Über die resistenz grauer und weißer mäuse gegen die infektion mit bacterium ozaenae

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(Aus dem Hygienischen Institut der Universit~t Heidelberg. Direktor: Prof. Dr. E. l~odenwaldt.) Uber die Besistenz grauer und weiller M/iuse gegen die Infektion mit Bacterium ozaenac 1. Von Fritz Freytag. Die Annahme einer versehiedenen Widerstands/d'higkeit gegeniiber einem bestimmten Krankheitserreger bei verschiedenen Rassen einer Tierart besteh~ seit langem und ist auch fiir Ms aufgestellt worden. P/ate gibt als Beispiel fOx die Vermutung, dab solche Untersehiede gene- tiseh bedingt seien, an, dab -- nach Tyzzer -- die Tanzmaus fiir den Bacillus piliformis sehr empf~nglieh, die gew6hnliehe Maus dagegen fast immun sei. Ferner weist er darauf hin, dab -- naeh Hagedoorn ~ bei einer Staphylokokkenepidemie ein dominantes Gen die Immunit/it, das reces- sive Allel die Anf~lligkeit bedingte.. Er fand, dab eine kleine japanisehe Maus, welche der Tanzmaus sehr nahesteht, auBerordentlieh empf~nglich war, w/ihrend grol3e weil3e ~V[~use sieh als v611ig immun erwiesen. Die F 1 aus beiden Rassen waren immun, in tier F2-Generation iiberlebten yon 125 Tieren 91. Es lag also eine monohybride Spaltung vor. Eine td~bersicht fiber das diesbezfigliehe Schrifttum gibt A. Brad/oral Hill. In seiner 1929 ver6ffentlichten Arbeit ,,Experimentelle Untersuehungen fiber die Vererbung der natiirliehen Empfangliehkeit bzw. Widerstandsfithigkeit weifler mad grauer M~use gegenfiber der Iiffektion mit Mierococeus tetragenus" ist Got- sc/d/vh zum erstenmal experimentell an die Fragestellung herangegangen. Er widerlegt zun~chst (wie aueh sehon friiher [1901] Lode) die -- trotzdem heute noch verbreitete --Auffassung einer Rassenimmunit~tt grauer Hausm~use gegeniiber einer Infektion mit Microcoeeus tetragenus. Eine solehe Rasseimmunitt~t bestand einwandfrei nicht, ein deutlicber Untersehied in der Widerstandsfiihigkeit der beiden M~tuserassen liel3 sieh abet beim Verimpfen geringer Bakterienmengen fest- stellen. Gotschllch untersueht dann in seiner Arbeit die Widerstandsf~higkeit der Naehkommen aus Kreuzungen grauer und weil3er Mttuse und leitet aus den Ergeb- nissen dieser Versuehe Sehliisse fiber die Vererbung der Disposition ab. Die Beurteilung der Tetragenusversuehe ist deshMb ersehwert, weil innerhalb der Ausgangsrassen erhebliehe individuelle Untersehiede in der Empfgngliehkeit vorkommen. Es ist nieht m6glieh, eine bestimmte Infektionsdosis festzulegen, yon der bei ~ter Beurteilung des Resistenzgrades ausgegangen werden k6nnte. Dementspreehenc~ kann aueh ffir die einzelnen Angeh6rigen der Filialgeneration nicht ein Urteil ,,resistent" oder ,,empfanglieh" abgegeben werden, sondern es bleibt nur eine statistisehe Auswertung der durehsehnittliehen Empfangliehkeit fiber, diese l~13t aber eine siehere Entscheidung fiber den Vererbungsmodus bei dem zahlenm~flig kleinen Ausgangsmaterial nieht zu. Auf der Suche nach einem andern Bacterium, demgegeniiber sich ver- schiedene M/iuserassen versehieden resistent verhalten, stieBen wir auf 1 D 16, Referent: Prof. Dr. Horst Habs.

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Page 1: Über die Resistenz grauer und weißer Mäuse gegen die Infektion mit Bacterium ozaenae

(Aus dem Hygienischen Institut der Universit~t Heidelberg. Direktor : Prof. Dr. E. l~odenwaldt.)

