Über neue jodometrische methoden, die auf der bildung und messung von jodcyanid beruhen. i

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$89 R. Lmg. Uber neue jodometrisehe Methoden, die auf der Bildung und Messung von Jodeyanid beruhen. 1. Ton RUDOLF LANG. I. Allgemeinee. Nach E. v. MEYER~) fuhrt die Einwirkung von Jod mf Cyan- wamerstoff in waBriger Losung zu dem Gleichgewicht J, + HCN =+ JCN + H' + J' (1 1 Eigene Versuche uberzeugten mich, daB Jod in mineralsaurer Losung bei Anwesenheit von Cyanwasserstoff und starlien Oxydationsmitteln wk Nitrit, Yermanganat, Bromat, Jodat und Perjodat, quantitativ in Jodcyanid ubergeht. Dies ist einfach zu erklaren. Denn das nach (1) gebildete Jodid reagiert in Qegenwa,rt von oxydierenden Stoffen nach J' + ('1 = J weiter, wtihrend demxufolge die Reaktion (1) von links nach rechta lortschreitet. Es werden daher beide Vorgange, von denen jeder die F'olgereektion des anderen ist, solange verlaufen, bis schliei3lich dtw gesarnte Jod zu Jodcyenid oxydiert ist. Durch Summation von (1) und (2) ergibt sich dementsprechend das Schema wonach die Oxydation von Jod zu Jodcyanid erfolgt. Selbstverstand- lich laBt sich auch Jodid nach J + HCN + c) = JCN + H' , (8) J' +- HCN + 2"' = JCN + H' (4) zu Jodcyanid oxydieren. Xan kann nun diese Reaktionen makkanalytisch eur Bestimmung von Jod und Jodid verwerten. Denn die Entladung von Jodion erfolgt in mineralsaurer Losung durch Jodat oder Permanganat sehr rasch und der Endpunkt der Oxydation 1aBt sich in Gegenwart voii Cyahwasserstoff mit aller Scharfe an dem Versohwinden der Jod- l) Journ. prakt. Chem. 36 (1887), 292.

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Page 1: Über neue jodometrische Methoden, die auf der Bildung und Messung von Jodcyanid beruhen. I

$89 R. Lmg.

Uber neue jodometrisehe Methoden, die auf der Bildung und Messung von Jodeyanid beruhen. 1.

Ton RUDOLF LANG. I. Allgemeinee.

Nach E. v. MEYER~) fuhrt die Einwirkung von Jod mf Cyan- wamerstoff in waBriger Losung zu dem Gleichgewicht

J, + HCN =+ JCN + H' + J' (1 1 Eigene Versuche uberzeugten mich, daB Jod in mineralsaurer Losung bei Anwesenheit von Cyanwasserstoff und starlien Oxydationsmitteln w k Nitrit, Yermanganat, Bromat, Jodat und Perjodat, quantitativ in Jodcyanid ubergeht. Dies ist einfach zu erklaren. Denn das nach (1) gebildete Jodid reagiert in Qegenwa,rt von oxydierenden Stoffen nach

J' + ('1 = J

weiter, wtihrend demxufolge die Reaktion (1) von links nach rechta lortschreitet. Es werden daher beide Vorgange, von denen jeder die F'olgereektion des anderen ist, solange verlaufen, bis schliei3lich dtw gesarnte Jod zu Jodcyenid oxydiert ist. Durch Summation von (1) und (2) ergibt sich dementsprechend das Schema

wonach die Oxydation von Jod zu Jodcyanid erfolgt. Selbstverstand- lich laBt sich auch Jodid nach

J + HCN + c) = JCN + H' , (8)

J' +- HCN + 2"' = JCN + H' (4) zu Jodcyanid oxydieren.

Xan kann nun diese Reaktionen makkanalytisch eur Bestimmung von Jod und Jodid verwerten. Denn die Entladung von Jodion erfolgt in mineralsaurer Losung durch Jodat oder Permanganat sehr rasch und der Endpunkt der Oxydation 1aBt sich in Gegenwart voii Cyahwasserstoff mit aller Scharfe an dem Versohwinden der Jod-

l) Journ. prakt. Chem. 36 (1887), 292.

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Neue jodometrische Methodea USW. 333

starkereaktion erkennen. DaI3 hier Stiirke als Indikator verwendbm ist? zeigt eine Betrachtung der Konstante des Gleichgewichtes (l),

[ H w " 1 die von L. KOVACII~) zu _-- --z-- = 1,37 in saurer Losung er- [ JCN] - [Ha] * [ J'J mittelt wurde. Gegen Ende der Oxydation haben [HCNJ [ JCN] und [H'] endliche Werte. 1st daher [J'] sehr klein oder null geworden, 80

gilt dies auch von [ JJ und umgekehrt. Mit dem Ende der Oxydation verschwinden daher gleichzeitig [ J,J und [ J'] und die Bedingungen fur das Bestehen der Jodstarkereaktion horen auf. Jodcyanid allein fllrbt Stiirke nicht. Kier und da wird in der Literatur zwar das Gegen- teil behauptet, aber zu Unrecht. Denn es ist eben neben Jodcyanid die Anwesenheit mindestens einer Spur Jodid erforderlich, damit, die Jods t arkeres ktion auf tret en kann. 2,

Die Messung des Jods oder Jodids kann man nun in doppelter Art durchfuhren. Einmal kann man mit dem Oxydationsmittel scls MaBflussigkeit titrieren : dann aber kann das Oxydationsmittel im UberschuD zugesetzt werden. Naoh Entfernung des letzteren ist des gebildete Jodcyanid mit Thjosulfat3) gemaB der Gleichung

JCN + 2S20," + H' = J' + HCN + S,O," titrierbar. SchlieBlich kann man beide Methoden hintereinander an- wenden, wobei die eine zur Kontrolle der anderen dienen kann.

In dem besonderen Falle, da13 our Oxydation des Jodids Jodat oder Perjodat verwendet wird, tritt auch das gesamte, den beiden letzteren entstammende Sod zu Ende der Reaktion als Jodcyanid auf. Das allgemeine Schema, naoh dem Jodat in den meisten Fallen oxydierend wirkt, ist

JO,' + 6H' = J + 3H2O + 5r).

Subetituiert man hierin fiir J den Wert aus (3) (J = JCN + H' - HCN - (J), so erhalt man das allgemeine Schema fur die Oxyda- tionswirkung von Jodat in Gegenwart von Cyanwasserstoff :

JO,' + HCN + 5H' = JCN + SH,O + 4(')

JO,' + HCN + 7H' = JCN + 4H20 + 6t.I.

