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Page 1: Unified Communications

376 WIRTSCHAFTSINFORMATIK 4 | 2009

WI – SCHLAGWORT

Unified CommunicationsDOI 10.1007/s11576-009-0184-8

1 Gegenstand

Unified-Communications (UC) steht für integrierte, gesteuerte Kommunikation (Picot et al. 2008). UC-Systeme sind aus der Konvergenz von Telekommunikations- und Informationstechnologie entstanden und integrieren traditionelle und neue Kommunikationsmedien (Sprache, Text, Video) und Endgeräte (Telefon, Computer) mit Präsenzinformationen und weitere Kollaborationsfunktionen (Riemer u. Frößler 2007). Ein wesentlicher Aspekt ist die Integration von UC-Funktionen in Drittapplikationen (z. B. ERP, CRM-Systeme) und damit in die Kernprozesse des Unternehmens.

Ziel dieses Schlagwortbeitrags ist es, das Konzept und die Systemklasse UC vorzu-stellen, die Relevanz für die betriebliche Praxis anhand typischer Anwendungssze-narien zu illustrieren und einen Ausblick aus Sicht der WI-Forschung zu geben.

2 Treiber der UC-Entwicklung

Aus organisatorischer Sicht wird die Entwicklung von UC durch die typischen Probleme verteilter Zusammenarbeit in modernen Arbeitskontexten getrieben. Die Zahl der verfügbaren Kommuni-kationsmöglichkeiten hat sich in den letzten Jahren stark erhöht, so dass der durchschnittliche Anwender heute mit einer heterogenen Menge an Geräten und Medien konfrontiert ist. Daraus ergibt sich typischerweise eine hohe Komplexität für den Kommunikationsempfänger, da er diverse Geräte und Medien verwalten muss, wie auch für den Initiator, der mehrere Optionen probieren muss, um einen Empfänger zu erreichen (Lazar 2006). Als Resultate zeigen sich oftmals gescheiterte Kommunikationsversuche, Zeitverlust und Friktionen in der Zusammenarbeit. Neben einer generell schlechten Erreichbarkeit kommt es zu häufigen Unterbrechungen des Arbeits-ablaufs, was insbesondere bei komplexen, wissensintensiven Tätigkeiten störend für die Konzentration ist; Mitarbeiter, die sich mit den gestiegenen Kommunikationsan-forderungen konfrontiert sehen, erleben einen so genannten „Interaction overload“ (de Poot et al. 2005). Die Hersteller von UC-Systemen versprechen eine Verbesse-rung des individuellen Kommunikations-managements durch die Integration und regelbasierte Steuerung des Medienmixes sowie eine Verbesserung der Erreichbar-keit in Teams und Unternehmensprozes-sen, nicht zuletzt durch die Schaffung von Awareness mittels Präsenzsignalisierung (Jennings 2006).

Aus technischer Sicht wird die Ent-wicklung getrieben durch Fortschritte im Bereich IP-basierter Infrastrukturen, sowie von Innovationen bei software-basierten Kommunikationsmedien wie Instant-Messaging. Hier steht insbeson-

dere der Kostenaspekt im Vordergrund, da veraltete Telefoninfrastrukturen durch moderne IP-Systeme abgelöst wer-den können. Zudem liefern UC-Systeme einen Beitrag zur Komplexitätsreduktion: Ein separates, nur für die Sprachkommu-nikation notwendiges Infrastrukturnetz ist durch die Migration auf vereinheit-lichte IP-Netze nicht mehr notwendig. Entsprechend diesen Entwicklungen und der angesprochenen Konvergenz werden UC-Systeme von Anbietern aus den Berei-chen Telekommunikationsinfrastruktur (z. B. Siemens), Informationstechnologie (z. B. IBM) und Unternehmenssoftware (z. B. Microsoft) entwickelt und vertrie-ben.

