untersuchung von verkehrssicherheitsaspekten durch die verwendung asphärischer außenspiegel

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Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Fahrzeugtechnik Heft F 56 Untersuchung von Verkehrssicherheits- aspekten durch die Ver- wendung asphärischer Außenspiegel

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Page 1: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Berichte derBundesanstalt für Straßenwesen

Fahrzeugtechnik Heft F 56

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ISSN 0943-9307ISBN 3-86509-419-8

Untersuchungvon Verkehrssicherheits-aspekten durch die Ver-wendung asphärischer

Außenspiegel

Page 2: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Berichte derBundesanstalt für Straßenwesen

Untersuchungvon Verkehrssicherheits-aspekten durch die Ver-wendung asphärischer

Außenspiegel

Fahrzeugtechnik Heft F 56

von

Peter BachGert Rüter

Fachhochschule TrierInstitut für Fahrzeugtechnik

Nils CarstengerdesKarl F. Wender

Universität TrierFachbereich Psychologie

Dietmar OtteMedizinische Hochschule Hannover

Unfallforschung

Page 3: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Die Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlicht ihre Arbeits- und Forschungs-ergebnisse in der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Reihebesteht aus folgenden Unterreihen:

A - AllgemeinesB - Brücken- und IngenieurbauF - FahrzeugtechnikM- Mensch und SicherheitS - StraßenbauV - Verkehrstechnik

Es wird darauf hingewiesen, dass die unter dem Namen der Verfasser veröffentlichtenBerichte nicht in jedem Fall die Ansicht desHerausgebers wiedergeben.

Nachdruck und photomechanische Wieder-gabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmi-gung der Bundesanstalt für Straßenwesen, Referat Öffentlichkeitsarbeit.

Die Hefte der Schriftenreihe Berichte derBundesanstalt für Straßenwesen können direkt beim Wirtschaftsverlag NW, Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bgm.-Smidt-Str. 74-76, D-27568 Bremerhaven, Telefon (04 71) 9 45 44 - 0, bezogen werden.

Über die Forschungsergebnisse und ihre Veröffentlichungen wird in Kurzform imInformationsdienst BASt-Info berichtet.Dieser Dienst wird kostenlos abgegeben;Interessenten wenden sich bitte an dieBundesanstalt für Straßenwesen, Referat Öffentlichkeitsarbeit.

Impressum

Bericht zum Forschungsprojekt 77.470/2002:Anwendung von Sicherheitsaudits an Stadtstraßen

ProjektbetreuungRoland Weber

HerausgeberBundesanstalt für StraßenwesenBrüderstraße 53, D-51427 Bergisch GladbachTelefon: (0 22 04) 43 - 0Telefax: (0 22 04) 43 - 674

RedaktionReferat Öffentlichkeitsarbeit

Druck und VerlagWirtschaftsverlag NWVerlag für neue Wissenschaft GmbHPostfach 10 11 10, D-27511 BremerhavenTelefon: (04 71) 9 45 44 - 0Telefax: (04 71) 9 45 44 77Email: [email protected]: www.nw-verlag.de

ISSN 0943-9331ISBN 3-86509-323-X

Bergisch Gladbach, Juli 2005

Impressum

Bericht zum Forschungsprojekt FE 82.216/2002:Untersuchung von Verkehrssicherheitsaspekten durchdie Verwendung asphärischer Außenspiegel

Projektbetreuung:Uwe Ellmers

ISSN 0943-9307ISBN 3-86509-419-8

Bergisch Gladbach, Februar 2006

Page 4: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Kurzfassung – Abstract

Untersuchung von Verkehrssicherheitsaspektendurch die Verwendung asphärischer Außen-spiegel

Der vorliegende Bericht befasst sich mit den Aus-wirkungen von teilasphärischen Außenspiegeln vonKraftfahrzeugen auf das Unfallgeschehen. Es wirduntersucht, ob die Vorteile teilasphärischer Spiegel(größeres Sichtfeld, Reduzierung des „toten Win-kels“) mit Nachteilen durch die optisch bedingtenVerzerrungen des Spiegels verbunden sind (z. B.fehlerhafte Distanz- oder Geschwindigkeitsschät-zungen). Hierzu wird ein mehrstufiges Vorgehengewählt, das aus der Bestimmung des derzeitigenAusrüstungsstands, einer Zusammenstellung undvergleichenden Betrachtung nationaler und inter-nationaler Richtlinien und einer umfangreichen Li-teraturrecherche zur bisherigen Spiegelforschungbesteht. Auf der Grundlage dieser Informationenwird der aktuelle Wissensstand zur seitlichen undrückwärtigen Sicht aus Kraftfahrzeugen unter be-sonderer Berücksichtigung der verschiedenenArten von Außenspiegeln (plan, sphärisch konvexund teilasphärisch) ermittelt und systematisiert. Er-gänzend wird im Rahmen von Unfallanalysen un-tersucht, ob die Verwendung neuartiger Spiegel-systeme einen messbaren Einfluss auf die Unfall-statistik hat. Besondere Relevanz haben in diesemZusammenhang Unfälle bei Abbiegevorgängenund Fahrspurwechseln, also Unfalltypen, bei denender so genannte „tote Winkel“ eine maßgeblicheRolle spielen könnte. Zusätzlich werden die Ver-wendung unterschiedlicher Spiegelsysteme undder Stand der Technik in der derzeitigen Fahrzeug-population ermittelt und eine Prognose für die wei-tere Entwicklung erarbeitet.

Diese Erhebungen dienen als Basis für die Durch-führung von drei Experimenten, die Informationenzum Einfluss teilasphärischer Spiegel auf die Wahr-nehmung liefern sollen. Experiment 1 beschäftigtsich mit Distanzschätzungen durch plane, sphäri-sche und teilasphärische Spiegel. Experiment 2untersucht die Fähigkeit von Versuchspersonen,mit Hilfe eines planen, sphärischen oder teilas-phärischen Außenspiegels die Distanz- und Ge-schwindigkeit eines sich nähernden Fahrzeugs ein-zuschätzen und so den Kollisionszeitpunkt zu be-stimmen. Während die ersten beiden Experimenteeher Nachteile teilasphärischer Spiegel zu ent-decken versuchen, widmet sich Experiment 3 ex-

plizit der Frage nach den Vorteilen dieser Spiegel.Es wird daher untersucht, ob das größere Sichtfeldtrotz optischer Verzerrungen genutzt werden kannund sich somit Fehleinschätzungen bei der Objekt-erkennung im „toten Winkel“ signifikant reduzierenlassen.

Die Experimente können keine Belege für sicher-heitsrelevante Nachteile teilasphärischer Außen-spiegel finden, sie zeigen jedoch, dass ein größe-res, rückwärtiges Sichtfeld genutzt werden kann.

Die Einführung teilasphärischer Außenspiegel wirddaher befürwortet und es wird erwartet, dass diesepositive Auswirkungen auf das Unfallgeschehenhaben werden.

Investigations of traffic-safety aspects associated with a use of aspherical external mirrors

This report deals with the effects of partlyaspherical vehicle mirrors on accidentoccurrences. It investigates the extent to which theadvantages of partly aspherical mirrors (larger fieldof view, smaller blind spot) are offset by thedistorted perspectives they provide (for example,incorrect impressions of clearance and speed). Theinvestigations are conducted in a multi-stageprocedure comprising a determination of state-of-the-art fittings, compilation and comparison ofnational / international guidelines, and detailedresearch of existent literature on vehicle mirrors.The acquired information is organized to create acontemporary database on lateral and reverseviews afforded on motor vehicles, accountingspecially for the various types of available externalmirrors (plane, convex and partly aspherical).Accident analyses are used to examine whethermodern mirror systems perceptibly influenceaccident statistics. Of special relevance in thiscontext are accidents occurring during turning andlane-changing, i.e. situations in which the mirrors'blind spots can play a significant role. The extent ofusage of various mirror systems and the state-of-the-art prevailing among vehicles currently inoperation are ascertained, and furtherdevelopments in this area forecasted.

The surveys form a basis for conducting threeexperiments supplying information on how partly

3

Page 5: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

aspherical mirrors influence drivers' perceptions.Experiment 1 deals with distances estimated viaplane, convex and partly aspherical mirrors.Experiment 2 examines the capability of testpersons to estimate clearances and speeds ofapproaching vehicles with the help of plane,convex and partly aspherical mirrors in order todetermine potential collision times. Whereas thefirst two experiments are meant mainly todetermine the disadvantages of partly asphericalmirrors, experiment 3 focuses exclusively on theiradvantages, examining the usefulness of theirlarger field of view notwithstanding opticaldistortions, i.e. the significance of smaller blindspots in improving object identification.

The experiments do not reveal any safety-relateddisadvantages of partly aspherical external mirrors,instead demonstrate the usefulness of a larger,reverse field of view.

Accordingly, an introduction of partly asphericalexternal mirrors is recommended and expected topositively influence accident rates.

4

Page 6: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Inhalt

1 Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.1 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . 71.2 Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.3 Fahrerassistenzsysteme . . . . . . . . . . . . 10

2 Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . 132.1 Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.2 Altes EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.2.1 Pkw, Busse, Lkw . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.2.2 Krafträder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.3 Neues EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.3.1 Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . . . 172.3.2 Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182.4 Stellungnahme des VDA . . . . . . . . . . . . 192.5 USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.5.1 Personenwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.5.2 Krafträder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.5.3 Andere Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.6 Weitere Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.6.1 Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.6.2 Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.7 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.8 Pflichten des Fahrers . . . . . . . . . . . . . . . 22

3 Ausrüstungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . 243.1 Im Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.1.1 Spiegeltypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.1.2 Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.1.3 Sichtfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273.1.4 Spiegeleinstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 293.2 Neufahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4 Unfallanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324.1 Möglichkeiten der Datenquellen . . . . . . 324.2 Entwicklung der Unfallerhebung

vor Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324.3 Erhebungsdesign vor Ort . . . . . . . . . . . 334.4 Methode und Durchführung der

Analyse im Rahmen des Projekts . . . . . 334.5 Ergebnis der Unfallanalyse . . . . . . . . . . 34

5 Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . 375.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 375.2 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 445.3 Übersicht bisheriger Studien . . . . . . . . . 46

6 Empirische Untersuchungen . . . . . . . 496.1 Erstes Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

6.1.1 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496.1.2 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516.1.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526.1.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546.2 Zweites Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . 556.2.1 Empirische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 556.2.2 Experimentelle Untersuchungen

unter Berücksichtigung des Faktors „Spiegel“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

6.2.3 Untersuchungen ohne Berück-sichtung des Faktors „Spiegel“ . . . . . . . 57

6.2.4 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586.2.5 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616.2.6 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646.2.7 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 676.3 Drittes Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . 706.3.1 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716.3.2 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 746.3.3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 756.3.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

7 Zusammenfassende Diskussion . . . . 797.1 Ergebnisinterpretation . . . . . . . . . . . . . . 797.2 Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 837.3 Vorschläge für weitere Unter- . . . . . . . .

suchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

8 Fahrzeugkategorien und Sicht-felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

8.1 Fahrzeugkategorien nach ECE . . . . . . . 858.2 Fahrzeugkategorien nach FMVSS . . . . . 868.3 Sichtfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 878.3.1 Nach 71/127/EWG . . . . . . . . . . . . . . . . . 878.3.2 Nach 2003/97/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . 888.3.3 Nach FMVSS 111 . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

9 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

5

Page 7: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Abkürzungen

α Alpha-Fehlerniveau

ABE Allgemeine Betriebserlaubnis

ABS Anti-Blockiersystem

ADR Australian Design Rules

AMVSS Australien Motor Vehicle StandardsSystem

β Beta-Fehlerniveau

BASt Bundesanstalt für Straßenwesen

BRD Bundesrepublik Deutschland

CMVSS Canadian Motor Vehicle Safety Standard

EG-TypV EG-Typverordnung

EG Europäische Gemeinschaft

ESP Elektronisches Stabilitätsprogramm

FAT Forschungsvereinigung Automobil-technik

GDV Gesamtverband der Deutschen Ver-sicherungswirtschaft

GIDAS Datenbank (German In-Depth Accident Study)

GVWR Gross Vehicle Weight Rating (zulässi-ges Gesamtgewicht)

KBA Kraftfahrt-Bundesamt

MHH Medizinische Hochschule Hannover

N Einheit ‚Newton’

NHTSA National Highway Traffic Safety Administration (Verkehrssicherheits-behörde der USA)

n. s. nicht signifikant

m. F. mittlerer Fehler, auch Standardabwei-chung

P probability, engl. Wahrscheinlichkeit

(p)t/c perceived (wahrgenommene) time tocollision

SAE Society of Automotive Engineers (Ver-einigung der Ingenieure, vergleichbarmit dem Verband der Ingenieure, VDI,in Deutschland)

SIR Datenbank (Scientific Information Retrieval)

SPSS Statistical Package for the SocialScientists

STAIRS Forschungsprojekt (Standardisation ofAccident In-Depth Research Studies)

StVO Straßenverkehrsordnung (BRD)

StVZ-O Straßenverkehrszulassungsordnung(BRD)

ttc time to collision, Zeit bis zur Kollision

(t)t/c true (tatsächliche) time to collision

TUD Technische Universität Dresden

TÜV Technischer Überwachungsverein

UN/ECE United Nations Economic Commissionfor Europe (Wirtschaftskomission derVereinten Nationen in Europa)

USA United States of America (VereinigteStaaten von Amerika)

VDA Verband der Deutschen Automobilin-dustrie

VL Versuchsleiter

Vp(n) Versuchsperson(-en)

WTD Wehrtechnische Dienststelle

6

Page 8: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

1 Grundlegendes

1.1 Begriffsbestimmungen

Die in der Untersuchung verwendeten Begriffe wer-den wie folgt definiert:

Ambinokulare Sicht

Das gesamte sich aus der Überlagerung der mo-nokularen Sichtfelder des rechten und des linkenAuges ergebende Sichtfeld.

Augenpunkte des Fahrers

Zwei Punkte, die 65 mm voneinander entfernt sindund in 635 mm Höhe senkrecht über dem Sitzbe-zugspunkt (R-Punkt) liegen. Die Verbindungsgera-de der beiden Punkte liegt rechtwinklig zur senk-rechten Längsmittelebene des Fahrzeugs. Der Au-genpunkt ist der Mittelpunkt zwischen beiden Au-genpunkten.

Innenspiegel

Eine Einrichtung, die im Fahrzeuginneren ange-bracht werden kann.

Klothoide

Ist eine mathematische Kurve, Spirale mit immerkleiner werdendem Krümmungsradius.

Lidar

Kurzwort aus dem Englischen für ‚Light detectingand ranging’; frei übersetzt: Aufspüren und Ortendurch Lichtstrahlen.

Mittlerer Krümmungsradius r

Ist der arithmetische Mittelwert von gemessenenKrümmungsradien definierter Punkte an einemsphärisch konvexen Spiegel. Die Messung erfolgtmit einem Sphärometer.

Monokulare Sicht

Sicht, die durch ein Auge erzielt wird.

Planer Spiegel

Spiegel mit einer planen Fläche, der ein Bild einesGegenstandes vermittelt, das die gleiche Größebesitzt wie das Bild eines direkt betrachteten Ge-genstands bei gleicher Entfernung.

Radar

Kurzwort aus dem Englischen für ‚Radio detectingand ranging’; frei übersetzt: Aufspüren und Ortendurch Radiowellen.

Sphärisch konvexer Spiegel

Spiegel, der einen Ausschnitt aus einer kugeligenFläche darstellt. Im Gegensatz zu einem planenSpiegel gleicher Fläche wird ein größeres Sichtfeldfür den Betrachter ermöglicht, die Bilder sind je-doch verkleinert.

Sphärometer

Dient zur Bestimmung des Radius einer sphäri-schen (kugeligen) Fläche. Im Folgenden wird einSphärometer nach ECE-R beschrieben.

Der Krümmungsradis r an einer Stelle (Position undRichtung) lässt sich demnach bestimmen zu

Mit d << 1 gilt

d2 ≈ 0.

Daraus folgt

Der relative Messfehler, der sich hauptsächlich ausAblesefehler und durch die nicht unendlich kleinenRadien der Metallstifte zusammensetzt, wird mitder vorliegenden Vorrichtung auf +/- 4 % geschätzt.

Sitzbezugspunkt (R-Punkt)

Ein vom Hersteller für jeden Sitzplatz angegebenerkonstruktiv festgelegter Punkt, der unter Bezug aufdas dreidimensionale Bezugssystem bestimmt

7

Bild 1.1: Sphärometer

Page 9: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

wird und ein spezieller H-Punkt ist, d. h. der Dreh-punkt zwischen Rumpf und Oberschenkeln. Der H-Punkt wird mit einer speziellen Messpuppe ermit-telt und liegt in der Mittelebene des Sitzes. Das ge-naue Verfahren wird in den einzelnen Regelungenbeschrieben.

Teilasphärischer Spiegel

Spiegel, der aus einer sphärisch konvexen oderplanen Spiegelfläche mit am äußeren Rand ange-bundenem asphärischem Teil besteht.

Überschätzung der Distanz

Die Distanz eines Gegners (Fahrzeugs) wird vonder Versuchsperson größer eingeschätzt, als sietatsächlich ist, was im Straßenverkehr kritische Si-tuationen provoziert.

Überschätzung der Kontaktzeit

Die Zeit bis zur Kollision mit dem sich näherndenFahrzeug wird von der Versuchsperson größer ein-geschätzt, als sie tatsächlich ist, was im Straßen-verkehr kritische Situationen provoziert.

Unterschätzung der Geschwindigkeit

Die Geschwindigkeit eines Gegners (Fahrzeugs)wird von der Versuchsperson geringer einge-schätzt, als sie tatsächlich ist, was im Straßenver-kehr zu kritischen Situationen führen kann.

Verkehrsunfälle mit Personenschaden

Unfälle, bei denen infolge des Fahrverkehrs auf öf-fentlichen Wegen und Plätzen Personen getötet

oder verletzt werden, unabhängig von einem even-tuellen Sachschaden.

Zulässiges Gesamtgewicht

Technisch zulässiges Gesamtgewicht im bela-denen Zustand, wird durch den Hersteller angege-ben.

1.2 Optik

„Eine Fläche, deren Hauptfunktion die Reflexiondes Lichtes darstellt, ist eine Spiegelfläche.“ [49]

Ein Spiegel erzeugt ein virtuelles Bild, welches je-doch nicht direkt mit dem Auge sichtbar ist. Virtu-ell besagt hierbei, dass kein Licht vom Bildpunktausgeht. Dies bedeutet, dass man das Bild wederin einem Schirm betrachten kann noch in der Bild-ebene fotografieren kann. Bei einem virtuellen Bild schneiden sich die Strahlen nicht. Nach demReflexionsgesetz wird das Licht, das von einemPunkt eines Gegenstandes auf einen planen Spie-gel trifft, zurückgeworfen. Das Auge empfängt diereflektierten Strahlen, kann aber deren wirklicheHerkunft nicht erkennen und extrapoliert sie daherrückwärtig zu einem gemeinsamen Punkt. Für denBeobachter scheint der Ursprung des Lichtes ineinem geradlinig hinter dem Spiegel liegendenPunkt zu liegen. Von jedem Punkt eines Gegen-standes geht Licht aus, das am Spiegel reflektiertwird. Dadurch erhält man das Spiegelbild des Ge-genstandes (vgl. beispielsweise NAUMANN &SCHRÖDER, 1987 [68]).

Für Kraftfahrzeuge kommen folgende Spiegel inBetracht:

Plane Spiegel

Für einen planen Spiegel gilt, dass der Gegenstandund das Bild bezüglich des Spiegels symmetrischzueinander sind. Das bedeutet, dass das Spiegel-bild des Gegenstandes sich hinter dem Spiegel be-findet und die Gegenstands- und Bildpunkte gleichweit vom Spiegel entfernt sind. Zusätzlich ist dasSpiegelbild beim planen Spiegel genauso groß undhat die gleiche Lage wie der Gegenstand.

Sphärische Spiegel

Unter sphärischen Spiegeln versteht man solche,die die Gestalt einer Kalotte haben, d. h., einen Teileiner Kugelfläche bilden. Ist hierbei die innere Seiteder Kalotte verspiegelt, so handelt es sich umeinen Hohl- oder Konkavspiegel, während Spiegel

8

Bild 1.2: Teilasphärischer Spiegel

Page 10: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

mit nach außen gewölbter Reflexionsfläche Wölb-oder Konvexspiegel genannt werden, die als Fahr-zeugspiegel Verwendung finden. Je nach stärkeder Krümmung ist das Bild beim Blick in den Spie-gel, das man von einem Gegenstand erhält, ver-kleinert.

Teilasphärische Spiegel

Teilasphärische Außenspiegel sind bereits seitEnde der 70er Jahre auf dem Markt und wurdendamals von DESAG (Glashersteller, gehört heutezur Schott Glas AG) in Kooperation mit demschwedischen Automobilhersteller Volvo ent-wickelt. Seit dem gehören sie bei Volvo- undSAAB-Fahrzeugen zur Standardausstattung.

Bei der Entwicklung von teilasphärischen Spiegelnwurden zunächst flach-zylindrische Formen getes-tet, also ein Spiegel, der in der Mitte flach war undan den Enden zylindrisch gekrümmt wurde. Vondiesen Spiegeln wurde jedoch wieder abgesehen,da man mit ihnen nur einen sehr kleinen Bildab-schnitt in der Höhe erreichen konnte und sich da-rüber hinaus die Gegenstandshöhe sowie -breitezu schnell änderten und somit zu sehr verzerrten.

Anschließend wurde daher ein Spiegel mit einemplanen Zentrum und immer stärker werdenderKrümmung in Horizontal- sowie Vertikalrichtung anden äußeren Rändern untersucht. Die Krümmungwurde durch die Funktion einer Klothoide beschrie-ben.

Auch von dieser Spiegelart wurde wieder abgese-hen, da die Fertigung nur unter hohem Aufwandmöglich war. So war beispielsweise der plane In-nenteil des Spiegels nicht hitzebeständig und wiesaus diesem Grund Verformungen beim Biegen derSpiegelränder auf.

Letztlich entschieden sich die Hersteller daher füreine rotationssymmetrische Oberfläche.

Sie sollte einen fließenden Übergang zwischeneinem planen oder konvexen Teil zu einem Teil mitimmer stärker werdender Krümmung gewährleis-ten. Die Verkleinerung des Bildes sollte von geringim inneren Teil bis mittelmäßig am äußeren Teil desSpiegels zunehmen und keine allzu große Verzer-rung des Bildes aufweisen.

Volvo testete 5 verschiedene Spiegelarten (s. Ta-belle 1.1) mit Krümmungsfunktionen unterschied-lichen Grades. Einige von ihnen wurden dabei miteinem planen oder sphärischen Spiegel kombi-niert, so wie in Bild 1.3 dargestellt.

Typ 1, 2, 3 erwiesen sich als unbrauchbar, da sienur schwer zu fertigen waren. Bei Typ 2 trat zu-sätzlich eine zu große Bildverzerrung auf.

Auch Typ 1 und 3 wiesen fertigungstechnischeProbleme auf.

Typ 5 ist der beste Kompromiss zwischen einersich gleichmäßig erhöhenden Krümmung und einerminimalen Bildverkleinerung sowie Verzerrung. Erlässt sich jedoch nur sehr schwer fertigen.

Daher entschied man sich für Spiegeltyp 4, da erder beste Kompromiss zwischen Verzerrung, Bild-verkleinerung, Sichtwinkel und Fertigung bedeute-

9

Tab. 1.1: Spiegelarten mit Typbeschreibung [71]

Nr. Beschreibung Krümmungsfunktion

1Kurve viertenGrades

y = 1,7 • 10-8 x4

2

Planer Innen-teil mit einerBreite von 84mm (x = 100)mit an-schließenderKurve viertenGrades

y = 2,8 • 10-7• (x - 100)4 > 0

3Kurve sechsten Grades

y = 3 • 10-13• x6

4

Sphärischer Innenteil mit R = 2.000 mmund einer Breite von 100 mm undanschließenderKurve drittenGrades

+ 2 • 10-5 (x - 116)3 > 0

5

Überlagerungeiner Kurvefünften Gradesmit einemsphärischenTeil mit R =2.500 mm

Bild 1.3: Schnitt durch einen sphärischen Omnibus-Spiegel mitasphärischem Anteil, Angaben in mm (mit freundlicherGenehmigung von Flabeg GmbH & Co. KG, Furth imWald, Deutschland)

Page 11: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

te. Dieser Spiegeltyp ist bei heutigen Kraftfahrzeu-gen unter dem Namen asphärischer oder teilas-phärischer Spiegel bekannt.

Allgemein gilt bei Spiegeltyp 4 die Gleichung:

(*)

mit

k = 1,5 • 10-5

a = 116 mm

Die Werte der Konstanten wurden zu einem späte-ren Zeitpunkt noch einmal den spezifischen Bedin-gungen von Fahrzeugen und Lastkraftwagen ange-passt.

Die Spiegelhersteller verwenden für die Fertigungder teilasphärischen Spiegel folgende Konstanten:

Hierbei ist

k = 2,2 • 10-5

a = 190 mm

für Pkw-Spiegel

sowie

k = 1,2 • 10-5

a = 225 mm

für Lkw-Spiegel.

Ausgehend von der sphärischen Oberfläche gehtder Spiegel in den asphärischen Bereich über. DieVerzerrungen, die dieser Teil verursacht, sind inBild 6.14 zu erkennen.

In der Richtlinie 2003/97/EG [20] (Abschnitt 2.3), inder Gleichung (*) als die Krümmung der Hauptach-se des Spiegels in dem vom Hauptradius dersphärischen Grundkalotte bestimmten x-y-Koordi-natensystem bezeichnet wird, werden die Konstan-ten jedoch nicht quantifiziert.

Im Folgenden wird kurz auf die Herstellung vonSpiegelglas für die Außenspiegel von Kraftfahrzeu-gen eingegangen, die fast ausschließlich aus Float-glas hergestellt werden.

Das Glas besteht zu ca. 70 % aus Sand, weitereBestandteile sind Soda, Kalk, Dolomit und Toner-de.

Bei der Herstellung werden die vermengten Roh-stoffe in einem Hochofen geschmolzen, flüssiges

Glas entsteht. Mit ca. 1.000 °C fließt die Schmelzeauf ein flaches Bad aus geschmolzenem Zinn undbreitet sich aus (Glasherstellung nach dem Float-Verfahren bzw. Schwimmverfahren).

Auf das Floatglas wird anschließend eine dünne,spiegelnde Metallschicht aufgetragen, die aus Sil-ber, Chrom oder Teref Blau besteht. ZusätzlicheBeschichtungen machen die Glasoberfläche kratz-fest und zudem wird mit Lack die Metallbeschich-tung versiegelt, was vor Umwelteinflüssen schützt.

Für konvexe sowie teilasphärische Spiegel wirddas Glas bei Temperaturen zwischen 500 °C und600 °C gebogen. Hierzu werden kreisrunde Spie-gelscheiben in halbkugelförmige Formen eingelegt.Jeder Spiegel wird so zu einem Kugelabschnitt undderen Radius bestimmt den späteren Spiegelradi-us. Bei asphärischen Spiegeln werden Kalottenverwendet, die am Rand von der Kugelförmigkeitabweichen und den asphärischen Teil beschreiben.Anschließend werden die Spiegel aus der Kalotteausgeschnitten.

1.3 Fahrerassistenzsysteme

Die Entwicklung zeigt, dass Fahrerassistenzsyste-me bei Fahrzeugen eine immer wichtigere Rollespielen. Zurzeit arbeiten Hersteller an Systemenzur Reduzierung des toten Winkels. Da hier einBezug zu Rückspiegeln zu sehen ist, wird auf rele-vante Fahrerassistenzsysteme kurz eingegangen.

Hinter dem Begriff ‚Fahrerassistenz’ stehen techni-sche Systeme, die den Regelkreis ‚Fahrer-Fahr-zeug’ unterstützen und korrigieren. Hierzu gehörenfür heutige Fahrzeuge die allgemein bekannten undfast selbstverständlichen Systeme wie Bremskraft-verstärker, Servolenkung oder Automatikgetriebe.Darüber hinaus greifen Systeme wie das Anti-Blockiersystem (ABS) oder das Elektronische Sta-bilitätsprogramm (ESP) in das Regelsystem ein.Darüber hinaus befinden sich weitere sensor- undkamerabasierte Systeme in der Entwicklung, diezusätzliche Assistenz bieten.

Gerade bei Übermüdung und Ablenkung steigt dasRisiko Gefahrensituationen nicht zu erkennen. DasTreffen von Fehlentscheidungen oder die falscheAusführung von Aktionen können die Folge sein.Verkehrsuntersuchungen belegen, dass derMensch durch sein häufiges Fehlverhalten dergrößte Unfallverursacher im Straßenverkehr ist. Damit Assistenzsystemen dieses Fehlverhalten korri-giert und die Anzahl der Unfälle reduziert werden

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kann, forcieren die Europäische Union und dieBundesregierung Forschungsprojekte, bei denenFirmen aus Automobil-, Zulieferer-, Elektronik-, Te-lekommunikationsindustrie sowie Forschungsinsti-tutionen auf diesem Gebiet gezielt zusammenar-beiten. Auf europäischer Ebene sind hier die Pro-jekte PROMETHEUS oder das jüngst abgeschlos-sene Projekt ADASE (Advanced Driver AssistanceSystems in Europe, übersetzt ‚FortgeschritteneFahrerassistenzsysteme in Europa’, 2001-2004) zunennen. Als richtungsweisende Projekte, die vomBundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden, gelten beispielsweise MoTiV(Mobität und Transport im intermodalen Verkehr,1996-2000) und dessen Nachfolgeprojekt INVENT (Intelligenter Verkehr und nutzgerechte Technik im Rahmen des Programms ‚Mobilität und Ver-kehr’).

Systeme, die die Gefahr von Seitenkollisionen mi-nimieren und bei Ausweich- und Spurwechsel-manövern unterstützend eingreifen – und hier liegtauch der Wirkbereich von Spiegelsystemen –, wer-den unter dem Begriff Querführungsassistent zu-sammengefasst. Ein solches fast zwangsläufigrechnergestütztes Fahrerassistenzsystem ist bei-spielsweise in drei Ebenen aufgebaut. Mit der ers-ten Ebene überwacht das System kontinuierlichden Straßenverlauf sowie die Bewegung des Fahr-zeugs innerhalb der Spurbegrenzung. Da ein Sen-sor nur einen Teilbereich abdecken kann, ist eszweckmäßig, mehrere Sensoren oder Sensortech-nologien miteinander zu verbinden. Dadurch isteine Mehrfachmessung möglich, durch deren Re-dundanz eine höhere Detektionsqualität und einegeringere Fehlertoleranz gewährleistet werden. AlsTechnologien sind Mono- und Stereokamerasys-teme, Infrarot und Wärmebildkameras, Radarsys-teme, Lidarsysteme und Ultraschallsensoren zunennen. In einer zweiten Ebene wird die wahrge-nommene Situation mit einem im System abge-speicherten Katalog verglichen und klassifiziert,woraus sich der Handlungsbedarf ableiten kann. Ineiner letzten Ebene wird dann in Form von akusti-schen, optischen sowie haptischen Signalen derFahrer auf eine kritische Situation hingewiesen, u. U. kann auch aktiv in Motormanagement, Len-kung und Bremse eingegriffen werden. Neben die-sen Sensorsystemen, die Informationen rechnerge-stützt weiterverarbeiten, gibt es auch Ansätze fürKamera-Monitor-Systeme im Pkw-Bereich. Nunfolgend werden Beispiele für Fahrerassistenzsyste-me aufgeführt, die Spiegelsysteme unterstützenoder ersetzen können:

MAN Abbiegeassistent (Fa. MAN)

Durch Radarsensoren an der Seitenwand des Fahr-zeugs wird der Fahrer beim Rechtsabbiegen ge-warnt, wenn er dabei Verkehrsteilnehmer wie Rad-fahrer oder Fußgänger übersieht. Eine Beschrei-bung des Systems sowie der Bedeutung für dasVerkehrs- und Unfallgeschehen findet sich in ‚Ge-fährdung von Fußgängern und Radfahrern an Kreu-zungen durch rechts abbiegende Lkw’ [69]. DasSystem befindet sich nach Angaben des Herstel-lers in der Vorentwicklung und ein Termin für einenSerienanlauf steht noch nicht fest (nach Angabender MAN Nutzfahrzeuge AG).

Blind Spot Detection (Fa. Valeo Raytheon)

In einem Projekt von Valeo und dem US-amerikani-schen Rüstungs- und Radarspezialisten Raytheonwurde ein System zur Toten-Winkel-Erkennungentwickelt, das erstmalig auf der InternationalenAutomobilausstellung (IAA) 2003 in Frankfurt derÖffentlichkeit präsentiert wurde.