(6)

(6) oder bei Perjodat

Bei (5) findet also eine Reduktion des Jods um 4, bei (6) eine solcho

1) 2. physik. Che9n. 80 (1912), 107. 2) Ober die Empfindlichkeit der Jodstlirkereaktion in diesem E'alle ~ g l .

? ) M'IELNEEE, Z. a w g . Ohm. 2 (1882), 157. die Ausfiihrungen S. 337.

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33.1 R. Lang.

urn 6 Oxydationsstufen statt, entsprechend der Tatsache, daB das Jod im Jodat und Perjodat positiv 5- bzw. posjtiv 7wertig im Jod- cyanid dagegen positiv 1 wertigl) aufzufassen ist. Da diese Reduktion aber stets uber freies Jod fuhrt, kann man ganz allgemein mit Jodat oder Perjodat oxydierbare Stoffe bei Anwesenheit von Cyanwasser- stoff bis zum Verschwinden der Jodstarkerea,ktion titrieren und aucli das gebildete Jodcyanid mit Thiosulfat nlessen. Die Oxydation kann sowohl in salzsaurer als auch schwefelsaurer Losung vor- genommen werden. Bedingung fur eine direkte Titration mit Jodat ist aber, daB die Folgereaktionen (1) und (2) nicht rascher ablaufen als der eigentliche, primare Oxydationsvorgang, da dann der End- punkt der Oxydation nicht durch das Verschwinden der Jodstiirke- reaktion angezeigt wiirde ; letztere braucht unter Umstanden gaz nicht aufzutreten. Man kann in solchen Fallen aber stets mit uberschussigem Jodat oxydieren und den UberschuB in einfacher Weise zuruck- titrieren, wie in den weiteren Abschnitten gezeigt werden wird.

Jodat wurde schon vor langerer Zeit von ANDXEWS~) zu oxy- dimetrischen Bestimmungen allgemein empfohlen. Seine Methotle beruht darauf, dalj bei der Oxydation mit Jodat in stark salzsaurer Losung das gesamte, aus dem Jodat frei werdende, Jod am Ende der Reaktion in Jodmonochlorid ubergefuhrt ist, was man am Ver- schwinden der Violettfiirbung von zugefugtem Chloroform erkennt . ANDREWS arbeitet stets in stark salzsaurer, 1%-15O/, HC1 enthaltender IJosrng, so daB bei seiner Methode fast ausschlieBlich die Wirkung t l ~ s BUS dem Jodat mit Salzsiiure gebildeten Chlors und Jodmono- chlorids zur Geltung kommt. Dagegen benutzen die hier beschriebenen Jodatmethoden, bei welchen eine Chlorwasserstoffkonzentration von 3-40/, genugt, nebst der intermediaren Wirkung des Chlors aucli die direkte Oxydationswirkung des Jodats, wie beim Arbeiten in schwefelsaurer Losung. Die geanderten Arbeitsbedingungen ermog- lichen die Anwendbarkeit der neuen Methoden in Fiillen, wo ANDREWS’ Verfahren versagt, so bei der Bestimmung von Bromid, von Jodid, Rromid und Chlorid nebeneinander3) ; ferner bei der Restimmung von arseniger oder antimoniger Saure neben Ferroeisen. Ein Vorteil ist auoh die Anwendbarkeit von Stiirke als Indikator. Wie schon oben erw&hnt, ist das am Ende der Titration mit Jodat gebildete

Vgl. Amaa, Handbuoh d. anorg. Chemie IV, 2, 276. a) 2. anorg. Chem. 36 (1903), 70. ”) tfber die Bestimmung von Bromid sowie der drei Halogenide neben-

dnander wird gesondert berichtet werden,

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Jodcyanid ohiit' weiteres mit Tliiosulfat mcBbu r. Analog ware das bei ANDREWS' Nethode gebildete Jodmonoclilorid erst nsch %us;r tz voa eJodldium titrierbar. Sowcit mir bekaant ist, wurde bishw 1i0~11

nicht ~ r s ~ ~ h l , diesc Moglichkeit analytiscli x u verwerten.

If. Beatimmnng von Jod in Jodiden.

M e t h o d e A. Die Liisung des Jodids wjrd in einem larig- uncl cq$dsigen

Kolbenl) mit dem gleichen Volum~n, mindestens a,her r,ni,t 50 ccni 2,Sfach norrnttler 8 a . l ~ - oder Schwefelsaure mgesiiucrt,, 6--.-8 ccm @her l/,n-Kaliurncyanid- und ettvas Starkelosung hinziagefiigt und tia.nn ;2-3 g Himstoff eingetragen. Nun wird unter Umschwenken des Kolbens eine 1/2 mol-Natriumnitritlosung hhzugetropft, bis die an- fangs aaftretende Blaufarbung wieder verschwunden ist. Na8ch 10 bis 3 5 Minuten wird m.it 1ll0 n-Thiosulfa,tlosung titriert,. Die Anwesen- heit von Brorniden, Chloriden und Nitraten stort nicht. In Gegen- wiirt von Bromid farbt sich die Losung gegen EM?^ der Oxydation infolge der Bildung von Jodbromid rotbraim. Letzteres geht bald in farbloses Jodcyanid uber, wenn die Oxyda,tion he,eridet ist.

Belegandysen : 16,5988 g reines Ksliumjodid wurden eu 2 1 gelS~t und voii djeser Losung

(lurch Ablassen aus einer Burette abgemessene Mengen nnch der beschriebenen Mathode titriert,. Die verwendete Thiosulfatlosung war mit reinem h d ein- gestellt.

Angewendet ccm XJ . . . . . 10,05 20,07 26,05 30J2 40,20 45,M Verbrawht ,, ir-Na,S,O, 10,04 20,lO 25,OC 30,13 40,22 45,02

mit H,SO, a,nges&uert)

Berechnet ,, ,, 10,05 20,07 25,05 30,11 40,19 45,03

mit €ICl angesiiuert, Angewendet corn K J . . . . . 10 20,03 25,Ol 30,04} bei jedem Ver- Verbraucht ,, n-Na,,S,O, 10,Ol 20,05 25,O 30,03 wche waren Berechnet ,, ,, 10 20,03 25,Ol 30,03 ' " g KBr "I- wesend

mit HCI engesauert bei jedem Ver- suche waren Angewendet ccm K J . . . . . 10,Ol 20,lO 25,04 30,051

Verbraucht ,, n-Na,S,O, 10,03 20,lO 28,051 30,03 0,5 NH4N0, Berechnet ,, 3, 10,Ol 20,lO 25,04 30,04 [ anwesend

Es wurden also durchwegs der Theorie entsprechende Werte er- halten, da die Versuchsfehlergrenze nirgends uberschritten m r d e .

l) Bei Anwendung soloher Gef&Oe wird der Analytiker und seine Umgebung dunth den sich entmickelnden Cymwasserstoff nicbt im geringsten beliistigt oder gefiihrdet.

