Über elektrogastrographische studien am nüchternen magen

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(Aus der Medizinischen Klinik der Universitgt zu Frankfurt a. M. [Direktor: Pref. Dr. G. v. Bergmann].) ~ber elektrogastrographisehe Studien am niiehternen Magen. Von Hans Veit. Mit 7 Text~bbildungen. (Eingegangen am 2. M4rz 1927.) Nachdem es Alvarez (San Franzisko) gelungen ist, vornehmlich an M£gen yon Versuehstieren elektrische Stromsehwankungen festzu- stellen, denen er den Namen Elektrogastrogramm gab, hat es Katsch an der v. Bergmannschen Klinik in Frankfurt a. M. unternommen, diese Versuche nachzupriifen und sie besonders am Menschen selbst anzustellen. Diese Versuche babe ich auf Anregung yon Prof. Katsch weitergefiihrt. I. Theoretiseher Teil. Es wurde zun~chst mit der bis dahin yon Katsch benutzten Methode gearbeitet, da Alvarez die Technik seiner Versuche sehr unzul/~nglieh angibt. Sehr bald wurde jedoch Mar, dal~ diese Methode, die sich des Elektrokardiographen yon Siemens und Halske als l~egistrierapparates bediente, nicht recht zum Ziele fiihren wollte. Daher bildete ich nach ver- schiedenen Versuchen endlich eine eigene Technik und Methodik heraus, die hier kurz wiedergegeben sein mag: 1. Allgemeine Versuchsbedingungen. Als Versuchspatienten wurden grSBtenteils weibliche P~tienten gew/~hlt, die wegen einer beliebigen Magendarmaffektion auf der Klinik lagen. Meine Untersuchungen wurden erst angefangen, nachdem die klinische Diagnose dieser Patienten mit allem klinischen t~fistzeug ge- stellt worden war. Die Untersuchung wurde morgens zwischen 8 und 10 Uhr bei niichternem Magen begonnen. Jegliche Medikation war an diesem Morgen unterblieben, insonderheit wurde darauf geachtet, dab mindestens w/~hrend der ]etzten 15 Stunden kein Pharmakon des vege- tativen ~Tervensystems gegeben worden war (Atropin usw.). Die Pa- tienten schluckten gleichzeitig 2 Duodenalsonden, die, wie welter unten beschrieben, ffir den Versuch vorbereitet waren. Mit der Registrierung

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Page 1: Über elektrogastrographische Studien am nüchternen Magen

(Aus der Medizinischen Klinik der Universitgt zu Frankfurt a. M. [Direktor: Pref. Dr. G. v. Bergmann].)

~ber elektrogastrographisehe Studien am niiehternen Magen.

Von Hans Veit.

Mit 7 Text~bbi ldungen.

(Eingegangen am 2. M4rz 1927.)

Nachdem es Alvarez (San Franzisko) gelungen ist, vornehmlich an M£gen yon Versuehstieren elektrische Stromsehwankungen festzu- stellen, denen er den Namen Elektrogastrogramm gab, hat es Katsch an der v. Bergmannschen Klinik in Frankfurt a. M. unternommen, diese Versuche nachzupriifen und sie besonders am Menschen selbst anzustellen. Diese Versuche babe ich auf Anregung yon Prof. Katsch weitergefiihrt.

I. Theoret iseher Teil. Es wurde zun~chst mit der bis dahin yon Katsch benutzten Methode

gearbeitet, da Alvarez die Technik seiner Versuche sehr unzul/~nglieh angibt. Sehr bald wurde jedoch Mar, dal~ diese Methode, die sich des Elektrokardiographen yon Siemens und Halske als l~egistrierapparates bediente, nicht recht zum Ziele fiihren wollte. Daher bildete ich nach ver- schiedenen Versuchen endlich eine eigene Technik und Methodik heraus, die hier kurz wiedergegeben sein mag:

1. Allgemeine Versuchsbedingungen.

Als Versuchspatienten wurden grSBtenteils weibliche P~tienten gew/~hlt, die wegen einer beliebigen Magendarmaffektion auf der Klinik lagen. Meine Untersuchungen wurden erst angefangen, nachdem die klinische Diagnose dieser Patienten mit allem klinischen t~fistzeug ge- stellt worden war. Die Untersuchung wurde morgens zwischen 8 und 10 Uhr bei niichternem Magen begonnen. Jegliche Medikation war an diesem Morgen unterblieben, insonderheit wurde darauf geachtet, dab mindestens w/~hrend der ]etzten 15 Stunden kein Pharmakon des vege- ta t iven ~Tervensystems gegeben worden war (Atropin usw.). Die Pa- t ienten schluckten gleichzeitig 2 Duodenalsonden, die, wie welter unten beschrieben, ffir den Versuch vorbereitet waren. Mit der Registrierung

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des Versuchs wurde dann eine halbe Stunde gewartet, um ein anfang- lich durch die Einfiihrung der Sonden entstehendes Reizstadium aus- schlieBen zu kSnnen. Mehrere Versuche zeigten, dab dies Reizstadium erregterer Magentatigkeit hSchstens eine halbe Stunde wahrte, woran sich dann ein stundenlang anhaltendes Stadium der angendihert phy- siologischen Tdtigkeit reihte. Bei Beginn der Untersuehung nahmen die Patien~en fiir die ganze Dauer derselben eine bequeme Riickenlage auf einer harten Unterlage (Untersuchungstisch) ein, wobei ihnen klarge- maeht wurde, dab jede kSrperliehe Bewegung auBer der physiologisehen Atemtatigkeit den Erfolg der Untersuehung in Frage stellen wiirde.