Das System besteht aus jeweils einem 24-GHz-Ra-darsensor (gleiche Technologie wie bei dem Abbie-geassistenten von MAN) auf beiden Seiten desFahrzeugs. Diese beobachten permanent die Ge-biete neben und seitlich hinter dem Fahrzeug undkönnen so einen Bereich von 150° zwischen einemhalben Meter und 40 Metern abdecken. Die Radar-sensoren werden hinter dem Stoßfänger ange-bracht. Befindet sich ein Fahrzeug im überwachtenBereich, so wird der Fahrer mit Hilfe eines Symbolsim Außenspiegel über ein überholendes Fahrzeugdurch ein Warnsignal informiert. Es soll so die Kol-lisionsgefahr bei Spurwechseln, ausgelöst durchden toten Winkel, minimieren. Da das System dasObjekt mit mehreren Strahlen erfasst, kann es auchdie Position, Entfernung sowie relative Geschwin-digkeit ermitteln (s. Bild 1.4). [58]

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Bild 1.4: Valeo-Detektionssystem [58]

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Spurwechsel-Warnsystem (Fa. Valeo Raytheon)

Das Spurwechsel-Warnsystem besteht aus einemhinter der Windschutzscheibe montierten Video-sensor und kann wegen seiner Kompaktbauweisehinter dem Innenspiegel montiert werden. Im Falleines unbeabsichtigten oder unaufmerksam durch-geführten Spurwechsels wird der Fahrer seitensdes Systems über mögliche Gefahren informiert.Wird der Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt, soregistriert das System einen unbeabsichtigtenSpurwechsel und informiert den Fahrer. [58]

Blind Spot Information System (Fa. Volvo)

Mit Hilfe von Digitalkameras in den Außenspiegelnstrebt Volvo eine Überwachung des toten Winkelsan. Die Digitalkameras (s. Bild 1.5, Pos. 1) erzeu-gen 25 Bilder pro Sekunde und kontrollieren einendrei Meter breiten und 9,5 Meter langen Seiten-streifen neben dem Fahrzeug.

Das System reagiert bei Dunkelheit und bei Tages-licht auf Fahrzeuge, die sich bis zu 20 km/h langsa-mer und bis zu 70 km/h schneller neben dem ge-fahrenen Wagen bewegen. Ist dieser Fall eingetre-ten, leuchtet eine Warnlampe (s. Bild 1.5, Pos. 2) inder Nähe des Außenspiegels auf. Das System hatden Nachteil, dass es bei schlechter Sicht durchNebel oder Schneefall nicht funktionsfähig ist. Zu-sätzlich reagiert es zwar auf Lastwagen und Mo-torräder, jedoch nicht auf Mopeds und Fahrräder.Um eine Signalflut des Fahrers zu vermeiden, rea-giert das System beispielsweise nicht auf parken-de Fahrzeuge oder Pfosten. Um weitere Sicherheitzu gewährleisten, wurde für die Seitenscheibenund das Spiegelglas das Wasser abweisende GlasWRG (Water Repellent Glass) verwendet, um so dieVerschmutzung in Grenzen zu halten und stets eineklare Sicht zu gewährleisten. Das System ging auseiner Volvo-Konzeptstudie hervor und ist jederzeitausschaltbar. Volvo plant die Vermarktung des

Systems im Jahr 2005 (nach Angaben von VolvoDeutschland) [58].

PanoramicVision (Fa. Magna Donnelly)

Magna Donnelly, weltweit größter Automobilzuliefe-rer von Spiegelsystemen, arbeitet an einem auf 3Kameras basierenden System, das den komplettenrückwärtigen Raum erfasst (180°-Sichtwinkel).Nach eigenen Angaben soll dieses System in Zu-kunft Spiegel überflüssig machen. Bisher kam dasSystem lediglich in einer Studie der Firma GeneralMotors zum Einsatz. Der Vorteil liegt in der vollstän-digen Beseitigung eines toten Winkels sowie derVerringerung des Luftwiderstands durch Wegfallder Außenspiegel. Das Unternehmen unternimmtgroße Anstrengungen in Form von Werbekampag-nen, dieses System zu etablieren (s. Bild 1.6) [60].

LaneChek (Fa. Magna Donnelly)

Dies ist ein weiteres System, dass die Firma Groß-kunden (Fahrzeugherstellern) anbietet. Hierbeibetätigt der Fahrer einen Schalter (z. B. Fahrtrich-tungsanzeiger), worauf sich der Außenspiegel umseine vertikale Achse nach außen dreht, sodass dieSicht in den toten Winkel ermöglicht wird. Wird derSchalter nicht mehr betätigt, so bewegt sich der Spiegel in seine ursprüngliche Position zurück[61].

Nach dem aktuellen Kenntnisstand wird keines dervorgestellten Systeme bisher in Serienfahrzeugenangeboten. Der Großteil sensorbasierter Assis-tenzsysteme bezieht sich derzeit auf abstandsge-regelte Tempomaten (bekannt unter dem Begriff‚Adaptive Cruise Control’, kurz ACC, z. B. angebo-ten in Mercedes-Benz-Oberklasse-Pkw) und Ein-parkhilfen. Ein Fahrerassistenzsystem als vollstän-diger Ersatz für Spiegel erscheint aufgrund der der-zeit noch gering vorhandenen Forschungsbefundefraglich. Für Lkw, Busse oder auch Wohnmobilewerden jedoch Kameras angeboten, die über einen

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Bild 1.5: Spurwechselwarnsystem Volvo [58] Bild 1.6: Instrumententafel mit Bildschirm [60]

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Monitor die Sicht in den hinteren Nahbereich, bei-spielsweise für das Anfahren einer Verladerampe,ermöglichen.

2 Gesetzliche Regelungen

2.1 Umfeld

Damit ein Kraftfahrzeug eine Betriebserlaubnis er-hält, müssen bestimmte gesetzlich geregelte tech-nische Mindestanforderungen erfüllt werden, diedem Schutz des Bürgers und der Umwelt dienen.

Im Zuge der weltweiten Globalisierung, die einenverstärkten Austausch von Ware zwischen denMärkten bedeutet, werden einheitliche Zulas-sungsvorschriften für Fahrzeuge gefordert. Vondiesem Ziel ist man bisher noch entfernt, da immernoch eine Vielzahl von unterschiedlichen Sicher-heitsstandards für die Zulassung von Kraftfahrzeu-gen und deren Teilen existiert. Bereits 1958 wurdemit dem Abkommen der Wirtschaftskommissionder Vereinten Nationen in Europa (UN/ECE), demseither eine Vielzahl von Staaten beigetreten ist, ein erster Schritt in Richtung weltweite Harmonisie-rung für Radfahrzeuge und deren Ausrüstungsge-genstände unternommen, was eine gegenseitigeAnerkennung von gemeinsam entwickelten Vor-schriften bedeutet. Verantwortliches Gremium fürdas Abkommen von 1958 ist das der UN/ECE un-tergeordnete „Weltforum für die Harmonisierungvon Fahrzeugtechnischen Vorschriften“, kurzUN/ECE WP.29. Alle Mitgliedsstaaten der UNhaben die Möglichkeit, vollständig oder als bera-tende Kapazität daran teilzunehmen, zur Unter-zeichnung des Abkommens von 1958 ist keinerverpflichtet. Nicht-Regierungsorganisationen wieDachverbände der Automobil- und Versicherungs-wirtschaft haben die Möglichkeit, in der WP.29 eineberatende Funktion einzunehmen. Von dem Gremi-um wurden bisher 114 einzelne Regelungen erar-beitet, die sich z. B. auf Beleuchtungseinrichtun-gen, Rückspiegel oder Crashsicherheit unter-schiedlicher Fahrzeugkategorien beziehen (Pkw,Bus, Lkw, Anhänger). Zurzeit sind mehr als 40 Län-der dem Abkommen beigetreten und haben auffreiwilliger Basis eine differenzierte Auswahl anECE-Regelungen in die spezifischen nationalen Typzulassungen aufgenommen bzw. erkennendiese an. Ein Vertragspartner, der eine Regelungangenommen hat, kann eine Typ-Zulassung für einFahrzeug oder einen Teil erteilen, die diese Rege-lung abdeckt und muss die Typ-Zulassung von

einem anderen Land anerkennen, das die gleicheRegelung besitzt.

Die ersten Vertragsparteien war beispielsweise einGroßteil der Länder des europäischen Kontinents(u. a. Deutschland, Frankreich, Italien, Schweiz,Norwegen), später kamen die Russische Föde-ration und die Europäische Gemeinschaft hinzusowie Australien und Südafrika. Zuletzt ist 2002Neuseeland Vertragspartner geworden, sodass2003 insgesamt 37 Parteien beigetreten sind. DemAbkommen bisher nicht beigetreten, jedoch Mit-glied der WP.29, sind bspw. die USA, Kanada, VRChina, Brasilien sowie Argentinien.

Die europäische Staatengemeinschaft hat durchihren Beitritt 86 ECE-Regelungen angenommen, d.h., diese ECE-Regelungen gelten alternativ zu ent-sprechenden EG-Einzelrichtlinien.

Japan, Mitglied des Abkommens seit 1998, besitztein den Staaten der EU ähnliches Typgenehmi-gungsverfahren. Mittlerweile werden in Japan rund10 ECE-Regelungen anerkannt.

Australien, das 2000 dem Abkommen von 1958beigetreten ist, besitzt ein eigenes Typzulassungs-verfahren. Im Rahmen des Abkommens sind unge-fähr 60 % der 76 einzuhaltenden Sicherheits-standards für Neufahrzeugen den UN/ECE-Rege-lungen entweder identisch oder zumindest sehrähnlich [1].

Die Basis der Fahrzeugzulassung in der Russi-schen Förderation bilden die UN/ECE-Regelungen,von denen 107 angewandt werden. Neben diesenRegelungen müssen weitere nationale Vorschrif-ten/Normen eingehalten werden, die die spezifi-schen klimatischen Bedingungen und Straßenver-hältnisse berücksichtigen.

Die Zahl der Vertragspartner wird jedoch mit demZiel der vollständigen Harmonisierung der Typzu-lassung bzw. Sicherheitsstandards für Kraftfahr-zeuge nach den UN/ECE-Regelungen stetig stei-gen.

Für Länder, die nicht dazu bereit sind, den Ver-pflichtungen des Abkommen von 1958 nachzu-kommen, aber dennoch wirkungsvoll am Harmoni-sierungsprozess teilnehmen wollen, wurde durchInitiative der USA das Parallelabkommen von 1998geschaffen. Dieses wird wie das Abkommen von1958 ebenfalls von der WP.29 verwaltet. Wichtigs-ter Unterschied zum Abkommen von 1958 ist, dass die Vertragsparteien einheitliche Standards

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bezüglich Crashsicherheit, Umweltbelastung undDiebstahlschutz erarbeiten und nicht zur gegensei-tigen Anerkennung von Regelungen verpflichtetwerden. Beide Abkommen, das Parallelabkommenund das von 1958, sollen autonom funktionierenund sich gegenseitig nicht berühren. Das Parallel-abkommen stellt das Potenzial für eine weltweiteHarmonisierung bereit und schafft eine Brücke zwi-schen den unterschiedlichen Zulassungssystemen.Vertragspartner sind ca. 20 Staaten der WP.29,darunter die europäische Staatengemeinschaft,USA, Kanada, Japan, China und Korea.

Aufgrund des Systems der Selbstzertifizierung, dasmit dem Typzulassungsverfahren nach UN/ECEnicht konform ist, und aufgrund von Einwändengegen organisatorische Regelungen der ECEWP.29 seitens der USA sind die USA und Kanadadem Abkommen von 1958 bisher nicht beigetreten[89]. Beide Staaten sind jedoch Unterzeichner desParallelabkommens.

Ein Beitritt der Volksrepublik China zum Parallelab-kommen erfolgte im Jahr 2000. Obwohl die zu er-füllenden nationalen Regelungen nahezu identischmit den ECE-Regelungen sind, d. h., teilweise so-gar wörtlich übernommen wurden, ist China demAbkommen von 1958 bisher nicht beigetreten undes findet trotz sehr ähnlicher Standards keine Anerkennung von ECE-Regelungen statt. Kon-sequenterweise wird von den Mitgliedsstaaten der WP.29 der noch ausstehende Beitritt gefordert[82].

Südkorea, das in Asien und nunmehr auch weltweiteine immer größere wirtschaftliche Rolle spielt, istVertragspartner trotz des Ende 2002 eingeführtenSystems der Selbstzertifizierung [4].

2.2 Altes EU-Recht

Nach § 30 der StVZ-O [78] (Bau- und Betriebsvor-schriften) kann anstelle der Allgemeinen Be-triebserlaubnis (ABE) die EG-Typzulassung treten,die für Pkw sogar verpflichtend ist.

Bezüglich § 56 [79] (Rückspiegel und andere Spie-gel) wird auf die jeweilige EG-Richtlinie der ent-sprechenden Fahrzeugkategorie verwiesen. Allge-mein für Kraftfahrzeuge ist die noch gültige Richtli-nie 71/127/EWG [22], für land- und forstwirtschaft-liche Zugmaschinen sowie für Bauteile und Merk-male von zwei- oder dreirädrige Kfz gelten die ent-sprechenden EG-Richtlinien 74/346/EWG [24] bzw.97/24/EG [19]. Neben den Verweisen auf die gel-

tenden EG-Richtlinien sind in dem Paragrafen eini-ge Einzelentscheide (bspw. Rückspiegel an Zug-maschinen mit Wetterschutz) und spezielle Vor-schriften (Anzahl der Rückspiegel an Fahrschul-fahrzeugen) aufgeführt.

Seit 1996 ist für alle Mitgliedsstaaten der Europäi-schen Union ein einheitliches Typgenehmigungs-verfahren (EG-TypV) bisher nur für die Fahrzeugka-tegorie M1 obligatorisch, d. h., es ersetzt in denMitgliedsstaaten die jeweilige nationale AllgemeineBetriebserlaubnis (ABE) für diese Fahrzeugkatego-rie (Ausführungen bezüglich der Einteilung derFahrzeuge in Kategorien nach EG bzw. ECE befin-den sich in Kapitel 8.1. Die Zulassung wird erteilt,wenn dokumentiert werden kann, dass bestimmteerarbeitete Einzelrichtlinien eingehalten werden,wie z. B. die Richtlinie bezüglich Rückspiegel. FürFahrzeuge der Kategorie M1 beträgt die Anzahldieser Richtlinien 44, für die es entsprechende undals gleichwertig anerkannte ECE-Regelungen gibt.Das Verfahren der Typzulassung basiert auf derRechtsgrundlage der EG-Richtlinie 70/156/EWG[21] zur Angleichung der Rechtsvorschriften für Kfzund deren Anhänger und beschreibt ein Gemein-schaftsverfahren zur Erlangung einer EG-Typzulas-sung für die Fahrzeugkategorien M, N und O. DasGenehmigungsverfahren ist demnach für andereFahrzeugkategorien außer M1 weitestgehend for-muliert, wird aber aus organisatorischen Gründenbisher nur auf die Kategorie M1 angewendet.

Nach Richtlinie 87/403/EWG [25] können aufWunsch des Antragstellers bzw. des Herstellerseiner nationalen ABE für Fahrzeuge, die nicht derKategorie M1 entsprechen, die harmonisierten Ein-zelrichtlinien der EG als Grundlage für die Be-triebserlaubnis anstelle einzelstaatlicher Vorschrif-ten dienen. Weiterhin bearbeitet nach Verlangendes Antragsstellers die zuständige nationaleBehörde (wie das KBA) den Betriebserlaubnisbo-gen für die jeweilig erfüllte Einzelrichtlinie, der inanderen Mitgliedsstaaten bei der Typzulassung alsNachweis für die jeweilig erfüllte Richtlinie dient,wodurch eine Zulassung somit viel zügiger erfolgenkann.

Für land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinensowie für Bauteile und Merkmale von zwei- oderdreirädrigen Kfz wird in Richtlinie 74/150/EWG [23]bzw. Richtlinie 92/61/EWG [27] ein EG-Typ-genehmigungsverfahren beschrieben, für das je-weils weitere Einzelrichtlinien eingehalten werdenmüssen.

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Die Richtlinien bezüglich der rückwärtigen indirek-ten Sicht für Kraftfahrzeuge 71/127/EWG [22] undfür Zwei- oder Dreiräder 97/24/EG [19] werden imFolgenden näher betrachtet. Land- und forstwirt-schaftliche Zugmaschinen werden hierbei außerAcht gelassen.

2.2.1 Pkw, Busse, Lkw

Bezüglich der Rückspiegel bei Fahrzeugen derGruppen N und M greift die Richtlinie 71/127/EWG(Richtlinie des Rates vom 01.03.1971 zur Anglei-chung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaatenüber Rückspiegel von Kraftfahrzeugen) [22], die aufnationaler Ebene der EG-Staaten bis zum21.01.2004 obligatorisch war. Als gleichwertig wirdhierzu die Regelung ECE-R 46 angesehen. Im Rah-men der einheitlichen EG-Typzulassung nach70/156/EWG [21] ist diese Richtlinie nur auf Fahr-zeuge der Kategorie M1 anwendbar. Die letzte Än-derung der Richtlinie 71/127 EWG [22] fand im Mai 1988 durch die Richtlinie 88/321/EWG [26]statt.

In dieser Regelung werden die Spiegel in fünf Sie-gelgruppen eingeteilt (Gruppe I bis V), wobei dieerste Gruppe die Innenspiegel und Gruppen zweiund drei die Hauptaußenspiegel bezeichnen. Diesebeiden Gruppen unterscheiden sich in der Ermitt-lung der Mindestspiegelfläche. Die übrigen Grup-pen kennzeichnen Weitwinkel und Anfahraußen-spiegel (Bezeichnung ‚Rampenaußenspiegel’ nachneuer EU-Richtlinie, vgl. 2.3.2), die in erster LinieLkw und Bussen vorbehalten sind. Die Sichtfelder,die die Spiegel auf der Fahrbahn beschreiben müs-sen, sind in Kapitel 8.3.1 wiedergegeben.

Allgemeine Anforderungen

• Die Spiegel müssen verstellbar sein und imFalle eines Aufpralls wegklappen können.

• Bestehen einer Schlagprüfung auf die spiegeln-de Fläche und einer Biegeprüfung am Gehäuse,deren Ablauf in der Richtlinie genau festgelegtist.

• Die spiegelnden Flächen dürfen bestimmte Re-flexionsgrade nicht unterschreiten. Das Verfah-ren ist in der Regelung aufgeführt.

• Der Hersteller muss gewährleisten, dass dieSpiegel der Serienproduktion mit den Anga-ben des geprüften Spiegels übereinstimmen.Die zulässige Behörde, die die Typgenehmigung

erteilt hat, darf jederzeit stichprobenartige Kon-trollen durchführen.

Spiegelgeometrie

• Die spiegelnde Fläche muss entweder plan odersphärisch konvex (Spiegelfläche ist nach außengewölbt und stellt in der Regel einen Teil einersphärischen Fläche dar, die bei Betrachtungden Bildausschnitt vergrößert und dadurch Ob-jekte kleiner erscheinen lässt) sein.

• Der Unterschied zwischen 6 definiert gemesse-nen Krümmungsradien und dem mittlerenKrümmungsradius r, der aus diesen bestimmtwird, darf nicht mehr als 15 % betragen. DieMessstellen, an denen der Krümmungsradius inhorizontaler und vertikaler Richtung bestimmtwird, liegen bei 1/3, 1/2 und 2/3 auf einer hori-zontalen Linie, die durch den Mittelpunkt desSpiegels geht.

• Die Spiegelflächenabmessungen der Gruppen Ibis III müssen so beschaffen sein, dass sich einRechteck (Länge a • Länge h) und eine senk-recht stehende Strecke (Länge b) bestimmterGröße darauf beschreiben lassen. Für jedeFahrzeugkategorie lassen sich aus einer Tabelledie geometrischen Abmessungen des Recht-ecks und der Strecke bestimmen. Als Variablegeht in die Bestimmung der mittlere konvexeKrümmungsradius r der Spiegelfläche ein. Fürdie Kategorie M1, N1 sind die Längen exempla-risch dargestellt:

Innenspiegel (Gruppe I), alle Klassen

Länge a = 150 • mm,

wobei r ≥ 1.200 mm, h = 40 mm, b = 0 mm

Rückspiegel (Gruppe II), Klasse M2, M3, N2, N3

Länge a = 170 • mm,

wobei r ≥ 1.800 mm, h = 40 mm, Strecke b = 200mm (parallel zu h)

Rückspiegel (Gruppe III), Klasse M1, N1 (u. a. Pkw)

Länge a = 130 • mm,

wobei r ≥ 1.200 mm, h = 40 mm, Strecke b = 70 mm (parallel zu h)

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Zudem sind bei Pkw (M1, aber auch N1) Spiegelder Gruppe II zulässig, die für die übrigen Fahrzeu-ge der Kategorie M und N vorgeschrieben sind. DieMindestspiegelfläche bei der Gruppe II ist größerund der mittlere Krümmungsradius muss größergleich 1.800 mm sein.

Anbringung

Für Pkw mit bis zu insgesamt 9 Sitzplätzen undKleintransporter mit einem zulässigem Gesamtge-wicht bis zu 3,5 Tonnen (Kategorien M1 und N1) istneben einem Innenspiegel ein Außenspiegel derGruppe III auf der Fahrerseite zwingend erforder-lich. Die Anbringung eines zweiten Außenspiegelsist jedoch zulässig und wird zwingend notwendig,wenn die Anforderungen bezüglich Sicht an den In-nenspiegel nicht genügen. Für alle anderen Kate-gorien (M2, M3, N2...) sind stets zwei Außenspiegelerforderlich.

Anforderungen an Sichtfelder

Für jede Gruppe und Kategorie müssen definierteSichtfelder, beschrieben durch Flächen auf derFahrbahn rechts, links und hinter dem Fahrzeug,vom Fahrer mit ambinokularer Sicht eingesehenwerden. Die hierfür erforderliche Bestimmung derPositionen der Augenpunkte des Fahrers wird inder Richtlinie dargestellt.

Das erforderliche Sichtfeld für den fahrerseitigenund beifahrerseitigen Außenspiegel ist exempla-risch für die Fahrzeugkategorie M1 und N1 biseinschließlich 2 Tonnen Gesamtgewicht in Kapitel8.3.1 dargestellt.

Weiteres

Die Fahrzeugbreite, die in der Richtlinie nach ISO-Norm 612-1978 definiert wird, schließt über denFahrzeugumriss hinausragende Rückspiegel ausund ist für Fahrzeuge der Klasse M1 mit höchstens2.500 mm angegeben. Für andere Klassen darf dienach ISO-Norm definierte Breite 2.550 mm nichtüberschreiten.

Die Spiegel können daher über die zulässigenHöchstbreiten hinausragen, jedoch nicht mehr als0,2 m. Der Vorsprung über den Fahrzeugumrisshinaus darf nicht wesentlich größer sein, als es zurVerwirklichung der Sichtfelder erforderlich ist.

In Bezug auf unterschiedliche spiegelnde Flächeneines Spiegels, die verschieden gekrümmt oderunterschiedlich abgewinkelt sein dürfen, wird in derRichtlinie gefordert, dass mindestens eine dieser

Flächen konvex oder plan ist und das vorgeschrie-bene Sichtfeld vermittelt. Demnach wird an einenasphärischen Anteil eines Spiegels keine Forde-rung gestellt, weder an Krümmung noch an Anord-nung.

Zu den genannten Vorschriften findet sich in § 34ader StVZ-O der ‚Anforderungskatalog für Kraftom-nibusse und Kleinbusse, die zur Beförderung vonSchülern und Kindergartenkindern besonders ein-gesetzt werden’. Neben den gesetzlich vorge-schriebenen Sichtfeldern nach StVZ-O (§ 56 bzw.71/127/EWG) werden hierin – neben einer Vielzahlweiterer Anforderungen – zusätzliche Sichtfeldergefordert, die den vom Fahrer aus betrachtetenrechten und vorausliegenden Nahbereich betref-fen.

2.2.2 Krafträder

Für diese Fahrzeugkategorie ist die Richtlinie97/24/EG [19] (Bauteile und Merkmale vonzweirädrigen oder dreirädrigen Kfz) für die EG-Staaten bindend. Von der EG ist diesbezüglich dieECE-R 81 als gleichwertig angesehen.

Zwei Gruppen von Spiegeln werden unterschieden:Spiegel der Gruppe I sind Innenspiegel, die vor-nehmlich für dreirädrige Kfz bestimmt sind. Spiegelder Gruppe L sind Hauptaußenspiegel für beideKlassen.

Allgemeine Anforderungen

Die genannten Anforderungen in 2.2.1 sind fürdiese Kategorie weitestgehend simultan anwend-bar.

Spiegelgeometrie

• Die verwendeten Spiegel müssen alle konvexsein. Der mittlere Krümmungsradius muss ineinem Bereich von 1.000 mm bis 1.500 mm lie-gen.

• Die Fläche der Außenspiegel darf nicht kleinerals definierte Flächen sein (Kreis und Rechteck)und muss sich in definierten Flächen völlig ein-schreiben lassen. Für Außenspiegel bedeutetdas:

Für die Mindestabmessungen gilt, dass dieFläche nicht kleiner als 6.900 mm2 sein darf.Der Mindestdurchmesser bei kreisrunden Spie-geln muss 94 mm2 betragen, und bei nichtkreisrunden Spiegeln muss ein Kreis von 78 mmDurchmesser darauf beschreibbar sein.

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Die Höchstabmessungen sollen so gewähltsein, dass ein kreisrunder Spiegel einen Durch-messer unter 150 mm besitzt, und bei nichtkreisrunden Flächen muss er in ein Rechteckmit den Abmessungen 120 mm • 200 mm ein-geschrieben werden können.

Anbringung

Zweiräder bis zu einem Hubraum von 50 cm3

benötigen nur einen Hauptaußenspiegel, ansons-ten sind zwei Außenspiegel obligatorisch.

Anforderungen an Sichtfelder

Die Sichtfelder der Außenspiegel sind identisch mitdenen der Richtlinie 71/127/EWG [22], dargestelltin Kapitel 8.3. Gleiches gilt bei der Verwendung vonInnenspiegel bei dreirädrigen Kfz.

Weiteres

Der Flächenschwerpunkt der spiegelnden Flächedarf mindestens 280 mm von der Längsmittelebe-ne bei Geradeausfahrt entfernt sein. Der Spiegeldarf nicht weiter als 0,2 m über die gesamte Fahr-zeugbreite ohne Spiegel hinausragen.

Bezüglich weiterer spiegelnder Flächen eines Spie-gels wird keine Aussage gemacht. Sie sind den-noch in dieser Fahrzeugkategorie möglich, daRückspiegel der Gruppen I und III geprüft nach derder Richtlinie 71/127/EWG [22] (Gruppen M, N) fürdie Kategorie L ebenfalls zulässig sind.

Im Gegensatz zu den Kategorien M und N, beidenen der Augenpunkt des Fahrers zur Sichtfeldü-berprüfung mit dem Sitzbezugspunkt für jedesFahrzeug genau festgelegt und reproduzierbar ist,wird in dieser Kategorie lediglich eine normale Hal-tung des Fahrers zur Überprüfung erfordert. ZurProblematik der undefinierten Sitzposition wurdenbereits Untersuchungen im Auftrag der Bundesan-stalt für Straßenwesen durchgeführt und Vorschlä-ge dargestellt (van de SAND, 2001 [83]).

2.3 Neues EU-Recht

Ausgangspunkt für die neue Richtlinie 2003/97/EG(Richtlinie 2003/97/EG des europäischen Parla-ments und des Rates vom 10. November 2003 zurAngleichung der Rechtsvorschriften der Mitglieds-staaten für die Typgenehmigung von Einrichtungenfür indirekte Sicht und von mit solchen Einrichtun-gen ausgestatteten Fahrzeugen) [20], die die bis-herige Spiegelrichtlinie 71/127/EWG [22] für Fahr-zeuge der Kategorie M und N ersetzen soll, bildete

die Besorgnis über die Zahl von Unfällen (mitschwer oder gar tödlich verletzten Personen), diesich ereignen, weil Fahrer andere Verkehrsteilneh-mer übersehen, da diese sich im sog. toten Winkelbefinden. Ziel ist es also, den nicht einsehbarenBereich durch bessere Spiegelsysteme im Nahbe-reich des Fahrzeugs zu verringern, so die Aussa-gen der EU-Kommission. Die bisherigen Schritteim Gesetzgebungsverfahren sowie ein kurzerÜberblick über den Inhalt werden im Folgendenkurz wiedergegeben.

2.3.1 Gesetzgebungsverfahren

Mit dem Ziel, die Sicherheit von Straßenverkehrs-teilnehmern zu verbessern, übermittelte die Kom-mission am 7. Januar 2002 dem Europäischen Par-lament und dem Rat einen Vorschlag (Dokument2001/0317 COD) für eine Richtlinie zur Angleichungder Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten für dieTypgenehmigung von Rückspiegeln, von zusätzli-chen Systemen für indirekte Sicht und mit solchenEinrichtungen ausgestatteten Fahrzeugen sowiezur Anpassung der Richtlinie 70/156/EWG.

Am 9. April 2002 nahm das Europäische Parlamentden Vorschlag der Kommission im vereinfachtenVerfahren in erster Lesung ohne Änderungen an.

Am 24. April 2002 gab der Europäische Wirtschafts-und Sozialausschuss seine Stellungnahme ab.

Am 7. April 2003 legte der Rat seinen gemeinsa-men Standpunkt fest. Die Kommission gab ge-genüber dem Rat folgende Erklärung ab:

„Die Kommission bedauert, dass die Übergangs-frist von sechsunddreißig Monaten bis zur verbind-lichen Anwendung der Vorschriften für die Typge-nehmigung von Spiegeln und zusätzlichen Syste-men für indirekte Sicht nicht für alle Klassen vonNeufahrzeugen und Bauteile gilt und dass der Ratfür Personenkraftwagen, leichte Nutzfahrzeugeund ihre Bauteile eine Übergangsfrist von zweiund-siebzig Monaten festgelegt hat.“

Am 8. April 2003 verabschiedete die Kommissionnach Artikel 251 Absatz 2 Unterabsatz 2 EG-Ver-trag ihre Mitteilung an das Europäische Parlamentund den Rat zum gemeinsamen Standpunkt desRates.

Am 1. Juli 2003 nahm das Europäische Parlamentin zweiter Lesung eine legislative Entschließung an,mit der der gemeinsame Standpunkt des Rates ineinem Punkt geändert wurde. Die Änderung besteht

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in der Einfügung eines neuen Absatzes 7a in Artikel2, wonach die Kommission der UN-Wirtschafts-kommission für Europa (UN/ECE) einen Vorschlagzur Angleichung der UN/ECE-Regelung Nr. 46 an dieBestimmungen dieser Richtlinie zu unterbreiten hat.

Der Rat billigte die vom Europäischen Parlament imRahmen der zweiten Lesung angenommene Abän-derung an den Vorschlag für eine Richtlinie zur An-gleichung der Rechtsvorschriften der Mitglieds-staaten für die Typgenehmigung von Einrichtungenfür indirekte Sicht und mit solchen Einrichtungenausgestatteten Fahrzeugen (20.10.2003).

Dannach gilt die Richtlinie 2003/97/EG [20] gemäßArtikel 251 Absatz 3 des EG-Vertrags als in der soabgeänderten Fassung des gemeinsamen Stand-punkts als erlassen und ist seit dem Tag ihrer Ver-öffentlichung am 21.01.2004 in Kraft. Die Mit-gliedsstaaten der Europäischen Union müssen dieRichtlinie bis zum 26.01.2005 angenommen bzw. inden entsprechenden nationalen Gesetzestextenverankert haben. Zum 26.01.2010 wird die Richtli-nie 71/127/EWG aufgehoben.

Zusammenfassung des Inhalts

Der Vorschlag beruht auf Forschungsergebnissen,die die Kommission mit den Mitgliedsstaaten, derIndustrie und anderen Interessengruppen (z. B.VDA) erörtert hat, und enthält besondere Anforde-rungen zur Verkleinerung des toten Winkels, die diezuletzt 1988 geänderte bestehende Rückspiegel-richtlinie ergänzen. Folgende wesentliche Neuerun-gen sind vorgesehen:

• Obligatorischer Einbau eines zweiten Außen-spiegels für Personenkraftwagen zur Verbesse-rung der Sicht auf der Beifahrerseite,

• Aufnahme und Definition von Rückspiegeln mitasphärischem Teil zur Erweiterung der Sichtfel-der,

• Ausstattung bestimmter Fahrzeuge mit zusätzli-chen Spiegeln (Lkw mit Frontspiegeln, Pkw mitAußenspiegeln auf der Beifahrerseite, leichteNutzfahrzeuge mit teilasphärischen Spiegeln),

• Ersatz bestimmter Spiegel durch andere Sys-teme für indirekte Sicht wie Kamera-Monitor-Systeme.

Diese neue Richtlinie ersetzt die Richtlinie71/127/EWG [22] und ist für alle Fahrzeuge derKlassen M und N in den Staaten der EG verpflich-tend.

Mit diesem Vorschlag werden erstmalig EU-weitverbindliche harmonisierte Vorschriften für die Typ-genehmigung von Spiegeln und anderen Systemenfür indirekte Sicht für größere Kraftfahrzeuge ein-geführt.