Page 5: Über neue jodometrische Methoden, die auf der Bildung und Messung von Jodcyanid beruhen. I

336 R. Lang.

Methode B. Dis Losung des Jodids wird mit dem gleiehen Volumen, mh-

destens aber mit 50 ccm 2,5fach n-Salzsaure oder 4-5fach n- Schwefelsaure angesauert, 6-8 ccm ljz n-Ka,liumcyanid- und etwas St2rkelosung hineugefiigt und mit mo1.-Kaliumjodatlosung his zuin Verschwinden cler anfangs auftretenden Jodstarkereaktion titriert. Zur Kontrolle kann man dann nooh das gebildete Jodcyanid nait Thiosulfat titrieren. Die Methode iat in Gegenwart von Bromiden, Chloriden und Nitratten anwendbar.

Beleganalysen : mit H,SO, mit HCl angetiiiuert nngesauert

Angewendet ccm K J . . . . 10,12 20,06 25,14 30,07 40,16 25,16 46,16 Verbraucbt ,, mol.KJ0, 10,12 20,OS 25,16 30,05 40,15 25,15 46,16 Bsrechnet ,, 10,12 20,06 25,14 30,06 40,14 25,16 45,15 Verbraucht ,, ~/lon-&,S,O:, 15,20 30,lO 37,74 45,12 - 37,76 - Bereohnet ., >, 15J8 30,09 37,71 45,09 60,21 37,74 67,72

init HCI mit H,SO, angesiiuert angesauert,

Angewendet ccm KJ . . . . . 10,07 20,11 30,Oa 25,06 30,lO beijedemVer- Verbraucht ,, 1/40 mol.KJ0, 10,08 20,lO 30,03 26,OS 30,lO 1 Rereohnet ,, 10,07 20,ll 30,03 25,06 30,09 ~~~~~~~~

Verbraucht, ,, l/lo n-i%,S,O, 15,12 30,18 45,07 37,60 45,16 \ Berechnet ,, 15,lO 30,16 45,04 37,59 45,13

mit HCI mit H,SO, angesiiuert angesauert

wesend

Y - Angewendet ccni K J . . . . . 10,05 2408 30,lO 25,06 3405 beijedelllVQr- T'erbraucht ,, 1/40 mol.KJO, 10,06 20,OS 30,11 25,06 30,06 1 suche wa~epen Berechnet ., Berecbnet ,, ,,

Kemerkungen: WGe xu ersehen ist, wurden in allen Fiillen genaue Werte erhalten.

1)ie Jodatlijsung war gegen die Thiosulfatlosung eingestellt . Hierbei wax eu berucksichtigen, dafi 1 Mol KJO, aus uberschussigem Kalium- jodid 6 Grammatome Jod frei macht, da8 also der Oxydationswert des Jodats in Gegenwart >on Cyanwrasserstoff 2/3 des bei der Titer- stellung rnit Thiosulfat gefundenen betragt. Bei der Titration des Jodcyanids mit Thiosulfat ist wiederum zu beachten, da13 l/, des .Jodcyanids dem Jodat entstanimt.

Der Endpunkt ist bei der Titration mit Jodat d a m am scharfsten, w n n in salesaurer Losung gearbeitet wird.l) Diese katalytische

1) Infolge der intennediken Bildung von nntertrijodiger Saure tritt gegen Ende der Reaktion zuntichst ein rotvioletter Farbenton auf. Unmittelbar vor Erreichung des Endpunktes muD daher gewartet weden, big die Farbe der Jod- stiirke reiin blau geworden i&, was nach einigen fhkunden st& der Fall ist,

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Neue jodometrisclze Methodm usw. 337

Wirkung I 011 Chlorionen ist auf die Zwischenreaktion

JO,’ + 5C1’ + 6H‘ = J C l + 3H,O +- 2C1,

zuruckzufuhren. Das naszierende Chlor entladet Jodion rascher a15 dies durch Jodat geschieht. In schwefelsaurer Losung mu6 man gegen Ende der Titration, wenn die Flussigkeit sich aufzuhellen beginnt, nach Zusatz eines jeden Tropfens 1-2 Minuten warten, da die Ent- farbung langsamer erfolgt und man sonst leicht ubertitriert . Wird aber der schwefelsauren Losung Chlorid zugesetzt, so erfolgt der Farbenwechsel rnit der gleiohen Scharfe wie in chlorwasserstoffsauer Losung. Die Soharfe des Endpunktes ist ferner abhangig von der vorhandenen Wasserstoffionenkonzentration. Diirch Versuche wurde festgestellt, daB in chlorwasserstoffsa,urer Losung zu Ende der Titra- tion die Saurekonzentration wenigstens norma’l, in schwefelsaurer Losung menigstens doppeltnorma,l win muR, wenn die moglichstu Scharfe des Endpunktes erzielt werden soll. Auf eine olsere Grenze cler Saurekonzentration ist nicht besonders zu achten.

Bei Anwesenheit von lromid farbt sich die Flussigkait gegen Ende der Oxydation infolge der Bildung von Jodbromid rotbraun. Bei geringerer Bromidkonzentration geht die rotbraune Fa.rbe nach ainigen Sekunden in die blaue der Jodstarke uber. Bei grijDeren Bromidmengen dauert dipser U berga’ng mehrere Minuten. In einem fiolchen Falle braucht aber nicht abgew-artet zu werden bis der Parben- ton rein blau geworden ist, sondern mmi h n n schon beim Eintreten einer violetten Farbennuance weitertitrieren. Der Endpunkt bleibl trotzdem scharf.