2. Ableitungsbedingungen. Der in sich geschlossene Stromkreis zerfiel wie bei jeder elektro-

physiologischen Untersuchung in den ableitenden Teil und den registrie- renden Teil. Der ableitende Teil setzte sich aus der Magensehleimhaut, den auf ihr gleitenden Elektroden und den Ableitungsschniiren zu- sammen. Als Elektroden fanden gew5hnliche, also polarisierbare DuodenalsondenknSpfe aus Kupfer Verwendung. An diese wurde dureh die Sonde hindurchgezogene Kupfersehellenhtze gelStet. Beide Ab- leitungsschniire hat ten eine ungef/~hre l_;4nge yon etwa je 2½ m. Die Lage der Elektroden im Magen wurde anf~ngheh mittels mehrmaliger RSntgendurchleuchtungskontrollen so gew~hlt, daB die eine Elektrode dicht unterhalb der Kardia sich befand, w/~hrend die andere im Pylorus lag. Im Laufe der Untersuchungen zeigte es sich jedoch, dab die Ab- leitungsbedingungen wesentlieh besser wurden, wenn die beiden Elek- troden n~her aneinander lagen, und zwar derart, dab beide Elektroden einen gr5Beren Abstand v o n d e r Kardia bzw. vom Pylorus gewannen. Naeh dieser Feststellung wurde auf die umst/~ndliehe l~Sntgenkontrolle verzichtet und die Elektrodenlage blo13 empiriseh festgelegt, indem die kardianahe Elektrode etwa 30 cm, die pylorusnahe etwa 45 em yon der Zahnreihe entfernt angelegt wurde. Durch diese unkontrollierte Einlage der Elektroden ist sicherlich mancher Versager zu erkl~ren, da die Magenform ja ~uBerst weehselnd ist, wobei jedoeh zu bedenken ist, dab die meisten Untersuehungen an weibliehen Patienten gemaeht wurden, fiir die ein langer Hakenmagen physiologiseh ist, so daB doch wohl sehr oft recht ~hnliehe Ableitungsbedingungen vorlagen.

3. Registrierungsbedingunyen. Als Registrierapparat wurde ein Spiegelgalvanometer yon Siemens

und Halske mit eingeschalteter D~mpfung (100 Ohm) benu~zt. I)asselbe wurde elektrotechniseh so eingebaut, dal3 es sich im ]qebenstromkreis befand. Im Hauptstromkreis war ein StSpselrheostat eingesehaltet. Die Widerstandseinschaltung desselben bewegte sich zwisehen 10 und

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100 Ohm, wobei der Widerstand immer so gew£hlt wurde, dab in praxi das Galvanometer etwa gleiche Aussehlgge bei jedem neuen Versueh ausffihrte. Besondere Sorgfalt wurde der No- tierung der Versuehs- ergebnisse w~hrend der Dauer des Versuehes zu- gewandt, indem 3 Per- sonen bei der l~egistrie- rung beseh~ftigt wur- den: die erste Person (meistens ieh selber) las die Aussehl~ge des Gal- vanometers laut ab; die zweite Person notierte dieselben fortlaufend, w~hrend die dritte Per-

S/~/'ege/- ffalv ~ /7 o me/er

/?heos/o~. Abb. 1.

son gleiehzeitig den Zeitpunkt der Ablesung mit Sekundengenauigkeit aufsehrieb. Die Ver/~nderungen der Aussehl~ge wurden fiir gew6hnlieh alle 8--12 Sek., bei sehr rasehen sogar alle 2 Sek. abgelesen und notiert. An dieser Stelle lasse ieh ein Sehaltungssehema der Ableitungs- und Re- gistrierungsbedingungen folgen.

4. Wertungsbedingungen.

Die Wertung der t~egistrierungsergebnisse wurde in der Weise vorgenommen, dab die Notierung der Aussehl&ge und die Notierung der dazu geh6rigen Zeitpunkte auf l~ieberkurven ineinander gearbeitet wurden, wobei ein Karo der Abszisse 5 Sek. und ein Karo der Ordinate 2 Skalenteile der Aussehl/~ge bedeuten sollte. Das elektrodynamisehe Aquivalent der einzelnen Skalenteile wurde dadureh gefunden, dab die Widerstgnde im Stromkreissystem, die Entfernung der Spiegel- aehse yon der Skala und die Kriimmung der Skala beriieksiehtigt wurden. Dabei ergab sieh, dab die Entfernung eines SkMenteilstriehes, das ist 1 em = 4mal 10 .5 Milliampere entsprieht.

Dutch vorstehende Methodik wurde eine gr6Bere Anzahl (etwa 35 brauehbare) Kurven gewonnen, denen der Name Elektrogastrogramm

(Eggr.) gegeben wurde. Dieser Name ist natfirlieh dem Elektrokardio- gramm naehgebildet. Daher ist es zungehst vonn6ten, einen funda- mentalen Untersehied zwisehen dem Elektrokardiogramm and dem Eggr. aufzudeeken. W/thrend wir im Elektrokardiogramm wirklieh ein kurvenmggig darstellbares Nquivalent ftir Aktionsstr6me des Herz- muskels haben, die uns gestatten, auf den l~eizablauf in der Herzmus- kulatur Riieksehliisse zu tun, miissen wit im Eggr. das ~quivalent ftir

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viel kompliziertere Vorg~nge erblicken. Wenn wir eine Definition wagen wollen, so miissen wir sagen:

Das Elektrogastrogramm ist ein elektrischer Ausdruck /iir die gesamte Magen~tigkeit, die sich in Aktionsstr6men iiuflert.