Uber die Besistenz grauer und weiller M/iuse gegen die Infektion mit Bacterium ozaenac 1.

Von

Fritz Freytag.

Die A n n a h m e einer verseh iedenen Widerstands/d'higkeit gegeniiber einem b e s t i m m t e n K r a n k h e i t s e r r e g e r bei verschiedenen Rassen einer T ie ra r t besteh~ sei t l angem u n d ist auch fi ir Ms aufges te l l t worden. P/ate g ib t als Beispie l fOx die Vermutung , dab solche Unte r seh iede gene- tiseh bed ing t seien, an, d a b - - nach Tyzzer - - die T a n z m a u s fiir den Bacillus pi l i formis sehr empf~nglieh, die gew6hnl iehe Maus dagegen fas t immun sei. F e r n e r weis t er da r au f hin, dab - - naeh Hagedoorn ~ bei e iner S t aphy lokokkenep idemie ein dominan te s Gen die I m m u n i t / i t , das reces- sive Allel d ie Anf~l l igkei t bed ing te . . E r fand, dab eine kle ine j apan i sehe Maus, welche der Tanzmaus sehr nahes teh t , auBerordent l ieh empf~ngl ich war, w/ ihrend grol3e weil3e ~V[~use sieh als v611ig i m m u n erwiesen. Die F 1 aus be iden Rassen waren immun, in tier F2-Genera t ion i iber leb ten yon 125 Tieren 91. Es lag also eine monohybr ide Spa l tung vor. Eine td~bersicht f iber das diesbezfigliehe Schr i f t tum g ib t A. Brad/oral Hil l .

In seiner 1929 ver6ffentlichten Arbeit ,,Experimentelle Untersuehungen fiber die Vererbung der natiirliehen Empfangliehkeit bzw. Widerstandsfithigkeit weifler mad grauer M~use gegenfiber der Iiffektion mit Mierococeus tetragenus" ist Got- sc/d/vh zum erstenmal experimentell an die Fragestellung herangegangen. Er widerlegt zun~chst (wie aueh sehon friiher [1901] Lode) die - - trotzdem heute noch verbreitete - -Auf fassung einer Rassenimmunit~tt grauer Hausm~use gegeniiber einer Infektion mit Microcoeeus tetragenus. Eine solehe Rasseimmunitt~t bestand einwandfrei nicht, ein deutlicber Untersehied in der Widerstandsfiihigkeit der beiden M~tuserassen liel3 sieh abet beim Verimpfen geringer Bakterienmengen fest- stellen. Gotschllch untersueht dann in seiner Arbeit die Widerstandsf~higkeit der Naehkommen aus Kreuzungen grauer und weil3er Mttuse und leitet aus den Ergeb- nissen dieser Versuehe Sehliisse fiber die Vererbung der Disposition ab.

Die Beurteilung der Tetragenusversuehe ist deshMb ersehwert, weil innerhalb der Ausgangsrassen erhebliehe individuelle Untersehiede in der Empfgngliehkeit vorkommen. Es ist nieht m6glieh, eine bestimmte Infektionsdosis festzulegen, yon der bei ~ter Beurteilung des Resistenzgrades ausgegangen werden k6nnte. Dementspreehenc~ kann aueh ffir die einzelnen Angeh6rigen der Filialgeneration nicht ein Urteil ,,resistent" oder ,,empfanglieh" abgegeben werden, sondern es bleibt nur eine statistisehe Auswertung der durehsehnittliehen Empfangliehkeit fiber, diese l~13t aber eine siehere Entscheidung fiber den Vererbungsmodus bei dem zahlenm~flig kleinen Ausgangsmaterial nieht zu.