3 Kernmodule von Unified-Communications-Systemen

Die Funktionen von UC-Systemen lassen sich in sechs Kernmodule unterteilen, die in Kombination die Vision von UC verkörpern, wie sie von ihren Herstellern propagiert werden (siehe Abb. 1 für eine zusammenfassende Übersicht):1. Modul IP-Infrastruktur: Dieses Modul

liefert die Funktionalitäten für den physischen Transport der Kommuni-kationsströme. Die IP-basierte Daten-übertragung wird durch Server, Rou-ter, Switches und entsprechende Endge-räte realisiert. Hardware und Software-komponenten bilden den Kern dieses Moduls. Im Bereich der Benutzer-schnittstellen zählen auch so genannte Softphones zum Infrastrukturmodul, da sie hardwarebasierte Geräte durch Softwareanwendungen auf dem Com-puter des Nutzers ersetzen.

2. Modul Kommunikationsmedien: Essen-tieller Bestandteil von UC-Systemen sind synchrone Kommunikationsme-dien wie Sprachtelefonie, Videotele-fonie oder Instant-Messaging. Dabei werden sowohl die Kommunika-tion zwischen zwei Personen als auch Mehrpersonen-Konferenzen unter-stützt. Asynchrone Kommunikations-medien wie E-Mail oder Blogs werden zwar von einigen Herstellern angebo-

Die Autoren

Dr. Kai RiemerThe University of SydneyDiscipline of Business Information Systems, Faculty of Economics & BusinessBuilding H69NSW [email protected]

Dipl.-Ing. Stefan TaingLudwig-Maximilians-Universität MünchenInstitut für Information, Organisation und ManagementLudwigstr. 28/VG/II80539 Mü[email protected]

Eingegangen: 2009-04-15Angenommen: 2009-05-15Angenommen nach zwei Überarbeitungen durch Prof. Dr. Sinz.

This article is also available in English via http://www.springerlink.com and http://www.bise-journal.org: Riemer K, Taing S (2009) Unified Communi-cations. Bus Inf Syst Eng. doi: 10.1007/s12599-009-0062-3.

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ten, stehen jedoch nicht im Fokus von UC-Systemen.

3. Modul Medien-/Kanalintegration: Die Integration der oben genannten Kom-munikationsmedien wird durch ein vereinheitlichtes Nachrichtenmanage-ment und eine regelbasierte Steue-rungsschicht erreicht. Das aus Unified-Messaging-Lösungen bekannte Nach-richtenportal erlaubt den Abruf von Mailboxnachrichten als Audiodatei in E-Mails und die Konvertierung von Text in Sprache (Clark 1999; Rosen-berg 2005). Die regelbasierte Steue-rungsschicht sorgt dafür, dass ein-gehende Kommunikationsvorgänge automatisch auf die vom Anwender bevorzugten und verfügbaren Endge-räte weitergeleitet werden (Jennings 2006). Hierzu müssen die Medien (Text, Audio, Video), Geräte (Mobilte-lefon, IP-Telefon, etc.) und Softwarec-lients (Instant-Messenger, Softphones, Videoclients) im UC-System registriert und konfiguriert sein. Die Umleitungs-regeln können recht komplex sein; sie können sich auf einzelne Anrufer, auf Tageszeiten und verschiedene Endge-räte beziehen. Eine einheitliche, gerä-teunabhängige Telefonnummer verein-facht das Kanalmanagement (Rosen-berg 2005).

4. Modul Präsenzsignalisierung: Verschie-dene Möglichkeiten der Signalisierung des eigenen Verfügbarkeitsstatus, wie vorgegebene („verfügbar“, „beschäf-tigt“, etc.), individuelle („Kunden-workshop“) oder technische („on-the-

phone“) Einstellungen, sollen wesent-lich zur Erhöhung der Erreichbarkeit von Teammitgliedern beitragen und Arbeitsunterbrechungen durch uner-wünschte Kommunikationsanfra-gen unterbinden (de Poot et al. 2005). Im Unterschied zu Instant-Messaging kann UC wesentlich komplexere For-men der Signalisierung ermögli-chen. Der Präsenzstatus kann einer-seits detailliert auf Geräteebene ermit-telt und dargestellt werden (Jennings 2006), andererseits auf Gruppenebene aggregiert oder an beliebige Objekte (z. B. Dateien) in anderen Software-Anwendungen angehängt werden (Riemer 2007). Ein Präsenzstatus auf Gruppenebene ermöglicht z. B., gezielt über die Erreichbarkeit aller Gruppen-mitglieder informiert zu werden, wenn eine Telefonkonferenz einberufen wer-den soll.