Diese ,,gesamte Magent~tigkeit" schlieBt die Motilit~t, die Tonus- verh~ltnisse und die Sekretionsvorg~nge in sich. Es wird deshalb schwierig sein, aus dem jeweils vorhandenen elektrisehen Ausdruek auf Einzelfunktionen (etwa Motilit&tsvorg~nge) zu schlieBen. Wenn wir es dennoch in dieser Arbeit versuchen, so sind wir uns dabei bewuBt, dab es hier Grenzen der Erkenntnis geben wird. Diese letztere Erkennt- nis ist dadurch fruchtbringend gewesen, dab wir sahen, dab es vielleicht gerade mit die Au/gabe der Eggr.-Methode sein k6nnte, die $'unktion der Gesamttdtigkeit des Magens zu er]assen, w~hrend ja alle anderen Methoden der Magenerforschung (Ausheberung, R6ntgenbild, Balloneinfiihrung usw.) immer nur eine oder zwei der Magenfunktionen uns erkennen lassen. Die neueren konstitutionellen Forschungen und t2~berlegungen lassen immer mehr erkennen, dab es auf Ganzheitsprozesse auch im Biologischen mehr ankommt als auf Teilprozesse und weiterhin, da~ ein GanzheitsprozeB niemals als die Summe seiner Teilprozesse ver- s tanden werden kann, sondern in jedem Falle durch seine spezifische Eigenart mehr bedeutet als die Summe der Teilprozesse. Daher werden Methoden wiinsehenswert sein, die uns solehe Ganzheitsprozesse er- kennen lassen.

Leider l~Bt sich zur Zeit die oben gegebene Definition des Eggr. noeh nicht vSllig aufrechterhalten, weft n~mlich in dem Eggr. noch eine groBe Anzahl ,,Schleiereffekte" enthalten sind. Unter Schleier- effekten verstehe ich alle diejenigen elektrischen Erseheinungen, die sich in unserem Schaltungssystem abspielen, jedoeh rein physikaliseher Natur sind, und die das Bild des ,,reinen Eggr." verschleiern. Solche Sehleiereffekte entstehen unter anderem durch die Polarisation, durch die Ver~nderung des Widerstandes infolge zunehmender Sekretion, durch die Lage der Elektroden und durch noeh viele andere Momente. Ehe wir nun an die praktisehe Analyse einzelner Eggr.-Bilder gehen, wollen wir noeh einmal eine ,,theoretische Elektrogastrogrammanatyse" durehfiihren, um zu zeigen, welehe versehiedenen Vorg~nge physika- liseher oder biologiseher Natur einen elektrischen Ausdruck im Eggr. finden kSnnen.

1. Der Ausdruck mechanischer Momente. a) Lage der Elektroden in bezug auf Kardia und Pylorus. b) Lage der Elektroden in bezug auf grol~e und kleine Kurvatur. c) Lage der Elektroden in bezug auf die Sehleimhautfalten. d) GrSBe der Sekretlonsschicht zwisehen Magenwand und Elek-

troden.

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e) Leitf~higkeit der Sekretionsschicht (je mucinreicher das Sekret, desto gr6Ber der Widerstand).

2. Der Ausdruck elektrischer Elementwirkungen. a) Gew6hnliche Elementwirkungen. b) Polarisationsstromwirkungen. Diese Wirkungen sind nattirlich in erster Linie yon dem Acidi-

t~tsgrad des Magensaftes i. e. seiner H.-Ionenkonzentr~tion abh~ngig, in zweiter Linie yon dem verwendeten Elektrodenmaterial.

3. Der Ausdruck yon Gleitstrdmen. Unter Gleitstr6men wollen wir solche elektrischen Str6me verstehen, die

zwar genetisch rein physikalischer, atiologisch jedoch biologischer Natur sind, indem sie entstehen durch das Gleiten der Elektroden auf der Magen- schleimhaut bei Funktions/inderungen w£hrend der Magent~Ltigkeit.

a) GleitstrSme bei Mucosabewegungen. b) Gleitstr6me bei Muscularisperistaltik. c) GleitstrSme bei Muscularisspasmen. d) Gleitsstr6me bei Muscularisbewegungen infolge extraventriku-

1/trer nerv6ser Einfliisse. e) Gleitstr6me bei Tonusver~nderungen. f) GleitstrSme bei SekretionsstSrungen. g) Gleitstr6me bei Antiperistaltik. h) Gleitstr6me bei passiver Bewegung des Magens dutch die Zwerch-

felltiitigkeit. 4. Der Ausdruck yon Aktionsstrdmen. A. Unmittelbar abgeleitete Aktionsstr6me. a) Aktionsstr6me bei Mucosabewegungen.

bei ~ Muscularisperistaltik. bei Muscularisspasmen. bet Muscularistgtigkeit infolge extraventrikul£rer

b) Aktionsstr6me c) Aktionsstr6me d) Aktionsstr6me

nervSser Einfltisse. e) AktionsstrSme f) AktionsstrSme

bei Tonus~nderungen. bei Sekretionssvorg£ngen.

g) B. a) 1. 2. 3. b) 1. 2. 3. 4. AktionsstrSme anderer benachbarter Organe.

Z f. d. g. exp. Med. LVI.

AktionsstrSme bei Antiperistaltik. Mittelbar durch die Elektroden aufgefangene Aktionsstr6me. Gastrogenen Ursprungs. Kardiabewegungen. Motilit~tsvorggnge am Antrum. Pylorusspiel. Extraventrikul/tren Ursprungs. Aktionsstr6me des Herzens. Aktionsstr6me der Darmbewegungen. Aktionsstr6me der Zwerchfellbewegung.