2.3.2 Änderungen

Spiegelgeometrie

Die spiegelnde Fläche eines Rückspiegels mussnach der Richtlinie 2003/97/EG plan odersphärisch konvex sein, kann aber mit einem zu-sätzlichen asphärischen Teil ausgestattet sein, so-fern der plane oder konvexe Hauptspiegel das vor-geschriebene Sichtfeld vermittelt.

Der asphärische Teil muss, falls einer vorhandenist, so bemessen sein, dass er dem Fahrer ver-wertbare Informationen liefert. Die Breite mussdaher an einer Stelle 30 mm betragen und derKrümmungsradius muss mindestens 150 mm großsein. Die Breite darf zudem höchstens 1/3 der Ge-samtbreite der spiegelnden Fläche ausmachen. DieFunktion, mit der der asphärische Teil beschriebenwird, wurde bereits in Kapitel 1.2 aufgeführt (Glei-chung*).

Der mittlere Krümmungsradius r darf den Wert von1.200 mm für Spiegel der Gruppen I bis III nicht un-terschreiten.

Mit Gruppe VI wird eine zusätzliche Spiegelgruppeaufgeführt, die als Frontspiegel bezeichnet wirdund ein vorgeschriebenes Sichtfeld auf der Fahr-bahn vor dem Fahrzeug liefern muss. Für Fahrzeu-ge der Gruppe N2 über 7,5 t und N3 sind dieseSpiegel vorgeschrieben. Für alle anderen Fahrzeu-ge der Klasse N und M aber auch zulässig.

Anbringung

Die Vorschriften zur Anbringung der Rückspiegelsind nahezu identisch mit Richtlinie 71/127/EWG[22]. Bei der Fahrzeugklasse M1 ist der Spiegel aufder Beifahrerseite nun jedoch verpflichtend.

Anforderungen an Sichtfelder

• Innenspiegel

Das erforderliche Sichtfeld auf der Fahrbahn istmit den Bestimmungen der 71/127/EWG [22]identisch.

• Hauptaußenrückspiegel (Gruppe II)

Der Fahrer muss in 30 m Entfernung vom Augenpunkt einen ebenen und horizontalen

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Page 20: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Teil der Fahrbahn von 5 m Breite einsehen kön-nen.

Außerdem muss der Fahrer in dem Bereich, dersich bis zu 4 m hinter dem Augenpunkt befin-det, einen 1 m breiten Streifen der Fahrbahneinsehen können. Im Vergleich zur Richtlinie71/127/EWG ist der einsehbare Bereich auf derFahrbahn breiter geworden und ist näher an denFahrer herangerückt (vgl. Bild 8.1 und Bild 8.5).

• Hauptaußenspiegel der Gruppe III

Das Sichtfeld auf Fahrer- und Beifahrerseitemuss so beschaffen sein, dass der Fahrer in 20m Entfernung vom Augenpunkt ein rückwärti-ges Sichtfeld von 4 m einsehen kann.

Zusätzlich muss der Fahrer auf einer Streckevon 4 m vom Augenpunkt entfernt einen 1 mbreiten Streifen der Fahrbahn einsehen können.Im Vergleich zur Richtlinie 71/127/EWG ist – wieauch bei Spiegeln der Gruppe II – das Sichtfeldbreiter geworden und zudem näher an den Fah-rer herangerückt (vgl. Bild 8.2, Bild 8.6).

• Auch bei Spiegeln der Gruppe IV (vgl. Bild 8.3,Bild 8.7) und Gruppe V (vgl. Bild 8.4, Bild 8.8)hat sich das Sichtfeld vergrößert. Spiegel derGruppe IV sind nun für Fahrzeuge der Klasse N2> 7,5 t und N3 vorgeschrieben.

Kamera-Monitor-Systeme für indirekte Sicht

Die neue EU-Richtlinie nimmt erstmals über Spie-gel hinaus auch Regelungen zu zusätzlichen Syste-men auf, wozu unter anderem das Kamera-Moni-tor-System gehört.

Ein Monitor eines Kamera-Systems muss, falls esauf einer ebenen Fläche angebracht ist, bei jederEinstellung von einer Kugel mit 165 mm Durch-messer berührt werden können und einen Abrun-dungsradius c von mindestens 2,5 mm haben.

Bei tageslichtähnlichen Beleuchtungen und beieinem Lichteinfall, der bei tief stehender Sonneauftritt, muss die Kamera einen bestimmten Kon-trast aufnehmen können.

Die mittlere Leuchtdichte des Monitors muss zu-sätzlich manuell oder automatisch an die Umge-bungsbedingung angepasst werden.

Alternative Systeme für indirekte Sicht

Für alternative Systeme gilt, dass es den vom Auge sichtbaren Spektralbereich erfassen und

ohne vorherige Interpretation wiedergeben muss.

Die Funktion muss uneingeschränkt möglich sein.Bei diesen Systemen gelten wie bei Kamera-Moni-tor-Systemen die funktionalen Anforderungen(Kontrast etc.).

2.4 Stellungnahme des VDA

Auszug aus dem Jahresbericht 2003 des VDA zumThema Auto & Sicherheit [84], Seite 190/191:

„Die ausreichende Sicht aus Kraftfahrzeugen ist einwesentliches Element der aktiven Sicherheit vonFahrzeugen. Entscheidend sind sowohl die direkteSicht des Fahrers nach vorn als auch die indirekteSicht nach hinten sowie die Rundumsicht.

Die deutsche Automobilindustrie hat sich bereitsAnfang der 90er Jahre verstärkt für eine systemati-sche Verbesserung der Sicht aus Fahrzeugen en-gagiert. Besondere Defizite wurden bei der indirek-ten Sicht mit konventionellen Rückspiegelsyste-men ausgemacht. In der Folge wurde deshalb einKonzept zur Verbesserung der europäischen Vor-schriften über die Rückspiegel entwickelt.Zunächst wurden Spiegelsysteme mit asphäri-schem Teil angewandt. Damit konnten die gesetz-lich vorgegebenen Sichtfelder rechts und links vomFahrzeug (sowohl bei Personenkraftwagen alsauch bei Nutzfahrzeugen) erweitert werden. Der sogenannte „tote Winkel“ konnte damit ganz oder zu-mindest teilweise vermieden werden.

Seit kurzem sollen auch Systeme wie Kamera, Ul-traschall und Radar, die zur indirekten Sicht einge-setzt werden, genehmigungsfähig gemacht wer-den. Diese Vorschläge hat die deutsche Regierungan die Kommission herangetragen. Bedauerlicher-weise enthält der von der Kommission vorbereiteteund dem Rat zur Verabschiedung vorliegende Ent-wurf der neuen EG-Richtlinie „IndirekteSicht/Rückspiegel“ nicht mehr die ursprünglichvon der Automobilindustrie entwickelten Verbesse-rungsvorschläge. Im Gegenteil – selbst die Definiti-on des teilasphärischen Spiegels fehlt. Der Entwurfder Richtlinie sieht lediglich die Genehmigungs-fähigkeit von Kamera-/Videosystemen vor, wurdejedoch nicht allgemein für andersartige Systeme,zum Beispiel akustische Systeme, geöffnet. FürPersonenkraftwagen wurden die Sichtfeldanforde-rungen formal erweitert, jedoch ohne sinnvollenNutzen für den Fahrer.

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Page 21: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Falls die neue EG-Richtlinie „Indirekte Sicht/Rück-spiegel“ eingeführt werden sollte, ist zu befürchten,dass damit die indirekte Sicht nicht auf dem Standder Technik verbessert wird und dass die Spiegel-systeme überflüssigerweise an die neuen Sicht-feldanforderungen angepasst werden müssen.Zudem wären andere Systeme als Kamera/Videonicht zulassungsfähig.

Die deutsche Automobilindustrie hat deshalb er-neut die Initiative ergriffen und einen Vorschlag zurÄnderung der ECE-Regelung 46 „Rückspiegel“vorbereitet, der den von der Automobilindustrie ur-sprünglich entwickelten Konzepten zur Verbesse-rung der indirekten Sicht Rechnung trägt. DieserVorschlag wurde sowohl an den Bundesminister fürVerkehr als auch an den Automobil-WeltverbandOICA mit dem Ziel herangetragen, ihn bei der zu-ständigen Arbeitsgruppe ECE-WP.29 einzureichen.Sollte eine Änderung der ECE-Regelung 46 zügigvonstatten gehen, käme die EG-Richtlinie „Indirek-te Sicht/Rückspiegel“ möglicherweise nicht mehrzur Anwendung.

Unabhängig von den Beratungen der Kommissionzur Änderung der EG-Richtlinie „Rückspiegel“haben die Niederlande 2002 und Belgien 2003 ei-gene nationale Vorschriften über Rückspiegel inKraft gesetzt. In den Niederlanden soll die Ausrüs-tung mit gewissen zusätzlichen Spiegeln subven-tioniert werden. Belgien hat im Wesentlichen diebemängelten Elemente des Entwurfs der neuenEG-Richtlinie „Indirekte Sicht/Rückspiegel “ zum 1.Januar 2003 national verbindlich eingeführt. DieAutomobilindustrie hat sich im Rahmen der Notifi-zierung gegen diese nationalen Alleingänge ausge-sprochen. Die Niederlande sehen in der Zwi-schenzeit von der Forderung und Subvention vonZusatzspiegeln ab. Belgien wurde von der Kom-mission aufgefordert, diese nationale Rückspiegel-vorschrift zurückzuziehen und bei Bedarf zu über-arbeiten und gegebenenfalls erneut zu notifizieren.

Nach Auffassung der Automobilindustrie stehendiese nationalen gesetzgeberischen Aktivitäten imWiderspruch zu den Vorgaben für harmonisiertegemeinschaftsrechtliche Vorschriften.“

Zu diesem Auszug sei angemerkt, dass er sich aufden Vorschlag zur späteren engültigen Richtlinie2003/97/EG bezieht, nämlich 2001/0317 (COD),bereits erwähnt in Kapitel 2.3.1.

Dieser Vorschlag ist weitestgehend identisch mit der endgültigen Fassung der Richtlinie

2003/97/EG, jedoch wurden in dem Vorschlag teil-asphärische Außenspiegel an Fahrzeugen derKlasse M1 und N1 als verpflichtend vorgesehen.Des Weiteren wurde für Fahrzeuge der Klasse N2mit einem maximalen zulässigen Gesamtgewichtvon 7,5 t die Anbringung von Spiegeln der GruppeIV, V und VI als obligatorisch angesehen. BeideAspekte wurden in der Richtlinie 2003/97/EG ge-strichen.

2.5 USA

Entgegen der Art von Typzulassungsverfahren inder EU, bei der als Prüfstellen akkreditierte techni-sche Dienste (in der BRD sind dies neben Einrich-tungen des TÜV, der DEKRA auch Unternehmenund hochschulnahe Institute) nach Einreichungeines Antrags des Herstellers die Einhaltung der Si-cherheitsstandards durch Prüfungen bescheinigen,findet in den USA ein System der Selbstzertifizie-rung statt. Der Fahrzeughersteller muss dafürSorge tragen, dass die Fahrzeuge und deren Teiledie von der NHTSA durchgeführten Prüfungennach FMVSS erfüllen. Ist dies nicht gegeben, kön-nen rechtliche Schritte eingeleitet und das Fahr-zeug vom Markt genommen werden. Dieses Sys-tem lässt eine höhere Flexibilität bei der Produkt-gestaltung zu.

In dem FMVSS 111 [30] werden die Anforderungenan die indirekte rückwärtige Sicht aus Kraftfahrzeu-gen aufgeführt. Die Regelung bezieht sich aufInnen- und Außenspiegel von Personenwagen,Mehrzweck-Personenwagen, Lastwagen, Bussen,Schulbussen und Krafträdern. Die Fahrzeugkate-gorien nach diesem Standard werden in Kapitel8.3.3 erläutert.

2.5.1 Personenwagen

Allgemeine Anforderungen

• Befindet sich der Innenspiegel in Kopfhöhe, sosoll er, wenn auf die Spiegelfläche eine Kraft von400 N in Fahrzeuglängsrichtung wirkt oder nichtmehr als 45 ° davon abweicht, zerbrechen odernachgeben, ohne scharfe Kanten zu hinterlassen.

Spiegelgeometrie

• Der Innenspiegel muss plan sein.

• Der fahrerseitige Außenspiegel muss plan, derbeifahrerseitige Außenspiegel, falls vorhanden,muss plan oder konvex sein.

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• Konvexspiegel müssen bestimmte Mindestkri-terien bezüglich Krümmungsradien erfüllen. Dermittlere Krümmungsradius wird durch Mittelungvon zehn Krümmungsradien bestimmt, die anfünf Messstellen (jeweils horizontal und vertikal)mit einem Sphärometer nach vergleichbaremVerfahren wie in der ECE/EG-Regelung aufge-nommen werden (s. Bild 2.1). Ober- und Untergrenze des mittleren Radius liegen bei 1.651 mm bzw. 889 mm. Sie müssen die Auf-schrift: „Objects in Mirror Are Closer Than TheyAppear“ tragen, übersetzt: „Objekte im Spiegelsind näher als sie erscheinen.“

• Die Spiegel müssen so groß sein, dass die er-forderlichen Sichtfelder ermöglicht werden, s.Kapitel 8.3.3.

Anbringung

Auf der Fahrerseite ist ein planer Außenspiegel ob-ligatorisch, auf der Beifahrerseite kann ein planeroder konvexer Außenspiegel befestigt werden. Die-ser ist zwingend notwendig, wenn der Innenspiegeldas erforderliche Sichtfeld nicht ermöglicht.

Anforderungen an Sichtfelder

Der Innen- und der fahrerseitige Außenspiegelmüssen bestimmt Sichtfelder ermöglichen, die deneuropäischen Regelungen gleichen, s. Kapitel8.3.3.

Obwohl die Außenspiegel an der Beifahrerseiteplan oder konvex sein sollen, bietet Saab als einzi-ger Hersteller bei Modellen für den US-amerikani-schen Markt auf der Beifahrerseite serienmäßigeinen teilasphärischen Spiegel an. Die Autoren die-ser Studie konnten bis zum Druck dieses Doku-ments nicht ermitteln, aufgrund welcher Regelungdies zulässig ist.

2.5.2 Krafträder

Für Krafträder sind die Anforderungen so, dass einSpiegel gefordert wird, der entweder plan oder kon-vex ist und bei dem die horizontale Mittelinie nichtweiter als 279 mm von der Fahrzeugmitte entferntsein darf. Die Fläche planer Spiegel soll nicht klei-ner als 8.065 mm2 sein und die von konvexen sindkleiner als 6.450 mm2. Die Krümmungsradien sollenzwischen 508 mm und 1.524 mm liegen.

2.5.3 Andere Fahrzeuge

Für andere Fahrzeuge wie Lastwagen und Busse werden plane Spiegel gefordert, die je-weils eine Fläche von 323 cm2 aufweisen und eineausreichende Sicht in den rückwärtigen Raum lie-fern.

Für Schulbusse werden Spiegelsysteme gefordert,die strenge Anforderungen an die rückwärtige Sichterfüllen müssen. Im Näheren soll hierauf nicht ein-gegangen werden.

2.6 Weitere Staaten

2.6.1 Kanada

Kanadas Sicherheitsstandards stimmen zu großenTeilen mit denen der USA überein. Eine Abwei-chung ist beispielsweise die, dass in Kanada keineAirbags für die Pkw-Sicherheit vorgeschriebensind. Auch hier greift das System der Selbstzertifi-zierung.

Der CMVSS 111 [17] (Rückspiegel) zeigt nur gerin-ge Abweichungen zum FMVSS 111 [30] auf. Spezi-ell für Pkw sind die Anforderungen an Innen- undAußenspiegel sowie deren Anbringung und an er-forderliche Sichtfelder sehr ähnlich. Dies bedeutet,dass ein planer Innenspiegel und ein planer Außen-spiegel obligatorisch sind. Ein planer oder konve-xer beifahrerseitiger Außenspiegel ist vorgeschrie-ben, wenn der Innenspiegel das erforderlicheSichtfeld nicht ermöglicht. Der mittlere konvexeKrümmungsradius soll zwischen 890 mm und 1800mm liegen. Bei Krafträdern werden anders als inder FMVSS 111 [30] zwei Außenspiegel vorge-schrieben, die symmetrisch zur Mittellinie desFahrzeugs angebracht werden. Zudem unterschei-den sich die mittleren Krümmungsradien bei kon-vexen Spiegeln sowie die Mindestspiegelflächen ingeringem Maße. Spiegel mit zusätzlichem asphäri-schem Teil sind in dieser Regelung nicht vorge-sehen.

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Bild 2.1: Messstellen zur Bestimmung des mittleren Krüm-mungsradius von Konvexspiegeln [30].

Page 23: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

2.6.2 Australien

ADR 14 [1], Teil der Motor Vehicle Standards Act,ist seit 1988 auf Neufahrzeuge anzuwenden. Ähn-lich der ECE-Regelungen werden Fahrzeuge hier indie Kategorien L (Zwei- und Dreiräder), M (Fahr-zeuge zur Personenbeförderung) und N (Nutzfahr-zeuge) unterteilt. Ein weiterer ergänzter Buchstabespezifiziert die Fahrzeuge näher, wie z. B. MA (Per-sonenwagen), MD (kleiner Omnibus) oder LA(Moped), LC (Motorrad). Abgesehen von der Defini-tion der Fahrzugkategorien lehnt sich dieser Stan-dard dennoch sehr stark an den amerikanischenStandard (FMVSS 111 [30]) an. Für alle Fahrzeugezur Personenbeförderung unter 3,5 t Gesamtge-wicht mit weniger als 12 Sitzplätzen, worunter auchPkw und Dreiräder fallen, werden die gleichen all-gemeinen Anforderungen, Anbringung und Sicht-felder gefordert. Es wird lediglich der Mindest-krümmungsradius bei konvexen Spiegeln mit 1.200mm angegeben. Bei Bussen und Lkw muss aufjeder Seite mindestens ein Spiegel angebrachtwerden, der 150 mm bis 230 mm über die Ge-samtbreite des Fahrzeugs hinausragt. Die Mindest-spiegelfläche wird mit 150 cm2 angegeben. Es gel-ten auch bei diesen Fahrzeugen die Bedingungen,dass der fahrerseitige Spiegel plan und der Beifah-rerseitige Spiegel plan oder konvex sein muss. Füralle zweirädrigen Krafträder werden zwei symme-trisch angeordnete identische Spiegel gefordert,die Mindestspiegelflächen von 80 cm2 (Planspie-gel) oder 64,5 cm2 (Konvexspiegel) haben. Bezüg-lich konvexer Spiegelgeometrie dürfen bei allenFahrzeugen die mittleren Mindestkrümmungsradi-en nicht unter 1.200 mm liegen. Die Bestimmungdes Letzteren ist identisch mit der in der amerika-nischen Regelung.

Als Alternative werden in der australischen Rege-lung die ECE 46 und ECE 81 angegeben mit derEinschränkung, dass Innenspiegel und fahrerseiti-ge Außenspiegel plan sein müssen. Bei Zweirädernmüssen die Mindestspiegelflächen nach ADR 14[1] beachtet werden.

2.7 Übersicht

In der Übersicht in Tabelle 2.1 werden die Regelun-gen der EG/ECE, der FMVSS und der ADR bezogenauf Pkw in Hinblick auf Spiegeltyp und Anbringunggegenübergestellt. Es ist darauf zu achten, dass derBegriff „Pkw“ in den unterschiedlichen Rechtssys-temen verschieden definiert wird. Die Schnittmenge

bilden Fahrzeuge, die einschließlich dem Fahrer biszu neun Personen befördern können.

Im Vergleich zu den Regelungen der ECE/EG istder Umfang an Anforderungen an Rückspiegel fürNeufahrzeuge in den USA sehr gering. In demFMVSS 111 [30] fehlen im Vergleich zur UN/ECE 46für Fahrzeugkategorien nach FMVSS folgendePunkte:

Allgemein

• Schlagprüfung der Spiegelfläche und Biege-prüfung des Gehäuses von Innen-/Außenspie-gel

• Übereinstimmung mit der Produktion, Gewähr-leistung einheitlicher Qualität

Pkw

• Sichtfelddefinition Außenspiegel Beifahrerseite

Lkw/Busse

• Nahbereichs-/Großwinkelaußenspiegel für Sicht-felder nach EG/ECE

• Sichtfelddefinition für Hauptaußenspiegel

Krafträder, Dreiräder

• Sichtfelder

• Innenspiegel (Dreiräder) mit Größe der Spiegel-fläche

2.8 Pflichten des Fahrers

Paragraf 1 der StVO fordert, dass jeder Verkehrs-teilnehmer sich so zu verhalten hat, dass kein An-derer geschädigt, gefährdet und nach den Um-ständen behindert oder belästigt wird. Eine Gefähr-dung anderer muss somit beim Überholen, Vorbei-fahren und Abbiegen ausgeschlossen werden. Wiedieser Zustand erreicht wird, wird hierin nicht ge-nauer erläutert. Die Fahrschulen, die an dieser Stel-le großen Einfluss auf die Umsetzung des § 1 derStVO haben, lehren nach der Fahrschülerausbil-dungsverordnung, die in den entsprechenden Ge-setzestexten verankert ist.

Bezüglich Abbiege- und Überholvorgängen wirdgefordert, dass zunächst ein Blick in den Innen-spiegel, danach ein Blick in den gegebenen Außen-spiegel und abschließend ein Schulterblick nötigsind, um die Lage richtig einschätzen zu könnenund dann zu handeln.

22

Page 24: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Auf die Bitte, eine Stellungnahme bezüglich Be-deutung und Erfahrungen mit teilasphärischenAußenspiegeln sowie Alternativsystemen (Video-systeme) abzugeben, antwortete der Bundesvor-sitzende des Fahrlehrerverbands in einem Schrei-ben vom 04.02.2004 wie folgt:

„Der Vorteil teilasphärischer Spiegel ist für dieFahrlehrer unbestritten. Die Risiken durch Fahr-zeuge, die sich im sog. toten Winkel aufhalten,können dadurch erheblich ausgeglichen werden. Allerdings ist eine gewisse Gewöhnung an dieetwas verzerrte Darstellung erforderlich. Dies fälltumso mehr auf, wenn mit mehreren unterschied-lichen Fahrzeugen mit unterschiedlicher Darstel-lung gefahren wird. Größe des Spiegels und Dar-stellung werden dann nicht sofort gleich gut wahr-genommen. Es bedarf einer gewissen Anpas-sungszeit an die jeweiligen Darstellungsformen.Teilweise stören Spiegelgehäuse den äußerstenBereich, weil die Spiegel zu tief im Gehäuse einge-baut sind.

Moderne Videosysteme, in denen der rückwärtigeVerkehrsraum elektronisch abgetastet wird unddem Fahrer auf Display zur Verfügung gestellt wird,

werden grundsätzlich positiv gesehen. Insbeson-dere im Fahrschulbereich eröffnen sich ungeahnteMöglichkeiten, die Doppelspiegeleinrichtungen zuvermeiden.

Gerade die Doppelspiegelanlagen an Lkw undBussen haben viele Nachteile, die wir kurz anspre-chen wollen: Sie verwirren teilweise den Fahrer,weil er nicht immer sofort in den auf ihn eingerich-teten Spiegel schaut. Die Spiegelflächen bieteneine so große Windangriffsfläche, dass die Spie-gelarme teilweise nicht mehr in der Lage sind, demWinddruck bei höheren Geschwindigkeiten undentsprechenden Windverhältnissen standzuhalten.Sie klappen unbeabsichtigt ein. Die Spiegel klap-pen nicht mehr ein, weil die Arretierung so festge-zogen worden ist, dass auch bei stärkeren Streif-berührungen, die Spiegel nicht mehr wegklappenund brechen.

Insofern wird den elektronischen Beobachtungs-systemen eine besondere Bedeutung zukommen.Sicher muss dabei gewährleistet werden, dass so-wohl in der Höhe als auch bezüglich der Ver-schmutzung der Objektive ausreichend Aufmerk-samkeit gewidmet wird.“

23

Tab. 2.1: Übersicht der wichtigsten Vorschriften bezüglich Rückspiegel an Pkw

Deutschland/EG71/127/EWG [22]

Neue EG-Spiegelrichtli-nie 2003/97/EG [20]

USAFMVSS 111 [30]

AustralienADR 14 [1]

Innenspiegel

Typplan oder konvex mit r ≥ 1.200 mm

plan oder konvex mit r ≥ 1.200 mm

nur plan nur plan

Anbringungvorgeschrieben, außerwenn keine Sicht nachhinten möglich

vorgeschrieben, außerwenn keine Sicht nachhinten möglich

vorgeschriebenvorgeschrieben, außerwenn keine Sicht nachhinten möglich

Sichtfelddefinition ja, s. Kapitel 8 ja, s. Kapitel 8 ja, s. Kapitel 8 ja, identisch USA

Mindestmaße ja, s. 2.2.1 ja, s. 2.2.1 keine keine

Außenspiegel Fahrerseite

Typplan oder konvex mit r ≥ 1.200 mm

plan oder konvex mit r ≥ 1.200 mm

nur plan nur plan

Anbringung vorgeschrieben vorgeschrieben vorgeschrieben vorgeschrieben

Mindestmaße ja, s. 2.2.1 ja, s. 71/127/EWG keine keine

zusätzlicher asphärischer Teil

zulässig zulässig nicht zulässig nicht zulässig

Außenspiegel Beifahrerseite

Typ plan oder konvex plan oder konvexplan oder konvex mit889 ≤ r ≤ 1.651 mm

plan oder konvex

Anbringungerforderlich, wenn Innenspiegel Sichtfeldnicht ermöglicht

vorgeschriebenerforderlich, wenn Innenspiegel Sichtfeldnicht ermöglicht

erforderlich, wenn Innenspiegel Sichtfeldnicht ermöglicht

Mindestabmaße ja, wie Fahrerseite ja, s. 71/127/EWG keine keine

zusätzlicher asphärischer Teil

zulässig zulässignicht zulässig (vgl. jedoch 2.5.1)

nicht zulässig

Page 25: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

3 Ausrüstungsstand

3.1 Im Verkehr

Um den derzeitigen Ausrüstungsstand an Außen-spiegeln an Pkw in Deutschland zu ermitteln, wur-den auf öffentlichen Parkplätzen in der Region Trierstichprobenartig Fahrzeuge auf ihre Außenspiegelhin untersucht. In Betracht kamen nur Fahrzeuge,die der EG/ECE-Kategorie M1 entsprachen und eindeutsches Kennzeichen besaßen. Eine gewisseUnsicherheit in der Bestimmung besteht darin,dass der Pkw-Bestand regional verschieden ist.Neben der Stichprobenuntersuchung bestand dieMöglichkeit, anhand der Zulassungszahlen derPkw und deren Ausstattung den Ausrüstungsstandzu bestimmen. Da Hersteller teilasphärische Spie-geltypen oftmals als Sonderausstattung angebotenhaben und noch anbieten und diese Tatsache einesehr große Unsicherheit in die Untersuchung ein-bringt, wurde die Stichprobenuntersuchung vorge-zogen.

3.1.1 Spiegeltypen

Pkw

Wie aus Tabelle 3.1 ersichtlich besitzt ungefähr dieHälfte aller Fahrzeuge einen teilasphärischen Spie-gel auf der Fahrerseite (49,5 %). Liegt hier dieserSpiegeltyp vor, so ist auf der Beifahrerseite entwe-der ein konvexer oder ebenfalls ein teilasphärischerSpiegel angebracht. Diese Werte decken sich sehrgut mit Annahmen der Spiegelhersteller [81].

Bereits de VOS [85] (2000) hat eine solche Unter-suchung mit den in den Niederlanden in Verkehrbefindlichen Fahrzeugen angestellt. Durch die EG-Typgenehmigung genügen seit einigen Jahren aufdem niederländischen Markt neu zugelassene Pkwden gleichen Anforderungen wie Pkw in der BRD.Da anzunehmen ist, dass der Fahrzeugbestand anModellen im Vergleich zum deutschen Markt ver-schieden ist, lässt sich daraus nur unter Vorbehalteine tendenzielle Entwicklung ableiten (s. Tab. 3.1).Bis auf die Tatsache, dass bei de VOS Fahrzeugeauffielen, die keinen beifahrerseitigen Außenspiegelbesitzen, sind keine weiteren Kombinationen (z. B.planer Spiegel Fahrerseite, teilasphärischer SpiegelBeifahrerseite) entdeckt worden. Bezüglich derEntwicklung treten teilasphärische Spiegel auf Fah-rer- und Beifahrerseite immer häufiger auf, planesowie konvexe Spiegelgläser werden immer selte-ner. Speziell die Kombination teilasphärischer

Spiegel auf der Fahrerseite und konvexer Spiegelauf der Beifahrerseite verdrängt die Kombinationenplan/konvex und konvex/konvex. Da aus der Ver-gangenheit keine vergleichbaren Untersuchungenaus Deutschland bekannt sind, ist die Entwicklungnicht quantitativ darstellbar.

Lkw, Busse

Betrachtet man Lkw (Klasse N2 über 7,5 t, N3) imStraßenverkehr so fällt auf, dass diese zwangsläu-fig mit zwei Hauptaußenspiegeln (Gruppe II) aus-gerüstet sind. Die auf der rechten Seite vorge-schriebenen Weitwinkelaußenspiegel (Gruppe IV)finden sich bei den meisten Fahrzeugen wieder.Eine Ausnahme bilden ältere Fahrzeuge, da inderen Baujahr ein solcher Spiegel noch nicht vor-geschrieben wurde. Ungefähr die Hälfte der Fahr-zeuge besitzt auf der Fahrerseite einen Spiegel derGruppe IV. All diese Spiegel sind sphärisch konvex.Es ist nicht bekannt, dass an einem Fahrzeug derKlasse N2 über 7,5 t oder N3 ein teilasphärischerSpiegel verbaut wird. An Bussen (Klasse M3) fin-det man teilasphärische Spiegel häufig beiHauptaußenspiegeln (Gruppe II). Der asphärischeAnteil befindet sich jedoch nicht wie beim Pkw ander Außenseite, sondern an der Unterseite. EinenSchnitt durch einen solchen Spiegel gibt Bild 1.3wieder (x-y-Ebene verläuft senkrecht durch dieMitte des Spiegels).

3.1.2 Geometrie

Bei der Ermittlung des Ausrüstungsstandes derPkw wurden gleichzeitig die projizierten Hauptab-messungen der Spiegel ermittelt, d. h. die Breite B,die Höhe H sowie – falls vorhanden – die Breite Basdes asphärischen Teils. Zudem wurde der Krüm-mungsradius R des sphärischen Teils mit einemSphärometer erfasst (s. Bild 3.1).

24

Tab. 3.1: Ausrüstungsstand der Fahrzeug-Klasse M1, Stichpro-be mit n = 400 Fahrzeugen, Region Trier 2004 (DeVOS, 2000 [85], n = 96), in %

Beifahrerseite

Fahr

erse

ite

plan konvexteil-

asphärischkein gesamt

plan0,5(3,1)

27,9(39,6)

0 (0) 0 (0)28,4(42,7)

konvex 0 (0)22,1(31,3)

0 (0) 0 (0)22,1(34,4)

teil-asphärisch

0 (0)45,2(20,8)

4,3 (2,1) 0 (0)49,5(22,9)

gesamt0,5(3,1)

95,2(91,7)

4,3 (2,1) 0 (3,1)100(100)

Page 26: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Da die Spiegelgläser von der Form häufig von den– zumindest in der Vergangenheit gängigeren –Rechteckformen abweichen, sind die Größen wiefolgt definiert:

An der mit ‚+’ gekennzeichneten Stelle (ungefährder Schwerpunkt des sphärischen Teils) wurde ho-rizontal und vertikal der Krümmungsradius miteinem Sphärometer bestimmt, woraus sich ein Mit-telwert berechnen lässt. Bei der Herstellung konve-xer Spiegel werden Basiskrümmungsradien ange-strebt, die z. B. 1.400 oder 2.000 mm betragen.Fertigungsbedingt weichen die gemessenen Wertejedoch um bis zu +/- 10 % davon ab, was die Mes-sung an typgleichen Spiegeln zeigt (z. B. Golf IV:1.920 mm und 2.050 mm). Um eine Verteilung derKrümmungsradien zu erstellen, wurden die be-stimmten Mittelwerte der einzelnen Spiegel aufvolle Hunderter-Beträge gerundet (x – 50 und x +49 entspricht x, wobei x = 1.200, 1.300,...).