5. Modul Kollaboration: Dieses Modul zielt auf die Reichhaltigkeit des Kom-munikationsmediums ab. Durch die Möglichkeit, eine einfache Kommuni-kationsinteraktion (z. B. sprachbasiert per IP-Telefon) ad hoc durch das Hin-zuschalten von Kollaborationsdiens-ten aufzuwerten, kann z. B. die Zusam-menarbeit an einem Dokument mit-tels Application-Sharing ermöglicht oder ein bilaterales Gespräch zu einer Mehrpersonen-Videokonferenz erwei-tert werden.

6. Modul Kontextualisierung: Dieses Modul bezeichnet die Einbettung von UC-Funktionalitäten in Unter-

nehmensanwendungen und -prozesse (Mohamed 2007). Auf diese Weise wird der Aufbau von Ad-hoc-Kommu-nikationsvorgängen aus dem Arbeits-kontext der Anwender heraus ermög-licht. Eine häufig anzutreffende Funk-tion ist „Click-to-Call“ aus dem Intra-net; diese Funktion ermöglicht den sofortigen Anruf von Personen, ohne die Telefonnummer manuell eingeben zu müssen.

4 Anwendungsszenarien

Neben den bereits genannten Vorteilen beim Management unternehmensweiter Kommunikationsinfrastrukturen, wie Komplexitätsreduktion und Kosten-einsparungen durch den Wegfall separater Legacy-Infrastrukturen, versprechen UC-Lösungen insbesondere eine Veränderung und Verbesserung der verteilten Kommu-nikations- und Koordinationspraktiken. Die folgenden Szenarien illustrieren beispielhaft das Potenzial von UC, welches sich aus der Kombination von Medienin-tegration, regelbasierter Steuerung und Kontextualisierung ergibt.

4.1 Dokumentenzentrierte Kommunikation in zeitkritischen Prozessen

Eine Kernidee von UC ist die Ermöglichung der Ad-hoc-Kommunikation im unmit-telbaren Arbeitskontext. So ist es über Schnittstellen möglich, den Präsenzstatus

Abb. 1 Unified-Communications-Kernmodule

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von Personen an Objekte jeglicher Art in Drittsoftware anzuhängen. Dies ermögli-cht es den Benutzern der Software, direkt mit Bearbeitern von Dokumenten kommu-nizieren zu können, ohne zunächst deren Identität, Kontaktdaten und Erreichbarkeit feststellen zu müssen. Das ist insbesondere in zeitkritischen Prozessen von Bedeutung. So kann in einem Krankenhausszenario der Verfügbarkeitsstatus der zuständigen Fachärzte an elektronische Krankenakten oder Laborberichte angehängt werden, die diese editiert haben. Im Notfall kann so der behandelnde Arzt direkt und einfach eine Kommunikation zu den entsprechenden Experten herstellen und so Hintergründe zur Behandlung oder Patientenhistorie erfragen.

4.2 Kompetenzbasierte Anrufweiterleitung in mobilen Arbeitskontexten

Ein weiteres Anwendungsszenario von UC liegt in der rollen- oder kompetenz-basierten Kommunikation. Werden UC-Systeme mit Expertendatenbanken verknüpft, kann den Anwendern die direkte Kontaktaufnahme mit Wissen-strägern auf Basis der Kompetenzsuche ermöglicht werden. In diesem Fall wird der Verfügbarkeitsstatus nicht an Dokumente, sondern an organisatorische Rollen angehängt. Dies ist besonders in einem Außendienstszenario sinnvoll, wenn eine Information oder Experten-meinung genau dann benötigt wird, wenn der Mitarbeiter vor Ort ist. Beispiele sind der Versicherungsvertreter, der einen Vertragsabschluss beim Kunden vor Ort durchführen möchte, der Wartungstech-niker, der technische Hilfe benötigt, oder der Journalist am Ort des Geschehens. In allen Fällen ist eine direkte Verfügbarkeit eines Experten im Stammhaus wichtig. Eine Expertensuche in Kombination mit einer rollenbasierten Anrufweiterleitung ermöglicht dem Mitarbeiter, mittels seines mobilen Endgeräts (Laptop, Smartphone) ad hoc Kontakt mit den jeweiligen, aktuell verfügbaren Experten aufzunehmen, ohne deren Namen, Kontaktdaten, Kontext und Verfügbarkeit ermitteln zu müssen.