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Diese theoretische Eggr.-Analyse liefert den ]~eweis f/Jr das vorher Behauptete, dab n~mlich im Eggr. jede registrierte Ver/~nderung zu- n/~chst als nichts anderes angesehen werden daft als eine Summe von verschiedenen Stromsti~rkenintensit/~ten; die praktische Analyse dieser Ver~nderungen, was zum Tell der Isolierung einzelner Magent/itig- keiten gleichkommt, ist oft sehr schwer, teilweise wohl unmSglich.

Welches sind nun die Wege, die zu einer Elektrogastrogrammdeutung beschritten werden diirfen ?

I. Die Feststellung immer wiederkehrender markanter Erschei- nungen.

II. Die Vergleiehung normaler Eggr. mit Eggr. bei Ausschaltung einzelner Magent~tigkeiten (z. B. Atonie, Anadenie, Motilit~tslosigkeit).

III. Die Vergleichung normaler Eggr. mit Eggr. unter experimentell gesetzten Umst~nden.

IV. Spekulative Deutung der Eggr. auf Grund der bckannten physikalischen, biologisehen und elektrophysiologischen Gesetzc.

Nachdem wit nun die ~¢ISglichkeiten einer Eggr.-Methodik dureh- dacht haben, wolten wit an die praktische Analyse yon Eggr. heran- gehen. Es ist ganz klar, dab der Probleme und Fragen so unendlieh viele sind, da$ wit unmSghch in einer kurzen Arbeit alle die Wege gehen kSnnen, die im vorhergehenden angedeutet wurden und beschritten werden miillten. Da wir zuni~chst auf die Analyse der Schleiereffekte verzichten und dieselben nut insoweit heranziehen als sie zum Ver- sti~ndnis des elektrisehen Ausdrueks der Gesamtmagent/~tigkeit, also des reinen Eggr. nStig sind, wird der praktische Tell dieser Arbei~ sich damit begnfigen, aus dem reinen Eggr. versehiedene wichtige Erschei- nungen herauszugreifen und zu deuten.

II. Praktischer Teil.

Aus verschiedenartigen Versuchen, besonders durch die RSntgen- beobachtung sind uns die Motiht/~tsverh~ltnisse des Magens hinreichend bekannt. Wir nehmen an, da$ die Magenbewegungen yon Aktions- strSmen begleitet sind, fiir die die verschiedenen Aktionsstromgesetze beriieksichtigt werden miissen, so vor allem das eine, dal~ sich die jeweils erregte Stelle negativ verhi~lt gegentiber der unerregten.

Das reine Eggr. der Magenperistaltik. Die normale Peristaltik ist r6ntgenologisch als 18 bis 25 Sek. phasisch

bekannt. Das Eggr. zeigte in 7 F/~llen, die die peristaltischen Wellen auf eine 1/~ngere Dauer deutlich erkennen lieBen, einen vSllig regel- m/~Bigen Rhythmus von 18his 24 Sek. Ich lasse eine Eggr.-Abbildung dieser Magenperistaltik folgen.

Um fiber die Stromst~rke dieser peristaltisehen Wellen einen Auf-

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sehluG zu erhalten, wurde fiir eine groge Anzahl einzelner Wellen aus der tI6he im Eggr. die Stromst/~rke ausgereehnet, wobei sieh als Grenz- werte ffir normale l%lle etwa 10 bis 200 real 10 .5 Milliampere ergab. Da der Anstieg und der Abfall der Welle - - Mlerdings bei der ver- hi~ltnism/£13ig groben Prfifung - - ein ganz gleichmM3iger war, so darf daraus gesehlossen werden, dab es sieh um sehr langsame Erregungs- abl/iufe handelt.

In pathologischen Grenzf/~llen, die ja ein etwa vorhandenes kon- stitutionelles Moment immer am ehesten hervortreten lassen, ist dies letztere hinsichtlieh der Intensit~t der Wellen deutlieh erkennbar. W/~hrend wir ngmlieh eine Stromst~rke yon 10 bis 200 mal 10 -5 Milli- amloere als innerhMb der normalen Grenzen liegend bezeichneten, so haben wir in einzelnen l~l len eine Stromstgrke yon mehr als 200 ja bis zu

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A b b . 2. A u t o n o m e P e r i s t a l t i k (15 5~in. 20 Sek. - - 21 5I in . 40 Sek . ) .

2000 mal I0 -5 Milliamp. zu verzeiehnen. Wenn wir nun diese iibernormalen Werte in Verbindung zur Konst i tut ion setzen, so ergibt sieh die iiber- rasehende Tatsaehe, dab alle Mensehen mit iibernormaler PeristMtik dem vegetativ-stigmatisierten Mensehentypus und zwar dem soge- nannten B.-Typus angeh6ren. Da diese Peristaltikbewegungen im Gegensatz zu anderen Magenbewegungen dutch m/~13ige Atropindosen (½ mg sube.) nieht zum Sehwinden gebraeht werden konnten, so miissen wir annehmen, dab ihre Automatie in den GanglienzelIen des Magens selbst liegt. Hierzu pagt sehr gut, dab die gr6gten Intensit/~ts- sehwankungen (1980mM 10-SMilliamp.) bei einem ausgesproehenen B.-Typus gefunden wurden, der gleiehzeitig eine starke Taehykardie hatte, was ja wohl nieht erkl/~rbar w/~re, wenn die am J-Ierzen anschei- nend herabgesetzte Vagust~tigkeit sieh am Magen im Gegensatz dazu als h6ehst wirksame Vagust~tigkeit bei ein und demselben Mensehen h/£tte ~uBern sollen; wahrseheinlieh hingen die Taehykardie und die PeristMtikhyperintensit/~t yon einer gemeinsamen drit ten Ursaehe ab, die wohl im Hormonal- oder im Mineralstoffweehsel zu suehen ist.