Auf der Suche nach e inem andern Bac te r ium, demgegeni iber sich ver- schiedene M/iuserassen versehieden res is ten t verha l ten , stieBen wir auf

1 D 16, Referent: Prof. Dr. Horst Habs.

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212 Fritz Freytag:

das Bacterium ozaenae (Abel). In seiner grundlegenden A r b o r fiber die ~tiologie der Ozaena beriehtet Abel, nachdcm er die hochpathogenen Eigenschaften des Bacterium ozaenae ffir wei~e l~[~use festgestellt hat, da/~ or zuf~llig - - dureh ~r - - gezwungen gewesen sei, zu seinen Versuehen auch Hans-, Fold- und Zwergm~use zu verwenden und dab sich bei diesen Versuchen niehg alle Bakterienkulturen auch ffir diese ~Is pathogen erwiesen h~tten. Die moisten Kul turen hi~tten zwar auch diese Tiere get6tet ' andere aber nur vorfibergehend krank gemacht oder gar nieht erkranken lassen.

In einer sp~teren zusammenfassenden Darstellung schreibt Abel: ,,Des fiir die Kapselbacillen empfindliehste Versuchstier ist die weiBe Maus. Weniger empfindlieh ist die graue Hausmaus (Mus musculus) . . . . ".

In meinen Untersuehungen sollte gepriift werden, ob sich unter den Ozaenabakterien oder verwandten Arten Sti!mme linden, denen gegenfiber die Resistenz grauer und weifler Hausma'use so verschieden ist, dab sic ffir genetisehe Untersuehungen fiber die Rassenimmunit~t geeignet sind.

:Fiir unsere Untersuehungen standen uns folgende St~mme zur Ver- ffigung: 6 Oza~na- und 4Rhinoskleromsts aus dem HessischenUnter- suchungsamt ffir Infektionskrankheiten in GieBen (Prof. Dr. Kliewe) sowie 4 0 z a e n a - und 3 Rhinoskleromstitmme aus dem Rober t Koch- Ins t i tu t Berlin (Prof. Dr. Wohl/eil). Von diesen Sammlungssts erwiesen sieh nur 2 der Berliner Rhinoskleromst~mme als noeh pathogen ffir weiBe ]~iiuse und somit ffir unsere Versuche geeignet.

3 weitere Ozaenast~mmo ziiehteten wir uns selbst aus Abstrichen typischer Ozaenakranker der Heidelberger Universi~s ffir Hals-, Nasen- und Ohrenkranke (Direktor Prof. Dr. Beck). Die uns zugesandten Abstriche zeigten folgendes miskrokopisches Bild:

Abstrich 1 : Vorwiegend diphtheroide grampositive Bakterlen, Strepbokokken, einige kurze gramnegative Sti~bchen mi~ nich~ ganz sicherer Kapsel.

Abstrich 2: Reichlich kurze gramnegative St~bchen mit Kapsel, diphtheroide grampositive St~bchen.

Abstrich 3: Sehr viele gramnegative St~bchen miC Kapsel, Streptokokken, Pneumokokken.

Aus den Blutagarkulturen dieser Abstriehe konnten wir dann 3 Kapselbakter iensts mi~ folgenden Eigenscahaften zfiehten:

Mikroskopisch: Gramneg~tive, unbewegliche St~bchen mi~ Kapsel. Blutagarplatte: GrauweiB gls sch[cimigc, erhabene, runde Kolonien. Agarstich: Auflage ausgebreitet, weil~lichgrau, glanzend. Gelatinestich: Nagelkopff6rraiges Wachstum, keine Verfliissigung. Trypsinbouillon: Keine Indolbildung. Lackmusmolke: Triibung und R6tung. Lackmusmflch: Rosafarbung, keine Gerlnnung. Neuhralrottraubenzuckcragar: Keine Reduktion, keine Gasbildung. Auf eine eingehendere kulturelle odor serologisehe Spezifizierung der Sts

wurde verzichtet, zumal die Literatur schon bei den oben angegebenen Merkmalen fiir den Bacillus ozaenae differierende und widersprechende Angabcn liefert (vgl. Abet, Wirth, Kliewe und Hsi~).

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Resistenz gegen Infektion mit Bacterium ozaenae. 213

Die beiden Rhinoskleromst~mme zeigten mit den obigen Angaben fiberein- stimmende :Eigensehaften, nut brachte der Rhinoskleromstamm I Lackmusmilch zur Gerinnung, und beide St/imme reduzierf~n den Neu~ralrottraubenzuckeragar, wobei der Rhinoskleromstamm II auSerdem noch Gas bildete.