4.3 Fallbasierte Konferenzinitiierung in interdependenten Prozessen

Neben der oben beschriebenen Ver-einfachung der Kontaktaufnahme in verteilten Arbeitskontexten ermöglicht

die Kontexteinbettung von UC-Systemen eine (teilautomatisierte) Kommunikati-onsinitiierung, die durch Prozesszustände ausgelöst werden kann. So erlaubt eine neuentwickelte Warenwirtschaftslösung eines Modeunternehmens in jedem Schritt des Einkaufsprozesses die kontextsen-sitive Ermittlung der jeweils beteiligten Entscheidungsträger (und deren aktueller Verfügbarkeit), um bei Bedarf ad hoc eine Telefon- oder Desktop-Videokonferenz initiieren und ein Problem klären zu kön-nen. In einem Produktionskontext ist eine weitergehende Prozessintegration von UC denkbar, bei der ein PPS-System eine Tele-fonkonferenz zwischen den verfügbaren Entscheidungsträgern eigenständig initi-iert, damit diese im Falle einer Störung der Produktionsanlage oder einer unerwarteten Materialknappheit eingreifen können.

4.4 Aktives Erreichbarkeitsmanagement in wissensintensiver Teamarbeit

Wissensintensive Tätigkeiten haben als Eigenschaft, dass sie einerseits unmittel-baren Zugang zu Informationsquellen und Wissensträgern benötigen, andererseits aber auch Phasen intensiver Konzentra-tion und Ungestörtheit erfordern. UC-Systeme sollen in diesem Kontext (z. B. in Unternehmensberatungen) sowohl die Erreichbarkeit und den Zugang zu Wissensträgern (Experten) verbessern, als auch mittels eines aktiven Erreichbar-keitsmanagements den Wissensarbeitern Phasen der Nichterreichbarkeit für konzentriertes Arbeiten ermöglichen

(Riemer 2007). Eine traditionelle Ver-haltensweise ist das Abschalten aller Endgeräte oder das Signalisieren von „nicht verfügbar“. Wenn ein Berater jedoch für unmittelbare Teammitglieder weiterhin kontaktierbar sein muss, ist eine Unterscheidung zwischen erwünschten und unerwünschten Kontaktversuchen notwendig. Hier kann eine regelbasierte Steuerung der Erreichbarkeit und eine Anpassung der Präsenzfunktion (Riemer u. Klein 2009) dem Berater ermöglichen, den angezeigten Verfügbarkeitsstatus so zu differenzieren, dass für alle Benutzer außerhalb des Teams „nicht verfügbar“ signalisiert wird, der Berater innerhalb des Teams aber erreichbar bleibt.

5 Bedeutung für die Wirtschaftsinformatik

Unified Communications ist kein gänzlich neues Thema. Während aber die meisten UC-Systeme mittlerweile dem Prototyp-stadium entwachsen sind, realisieren exis-tierende UC-Installationen in der Praxis meist nur einen Teil der UC-Vision und beschränken sich oft auf ein oder zwei der oben vorgestellten Module. Auf der ande-ren Seite finden sich zahlreiche namhafte Anbieter in diesem Markt (z. B. Cisco, IBM, Microsoft, Oracle, Siemens, etc.), die mit entsprechendem Entwicklungs- und Vertriebsaufwand an der Etablierung der Systemklasse arbeiten. Das Thema besitzt somit steigende Relevanz sowohl für die Praxis wie auch die Wirtschaftsinfor-

