliehen l~ipette 25 c c m herausnehmen liessen. Es war also leieht~ die erforderliche Tabelle aufzustellen. Ich benutzte dazu ein sehr reines, aus Manna hergestelltes Praparat mit scharfem Schmelzpunkt 166 o.

1) Pharmac: Weekblad 1911, S. 497.

Page 11: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

Smig: lJber die Mef~hodert zur quantitativen Besf~immung des_ Mannits. 483

3 0

~ 5

, ~ 0

~ 5

0

Figur 29. Mannit-Thiosulfat-Kurve bei 18o C.

l l l l I I I I

- I I I I

tfll l l ! i I I I I

Il l l I I I I

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Z

!liKe

--'~r. Monnitpeo ~0 ccm ~chung

/ I:

/

~51 i

~ ' 3 I

~2 11 :!

W 20 30 #0 £

500 YSO

Folgende Zahlen wurden erhalten~ welche in Figur 29 Kurve vereinigt worden sind.

Z

1 T

__+__

_+__

i

_+__ - - e - -

i

I " l

~000

zu einer

Page 12: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

484 Smi~: Ober die 3/[ethoden zur quan~ita~iven Bes~immung des Mannits.

T a b e l l e I.

Angewandt Verbrauch~ A n g e w a n d t ~ Verbraucht m g Manni~ in ccm Thiosulfat pro m g Mannit in ccm Thiosulfat pro

100 ccm Mischung 25 ecru Mischung 100 ccm Mischung 25 ccm Mischung

0 10 20 25 30 40 50

100 150

Daraus unbekannte U mstanden bekannt ist.

ist

0,25 0,55 0,80 0,95 1,05

",' 1,30 1,55 2,80 4,20 J

Tabelle II berechnet

200 25O 4:OO 500 65O 750 900 950

lOOO

worden, Mannitmenge zu finden, wenn die anzuwendende Zahl Kubikzentimeter

5,70 7,20

11,65 14,90

• 19,70 22,80

27,35 28,40 29,10

welche erlaubt, eine

unter den genannten nAo- Thiosul fatlSsung

T a b e l l e II.

Verbraucht "ho-Thiosulfat

pro 25 ccm [Vfischung

e v e n

Entsprechend Mannit

in 100 ccm Mischung m g

0,25 0,0 0,5 8,3 1,0 27,4 1,5 47,8 2,0 68,0 2,5 88,0 3,0 107,1 4,0 142,8 5 176,7 6 210,0 7 243,3 8 277,0 9 310,7

, :, 12, :.. 410,8 13 441,6

Verbraucht~ "/lo-Thiosulfat

pro 25 ecru Mischung

CCT)'t

in EntsprechendManni~

100 ccm Mischung rng

Diff.

8,3 19,1 20,4 20,2 20,0 19,1 35,7 33,9 33,3 33,3 33,7 33,7 33,7 33,7 32,7 3o18 : 30,8

pro 0,25

pro 0,5

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 29,1

Diff. 472,4 503,1 30,7 534,4 31,3 565,6 31,2 596,9 31,3 628,1 31,2 659,7 31,6 691,9 32,2

724,1 32,2 756,6 32,5 789,6 33,0 822,6 33,0 855,6 33,0 888,6 33,0 930,9 42,3 992,4 51,9

I0000 '7,6 pro 0,1

Page 13: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

Stair: Uber die Methoden zur q~antitativen Bestbnmung des Mannits. 485

Zu dieser l~ethode ist folgendes zu bemerken: E rstens soll die Quantit~t und die St~rke der Iqatronlauge (25 ccm 4-fach normal oder 16-prozentig) genau bemessen werden: GrSssere St~irke erhSht die L~s- lichkeit des Knpferhydroxyds (650 m g Mannit liefern mit 4-fach Iqormal, lauge eine Thiosulfatzahl yon 19,7, mit 4,64 n-Lauge 20,2)~ w~hrend sich bei der Anwendung yon 2 n-Natronlauge der Iqiederschlag auch nach zwei Tagen sehr unvollst~ndig abgesetzt hatte.

Der Einfluss der Temperatur ist schwach. Die oben angegebenen Zahlen sind bei 15--18 0 C. bestimmt worden, l~amentlich wenn kleine Mannitmengen vorliegen (bis 250 rag), ist diese Temperatur zu empfehlen. Bei grSsseren Quantit~ten wird der Einfluss (ich ging bis zu 35 o) fast unmerklich.