Die zu den Versuchen verwendeten weiflen M~iuse stammten aus einer gueht, die schon jahrelang das Inst i tut beliefert. Diese M&use sind aber, wie aus den sp/iteren Ausffihrungen hervorgeht, sicher nieht homogener Erbstruktnr. Die grauen Mduse wurden ira Insti tut und in den Vorrats- und Heizungsr/iumen des Heidelberger AkademiscJaen Krankenhauses gefangen.

Bei den Versuchen wurden - - nach 1VISglichkeit ~ nur 1VI/iuse ver- wendet, deren Gewicht zwisehen 14 und 21 g lag, yon den grauen M/iusen ferner nur solche, die sich mindestens schon drei Woehen in Gefangensehaft befanden. :Die" Ern/~hrung aller M&use bestand aus Haler und aus in )Iilch eingeweichten BrStchen.

Ffir die Versuche wurden die Sti~mme in folgender Weise benutzt, um Varia- tionserscheinungen infolge h/tufiger N/~hrbodenpassagen m6glichst zu vermeiden:

Als Ausgangsmaterial diente das I-Ierzblu~ einer an der Infektion eingegangenen Maus, das auf Blutagarplatten ausgestrichen wurde. Von einer Einzelkolonie legten wir Kulturen auf ,Schrs an und bewahrten sie bei Zimmertemperatur auf. Zum Versuch wurden mit einer 0se ein N/~hrbouillonrShrchen beimpft, nach 22stfindiger Bebriitung bei 370 G Verdfinnungcn mit physiologischer Kochsalzl6sung angeleg%. Die Injektion des Materials effolgte subcutan, die injizierte Menge betrug 0,3 ccm.

Vor jedem Versuch wurde zunitchst die Virulenz des betreffenden Stammes fiir weiBe M~use festgestellt. Dabei ergaben sich insofern Schwierigkeiten, als diese Virulenzpriifungen bei demselben Bakterienstamm durchaus nicht immer das gleiche Bild ergaben. Aus diesem Grunde verschob sich auch die im Vorversuch festgestellte Virulenzbreite 5fters im Hauptversuch.

In den Hauptversuchen wurden dann weiBe und graue M~use gleieh- zeitig geimpft mit den in den Vorversuchen fiir weiBe Ms als sieher pathogen bzw: apathogen festgestellten Verdtinnungen. Die geimpften MiSuse wurden 3 Woehen lang beobachtet, der Gesundheitszustand wurde t~ig]ich protokollier~. Bei den gestorbenen Ms stellten wir die Todes- ursache dureh mikroskopische und kulturelle Untersuchung yon Peri- toneal- und Herzblutabstrichen sicher. Die iiberlebenden M~use wurden nach Ablauf der 3 Woehen getStet und ebenfalls mikroskopiseh und kultnrell auf etwa vorhandene Bakterien untersucht. In keinem :Fall liellen sich bei den iiberlebenden l~s noch Bacillen nachweisen, so dal~ diese mit Sicherheit als gesund bezeichnet werden konnten.

Von allen Versucahen zeigte der Stamm Ozaena I das klarste Bild. Aus der beigeffigten ausf/ihrliehen Tabe]le (Tabelle 1) wird das Ergebnis dieses Versuches am besten ersiehtlich. Die fiir diesen Stamm im Vorversueh festgestellte Virulenz hatte ergeben: Verdiinnung 1 : 1000, alle weiBen Ms sterben. Verdiinnung 1 : 10000, alle weiBen M~use iiberleben.

Im Hauptvesrueh blieben eine weiBe Maus der Verdiinnung 1 : 1000 und 3 der Verdiinnung 1 : 10000 am Leben, w~hrend yon den grauen

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214 Fritz Freytag:

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o~ ~o c~_o~ ~.o ~.o os o~ ,o v.o o~ c+ ~o v.o

c2~ r II

~c2 c2

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r~ II

~ u s e n nile Ms dieser Verdfinnungen am Leben blieben. Somit zeigt sich bei diesem Versueh bei tier Verdtinnung 1 : 1000 eine deatliehe Stufe in der Widerstandsf~higkeit beider M/~userassen.