Tab. 1 Potenziale und Herausforderungen der UC-Einführung in der Ebenen-sicht

Ebene Potenziale von UC Herausforderungen

Organisation - Ermöglicht neue Organisationsformen

- Effektivere Virtualisierung und Ver-teilung der Projektarbeit möglich

- Effektive Kommunikation in neuen, mobilen Kontexten

- Behutsame Einführung, Change Management, Begleitkommunikation, Erwartungsmanagement notwendig

- Organisationale Regeln zu UC-Nutzung aufstellen und durchsetzen

- Einbettung von UC in bestehende Kommunikationskultur notwendig

Gruppe, Prozess - Ermöglicht neue Arbeitspraktiken- Differenzierte

Teamkommunikation- Communication-enabled

business processes

- Nutzungsoffenheit der Systeme erfordert Raum und Zeit für Experimentieren mit UC-Systemen

- Aneignungsprozesse fördern- Konfiguration passender Medienmixe

Individuum - Aktives, persönliches Erreichbarkeitsmanagement

- Management der Medien- und Gerätekomplexität

- Fragen der UC-Usability (Information Overload)

- Ängste vor Überwachung durch Präsenzfunktion bei Mitarbeitern

Infrastruktur - Kostenvorteile durch Wechsel zu IP-Infrastrukturen

- Komplexitätsreduktion durch Vereinheitlichung der Netze auf IP-Basis

- Migration von PSTN zu IP- Technische Integration von

Legacy-Systemen und Endgeräten- Kopplung von Systemen und

Geräten verschiedener Hersteller- IP-bezogenes Risikomanagement

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matikforschung. Dabei ist es notwendig, zunächst die Eigenschaften von UC-Sys-temen besser zu verstehen.

Ein wesentliches Charakteristikum von UC-Systemen ist ihre Nutzungsoffenheit, die sich darin äußert, dass solche Systeme in sehr vielfältiger Weise genutzt werden können und ihre Potenziale und Effekte für die Praxis sich nicht allein durch Ana-lyse ihrer Funktionen abschätzen lassen (Riemer et al. 2007). Tatsächlich entwi-ckelt sich der Nutzen von UC-Systemen erst durch die Aneignung ihrer Nutzer, wenn die Systeme Bestandteil von Grup-pen- oder organisationalen Praktiken wer-den. Vor diesem Hintergrund sind weitere Studien in der Praxis (z. B. als Fallstudien) notwendig, um diese Systemklasse besser zu verstehen. Bisherige Arbeiten haben zudem gezeigt, dass komplexe UC-Sys-teme als Plattformtechnologie verstan-den werden sollten, die durch Customi-zing an einen konkreten Anwendungs-kontext angepasst werden müssen (Rie-mer u. Klein 2009). Für die UC-Hersteller ergeben sich aus diesen Beobachtungen Herausforderungen im Vertrieb, da die möglichen Potenziale eben gerade nicht anhand der Funktionen illustriert wer-den können. Auch ist eine Aufwand- und Nutzenkalkulation im Vorhinein nahezu unmöglich, da die Einführung eines UC-Systems sofort Kosten verursacht, wäh-rend sich die Nutzenpotenziale erst lang-sam durch Lerneffekte und Aneignung der Anwender ergeben. Investitionen in UC-Technologie sind somit eher mit dem Schaffen von Potenzialen zu vergleichen als mit dem Realisieren direkter Effekte.

Die möglichen Potenziale und Her-ausforderungen von UC im Anwen-dungskontext können anschaulich mit-tels eines Ebenenmodells illustriert wer-den. Die in Tab. 1 angeführten Aspekte sind gleichzeitig als Forschungsagenda für die Wirtschaftsinformatik zu verste-hen, da zukünftige Studien, bei Verfüg-barkeit von UC-Vollinstallationen in der Praxis, die Potenziale überprüfen und den Umgang mit den Herausforderungen erforschen sollten. Dabei ergeben sich zahlreiche offene Forschungsfragen. Eine weitergehende Forschungsagenda findet sich in (Riemer u. Frößler 2007).