Es stellte sich weiter heraus, dass auch die Weise, wie man die Mischnng durchschfittelt , ehe man den lqiederschlag sich absetzen l~isst, einen nachteiligen Einfluss auszuaben imstande: ist. Schattelt man n~imlich sehr lange und kraftig (etwa 15 Sekunden), so bleibt sehr oft die Mischung auf die Dauer homogen, wenn kleine Mannitmengen vor- liegen und also viel Kupferoxyd ungel0st bleibt. Es ist also wichtig, dass nicht l~inger als einige Seknnden tfichtig gemischt wird, bis die Flocken hom0gen verteilt sind.

Aus den Tabellen ist ersichtlich, dass auch bei Abwesenheit des Mannites die Thiosulfatzahl eine gewisse GrSsse erreicht, n~imlich 0,25 Ccm

zehntel-normal. Mit diesem niedrigen Wert ging die auff/illige Tatsache parallel, dass der .Niederschlag sich nach einigen Stunden tief schwarz fiirbte, also offenbar entw/issert wurde. 20 mg Mannit geniigten aber schon, um die Entw/isserung vollst/indig zu verhindern. 10 mg liessen die Farbe grfinschwarz. Ich habe fiir diese Tatsache keine befriedigende Erkl/irung finden kOnnen. Meine ursprfingliche Ansicht, es wi rke das gelOste Kupfer gtinstig auf die Stabilit~tt des Hydroxydes, musste ich aufgeben, als sich herausstellte, dass 500 ~g Asparagin, die eine grosse. ~enge Kupfer zu 16sen imstande sind, dennoch eine vollkommene Ent- w~sserung bewirken. Es ist nur das alkoholisch gebundene Kupfer (Glyzerin, Mannit, Milchs/iure), das der Entwiisserung entgegen zu wirken vermag. Falls man reines Wasser verwendet, erhalt man eine etwas: h/ihere Zahl, n/imlich 0,4, wenn man den ~Niederschlag sof0rt nach der Mischnng durch Filtration fiber Asbest entfernt. Es verringeI't sich also der Kupfergehalt parallel zur Entw/tsserung. Es tritt diese Tat-

Page 14: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

486 Smit: ~lber die Methoden zur quanLit;ativen ]3estimmung des Mannits.

sache auch in der allerdings schwachen Konkavit~tt der ~annit-Thio- sulfatkurve bei Konzentrationen unter 50 +ng Mannit zutage.

Es gibt eine Anzahl Substanzen, welche ebenso wie der Mannit eine in Alkalien 16sliche Kupferverbindung zu g e b e n imstande sind, und die als0 entfernt werden mt~ssen, ehe man den ~annit naeh dieser Methode bestilmmen kann. Die folgenden sind die wichtigsten:

1. A m m o n i a k v e r b i n d u n g e n u n d : d e r i v a t e . ~ S i e sind leicht zn beseitigen durch Koehen mit Alkalien: Nach dem Neutrali- sieren ist die 5fethode unver~tndert brauchbar.

2. A m i n o s a u r e n . Nur solchemit mehreren freien NtI~-Gruppen geben zu einer nennenswerten StSrung Anlass. Zum Beispiel geben 50 mg Glykokoll keine merkliche ErhShung der Thiosulfatzahl, und erst 500 mg steigern sie bis zu 0,7. Dagegen wird man bei 500 mg Asparagin 4,4 finden. Nichtsdestoweniger tritt wahrscheinlieh nur eine der beiden NtI2-Gruppen dieses Stoffes in die Verbindung ein, n~mlieh die S~ureamid-Gruppe, denn Azetamid ist in dieser Hinsicht voUkommen wirkungslos. Die schwache Reaktion beim Giykokoll findet wahr- scheinlich ihre Erklarung in intramolekularen Umsetzungen (Bildung einer Grnppe NH3 h welehe auch das Fehlen einer elektrisehen Leit- f~higkeit zur Folge haben.

Sic lassen sich beseitigen durch F~llung mit Phosphorwolframs~ure (wobei auch Ammoniak ausfallt) oder durch Umsetzung in Oxys~uren (mittels salpetriger Saure) und naehfolgende Perforation.

3. Z u c k e r. Sie sind zu entfernen durch Alkoholgarung (eine Reinkultur einer Hefe, die den vorliegenden Zueker zu verg~ren ver. mag, ist dazu erforderlich) oder durch Erhitzung, mit Lauge oder Xtz- " kalk. Ist viel Zucker vorhanden, so br~unt sich dabei die Fltissigkeit sehr betr~chtlich, so dass man sie durch i F~llung mit Bleiessig zu reinigen hat. Das Blei~wird darauf mi t Sehwefelsaure entfernt, und man perforiert mit ~_ther, his die bei der Erhitzung mit der Lauge entstandene Milchsaure verschwunden ist.