Die Ergebnisse der an- deren St/~mme zeigen keinen so eindeutigen Untersehied. Wir geben sie datum nur in kurzen Zusammenstel- lungen.

Bei den ersten beiden Versuehen mit dem Ozaena- stature I I standen graue Mause nur in beschr/~nkter Zahl~zur Verfiigung. Auch die in den anderen Ver- suehen durehgefiihrte Tren- hung nach M/tnnehen und Weibchen war aus dem gleiehen Grund nicht mSg. lieh. Es wurden aber Misch. linge aus der Institutsm/~use. zucht (F 1 aus Kreuzungen grauer und wei~er Mause) mitverimpft. Der Vorver- such ergab :

Verdiinnung 1 : 100: weille M~use sterben.

Verdiinmmg 1 : 1000: weiBe M/~use iiberleben.

Tabellen 2 und 3 zeigen das Ergebnis des Haupt- versuches, sowie eines wei- teren ~hnlichen Versuches mit dem gleiehen Stature. Aus diesen beiden Versuehen ist durchaus ein Unterschied in der Widersbandsf/~higkeit wei~er und grauer ~/~use und aueh der Mischlinge

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Resistenz gegen Infektion mit Bacterium ozaenae. 215

annehmbar . Die geringe Zahl der ge impf ten grauen M~use ve rb i e t e t allerdings, fes tere Ergebnisse ab le i ten zu wollen.

Verdfinnung

1: 10 1 : 100 1.1000

Tabelle 2. O z a e n a s t a m m II.

[ ,Veillo [ Grauo

O--berleben ~ ~orleben

I N !

~[isehlinge

Zahl Oberleben "

3 2 I 1 Bei einer sehr friih gestorbenen grauen Maus land sich bei der Sektion ein

erbsengrofler Tumor im Bauchraum.

TabeUe 3. O z a e n a s t a m m II.

VVeiilO Grauo ~Iischlingo

Zahl Cberleben Zahl ~Yberleben Verdfinmmg I

I : I00 I i 1 : 1000 1 �9 I0000

- - 1

' 1 1 1 1

Zahl Uberlebcn

1

3 2

Bei e inem d r i t t e n V e r s u c h mi t dem O z a e n a s t a m m I I s t anden n u n m e h r M/ius9 in ausre iehonder Zahl zur Verfi igung. I m Vorversuch e rgab sieh folgende Virulenz :

Verd i immng 1 : 10000: weiBe M/~use s terben. Verd i innung 1 : 100000: weiBe 1Y[/iuse i iber leben.

] m H a u p t v e r s u c h s t a rben dagegen alle weiBen und g rauen ~i~use, auch der Verd i innung 1: 100000, so dab nochmals je 12M/iuse be ider Rassen m i t h6heren Verdi in- nungen - - angefangen bei I : 100000 - - yon der glei- ehen K u l t u r nachge impf t wurden. Tabel le 4 zeigt das Bfld dieses Versuches. DaB eine weiSe Maus tier Ver- diinnung 1 : 10000 i iber lebt , liegt wohl in der Feh le r - breite. Bei der Verdt innung 1 :100000 und 1 : 1 0 0 0 0 0 0

Tabelle 4. O z a e n a s t a m m II .

Verdtinnung

1: 10 1 : 100 1 : 1000 1 : 10000 1 : 100000 1 : 1000000 1 : 10000000

gVeifie

Zahl

8

Obcrleben

l

Graue

Zahl 1 tJberlebon

4 4 4 4 8 2 4 3 4 3

zeig~ sich e in k le iner Un te r sch ied in der Widerstandsf/~higkei~ zuguns ten der g rauen M/iuse.

Wir hat~en den Eindruck, dab unter den Miiusen, die der Infektion erlagen, die grauen Mause durehsehnittlieh etwas spditer starben als die weillen. Wit er- rechneten so den Mittelwert (durchschnittliche Zeit, nach der die Mause starben, einschlieBlieh des Todestages) und die Streuung. Die Bereehnung ergab:

Ftir die weiBen Miiuse (errechnet an 26 Tieren) . . . . 3,4 4- 1,2 Tage. Fiir die grauen M/iuse (errechnet an 24 Tieren) . . . . 3,8 4- 1,1 Tage.