AuBer dieser autonomen Magenperistaltik, die dureh Pharmak~ des vegetativen Systems nieht wesentlieh beeinfluBt werden konnte, zeigte

5*

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sich nun noeh eine zweite Peristaltik, die gerade durch diese Beein- flussung gekennzeiehnet war. Ieh babe sie im Eggr. als ,,grol3eWellen" be- zeichnet. Ieh lasse auch yon dieser Peristaltik eine Eggr.-Abbildung folgen.

Die ,,groflen Wellen" konnten auf 7 Eggr.-Kurven einwandfrei er- kannt werden. Auf weiteren 7 Eggr.-Kurven werden sie als sehr wahr- scheinlieh vermutet.

In bezug auf ihre Genese kann man sie auch Vagusperistaltik nennen. Zu dieser hypothetischen Bezeichnung berechtigen mieh meiner Meinung naeh 3 Punkte. Erstens: Der elektrische Ausdruck der Vagusperistaltik ist durch Atropin zum Verschwinden zu bringen; zweitens: die normale autonome Peristaltik bleibt bei der Atropinmedikation mittleren Grades

+20

+70

0

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-20

-30

0 5' Abb. 3. Vagusperistaltik. (G. 30. IX. 1925.)

unbeeinflul3t und drittens: die Vagusperistaltik ist durch Pilocarpin zu provozieren.

Die Frequenz der Vagusperistaltik ist eine viel seltenere als die der autonomen Magenperistaltik. Sie betr/igt 1 bis 1½ Minuten. Man kSnnte sie infolgedessen auch Minutenschwankungen nennen und sie dadurch mit den Minutenschwankungen, die Weitz bei Tonusveriin- derungen des Magens gefunden hat, in Beziehung setzen, worauf ieh sp/~ter noch zuriickkommen werde. Die Stromst/~rkenintensit~t dieser Vagusperistaltik ist eine ungleich grSBere, sie betr/~gt fiir normale. F/~lle ca. 500 bis 1000 mal 10 -5 Milliamp. Die Intensit/~t dieses elek- trischen Ausdrucks ist also ungef/~hr 5 bis 20 mal st/~rker als die der autonomen Magenperistaltik.

Auch die Form der Einzelwelle der Vagusperistaltik ist eine andere. Wir finden hier konstant eine Zacke im Gegensatz zur autonom be- dingten Peristaltikwelle. Diese Zaeke zeichnet sich durch einen steilen Anstieg und einen langsamen Abfall aus. Ich mSchte glauben, dab bei vervollkommneter Technik eine noch weitere AuflSsung dieser Zacke mSglich sein wird.

(~ber den Ablauf der Vagusperistaltikgesamtbewegung 1/iBt sich sagen, dab sie ein periodisches Auftreten in Abst/~nden yon wohl 1 bis 2 Stun- den hat, wie in einem Fall sehr deutlich gezeigt werden konnte, und in

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anderen Fi~llen sieh vermuten lieg und weiterhin, dab diese Gesamt- bewegung in einzelne Phasen ihrer Abwieklung zu zerlegen ist. Man kann ein Stadium incrementi, /astigii und decrementi unterseheiden. Das Stadium inerementi zeiehnet sieh dureh Unregetmi~gigkeit der Einzelzaeke hinsiehtlieh der Intensit~t und der Frequenz aus, ohne dab man sagen k6nnte, es entwiekelt sieh eine stetig zunehmende Regel- mggigkeit. Im Gegenteil, pl6tzlieh setzt das Stadium fastigii ein, wo Iiir 4---10 Zaeken eine fabelhafte Exaktheit und Regelmggigkeit in jeder Beziehung zu konstatieren ist. Im Stadium deerementi finder dann eine allmghliehe Lysis dieser Exaktheit statt, bis sieh die Vagus- peristaltik langsam verliert.

Gerade dieser gesamte Ablauf der Vagusperistaltik ist so versehieden yon den Minutensehwankungen yon Weitz, dab ieh dieselben sehon aus diesem Grunde nieht in Zusammenhang mit jenem bringen m6chte. Ferner leuehtet die Teehnik yon Weitz, die beweisen will, dag es sieh um Tonussehwankungen handelt, so sehr ein, dag ieh glaube, dab bier 2 physiologiseh versehiedene Prozesse vorliegen. Es ist mir aueh sehr zweifelhaft, ob Tonussehwankungen iiberhaupt elektrogastrographiseh zu fassen sind, obwohl ja neuerdings bekannt geworden ist, dab aueh die Tonusvorgiinge yon elektrisehen Aktionsstr6men begleitet werden; doeh werden Kontrollversuehe an Hunden bei oftener Bauehh6hle diese Frage vielleieht endgiiltig kl~ren k6nnen.