4. 0 x y s K u r e n. Sie bewirken zum Teil nur eine geringe LSsung des Kupferllydroxydes: 200 ~ng Milchsaure erhShen die Thiosulfatzahl bis zu 0,6. Durch Perforation bei Anwesenheit einer kleinen Menge Schwefel- s~ure sind sie quantitativ x) zu entfernen. Bei der Untersuchung des ~

1) Abweichende Befunde, zum Beispiel bei Kunz , Zeitschrif~ f. Unters. tier Nahrungs- und Gendssmittel 1901, S. 673, sind zu erklKren dutch unzweck- m~fiige Einrichtung des Perforators und zu grosses ¥olumen der Fliissigkeit.

Page 15: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

Smit: l'[ber die Me~hoden zur quantltativen ]3estlmmung des Mannits. 4S7

Weines wird man auch mit der Anwesenheit yon Tartraten zu rechnen haben (400 mg Seignette-Salz liefern eine Thiosulfatzahl yon 3,1). Man

kann die F~llung als Kalk- oder Bleisalz zu deren Beseitigung benutzen.

5. M e h r w e r t i g e A l k o h o l e . Glyzerin, Hexite. Wie schon an der betreffenden Stelle bemerkt wurde, ist bei der Mettiode M a l l e r eine Korrektion mSglich, wenn Glyzerin vorhanden ist. Beim Gebrauch der Kupfermethode ist das aber nicht der Fall, da Mannit und Glyzerin die LSslichkeit des Kupfers additiv erhShen. Es ist bier also eine vom Mannit nnabh~ngige Glyzer~nbestimmung erforderlich. Die bei der Weinuntersuchung vielfach benutzte Methode, die sich auf die Tatsache sttltzt, dass Glyzerin in 1 Volumen absoluten Alkohols plus 11/2 Volumen wasserfreien )~thers lOslich ist, kann man auch in diesem Falle be- nutzen, da der Mannit in dieser Mischung vollkommen unlSslich ist.

Die Bestimmung des Mannits neben anderen Hexiten (Sorbit, Dulzit) geht weniger leicht. Die Kupfermethode ist dabei nicht ohne Ab~nderung brauchbar. In diesem wohl seltenen Falle kann uns die Azetalbildung mit Benzaldehyd aushelfen. Dutch Anwendung der urspranglichen Methode M e u n i e r ' s kann man den Dulzit~ der keine Verbindung zu geben imstande ist, aus der Mischung entfernen, w~hrend Mannit und Sorbit durch Bestimmung des Schmelzpunktes der Azetal- mischung quantitativ zu bestimmen sind.

Aus der oben gegebenen Tabelle ist leicht zu ersehen, welches die Mannit-Kupferverbindung ist~ die den LSsungen die blaue Farbe ver- leiht. Man kann daraus schliessen, dass die Menge Jod, welche aus

410~8 Kaliumjodid in Freiheit gesetzt wird durch die an 4 - - 102~7 mg

Mannit gebundene Menge Kupfer (die Titration des Kupfers geschieht ja in 1/t des Gesamtvolumens der Mischung), /iquivalent ist mit 12 ccm

"/lo-Thiosulfat und also 1,2 ~illimol betragen muss. Da aber 1 J mit 1 Cu tibereinstimmt (aus Cu J2 wird 1 J losgelSst), mtissen auch 102,7 ~ng oder 0,56 Millimol Mannit 1:2 hlilliatom Cu zu binden imstande sein. Das Verhaltnis ist also fast 1 : 2 . Der Yerbindung wird also wahr- scheinlich die Struktur

H H H H CH~DH - - C - - C - - C - - C - - CH~ OH

0 0 0 0 \ / \ / Cu Cu

zukommen.

Page 16: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

488 Stair: ])berd~e Methoden zur quantitativen Bestiinmung des Mannits.

Zur Prfifung dieser Methode habe ieh eine Serie quantitativer Be- stimmungen aasgef~hrt, einige an w~sserigen L~sungen, die meistcn aber (ira Zusammenhang mit den bakteriologischen Untersuchungen, welche ich in meiner Dissertation besehrieben habe) an L~sungen in ttefewasser, welche zugleich Glukose und einige Kalksalze enthielten. Kurz zusammengefasst war das Resultat folgendes:

I. 306,6 m g reinster Mannit, in 50 c c m Wasser gel6st und in der bekannten Weise behandelt, lieferten pro 25 c c m klarer LSsung einc Thiosulfatzahl yon 9,1. Nach der Tabelle gehSren dazu 314~1 wg Mannit oder 1(}2~4 °/o.