Mittelwerte (B, H, Bas) und Standardabweichungm. F. für folgende Spiegelkombinationen:

• Fahrzeuge mit planem Fahrerspiegel, konvexemBeifahrerspiegel P/K (n = 112)

Fahrerseite

B: 161,3 mm m. F. 14,3 mm

H: 98,6 mm m. F. 8,6 mm

Beifahrerseite

B: 160,2 mm m. F. 15,7 mm

H: 100,0 mm m. F. 9,1 mm

• Fahrzeuge mit konvexem Spiegel Fahrerseite,konvexem Spiegel Beifahrerseite K/K (n = 88)

Fahrerseite

B: 162,3 mm m. F. 15,2 mm

H: 104,2 mm m. F. 20,8 mm

Beifahrerseite

B: 162,1 mm m. F. 15,3 mm

H: 104,2 mm m. F. 20,8 mm

• Fahrzeuge mit teilasphärischem Fahrerspiegel,konvexem Beifahrerspiegel AS/K (n = 181)

Fahrerseite

B: 164,9 mm m. F. 10,3 mm

H: 100,5 mm m. F. 10,3 mm

Bas: 44,0 mm m. F. 6,2 mm

Beifahrerseite

B: 159,9 mm m. F. 16,1 mm

H: 100,7 mm m. F. 10,4 mm

• Fahrzeuge mit beidseitig teilasphärischemSpiegel AS/AS (n = 17)

Fahrerseite

B: 160,3 mm m. F. 15,6 mm

H: 100, 3 mm m. F. 10,2 mm

Bas: 44,2 mm m. F. 8,2 mm

Beifahrerseite

B: 159,9 mm m. F. 16,1 mm

H: 100,7 mm m. F. 10,4 mm

Bas: 44,2 mm m. F. 8,2 mm

Exemplarisch für einen Transporter wird der Grup-pe-II-Spiegel eines Mercedes-Benz-Sprin-ters (Klassen N1 oder N2 aufgrund unterschied-licher Größen) näher betrachtet. Dieser ist auf derFahrerseite teilasphärisch und seine Höhe beträgt245 mm und die Breite B ist 150 mm. Die Breitedes asphärischen Teils Bas beläuft sich auf 41 mm.Der Radius des konvexen Teils beträgt 2000 mm.Der Beifahrerspiegel ist symmetrisch zum Fahrer-spiegel ausgeführt. Andere vergleichbare Fahr-zeuge (Ford Transit, Volkswagen Transporter)haben zur Lösung der Toten-Winkel-Problematikunterhalb des konvexen Hauptspiegels einen

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Bild 3.1: Ansicht auf ein fahrerseitiges Spiegelglas (Rechtsver-kehr)

Page 27: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

konvexen Zusatzspiegel (Krümmungsradien ca.500 mm, Höhe ca. 30 mm -40 mm), der die Sicht in den toten Winkel erlaubt. Die Breiten sind mit ca. 150 mm bis 160 mm ähnlich den Fahr-zeugen der Klasse M1, die als Pkw angeboten wer-den.

Bezüglich der Fahrzeugklasse N3 wurden stichpro-benartig an drei Fahrzeugen die Spiegel der Grup-pe II und IV vermessen. Für einen untersuchtenMAN, Modell TGA XXL, der auf Fahrer- und Beifah-rerseite mit je einem solchen Spiegel ausgestattetwar, ergeben sich folgende Größen:

• Gruppe II, Krümmungsradius r = 2.000 mm

B: 170 mmH: 370 mm

• Gruppe IV, Krümmungsradius r = 450 mm

B: 170 mmH: 160 mm

Man kann erwarten, dass die Streuungen der Spie-gel dieser Gruppen nicht sehr groß sind, was sichnicht zuletzt auf die Angaben von Spiegelherstel-lern [81] stützt. Diese produzieren für diese Klassefast ausschließlich Spiegel, deren Breiten zwischen150 mm und 180 mm und deren Höhen zwischen350 mm und 400 mm liegen (Gruppe II). Breiterdürfen die Spiegel nicht sein, da Fahrzeuge der

Klasse M3 und N3 die maximal zulässige Breite von2.550 mm nahezu ausnutzen und Außenspiegelnicht mehr als 200 mm über den Fahrzeugumrisshinaus ragen dürfen (vgl. 2.2.1).

Generell ist festzustellen, dass die linken (Fahrer-seite) und rechten (Beifahrerseite) Spiegelgehäuse

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Bild 3.4: Sphärisch konvexe linke Pkw-Außenspiegel

Bild 3.5: Sphärisch konvexe rechte Pkw-Außenspiegel, linkerSpiegel plan

Bild 3.6: Sphärisch konvexe rechte Pkw-Außenspiegel, linkerSpiegel sphärisch konvex

Bild 3.7: Sphärisch konvexe rechte Pkw-Spiegel, linker Spiegelteilasphärisch

Bild 3.2: Sphärisch konvexer Teil teilasphärischer linker Pkw-Außenspiegel

Bild 3.3: Spärisch konvexer Teil teilasphärischer rechter Pkw-Außenspiegel

Page 28: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

meist symmetrisch gestaltet (siehe hierzu die je-weiligen Mittelwerte von B) sind. Bei genauerer Un-tersuchung stellt man fest, dass die zwischen ca.1994 und 1998 auf dem Markt erschienenen Mo-delle von Audi (A3, A4, A6, A8) und Volkswagen(Lupo, Golf IV, Passat B5) und einigen weiterenFahrzeugen des Volkswagenkonzerns (Seat Arosa,Seat Ibiza und Leon) hier eine Besonderheit darstellen. Die beifahrerseitigen Spiegel (stets kon-vex) dieser Fahrzeuge sind in der Breite um ca. 30 % kleiner als die der Fahrerseite (stets teil-asphärisch).

Werden die Fahrzeuge nach den auftretendenSpiegelkombinationen (s. Tabelle 3.1) sortiert undeine Mittelwertbildung der gemessenen Werte(Breite B, Höhe H, Breite asphärischer Teil Bas)durchgeführt, so zeigt sich, dass sich die Spiegelbei dieser Betrachtung nur geringfügig unterschei-den. Fahrzeuge mit planem oder konvexem Spiegelglas haben in etwa gleiche Abmessungenwie teilasphärische Spiegel, wobei die Standard-abweichungen zwischen 10 mm und 20 mm lie-gen, was auf unterschiedliche Fahrzeugklassenzurückzuführen ist. Bei der Kombination teil-asphärisch/konvex weichen die Breiten stärkervoneinander ab, was aus der mitberücksichtigtenAnzahl an Volkswagen-Fahrzeugen resultiert.

Betrachtet man innerhalb einer Spiegelkombinati-on (z. B. konvex/konvex) unterschiedliche Größen-klassen von Fahrzeugen, so zeigt sich, dass größe-re Fahrzeuge tendenziell eher größere Spiegel be-sitzen (Ford Galaxy: 185 mm, Mazda 626: 170mm), während Kleinwagenspiegel mit der Breitetendenziell unter 160 mm liegen (Ford Ka: 140 mm,Mazda 121: 140 mm). Gegenbeispiele wären MCCSmart: 170 mm oder Mini Cooper: 170 mm. DieHöhe liegt gemittelt bei allen Kombinationen um100 mm.

Fahrzeuge mit erhöhter Sitzposition oder erhöhtemAufbau, wie Geländewagen oder unter der KlasseM1 geführte Fahrzeuge, die als Kleintransporter(Klasse N1) angeboten werden, haben breitere undauch überdurchschnittlich hohe konvexe Spiegel(Landrover Freelander: Breite 190 mm, Höhe 135mm, Mercedes-Benz Vito: Breite 150 mm, Höhe195 mm), die jedoch nicht so groß sind, dass sieder Gruppe II entsprechen (vgl. Kapitel 2.2.1), obwohl diese auch angebracht werden dürften.Durch diese Ansammlung größerer Spiegel ist diebei der Kombination konvex/konvex höhere Streu-ung zu begründen. Lässt man die auffallend größe-ren Spiegel außen vor, so gleichen der Mittelwert

und die Standardabweichung in etwa denen deranderen Kombinationen.

Bezüglich der Krümmungsradien ist festzustellen,dass diese für sphärisch konvexe Spiegel auf Fah-rer- und Beifahrerseite zwischen 1.300 mm und1.400 mm liegen. Bei teilasphärischen Spiegeln aufder Fahrerseite liegen die Krümmungsradien deskonvexen Teils verstärkt bei 2.000 mm, wofür es historisch bedingte Gründe gibt [81]: Bei Ein-führung der ersten asphärischen Anteile am Fahr-zeugaußenspiegel wollte man nicht auf eine demplanen nähere Hauptspiegelfläche verzichten. DieFertigungsverfahren haben nicht zugelassen, einenplanen Spiegel mit einem aspärischen Anteil herzu-stellen. Eine gewisse Konvexität musste vorhandensein, sodass viele Hersteller einen Basisradius von2.000 mm wählten. Obwohl später durch bessereFertigungsverfahren kleinere Krümmungsradienmöglich waren, kam man in der Regel nicht davonab, was auch die Untersuchung von de VOS (2000)[85] zeigt.

Die konvexen Radien teilasphärischer Beifahrer-spiegel, die nur bei Fahrzeugen neueren Typs auftreten, bündeln sich stark um 1.400 mm. Allediese Fahrzeuge haben auch gleichzeitig teil-asphärische Spiegel mit gleichen Radien auf der Fahrerseite. Hieraus lässt sich die These auf-stellen, dass Hersteller immer stärker Radien um1.400 mm verwenden werden. Dies wird durch einGespräch mit einem Spiegelglashersteller gestützt[81].

Alle untersuchten Fahrzeuge bis auf eins erfülltendie gesetzlichen europäischen Bestimmungen be-züglich Krümmungsradien. Ein Ford Probe hatteauf Fahrer- und Beifahrerseite konvexe Spiegel miteinem Krümmungsradius von 800 mm.

3.1.3 Sichtfelder

Der Sichtwinkel, der sich einem Beobachter beiBlick in einen Spiegel offenbart, ist in erster Linieabhängig von der Spiegelgeometrie und der Auge-Spiegel-Distanz. Ein größerer Spiegel sowie einkleinerer Radius (bei sphärisch konvexen Spiegeln)führen zwangsläufig zu einem vergrößerten Sicht-feld/Sichtwinkel. Bei der ambinokularen Sicht desFahrzeugführers in den/die Außenspiegel wird einSichtkegel erzeugt, der in den rückwärtigen Be-reich verläuft.

In der Draufsicht (Sicht senkrecht auf die Fahrbahn)sind die Konturen des Kegels erkennbar, die sich in

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Page 29: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

einer Skizze darstellen lassen. Der durch die Kon-turen eingeschlossene Winkel wird hier als Sicht-winkel definiert, der Bereich wird als Sichtfeld be-zeichnet (s. Bild 3.8).

In Tabelle 3.2 sind für eine realistische räumlicheAnordnung von Fahrerspiegeln und Augenpunktendes Fahrers exemplarisch Sichtwinkel (ambinoku-lare Sicht) dargestellt, die für eine durchschnittliche räumliche Anordnung von Augenpunkten undSpiegeln gelten. Bei teilasphärischen Spiegeln er-strecken sich die Sichtwinkel von 26,3° (für eineGesamtspiegelbreite von 120 mm und eine Breitedes asphärischen Teils von 30 mm) bis 46,8° (füreine Gesamtspiegelbreite von 200 mm und eineBreite des asphärischen Teils von 50 mm). DerSichtwinkel für plane Spiegel liegt noch weiterunter denen der sphärischen Spiegel, in der Litera-tur findet man Werte zwischen 13° und 15°. UnterBerücksichtigung der Untersuchungen, die in Kapi-tel 3.1.2 dargestellt wurden, lässt sich in dieser Ta-belle ein Bereich markieren, der theoretisch dieSichtfelder für eine Vielzahl von Fahrzeugen wie-dergibt (schätzungsweise 2/3 der Fahrzeugpopula-tion). Realistische Sichtwinkel für teilasphärischeSpiegel liegen demnach zwischen 30° und 37° undfür sphärische Spiegel zwischen 21,2° und 22,3°.

Um den Einfluss der Auge-Spiegel-Distanz zuquantifizieren, d. h., welchen Sichtwinkelverlusteine große Person hat, deren Augenpunkte weitervom Spiegel entfernt sind, wurde ein Modell er-stellt. In dem rechnergestützten Konstruktionspro-gramm CATIA V4 steht das Modul ‚RAMSIS’ zurVerfügung, mit dem in einem virtuellen, dreidimen-sionalen Raum ein Menschmodell generiert wird.Konstruiert man zudem eine Spiegelfläche in die-sen Raum, lässt sich der Sichtkegel, der bei einemambinokularen Blick des Modells in den Spiegelentsteht, grafisch darstellen und daraus ein Sicht-winkel ableiten.

An einem Realfahrzeug wurden an unterschiedli-chen Personen Auge-Spiegel-Distanzen ausge-messen, die in das Programm übertragen wurden.Die Personen wurden so gewählt, dass ihre Größenin etwa denen einer 5-%-Frau, einem 50-%-Mannund einem 95-%-Mann entsprachen. Es zeigt sich,dass der Einfluss der Größe der Person einen geringen Einfluss auf den Sichtwinkel hat (vgl. Tabelle 3.3).

Durch die größere Auge-Spiegel-Distanz zum Bei-fahrerspiegel (ca. 1,30 m zu ca. Fahrerseite 0,60 m)wird hier ein kleinerer Sichtwinkel erwartet. Es wird

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Bild 3.8: Definition des Sichtfelds

Tab. 3.2: Sichtfeld in Grad für unterschiedliche Gesamtspiegel-breiten bei teilasphärischen und rein konvexen Spie-geln, konvexer Krümmungsradius bei allen Spiegeln2.000 mm (mit freundlicher Genehmigung von FlabegGmbH & Co. KG, Furth im Wald, Deutschland)

Gesamt-breite

teilasphärische Spiegel, Breite asphärischer Teil Bas konvexer

Spiegel

30 mm 35 mm 40 mm 45 mm 50 mm

120 mm 26,3° 28,6° 31,3° 34,3° 37,2° 19,5°

130 mm 26,9° 29,2° 31,9° 34,9° 38,2° 20,1°

140 mm 27,5° 29,8° 32,5° 35,5° 38,8° 20,6°

150 mm 28,0° 30,4° 33,0° 36,1° 39,4° 21,2°

160 mm 28,6° 30,9° 33,6° 36,6° 39,9° 21,7°

170 mm 29,2° 31,6° 34,2° 37,2° 40,6° 22,3°

180 mm 29,8° 32,1° 34,8° 37,8° 41,1° 22,8°

190 mm 30,4° 32,7° 35,4° 38,4° 41,7° 23,4°

200 mm 30,9° 33,3° 36,0° 39,0° 42,3° 24,6°

Tab. 3.3: Sichtwinkel für unterschiedliche Personen in einemKleinwagen mit teilasphärischem Spiegel

Person Sichtwinkel [°]

5-%-Frau 34,9

50-%-Mann 33,7

95-%-Mann 33,3

Page 30: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

nun vorausgesetzt, dass der Beifahrerspiegel imVergleich zum Fahrerspiegel vollständig symme-trisch ausgeführt und angeordnet ist (wie z. B.BMW, Mercedes-Benz). In der Simulation wurdehierbei (exemplarisch für das 50-%-Mann-Modell)nur noch ein Sichtwinkel von 26,8° festgestellt(Fahrerseite 33,7 %).

Was in den theoretischen Betrachtungen nicht mitberücksichtigt wurde, ist die Sichtwinkelreduktiondurch das Spiegelgehäuse. Fahrzeugspiegel, spe-ziell die von Klasse-M1-Fahrzeugen, werden in dasGehäuse eingelassen, damit gewährleistet wird,dass bei jeder möglichen Einstellung der Rand desSpiegels nicht über den des Gehäuses herausragt.Wie tief die Spiegel eingelassen sind, ist von Her-steller zu Hersteller verschieden.

Ein großer Fahrer muss den Spiegel so einstellen,dass er weit nach außen gerichtet ist. Dadurch wird– betrachtet man die Fahrerseite – am linken Randdes Spiegels ein Teil vom Spiegelgehäuse abgebil-det. Bei kleineren Personen ist der Spiegel näherzum Fahrzeug gedreht, d. h., der Effekt wird abge-mildert. Bei einem Versuch an einem Audi A8 (Bau-jahr 1996) wurde festgestellt, dass eine ca. 1,80 mgroße Person mit dem angebrachten teilasphäri-schen Spiegel einen Sichtwinkel von 28,0° erzielte(Ausmessung des Sichtkegels). Die Person befandsich in normaler Sitzposition und stellte den Spie-gel so ein, dass nur noch ein kleiner Teil des eige-nen Fahrzeugs im Rückspiegel zu sehen war.Durch eine Drehung des Spiegelgehäuses undNeueinstellung des Spiegels durch den Fahrer (so,dass keine Sichteinschränkung durch das Spiegel-gehäuse für den Fahrer sichtbar war) wurde einSichtwinkel von 34,6° ermittelt, also eine Winkelre-duktion von über 6°.

Bei teilasphärischen Spiegeln ist die Sichtfeldre-duktion im Vergleich zu planen oder konvexenSpiegeln größer (wenn identische Spiegelgehäusevorausgesetzt werden), da gerade am Abschlussdes asphärischen Teils (äußerster Rand des Spie-gels) der Krümmungsradius klein ist und hier proTeilstück ein größerer Winkel abgebildet wird alsbei einem gleich großen Teilstück eines planenoder konvexen Spiegels.

Die Sichtfelder von Fahrzeugen anderer Klassen (z. B. N2 oder N3) sollten ähnlich denen von Pkwsein, da vergleichbare Krümmungsradien mit 2.000mm und Breiten mit ca. 170 mm (vgl. 3.1.2) vor-handen sind (verwendet man den Hauptaußenspie-gel Gruppe II/III). Die Spiegel der Gruppe II von Lkw

sind darüber hinaus sehr hoch, was auf die De-finition des Sichtwinkels keinen Einfluss hat. Unter ‚ähnlich’ soll in diesem Zusammenhang verstanden werden, dass die Sichtwinkel nicht um weit mehr als 10° abweichen. Die bei Bussenverwendeten teilasphärischen Spiegel (asphä-rischer Teil an der Unterseite Spiegel der Gruppe II) ermöglichen eine größere Sicht in den Nahbe-reich.

3.1.4 Spiegeleinstellung

Untersuchungen an den Fahrzeugen von 26 Ver-suchspersonen sollten aufzeigen, wie sinnvollderen Fahrer ihre Spiegel eingestellt haben bzw.wie viel sie von ihrem Fahrzeug im Rückspiegel er-kennen. Die Untersuchung wurde bei willkürlichausgesuchten Personen durchgeführt, die einenParkplatz aufsuchten.

Untersucht wurden 26 Fahrer mit ihren Fahrzeu-gen, von denen 9 plane, 6 konvexe sowie 11 teil-asphärische Spiegel auf der Fahrerseite aufwiesen.Auf der Beifahrerseite waren 24 Fahrzeuge mit kon-

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Bild 3.9: Versuchsaufbau

Bild 3.10: Blick in den Außenspiegel

Page 31: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

vexen und 2 mit teilasphärischen Spiegeln ausge-stattet.

Die Gesetzgebung sieht zur Spiegeleinstellungkeine Richtlinie vor, der Fahrlehrerverband emp-fiehlt jedoch den Außenspiegel so einzustellen,dass nur noch ein kleiner Teil des eigenen Fahr-zeugs als Referenz sichtbar ist. Die gleiche Re-ferenz wird von der University of Wisconsin in Madison proklamiert. PLATZER (1995) [72] sieht beidieser Strategie jedoch bei planen Spiegeln denNachteil, dass so die Gefahr des toten Winkelsdurch einen geringeren Sichtwinkel vergrößertwird. Eine ideale Spiegeleinstellung ergibt sich beiihm, indem man die planen Außenspiegel so ein-stellt, dass das eigene Auto gerade nicht mehrsichtbar ist. Ein Nachteil einer solchen Spiegelein-stellung kann jedoch darin bestehen, dass das ei-gene Fahrzeug nicht mehr als Referenz dienenkann und die räumliche Zuordnung von anderenVerkehrsteilnehmern erschwert wird.

An den Fahrzeugen der Versuchspersonen wurdevon dem Außenspiegel an unterhalb der Fenster-scheibe ein Maßband angebracht, welches zumFahrzeugheck führt. Am Ende des Fahrzeugswurde mittels eines Gestells ein zweites Maßbandso positioniert, dass es sich in Höhe des Außen-spiegels befindet, mit der Stoßstange abschließtund quer zur Fahrtrichtung verläuft. Der Fahrerbzw. die Versuchsperson hatte somit an beidenRändern (links und rechts) des Spiegels dieMaßbänder im Blick. An die Maßbänder wurde imAbstand von 100 mm eine Nummerierung in roterFarbe aufgebracht (s. Bild 3.9).

Die Versuchsperson wurde darauf hingewiesen ihregewohnte Sitzposition einzunehmen und in den Außenspiegel zu blicken und die Zahlen auf den Bändern zu nennen, die gerade noch amRand des Spiegels zu sehen sind. Mit Ermittlungdes Abstands des hinteren Bandes zum Spiegellässt sich aus den Angaben der Sichtwinkel be-stimmen. Darüber hinaus wurden die Abmaße desAußenspiegels und der Krümmungsradius be-stimmt.

Der Versuch ergab, dass 24 von 26 Versuchs-personen den Spiegel so eingestellt haben, dasssie einen Großteil ihres Fahrzeuges erkennen konn-ten.

Es ist festzustellen, dass die untersuchten Fahrer –unabhängig vom Spiegeltyp – prinzipiell dazu ten-dieren, einen Großteil ihres Fahrzeuges im Spiegel

zu erblicken. Als die Fahrer nach Anweisung ihreSpiegel so einstellten, dass sie nur noch einen klei-nen Teil ihres Fahrzeugs erblickte, ließ sich ihrSichtwinkel um bis zu 10° erhöhen (s. Tabelle 3.4).

Es wurde festgestellt, dass bei falscher Einstellungein asphärischer Anteil den Sichtwinkelver-lust kompensierte und eine vergleichbare Sicht wie ein gut eingestellter sphärisch konvexer Spiegel lieferte. Der teilasphärische Außenspie-gel hat den Vorteil, dass er bei Falscheinstellungeine – nach subjektivem Ermessen bewertete – akzeptable Sicht ermöglicht, wohingegen miteinem planen Spiegel die Sicht sehr eingeschränktwirkt.

Beim Blick in den Beifahrerspiegel wird die Proble-matik des toten Winkels dadurch herabgesetzt,dass beim Drehen des Kopfes in Richtung des Bei-fahrerspiegels ein Großteil des seitlichen Bereichsin das direkte Sichtfeld gebracht wird (s. Bild 3.11).

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Tab. 3.4: Gemessene und optimierte Sichtwinkel (Mittelwertevon 24 Versuchspersonen)

gemessen optimiert

plan

16,3° 24,9°

konvex

24,2° 32,2°

teilasphärisch

29,4° 40,4°

Bild 3.11: Direkte und indirekte Sicht bei Blick in Richtung desBeifahrerspiegels

Page 32: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

3.2 Neufahrzeuge

Durchbrach man Anfang der 60er Jahre in der BRDbei der Zahl der neu zugelassenen Pkw die Grenzevon einer Million (1961 ca. 1,1 Mio.), so lag sie imJahr 2002 bei 3,3 Mio. Im Jahr 2003 wurden ca. 3,2Mio. Pkw neu zugelassen. Es wird jedoch erwartet,dass in den kommenden Jahren wieder Zuwächsezu verzeichnen sein werden (2005 ca. 3,7 Mio.).[10]

Im August 2003 wurde in Deutschland eine Zahlvon 243.452 Pkw neu zugelassen, die sich auf 236verschiedene Fahrzeugmodelle von über 36 Her-stellern verteilt. Die ersten zehn Plätze, geordnetnach Fahrzeugmodellen, sehen exemplarisch wiein Tabelle 3.5 dargestellt aus.

Ermittelt man nun sukzessive für jedes Fahrzeug-modell den serienmäßigen Ausrüstungsstand be-züglich der Außenspiegel, so lässt sich Folgendesfeststellen:

Es zeigt sich, dass alle neu zugelassenen Pkweinen Außenspiegel auf Fahrer- und Beifahrerseitebesitzen. Während in den 90er Jahren teilasphäri-sche fahrerseitige Außenspiegel in kleineren Fahr-zeugklassen (Kleinwagen) als Sonderzubehör an-geboten wurden (im Austausch mit planen odersphärischen Spiegeln) und teilweise bei Spitzen-modellen serienmäßig waren, gehören diese Spie-gel bei vielen Herstellern in allen Fahrzeugklassenzur Serie. Als Beispiel hierfür ist die Marke Volks-wagen zu nennen. Der Anteil der Neufahrzeuge mitsolchen Spiegeln, gemessen an den Gesamtver-kaufzahlen, lässt sich mit ca. 85 % beziffern (eige-ne Erhebung, s. Kapitel 4).

Beifahrerseitige teilasphärische Außenspiegel tretennur mit einem fahrerseitigen in Erscheinung, d. h.,von den 85 % mit fahrerseitigem teilasphärischemSpiegel haben ca. 20 % auch einem beifahrerseiti-gen (ca. 17,5 % der Gesamtmenge, hauptsächlichModelle der Marken BMW, Mercedes-Benz).

Liegt kein teilasphärischer Spiegel vor, sind dieSpiegel meist sphärisch konvex. Plane Spiegel tre-ten nur äußerst selten in Erscheinung (0,4 % derGesamtmodelle, hauptsächlich Modelle von US-Herstellern).

Die wenigsten Hersteller bieten als Sonderausstat-tung einen planen oder konvexen Spiegel anstelleeines serienmäßigen teilasphärischen Spiegels an(Ausnahme Audi, Planspiegel als Option für links).Hat ein Hersteller erst einmal einen teilasphäri-

schen Spiegel serienmäßig eingeführt (egal, obBeifahrer oder Fahrerseite), so kam er auch nichtmehr davon ab.

In Anlehnung an Tabelle 3.1 ergibt sich die Matrix inTabelle 3.6.

Es konnte weder bei Händlern noch bei den Un-tersuchungen des aktuellen Bestands auf denStrassen ein Fahrzeug gefunden werden, das einenkonvexen Innenspiegel hat.

31

Tab. 3.5: Neuzulassungen im August 2003 mit Anteil an Ge-samtzulassungen und Serienausstattung mit teilas-phärischen Spiegeln

Rang Fahrzeug Anteil Spiegel

1 VW Golf, Bora 8,6 % F

2 Mercedes C-Klasse 4,1 % F, B

3 BMW 3er 3,9 % F, B

4 VW Polo 3,7 % F

5 Audi A4 3,5 % F

6 Opel Astra 3,5 % F

7 VW Passat 3,5 % F

8 Mercedes E-Klasse 3,4 % F, B

9 Opel Corsa 3,1 % F

10 Ford Focus 2,8 % -

Gesamt 40,1 %

F: teilasphärischer Spiegel Fahrerseite (Serie)

B: teilasphärischer Spiegel Beifahrerseite (Serie)

-: kein teilasphärischer Spiegel im Angebot

Tab. 3.6: Ausrüstungsstand der neu zugelassenen Pkw für August 2003, in %

Beifahrerseite

Fahr

erse

ite

plan konvexteil-

asphärischkein gesamt

plan 0 0,4 0 0 0,4

konvex 0 14,6 0 0 14,6

teil-asphärisch

0 67,5 17,5 0 85,0

gesamt 0 82,5 17,5 0 100

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4 Unfallanalysen

4.1 Möglichkeiten der Datenquellen

Die Unfallentwicklung in der BundesrepublikDeutschland wird auf der Grundlage der amtlichenUnfallstatistik des Statistischen Bundesamtes,Wiesbaden, jährlich dargestellt. Diese Unfallstatis-tik bereitet die Daten aus den Dokumentationender Polizei anlässlich von Verkehrsunfällen auf. EinMangel besteht darin, dass hieraus in nur begrenz-tem Umfang Informationen zu der Unfallentste-hung, den Unfallabläufen und den Verletzungsme-chanismen bereitstehen. Diese Lücke lässt sichschließen, indem spezielle Teams unabhängig vonder polizeilichen Zielsetzung nach rein wissen-schaftlichen Aspekten Verkehrsunfälle analysieren.Die dazu erforderliche Dokumentation beginnt be-reits unmittelbar nach dem Unfallereignis noch amUnfallort und erstreckt sich bis zu Unfallrekonstruk-tion sowie Daten über die Behandlungen der Ver-letzten. So lassen sich umfassende Informationenzu den breit gefächerten Forschungsfeldern „Passive und aktive Fahrzeugsicherheit“, „Biome-chanik“, „Verkehrsmedizin“, „Rettungsmedizin“,„Straßenausstattung“ und „Straßenzustand“ ge-winnen.

4.2 Entwicklung der Unfallerhebungvor Ort

Erste so genannte „In-Depth Investigation Teams“wurden in den 70er Jahren auf Initiative der Auto-mobilhersteller in Deutschland zusammengestellt.Im Jahre 1973 etablierte die Bundesanstalt fürStraßenwesen ein im öffentlichen Auftrag unabhän-gig arbeitendes Team an der Medizinischen Hoch-schule Hannover (MHH), die mit der TechnischenUniversität Berlin kooperierte. 1984 entschied eineProjektgruppe über die langfristige Zielsetzung undEinbindung der Erhebungen am Unfallort auf derBasis eines definierten Erhebungsgebietes imGroßraum Hannover, um repräsentative Ergebnissezu gewinnen. So wurde von 1985 an eine jährlicheFallzahl von 1.000 Verkehrsunfällen angestrebt, dieals Grundgesamtheit die Basis zukünftiger Auswer-tungen bildete. Zur Auswahl der Verkehrsunfällediente ein statistischer Stichprobenplan, wonachumfangreiche Informationen zu diversen Bereichender Vorunfall-, Kollisions- und Nachunfallphase ineiner Datenbank zusammengeführt wurden. Zwi-schenzeitlich hat sich im Zuge der Europäisierung

und Globalisierung die Bedeutung von In-Depth-Erhebungen auch im internationalen Bereichdurchgesetzt und viele Länder unterhalten ähnlicheTeams. Da zur Optimierung der Fahrzeuge derarti-ge Detailinformationen unabdingbar sind, lag einestärkere Beteiligung der Automobilhersteller nahe,woraus sich im Jahr 1999 das Gemeinschaftsvor-haben zwischen der Forschungsvereinigung Auto-mobiltechnik (FAT) und der Bundesanstalt fürStraßenwesen (BASt) entwickelte. Hierzu wurdedas Erhebungsgebiet erweitert und ein zweitesTeam im Großraum Dresden aufgebaut. In das Ge-meinschaftsprojekt fließen somit die Daten der Er-hebungen zweier deutscher Großstädte und derenUmgebung mit differenter Infrastruktur, Geografieund Topografie ein.

Die gewonnenen Vorteile einer größtmöglichenFallzahl von etwa 2.000 Unfällen jährlich und einerweiterhin verbesserten repräsentativen Erhebungkönnen damit genutzt werden. Beide Teams arbei-ten hinsichtlich Erhebung und Auswertung in glei-cher Weise. Das gemeinsame Vorhaben konnte am1. Juli 1999 gestartet werden.

Die erhobenen Daten werden in einer Datenbankgespeichert mit der Kurzbezeichnung (German In-Depth Accident Study, GIDAS) und in verschiede-ner Hinsicht ausgewertet:

Für den Gesetzgeber bestehen damit Möglichkei-ten, das Unfallgeschehen genauestens zu beo-bachten und negative Entwicklungen frühzeitig zuerkennen. Durch die ausführliche Dokumentationdes Unfallgeschehens mit detaillierten Informatio-nen zu Fahrzeugdeformationen, Verletzungsquel-len von Insassen und äußeren Verkehrsteilnehmernwie Fußgängern und Radfahrern können Gesetzes-grundlagen erarbeitet werden. Diese Grundlagendienen der Beschreibung geeigneter Prüfverfahrenim Rahmen der Typgenehmigung (z. B. EG-Richtli-nien). So wirkten sich in der Vergangenheit Unter-suchungen der Verkehrsunfallforscher bereits aufdie Festsetzung von Gesetzesgrundlagen undRichtlinien aus und können als positiv wirkend aufdie Unfall- und Verletzungssituation gewertet wer-den. Beispielhaft genannt seien hier Studien zur Effektivität des Sicherheitsgurtes, zur Notwendig-keit eines Fahrradhelmes, zur Verletzungssituationdes durch den Schutzhelm geschützten Motorrad-fahrers.

Für die Automobilindustrie und die Bundesanstaltfür Straßenwesen besteht die Möglichkeit, Ver-gleiche zwischen realem Unfallgeschehen und

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Crashversuchen vorzunehmen. Verletzungsge-fährdende Strukturen können so frühzeitig er-kannt werden. Außerdem werden die Daten ge-nutzt zur Entwicklung von Crashtestprogram-men, Unterstützung und Validierung von Com-putersimulationen, Erkennung und Einschätzungpotenzieller Bereiche zukünftiger Sicherheits-entwicklungen und der Bewertung der Fahrzeug-Sicherheits-Performance im realen Unfallgesche-hen.

4.3 Erhebungsdesign vor Ort

Die Verkehrsunfälle werden nach einem Stich-probenverfahren erfasst. Eingang in die Erhe-bung finden Unfälle, die folgenden Kriterien ent-sprechen:

• Verkehrsunfall mit Personenschaden.

• Der Unfall liegt innerhalb des Erhebungsge-bietes.