Interessanter ist indessen die Frage naeh dem Au[treten der Vagus- peristaltilc iiberhaupt. Es bestehen drei M6gliehkeiten: Erstens die Vagusperistaltik t r i t t episodenhaft w~hrend der normalen Magent~tigkeit auf oder zweitens die Vagusperistaltik ist eine regelm~tgige periodisehe Erseheinung w/~hrend der normalen Magent/~tigkeit eines jeden Men- sehen und sehlieBlieh drittens, die VagusperistMtik ist eine konstitutio- nell bedingte Erseheinung. In vielen stundenlangen Versuehen konnte gezeigt werden, dag diese Vagusperistaltik weder episodiseh noeh periodiseh bei allen Versuehspersonen auftrat, vielmehr waren es immer wieder dieselben Versuehspersonen, die diese Vagusperistaltik zeigten, so dal3 ieh mieh fiir die dritte M6gliehkeit entseheiden m6ehte. Im ein- zelnen sprechen das Auftreten der Vagusperistaltik aussehlieBlieh bei vegetativ stigmatisierten Mensehen und weiterhin die Parallele in der St/~rke des Auftretens zum Grade der Stigmatisiertheit, das Auftreten bei ausgesproehen jugendliehen Mensehen und sehlieBlieh die Tat- saehe, dag sie immer wieder naehzuweisen ist bei einem Individuum, bei dem sie einmal erkannt worden ist, daftir, dag es sieh um konstitu- tionell bedingte Vorggnge handelt. Diese VagusperistMtik zwingt uns also dazu, eine Individualbesehaffenheit des Magens anzunehmen.

Wenn wir nun diese bisherigen Befunde der Eggr. Studien fiber die Magenperistaltik kritiseh betraehten, so kommen wit zu wiehtigen

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Gesichtspunkten. W~hrend man durch die bisherigen Untersuchungs- methoden festgestellt hatte, dal3 die Magenperistaltik schlechthin etwa 18 bis 25 Sek. phasisch war, und dal3 diese Peristaltik in groBen Perioden mit gesetzm~13iger Genauigkeit ablief, um dann wieder von Perioden peristaltikarmer, ja sogar peristattikfreier Magent~tigkeit ab- gelSst zu werden, so zeigt uns die Eggr.-Methode eine weitere Diffe- renzierung, l~ml ich die Differenzierung, dab die sogenannte Magen- peristaltik eigentlich aus zwei ganz verschiedenen Motiht~tsphimo- menen zusammengesetzt ist. Das eine ist die autonome Magenperi- 8taltik. Ffir sie trifft die 18 bis 25 Sek. Phasenhaftigkeit zu, nieht jedoch das periodenhafte Auftreten. Vielmehr zeigten gerade unsere Unter- suchungen, dal~ - - wenigstens am nfichternen Magen - - diese autonome Magenperistaltik Khnhch wie die autonome Herzrhythmik nie aufzu- h6ren scheint. Ob dies auch ffir den geffillten Magen gilt, ist bisher noch nicht naehgewiesen worden; doch ist ein Grund, warum bei gefiilltem Magen diese autonome Magenperistaltik keine stetige sein sollte, nieht einzusehen. Vielmehr verlangt ja wohl gerade die Magenffillung eine dauernde autonome Magenperistaltik. Allerdings konnte einmal eine Bedingung gefunden werden, in der die autonome Magenperistaltik auszusetzen scheint, diese Bedingung war der normale Schlaf. Es ist bei einer Patientin gelungen, sie so in die Versuchsanordnung einzu- schalten, dab ein Einschlafen mSglich war. Die Beobaehtungen wurden eine ganze l~acht durchgeffihrt, wobei die Eggr.-Registrierung der Magent~tigkeit v611ig getrennt yon der Beobachtung des Schlafes der Patientin durchgeffihrt wurde. Bei dem sp~teren Vergleieh der Regi- strierungen ergab sich die interessante Tatsaehe, dal3 etwa mit ~/~-Minuten- Genauigkeit die Angaben fiber den Schlafzustand der die Schlaftiefe registrierenden Personen mit den Aufzeichnungen an den Eggr.-Ap- paraten fibereinstimmten. Ich lasse eine Abbildung folgen.

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- 1 0 W a ' c ~ ' z

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( I I I l 1 i I ~,, -300 ~' g "/Z" 16" 20' 2~' 28 ~ 32' 36' qO' q~' q81 52" 56" 6

Abb, 4. Magenper i s t a l t ik i m Schlaf (P. 3 U h r 40 Min, bis 4 Uhr 40 Min.).

Dieser Versuch zeigte, dab die autonome Magent~tigkeit mit zu- nehmender Sehlaftiefe erloseh, wohingegen sie bei plStzlichem Erwachen sofort wieder einsetzte.

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Im Gegensatz zur autonomen Magenperistaltik wies die Eggr.- Methode noch eine zweite Magenperistaltik, die sogenannte Vagus- peristaltik nach, ffir die das periodisehe Auftreten, das man der Magen- peristaltik sehlechthin beigelegt hatte, charakteristisch ist. Es ist jetzt bei der kritisehen Betraehtung hier die riehtige Stelle, darauf hinzuweisen, dab alles, was oben fiber die Vagusperistaltik gesagt ist, Versuehen entnommen ist, die am niiehternen Magen angestellt wurden. Und wie es sehr wahrscheinlieh ist, dab die autonome MagenperistMtik bei einer Magentfillung unvergndert weiterbestehen wird, so ist es ebenso wahrseheinlieh, dag die Vagusperistaltik bei geffilltem Magen wohl andere Gesetzm/~/~igkeiten zeigen wird. Deshalb kann in dieser Arbeit fiber die endgfiltigen Charakteristica der Vagusperistaltik niehts ausgesagt werden. Nur soviel steht lest: Die Eggr.-Methode hat gezeigt, dag zwei versehie- dene Arten der Magenperistaltik existieren, yon denen jede, die autonome sowohl wie die Vagusperistaltik, ihre besonderen Gesetzmgt~igkeiten hat.