II. 603,8 m g Mannit~ in derselben Weise behandelt, liefern die Zahl 18,'1. Nach ~ tier Tabelle entsprieht dies 600,0 mg Mannit oder 9914 °/o.

III. Eine LSsung yon 5 g Glukose, 5 g wasserfreiem Kalzium- Laktat , 21/2 g Kalzium-Azetat , 1/2 g Katzium-Formiat auf 500 c c m in Hefewasser (1 kg Presshefe auf 4 1 Wasser ) gelSst, wurde bei den nachfolgenden ¥ersuchen als GrundlSsung benutzt.

::In 50 c c m dieser Flt~ssigkeit 15ste ieh 250 mg Mannit und erhitzte darauf w~hrend 2 Stunden im Wasserbade, nach Hinzugabe yon 2 g Kalkhydrat , his zur vSlligen ZerstSrung des Zuckers. Mit 0xals~ure wurde neutralisiert, die ganze Mischung mit reinster Kreide verrt~hrt, auf dem Wasserbade zur Trockne eingedampft, darauf grandlich mit geg!ahtem~: Sand gemiseht und :in einem Extraktionsapparat mit 93-prozentigem Alkohol heiss ausgezogen. E s ergab sich eine stark gelbe LSsung, welche mit Bleiessig geklgrt und auf 110 c c m aufgefallt wur(ie. 100 c c m c~es Filtrates wurden mit 0xalsaure anges~uert, w0bei der gelSste Kalk und ~Blei ausfielen, und das Filtrat mit A ther perforie~rt, his Milehs~ure und Oxalshure. entfernt wares. ~ i t etwas SodalSsung w urde neutralisiert und auf '100 c c m aufgefallt. Die Mannitbestimmung in 50 c c m ergab :eine :Thiosulfatzahl yon 3,6 c c m oder !28 ,5mg Ma~nit. Total: 282,.7 ~g start 250, also 113 °/o. Macht man :aher :dense!ben Yersuch ohne Zugabe des Mannits, so finder man die Zahl 0,7 (der Kupferniederschlag war dabei schwarz geworden) also 0,4 hSher wie bei Benutzung yon destilliertem Wasser. Es sind also in der GrundlSsung kupferlSsende Stoffe vorhanden, welche nicht vSllig entfernt worden sind (vielleicht Aminos~uren). ¥erringert man aber die gefundene Zahl 3,6 urn 0,4, SO bekommt man 3,2, welche Zahl die richtige gewesen wgre. Die Mannitbestimmung als solelle ist

Page 17: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

Slnit: [}ber die Methoden zur quantitafiiven Best, immung des ManniLs. 489

also sehr befl'iedigend. Es wgre besser gewesen, die Schhssbestimmung mit einer L6sung, welche die ganze Menge Mannit enthielt, auszufahren, da in diesem Falle die Korrektion weniger Einfluss gehabt hubert wiirde.

IV. Dieser Versuch bestand aus drei Teilen: es wurde die Be- stimmung ausgefiihrt in:

a) 50 c c m der oben besehriebenen LSsung, b) ~ ,< -~ 250 ,rag Mannit, c) ¢ - -~- 500 <, -

Die Klarung mit Bleiessig wurde hierbei ersetzt durch eine Ent- f~rbung mit Tierkohle (in der wasserigen LSsung des Alkoholextrakts). Schliesslich wurde bis 50 ecru aufgefallt und dariu der Mannit be- stimmt. Es wurde gefunden:

a) 0:9 c c m ~/lo-Thiosulfat oder 0,6 hSher als beim destillirten Wasser,

b) 7,7 c c m ~ 266,8 n~g Mannit (10~,5 °/o), e) 15,6 c c m - ~ - 521,8 ¢ << (104,4 °/o ).

Verringert man wiederum b und c um 0,6, so bekommt man: b) 7,1 c e m ~-- 2 4 6 , 7 zng odor 98,7 °/o ,

e) 15,0 ¢ ~---503,1 ~ << 100,6°/o.

Die Zahlen stimmen also viol besser.