Zu einem bemerkenswerten Ergebnis gelangte ioh bei der Titra- tion mit Jodat hinsichtlich der Empfindlichkeit der Jodstarke- reaktion. Urspriinglich war ich der Meinung, diese Methode sei nur bei einem kleinen Reaktionsvolumen gena.u ; denn wie bekannt, ist das Eintreten der Jodstarkereaktion an eine gewisse Jodidkonzentra- tion gebunden. Da aber gegen Ende der Titration eben nnr noch eine Spur Jodid vorhanden ist, glaubte ich, da6 bei einem groBen Reek- tionsvolumen die Blaufarbung verschwinden miisse, ehe das Ende der Oxydation erreicht worden sei. Versuche aeigten a.ber, daB dies nicht der Fall ist. So wurden 10 ccm der Jodidlosung mit 8 ccm Cyanid- und etwm Starkelosung und schlieBlich mit 600 ccm 2,5fach n- Sa,lzsa,ure versetzt. Denn wurde mit cler Jodatlosung titriert. Der li’srbennmschlag erfolgte mit aller Schiirfe bei dcru theoretisoh er- forderlichen Jodatverbrauch von 10 ccm I/&,, mol- Jodatlosung.~Wieder-

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holurigrn dieses Vcraucbes auch beim Ansauern mit 600 ccm 5fach 11- Rchwefelsaure batten das gleiche Ergebnis. Wurde nun nach he- mdeter Titration mit Jodat tropfenweise rnit 'Ilo n-Thiosulfatlosung wrsetzt, so aeigte sich an der Einfallstelle der cinzelnen Tropfen Hlnufarbung, die sber beim Umschutteln wieder verschwand. Erst, noch ZiwLtx von 6-7 Tropfen zu der salzsauren oder 15-16 Tropfen xu dcr schwefelsauren Losung blieb die Blaufarbung nach dem Um- fir:kiitteln cben sichtbar bestehen. Bei einem Reaktionsvolumen von LOO ccni fiirbte der erste Tropfen Thiosulfat dauernd blau. Es ist somit klar, daB eine verscbiedene Empfindlichkeit fiir das Eintreteri i t id Verschwinden der Jodstarkeresktion besteht, da offenbar sehr wrschiedene Jodidmengen fur ihr Zustandekommen imd fur ilir ir'ortbestehen ncitig sind. Die Titration rnit Jodat ist daher auch hei einem groBen Reaktionsvolumen genau.

In besonderen Versuchen wurdc schliel3lich noch festgestellt, (la I; Joda t, ;iiirh bei stundenlanger Einwirkung auf Starke weds in :A h i urer rioeli in schwcfclwurrr Tiwung oxydierend wirkt.

Me thode C. Die Losung drs ,Jodids wird mit dern ,$&hen Volumen mm-

rlestens her rnit 50 D C ~ 2,s fech u-Salzsaiire angesauert, 6-43 ccm n-Kaliumcyanidlosung hinzugefugt iind ti-Pemanganntlosurq

bis gum fast volligen Fnrblosverden der sich anfangs braunenden Flussigkeit zugetropft. Dann wird rnit Rtarkelosung versetzt und his X I J ~ Versehwinden drr Rlaufarbung tit(riert. Das gebildete Jodcyanid Imnn jptzt wicdcr mil Thiosulfat titriert werckii. Chloride imd Nitrate1 storen nicht, dagegen durfen Bromide nicht anwesend sein.

Belegmalysen : Angewsrdet ccm K J . . . . . 10,W 20,l 25,06 30,05 40,16 46,12 Verbraucht ,, n-KMnO, 10,06 20J3 2408 30,06 40J3 45,12

Herwhet, ,, n-KMnO, oder Na,S,O, 10,M 20,lO 25,08 30,04 40,15 46,11

, ,, lfl0 a-Na,R,O, 10,07 20,13 25,09 30,Ol 40,15 45,14

Arigewendet ccm K J . . . . . 10,M 20,04 25,12 30,09 Verbraucht ,, '/lo n-KMnO, 11,58 21,89 27,05 31,93 Berechnet ,, 10,06 20,04 25,12 30,08

suche wwen

Bemerkungen :

Be; der Titration mit Permanganat da8rf die Sta,rke erst gegen ande der Oxydation zugefugt werden, da son& das Permanganat

Page 8: Über neue jodometrische Methoden, die auf der Bildung und Messung von Jodcyanid beruhen. I

nierklidi aui: die Starke einwirkt, namentlich wenn viel Mangano- salz anwesend ist. So wurden fur 10,05 ccm der Jodidlosung bei sofortigem Starkezusatz 10,07 ccm l/lo n-KMnO, in schwcifelsaurer Losung und fur 10,03 ccrn K J bei Zusatz von Stiirke und viel Mangan- sulfat 10,11 ccrn lil0 n-KMnO, verbraucht. Ferner wurden fur 40 corn K J bei sofortigem Starkezusatz 40,12 ccrn lll0 n-KMnO, in salzsaurer und 40,29 ccm in schwefelsaurer Losung statt der erforder- lichen 39,99 ccm verbraucht. Diese Versuche aeigen, da13 bei geringen Jodidmengen ein sofortiger Starkezusatz praktisch keine Rolle spielt, wenn Manganosalz abwesend ist. Bei groBeren Jodidmengen mncht aich schon die Einwirkung des Permanganats aul die Starke geltend, und zwar in schwefelsaurer Losung mehr als in salzsaurer. Man ar- beitet daher am besten in salasaurer Losuqg uncl setzt die Starke erst knapp vor Beendigung der Titration au.

Die Anwesenheit von Rromiden erhoht den Permanganat- verbrauch bedeutend. Die Reaktion zwischen Bromid und Permanga- nat verlauft so rasch, daB schon Rromion entladen wjrd, wenn noch nicht allw Jodid verbraucht ist. Das frei gewordene Brom reagievt dann mit dem Cyanwasserstoff unter Eromcyanbildung weiter. Hromcyan ist aber ein sehr schwachcs Oxydotionsmittel, das nur trage auf noch vorhandenes Jodid unter Regeneration von Brornid einwirkt. Es wird daher schlieBlich am Ende der Titration nehst dem Jodid auch ein Teil des Hrornids oxydiert worden win.