• Der Unfall ereignete sich innerhalb der Erhe-bungszeiten.

Das Erhebungsgebiet Hannover umfasst dasStadtgebiet und den Landkreis Hannover. In die-sem Gebiet leben ca. 1,2 Millionen Menschen. DieFlächenausdehnung beträgt ca. 2.289 km2, wovonetwa 10 % als städtisches Gebiet ausgewiesensind.

Das Erhebungsgebiet Dresden umfasst die StadtDresden sowie Teile der Landkreise Meißen, Riesa-Großenhain, Weißeritzkreis, Sächsische Schweiz,Bautzen und Kamenz. In diesem Gebiet leben ca.925.000 Menschen. Die Fläche beträgt ca. 2.575km2.

4.4 Methode und Durchführung derAnalyse im Rahmen des Projekts

Im Auftrag der BASt wurden an der MHH ins-gesamt 12.000 Unfälle mit Personenschaden undzwei Beteiligten auf eine für dieses Projekt relevan-te Bedeutung hin untersucht. Die Unfälle wurdenim Zeitraum von 1985 bis 2001 aufgenommen.Hierzu bekam die MHH eine Liste, die bestimmtenFahrzeugtypen deren Spiegelart zuordnete. Eswurde der Frage nachgegangen, ob bei bestimm-ten Unfalltypen Fahrzeuge mit einem bestimm-ten Spiegel häufiger in Erscheinung treten odernicht.

Fahrzeuge von folgenden Herstellern wurdenberücksichtigt: Audi, BMW, Ford, Mercedes-Benz,Opel, Peugeot, Nissan, Renault, Volkswagen, Seat,Skoda, Toyota, Mitsubishi, Alfa Romeo, Citroën.Die Wahl der Hersteller stützt sich vor allem aufderen Anteile am Gesamtbestand in Deutschland(Tabelle 4.1).

Es wurden jeweils verkaufsstarke Typen (nachMöglichkeit Volumenmodelle) der letzten 25 Jahreberücksichtigt, gegliedert nach Baujahr, Aufbau(Kombi, Limousine, Cabrio). Diesen Typen wurdendie einzelnen Spiegelarten zugeordnet, d. h. P(plan), K (konvex) und AS (teilasphärisch mitsphärisch konvexer Hauptspiegelfläche). Liegtlinks kein Spiegel vor, so ist dies mit einem X gekennzeichnet. Eine Vielzahl an Modellen gab es mit verschiedenen Spiegeltypen, z. B. wenn ein planer Spiegel zur Serienausstattung gehörteund ein teilasphärischer Spiegel als Sonderaus-stattung geordert werden konnte (Darstellung in

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Tab. 4.1: Anteil der Automobilhersteller am Bestand an Pkw,Stand Januar 2003, keine Angaben für Citroën undSkoda verfügbar [nach KBA].

Platz Hersteller Anteil [%]

1 Volkswagen 21,6

2 Opel/GM 14,3

3 Ford 8,9

4 Daimler-Chrysler 8,6

5 BMW 6,2

6 Audi 6,0

7 Renault 4,9

8 Fiat 3,7

9 Nissan 2,6

10 Toyota 2,5

Sonstige 15,9

Bild 4.1: Unfalltypen 202, 551, 721 und 631

Page 35: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Tabelle 4.2: AS/P). Viele ältere Modelle gab es auf der Beifahrerseite entweder mit konvexemSpiegel oder es war kein Spiegel vorhanden (Dar-

stellung in Tabelle 4.2: K/X). Insgesamt wurden 200Typen berücksichtigt, die ca. 80 % der auf den deutschen Straßen zugelassen Fahrzeugenbilden.

Die Anteile der jeweiligen Spiegelarten an der Ge-samtzahl der untersuchten Unfallfahrzeuge sind inBild 4.2 dargestellt. Für die weitere Auswertungsind lediglich die Kombinationen plan, konvex undteilasphärisch von Bedeutung, da hier der Spiegel-typ eindeutig ist. Insgesamt sind auf der Fahrersei-te (linker Spiegel) 37,9 % und auf der Beifahrersei-te (rechter Spiegel) 20,1 % der Spiegel unbekannt.Hierunter fallen zum einen diejenigen Fahrzeuge,die von vornherein nicht berücksichtigt wurden(keine Volumenmodelle), und die Fahrzeuge, beidenen als Option verschiedene Spiegeltypen ange-boten wurden.

Bei n = 9.834 Pkw ist bekannt, welche Spiegel-typen an der linken Seite des Fahrzeugs an-gebracht sein könnten (12.000 • (1 – 0,18)) (vgl. Bild 4.2 gesamt ohne ‚völlig unbekannt’). Bei n = 8.088 Pkw sind die Spiegeltypen eindeutig(12.000 • (1 – 0,326)), d. h. plan, konvex oder teil-asphärisch.

Für diese Pkw wurden die häufigsten Unfalltypenermittelt, für die die Nutzung des linken Spiegelseine Rolle spielt. Die Unfälle werden nach Typenklassifiziert, wobei die 3-zifferige Klassifizierungnach GDV (Gesamtverband der Deutschen Versi-cherungswirtschaft) gilt.

4.5 Ergebnis der Unfallanalyse

Die Auswertung erfolgte durch die MHH, die für dieAuswertung n = 9.834 Pkw zugrunde legte. Es ver-bleibt in den Analysen ein gewisser Prozentsatz anFahrzeugen, bei denen der Spiegeltyp nicht ein-deutig geklärt werden kann.

Am häufigsten traten die Unfalltypen 202, 551, 631und 721 in Erscheinung (vgl. Bild 4.1), wobei derUnfalltyp mit n = 111 Fahrzeugen am meisten ver-treten ist. Betrachtet man Unfalltyp 202 und ordnetdie Anzahl den Spiegeltypen zu, hatten 42,7 % derFahrzeuge einen planen, 16,5 % einen konvexenund 4,8 % einen teilasphärischen Spiegel auf derFahrerseite. Bei dem verbleibenden Prozent-satz der Unfälle dieses Typs ist der Spiegel unbe-kannt.

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Tab. 4.2: Auszug aus der Liste bezüglich des Ausrüstungs-stands, Beispiel: Audi (P: plan, K: sphärisch konvex,AS: teilasphärisch, X: kein Spiegel vorhanden, Lim: Li-mousine, Kom: Kombi)

Hersteller ModellBj. von-bis

MM.JJAufbau

Spiegel-typ

Fahrer-seite

Spiegel-typ Bei-fahrer-seite

Audi

80 10/86-09/91 Lim P K/X

80 10/91-12/95 Lim AS/P K

A3 09/96-08/00 alle AS K

A3 09/00-05/03 alle AS K

A3 06/03- alle AS K

A4 01/95-01/99 Lim AS/P K

A4 04/96-01/99 Kom AS/P K

A4 02/99-10/00 Lim AS K

A4 02/99-08/01 Kom AS K

A4 11/00- Lim AS K

A4 09/01- Kom AS K

100 10/82-02/91 alle P K/X

100 3/91-10/94 alle AS/P K

A6 07/94-07/97 Lim AS/P K

A6 07/94-02/98 Kom AS/P K

A6 07/97- Lim AS K

A6 03/98- Kom AS K

V8 02/89-09/94 alle P K

A8 06/94-11/02 alle AS/P K

A8 12/02- alle AS K

Bild 4.2: Arten von Außenspiegeln an Unfallfahrzeugen undderen Anteile am Gesamtbestand n = 12.000 für linkeund rechte Seite

Page 36: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Vergleicht man diese Werte mit der Verteilung derlinksseitigen Spiegel mit dem Gesamtbestand derUnfallfahrzeuge (Bild 4.2), so stellt man fest, dassFahrzeuge mit planem sowie teilasphärischemSpiegel leicht unterrepräsentiert (plan: 42,7 % ver-glichen mit 50,8 %, teilasphärisch: 4,8 % ver-glichen mit 5,3 %) und Fahrzeuge mit konvexemSpiegel leicht überrepräsentiert sind (16,5 % ver-glichen mit 11,3 %).

Wählt man den Anteil am Gesamtbestand alsBasis, so drückt sich die Über-/Unterrepräsentiert-heit mit -15,9 % für den planen Spiegel, +46 % fürden konvexen Spiegel und -9,4 % für den teilas-phärischen Spiegel aus (vgl. Bild 4.3). Führt mandiese Methode sukzessive für die Unfalltypen 551(n = 30), 721 (n = 104) und 631 (n = 63) aus, so er-geben sich die Darstellungen in den Bildern 4.4 bis4.6.

Andere, aber dennoch für die Untersuchung inte-ressante Unfalltypen wurden nicht mit berücksich-tigt, da hier die Fallzahlen teilweise bei unter n = 6liegen.

Aus den gewonnenen Darstellungen lassen sichkeine signifikanten Hinweise finden, dass mit teil-asphärischen Spiegeln bestimmte Unfälle wenigerhäufig auftreten. Bei Unfalltyp 202 und 721 wardieser Spiegel unterdurchschnittlich und bei Unfall-typ 551 und 631 überdurchschnittlich vertreten. Beiden betrachteten Unfällen zeigen Pkw mit planenSpiegeln eine geringere Häufigkeit auf.

In einem nächsten Schritt wurde die zeitliche Er-scheinung der Unfälle mit in Betracht gezogen.Würde sich ein teilasphärischer oder konvexerSpiegel signifikant positiv auf das Unfallgesche-hen auswirken, so müsste die Zahl der Unfälle

(Mitte/Anfang 90er Jahre) zurückgehen. Es ist be-kannt, dass in den 80er Jahren vermehrt planeSpiegel verbaut wurden. In den 90er Jahren nahmder Anteil der Fahrzeuge mit konvexen Spiegeln zuund teilasphärische Spiegel traten in Erscheinung

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Bild 4.3: Prozentuale Abweichung der Spiegeltypen für Unfall-typ 202 im Vergleich zu allen Unfällen (n = 111)

Bild 4.4: Prozentuale Abweichung der Spiegeltypen für Unfall-typ 551 im Vergleich zu allen Unfällen (n = 30)

Bild 4.5: Prozentuale Abweichung der Spiegeltypen für Unfall-typ 631 im Vergleich zu allen Unfällen (63)

Bild 4.6: Prozentuale Abweichung der Spiegeltypen für Unfall-typ 721 im Vergleich zu allen Unfällen (104)

Page 37: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

(vgl. Kapitel 3.1). Wie Bild 4.7 zeigt, ist die Unfall-anzahl pro Jahr sehr gering und variiert über demuntersuchten Zeitraum. 1985 gab es sechs Unfälledieses Typs, 1997 passierten 12 dieser Unfälle,während es 2001 erneut sechs Unfälle waren. Be-reits 1988 wird erstmals ein Unfallfahrzeug mit teil-asphärischem Spiegel registriert, 1994 wird dieSpitze mit vier erreicht und 1995 liegt sie wieder bei

null. Um besser mögliche Tendenzen zu erkennen,wurde der Verlauf zusätzlich geglättet.

Daher wurden bei den vier Unfalltypen jeweils vierJahre zusammengefasst und als Datenpunkt dar-gestellt. In Bild 4.8 ist dies für Unfalltyp 202 und inBild 4.9 für Unfalltyp 551 durchgeführt.

In den 90er Jahren treten Fahrzeuge mit teilas-phärischen Spiegeln verstärkt in Erscheinung. Indiesen Jahren scheint der teilasphärische Spiegelverhältnismäßig oft an den genannten Unfalltypenbeteiligt zu sein. Kausale Zusammenhänge lassensich hieraus jedoch nicht herleiten, da die Unfall-zahlen sehr gering sind und diese weiterhin redu-ziert werden mussten, da nur bei wenigen Fahr-zeugtypen der Spiegeltyp eindeutig bestimmt wer-den konnte.

Nach Aussagen der MHH, Prof. OTTE, ist das Ergebnis der Untersuchung, dass kein signifi-kanter Einfluss der Seitenspiegelart auf das Unfall-geschehen aus dieser statistischen Unfall-analyse erkennbar ist. Dennoch können möglicher-weise Einzelfälle den Vorteil eines teilas-phärischen Spiegels erkennen lassen. Da unse-res Erachtens das vorliegende Datenmaterial jedoch keine eindeutigen Schlüsse zulässt, wer-den die Ergebnisse dieser Unfallanalyse im Rah-men der vorliegenden Studie nicht weiter herange-zogen.

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Bild 4.7: Zeitlicher Verlauf Unfallentwicklung (Anzahl n) derSpiegeltypen für Unfalltyp 202 von 1985 bis 2001

Bild 4.8: Zeitlicher Verlauf Unfallentwicklung (Anzahl n) derSpiegeltypen für Unfalltyp 202 (geglättet, d. h. jeweils4 Jahre zusammengefasst)

Bild 4.9: Zeitlicher Verlauf Unfallentwicklung (Anzahl n) derSpiegeltypen für Unfalltyp 551 (geglättet, d. h. jeweils4 Jahre zusammengefasst)

Page 38: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

5 Stand der Forschung

5.1 Zusammenfassung

Seit den 70er Jahren werden verstärkt Untersu-chungen zu den Vor- und Nachteilen planer undgekrümmter Rückspiegel durchgeführt. Da in denUSA auf der Fahrerseite nur plane Rückspiegel alsOriginalausstattung gestattet sind, konzentriertsich die meiste Forschungsaktivität auf die Verei-nigten Staaten. Es besteht dort der Bedarf, mehrüber die mit den verschiedenen Spiegelvariantenverbundenen Vor- und Nachteile zu erfahren, bevoreine Entscheidung über eine Zulassung imStraßenverkehr getroffen wird.

Es wird in diesem Zusammenhang davon ausge-gangen, dass plane Außenspiegel Vorteile in derAbbildungsqualität haben, da das Bild im Spiegelnicht verzerrt wird. Nachteilig wirkt sich bei diesenSpiegeln jedoch aus, dass das Sichtfeld, das durchden Spiegel abgedeckt wird, relativ klein ist undsomit relativ große Bereiche im rückwärtigen Ver-kehr nicht eingesehen werden können. FLANNA-GAN, SIVAK & TRAUBE (1999) [41] konnten zeigen,dass bei einem angenommenen direkten Sichtfeldvon 180° und einem durchschnittlichen Sichtfeldeines Rückspiegels von 13° ein Bereich von 32°nicht sichtbar ist. Dieser Bereich ist so groß, dassein sich dort befindendes Fahrzeug nicht gesehenwird. Eine Methode, diesen Bereich trotz der Un-zulänglichkeiten des Spiegels einzusehen, ist derSchulterblick. Dieser führt jedoch dazu, dass derFahrer seinen Blick von der Fahrtrichtung abwen-den muss und daher eine relativ lange Zeitspannenicht sieht, was vor ihm passiert. Ein weitererNachteil entsteht durch die Tatsache, dass insbe-sondere ältere Verkehrsteilnehmer die nötigenKopfbewegungen nur noch schwer oder einge-schränkt durchführen können (weitere Aspektewerden z. B. bei FLANNAGAN, 2000 [37] disku-tiert). Als Alternative hierzu müsste der plane Spie-gel relativ groß sein und eine relativ kurze Auge-Spiegel-Distanz haben, um ein ausreichendesSichtfeld nach hinten zu gewähren. Aber je größerder Spiegel ist, desto mehr des frontalen Sichtfel-des wird auch durch den Spiegel verdeckt (vgl. z.B. CARRUTHERS, 1966 [14]; FOSBERRY & MILLS,1959 [45]). Zusätzlich wird mit zunehmender Größeauch der Luftwiderstand größer, der Benzinver-brauch steigt und durch das höhere Gewicht kön-nen Vibrationen einsetzen, welche die Qualität desSichtfeldes ebenfalls einschränken können.

Eine Lösung dieses Problems bieten gekrümmteSpiegel, die bei gleicher Spiegelgröße den Vorteileines wesentlich größeren Sichtfeldes haben. Da-durch wird eine deutliche Reduzierung des totenWinkels erreicht (vgl. z. B. PILHALL, 1981 [71]). DieGröße des durch konvexe Spiegel zu verwirkli-chenden Sichtfelds hängt genau wie die Qualitätder Sicht von mehreren Faktoren ab, wie z. B. derKrümmung des Spiegels, seiner Größe und der Dis-tanz zwischen Auge und Spiegel (CARRUTHERS,1966 [14]). Eine ausführliche Beschreibung der Ei-genschaften planer und konvexer Spiegel sowieMöglichkeiten, den toten Winkel zu reduzieren,wird bei PLATZER (1995) [72] und MORROW &SALIK (1962b) [65] beschrieben. Einige Studienhaben empfohlen, das Sichtfeld der Rückspiegelauf einen Bereich von bis zu 45° auszuweiten, umden toten Winkel zu eliminieren (CONNOLLY, 1964[18]; FLANNAGAN et al., 1999 [41]; FLANNAGAN,2000 [37]; FOSBERRY & MILLS, 1959 [45]). Dasgrößere Sichtfeld wird dabei jedoch mit einer krüm-mungsbedingt schlechteren Abbildungsqualität er-kauft. Sowohl in sphärisch konvexen als auch teil-asphärischen Spiegeln wird das Bild verkleinert,sodass es zu Fehleinschätzungen von Geschwin-digkeiten und Distanzen kommen kann. Zusätzlichentsteht bei konvexen Spiegeln ein leicht gegen-läufiger Effekt durch ihre optischen Eigenschaften.Diese führen dazu, dass die virtuellen Bilder derObjekte, die im Spiegel gesehen werden, viel dich-ter sind als die korrespondierenden realen Objekte.Die Distanz zu einem Bild in einem konvexen Spie-gel liegt ungefähr einen halben Krümmungsradiushinter der Spiegeloberfläche. Im Vergleich zu pla-nen Spiegeln, bei denen dieser Effekt nicht auftritt,müssen Fahrer bei konvexen Spiegeln also auf we-sentlich nähere Abstände fokussieren, um sich ein genaues Bild des rückwärtigen Verkehrs zu verschaffen. Dies dürfte aber besonders älte-ren Fahrern schwer fallen, da die Fähigkeit, aufkurze Distanzen zu fokussieren, mit dem Alter abnimmt (FLANNAGAN, 2000 [37]; GARROTT & KIGER, 1992 [46]; HENDERSON, SMITH, BURGER & STERN, 1983 [51]; JANI & MENEZES,1962 [54]).

Sphärische und teilasphärische Spiegel könnenweiterhin dadurch unterschieden werden, dasssphärische Spiegel bei gleicher Spiegelgröße einestärkere Krümmung haben müssen, um das gleiche Sichtfeld zu erzeugen. Ein Nachteil teilas-phärischer Spiegel ist dagegen, dass die Krüm-mung dieser Spiegelvarianten zum Rand des Spie-

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gels bis auf etwa 160 mm zunimmt (vgl. z. B.BOCKELMANN, 1990 [5]), sodass in diesem Be-reich die größten Verzerrungen auftreten.

Um die genannten Vor- und Nachteile der einzelnenSpiegelvarianten zu untersuchen und gegeneinan-der abzuwägen, ist eine Vielzahl an Studien durch-geführt worden (einen hervorragenden Überblicküber durchgeführte Untersuchungen gibt FLANNA-GAN, 1988 [33], neuere Studien werden von FLAN-NAGAN, 2000 [37], beschrieben). Es lassen sichdabei verschiedene Operationalisierungen der Fra-gestellung unterscheiden. So gibt es mindestensdrei unterschiedliche Ansätze, deren Ergebnisse imFolgenden beschrieben werden.

Zunächst werden Untersuchungen berichtet, dieUnfallzahlen als Maß für die Sicherheit einzelnerSpiegelsysteme herangezogen haben. Zu diesemThema sind zwei Untersuchungen durchgeführtworden, deren Versuchsdesigns sehr ähnlichwaren. Die Studien wurden dabei in Länderndurchgeführt, in denen sowohl plane als auchnicht-plane Spiegel auf der Fahrerseite gesetzlicherlaubt sind (Großbritannien und Finnland). In bei-den Untersuchungen (LUOMA, SIVAK & FLANNA-GAN, 1995 [59]; SCHUMANN, SIVAK & FLANNA-GAN, 1998 [76]) wurden Unfälle durch Spurwechselals Kriterium verwendet, da es bei solchen Unfällennach Auffassung der beiden Forschergruppennoch am wahrscheinlichsten ist, dass die Benut-zung des Außenspiegels einen Einfluss auf den Un-fallhergang hat. Bei der Analyse solcher Unfällegehen sowohl die Nachteile planer Spiegel (toterWinkel) als auch konvexer Spiegel (Geschwindig-keits- und Distanzschätzungen) in die Beurteilungein. Es wurden daher die Häufigkeiten von Unfällenbei Spurwechseln auf der Fahrerseite für Fahrzeu-ge mit unterschiedlichen Außenspiegeln (plan, kon-vex) miteinander verglichen. Da auf der Beifahrer-seite bei allen untersuchten Fahrzeugen aus-schließlich sphärische Spiegel eingesetzt wurden,dienten Spurwechselunfälle auf dieser Seite hierbeials Kontrollvariable. Im Gegensatz zu SCHUMANNet al. (1998) [76] erfassten LUOMA et al. (1995) [59]auch teilasphärische Spiegel, die Datenbasis ihrerAnalysen ist jedoch viel geringer (407 Unfälle imVergleich zu 3.038 Unfällen bei SCHUMANN et al.,1998 [76]). Es wurden nur Unfälle in die Analyseneinbezogen, bei denen der Fahrer, der den Spur-wechsel initiierte, die volle Schuld trug. Spurwech-selunfälle, bei denen ein Fahrer unter Alkoholein-fluss stand, wurden nicht weiter analysiert. BeideStudien fanden übereinstimmend, dass konvexe

Spiegel tendenziell zu weniger Spurwechselunfäl-len führten. Die Daten von LUOMA et al. (1995) [59]wiesen auf ein Absinken der Unfallrate um 22 %bei teilasphärischen und sphärischen im Vergleichzu planen Spiegeln hin, aufgrund der niedrigenZahl an erfassten Unfällen in dieser Studie wurdedieses Ergebnis jedoch nicht signifikant. Trotz dergrößeren Datenbasis von SCHUMANN et al. (1998)[76] zeigte sich auch in dieser Untersuchung nureine Tendenz dahin gehend, dass die Vorteile (Re-duzierung des toten Winkels) im Vergleich zu denNachteilen (Verkleinerung von Objekten im Spiegel)überwogen. Eine Verminderung von Spurwechsel-unfällen zeigte sich insbesondere für größere Fahr-zeuge und für die am höchsten von solchen Unfäl-len betroffenen Altersgruppen, sehr junge und sehralte Fahrer. Die Autoren berechneten, dass es inder jüngsten Altersgruppe (bis 24 Jahre) einen sig-nifikanten Rückgang in der Zahl der Spurwechsel-unfälle auf der Fahrerseite gab und dass dieselbeTendenz auch für die älteste Altersgruppe (über 65Jahren) zu finden war.

Eine mögliche Schlussfolgerung ist daher, dass eskeine messbaren Auswirkungen der Verzerrungendurch sphärische Spiegel auf die Unfallrate beiSpurwechseln gibt. Ein Grund für diesen Befund isteventuell darin zu sehen, dass sich Fahrer nicht nurauf den Außenspiegel verlassen, wenn sie Distan-zen und Geschwindigkeiten einschätzen müssen,sondern hierfür zusätzlich den Innenspiegel benut-zen (vgl. für diese Argumentation auch: MORTI-MER, 1971 [67]; MORTIMER & JORGESON, 1974[66]).

SCHUMANN et al. (1998) [76] sehen besondereVorteile in der Benutzung teilasphärischer Spiegel,da diese die gewünschte Reduzierung des totenWinkels erreichen können, ohne dass große Teiledes Spiegels Objekte so stark verkleinern wie beisphärischen Spiegeln (durch den vorhandenen as-phärischen Teil muss die Krümmung des sphäri-schen Teils des Spiegels nicht so stark sein, umdas gleiche Sichtfeld zu ermöglichen) (vgl. hierzuauch FLANNAGAN & SIVAK, 1993 [34]). FLANNA-GAN (2000) [37] weist in diesem Zusammenhangnoch darauf hin, dass die Beurteilung konvexerSpiegel in Bezug auf Qualität und Quantität desSichtfeldes vermutlich noch vorteilhafter gewesenwäre, wenn in die Analysen zusätzlich Auffahrunfäl-le mit einbezogen worden wären. Hinter dieser Hy-pothese steht die Annahme, dass Auffahrunfälleunter anderem auch durch eine Ablenkung vomFahrgeschehen erfolgen, die bedingt wird durch

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die Notwendigkeit, den toten Winkel durch Schul-terblicke zu überprüfen. Da diese Notwendigkeitbei konvexen Spiegeln jedoch entfällt, sollten mitnicht-planen Spiegeln weniger Auffahrunfälle pas-sieren.

Die von den beiden Forschergruppen um LUOMAund SCHUMANN durchgeführten Untersuchungenliefern zwar Belege dafür, dass nicht-plane Rück-spiegel keine nachteiligen Folgen für Spurwechsel-manöver haben, es gibt jedoch einige Einschrän-kungen, die in diesem Zusammenhang bedachtwerden müssen. So können nach SCHUMANN etal. (1998) [76] Spurwechselunfälle zwar durch einenicht angemessene rückwärtige Sicht verursachtwerden, wie die Sicht durch den Rückspiegel denSpurwechsel jedoch genau beeinflusst, kann nichtdirekt aus den Unfalldaten geschlossen werden.Der Unfall kann auch geschehen, weil der Fahrergar nicht in den Spiegel geschaut hat oder derSpiegel schlecht oder falsch eingestellt war. Daherist es nur eine unter mehreren Möglichkeiten, dassder Unfall durch verzerrte oder nicht ausreichendeInformationen des Außenspiegels verursachtwurde. Eine ausschließliche Analyse von Unfallda-ten reicht daher nicht aus, um zweifelsfrei die Qua-litäten und Defizite verschiedener Spiegel zu beur-teilen.

Aus diesem Grund hat sich der zweite Ansatz mitden subjektiven Erfahrungen der Fahrer beschäf-tigt. Dies geschah meistens durch Befragungen mitHilfe von Fragebögen (z. B. de VOS, THEEUWES &PEREL, 1999 [87]; de VOS, 2000 [85]; FLANNA-GAN & FLANNAGAN, 1998 [32]; KAEHN, 1975 [55],1976 [56]). In der amerikanischen Studie vonFLANNAGAN & FLANNAGAN (1998) [32] wurdenfünf verschiedene Spiegel in Bezug auf ihre Akzep-tanz bewertet. Zwei Spiegel waren sphärisch(1.500 mm und 2.000 mm Radius) und drei Spiegelteilasphärisch mit einem unterschiedlich großenAnteil an variabler Krümmung (34, 40 oder 66 %der Fläche des Spiegels). Da die Teilnehmer dieserStudie, Angestellte der Ford Motor Company, imDurchschnitt 45 Jahre alt und zu einem großenProzentsatz männlich waren, können die Ergebnis-se der Befragung nicht als repräsentativ für die All-gemeinbevölkerung angesehen werden. Ein weite-rer Nachteil dieser Untersuchung bestand darin,dass jede Versuchsperson nur jeweils Erfahrungenmit einem Spiegel sammeln konnte. Die Teilnehmerfuhren vier Wochen mit dem jeweiligen Testspiegelan ihrem eigenen Fahrzeug und bewerteten zu dreiZeitpunkten mit Hilfe eines Fragebogens ihre Er-

fahrungen mit dem Spiegel. Insgesamt hatten sichnach vier Wochen 93 % der Fahrer an die neuenSpiegel gewöhnt und alle nicht-planen wurden ge-genüber den planen Spiegeln bevorzugt. Es gab al-lerdings Unterschiede zwischen den einzelnenSpiegeln, da die Akzeptanz insbesondere desSpiegels mit der größten Fläche mit variablerKrümmung interindividuell sehr verschieden war.Interessant war weiterhin, dass die Präferenz fürdie nicht-planen Spiegel unabhängig von den Vor-erfahrungen oder vom Alter der Teilnehmer war.GARROTT & KIGER (1992) [46] befragten im Rah-men ihrer Studie 49 Fahrer (22 Männer und 27Frauen) von Schulbussen zu ihren Erfahrungen mit konvexen Spiegeln. 83 % der Befragten gabenan, dass sie einige Zeit benötigten, sich an denSpiegel zu gewöhnen. Ein großer Teil der Fahrerbenötigte jedoch nicht mehr als eine Woche der Anpassung. BOCKELMANN (1990 [5], 1991 [6])zitiert in seinen Artikeln einen Versuch der Schwei-zerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung,nach dessen Beendigung die Teilnehmer die ein-gebauten teilasphärischen Spiegel nur nochäußerst ungern wieder entfernen ließen. Auch hierzeigte sich also, dass die Fahrer die Vorteile des teilasphärischen Spiegels erkannt haben undsehr viel höher als die möglichen Nachteile bewer-teten.

Die Fragebögen von de VOS (de VOS et al., 1999[87]; de VOS, 2000 [85]) wurden im Rahmen einerumfangreichen Studie erhoben, die auch experi-mentelle Versuchsanordnungen umfasste (de VOS,2000 [85]). Der erste Fragebogen (de VOS et al.,1999 [87]) diente hierbei als exploratorischer Fra-gebogen, der einer kleinen Gruppe von Versuchs-personen (N = 47) vorgegeben wurde und dessenErgebnisse als Grundlage für die Konstruktion deszweiten Fragebogens (de VOS, 2000 [85]) verwen-det wurden. Vor der Befragung wurden die Teilneh-mer anhand des Außenspiegels ihres Fahrzeugs indie Gruppen „plan“ „sphärisch konvex“ und „teil-asphärisch konvex“ eingeteilt. Die Versuchsperso-nen der ersten Befragung wurden auf dem Park-platz eines Möbelgeschäfts rekrutiert und die Ei-genschaften ihrer Außenspiegel vor Ort kontrolliert.Die Rekrutierungsmethode und die geringe Stich-probengröße führten dazu, dass nur 6 Teilnehmermit einem teilasphärischen Außenspiegel in die Un-tersuchung aufgenommen wurden. Da die Fragendes zweiten Fragebogens eine Optimierung der ersten Befragung darstellen und die Stichprobewesentlich größer ist (N = 208), werden nur die Er-

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gebnisse der zweiten Befragung beschrieben. Wiein der ersten Untersuchung wurden die Teilnehmerauch in dieser Studie an öffentlichen Plätzen (Tank-stelle, McDonald’s McDrive Restaurant) befragt,sodass nach Einschätzung der Autoren eine eini-germaßen repräsentative Stichprobe rekrutiert wer-den konnte.

Die Spiegeleigenschaften wurden wie in der erstenBefragung vor Ort erfasst, sodass die Aussagender Teilnehmer überprüft werden konnten. DieseKontrolle erwies sich als notwendig, da die Mehr-heit der Teilnehmer nicht wusste, was für optischeEigenschaften ihr Spiegel besitzt. 61 % der Be-fragten mit einem sphärischen Außenspiegel be-zeichneten ihren Spiegel als plan, nur 7 % als kons-tant konvex und 6 % sogar als konstant konkav.Von den Versuchspersonen mit teilasphärischenSpiegeln waren immer noch 45 % der Meinung, ihrSpiegel sei plan und nur 28 % hielten ihren Außen-spiegel für teilasphärisch. Demgegenüber waren77 % der Fahrer mit planem Außenspiegel davonüberzeugt, dass ihr Fahrzeug einen planen Spiegelbesitzt. In Bezug auf die verändernden Eigenschaf-ten ihres Außenspiegels kannte sowohl in der Vor-untersuchung als auch in dieser Befragung nurknapp die Hälfte der Teilnehmer die Merkmale ihresSpiegels. Ein Drittel der Fahrer mit einem planenAußenspiegel (35 %) war der Ansicht, ihr Spiegelwürde das Bild verzerren (29 % verkleinern, 6 %vergrößern). Besorgnis erregender ist jedoch, dassfast die Hälfte der befragten Teilnehmer mit konve-xen Spiegeln (46 %) dachte, dass ihr Spiegel keineVerzerrung produzieren würde. Dies galt in gleicherWeise für Fahrer mit sphärischen (46 %) und mitteilasphärischen (46 %) Spiegeln. Nur 36 % (25 %)der Teilnehmer mit sphärischen (teilasphärischen)Spiegeln gaben richtig an, dass ihr Spiegel Objekteverkleinert wiedergibt. Erschreckenderweise gabensogar 15 % der Fahrer mit teilasphärischen Außen-spiegeln an, ihr Spiegel würde Objekte vergrößertdarstellen. Diese Befunde sind jedoch nicht über-raschend, da schon MORTIMER & JORGESON(1974) [66] in ihrer Befragung vergleichbare Antworten erhielten. So fragten sie nach der Durchführung eines Experiments die Teilnehmer,welcher Spiegel (plan oder konvex) das größe-re Sichtfeld bieten würde, und nur 59 % der Fah-rer wählten als Antwort den konvexen Spiegel aus.