V. In der Absicht, einen Toil der stOrenden Substanzen des Hefe- wassers zu beseitigen, habo ich in 200 c c m davon 10 9 Glukose gel6st und diesen Zucker durch eine Milchsgureg~rung beseitigen lassen. Es wird dabei aueh ein Teil der sonst im Hefewasser enthaltenen Stoffe mit verbraucht, und dabei Kalzium-Laktat und Kalzium-Azetat (die G~rung verlief in Gegenwart eines l)bersebusses steriler Kreide) hineingebraeht.

Werden nun in 50 c c m der filtrierten Flt~ssigkeit 500 m y Manni t g~lSst, so konnte ich davon nach der beschriebenen Methode 493,9 ~g odor 98,8 °/o zuriickfinden.

Der oben besehriebenen Bestimmungsmethode des Mannits haften namentlich bei IIefewasserlOsungen, noch einige Ungenauigkeiten an, welche der Zusammensetzung des Mediums zu Verdanken sind, und die ich noch nicht ggnzlich zu tiberwinden vermoehte. Nichtsdestoweniger ist auch hier alas Resultat ziemlich befriedigend, wenn man die komplizierte Zusammensetzung yon dergleiehen L6sungen in Betracht zieht. Es bedeutet also die Kupfermethode nach W a g e n a a r gegen: i~ber tier alten Me/bode naeh G a y o n und D u b o u r g einen grossen

F r e s e n i u s , Zeitschrif~ f. alml. Chemie. LIII . Jahrga~lg. 8. Heft. 32

Page 18: Über die Methoden zur quantitativen Bestimmung des Mannits

490 Guareschi: Nachweis ~on Bromiden in Gegenwar~ yon Snlfocyanaten

Fortschritt. Die Methode yon M i i l l e r ist beim Weine vielleicht etwas genauer (wenigstens naeh seinen eigenen Zahlen) aber ~iel umstand- licher. Auch bei der Untersuchung des Weines wird sich fibrigens die Kupfermethode ohne Zweifel gut bew~hren.

Nachweis yon Bromiden in Gegenwart yon Sulfocyanaten und Ferrocyaniden; Einwirkung yon Chromsi~ure anf Bromcyan.

Yon

Ieilio Guaresehil), Professor an der Universit~t Turin.

I. Nachweis yon Bromiden in Gegenwart yon Sulfoeyanaten uad Ferrocyaniden.

Bekanntlich lassen sich Chloride in Gegenwart yon Sulfocyanaten ziemlich sehwer nachweisen; C o r n i m b o e f (1912)schl~tgt dazu vor~ das Sulfocyanat mit einem Kupfersalze in Gegenwart eines Reduktions- mittels zu f~tllen und im Filtrat alas Chlorid mit Silbernitrat nach-

zuweisen. Auf dieselben Schwierigkeiten stSsst man bei Bromiden. In meiner

ersten Mitteilung: >)h~eu% sehr scharfe, auch in Gegenwart anderer Halogene brauchbare Reaktion des Broms~ s) berichtete ich, dass Sulfo- cyanate den Nachweis yon Bromiden mit 25-prozentiger Chroms~ture- l(isung verhindern, oder dass der ~achweis nur sehr ungenau ist. Bei der dort beschriebenen Arbeitsweise trifft dies auch zu. Arbeitet man jedoch unter anderen Bedingungen, so lassen sich mit meiner Reaktion selbst Spuren yon Bromiden neben Sulfocyanaten leicht nachweisen. Bei meinen ersten Yersuchen leitete ich Luft durch die mit 25-prozentiger Chroms~urelSsung versetzte L6sung yon Sulfocyanat und Bromid. Hier- bei reagierte das frei gemachte Brom sehr energisch mit dem Sulfocyanat. Arbeitet man jedoch mit festen Mischungen oder sehr konzentrierten LSsungen und iiberseht~ssiger Chromsiiure, so wird das Sulfocyanat zer- stSrt, und man kann dana selbst Spuren Bromid neben sehr viel "Sulfo- cyanat nachweisen.

Etwa 0,5 g Kaliumsulfocyanat, welches 1 mg Kaliumbromid enthielt, wurde so mit 10 c c m 50-prozentiger Chromsi~urelSsung behandelt. Es

1) Ubersetzung nach dem Italienlschen (Atbti della R. Accademia de]le Seienze di Torino 49, 16/11. 19lit) yon Dr. C lemens Gr imme, Hamburg.

2) Diese Zeitschrift 52, 451 (1913).