MAC Cumo CHI) hat versucht Jodicle in Gegenwert von Cyan- wasserstoff in der Art zu bestimmen, daS er in schwefelsauerer Lo- sung mit Permanganat bis zur Bleibenden Rosafarbung titrier to. Doch werden so etwas zu hohe Werte erhaltcn. Nech dieser Methodc wurden a. B. fiir 25,10, 30,08, 40,12 ccm der Jodidlosung 25,21, 30,17 und 40,26 ccm n-KMnO, statt der berechneten 25,10, 30,07, 40,11 ccm verbraucht. Titrationen mit Perrnanganat bis aur Rosa- fBrbung bei Anwesenheit von Cyanwasserstoff werden im alIgemeinen ELI hohe Werte ergeben. So verbrauchte ich fur 26,12,30,09,40,20 ccni ciner 'Ilo n-Ferrosulfatlosung in Gegenwart Schwefelsaure und Cyan- wasserstoff 26,22, 30,21 und 40,35 ccrn n-KMnO,. Wahrschein- lich begiinstigt Cyanwaserstoff die Bildung von Manganisala, so da13 nicht sofort der geringste UberschuI3 von Permanganat zu erkennen ist.

Was die Qualittit des bei den bescbriebenen Methoden zu ver- wendenden Kaliumcyanids anbelangt , ist zu fordern, daB classelbe -

') Chm. New8 67 (1888), 136.

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340 H. Lang.

frei von Perrooyanid sei. n. rnit Sohwefelsiiure an- gesiiuerten Cyanidlosung sollen mit 1 Tropfen einer n-Permanganat- losung dauernde Rosafarbung geben. Dies ist bei einem KAHLBAUM- mhen Priiparat ,,Zur Analyse" der Fall, das aueh bei allen Versuchen verwendet wurde.

Ob nach den angegcbenen Methoden aueh Jod in unloslichen Jodiden bestimmt werden knnn, sol1 einer besonderen Untersuchung vorbchalten bleiben.

10 ccm der

111. Bestimmung zweier Oxydationsstufen des Jods nebeneinander.

a) Bestimmung von Jodid neben freiem J o d . Man lost in I0 ccrn n-Kaliumcyanidlosung, verse{& rnit

30 ccm 2,5fach n-Salzsiiure, fiigt etwas Starkelosung hineu und titriert nuerst mit mol. Jodat- und dann rnit 'Ilo n-Thiosulfat- losung.

Angewendet com n-KJ . . 10,02 15,OB 20,12 20,VJ ,Y ,, n-Jl) . . 10,lO l0,OS 5,05 5,07

Verbraucht ,, mol.KJ0, 20,13 25,li' 25,19 26,lO

Beleganalysen :

Bereohnet) ,, 20,12 %5,14 25,17 25,lO Verbraucht ,, n-&,S,O, 40,30 47,81 &,83 42,84 Bereohnet ,, f P 40.28 47,7D 42,80 42,82

Bezeichnet man rnit m die Anzabl der verbrauchten Kubik- n-Thiosulfatlosung, 80 asntimeter ' I ro mol. Jodat-, mit n die der

berechnet man das gebundcne Jod nach

urid das freie Jod nach

1)) Restimmuiig von freiem J o d aeben posit iv einwertigem Jod.

Beleganalysen :

Man verfiihrt wie bei a).

Angewendet ccm n-J1) . . 5 5,03 10,M 15.12 1 , ,, mol. JCN 25,l 20,02 16,05 10,m

I'erbraucht ,, mol.KJ0, 5,02 5,03 10,m 15,12 Berechnet ,, , 5 5,03 10,M lti,12

Rereohnet ,, 1, 37,BO 32,59 40,15 47g9

en thltend, angewendet.

Verbraucht ,, 'Ilo n-ha,S20, 87,63 32,BO 40,18 47,QO

l) Es wurde cyankalische Jodlosung, im Liter lia0 Mol J, und Mol KCN -c 1c

Page 10: Über neue jodometrische Methoden, die auf der Bildung und Messung von Jodcyanid beruhen. I

Werden m eem der Jodat- und 12 com der Thiosulfatlosnng ver- brsueht, so berechnet man das freie Jod nach

J clo = ‘nb * -- 0’

104 und das positiv einwertige Jod nach

c) Restimmung von freiem Jod neben Jodat j sd . n-Kaliumcyanidlosung, sauert rnit 50 CCM

2,5fach n-Salzs&ure an, fugt etwas Starkelosung hinzu und titriert rnit einer n-Zinnchloriirldsung bis zum Verschwinden der Jod- atiirkereaktion, die erst im Verlaufe der Titration eintritt, wenn Jodai im Uberschufi vorhanden war. Dann titriert man rnit mol. Jodnt- h u n g . Die Zinnchloriirlosung mulj unmittelbar vor der Analyse gegen die Jodatlosung eingestellt werden.

Angewendet ccni lilo n-Jl) . . 5,02 10,04 15,M 20,10 , ,, Ijao mol.KJ0, 25,OS 20,05 16,W 10,OG

Berechnet ,, 1 ) 42,64 40,11 37,03 35,17

Berechnet ,, , 22,58 30,lO 37,61 45,22

so bereohnet man das freie Sod nach

Man lost in 10 ccm

Beleganalysen :

Verbraucht ,, llr0 n-SnC1, . 42,67 40,13 37,66 85,18

Verbraucht ,, mol.KJ0, 22,60 30J1 37,64 45,23

Wurden m, ccm Zinnchloriir- und n ccn2 Jodatldsnng rerbrauclit,

und das Jodatjod nach

IV. Titration von Jodat mit Jodid.

Wie man Jodid rnit Jodat, so kann man auch umgekehrt Jodat mit Jodid in Gegenwart von Cyanwasserstoff titrieren. Die Er- scheinungen sind verschieden, je nachdem m m in salzsaurer oder achwefelsaurer Losung arbeitet .

Titriert man eine chlorwasserstoffsaure Losung von Jodat in Gegenwart von Cyanwasserstoff und Starke rnit n- JodidliSsung,

1) Vgl. Anmerkung 1 auf S. 340.

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342 R Lalz.9.

so erhalt man keinen scharfen Endpunkt. Beim jedesmaligen Zu- tmpfen des Jodids entsteht die charalrteristische dunkelbraune Far- bung von untertrijodiger SSurel), die bald der hellgelben von Jod- monochlorid Platz macht. Hat man die theoretisch erforderliche Menge Jodid zugesetzt, urn alles Jodat zu positiv einwertigem Jod au reduzieren, so ruft ein weiterer Jodidzusatz eine sllmiihlich inten- siver werdende, dsuernde Braunfarbung hervor, die bei einem Uber- schuB von 1-2 corn der Jodidlosung rasch in die Farbe der Jodstarke hborgeht. Titriert man jetet diesa uberschiissige Menge Jodid wieder mit Jodat bis eum Verschwinden cler Jodst%rkerea.ktion, so erhiilt man wieder einen scharfen Endpunkt und eine farblose Losung voii Jodcyanid. Eine solche crhiilt man auch aus Jodmonochlorid bci liingerer Einwirkung von Cyanwesscretoff.