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216 Fritz Freytag:

Berelts aus der relativ gro]en Streuung geht hervor, dab die kleine Differenz st~tistisch nicht gesichert ist. Eine Berechnung ergibt fiir die Differenz yon 0,4 einen mii~tleren :Fehler der Differenz yon 0,3.

Etwas andcrs wird das Ergebnis, wenn man diese Zahlen ftir die einzelnen Ge- schlechtcr errechnet. Es ergeben sich folgende Mittelwerte:

Weille Weibchen (errechnet an 13 Tieren) . . . . . . 4,2 -b 1,0 Tage, Weifle Mannchen (errechnet an 13 Tieren) . . . . . . 2,6 4- 0,8 Tage, Graue Weibchen (errechnet an 12 Tieren) . . . . . . . 4,0 -b 1,2 Tage, Graue Mihmchen (errechnet an 12 Tieren) . . . . . . 3,6 4- 1,0 Tage.

Daraus berechnen sich folgende Differenzen: D (weifle Weibchen gegen weil3e Mannchen) . . . . . 1,6 4- 0,4 Tage, D (graue Weibchen gegen graue M~nnchen) . . . . . 0,4 4-0,5 Tage, D (graue Miinnchen gegen weille M~nnchen) . . . . . 1,0 4- 0,4 Tage, D (weiBe Weibchen gegen graue Weibchen) . . . . . . 0,2 4-0,5 Tage.

Der einzige signifikante Unterschied bestehb also zwischen den weillen Miinnchen und weillen Weibchen. Die Differenz zwischen grauen Miinnchen und weit3en M~am. chert kann ebenfalls als noch wahrscheinlich reell angesehen werden. Im ganzen ergib~ sich also, dab die weit3en Mtinnchen schneller als die iibrigen Gruppen der Infektion erlegen sind.

Dall dieses keine allgemeingfiltige Regel zu sein brauchb, gch~ aus den Berech- nungen fiir den oben beschriebenen Stamm Ozaena I hervor. Bei diesem Stature sind die Ausgangszahlen a]lerdings wesentlich geringer. ~Vir errechneten hier fo]gende Werte:

Weille Weibchen (errechnet an 5 Tieren) . . . . . . . 5,5 4- 2,3 Tage, Weii~e Miinnehen (errechnet an 6 Tieren) . . . . . . . 6,2 4- 1,3 Tage, Graue ~Veibchen (errechnet an 3 Tieren) . . . . . . . 9,3 4-.3,3 Tage, Graue Mannchen (errechnet an 3 Tieren) . . . . . . .. 4,6 4- 1,7 Tage.

Der O z a e n a s t a m m I I I e rgab im Vorversuch : Verdf innung 1 : 10000000: beide weil len Miiuse s terben. Verdf innmlg 1 : 100000000: eine de r be iden ge impf ten weil len l~lguse

f iberlebt .

] )as Bi ld des Haup tve r suches g ib t Tabel le 5 wieder. E in Widers tands- un te r sch ied t iegt hier also bei der Verdf innung 1 : 1000000. Die Berech. hung der durchschni tb l ichen Todeszei t e rg ib t fi ir weil3e u n d g raue tYI~use fas t genau den gleichen W e r t (4 Tage).

Die Versuche mi t den be iden l~h inosk le romst i immen zeigten folgendes:

F i i r den R h i n o s k l e r o m s t a m m I e rgab der Vorversuch : Verdf innung 1 : 1 0 0 0 0 0 : beide weil len ~ u s e s terben. Verd i innung 1 : 1 0 0 0 0 0 0 : beide weil3en ]~r f iberleben.

Das Ergebn i s des H a u p t v e r s u c h e s (TabeIle 6) is t we i tgehend unklar u n d k a u m auswer tba r .

E in negat ives R e s u l t a t e rh ie l ten wir be im R h i n o s k l e r o m s t a m m 2. Der Vorversuch zeigte:

Verd i innung 1 : 1000000: weiBo Miiuse s terben. Verd i innung 1 : 10000000: weille M~use i iber leben.

