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Sprache und Denken
Universität Kassel
Seminar: „Psychologie der Sprache“
Dozent: Benjamin P. Lange M. A.
Sommersemester 2009
Referentin: Alexandra Glück
Literatur:
Pinker, Steven: Der Sprachinstinkt. Wie der Geist die Sprache bildet. München: Kindler, 1996.
Zimmer, Dieter E.: So kommt der Mensch zur Sprache. Über Spracherwerb, Sprachentstehung, Sprache & Denken. München: Heyne, 2008.
Was war zuerst...Huhn oder Ei?
Wird unser Denken von der Sprache begrenzt und geformt?
Gibt es ein sprachfreies Denken?
Denken wir auf Deutsch, Englisch, Chinesisch oder auf „Mentalesisch“ (Gedankensprache)?
Werden unsere Gedanken nur durch Sprache vermittelt?
Hypothese: Wörter steuern Gedanken
Euphemismen: 'Befriedung', 'Verbesserungen auf der Einnahmenseite', 'ethnische Säuberung'
Sexistische Sprache: 'man'
Wirkliche Verständigung zwischen Sprechern verschiedener Sprachen ist unmöglich
(linguistische Relativität)
Der linguistische Determinismus
Die Sapir-Whorf-Hypothese:
Edward Sapir (1884-1939): Linguist und Ethnologe
Benjamin Lee Whorf (1897-1941): Versicherungsinspektor, Hobbylinguist und
-ethnologe
Die Sapir-Whorf-Hypothese
Jede Sprache habe eine andere Weltansicht:
Sprachen unterteilen das Farbspektrum an verschiedenen Stellen durch Farbwörter
Eskimos kennen Dutzende Wörter für Schnee
Der völlig andere Zeitbegriff der Hopi (Indianer)
Das Problem der Farbbezeichnungen
„Führt die verschiedene Zerlegung des Farbspektrums durch einzelne Sprachen dazu,
dass ihre Sprecher die Farben auch verschieden sehen oder mit sprachlich anders abgeteilten Farbspannen geistig irgendwie verschieden
umgehen?“ (Zimmer, S.195)
Hintergrund:Farbeindruck setzt sich aus zusammen aus:
Wellenlänge des Lichts, Helligkeit, Farbsättigung.
Menschliche Netzhaut nimmt nur kleinen Ausschnitt aus dem Spektrum elektromagnetischer Strahlen wahr
Der Mensch kann etwa 2 Millionen Farbeindrücke unterscheiden
Innerhalb dieses Spektrums können keine Grenzen gezogen werden
Farben sind die Interpretationen der elektromagnetischen Strahlen durch unseren Wahrnehmungsapparat
Experiment von Lenneberg und Brown
Ermittlung der „besten“ Farbe
Identifizieren von „besten“ und „schlechten“ Farben
Ergebnis: Farbnamen erleichtern dem Bewusstsein die Farberinnerung
Experiment von Berlin und Kay
Besitzen „beste“ Farben eine Eigenschaft, die sie leichter erinnerbar macht, so dass für sie Farbnamen existieren?
Analyse bei Sprechern von 20 Sprachen mit unterschiedlichen Farbsystemen
Nennung von zwei bis elf Grundfarben und Einordnung auf Farbspektrum mit 329 Farben
Ergebnis: Grenzen an unterschiedlichen Stellen, aber gleiche Farbtöne als „bestes Beispiel“
→ Fokalfarben
Physiologische Basis
R. L. De Valois (1973):
Im Kniekörper des Zwischenhirns, wo die Sinnesdaten aus den Augen analysiert werden, existieren vier Zelltypen, die unterschiedlich auf
die verschiedenen Wellenlängen reagieren.(Rot, Blau, Gelb, Grün)
Schlussfolgerung
Nicht die Sprachen teilen das Spektrum willkürlich auf, sondern sie folgen der Einteilung, die von der
Farbwahrnehmung vorgenommen wird.
Eskimos kennen Dutzende Wörter für Schnee
Entpuppte sich als „Klatschgeschichte“: wurde aufgepusht, um zu zeigen, dass auch Kulturen, die nicht des Lesens und Schreibens mächtig
sind, sehr komplex denken und sprechen können.
Der andere Zeitbegriff der HopiDie Hopi-Indianer betrachten die Zeit nicht linear,
als fließendes Kontinuum, sondern zyklisch.
Als Ursache werden die fehlenden Tempuskategorien ihrer Sprache angenommen.
Aber: Sprache der Hopi verfügt über Zeitadverbien (gestern, heute, morgens) und
Datierungsmethoden wie Sonnenuhr oder eingekerbte Kalenderstöcke
Oder ist es doch umgekehrt?Manchmal finden wir nicht die richtigen Worte, wenn wir
etwas ausdrücken wollen
Beim Zuhören prägen wir uns den Kern der Sache ein, nicht den Wortlaut
Neue Wörter könnten nicht erfunden werden
Tieren/Babys/Gehörlosen/Aphasikern würde jede Gedankenwelt abgesprochen
Gehörlose „erfinden“ eigene Sprachen
Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse
Denkvorgänge können heute nonverbal erschlossen werden
- durch experimentelle Untersuchungen, in denen die Wortbarriere durchbrochen wird.
- durch Theorien über Denkvorgänge
Beispiele für Denken ohne Sprache
Susan Schaller: „Ein Leben ohne Worte“:
Beobachtete von der verbalen Welt isolierte gehörlose Erwachsene.
Sie beherrschten zahlreiche abstrakte Denkformen:
Mit Geld umgehen, Karten spielen, Schlösser reparieren
Beispiele für Denken ohne Sprache
Wahrnehmungsforschung bei kleinen Kindern:
Karen Wynn: bereits 5 Tage alte Säuglinge beherrschen eine einfache Form geistiger
Arithmetik (Zahlenbegriff)
Beispiele für Denken ohne Sprache
Primatenforschung:
Wolfgang Köhler (1914): Schimpanse Sultan zeigt „einsichtiges“ Verhalten
Cheney und Seyfarth: Versuche mit „grünen Meerkatzen“: Sie erkennen
Verwandtschaftsbeziehungen
Beispiele für Denken ohne Sprache
Viele kreative Menschen denken in Momenten höchster Inspiration in geistigen Bildern:
John Didion (Romanschriftsteller) berichtet, dass innere Bilder die Wortwahl vorgeben
Michael Faraday (Physiker) stellt sich Kraftlinien vor, die als Röhren durch den Raum schwingen
Albert Einstein: stellte sich vor, auf einem Lichtstrahl zu reiten und auf eine hinter ihm liegende Uhr zu schauen.
Beispiele für Denken ohne Sprache
Roger Shepard (Kognitionspsychologe):
Im Halbschlaf „erschienen“ ihm Symbole, anhand derer er einen Versuch zur geistigen
Bildersprache entwickelte
Experiment zur geistigen Bildersprache von Shepard
Fazit
Denken ist nicht von Sprache abhängig, aber ein gewisser Einfluss von Sprache auf unser Denken
und Handeln besteht. (Bsp. Werbung)
Danke für Eure Aufmerksamkeit!