In schwefelsaurer Liisung l&Bt sich Jodat in Gegenwart von Cyanwasserstoff direkt init, Jodid titrieren, wenn das Reakt,ions- volumen nicht zu groB ist. Solalige noch unverbrauchtes Jodad vor- handen ist, wird die Flussigkeit iinrner wieder farblos, da alles Jodid zu Jodidcyanid oxydiert und die iiquivalente Menge Jodat zu Jod- cyiitnid reduziert wurde. Der erate iiberschussige Tropfen der Jodid- liisung rnft dauernde BleufSrbung hervor, inden? nach der Reaktion

Jod frei wird. Die Erklarung, weshalb bei der Titration von Jodid mit Jodat

in salzsaurer Liisung bei Anwesenheit von Cyanwasserstoff ein scharfer Endpunkt und nur Jodcyanid als Endpunkt erhalten wird, wahrend bei der umgekehrten Titration Jodmonochlorid auftritt und kein scharfer Endpunkt zu erzielen ist, ist folgende : Wird Jodid mit Jodat titriert, so werden alle hoheren Jodverbindungen, die als Zwischen- stufen gebildet werden, bis zu Jod reduziert, da bis zu Ende der Reaktion zufolge der Umsetzung

J, + HCN ---f JON + H’ + J’ Jodid vorhanden ist. Auch intermediar gebildetes Jodmonochlorid wird sich stets mit Jodid zu freiem Jod umsetzen, welches d a m wieder mit Cyanwasserstoff weiterreagiert, so daB als Endprodukt nur Jod- cyanid erhalten werden kann. Im umgekehrten Falle, wo also Jodat im UberschuB zugegen ist, geht die Oxydation des Jodids in salz- murer Losung sofort quantitativ bis zu positiv einwertigem Sod,

1) nber untertrijodtge Siiure vgl. SKHABAL und BUCHTA, Chemikerxeitung 88

JCN + H’ 4- J’ ----+ J, + HCN

(1909), 1184, 1193.

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Neue jodovuedrische Hethoden usw. 34 3

welches aunachst als Jodmonochlorid stabilisiert bleibt, um ganz langsam in Jodcyanid uberzugehen, wie noch genauer im niichston Abschnitt auszufuhren sein wird. In Gegeriwart von Jodmono- chlorid ist aber bei der T i h t i o n rnit Jodid kein Endpunkt zu er- zielen, denn der erste iiberschussige Tropfen reagiert nech dem Schema :

unter Bildung von untertrijodiger Saure, die Iieine Joclstarkereaktion gibt. Untertrijodige Saure reagiert zwar rnit Cyanwasserstoff unter Jod- und Jodidbildung weiter, doeh wird erstere wegen des uber- sohiissig vorhandenen Jodmonochlorids immer wieder regeneriert , so dalj erst naoh langerer Zeit, wenn schon alles Jodmonochlorid urn- gesetzt ist, die Jodstarkereaktion eintreten kann. Rasch tritt letztere k i n , wenn ein groi3erer Uberschu5 von Jodid zugesetzt wird. Hat man also Jodat in salzsaurer Losung boi Gegenwart von Cyanwasserstoff mit Jodid zu titrieren, wie das bei Restinethoden der Fall ist, so wird man praktisch so verfahren, dai3 man die Jodidlosung Bis aum Auf- treten der Blaufarbung zuflieljen 1551 und dann rnit der Jodatlosung zu Ende titriert.

Wahrend aber bei der Titration von Jodid mit Jodat die Kon- zentration der Salzsaure nach oben hin fast beliebig geiindert werden kann, ist dies bei der umgekehrten Titration durchaus nicht der Fall. Man wird hier am besten die Konzentration der SalzsBure nicht uber 2 n. hinausgehen lassen. Bei dieser Konzentration wird Jodat nooh nicht freiwillig durch Salzsaure zersetzt .I) I n konzentriert salzsaurer Losung findet die Umsetaung

J' + 2JC1+ H20 = J,OH + H' -t- 2C1'

JO; + 6Cl' + 6H' = JC1, + 3H,O + GI, statt. 1st nun Cyanwasserstoff anwesend, so bildet das entbundene Chlor sofort Chlorcyan, welches auf Jodid von nur sehr geringer Oxydationswirkung ist. Es wurde daher bei der Titration vie1 zu wenig Jodid verbraucht werden. Dies wird in folgenden Versuchen gezeigt :

1. 100 corn Chlorwasser schieden aus Jodkaliurn Jod aus, zu dessen Reduktion 15,3 ccm ljl0 n-Thiosulfat notig waren. Wurde aber in wiederholten Versuchen die gleiche Menge Chlorwasser merst zu 10 ccm '1, n-Kaliumcyanidlosung zugefugt, die rnit 50 ccm 2,5facher

1) Nach einer elten Angabe BUNSENS (Lieb. Ann. 86 (1853), 265) wird Dem widerspricht daa Jodat schon durch n.- F3alzsiiure quantihtiv zersetzt.

ErgebniR der oben weiterhin angefiihrten Versuche.

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344 R. L a q .

Salzeiiure angesauert war, und dann mit Jodkalium versetzt, so wurden bpi der Titration nur 0,15-0,2 ccm Thiosnlfat verbraucht, ein Beweis, tleB Chlorcyan ein nur sehr wenig wirksemes Oxydationsmittel isl.

2. 30 ccm rnol. Jodatlosung wurden rnit 8 ccm ‘1, n-Cyanid- ltisung versetzt, Starlie hinzugefugt und mit 50 ccrn 2,5fach n-Salz- h:iure angesauert. Dann wurde rnit l/zo n-dodidlosung wie oben an- gegeben, titriert. Fur insgesamt 30,91 ccm 1/40 niol. Jodat- wurdeii 30,90 ccrn n- Jodidlosurig verbrancht. Der Versuch wurde nun drrart wiederholt, daB dss Fliissigkeitsgemisch vor der Titration iin versohlossenen Kolben 16 Stunden stehen blieb. Es wurden so fur 91,25 ccrn 1/40 mol. Jodat- 31,22 ccm liz0 n- Jodidlosung verbraucht . In beiden Pallen war also der Jodidverbrauch der Theorie entsprechend . l!”urden aber zum Ansauern 40 ccni konaentrierte Salzslinre (1,lM) :ingewendet, so fiirbte sich das Losungsgemisch gelb und bei der Titril- lion mit Joclid wurden fur insgesamt 36,61 ccin mol. Jodat- nnr 20,92 ccrn n-Jodidlosung verbrancht. EH hstte also hier wril- ;: rl ien d Chlorcyanbildung stat tgef unden.