Tabel le 7 g ib t das Bi ld des Haupgversuches . E in Resis tenzunterschied zuguns ten der g rauen Miiuso is t n i ch t fes ts te l lbar .

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Resis~nz gegen Infektion mi$ Bacterium ozaenae. 217

Bei einer zusammen/assenden Betrachtung der Ergebnisse aller Versuche fallen zun/ichst die Versuche mi t den beiden Rhinoskleromst/ immen aus, da ihre gesu l t a t e fiir unseren Zweck nicht b rauchbar sind. Es bleibt also die Beurtei lung der drei selbst geziiehteten Sts :

Die Ziiehtung dieser St/imme aus Abstr ichen ty- pischer Ozaenakranker, so- wie ihre kulturellen Eigen- schaften stellen sicher, dab sio als St/~mmo des Bac- terium ozaenae im Sinne Abels angesprochen werden kfnnen.

Tabelle 5. Ozaenas t amm III .

~Veille Graue Verdttm~ung

Zahl l~berleben Zahl I ~berleben

: -

4 4

1 Bei der gestorbenen Maus Sektion und Kultur negativ.

1 : 100000 1 : 1000000 1 : 10000000 1 : lOO000000

Man kann naeh dem Ausfall unserer Versuche nicht sagen, dab allgemein die Stdmme yon Ozaenabakterien ]iir graue Mdiuse wenig pathogen ~ind. Die Beobachtungen Abels dtirfen also nicht dahin ausgelegt werden, dab eine Rassen. immunitdt bestfinde. Wir haben immerhin gewisse quantitative Unterschiede in der Widerstandsf/~hig- keit der beiden untersuch- ten Mi~usegruppen feststel- len k6nnen.

Tabelle 6. R h i n o s k l e r o m s t a m m I.

Vcrdiinnung

1 : 100000 1 : 1000000 1 : 10000000

XVeille I Graue z h, - lobon [ Zoh, ,obo.

4 1 1 4 t 4 - - I 4 1 4 - - I 4 1

Es ist zun/ichst zu er6rtern, ob bei diesen Unterschieden vielleicht UmweItsein/liisse mitgespielt haben. Differenzen, die durch Gewicht oder Geschleeht bedingt sein kSnnten, haben wir nach MSglichkeit aus- gescha]tet. Die yon uns verwendeten grauen Ms waren aber nicht in Ge- fangenschaft geziichtet wor- den. Sie wurden erst in den Versuch genommen, nachdem sie einige Wochen unter die gleichen Bedin- gungen gestellt und ebenso ern/~hr~ worden waren wie

Tabelle 7. R h i n o s k l e r o m s t a m m II.

~VeiOo I Grauo Verdiinnung

1 : 1 0 0 0 0 0 - - 4 - -

1 : 1 0 0 0 0 0 0 44 I ] 4 2 1 : 1 0 O 0 0 0 0 0 4 2 ~

1 Die beiden gestorbenen grauen M/iuse hatten R~ude.

die Laboratoriumsmiiuse ; eine Naehwirkung der vorhergehenden Lebens- bedingungen auf den Allgemeinzustand kann dadurch aber nicht mi t Sieherheit ausgeschlossen werden.

Wenn wit als wahrscheinlicher annehmen, dab ~ erblicher tCesistenz- unterschied zwischen grauen wilden M/~usen und albinotischen Labora- toriumsm/~usen vorhanden sei, so ist die yon uns geflmdene Differenz nut sehr gering.

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2 ] 8 Fritz Freytag:

I)er tatsgchliche Unterschied kSnnte mSglicherweise aber doeh grS]er sein als aus unseren Versnehen hervorzngehen saheint, wenn man folgende L?berlegung anstellt:

Die ~u~erliche Unterscheidung zwischen weil~en und granen Ms beruht zungehst auf dem Gen C bzw. c (Color}. Dieses Genpaar ist mall- gebend fiir d ie AusfiirSung. Der recessive Faktor e bewirkt vSlliges Fehlen der Pigmente im Fell und in der Pigmentscbicht des Auges; die Mause, die homozygot ec sind, erseheinen also als Albinos. Die M~use mit den Faktoren CC oder Cc sind gefs Die Art der F~irbung ist dann dutch weitere Gene bedingt. Fiir das Zustandekommen der Wildf~rbung der sogenannten grauen Maus ist am wichtigsten der Faktor A (Agouti- ]aktor). Das entsprechende recessive Allel a bedingt schwarze gaar- farbe. Die Wildmaus ist also CCAA, die typische wei~e Laboratoriums- maus soll ccaa sein. Da aber bei den Albinos sgmtliche auger den Faktoren cc vorhandene Farbgene phgnotypisch nlcht zur Geltung kommen, ist ohne Vererbungsversuehe eine Aussage nicht mSglich, ob eine bestimmte Mans etwa die Faktoren AA oder aa besitzt. Es ist weiter vorstellbar, dal], wenn iiberhaupt eine Beziehung zwischen Farbfaktoren und Im- munit~tsvorg~ngen besteht, ein Rassenuntersehied in der Widerstands f~higkeit nicht auf dem Faktor C bzw. e, sondern anf dem Faktor A bzw. a beruht.

Diese MSgliehkeit erSrtern Gorer und Schi~tze bei der Besprechung einer von Hill zitierten Arbeit yon Ida W. Pritchett. Bei dieser Arbeit wurden Versuche fiber die Widerstandsfiihigkeit gegentiber einer Infektion mit ~I~usetyphusbakterien an zwei Albino- und zwei farbigen Mausestgmmen angestellt. Die gefgrbten Stamme (ein brauner und ehl schwarzer Stamm) zeigten sich dabei weniger widerstands. f~ihig gegen die Infektion als die wefl]en, woraus Hill seh]iel]t, dal] die Albinomause gegeniiber der Mausetyphusinfektion resistenter seien als ausgefgrbte. Nach Gorer und Sch~ze besaflen nun die beiden Albinost~mme das dominant~ Agoutigen, die farbigen St~mme das recessive Alle]. Da nun Detel~sen undL Roberts gezeig~ h/~tten, dal3 das Agoutigen bei M~usen in den ersten Lebenswoehen eine bessere Lebenserwartung bedingt, sel es mSgHch, auch den Resistenzunterschied auf dieses Gen zu beziehen.

Eine nach Absehlult nnserer Versnche vorgenommene Kreuzungs- analyse der Albinos der yon uns verwendeten Zueht ergab nun, dab sie nicht einheitlicher Erbstruktur waren. Es fanden sich unter ihnen sowohl ccaa, wie ccAa und ccAA. Umgekehrt ist natiirlich aueh nicht unbedin~ auszuschlieBen, dal3 von den wildgefangenen granen Mausen einzelne unter ihren Vorfahren entlaufene Albinos hatten und dementsprechend die :Erbformeln CCA~, CcAA oder CcA~ besitzen kSnnten.

Auch wenn die Voraussetzung, dal] die Resistenz iiberhaupt etwas mit den Farbfaktoren zu tun hat, nicht zutrifft, dann zeigen doch die VersUche, dab das M~usematerial (zumindestens die Albinos) genetisch nicht einheitlich war. ]~s wgre mSglich, da~ Versuehe mit reinen Linicn brauchbarere Ergebnisse liefern kSnn ten .

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Resis~enz gegen Infektion mi~ Bacterium ozaenae. 219

Allerdings ist es n ich t wahrscheinlich, da~ sich derar t grol]e Unte r - schiede f inden werden, daI~ die Infek t ion mi t Ozaenabakter ien zu Un te r - suchungen fiber die Rassen immuni t~ t oder ihren Erbmodus geeignet w~re.

Zusammen/assung.

Es wurden mi t zwei Sammlungss t~mmen yon Rhinosklerombakter ien und drei friseh geziiehteten Ozaenas t~mmen Virulenzversuche an weil~en und grauen Mitusen angestell t . Eine Ras sen immun i t ~ t der g rauen ~r gegeniiber diesen Kapse lbak te r ien besteh~ niche. Geringe Unterschiede zwisehen grauen u n d wefl3en Mi~usen in der Empfs waren fest- stellbar, deren genetische Bedeu tung ungekls ist.

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