Fragen zur Benutzung der Spiegel erbrachten wei-tere interessante Ergebnisse. So zeigte sich, dassjüngere Fahrer mit nicht-planen Spiegeln im Ver-

gleich zu planen Spiegeln weniger häufig einenSchulterblick einsetzten, ältere Fahrer mit teil-asphärischen Spiegeln sich jedoch häufiger um-blickten als gleich alte Fahrer mit planen odersphärischen Spiegeln. Dies wird von de VOS da-hin gehend interpretiert, dass ältere Fahrer Proble-me haben könnten, den asphärischen Teil desSpiegels zu fokussieren oder dessen Bild zu inter-pretieren.

Es konnte keine Bestätigung für die Annahme ge-funden werden, dass aufgrund der verkleinerndenEigenschaften der konvexen Spiegel der Innen-spiegel bei der Einschätzung von Verkehrslückenhäufiger genutzt werden musste. Der Innenspiegelwurde generell am häufigsten genutzt, wenn dieLücke zu einem von hinten heranfahrenden Fahr-zeug eingeschätzt werden musste, dies war jedochunabhängig von der Art des Außenspiegels. Auf dieFrage, wie gut die Teilnehmer die Distanz und Ge-schwindigkeit von Fahrzeugen im rückwärtigenVerkehr beurteilen können, waren die Angaben derFahrer mit sphärischen Spiegeln signifikant niedri-ger (i. S. einer schlechteren Beurteilung des Ver-kehrs) als bei Versuchspersonen mit planen Außen-spiegeln. Die Teilnehmer, die einen teilasphäri-schen Außenspiegel an ihrem Fahrzeug hatten, un-terschieden sich dagegen nicht von Personen mitplanen Spiegeln. Dies wurde von dem Autor aufden meist größeren Krümmungsradius des sphäri-schen Anteils des teilasphärischen Spiegelszurückgeführt (in dieser Studie durchschnittlich2.000 mm bei teilasphärischen und 1.400 mm beisphärischen Spiegeln). Fahrer, die einen sphäri-schen Spiegel an ihrem Auto besitzen, denkenalso, dass sie weniger gut die Lücken zu Fahrzeu-gen im Rückspiegel einschätzen können als Fahrermit planen oder teilasphärischen Spiegeln.

In Bezug auf die Präferenz für bestimmte Außen-spiegel bevorzugten die Hälfte der Befragten mitsphärischen Spiegeln und ein Drittel der Teilnehmermit teilasphärischen Spiegel plane Außenspiegel.Insgesamt wurden nicht-plane Spiegel nur von we-nigen der befragten Fahrer bevorzugt. Die einzigeAusnahme waren Teilnehmer mit einem teilasphäri-schen Spiegel, von denen immerhin ein Drittel einePräferenz für teilasphärische Außenspiegel zeigte.Es zeigte sich zudem ein Unterschied zwischenjungen und alten Fahrern. Während 21 % der jün-geren Teilnehmer einen teilasphärischen Spiegelbevorzugten (22,4 % besaßen einen solchenAußenspiegel), zeigten nur 8 % der älteren Fahrereine Präferenz für diese Art von Spiegeln (obwohl

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23,9 % der älteren Teilnehmer ein Fahrzeug mit teil-asphärischem Spiegel fuhren). Diese Unterschiedein der Zustimmung für nicht-plane Spiegel zeig-ten sich auch in einer Befragung von BURGER,MULHOLLAND, SMITH, SHARKEY & BARDALES(1980) [12]. Auch in dieser Untersuchung wurdeden Versuchspersonen ein Fragebogen gegebenund es zeigte sich, dass die älteren Teilnehmerkonvexe Spiegel (insbesondere auf der linkenSeite) weniger bevorzugten als jüngere Fahrer. DieKorrelation zwischen den Bewertungen der altenund jungen Fahrer war mit r = 28 insgesamt sehrniedrig.

In seinen Untersuchungen ließ KAEHN (1975 [55],1976 [56]) die Teilnehmer Fragebögen ausfüllen,nachdem sie mit den, jeweils mit einem experi-mentellen Spiegelsystem ausgerüsteten, Fahrzeu-gen gefahren waren. Aufgrund der relativ langenTestperiode von 10 (KAEHN, 1975 [55]) bzw. 6(KAEHN, 1976 [56]) Monaten konnten insgesamtDaten von mehr als 660 Versuchspersonen erfasstwerden. Es wurden sowohl Frauen als auch Män-ner befragt, die Fahrten fanden teilweise nachtsund unter den verschiedensten Witterungsbedin-gungen statt. Die verwendeten Spiegelsystemewiesen jedoch einige Einschränkungen auf, sodassdie Ergebnisse für die hier zu überprüfende Fra-gestellung nur von geringem Wert sind. Da keinteilasphärischer Spiegel in den Versuchsaufbau in-tegriert wurde, konnten ausschließlich Vergleichezwischen planen und sphärischen (50 bzw. 60 InchKrümmungsradius) Spiegeln in verschiedenenKombinationen sowie mit einem Periskop-Systembewertet werden. Ein zusätzlicher Nachteil ergabsich daraus, dass die sphärischen Spiegel aus-schließlich am Kotflügel und nicht an der Tür befes-tigt wurden und somit eine größere Auge-Spiegel-Distanz bei diesen Spiegeln existierte, währendsich die planen Spiegel an der Tür befanden.FLANNAGAN, SIVAK, SCHUMANN et al. (1997)[43] konnten jedoch zeigen, dass gerade die Auge-Spiegel-Distanz einen großen Einfluss auf die Fehl-einschätzungen mit konvexen Spiegeln hat (s. u.).Nachteilig war weiterhin, dass sich an einem deruntersuchten Spiegelsysteme der sphärische Spie-gel nicht und bei einem anderen System nicht aus-reichend einstellen ließ, sodass die Ergebnisse derBefragung hier nicht eindeutig der schlechterenAbbildungsqualität des Spiegels zugeschriebenwerden können. In den genannten Untersuchungenvon KAEHN zeigte sich insgesamt eine Präferenzder Befragten für ein System bestehend aus größe-

ren planen Spiegeln auf der Fahrerseite und innensowie einem sphärischen Spiegel (50 Inch Krüm-mungsradius) auf der Beifahrerseite. Erst an dritterStelle lag ein System aus planem Innenspiegel undkonvexen Außenspiegeln (50 Inch Krümmungsradi-us). Dieses Ergebnis muss jedoch unter Berück-sichtung der genannten Kritikpunkte betrachtetwerden. Aus der Auswertung des Fragebogens las-sen sich dennoch einige interessante Informatio-nen ableiten. So waren 87 % der Befragten der An-sicht, dass sie sich innerhalb von ein paar Tagen andie Benutzung von konvexen Spiegeln gewöhnenkönnten. Jüngere Fahrer bewerteten die konvexenSpiegel besser als ältere (> 40 Jahre) Fahrer und esgab keine Belege dafür, dass die Akzeptanz kon-vexer Spiegel mit zunehmender Erfahrung (unter250 im Vergleich zu mehr als 500 Meilen Fahr-praxis mit konvexen Spiegeln) zunimmt. Ein ver-gleichbarer Befund zeigte sich auch schon in den zuvor genannten Studien (s. o.). Der Autorselbst gibt keine explizite Empfehlung für ein bestimmtes Spiegelsystem, hebt jedoch die Vor-teile der Reduzierung des toten Winkels durch eineverbesserte Sicht nach hinten ausdrücklich her-vor.

Neben der Analyse von Unfalldaten und der Befra-gung von Versuchspersonen hat sich eine Vielzahlan Autoren auch experimenteller Versuchsanord-nungen bedient, um die Frage zu erforschen, wel-che Vor- und Nachteile konvexe Außenspiegel imVergleich zu planen Spiegeln haben. Seit Ende der 60er Jahre werden Studien durchgeführt, diesich mit der Wahrnehmung von Distanzen und Geschwindigkeiten in nicht-planen Spiegeln be-schäftigen (z. B. BURGER, MULHOLLAND, SMITH& SHARKEY, 1980 [12]; de VOS, 2000 [85]; deVOS, VAN DER HORST & PEREL, 2001 [86]; FIS-HER & GALER, 1984 [31]; FLANNAGAN, SIVAK,SCHUMANN, KOJIMA & TRAUBE, 1997 [43];FLANNAGAN, SIVAK & TRAUBE, 1996 [39]; FLAN-NAGAN, SIVAK, KOJIMA & TRAUBE, 1998 [42];MORTIMER, 1971 [67]; MORTIMER & JORGESON,1974 [66]; SUGIURA & KIMURA, 1978 [80]; WAL-RAVEN & MICHON, 1969 [88]). Die Untersuchun-gen kommen dabei fast einhellig zu der Schlussfol-gerung, dass Distanzen überschätzt werden (fürdie Verkehrssicherheit negativ). In Bezug auf dieEinschätzung von Geschwindigkeiten ist die Be-fundlage jedoch weniger eindeutig (MORTIMER,1971 [67]; FISHER & GALER, 1984 [31]: kein Zu-sammenhang; BOWLES, 1969 [9]: Unterschätzungder Geschwindigkeit [für die Verkehrssicherheit ne-

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gativ], SUGIURA & KIMURA, 1978 [80]: Überschät-zung bei langsamen Geschwindigkeiten; vgl. hierzuauch HENDERSON et al., 1983 [51]). Dies kannmöglicherweise auch durch die Tatsache begrün-det werden, dass die meisten Studien Geschwin-digkeitsschätzungen nur indirekt erfassen (z. B.über den letzten sicheren Moment für einen Spur-wechsel). Mathematisch konnte PLATZER (1995)[72] zeigen, dass sich die Größe eines sich nähern-den Fahrzeugs in einem konvexen Spiegel schnel-ler verändert als in einem planen Spiegel. Durch dieschnellere Zunahme der Größe sollte das Fahrzeugim konvexen Spiegel daher im Vergleich zum pla-nen Spiegel als schneller wahrgenommen werden.Diese Tatsache beschreibt auch CARRUTHERS(1966) [14], der ebenfalls betont, dass das Größer-werden des Abbilds des Fahrzeugs in einem konvexen Spiegel nicht konstant ist, sondern zu-nimmt.

Insgesamt sind sich die verwendeten Methodenzur Distanz- und Geschwindigkeitswahrnehmungdabei sehr ähnlich und lassen sich im Allgemei-nen einer von zwei Aufgaben („last safe gap“, „magnitude estimation“) zuteilen.

Die größte Verbreitung hat hierbei die Untersu-chung des letzten sicheren Moments für einenSpurwechsel („last safe gap“) gefunden. Bei die-sem Versuchsdesign sitzt die Versuchsperson ineinem stehenden Fahrzeug (ein so genanntes „semidynamisches“ Design) oder fährt aktiv im Verkehr mit („dynamisches Design“). Die Aufgabebesteht nun darin, vor einem überholenden Fahr-zeug die Spur zu wechseln. Das überholende Fahr-zeug wird dabei durch den jeweiligen zu unter-suchenden Außenspiegel beobachtet, wobei MORTIMER & JORGESON (1974) [66] und MORTI-MER (1971) [67] den Versuchspersonen zusätz-lich gestatteten, den Innenspiegel zur Beurteilungder Distanzen mit zu benutzen. In einigen Studien(z. B. FISHER & GALER, 1984 [31]) wird diese Aufgabe auch als Laborexperiment operationali-siert und die Verkehrssituation nur als Film präsen-tiert.

Durch diese insgesamt recht realitätsnahen Ver-suchsanordnungen können Distanzen erfasst wer-den, die von den Versuchspersonen als geradenoch ausreichend für einen Spurwechsel beurteiltwerden. Da sich das überholende Fahrzeug auf dieVersuchsperson zubewegt, fließt in die Spurwech-selentscheidung zusätzlich eine Geschwindigkeits-schätzung ein.

Obwohl die meisten Studien feststellen konnten,dass die Versuchspersonen mit geringer werden-dem Krümmungsradius des Rückspiegels zuneh-mend kleinere Lücken für einen Spurwechsel ak-zeptierten (was gleichbedeutend mit einer Wahr-nehmungsverzerrung in Richtung größerer Distan-zen ist), so ist die Überschätzung der Distanzenabhängig von verschiedenen Faktoren.

So stellten BURGER, MULHOLLAND, SMITH &SHARKEY (1980) [12], MORTIMER (1971) [67] undMORTIMER & JORGESON (1974) [66] fest, dassdie Verzerrungen des Außenspiegels durch die Ver-fügbarkeit eines planen Innenspiegels kompensiertwerden können. Wenn die Versuchspersonen zu-sätzlich zum Außenspiegel einen Innenspiegel be-nutzen durften, dann gab es, unabhängig vom ver-wendeten Außenspiegel, keine Unterschiede in derBeurteilung des letzten sicheren Moments für einenSpurwechsel. Auch MORROW & SALIK (1962a)[64] berichten in ihrem Überblick von Empfehlun-gen, konvexe Außenspiegel und plane Innenspie-gel zu verwenden. In ihren Überlegungen zu Rück-spiegelsystemen für Lkw kommen auch OLSON &POST (1979) [70] zu der Schlussfolgerung, dass diekonvexen Spiegel aufgrund ihrer Eigenschaften gutdafür geeignet sind, den toten Winkel im Nahbe-reich zu eliminieren. Distanzen sollten ihrer Mei-nung nach jedoch mit einem planen Spiegel beur-teilt werden.

Die Erfahrung mit nicht-planen Spiegeln kannebenfalls zu einer Reduzierung der Überschätzungführen, sie jedoch nicht vollständig eliminieren(BURGER, MULHOLLAND, SMITH & SHARKEY,1980 [11]; BURGER, MULHOLLAND, SMITH,SHARKEY & BARDALES, 1980 [12]; FLANNAGANet al., 1996 [39]). In der Untersuchung von WALRA-VEN & MICHON (1969) [88] zeigte sich demge-genüber selbst bei Teilnehmern, die unerfahrenwaren in Bezug auf den Umgang mit sphärischenSpiegeln, kaum ein Effekt konvexer Außenspiegel.Bei höheren Geschwindigkeiten eines herannahen-den Fahrzeugs wurden die unerfahrenen Teilneh-mer sogar konservativer in ihren Spurwechselent-scheidungen. Unter dem Gesichtspunkt der Erfah-rung und des Lernens muss auch ein Befund vonde VOS (2000) [85] erwähnt werden. In dieser sehrumfangreichen Studie wurde die bemerkenswerteBeobachtung gemacht, dass Fahrer, die mit sphäri-schen Spiegeln vertraut waren, die Reduzierungder Objektgröße kompensieren konnten, währendFahrer, die teilasphärische Spiegel gewöhnt waren,nicht in der Lage waren, die Verzerrungen in teilas-

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phärischen Spiegeln zu kompensieren. Teilnehmermit einem sphärischen Spiegel an ihrem eigenenFahrzeug wählten bei dem sphärischen Experi-mentalspiegel signifikant größere Lücken für einenSpurwechsel im Vergleich zu Versuchspersonen,die Erfahrungen mit planen oder teilasphärischenSpiegeln hatten. Wenn Fahrer, die teilasphärischeSpiegel an ihrem Fahrzeug besaßen, mit planenTestspiegeln fuhren, so wählten sie signifikantgrößere Lücken als mit dem sphärischen Testspie-gel. Diese Befunde sind deswegen so überra-schend, weil auch im teilasphärischen Spiegelgrößere Entfernungen eher im sphärischen Teil desSpiegels gesehen werden und sich das Bild einessich von hinten nähernden Fahrzeugs nicht sostark von dem Bild in einem sphärischen Spiegelunterscheiden sollte. Ein Grund für diese erstaunli-chen Ergebnisse ist daher vielleicht in dem größe-ren Krümmungsradius der teilasphärischen Spiegelder Versuchspersonen (ca. 2.000 mm) im Vergleichzu sphärischen Spiegeln (ca. 1.600-1.700 mm) indieser Studie zu sehen. So könnten Fahrer miteinem teilasphärischen Außenspiegel an ihrem ei-genen Fahrzeug möglicherweise weniger starkeVerzerrungen gewöhnt sein und sie haben kleinereLücken gewählt, da sie die stärkere Verkleinerungder sphärischen Spiegel nicht gewöhnt waren unddaher auch nicht kompensieren konnten. Nach deVOS (2000) [85] deuten diese Ergebnisse daraufhin, dass Fahrer, die teilasphärische Spiegel ge-wöhnt sind, weniger Erfahrung mit ihren Spiegelnhaben, da diese noch nicht so lange wie sphärische Außenspiegel verfügbar sind. Besitzervon Fahrzeugen mit sphärischen Spiegeln hattenalso mehr Zeit, die Eigenschaften ihrer Spie-gel kennen zu lernen. Diese Annahme ist je-doch fraglich, da sie sehr lange Lernzeiten voraus-setzen würde und die Frage aufwirft, ob es akzep-tabel ist, wenn man erst nach einer so langen Zeitdie Eigenschaften des Spiegels kompensierenkann.

Wie oben bereits angedeutet wurde, hat auch dieStärke der Krümmung einen Einfluss auf die Beur-teilung von Distanzen. In den meisten Untersu-chung zeigten Spiegel mit einer stärkeren Krüm-mung größere Verzerrungen der Distanzwahrneh-mung (z. B. FISHER & GALER, 1984 [31]; SUGIU-RA & KIMURA, 1978 [80]). So halbiert sich der mi-nimale Sicherheitsabstand bei einem Spiegel mit600 mm Radius im Vergleich zu einem planenAußenspiegel (FISHER & GALER, 1984 [31]). EinenÜberblick über die Ergebnisse verschiedener Stu-

dien und eine grafische Zusammenfassung der gefundenen Überschätzungen konvexer Spiegelmit unterschiedlichen Radien im Vergleich zu pla-nen Spiegeln findet sich bei FLANNAGAN, SIVAK &TRAUBE (1997) [40] und FLANNAGAN et al. (1998)[42]. Wenn man diese Studien miteinander ver-gleicht, so zeigt sich, dass sich die Distanzschät-zungen zwar mit zunehmendem Krümmungsradiusverbessern, eine Überschätzung jedoch bestehenbleibt. Da die meisten Untersuchungen sich abernur mit Rückspiegeln befasst haben, deren Krüm-mung maximal 2.000 mm war, untersuchten FLAN-NAGAN et al. (1998) [42] Spiegel mit Radien bis zu8.900 mm. Die Fragestellung ihres Experimentswar, ob die Abnahme der Überschätzungen beikonvexen Spiegeln mit zunehmendem Krüm-mungsradius dazu führt, dass bei leichten Krüm-mungen nahezu keine Fehleinschätzungen von Dis-tanzen mehr existieren. Mit solchen Krümmungs-radien (z. B. 8.900 mm) hätten dann teilasphärischeRückspiegel ausgerüstet werden können, die auf-grund des asphärischen Teils trotzdem ein großesSichtfeld nach hinten bieten würden. Die Ergebnis-se zeigten jedoch, dass auch bei Radien bis 8.900mm im Vergleich zu planen Spiegeln noch Über-schätzungen auftraten. Die kleinste Überschätzungin diesem Experiment betrug dabei 8 % bei 8.900mm Krümmungsradius. Die in dieser Untersuchungeingesetzte Methode ist eine im Vergleich zu denoben genannten Spurwechsel-Studien direktereMessung der Distanzwahrnehmung. Bei der so ge-nannten „Magnitude Estimation“-Methode mussdie Versuchsperson die Distanz zu einem im Rück-spiegel zu sehenden Fahrzeug einschätzen, ohnedass weitere Aufgaben (wie z. B. das tatsächlicheFühren eines Fahrzeugs oder Ähnliches) von ihr ge-fordert werden. Die Beurteilung der Distanz ge-schieht dabei in Relation zu einer Standarddistanz.Es wird daher ein Fahrzeug in einer bestimmtenEntfernung vor das Fahrzeug des Versuchsteilneh-mers gestellt und diesem als so genannter „Anker“ein Wert zugeteilt (es wird z. B. einem 10 Meter ent-fernten Auto der Wert 100 zugeteilt). Die Distanzenzu den hinter dem Fahrzeug der Versuchspersonpositionierten Fahrzeugen werden nun im Vergleichzur „Anker“-Distanz geschätzt (einem 20 Meter hinter der Versuchsperson stehenden Fahrzeugsollte also im obigen Beispiel der Wert 200 zuge-teilt werden). Zusammenfassend führt ein kleinerKrümmungsradius zu starken Verzerrungen der Distanzschätzungen, die bei größeren Radien zwar abnehmen, jedoch nicht komplett verschwin-den.

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Die Distanz zwischen Auge und Spiegel scheint dieDistanzschätzungen bei konvexen Spiegeln eben-falls zu beeinflussen. FLANNAGAN, SIVAK, SCHU-MANN et al. (1997) [43] untersuchten diesen Fak-tor, indem sie mit Hilfe der „Magnitude Estimation“-Aufgabe Distanzen sowohl durch plane als auchkonvexe Außenspiegel auf der Fahrer- und Beifah-rerseite einschätzen ließen. Der Abstand zwischenAuge und Spiegel auf der Beifahrerseite war dabeifast doppelt so groß wie der Abstand zum Spiegelauf der Fahrerseite (1.226 mm und 651 mm).Während sich für plane Außenspiegel kein Unter-schied in der Distanzschätzung für die beidenSpiegelpositionen zeigte, waren die Distanzschät-zungen bei konvexen Spiegeln abhängig vom Ab-stand zwischen Auge und Spiegel. Ein Abstand,der dem durchschnittlichen Abstand zum Außen-spiegel auf der Beifahrerseite entsprach, führte imVergleich zur kleineren Auge-Spiegel-Distanz aufder Fahrerseite zu fast doppelt so großen Über-schätzungen (für die Verkehrssicherheit negativ).Die Autoren kommen daher zu der Schlussfolge-rung, dass die Einführung von konvexen Außen-spiegeln auf der Fahrerseite weniger starke Auswir-kungen haben sollte als auf der Beifahrerseite.Trotz dieser Tatsache empfiehlt BOCKELMANN(1990 [5], 1991 [6]) den Einsatz teilasphärischerAußenspiegel sowohl auf der Fahrer- als auch aufder Beifahrerseite. Er begründet dies neben demgrößeren Sichtfeld und dem damit verbundenen Si-cherheitsgewinn damit, dass ansonsten jeder Spie-gel eine andere Informationsart beinhalten würde(Fahrerseite: teilasphärisch, Innenspiegel: plan,Beifahrerseite: sphärisch).

Ein weiterer wichtiger Aspekt der meisten Untersu-chungen muss noch erwähnt werden. So scheintes bei planen Spiegeln eine Tendenz zur Unter-schätzung von Distanzen zu geben (z. B. FLANNA-GAN et al., 1998 [42]; FLANNAGAN, SIVAK, SCHU-MANN et al., 1997 [43]). Unterschätzungen von Dis-tanzen sind jedoch positiv für die Verkehrssicher-heit zu bewerten. Bei FLANNAGAN et al. (1996)[39] wurden Distanzen mit sphärischen Spiegelnzwar überschätzt, die Distanzschätzungen mit teil-asphärischen Rückspiegeln erwiesen sich jedochals erstaunlich genau. Da die Entfernungen mit pla-nen Spiegeln jedoch auch in dieser Studie unter-schätzt wurden, werden die Ergebnisse dahin ge-hend interpretiert, dass sphärische und teilasphäri-sche Spiegel Distanzen im Vergleich zu planenSpiegeln überschätzen (für die Verkehrssicherheitnegativ). Viele Autoren berechnen die Fehlein-

schätzung mit konvexen Spiegeln im Vergleich zuplanen Spiegeln und nicht im Verhältnis zu den rea-len Distanzen. In Bezug zu den realen Distanzen(und nicht zu Distanzschätzungen mit planen Spie-geln) sind konvexe Spiegel teilweise recht genau(zumindest genauer als plane Spiegel). Wenn kon-vexe Spiegel daher mit Verzerrungen in Verbindunggebracht werden, so hängt dies auch davon ab,welcher Maßstab als Referenz angesehen wird. Be-trachtet man die tatsächliche Entfernung als rele-vantes Maß, so kommt man möglicherweise zu an-deren Ergebnissen, als wenn man plane Spiegel alsReferenz nimmt. Die meisten Autoren wählen indiesem Zusammenhang plane Spiegel als Ver-gleichsgrundlage, da diese sich bei Distanzschät-zungen im normalen Verkehrsgeschehen bewährthaben. Ob die Entscheidung für plane Spiegel alsReferenz für genaue Distanzschätzungen unterallen Umständen sinnvoll und richtig ist, wird mittlerweile jedoch auch in der Literatur hinter-fragt (vgl. FLANNAGAN, SIVAK & MEFFORD, 2002[38]).

5.2 Schlussfolgerungen

Zusammenfassend konnten die berichteten Studi-en zeigen, dass Überschätzungen von Distanzenbei konvexen Spiegeln existieren, diese jedoch jenach Studie unterschiedlich hoch ausfallen. Insge-samt sind diese Überschätzungen aber wenigerhoch als von den meisten Autoren erwartet ausge-fallen. Es muss dennoch ein Kompromiss zwischenQualität und Quantität des Sichtfelds gefundenwerden, da man nicht ausschließen kann, dassunter bestimmten Bedingungen eine auch in derFahrpraxis sicherheitsrelevante Überschätzung derDistanzen vorkommen kann (z. B. unter Stress, inNotfällen, vgl. FLANNAGAN, 1988 [33]; FLANNA-GAN & SIVAK, 1993 [34]). So bieten sphärisch undteilasphärisch konvexe Spiegel zwar ein größeresSichtfeld nach hinten, dieses wird im Vergleich zueinem planen Spiegel jedoch verzerrt dargestellt.Das Problem einer fehlerhaften Distanzwahrneh-mung kann zwar durch verschiedene Faktoren be-einflusst werden, aber vollständig lässt es sich an-scheinend nicht vermeiden. Sphärische und teilas-phärische Spiegel unterscheiden sich in den ge-nannten Studien jedoch selten. Ein Vorteil teilas-phärischer Spiegel kann darin gesehen werden,dass dieser im sphärischen Teil eine weniger star-ke Verzerrung produzieren muss, um das gleicheSichtfeld wie ein komplett sphärischer Spiegel zuerhalten. Ein Nachteil teilasphärischer Spiegel zeig-

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te sich jedoch in der Untersuchung von de VOS(2000) [85] und de VOS et al. (2001) [86]. Diese Au-toren konnten demonstrieren, dass in ihrer Stich-probe ausschließlich die Fahrer, die sphärischeSpiegel gewöhnt waren, die verzerrenden Effekteihres Spiegels kompensieren konnten, nicht jedochFahrer mit teilasphärischen Spiegeln an ihrem eige-nen Fahrzeug. Studien zu Unfallraten bei Spur-wechseln konnten keine negativen Auswirkungensphärischer oder teilasphärischer Spiegel feststel-len, die Benutzung schien im Gegenteil eher miteiner Abnahme an Unfällen einherzugehen. Esscheinen auch weder verstärkte Anstrengungennötig zu sein, die durch konvexe Spiegel verzerrtenBilder zu verarbeiten und zu interpretieren, nochwird häufiger oder länger in den Außenspiegel ge-blickt. De VOS et al. (2001) [86] und de VOS (2000)[85] haben zwar zeigen können, dass Fahrer, die anihrem eigenen Fahrzeug einen sphärischen Spiegelhaben, häufiger in den Spiegel schauten als Fahrermit einem planen Spiegel an ihrem eigenen Pkw.Dies galt jedoch nicht für Fahrer, die teilasphäri-sche Spiegel besaßen. Ihre Blickhäufigkeit unter-schied sich nicht signifikant von der anderer Fahrer.Die berichteten Reaktionszeiten in den genanntenArtikeln stiegen bei konvexen Spiegeln ebenfallsnicht an. Im Gegensatz dazu haben JANI & MENE-ZES (1962) [54] in ihrem Laborexperiment jedochzeigen können, dass es etwas länger dauert, Ob-jekte in einem konvexen im Vergleich zu einem pla-nen Spiegel zu fokussieren. Der Unterschied be-trug hierbei im Durchschnitt 0,12 Sekunden (0,11Sekunden bei jüngeren und 0,15 Sekunden bei äl-teren Versuchspersonen). Die Autoren kommenaufgrund der ihnen vorliegenden Daten zu derSchlussfolgerung, dass diese zusätzlich benötigteZeit insbesondere bei höheren Geschwindigkeitenauf Autobahnen und bei älteren Verkehrsteilneh-mern von Bedeutung sein könnte.

BOCKELMANN (1990 [5], 1991 [6]) weist des Wei-teren darauf hin, dass die Spiegelgehäuse vor einergroßflächigen Einführung teilasphärischer Außen-spiegel einer Überarbeitung bedürfen. Da vieleSpiegel zu tief im Gehäuse liegen, könnten die Vor-teile der asphärischen Fläche nicht vollständig aus-genutzt werden.

In Bezug auf die unterschiedlichen experimentellenMethoden (Spurwechsel und direkte Schätzungder Distanzen durch Magnitude Estimation) habenFLANNAGAN et al. (1998) [42] festgestellt, dass dieErgebnisse keine großen Unterschiede aufweisen.In der vorhandenen Literatur gibt es insgesamt we-

nige Untersuchungen, die explizit die Vor- undNachteile sphärischer und teilasphärischer Spiegelmiteinander verglichen haben. Hier besteht daherebenso die Notwendigkeit weiterer Studien zu die-sem Thema wie zur Frage, inwieweit die zusätzli-che Verwendung des Innenspiegels die negativenAuswirkungen nicht-planer Spiegel kompensierenkann. In den wenigen Studien, die diesen Faktor inihr Versuchsdesign aufgenommen haben, zeigtensich positive Auswirkungen des Innenspiegels aufdie Distanzschätzungen. Der asphärische Teil einesAußenspiegels wird dann möglicherweise nur füreine letzte Überprüfung herangezogen, ob man dieSpur wechseln kann oder nicht („Go or no-go“-Indikator). Wie sich in den Fragebögen zeigte, be-steht auch Handlungsbedarf in Bezug auf das Wissen der Fahrer über ihre eigenen Spiegel unddie Eigenschaften sphärischer und teilasphärischerSpiegel. Weitere Vorschläge für Bereiche, die drin-gend zusätzlicher Untersuchungen bedürfen undAnregungen für Forschungsansätze finden sich z. B. bei FLANNAGAN & SIVAK (1996) [35].

Abschließend soll hier die Argumentation von deVOS (2000) [85] und de VOS et al. (2001) [86] zumEinsatz konvexer Spiegel und zur Abwägung derVor- und Nachteile berichtet werden. Die Autorenvergleichen die Vorteile der Reduzierung des totenWinkels mit dem Nachteil des Wählens kleinererLücken bei Spurwechseln. Unter dem Gesichts-punkt der Unfallvermeidung wird nun die Frageaufgeworfen, inwieweit der Fahrer auf der benach-barten Spur die Situation kontrollieren und einenUnfall vermeiden kann. Im Falle einer zu kleinenLücke besteht nach der Forschergruppe um deVOS für den von hinten kommenden Fahrer eherdie Möglichkeit, den Fehler zu kompensieren, da ernoch frühzeitig mit Bremsen oder Ausweichen rea-gieren kann. Ist der Fahrer in der benachbartenSpur jedoch schon im toten Winkel und daher sehrnah, so bestehen weniger Optionen, eine gefährli-che Situation zu vermeiden. Die Autoren kommendaher zu der Schlussfolgerung, dass eine Verbes-serung der Sicht im toten Winkel wichtiger als derNachteil der Verkleinerung der akzeptierten Lückenbeim Spurwechsel ist. Daher sollten nicht-planeSpiegel vorteilhaft für die Sicherheit sein. EinenÜberblick über die zu diesem Thema durchgeführ-ten Studien gibt Kapitel 5.3. Neben den Ergebnis-sen der Untersuchungen werden, sofern sie ver-fügbar sind, auch die Empfehlungen bezüglich derVerwendbarkeit konvexer Außenspiegel wiederge-geben.

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5.3 Übersicht bisheriger Studien

Autoren Methode Vpn Krümmungsradius Ergebnisse Empfehlung

BOCKELMANN(1990 [5], 1991 [6])

Überblicks-artikel

-- -- --Der Autor befürwortet den Einsatz teilas-phärischer Spiegel für beide Fahrzeugseiten.

BOWLES (1969)[9]

Spur-wechsel (dynamisch)

8plan und 48 Inchsphärisch

Überschätzung von Distanzen mit konvexen Spiegeln

Für die meisten Leute sind in kritischenFahrsituationen plane Spiegel sphärischenSpiegeln vorzuziehen.

BURGER, MULHOLLAND,SMITH & SHARKEY(1980) [11]

1. Spur-wechsel (semi-dynamisch)

2. NullMatch

1. 12

2. 12

80, 55, 40 und 20Inch sphärisch (insgesamt 46 Spiegelsysteme)

1.Keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Krümmungsradien,aber höhere Unzufriedenheit bei stärkerer Krümmung.

2.Überschätzung von Distanzen bei kleineren Radien, besonders bei größeren Distanzen.

Sphärische Spiegel mit 55 Inch Krümmungsradius werden empfohlen.