Wit wollen nun noeh ein anderes Problem der Magenmotilitgt elektrograstrographiseh ins Auge fassen und dies sind die Motilitgts- vorggnge am Pylorus. Dabei miissen wit uns an die physikaliseh- biologisehen Vorbemerkungen zum praktisehen Tell erinnern. Wir gewinnen dann sofort die Uberzeugung, dal~ wit elektrograstrogra- phiseh zun/iebst zwisehen AntiperistMtik und Pylorusspiel nieht unter- seheiden k6nnen. Wit k6nnen Eggr.-Bilder nur ,,als vom Pylorus ]commend" deuten. Eine Voraussetzung soleher ,,als vom Pytorus kommender" Erregungen ist vor Mlem ihr negativer Ausdruek im Eggr. Wenn es sieh um Bewegungen des M. sphincter pylori handelt, so werden wit voraussetzen dfirfen, dab ihr Eggr.-Ausdruek im wesentli- ehen ein singulgrer d. h. einmaliger, kurzer Ablauf sein wird. Von Anti- peristaltik wird man wohl dann reden dfirfen, wenn diese Erregungen sieh als rhythmisehe, mehrmals wiederkehrende Erseheinungen re- gistrieren lassen. Da wir keinen einwandfreien Fall yon Antiperistaltik haben, wobei wit uns bemfihten, dieselbe dutch Bauchlage des Patienten zu provozieren, so m6ehte ich blog das Eggr. des Pylorusspiels zeigen und deuten. Da das Eggr. nut elektrophysiologisehe Ph~nomene registriert, ist es klar, da$ wir fiber die biologisehe Natur dieser ,,als vom Pylorus kommenden" Erregungen niehts aussagen kSnnen. Ob dieselben einer PylorusSffnung oder einem Pylorusschlug entspreehen, wird in ihrem elektrophysid]ogisehen Ablauf v611ig identiseh sein.

~Bei dem Naehweis solcher ,,als vom Pylorus kommender" Erre- gungen gingen wir nun yon einer ganz bestimmten Voraussetzung aus. Dieselbe bestand darin, dal] wit Patienten auswiiblgen, bei denen wit eine Pylorust/itigkeit auf andere Art und Weise naehweisen konnten. Dieser Naehweis glfiekte dutch die Ausffihrung der fraktionierten Aus- heberung. Es zeigte sieh, dal~ in gewissen Zeitabstfinden die Sekretions-

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kurve Abf~lle zeigte, die sehr rasch wieder behoben waren. Wit standen nicht an, diese AbfMle als PylorusSffnung zu deuten, wobei es dann zu einem duodenalen RiickfluB kommt. W/ihrend dieses duodenalen Rtickflusses wird der Acidit~tsgrad des Magens durch den alkalischen, zurtickgeflossenen Duodenalsaft herabgesetzt, um bald dutch weitere Magensaftsekretion wieder ausgeglichen zu werden. Ich lasse zwei Abbildungen folgen, die das Pylorusspiel sekretorisch und elektroga- strographisch darlegen.

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M/nufen Abb. 5. Sekretionskurve.

Bei unseren Eggr.-Studien konnten wir bei denselben Patienten im EggT. eine zeitlich angen~herte Koinzidenz feststellen zwischen solchen ,,als vom Pylorus kommenden" Erscheinungen und den Aciditi~ts-

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-10

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[ I l t [ I 0 1' 2' 3' q' 5' 6 '

A b b . 61). P y l o r o g e n e E r r e g u n g (au togen . ) (F. 29 Min . b i s 35 Min.) .

wertabf~llen auf den Acidit~tskurven. Diese Koinzidenz erstreckt sich nicht auf die absoluten Zwischenr/~ume, sondern nur auf das rhyth- mische Auftreten bei der Erscheinung: Wir fanden eine sekretorische PylorusSffnung nach 30, 110, 160 und 190 Min., eine Eggr. Pylorus- t/~tigkeit nach 31, 66 und 78 Min. Da diese Koinzidenz natiirlich bloB eine angen~herte ist, so suchten wit nach weiteren Kriterien, um diese Eggr.-Erscheinungen als ,,als vom Pylorus kommend" ansehen z u diirfen.

2) Der negative Charakter der pylorogenen Etregungen ist auf den beigegebe- nen Abbildungen durch Elektrodenvertausehung pasitiv erscheinend.

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~ber elektrogastrographische Studien am niichternen Magen. 73

Ein solches Kriterium glauben wir gefunden zu haben in der Beachtung der physikalisehen Sekretionsverhgltnisse. Wenn n/~mlich diese Eggr.-Erscheinungen wirklich Pylorusti t igkeit im Sinne einer Pylorus- 6ffnung bedeuten sollen, so ergibt sich daraus die Tatsache, dab es vor der Pylorus6ffnung zu einer Stauung des Magensekretes im Magen kom- men miigte, da ja die Sekretionstiitigkeit des Magens eine gleichmiigige ist. Diese Stauung der Sekretionsflfissigkeit ki~me aber einer Vergq'6Be- rung des elektrischen Widerstandes in unserem System gleich, in dem ngmlich die vermehrte Sekretschicht die Elektroden yon der Magen- wand abhebt. Durch die VergrSBerung des elektrisehen Widerstandes miigte die autonome Magenperistaltik an Intensitiit im Eggr. nach- lassen, um nach AbfluB der Sekretmengen in das Duodenum wieder pl6tzlieh an Intensi t i t zuzunehmen. Diese zunehmende Verflaehung der elektrogastrographisehen, peristaltisehen Zeiehnung vor der ,,als vom Pylorus kommenden" gedeuteten negativen Welle, some ihre deut- liehere Zeichnung naeh dieser Welle konnte tats~ehlieh erwiesen werden.

Es folgt zungehst eine Abbildung, die die n~£ehsten Ausfiihrungen erlgutern soll.