6 Fazit und Ausblick

Die aktuelle Situation im UC-Markt ist geprägt von einem starken Technology-

Push seitens der Anbieter. Insbesondere Firmen aus dem Desktop-Kollaborati-onsbereich wie IBM oder Microsoft sowie aus dem IP-Infrastrukturbereich (z. B. Cisco) drängen mit ihren Produkten auf den Markt. Die relative Neuheit der Systeme sowie noch unbeantwortete technische und organisatorische Frage-stellungen behindern die Diffusion von UC-Systemen. Vor diesem Hintergrund bietet sich Wirtschaftsinformatikern die Möglichkeit, mit gestaltungsorientierter Forschung den Unternehmen eine strukturierte Einführung von UC zu ermöglichen. Aktions- oder Fallstudien-forschung können durch konkrete Imple-mentierungsbeispiele und die objektive Messung qualitativer und quantitativer Mehrwerte dazu beitragen, die derzeit sehr stark IT-getriebene Thematik auf die Agenda des Top-Managements zu setzen. Darüber hinaus sind insbesondere Studien auf der Gruppenebene nötig, um die Aneignung und Nutzenpotenziale von UC für die verteilte Zusammenarbeit besser zu verstehen.

Auf der technischen Ebene gehen die Entwicklungen, neben einer weiteren Ver-besserung von Stabilität und Reife der Sys-teme, insbesondere in zwei Richtungen: Einerseits bemühen sich die Herstel-ler zurzeit um eine hersteller- und damit unternehmensübergreifende Kopplung der Systeme, z. B. durch Presence-Federa-tion (d. h. die Weitergabe und Verknüp-fung von Statusinformationen), anderer-seits gehen die Entwicklungen weiter in Richtung komplexer Prozessintegration (sog. Communication-enabled Business Processes).

Literatur

Clark C (1999) Unified messaging: where‘s the market. Wireless Review 16(3):100–103

de Poot H, Mulder I, Kijl B (2005) How do knowl-edge workers cope with their everyday job? eJOV – The Electronic Journal for Virtual Orga-nizations and Networks 9:70–88

Jennings C (2006) Why unified communications need presence federation. Business Communi-cations Review (12):18–22

Lazar I (2006) Integrating telephony, IM, video and mobility with presence. Business Commu-nications Review (6):28–31

Mohamed A (2007) Work together any place, any time. Computer Weekly (2007-03-06):38–40

Picot A, Riemer K, Taing S (2008) Unified Commu-nications. In: Kurbel K et al (Hrsg) (2008) Enzyk-lopädie der Wirtschaftsinformatik, 2. Aufl. Ol-denbourg, München. http://www.

enzyklopaedie-der-wirtschaftsinformatik.de/wi-enzyklopaedie/lexikon/informations systeme/kommunikations-und-kollaborations systeme/Unified-Communication/index.html. Abruf am 2009-05-07

Riemer K (2007) Präsenzbasierte Echtzeitkommu-nikation – Eine prototypbasierte Untersu-chung der Nutzbarkeit im Unternehmensbera-tungskontext. In: Oberweis A et al (Hrsg) eOr-ganisation: Services, Prozess-, Market-Enginee-ring, Bd. 1. Universitätsverlag Karlsruhe, S 751–768

Riemer K, Frößler F (2007) Introducing real-time collaboration systems: development of a con-ceptual scheme and research directions. Com-munications of the Association for Information Systems 20:204–225

Riemer K, Frößler F, Klein S (2007) Real time com-munication – modes of use in distributed teams. 15th European conference on informa-tion systems. St.Gallen

Riemer K, Klein S (2009) Presence signalling in unified communication systems – a framework for adaptation in context. In: Hansen HR et al (Hrsg) Business Services: Konzepte, Technolo-gien, Anwendungen, Österreichische Compu-ter Gesellschaft, Wien, S 265–274

Rosenberg AM (2005) Do you need to replace en-terprise voice mail? Business Communications Review (10):36–41