CARRUTHERS(1966) [14]

Überblicks-artikel

-- -- --

Keine Empfehlung, Vor- und Nachteile pla-ner und konvexer Spiegel werden diskutiert.Bei konvexen Spiegeln wird eine Einge-wöhnungsphase benötigt, dann sollten jedoch keine Probleme mehr auftreten.

CONNOLLY(1964) [18]

Überblicks-artikel

-- -- --

Keine Empfehlung, aber der Autor schlägt zur Verbesserung derrückwärtigen Sicht ein größeres Sichtfeldvon mindestens 44°vor, um den toten Winkel zu eliminieren.

FISHER & GALER(1984) [31]

Spur-wechsel (Labor-experiment,Filme)

21

plan, 1.950, 1.400 und 600 mm sphärisch

Kleinere Lücken werden mit zu-nehmender Krümmung akzeptiert.

Vorteile konvexer Spiegel werden gesehen,weitere Analysen sind notwendig, 600 mmKrümmung sind zu stark und damit unsicher.

FLANNAGAN &FLANNAGAN(1998) [32]

Befragung(nach 4 Wo-chen Testmit nicht-planemSpiegel)

114

1.500 und 2.000mm sphärischeSpiegel + 3 teilasphärischeSpiegel mit unter-schiedlichem An-teil variablerKrümmung: 34,40 oder 66 % der Spiegelbreite

Nach 4 Wochen wurden alle nicht-planen gegenüber planen Spiegelnbevorzugt.

--

FLANNAGAN &SIVAK (1993) [34]

Überblicks-artikel

-- -- --Vorteile teilasphärischer gegenüber sphärischer Spiegel werden betont.

FLANNAGAN(2000) [37]

Überblicks-artikel

-- -- --

Nicht-plane Spiegel werden generell positivbeurteilt, es werden keine schwer wiegendenProbleme mit nicht-planen Spiegeln erwar-tet, sondern eher ein Sicherheitsgewinn.

FLANNAGAN,SIVAK & TRAUBE(1996) [39]

Magnitude Estimation (Feldex-periment,statisch)

24

plan, sphärisch1.000 mm undteilasphärisch mit1.400 mm imsphärischen Teil

Nicht-plane Spiegel führen zu Über-schätzung von Distanzen im Vergleichzu planen Spiegeln. Plane Spiegel unterschätzten, teilasphärische warensehr genau. Es gab Anzeichen für Lerneffekte.

Wenn eine deutliche Adaptation an die Spiegel möglich ist, dann wird die Be-nutzung nicht-planer Rückspiegel nach-drücklich empfohlen.

FLANNAGAN,SIVAK, KOJIMA & TRAUBE (1998)[42]

Magnitude Estimation (Feldexperi-ment, sta-tisch)

12

plan, 2.100,3.300, 5.400 und8.900 mmsphärisch

Distanzen werden auch mit konvexenSpiegeln mit Radien bis 8.900 mmüberschätzt; je kleiner der Radius ist,desto höher werden die Distanzschät-zungen.

Unentschlossen in Bezug auf den Kompro-miss zwischen Qualität und Quantität desSichtfelds.

FLANNAGAN,SIVAK, SCHU-MANN, KOJIMA & TRAUBE (1997)[43]

Magnitude Estimation (Feldex-periment,statisch)

8plan und 1.400mm sphärisch

Überschätzung von Distanzen beikonvexen Spiegeln, größere Über-schätzung bei größerem Auge-SpiegelAbstand.

Effekte auf Beifahrerseite größer, daher Ein-führung konvexer Spiegel auf Fahrerseiteweniger problematisch.

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Autoren Methode Vpn Krümmungsradius Ergebnisse Empfehlung

FOSBERRY &MILLS (1959) [45]

Überblicks-artikel, Ver-messungder Sicht-verhältnisse

-- -- --

Bei Nutzfahrzeugen werden auf der Fahrer-seite konvexe Außenspiegel empfohlen, fürandere Fahrzeuge werden keine Empfeh-lungen in Bezug auf Rückspiegel ausge-sprochen.

HELMERS, FLANNAGAN,SIVAK, OWENS,BATTLE & SATO(1992) [50]

Reaktions-zeit beimEntdeckenvon Fahr-zeugen (Laborex-periment;statisch)

24

plan, sphärisch2.100 mm und teilasphärisch mit2.100 mm imsphärischen Teil

Reaktionszeit mit teilasphärischemSpiegel am kürzesten, am längstenmit planem Spiegel. Ältere Vpn längere Reaktionszeiten als jüngere.Bei sphärischen Spiegeln mehr Fehler als bei planen oder teilasphä-rischen Spiegeln.

Keine Empfehlung, da in dieser Studie nurdie qualitative Frage nach dem Vorhanden-sein eines Fahrzeugs gestellt wurde (Ja-Nein-Entscheidung), aber keine Distanz-schätzungen erfragt wurden.

HENDERSON,SMITH, BURGER& STERN (1983)[51]

Überblicks-artikel

-- -- --

Teilasphärische Spiegel stellen möglicher-weise einen Kompromiss zwischen den Eigenschaften sphärischer und planer Spiegeln dar.

JANI & MENEZES(1962) [54]

Anzahl erkannterSymbole in einer Minute(Labor-experiment)

14 plan und 41 Inch

Keine statistischen Analysen durchge-führt, aber es wurden mehr Zeichenmit dem planem Spiegel erkannt, imDurchschnitt brauchten die Vpn 0,12Sekunden länger, um den sphärischenSpiegel zu fokussieren, ältere Teil-nehmer brauchten durchschnittlichsogar 0,15 Sekunden länger.

Keine Empfehlung, aber: Einige, insbe-sondere ältere, Personen könnten mit einem konvexen Spiegel Schwierigkeitenhaben, Details des folgenden Verkehrs klarzu erkennen. Die zusätzlich aufzubringendeZeit zum Fokussieren könnte bei höherenGeschwindigkeiten von Bedeutung sein.

KAEHN (1975[55], 1976 [56])

Befragungnach Test-fahrten

515;150

Verschiedene Spiegelsysteme mit planen undkonvexen (50 oder60 Inch) SpiegelnunterschiedlicherGröße

Konvexe Spiegel wurden am Kotflügelplatziert, waren teilweise nicht einzu-stellen. Ein System mit größerem pla-nen Spiegel auf der Fahrerseite wurdegegenüber dem getesteten Systemmit einem konvexen Spiegel auf derFahrerseite bevorzugt.

Es wurden keine teilasphärischen Spiegeluntersucht. Vorteile der Reduzierung destoten Winkels werden erkannt. Keine Emp-fehlung. Ergebnisse dieser (eher unrealis-tischen) Spiegelsysteme lassen keine ein-deutigen Schlussfolgerungen zu.

KELLEY & PROSIN (1969)[57]

Überblicks-artikel

-- -- --Die Autoren ziehen einen gekrümmten Spiegel einem planen Spiegel mit zu kleinem Sichtfeld vor.

LANG (2004)[58]

Messungvon Fehlein-stellungendes Außen-spiegels

26

9 Vpn hatten aufder Fahrerseiteeinen planen, 6einen sphärisch,11 einen teilas-phärisch Spiegel.

24 von 26 Versuchspersonen hattenden Spiegel so eingestellt, dass sieeinen Großteil ihres Fahrzeuges er-kennen konnten.

Vorteile des teilasphärischen Spiegels ge-genüber planen und konvexen Spiegeln werden betont. Fehleinstellungen könnenbesser kompensiert werden.

LUOMA, SIVAK & FLANNAGAN(1995) [59]

Analyse vonSpur-wechsel-unfällen

407Un-fälle

plan, sphärisch (55 % der Fahr-zeuge mit Radienzwischen 1.400 und 2.000 mm) und teilasphärisch(2.000 mm imsphärischen Teilund 140-800 mmim asphärischenTeil)

Keine Unterschiede zwischen sphärischen und teilasphärischenSpiegeln. Tendenz zu weniger Un-fällen bei nicht-planen im Vergleich zu planen Spiegeln.

Empfehlung von sphärischen und teil-asphärischen Spiegeln. Minimierung destoten Winkels scheint wichtiger als ein unverzerrtes Bild zu sein.

MCINTYRE, MCCORD &DALBY (1995) [62]

Überblicks-artikel (aus-schließlichLkw)

-- -- --Zusätzliche teilasphärische Spiegel werdenempfohlen.

MORROW &SALIK (1962b)[65]

Überblicks-artikel

-- -- --Die Benutzung von konvexen Spiegeln miteinem Krümmungsradius von weniger als 41Inch wird empfohlen.

MORTIMER & JORGESON(1974) [66]

Spur-wechsel (dynamisch)

8

plan und 48 Inch(1,22 m) sphärisch(zusätzliche Nutzung des Innenspiegels war erlaubt)

In Bezug auf die Größe der akzeptier-ten Lücke gibt es keine Unterschiedezwischen Tag und Nacht und Art desSpiegels. Keine Unterschiede zwischen Spiegeln bei Aufgaben, die die Sicherheit betreffen.

Vorteile durch größeres Sichtfeld bei kon-vexen Spiegeln; keine Nachteile, wenn zusätzlich ein planer Innenspiegel benutztwird.

Page 49: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

48

Autoren Methode Vpn Krümmungsradius Ergebnisse Empfehlung

MORTIMER(1971) [67]

Spur-wechsel (dynamisch)

36 (18 proVersuch)

plan, 47 und 29Inch sphärisch (zusätzliche Nutzung des Innenspiegels inVersuch 2 erlaubt)

Ohne Innenspiegel Überschätzung der Distanzen, diese ist größer beikleinerem Krümmungsradius; mit Innenspiegel keine Unterschiede;Beurteilung der Geschwindigkeitkein Problem mit konvexen Spiegeln.

Konvexe Spiegel sind einigermaßen sicherund die Vorteile überwiegen.

OLSON &POST (1979)[70]

Überblicks-artikel (aus-schließlichLkw)

-- -- --

Zusätzliche konvexe Spiegel (Radius > 20 Inch) zur Eliminierung des toten Winkels; Distanzschätzung sollten mit planem Spiegel durchgeführt werden.

PILHALL(1981) [71]

Überblicks-artikel

-- -- --Teilasphärische Außenspiegel werden empfohlen (optimaler Radius des sphärischen Teils 2.000 mm).

ROWLAND, SILVER, VOLINSKY,BEHRMAN,NICHOLS & CLISHAN(1970) [73]

Viele unter-schiedlichekleine Ex-perimente (insgesamt15) (statisch, semidy-namisch, dynamisch)

insgesamt150 ver-schiedeneVpn (zwischen3 und 34Vpn proVersuch)

Außenspiegel: 200 Inch (für dieAutoren entsprichtdies einem planen Spiegel), 80, 40 und 20 Inchsphärisch

Innenspiegel: 200, 20, 121/2 und10 Inch

Unterschätzung bei planem Spie-gel, ausgeglichene Schätzungenmit 80 Inch konvexen Spiegeln;Überschätzung mit zunehmenderKrümmung. Lokalisierung von Zielen ist nicht schlechter, sondernmeistens besser als mit planenSpiegeln; Anpassung und Lernenist bei konvexen Spiegeln nötig,aber möglich; keine Unterschiedezwischen Leistungen bei Tag undNacht.

Sphärische Spiegel mit 40 Inch Krüm-mungsradius sind ein zufrieden stellender Kompromiss in Bezug auf Krümmung, daher wird dieser Radius für alle Spiegel(links, rechts, innen) empfohlen. Es wirdweiterhin empfohlen, Spiegel mit Radien < 20 Inch und > 80 Inch und auch planeSpiegel zu vermeiden.

SAND, van deSCHRÜLL-KAMP & WALLEN-TOWITZ (2001)[83]

Literatur-analysen,Messung seitlicherund rück-wärtigerSichtfelderbei Kraft-rädern

--sphärisch konvexund asphärisch

Die Sichtwinkel betrugen ca. 20°.Teilasphärische Spiegel boteneinen zusätzlichen Überblick überden rückwärtigen Verkehr. EineEingewöhnungszeit und eine leichte Verzerrung der Abbildungs-qualität wurden jedoch be-obachtet.

Der Einsatz teilasphärischer Spiegel istmöglich, die gesetzlichen Werte sollen aber bereits durch den sphärischen Teil erfüllt werden.

SCHUMANN, SIVAK & FLANNAGAN(1998) [76]

Analysevon Spur-wechsel-unfällen

3.038 Unfälle

plan und 1.400 (± 200) mmsphärisch

Keine Belege für eine Zunahme anUnfällen bei konvexen Spiegeln imVergleich zu planen Spiegeln, tendenziell eher weniger Unfälle.Besondere Vorteile bei jungen undalten Fahrern (Hochrisikogruppe).

Vorteile teilasphärischer Spiegel werden betont, da der tote Winkel reduziert wird,die Verkleinerung von Objekten aber fürgroße Teile des Spiegels geringer ist als bei sphärischen Spiegeln.

SMITH, BARDALES &BURGER(1978) [77]

Distanz-schätzun-gen (EinheitFeet)(Labor-experiment,Filme)

47 (Sitzung1–3); 45 (4. Test-sitzung)

plan und 50 Inch(1.270 mm)sphärisch

Positive Auswirkungen (i. S. von Reduzierung von Fehleinschätzungen) von Training und Lernen wurden ge-funden.

--

SUGIURA & KIMURA(1978) [80]

Null Match (semi-dynamisch)

10plan, 1.500, 1.200,900, 600 und 300mm sphärisch

Mit kleinerem Krümmungsradiusgrößere Überschätzung der Distanzen; bei planen Spiegeln Tendenz zur Unterschätzung.

Konvexe Spiegel mit Radien < 900 mm sindnicht empfehlenswert, 900-1.200 mm sindzu empfehlen.

VOS, de (2000) [85]

1. Befragung

2. Spur-wechsel(dynamisch)

1. 208

2. 36

1. plan, sphärischund teil-asphärisch

2. plan, 1.400 mmsphärisch, teil-asphärisch mit1.400 oder 2.000 mm imsphärischen Teil

1. weniger als die Hälfte der Fahrer kennt die Eigenschaftenihres Spiegels, nur ein Drittelweiß, was für einen Spiegel siehaben.

2. Akzeptanz kleinerer Lücken beinicht-planen Spiegeln. Fahrer,die sphärische Spiegel gewöhntsind, konnten die verzerrendenEigenschaften sphärischer Spiegel kompensieren. In Bezugauf den toten Winkel teilasphä-rische Spiegel besser als sphä-rische und plane Spiegel.

Nicht-plane Rückspiegel auf der Fahrerseitesind vorteilhaft für die Sicherheit.

Page 50: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

6 Empirische Untersuchungen

Im Folgenden werden die im Rahmen des Projek-tes durchgeführten Experimente beschrieben. Beider Planung der Experimente wurde „zweiseitig“ andie Fragestellung herangegangen, d. h., die erstenbeiden Experimente wurden so geplant, dasseventuelle Defizite teilasphärischer Außenspiegelmöglichst eindeutig entdeckt werden. Die Defiziteteilasphärischer Spiegel lagen – nach Meinung derAutoren – in der verzerrungsbedingt schlechterenAbbildungsqualität. Diese könnte Auswirkungenauf Distanz- und/oder Geschwindigkeitsschätzun-gen haben. Experiment 1 prüfte daher auf Unter-schiede in der Distanzschätzung mit planen,sphärischen und teilasphärischen Außenspiegeln.Experiment 2 sollte dann in einem etwas realitäts-näheren Versuchsaufbau die Geschwindigkeits-schätzungen mit teilasphärischen Spiegeln einerÜberprüfung unterziehen. Dies wurde durch dieSchätzung von Kontaktzeit mit einem anderenFahrzeug operationalisiert und wiederum mit derLeistung mit planen und sphärischen Spiegeln ver-glichen. Nachdem durch die ersten beiden Experi-mente die eventuellen Nachteile herausgearbeitetwurden, diente das dritte Experiment dazu, diemöglichen Vorteile teilasphärischer Spiegel zuüberprüfen. Die Vorteile bestehen in einem größe-ren Sichtfeld, das jedoch nicht durch längere Re-aktionszeiten bei Spurwechselentscheidungen er-kauft werden sollte.

Soweit in den jeweiligen Auswertungen nichts anderes berichtet wird, wurden alle statistischenAnalysen mit SPSS in den Versionen 11 und 12 beieinem Alpha-Niveau von 5 % berechnet.

6.1 Erstes Experiment

Das erste Experiment wurde im Januar 2004durchgeführt. Ziel dieses Versuchs war eine ersteÜberprüfung der Frage, ob sich die Distanzschät-zungen mit einem planen, sphärischen und teilas-phärischen Außenspiegel signifikant voneinanderunterscheiden. Im Folgenden werden die Methodeund die Durchführung dieses Feldexperiments mitstatischem Versuchsdesign kurz beschrieben, da-nach werden die Ergebnisse dargestellt und dieseim Anschluss diskutiert und mit Befunden der Lite-ratur verglichen.

6.1.1 Versuchsaufbau

Teilnehmer des Experiments

A priori wurde eine Planung des Stichprobenum-fangs durchgeführt. Bei einem α-Niveau von 5 %,einer Teststärke 1– α von 80 % und unter Annahmeeines kleinen bis mittleren Effekts (f = .20) ergabsich eine Stichprobengröße von 17 Versuchsperso-nen für den relevanten Haupteffekt des Spiegelsund von 26 Versuchspersonen für die Interaktionder zwei Faktoren Spiegel • Distanz. Dementspre-

49

Autoren Methode Vpn Krümmungsradius Ergebnisse Empfehlung

VOS, de, HORST,van der & PEREL(2001) [86]

Spurwechsel (dynamisch)

36

plan, 1.400 mmsphärisch, teilas-phärisch mit 1.400oder 2.000 mm imsphärischen Teil

Akzeptanz kleinerer Lücken bei nicht-planen Spiegeln. Fahrer, die sphärische Spiegelgewöhnt sind, konnten die verzerrenden Eigenschaftensphärischer Spiegel kompen-sieren. In Bezug auf den totenWinkel teilasphärische Spiegelbesser als sphärische undplane Spiegel.

Nicht-plane Rückspiegel auf der Fahrerseite sind vorteilhaft für die Sicherheit.

VOS, de,THEEUWES &PEREL (1999) [87]

Befragung 47

plan, 2.045 (SD = 931) mmsphärisch und 1.900 (SD = 297) mm teilasphärisch

45 % der Befragten kanntenihren Spiegeltyp. Es gibt Unterschiede in der Benutzungund den Präferenzen bei planen, sphärischen und teil-asphärischen Spiegeln.

--

WALRAVEN &MICHON (1969)[88]

Spurwechsel (dynamisch)

12plan, 600 und 1.200 mmm

Unerfahrene Personen werden bei konvexen Spiegeln mit zunehmender Geschwindigkeit konser-vativer.

Konvexe Spiegel mit einemKrümmungsradius nicht kleiner als 1.200 mm.

Page 51: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

chend wurden 26 Versuchspersonen als minimaleStichprobengröße festgelegt. Insgesamt nahmen27 Versuchspersonen an diesem Experiment teil,zwei mussten nachträglich jedoch von den Analy-sen ausgeschlossen werden, da bei einem Teilneh-mer Fehler in der Durchführung des Experimentsauftraten und die Daten der anderen Versuchsper-son darauf hindeuteten, dass sie die Instruktionfalsch verstanden hatte. Vorraussetzung für dieTeilnahme an dem Experiment war der Besitz einesPkw-Führerscheins. Es nahmen ausschließlichStudentinnen und Studenten des Fachs Psycholo-gie der Universität Trier teil, die im Rahmen ihrerAusbildung für ihre Teilnahme mit einer halben Versuchspersonenstunde entlohnt wurden. DasDurchschnittsalter betrug 21,8 Jahre, wobei diejüngste Person 19 Jahre und die älteste 31 Jahrealt war. 16 Versuchspersonen waren weiblich und 9männlich. Falls Fehlsichtigkeiten auf Seiten derTeilnehmer vorhanden waren, so wurden diesedurch geeignete Maßnahmen (Brille, Kontaktlinsen)korrigiert.

Methode

Im Kapitel 5 „Stand der Forschung“ wurde darge-legt, dass die meisten der bisher durchgeführtenStudien die Distanzschätzungen durch sphärischeund teilasphärische Spiegel zu Schätzungen mitplanen Außenspiegeln in Beziehung gesetzt haben.Aus diesem Grund wurden auch in dem ersten Ex-periment Distanzen mit sphärischen (Krümmungs-radius 1.400 mm) und teilasphärischen (Krüm-mungsradius asphärischer Teil von 2.000 mm bisca. 160 mm) Außenspiegeln beurteilt und diesedann mit den Schätzungen mit einem planen Spie-gel verglichen. Die Distanzschätzungen mit demplanen Spiegel dienten somit als Kontrollvariable.Es wird angemerkt, dass die Spiegel so gewähltwurden, dass sie eine möglichst große Populationwiderspiegeln. Verwendet wurden daher Golf-III-Spiegelgehäuse mit entsprechenden Spiegeltypen(plan sphärisch konvex, teilasphärisch), derenGröße (Breite ca. 170 mm, Höhe ca. 100 mm) undKrümmungsradien häufig auftreten, was aus denUntersuchungen zum Ausrüstungsstand hervor-geht (vgl. Kapitel 3.1).

Um zusätzlich untersuchen zu können, ob die Entfernung zum Versuchsfahrzeug in Abhängig-keit von den drei Spiegeln einen Einfluss auf die Distanzschätzung hat, wurden 5 verschiede-ne Distanzen zwischen 4 und 20 Metern unter-sucht.

Die beiden unabhängigen Variablen in diesem Versuch waren daher die Art des Spiegels (plan, sphärisch, teilasphärisch) und die Entfernungdes einzuschätzenden Objekts (4, 8, 12, 16, 20Meter). Es wurde also ein zweifaktorieller Ver-suchsplan mit kompletter Messwiederholung reali-siert.

Als abhängige Variable fungierte die Entfernungs-einschätzung, die mit Hilfe der Methode des „Magnitude Estimation“ erfasst wurde. Dieses Ver-fahren wurde im Rahmen verschiedener Studienerfolgreich eingesetzt und wurde daher schon imKapitel 5 „Stand der Forschung“ beschrieben. Distanzschätzungen in Metern sind für viele Men-schen nicht leicht und deshalb wurde auf die etablierte Methode „Magnitude Estimation“zurückgegriffen, da sie eine einfache Möglichkeitdarstellt, eine Distanz im Verhältnis zu einer Stan-darddistanz zu schätzen.

Vor Beginn des eigentlichen Experiments wurdeden Versuchspersonen ein kurzer Fragebogen vor-gegeben, sodass Informationen zur Nutzung desSpiegels, (Vor-)Erfahrungen mit verschiedenenArten von Spiegeln, zur Art des Spiegels am ei-genen Fahrzeug und zum Fahrverhalten (jähr-liche Fahrleistung, Häufigkeit der Nutzung für Auto-bahn-, Landstraßen- oder Stadtfahrten) der Teil-nehmer vorliegen. Diese Daten konnten in denAnalysen verwendet werden, um Aussagen übermögliche Lern- und Erfahrungseffekte mit unter-schiedlichen Spiegelsystemen empirisch zu be-gründen. Zu diesem Zweck wurden die Versuchs-personen in Abhängigkeit von ihrer Erfahrung mitteilasphärischen Spiegeln einer von 3 Gruppen zu-geteilt: 1. „Viel Erfahrung mit teilasphärischen Spie-

50

Bild 6.1: Fahrzeug mit Versuchsperson (Vordergrund) und Test-objekt (Hintergrund)

Page 52: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

geln“, 2. „Wenig Erfahrung mit teilasphärischenSpiegeln“ und 3. „Keine Erfahrung mit teilasphäri-schen Spiegeln“. Das Zuteilungskriterium zur ers-ten Kategorie mit viel Erfahrung war eine jährlicheFahrleistung von mehr als 10.000 km mit teilas-phärischen Spiegeln. Folglich befanden sich in derzweiten Kategorie Versuchspersonen mit wenigerals 10.000 km jährlicher Fahrleistung mit teilas-phärischen Außenspiegeln. Die dritte Gruppe um-fasste alle anderen Versuchspersonen, unabhängigvon ihrer jährlichen Fahrleistung und ihrem Außen-spiegel (entweder plan oder sphärisch). Die Grup-peneinteilung geschah auf diese Weise, da dieHauptfragestellung die Verkehrssicherheitsaspekteteilasphärischer Außenspiegel betrifft und das Differenzierungsvermögen in Bezug auf die Er-fahrungen mit diesem Spiegel am größten sein sollte.

Da es in diesem ersten Experiment zunächstdarum ging, zu einer ersten Beurteilung über dieverschiedenen Spiegel zu gelangen, wurden dieunterschiedlichen Eigenschaften der Spiegel durchdas gewählte Versuchsdesign besonders hervor-gehoben. Daher wurde der teilasphärische Spiegelim Experiment so abgeklebt, dass ausschließlichder asphärische Teil zur Distanzschätzung verwen-det werden konnte. Aus Gründen der Vergleichbar-keit wurden auch die sphärischen und planen Spie-gel so abgedeckt, dass nur eine genauso großeFläche wie beim teilasphärischen Spiegel genutztwerden konnte. Die Spiegel wurden zudem so vor-bereitet, dass sie während des Versuchs leicht aus-getauscht werden konnten. Der Innenspiegel undder rechte Außenspiegel wurden bei dem Ver-suchsfahrzeug komplett abgeklebt, um zu gewähr-leisten, dass die Distanzschätzungen ausschließ-lich mit Hilfe der Informationen des linken Außen-spiegels geschahen. Das Testobjekt wurde zwar inunterschiedlichen Entfernungen zum Fahrzeug derVersuchsperson platziert, hatte zu diesem jedochimmer einen seitlichen Abstand von ca. 1,5 Metern(siehe Bild 6.2).

Ein Vorversuch ergab, dass zur Beobachtung desTestobjekts eine Zeitspanne von 2 • 2 Sekunden die besten Ergebnisse erbrachte. 2 Sekundenwaren den befragten Versuchspersonen zu kurz, dasie diese Zeit für eine erste Orientierung benötig-ten, 5 Sekunden erschienen den Teilnehmern dem-gegenüber als deutlich zu lang. Aus diesem Grundwurde eine Zeitspanne von 2 • 2 Sekunden ge-wählt, die auch in Bezug auf ein normales Blickver-halten während der Fahrt als realistisch angesehen

werden kann. Diese Zeitspanne entspricht unge-fähr der benötigten Zeit für zwei kurze Blicke ineinen Außenspiegel.

6.1.2 Durchführung

Jede Versuchsperson wurde individuell getestet,die Durchführungszeit betrug pro Person ungefähreine halbe Stunde. Das Experiment wurde bei Ta-geslicht und bei geeigneten Witterungsbedingun-gen (kein Regen oder Schnee) auf einer wenig be-fahrenen Straße durchgeführt. Die Position desVersuchsfahrzeugs wurde variiert, um die am Randder Straße zur Verfügung stehenden Tiefenreize,die zur Orientierung hätten dienen können, zu ver-ändern. Die Versuchsperson nahm auf dem Fahrer-sitz des Versuchsfahrzeugs Platz und erhielt ihrenFragebogen und die Instruktionen. Es standen dreiVersuchsleiter zur Verfügung. Ein Versuchsleitersaß neben der Versuchsperson im stehenden Fahr-zeug, gab die Instruktionen und den Fragebogenund notierte die Antworten der Versuchsperson.Ein zweiter Versuchsleiter variierte mit Hilfe einerca. 1,5 • 1,5 Meter großen und bemalten Fahr-zeugattrappe aus Holz die einzuschätzenden Dis-tanzen, während der dritte Versuchsleiter nebendem Fahrzeug stand, die Spiegel austauschte undwährend des Versuchs die Spiegelfläche für eineZeitspanne von 2 • 2 Sekunden aufdeckte undsomit die Sicht auf die Fahrzeugattrappe freigab.

51

Bild 6.2: Versuchsaufbau Experiment 1, Methode der Distanz-schätzung

Page 53: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Die ersten 2 Sekunden konnte die Versuchspersonzur Orientierung verwenden, nach Ablauf der zweiten 2 Sekunden musste sie eine Distanz-schätzung abgeben. Die verwendete Methode zurDistanzschätzung war, wie gesagt, „MagnitudeEstimation“. Es wurde daher ein Objekt als Anker12 Meter vor das Fahrzeug der Versuchsperson ge-stellt und diesem Objekt eine Entfernung von 100zugeteilt. Die Versuchsperson sollte daraufhin dieDistanz der im Rückspiegel zu sehenden Objekteim Verhältnis zu dem Anker einschätzen (vgl. Bild6.2). Das Ankerobjekt blieb über die ganze Ver-suchsdauer sichtbar. Jede Versuchsperson durch-lief in diesem Experiment alle Bedingungskombina-tionen (3 Spiegel • 5 Distanzen = 15 Durchgänge).Die Reihenfolge der Bedingungen wurde dabei ran-domisiert und war somit für die Versuchspersonnicht vorhersagbar und bei jeder Versuchspersonunterschiedlich. Dadurch konnten eventuell auftre-tende Störvariablen kontrolliert werden. Versuchs-leitereffekte konnten dadurch reduziert werden,dass sowohl die Instruktionen schriftlich vorgelegtwurden, als auch durch die Tatsache, dass der Versuchsleiter, der die Daten der Versuchspersonim Fahrzeug erfasste, keine Kenntnis über die ge-rade durchgeführten Bedingungskombinationenhatte.

6.1.3 Ergebnisse

Als Erstes wurde im Rahmen der Auswertung be-rechnet, wie der Zusammenhang zwischen denphysikalischen Distanzen und den Schätzungenmathematisch beschrieben werden kann. Die Ana-lysen ergaben, dass dieser Zusammenhang für alledrei Spiegel (plan, sphärisch und teilasphärisch) li-near ist. Eine nicht-lineare Funktion, wie z. B. einepsychophysische Funktion der Form J = k • Dn, diein der psychologischen Literatur im Bereich derWahrnehmung häufig zu finden ist, ergab keinebessere Anpassung an die Daten. Die Linearitätlässt sich auch in einer grafischen Darstellung sehrgut verdeutlichen (vgl. Bild 6.4).

Die Hauptfragestellung befasste sich jedoch damit,inwieweit die Krümmung des teilasphärischenAußenspiegels die Distanzschätzung im Vergleichzum planen Spiegel und zu den realen Distanzenbeeinträchtigt. Der hierfür relevante Haupteffekt„Spiegel“ wurde mit F(2, 44) = 10.35, p < .001hochsignifikant. Auch dies lässt sich durch Bild 6.4hervorragend veranschaulichen. Da es bei der ver-wendeten Methode des „Magnitude Estimation“geeignet erschien, die Berechnungen sowohl

unter Einbeziehung des arithmetischen als auchdes geometrischen Mittels zu machen (vgl. hierzuz. B. BORTZ [8], 1993, S. 39), wurden die Datenmittels Logarithmieren entsprechend transformiertund danach erneut eine Varianzanalyse durch-geführt. Dies hatte auf die Ergebnisse jedoch kei-nen Einfluss. Berichtet werden daher nur die Er-gebnisse der Berechnungen mit Hilfe des arithme-tischen Mittels, da dieses häufiger angewendetwird.

Sowohl der sphärische (F(1, 22) = 13.173, p = .001)als auch der teilasphärische Spiegel (F(1, 22) =12.516, p = .002) unterscheiden sich signifikantvom planen Spiegel. Der sphärische Spiegel unter-scheidet sich jedoch nicht vom teilasphärischenSpiegel (F(1, 22) < 1, nicht signifikant).

52

Bild 6.3: Testobjekt im konvexen Rückspiegel

Bild 6.4: Mittelwerte der Distanzschätzungen (in Metern) mitden drei verschiedenen Spiegeln im Vergleich zu dentatsächlichen Entfernungen.

Page 54: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Die Frage, ob es eine Interaktion zwischen der Er-fahrung mit teilasphärischen Spiegeln (in den Ana-lysen und Abbildungen als „Gruppe“ bezeichnet)und den Distanzschätzungen gibt, muss in zweiSchritten beantwortet werden. So wurde zwar dieWechselwirkung Spiegel • Gruppe mit F(4, 44) =1.491 nicht signifikant (s. hierzu Bild 6.5), im Ver-gleich zu den realen Distanzen ergaben sich jedochin Abhängigkeit von den Erfahrungen unterschied-liche Distanzschätzungen (vgl. Bild 6.6, Bild 6.7,Bild 6.8).