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+20

+70

0

-10

-20

l I I I I 1 7 ' 2 ~ J " ~J 5 ~ 6 '

Abb . 7. P y l o r o g e n e E r r e g u n g (ar t i f iz ie l l ) . (F. 95 Min. b i s 101 Min . )

Schlieglich wurde noch ein Versuch gemacht, um die Deutung der ,,als vom Pylorus kommenden" Erregungen zu stfitzen: Einem Patien- ten mit normaler, gut sichtbarer autonomer Peristaltik wurde ein kleines Glas Wasser zu trinken gegeben. In dem Augenblick, da das kalte (!) Wasser in den Magen kam, t ra t eine solche negative Welle auf, wobei nunmehr nach der Welle eine deutliche Verflachung der autonomen Peristaltikzeichnung eintrat. Wir mfissen wohl sicher annehmen, dab das kalte in den Magen eingedrungene Wasser den Pylorus zu einem Pylorusschlug (!) reizte, wobei sich elektrogastrographisch der Pylorus- schlufl ebenso ,,als vom Pylorus kommend" dokumentieren muB, wie die Pylorusg//nung. DaB in diesem Versuch die autonome Magen- peristaltik sich nach der ,,als vom Pylorus kommenden" Erregung ver- flacht, ist wiederum natiirlich, da ja nunmehr das kiinstlich zugeffihrte

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Wasser sieh zwisehen Magenwand und Elektroden dr~ngt und so den Widerstand des Systems vermehrt.

Fassen wir zusammen, welche Kriterien wir nun haben, um eine Zacke ,,als vom Pylorus kommend" anzusprechen, so ergibt sich :

1. Ihre Negativitiit (da ja die jeweils erregte Stelle sich negativ verh£1t gegenfiber der unerregten und in diesem Falle ja die untere Elektrode zuerst [vielleicht aussehlieBlich] erregt wird).

2. Der kurze Ablau[. 3. Die Ver]lachung der autonomen Peristaltikzeiehnung vor dem

Auftreten der Zacke um die deutlichere Zdchnung nach dem Auftreten der Zaeke.

Mit diesen Ausffihrungen wollen wir den praktischen Teil abschliel~en, ohne dabei zu verhehlen, dal] fiber die sehr wichtigen Gebiete der Anti- peristaltik, der Tonusverh~ltnisse und der Sekretionserscheinungen noch gar nichts ausgesagt ist. Jedoch sind die Untersuehungen auf diesen Gebieten noch zu sp~irlieh und zu lfiekenhaft, als daB mehr als hypothetische Gesichtspunkte bis jetzt gezeigt werden k6nnten. Unter- suehungen, die nunmehr an geffillten M~gen, sowie unter experimentell gesetzten Bedingungen und unter versehiedenem psychisehem Ver- halten ausgeffihrt werden mfil]ten, k6nnten wohl in der Deutung elektrogastrographischer Bilder noch manches zutage f6rdern und das bisher Gesagte best~tigen, vertiefen oder auch korrigieren.

Zusammenfassung. Die yon Alvarez angeregten, von Katsch aufgegriffenen Studien i~ber

das Elektrogastrogramm wurden fortgeffihrt, wobei in Analogie zur Elek- trokardiogrammethodik eine eigene Methodik ausgearbeitet wurde, die dazu ffihrte, eine Beobachtungsmethode zu haben, welche gestattet, die Gesamttiitigkeit des Mage~s zu registrieren und zu analysieren. Das Elektrogastrogramm ist ein elektrischer Ausdruck ]i~r die gesamte Magen- t~itigkeit, die sich in AktionsstrS~nen dufiert. Dieses reine Elektrogastro- gramm ist yon einer Reihe von Schleiere]]ekten fiberlagert, die dutch mechanisch-physikalische Ursachen bedingt sind. Das eigentliche reine Elektrogastrogramm gestattet nach einem kurzen Reizstadium stunden- lang die physiologische Magent~tigkeit zu registrieren. Auf verschiede- nen Wegen gelingt es der Elektrogastrograzmndeutung, einzelne T~tig- keiten des Magens isoliert zu betrachten. Die bisher als rhythmiseh und periodisch auftretend bekannte MagenTeristaltik konnte elektro- gastrographisch zwar best~tigt werden, andererseits aber auch in zwei verschiedene Peristaltikarten differenziert werden: in die autonvme Peri- staltik und in die Vagusl~eristaltik, yon denen jede ihre eigene Gesetz- m~Bigkeit hat, die sehr stark an konstitutionelle Bedingungen geknfipft ist. AuBer den peristaltischen Motilit~tserscheinungen wurden die Mo-

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tilitdtsvorffdnge am Pylorus studiert, deren N~chweis als Erregungen, ,a ls vom Pylor~s kommende" gliickte. Das Elek t rogas t rogramm ist eine physikalische Methode, die ~ls solche nicht eine Krankhe i t diagnosti- zieren l~Bt, sondern nur biologische Ver~nderungen, die im physik~lisch Fal~baren ein Aquivalent huben.

Ffir die Anregungen, die mir sowohl bei der L'bern~hme als auch bei der Durchfi ihrung dieser Arbei t zuteil wurden, sage ich Herrn Prof. Dr. Katsch hiermit meinen besten Dank.

Literaturverzeichnis . 1} Alvarez, W. C., M.D., San Franzisco : The Elec~rog~strogram ~nd what it

s h o w s . - 2) Weitz, W. und W. Vollers, Tiibingen: Studien fiber M~genbewegungen. __ a) Landois-Rosemann : Lehrbuch der Physiologie. - - a) Klemperer, G. : Klinische Diagnostik.