V. Verhalten von Cyanweseerstoff gegen Jodmonoohlorid nnd untertrijodige Saure.

Um uber das Verhalten von Cyanwasserstoff gegen Jodmono- c*hloricl Klarheit zu erlangen, wurden folgende Versuche angestellt :

Xu je 10 corn llz0 n- Jodidlosung wurde immer 10 ccm lll0 n-Per- mitnganatlosung, also genau die Menge, die notig ist, um alles Jodid zu Jodmonochlorid zu oxydieren, hinzugefugt. Dann wurde in vier Yiillen mit je 50 ccm 2,5 n. und in einem 5. Falle rnit 50 ccm kon- zmtrierter Salzsaure (1,196) versetzt. Die erhaltene hellgelbe Losung von Jodrnonochlorid wurde im 1. Falle rnit Thiosulfat ohne Zusatz von Jodkalium bis zum Verschwinden der Jodstarkereaktion titriert. Verbraucht wurden 7,42 ccm n-Na,S,O,-Losung. I m 2. Falle wurden 15 g Natriumacetat und dann 5 com li2 n-Kaliumcyanid- liisung hinzugefugt ; der Zusatz von Cyanid bewirkte eine augen- blickliche Entfarbung der Flussigkeit . Die hierauf vorgenommene Titration mit Thiosulfat ergab einen Verbrauch von 10,02 ccm 1il0 n-Losung. Im 3. B’alle wurden 10 ccm n-Kaliumcyanidlosung dlein hinzugefugt und nach 15 Minuten - erst nach dieser Zeit war hier vollutandige Entfiirbung eingetreten - titriert. Verbrauch : 10,Ol oom n-Na,S,O,-Losung. Im 4. Falle wurde rnit 20 ocm

Die Entfarbung der Flussigkeit tmt nach 3 Minuten ein. Verbrauch bei der Titration: 10,Ol ocm

n-Kaliumcyanidlosung versetzt.

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N e i ~ jodometrisohe Methoden WW. 345

'Ilo n-Na,S,O,-Losung. Im 6 . Falle wurden wieder 20 ccm n-Ka- liumcyanidlosung zugefiigt. Hier entfiirbte sich die Losung erst nach 12 Stunden vollstandig. Bei der dann vorgenommenen Titration ergab sich ein Verbrauch von 10,03 ccm

Beim ersten Versuche wurden ungefiihr nur Ya der Thiosulfat- menge verbraucb t, die notwendig ist, um Jodmonochlorid unter Jodidzusatz zu titrieren, da die Jodkationenl) enthaltende Losung von Jodmonochlorid das Thiosulfat teilweise bis zu Sulfat oxydiert . Bei den ubrigen Versuchen aber war der Thiosulfatverbrauch stets ein solcher, wie er erforderlich ist, um Thiosulfat quantitativ zu Tetra- thionat zu oxydieren, ein Beweis, daB bier das Jodmonochlorid voll- stgndig in Jodcyanid ubergegangen war und worauf auch aus der Entfarbung der Flussigkeit geschlossen werden konnte. Die Versuche zeigen auch deutlicb, daB die Geschwindigkeit der Reaktion

JC1+ JCN

auRer von der Massenwirkung des Cyanwasserstoffes auch von der Wasserstoffionenkonzentration in dem Sinne abhangig ist, daB mit wachsender Aziditat die Geschwindigkeit des Vorganges abnimmt . Dicse Verhaltnisse lassen sich erklaren, wenn man die verschiedenen Dissoziation von Jodmonochlorid und dodcyanid in Betracht zieht. Ersteres ist in wa8riger Losung elektrolytisch nach

JCl == J' + Cl' und hydrolytisch nach

JC1+ H,O == JOH + HCl

n-Na,S,O,-Losung.

dissoziiert.1) Dagegen ist Jodcyanid als elektrolytisch und hydro- lytisch fast undissoziiert anzusehen. Hierfur sprechen seine Titrierbar- keit mit Thiosulfat, zum Bewejse, daB in seiner Losung weder Jod- kationen noch ihr Hydrolysenprodukt, unterjodige Saure vorhanden sind, sowie seine Nichtfallbarkeit mit Silbernitrat, zum Beweise, da8 08 gelost weniger CN'-Ionen abspaltet als freier Cyanwasserstoff, der durch Silberion sofort gefallt wird. Treffen Jodkationen mit Cyanwasserstoff zusammen, so wjrd solange Jodcyanidbildung er- folgen, 81s mit dem beinahe ganz links liegenden Gleichgewicht

JCN + J + CN' vertr&glich ist. Praktisch wird dies also eine quantitative Jodcyanid- bildung bedeutan. Das Jodmonochlorid wird nun bei mittleren Salz-

l) Vgl. ~ E W , Haiidbuch d. anorg. Chemie IV, 2, 8. 466. %. anorg. u. Plg. Chem. Bd. 122. 23

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346 R. J,ang.

skurekonzentrationen relativ am meisten Jodkationen abspalten, in koneentrierter Salzsaure erfolgt Komplexbildung nnch

und daher Abnahmtl der J’-Ionenkonaentration und nur hier wird Jodmonochlorid neben Cyanwasserstoff langere Zeit bestehen konnen.2) Tatsachlich erfolgte die Reaktion

bei Versuch 4 ungleioh vie1 rascher als bei Versuch 5. Zudem aber kommt bei abnehmender Salzsaurekonzentration die Zunahme der hydrolytisohen Spaltung des Jodmonochlorids und man sieht bei Versuch 2, der durch geringste Sliurekonzentration und dem- entsprechend am weitesten fortgeschrittene Hydrolyse ausgezeichnet ist, dic Jodcyanidbildung trotz geringster Cyanwasserstoffkonzentra- tion am raschesten erfolgen. Es wird also auch das Hydrolysen- prodnkt des Jodmonochlorids, die unterjodige Saure, mit Cyan- wasserstoff unter Jodcyanidbildung reagieren.3) Die Reaktion wird als Salzbildung im Sinne der Gleichung

.JCl+ HCl G+ JG1 . HCl l)

JC1+ HCN = JCN + HC1

JOH + HCN = JCN + H,O nufzufassen sein, wobei das positiv einwertige Jod der nur wenig be- standigen unterjodigen Saure stabilisiert wird.

Einfach last sich auch die Einwirkung von Cyanwasserstoff auf untertrijodige Saure erklaren. Last man auf eine schwefelsaure Jodidlosung Jodat in solcher Menge einwirken, dal3 wobl elles Jod frei gemacli t wird, jedoch nicht unter entsprechenden Redingungen ganz zu positiv einwertigem Jod oxydiert werden kiinnte, so erhlilt man eine braune Losung von untertrijodiger Saure, die sich auf Starke-

1) &CABAL und BUCHTA, Chemikerzeitung 33 (1909), 1184, 1193; S m v m , %. physik. Chem. 28 (1899), 523.

2) ABEQGS Handbueh IV, 2, S. 479 ftihrt unter Berufung auf E. V. MEYER (Journ. prakt. Chem. 36 (1887), 292) an. daS binreichend konzentrierte Salzsiinrc Jodcyanid mch: JCN + HCI -+ JC1 I- HCN zersrtzt. Ich fmd in der Original- asbeit MBYER~ keine derastige Angabe. Eine solche Zersetzung wiire aber der cntgegengesetzte Vorgang des oben festgestellten uberganges von Jodmono- c hlorid In Jodcyanid. Vielleicht besteht in konzentriert ealzsaurer Losung dao Gleichgewiclrt JCN + 2HC1 it JCl.HCI + IICN. Schon eine miiBige Ver- dfinnung (wie im obigen Versuch 5) wird den Komplex JC1-HCl 60 weit zer- setzen, aa I3 sich quantitativ Jodcyanid bildet.

a) In alkalisoher L6sung, also rtuf CN’-Ion wirkt unterjodige mure unt4r Cyanatbildunp mrf, JOH + CN’+ OH’= J’+ CNO’+ H,O ein. RUPP, Arch. Phrwi. 248 (1905), 468.

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Neue jodmtriuohe Methoden usw. 341

susatz rotbraun farbt. Fugt man nun 5 ccm lI2 n-Kaliumcyanid- losung hinzu, so verschwindet die braune Farbe nach einigen Se- kunden und macht der schon blauen der Jodstarke Plats. Unter- jodige Sliure spaltet namlich Jod ab nach der Gleichgewichtsbeziehung (1 ) J,OH 3s JOH + J2.l) Tritt nun Cyanwasserstoff hinsu, so wird dieses Gleichgewicht sofort durch die hintereinander bzw . nebeneinander verlaufenden Reak- tionen : (2) (9)

J2 + HCN --f. JCN + H’ + J’ H‘ + J ‘ + JOH = J, + H20

(4) J2 + HCN -+ JCN + H‘ + J’ gestort, so daW Rich als Bruttovorgang die Summe von (l), (2), (8) und (4) ergibt:

J,OH + 2HCN = 2 JCN + H. + J’ -+ H,O . Jodcyanid aber gibt mit Jodid die Jodstarkereaktion.

Die bei der Titration von Jodat mit Jodid in Gegenwart von Cyanwasserstoff gemachten Beobachtungen lassen erkennen, da8 die Stabilisierung des positiv einwertigen Jods im Sinne des Schemas

vor sich geht.

rasch, wahrend JC1 nur langsam mit HCN reagiert. Fehlt der Chlor- wasserstoff, wie bei der Titration in schwefelsaurer Losung, dann geht JOH direkt, und zwar rasch jn JCN uber. Dieses Verhaltea entspricht den Forderungen der Reaktionsstufenregel. Zunachst tritt das positiv ekwertige Jod in seiner labilsten Form, der unterjodigen Saure, auf. Der Ubergang in das schon sehr stabile Jodmonochlorid oder in das noch bestandigere Jodcyanid erfolgt rasch, wiihrend der Ubergang von der einen stabilen Form in die andere sehr langsam vor sich geht. Da aber die Stabilitiit von Jodmonochlorjd in wal3riger Losung, wie es scheint, nur von seinem jeweiligen Dissoziationszustand abhBngig isti, ware es moglich, da13 in konzrntriert chlorwasserstoffsaurer Lijmng auch die Reaktionsfolge

JOH-+ JCN-t JCI stattfindet.2) Hier hatte der Versuch zu entscheiden.

JOH -+ JCI-+ JCN Und zwar erfolgt der Ubergang

JOH-+ JC1

- _ ’) SKRARAT,, Monatsh*,fte f. Chemie 82 (1911). 816. ’) Vgl. Anmerkung 2, S. 346.

23.

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348 R Layg. A k u o jodorneMschr Methodan. ustn

Zosammenfsssang. 1. Es wurden volumetrische Methoden zur Bestimmung von

Jodid angegeben, die darauf beruhen, dal3 Jodid in sab- oder schwefel- saurer Losung bei Anwesenheit von Cyanwasserstoff durch oxydierende Ma Wfliissigkeiten (Joda t und Permanganat) zu Jodoyanid oxydiert wird, wobei das Verschwinden der Jodstarkereaktion den Endpunkt anzeigt. An diem Oxydation kann unmittelbar die Messung des gebildeten Jodcyanids mit Thiosulfat angeschlossen werden, so daR jede Bestimmung in doppelter Art durchfuhrbar ist. Auch Nitrit kann als Oxydationsmittel angewendet werden; die Bestimmung geschieht dann mit Thiosulfat allein, nachdem der Uberscbul3 des Nitrits mit Harnstoff zerstort wurde.

2. Die Brauchbarkeit der Methoden in Gegenwart von Bromid und Nitrat wurde gepriift .

3. Es wurde an einigen Beispielen gezeigt, wie verschiedene Oxydationsstufen des Jods nebeneinander bestimmt werden konnen.

4. Es wurde gepriift, unter welchen Bedingungen auch Jodat niit Jodid in Gegenwart von Cyanwasserstoff ti triert werden kann.

5. Es wurde das Verhalten von Cyanwasserstoff gegen Jod- monoohlorid und unterjodige Saure untersucht.

Briirtw, Labmatorium fur anorganisoh, physikalische und analy- twchs Chemie &v Dezctschen Technischen Eochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 11. April 1922.