Dies wurde mit Hilfe linearer Regressionen über-prüft, indem berechnet wurde, ob eine Steigungvon „1“ im Konfidenzintervall von 95 % zu findenwar. Sollte dies nicht der Fall sein, so kann voneiner signifikanten Abweichung von den realen Distanzen ausgegangen werden. Im Rahmen die-ser Berechnung ergab sich, dass die Entfernungenmit planen Spiegeln unabhängig von der Erfahrungmit teilasphärischen Spiegeln immer deutlich un-

53

Bild 6.5: Mittlere Distanzschätzung (in Meter) in Abhängigkeitvom Spiegel und der Erfahrung mit teilasphärischenSpiegeln

Bild 6.6: Vergleich der 3 Spiegel mit den realen Distanzen, wennkeine Erfahrungen mit teilasphärischen Spiegeln vor-handen sind

Bild 6.7: Vergleich der 3 Spiegel mit den realen Distanzen, wennwenige Erfahrungen mit teilasphärischen Spiegeln vor-handen sind

Bild 6.8: Vergleich der 3 Spiegel mit den realen Distanzen, wennviele Erfahrungen mit teilasphärischen Spiegeln vor-handen sind

Page 55: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

terschätzt werden (positiv für die Verkehrssicher-heit). Mit sphärischen Spiegeln wurden die Distan-zen nur dann signifikant unterschätzt, wenn dieVersuchspersonen viele Erfahrungen mit teilas-phärischen Spiegeln hatten. Mit teilasphärischenSpiegeln wurden die Distanzen dagegen immerdann signifikant unterschätzt, wenn viele oder we-nige Erfahrungen mit teilasphärischen Spiegelnvorhanden waren, nicht jedoch, wenn die Ver-suchspersonen keine Erfahrungen mit solchenSpiegeln hatten. Dieser Sachverhalt zeigt sich auchrecht deutlich in Bild 6.6 bis Bild 6.8.

Man erkennt dort, dass sich die Schätzungen mitdem teilasphärischen Spiegel mit zunehmender Er-fahrung mit diesem Spiegel den Distanzschätzun-gen mit dem planen Außenspiegel annähern. Beiviel Erfahrungen mit teilasphärischen Spiegeln gibtes statistisch dann keinen Unterschied mehr zuden Schätzungen mit einem planen Spiegel (F(1, 6)< 1, nicht signifikant).

6.1.4 Diskussion

Dieses erste Experiment lieferte schon wichtigeHinweise in Bezug auf die Beantwortung der Fragenach den Verkehrssicherheitsaspekten teilasphäri-scher Außenspiegel. Bevor im weiteren Verlauf eineEinordnung der Befunde in die bestehende Litera-tur geschieht, sollen noch einmal kurz die wich-tigsten Ergebnisse zusammengefasst werden.

• In diesem Versuch wurden die realen Distanzenäußerst selten überschätzt, es fanden sich fastausschließlich Unterschätzungen. Im Vergleichzu den realen Distanzen wurde daher fast immerkonservativer (also sicherer) geschätzt.

• Die Genauigkeit der Schätzungen mit sphä-rischen und teilasphärischen Spiegeln un-terschied sich dabei nicht signifikant voneinan-der.

• Die Distanzschätzungen mit sphärischen undteilasphärischen Spiegeln unterschieden sichjedoch signifikant von denen mit planen Spie-geln. Die Unterschätzung der realen Distanzenwar geringer, es lag somit im Vergleich zum pla-nen Spiegel eine Überschätzung vor. Über-schätzungen von Distanzen stellen ein Ver-kehrsicherheitsrisiko dar.

• Mit dem planen Spiegel sind die Schätzungenim Vergleich zu den tatsächlichen Entfernungendamit am schlechtesten, bei planen Spiegelnsind die Unterschätzungen am größten. Unter-

schätzungen von Distanzen stellen ein konser-vatives Verhalten im Straßenverkehr dar.

• Mit sphärischen Spiegeln gab es in diesem Ex-periment keinen signifikanten Unterschied zuden realen Distanzen. Die einzige Ausnahmewaren Versuchspersonen, die viel Erfahrung mitteilasphärischen Spiegeln besaßen. Diese un-terschätzten die tatsächlichen Distanzen signifi-kant.

• Mit teilasphärischen Spiegeln wurden die realenDistanzen signifikant unterschätzt. Hier warenVersuchspersonen ohne Erfahrung mit teilas-phärischen Spiegeln die einzige Ausnahme. Mitanderen Worten: Wenn keine Erfahrungen be-stehen, gibt es keinen Unterschied zu den rea-len Distanzen, was jedoch eine Überschätzungim Vergleich zu Schätzungen mit dem planenSpiegel bedeutet.

• Daher scheint in diesem Experiment zu gelten:Je mehr Erfahrungen man mit teilasphärischenSpiegeln hat, desto mehr weichen die Distanz-schätzungen mit teilasphärischen Spiegeln vonden realen Distanzen ab. Die Schätzungennähern sich damit jedoch zunehmend denSchätzungen mit planen Spiegeln an.

• Unterschätzung in der Größenordnung wie siein diesem Experiment gefunden wurden, wer-den auch in anderen Untersuchungen (ohne dieVerwendung von Spiegeln) berichtet. Man kanndaher davon ausgehen, dass die Versuchsper-sonen so geschätzt haben, wie sie auch ohneSpiegel schätzen würden. Aus diesem Gund istauch verständlich, dass sich die Distanzschät-zungen mit zunehmender Erfahrung mit teilas-phärischen Spiegeln den Schätzungen mit pla-nen Spiegeln und nicht der Realität angenäherthaben.

Wenn man diese Befunde nun mit denen der publi-zierten Literatur vergleicht (vgl. hierzu Kapitel 5„Stand der Forschung“), so decken sich die vorlie-genden Ergebnisse mit diesen fast vollständig. Sostützt der Befund, dass sich mit zunehmender Er-fahrung die Schätzungen mit teilasphärischenSpiegeln denen mit planen annähern, die Literatur-quellen, die einen Effekt der Übung und eine dar-aus resultierende bessere Schätzung beschreiben(z. B. BURGER, MULHOLLAND, SMITH & SHAR-KEY, 1980 [11]; BURGER, MULHOLLAND, SMITH,SHARKEY & BARDALES [12], 1980; FLANNAGANet al., 1996 [39]). Interessant ist in diesem Zusam-

54

Page 56: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

menhang noch der Befund von FLANNAGAN et al. (1996) [39], die in ihrer Studie, wie oben be-schrieben, auch den Effekt des Trainings unter-sucht haben. Zu diesem Zweck haben die Autorenvor Beginn des Trainings einen Vortest gemacht,um die Leistung vor und nach der Übungseinheitmiteinander vergleichen zu können. Es zeigte sich,dass die Schätzungen mit dem teilasphärischenSpiegel im Vergleich zu den tatsächlichen Entfer-nungen im Vortest höchst genau waren, sich nachder Trainingseinheit jedoch ein Übungseffekt ein-stellte und die Schätzungen dann etwas niedriger(in Richtung des planen Spiegels) wurden. Wennman davon ausgeht, dass vor dieser Untersuchungkeine Versuchsperson Erfahrungen mit teilasphäri-schen Spiegeln gesammelt hat, so kann man die-ses Ergebnis sehr gut mit dem vorliegenden Be-fund in der Gruppe ohne Erfahrungen mit teilas-phärischen Spiegeln vergleichen. In beiden Studienzeigte sich eine hervorragende, wenn auch überra-schende, Übereinstimmung zwischen den Distanz-schätzungen von, in Bezug auf teilasphärischeSpiegel, unerfahrenen Versuchspersonen und denrealen Distanzen. Mit zunehmender Übung wurdendie realen Distanzen dann unterschätzt (ein konser-vatives Verhalten, daher für die Verkehrssicherheitpositiv).

Es gibt jedoch einen bemerkenswerten Unter-schied zu den Befunden von de VOS et al. (2001)[86] und de VOS (2000) [85]. In diesen Artikeln wirdbeschrieben, dass Fahrer, die Erfahrungen mitsphärischen Spiegeln haben, in der Lage waren,die Verzerrungen zu kompensieren, nicht jedochdie Fahrer, die teilasphärische Spiegel an ihrem ei-genen Pkw besaßen. Hier zeigten also die mitsphärischen Spiegeln Erfahrenen einen Lerneffektund nicht die mit teilasphärischen Spiegeln ver-trauten Versuchspersonen. Im eigenen Experimentwaren die mit teilasphärischen Spiegeln erfahrenenVersuchspersonen demgegenüber jedoch äußersteffektiv in ihrem Kompensationsverhalten. Sienäherten sich am besten den Schätzungen mit pla-nen Spiegeln an.

In Bezug auf das Ergebnis, dass sich der sphäri-sche und der teilasphärische Spiegel in ihren Aus-wirkungen nicht unterscheiden, besteht hingegenwieder eine Übereinstimmung mit der Literatur (z. B. LUOMA et al., 1995 [59]; de VOS, 2000 [85]).Auch die Tatsache, dass die Schätzungen mit pla-nen Spiegeln im ersten Experiment die stärkstenUnterschätzungen aufwiesen, ist ein in der Literaturbekanntes Phänomen (z. B. FLANNAGAN et al.,

1996 [39]; FLANNAGAN et al., 1998 [42]; FLANNA-GAN, SIVAK, SCHUMANN et al., 1997 [43]) undsteht nicht im Widerspruch zur bisherigen For-schung auf diesem Gebiet.

Auf der Grundlage dieser Befunde wird nun daszweite Experiment dargestellt, dass eine andereUntersuchungsmethode zur Überprüfung der Fra-gestellung einsetzt und eine größere Stichprobeumfasst. Dabei soll zunächst der spezifische theo-retische Hintergrund dargelegt werden, der demVersuchsdesign zugrunde liegt. Danach folgen dieBeschreibungen des Experiments und seiner Er-gebnisse sowie die daraus resultierenden Schluss-folgerungen.

6.2 Zweites Experiment

Das zweite Experiment wurde im Juni 2004 aufdem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle fürKraftfahrzeuge und Panzer (WTD 41 in Trier) durch-geführt. Das Gelände der WTD 41 war optimal ge-eignet, da für dieses Experiment eine abgelegeneund ruhige Fahrbahn von mindestens 200 MeternLänge und 5 Metern Breite benötigt wurde.

Der Versuch wurde als Feldexperiment mit semidy-namischem Design geplant und sollte der Fragenachgehen, ob Versuchspersonen die Distanz undGeschwindigkeit eines sich nähernden Fahrzeugseinschätzen können. Die Versuchspersonen saßendabei in einem stehenden Fahrzeug und beobach-teten im Außenspiegel (entweder plan, sphärischoder teilasphärisch) ein näher kommendes Fahr-zeug. An einem bestimmten Punkt wurde dann dieSicht nach hinten verdeckt und die Versuchsperso-nen mussten einschätzen, wann das näher kom-mende Fahrzeug mit ihrem Fahrzeug kollidierenwürde.

Aus der Differenz zwischen vorhergesagter undtatsächlicher Ankunftszeit konnten dann Rück-schlüsse über die Distanz- und Geschwindigkeits-schätzungen mit den unterschiedlichen Spiegelngezogen werden.

6.2.1 Empirische Grundlagen

Im zweiten Experiment sollten die Versuchsper-sonen durch einen Blick in den Spiegel einschät-zen, wann sich ein Fahrzeug neben ihrem eigenenFahrzeug befinden wird (für eine genaue Beschrei-bung der Versuchsdurchführung und des Ver-suchsaufbaus s. Kapitel 6.2.5). Ein experimentelles

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Vorgehen, welches sich mit dem Zeitpunkt des Zu-sammentreffens zweier Fahrzeuge befasst, wird inder Literatur meistens als time to collision ((t)t/c, z.B. CAVALLO & LAURENT, 1988 [15]; CAVALLO,LAYA & LAURENT, 1986 [16]; FISHER & GALER,1984 [31]; GRAY & THORNTON, 2001 [47]; HOFF-MANN & MORTIMER, 1994 [53], MCLEOD &ROSS, 1983 [63]; SCHIFF & DETWILER, 1979 [74]),aber auch als time to coincidence (z. B. GROEGER& BROWN, 1988 [48]) oder etwas allgemeiner alstime to arrival (z. B. CAIRD & HANCOCK, 1992 [13];SCHIFF & OLDAK, 1990 [75]) bezeichnet. Die hier-zu durchgeführten Untersuchungen verwendetenunterschiedliche Operationalisierungen zur Klärungihrer jeweiligen Fragestellung. So umfassten dieeingesetzten Methoden sowohl Simulationen amPC (CAIRD & HANCOCK, 1992 [13]) oder als Filmim Labor (FISHER & GALER, 1984 [31]; HOFF-MANN & MORTIMER, 1994 [53]; MCLEOD &ROSS, 1983 [63]; SCHIFF & DETWILER, 1979 [74])als auch tatsächliche Fahrten in einem Fahrzeug(CAVALLO & LAURENT, 1988 [15]; CAVALLO et al.,1986 [16]).

6.2.2 Experimentelle Untersuchungen unterBerücksichtigung des Faktors „Spiegel“

Die meistens zu diesem Thema durchgeführtenStudien haben sich nicht mit der Frage befasst, obdie Zeitschätzung auch von der Wahrnehmungdurch verschiedene Spiegel beeinflusst wird. Hier-zu sind fast keine Studien durchgeführt worden,eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhangdie Untersuchung von FISHER & GALER [31](1984). In dieser Studie mussten die Versuchsper-sonen sowohl den letzten als sicher beurteiltenMoment für einen Spurwechsel („last perceivedmoment of safety“, LPMS) als auch den angenom-menen Kollisionszeitpunkt (perceived time of collision“, (p)t/c) mit einem Knopfdruck anzeigen.Dieser Zeitpunkt (p)t/c konnte dann in Bezug ge-setzt werden zu dem tatsächlichen Kollisionszeit-punkt („true time of collision“, (t)t/c). Das Zielfahr-zeug in diesem Experiment hatte eine Differenzge-schwindigkeit von entweder 15, 20 oder 30 Meilenpro Stunde und wurde von der Versuchspersondurch einen planen oder einen konvexen Spiegel(Krümmungsradius 1.950, 1.400 oder 600 mm) ge-sehen. Die Auswertung ergab, dass die wahrge-nommene Zeit bis zur Kollision mit konvexen Spie-geln kürzer als die tatsächliche Zeit eingeschätztwird. Eine Erklärung dieses Ergebnisses wird vonden Autoren zwar nicht angeboten, der Befundlässt sich jedoch möglicherweise auf eine Über-

schätzung der Geschwindigkeit mit konvexenSpiegeln zurückführen. Dies würde einer eher kon-servativen Strategie entsprechen, die sich jedochin den weiteren Befunden nicht bestätigen ließ. Dieminimale Sicherheitsgrenze, die akzeptiert wurde,sank mit zunehmender Krümmung dramatisch (bei600 mm Krümmungsradius war sie nur noch halbso groß im Vergleich zu einem planen Spiegel). Wieauch in der sonstigen Literatur beschrieben wurde,so konnten auch FISHER & GALER (1984) [31] eineÜberschätzung der Distanzen mit konvexen Spie-geln bei ihren Versuchspersonen feststellen.

Die zuvor im Kapitel 5 „Stand der Forschung“ be-schriebene Methode des „last safe gap“ ist derAufgabe des „time to collision“ zwar sehr ähnlichund wurde bei FISHER & GALER (1984) [31] auchzusätzlich unter dem Begriff LPMS mit erhoben, sielassen sich jedoch nicht direkt miteinander verglei-chen. In den Experimenten zum „last safe gap“kann zwar nachträglich auch errechnet werden, obeine Kollision eingetreten wäre, und eine gewisseAnzahl an Durchgängen in den Experimenten hättetatsächlich auch zu Zusammenstößen geführt,aber die Aufgabe bestand darin, diese zu vermei-den und ein sicheres Überholmanöver durchzu-führen. Bei den in diesem Kapitel beschriebenenVersuchen zu „time to collision“ ist das Ziel dem-gegenüber, explizit die Zeit des Zusammentreffensso genau wie möglich zu schätzen. Ein direkterVergleich der Kollisionen, die bei „last safe gap“teilweise aufgetreten wären, mit den (t)t/c-Wertender „Time to collision“-Studien ist daher nicht mög-lich. Während bei „last safe gap“ das Ergebnis sozusammengefasst werden kann, dass mit zuneh-mender Krümmung kleinere Lücken akzeptiert wer-den, so können zu „Time to collision“-Experimen-ten noch keine Vorhersagen gewagt werden, da dievorhandene Datenbasis unter der Berücksichti-gung der Spiegelvariablen sehr gering ist. Daherwird mit dem zweiten Experiment versucht, aussa-gekräftige Daten zu erlangen. Es ist jedoch wichtig,zuvor auch die Befunde von Studien zu schildern,die die (t)t/c-Variable bei direkter Sicht untersuchthaben. Diese Ergebnisse müssen zu den im Rah-men des zweiten Experiments ermittelten Mess-werten für plane, sphärische und teilasphärischeRückspiegel in Bezug gesetzt werden, damit eineeindeutige Beurteilung der Auswirkungen konvexerund insbesondere teilasphärischer Außenspiegelim Vergleich zu planen Spiegeln oder der direktenSicht ermöglicht wird. Aus diesem Grund sollen im Folgenden einige dieser Ergebnisse berichtetwerden.

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6.2.3 Untersuchungen ohne Berücksichtungdes Faktors „Spiegel“

Ähnlich wie in der Literatur zu Distanzschätzungenmit planen Spiegeln und dem ersten Experimentdes vorliegenden Berichts (in der Bedingung „pla-ner Spiegel“) zeigte sich auch in den Studien, diedie Zeitschätzung bis zur Kollision bei direkterSicht untersucht haben, sehr konsistent der Be-fund einer Unterschätzung des tatsächlichen Kolli-sionszeitpunkts. Eine Unterschätzung des Kollisi-onszeitpunkts ist in Bezug auf die Verkehrssicher-heit positv zu bewerten. Die Schätzung des Kollisi-onszeitpunkts lag in diesen Studien fast immer beiungefähr 60 % (z. B. MCLEOD & ROSS, 1983 [63];SCHIFF & DETWILER, 1979) [74]) des tatsächlichenWertes. Zu diesem Ergebnis kommen auch HOFF-MANN & MORTIMER (1994) [53] in ihrem sehrguten Überblick über bisherige Studien. In ihremeigenen Experiment ermittelten sie dagegen eineetwas geringere Unterschätzung (ungefähr 80 %des tatsächlichen Wertes). In den meisten Experi-menten bewegte sich entweder das Fahrzeug derVersuchsperson und sie fuhren auf ein stehendesObjekt zu oder ein Fahrzeug bewegte sich auf denstehenden Pkw der Versuchsperson zu. Experi-mente, in denen sich beide (Objekte und Fahrzeugmit Versuchsperson) bewegen, sind eher seltendurchgeführt worden (z. B. HOFFMANN & MORTI-MER, 1994 [53]). Unabhängig davon, ob sich dasObjekt oder die Versuchsperson bewegt haben,waren die Ergebnisse jedoch sehr ähnlich, obwohldie optischen Informationen dieser Bedingungenrecht unterschiedlich waren. Auch wenn sich so-wohl die Versuchsperson als auch ein anderesFahrzeug bewegt haben, kam es zu einer Unter-schätzung der Kontaktzeit (HOFFMANN & MORTI-MER, 1994 [53]). Obwohl sich die Tendenz zur Un-terschätzung bei längeren (t)t/c-Zeiten verstärkte(CAIRD & HANCOCK, 1992 [13]; SCHIFF & DETWI-LER, 1979 [74]; SCHIFF & OLDAK, 1990 [75]), sovergrößerte sich auch die Anzahl an Versuchsper-sonen, die die Kontaktzeit überschätzten (HOFF-MANN & MORTIMER, 1994 [53], dies ist für die Ver-kehrssicherheit negativ) Dieser scheinbare Wider-spruch ist mit einer schnell zunehmenden Stan-dardabweichung der Zeitschätzungen zu erklären(vgl. hierzu HOFFMANN & MORTIMER, 1994 [53]).Bei einer Zeit bis zum Kontakt, die länger als 10Sekunden war, zeigte sich in einem Experiment vonSCHIFF & DETWILER (1979) [74] ein zunehmenderFehler in der Schätzung der Kontaktzeit. Die Auto-ren gehen daher davon aus, dass längere Zeit-spannen eine genaue Schätzung des Kollisions-

zeitpunkts zunehmend erschweren und dass 10Sekunden unter den realisierten Bedingungen eineArt Obergrenze für genaue Schätzungen darstellenkönnten. Auch bei HOFFMANN & MORTIMER(1994) [53] zeigte sich bei Zeitspannen von mehrals 10 Sekunden eine zunehmende Unterschätzungder tatsächlichen (t)t/c. Dies ist auch ein Grund,warum im zweiten Experiment des vorliegendenProjekts keine Kontaktzeiten von mehr als 10,8 Se-kunden realisiert werden. Bei dem Vorgehen wirddavon ausgegangen, dass 10 Sekunden in Bezugauf Sicherheitsaspekte ausreichend sind. LängereZeitintervalle sollten keine größere Gefahr mehr fürdie Sicherheit darstellen, da in solchen Fällen nochangemessene Reaktionszeiten verbleiben würden.

Die Beurteilung der Kontaktzeit wird jedoch voneiner Reihe von Faktoren beeinflusst. So zeigtenHOFFMANN & MORTIMER (1994) [53] auf, dassdie Schätzung abhängig vom Abstand zwischenden Fahrzeugen ist (mit zunehmendem Abstandwar eine Zunahme der Standardabweichung derSchätzung der (t)t/c zu beobachten) und auch dierelative Geschwindigkeit der Fahrzeuge einen Ein-fluss auf die Beurteilung der Kontaktzeit hat. EinSinken der relativen Geschwindigkeit führte zu stei-genden Standardabweichungen und die Schätzun-gen waren am schlechtesten, wenn die relative Ge-schwindigkeit unter der Reizschwelle lag. DieBlickzeit beeinflusste ebenfalls die Schätzung derKontaktzeit, da bei längeren Blickzeiten die Leis-tung besser war (es wurden Blickzeiten zwischen0.68 und 2.74 Sekunden untersucht). Demgegen-über konnten MCLEOD & ROSS (1983) [63] keineVerbesserung der Genauigkeit bei längeren Blick-zeiten beobachten, sie untersuchten jedoch Zeit-spannen zwischen 2 und 6 Sekunden. In der Stu-die von SCHIFF & DETWILER (1979) [74], die eineBlickzeit von 4 Sekunden realisierten, fand sich unabhängig von der Geschwindigkeit, Distanz oder Größe des Objekts keine Verbesserung derSchätzung der Kontaktzeit.

CAIRD & HANCOCK (1992) [13] verwendeten inihrem Experiment eine Blickzeit von 3 Sekundenund auch in ihrem Versuch zeigte sich eine größe-re Variabilität der Schätzungen bei längeren Kon-taktzeiten (bei einer insgesamt größeren Unter-schätzung). Bei kürzeren Distanzen war die Beur-teilung der (t)t/c in dieser Studie genauer als beigrößeren Entfernungen und im Gegensatz zu dem oben beschriebenen Befund von SCHIFF &DETWILER (1979) [74] kam es zu zunehmendenUnterschätzungen bei größeren Fahrzeugen. Bei

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einer Zeitspanne von einer Sekunde bis zum Kon-takt kam es bei CAIRD & HANCOCK (1992) [13] zuÜberschätzungen der (t)t/c.

CAVALLO et al. (1986) [16] untersuchten ebenfallsSchätzungen der Kontaktzeit bei 3 SekundenBlickzeit. Auch in diesem Experiment stieg die Un-terschätzung mit zunehmender tatsächlicher (t)t/can. Ein interessantes Ergebnis dieser Studie war,dass erfahrene Fahrer systematisch höhere (alsobessere) Schätzungen als Anfänger abgaben. Eingrößeres Sichtfeld führte zudem zu genauerenSchätzungen der Kontaktzeit. Dieser Befund zeigtesich auch in der Untersuchung von GROEGER &BROWN (1988) [48], die außerdem bei höheren Ge-schwindigkeiten größere Fehleinschätzungen be-obachten konnten. Dieser Fehler wurde jedoch alsabsoluter Fehler berichtet, sodass unklar ist, obeher Über- oder Unterschätzungen auftraten. DieAutoren untersuchten in diesem Experiment Blick-zeiten zwischen 1 und 17 Sekunden und stelltenfest, dass die Genauigkeit der Schätzung der Kon-taktzeit besser wurde, je länger die Versuchsperso-nen das näher kommende Fahrzeug beobachtenkonnten. Die Zeit, die das Fahrzeug nicht sichtbarwar, schien in dieser Studie dagegen keinen Ein-fluss auf die Einschätzung der Zeitspanne bis zumKontakt zu haben.

HILLS (1980) [52] gibt in seinem Artikel einen gutenallgemeinen Überblick über die Wahrnehmung undSicht in Fahrzeugen und die Beurteilung von Dis-tanzen und Geschwindigkeiten und er berichtetdavon, dass die benötigte Zeit für einen Spurwech-sel häufig falsch eingeschätzt wird, sodass Unfälleresultieren würden. Er führt dies darauf zurück,dass die Fahrer hauptsächlich die geschätzte Dis-tanz des herannahenden Fahrzeugs als Informati-onsquelle nutzen und weniger seine Geschwindig-keit. Er weist auch darauf hin, dass aufgrund derkleinen Veränderungen in der Größe des visuellenBildes eine Schätzung der Geschwindigkeit beisich direkt (longitudinal) nähernden Fahrzeugenbesonders schwer ist. Der Autor beschreibt weiter-hin eine eigene Studie, die zeigen konnte, dass imMittel hohe Geschwindigkeiten unterschätzt, nied-rige dagegen überschätzt werden. Das Unterschät-zen von Geschwindigkeiten ist in Bezug auf dieVerkerssicherheit negativ zu bewerten. Ältere Fah-rer schätzen die Geschwindigkeiten im Durch-schnitt niedriger ein als jüngere Versuchspersonen.HILLS (1980) [52] zitiert weitere Untersuchungen,die belegen, dass mit zunehmender Geschwindig-keit mehr Kollisionen auftreten. Er berichtet weiter,

dass Männer im Durchschnitt einen geringeren Si-cherheitsspielraum als Frauen akzeptieren.

Insgesamt zeigte sich in vielen Untersuchungen (z.B. MCLEOD & ROSS, 1983 [63]; SCHIFF & OLDAK,1990 [75], CAIRD & HANCOCK, 1992 [13]), dassMänner genauer als Frauen schätzten, wohingegenFrauen meistens konservativer und vorsichtiger inihrem Risikoverhalten und ihren Entscheidungenwaren.

Zusammenfassend konnte in diesem Kapitel dar-gelegt werden, dass der tatsächliche Kollisionszeit-punkt konsistent unterschätzt wird, was imStraßenverkehr ein unkritisches Verhalten darstellt.Wie die Darstellung der Studien jedoch auch ge-zeigt hat, existiert im Hinblick auf andere Einflussnehmende Variablen, wie z. B. die Blick- oder Kon-taktzeit, die Größe des Objekts, seine Entfernungoder Geschwindigkeit, keine einheitliche Befundla-ge. Dies ist unter anderem auf die sehr unter-schiedliche Operationalisierung der jeweiligen Fra-gestellung zurückzuführen. Zur Planung des zwei-ten Experiments konnte daher nicht auf ein beste-hendes und etabliertes Verfahren zurückgegriffenwerden. Daher werden im Folgenden zunächstausführlich der Versuchsaufbau und die Durch-führung beschrieben, bevor die Ergebnisse darge-stellt, interpretiert und in den Kontext der beste-henden Literatur eingeordnet werden.

6.2.4 Versuchsaufbau

Teilnehmer des Experiments

A priori wurde eine Planung des Stichprobenum-fangs durchgeführt. Bei einem α-Niveau von 5 %,einer Teststärke 1 – β von 80 % und unter Annah-me eines kleinen bis mittleren Effekts (f = .15) ergabsich eine Stichprobengröße von 11 Versuchsperso-nen für den relevanten Haupteffekt des Spiegelsund von 20 Versuchspersonen für die Interaktionder drei Faktoren Spiegel • Geschwindigkeit • Dis-tanz. Dementsprechend wurden 20 Versuchsper-sonen als minimale Stichprobengröße festgelegt.Insgesamt nahmen 30 Versuchspersonen an die-sem Experiment teil. Voraussetzung für die Teil-nahme an dem Experiment war der Besitz einesPkw-Führerscheins. An diesem Experiment nah-men neben Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen derWehrtechnischen Dienstelle für Kraftfahrzeuge undPanzer (WTD 41) auch 2 Studentinnen der Fach-hochschule Trier sowie ein Mitarbeiter des FachsPsychologie der Universität Trier teil. Die Teilnahmewar freiwillig und die Versuchspersonen wurden

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nicht entlohnt. Das Durchschnittsalter betrug 37,2Jahre, die jüngste Person war 19 Jahre alt, die äl-teste 60 Jahre. 10 Versuchspersonen waren weib-lich und 20 männlich. Falls Fehlsichtigkeiten aufSeiten der Teilnehmer vorhanden waren, so wurdendiese wie im ersten Experiment durch geeigneteMaßnahmen (Brille, Kontaktlinsen) korrigiert.

Methode

In Kapitel 6.2 wurde dargelegt, dass es zur Schät-zung der Kontaktzeit zwar eine ausreichende Zahlan Untersuchungen gibt, diese Studien jedoch fastnie die Variable Außenspiegel in ihr experimentellesVorgehen implementiert haben. In dem vorliegen-den zweiten Experiment wurden die Versuchsper-sonen daher zu einer Schätzung der Kontaktzeitunter möglichst realistischen Bedingungen mit ver-schiedenen Außenspiegeln aufgefordert.

Damit die Schätzungen ausschließlich mit Hilfe desAußenspiegels geschahen, wurden sowohl der In-nenspiegel als auch der rechte Außenspiegelwährend dieses Versuchs komplett abgeklebt. Dielinken Außenspiegel wurden zudem so vorbereitet,dass sie während des Versuchs leicht ausge-tauscht werden konnten. Wie im ersten Experimentwurde auch in diesem Experiment der teilasphäri-sche Außenspiegel so abgeklebt, dass ausschließ-lich der asphärische Teil des Spiegels zur Beo-bachtung des sich nähernden Fahrzeugs verwendetwerden konnte. Aus Gründen der Vergleichbarkeitwurden auch die sphärischen und planen Spiegelso abgedeckt, dass nur eine genauso große Flächewie beim teilasphärischen Spiegel genutzt werdenkonnte. Durch dieses Versuchsdesign wurden dieunterschiedlichen Eigenschaften der Spiegel be-sonders hervorgehoben und es konnte sicherge-stellt werden, dass die Beurteilung des Kollisions-zeitpunkts ausschließlich mit dem interessierendenSpiegelteil geschah. Die drei verschiedenen Spie-gel-Bedingungen plan, sphärisch und asphärischkönnen also experimentell eindeutig voneinandergetrennt werden und der plane Spiegel kann alsKontrollbedingung fungieren. Falls der teilasphäri-sche Spiegel nicht abgeklebt worden wäre, hättedie Gefahr bestanden, dass Versuchspersonen denasphärischen Teil gar nicht zur Beurteilung verwen-det hätten, sondern stattdessen nur in den sphäri-schen Teil des Spiegels geblickt hätten. Dannwären die Bedingungen „sphärisch“ und „as-phärisch“ experimentell jedoch nicht mehr vonei-nander zu trennen gewesen. Durch das Abklebenwurde außerdem der „schlimmste Fall“ simuliert,dass nämlich der Spiegel derart falsch eingestellt

ist, dass nur der asphärische Teil zur Distanz- undGeschwindigkeitsschätzung verwendet werdenkann.

Durch dieses Vorgehen wurde jedoch das zur Ver-fügung stehende Sichtfeld, insbesondere des pla-nen Spiegels, relativ klein und das Versuchsdesignetwas weniger realitätsnah. Dies wurde auch voneinigen Versuchspersonen angemerkt. Aus denoben genannten Gründen wurde jedoch in Kauf ge-nommen, die interne Validität etwas zu Lasten derexternen Validität zu erhöhen. Aus Sicherheitsgrün-den wurde auch kein Versuchsdesign gewählt, beidem die Versuchspersonen selbst einen Pkw fah-ren. Die durch dieses Experiment realisierte Kons-tellation kann jedoch mit einer Situation verglichenwerden, in der sich eine Person mit ihrem Fahrzeugaus einer Parklücke in den fließenden Verkehr ein-gliedern will.

Damit trotz des kleinen Sichtfeldes auch im planenSpiegel das sich nähernde Fahrzeug vollständig zusehen war, musste das Fahrzeug der Versuchsper-son etwas schräg versetzt und nicht parallel zurFahrbahn stehen. Ohne diese Maßnahme hätte derplane Spiegel nicht von allen Versuchspersonen inausreichender Weise eingestellt werden können.

Neben dem Faktor Spiegel mit den 3 Stufen plan,sphärisch und asphärisch wurden zwei weitere Ein-flussgrößen mit in die Untersuchung aufgenom-men. Zum einen wurde der Abstand zwischen derLichtschranke 2 und dem Fahrzeug der Versuchs-person variiert. Der Abstand betrug entweder 20,30, 40, 50 oder 60 Meter. Zum anderen wurde dieGeschwindigkeit des sich nähernden Fahrzeugsverändert. Das Fahrzeug fuhr entweder mit 20, 30oder 40 km/h auf das stehende Fahrzeug der Ver-suchsperson zu. Es wurde daher ein dreifaktorieller(3 • 3 • 5) Versuchsplan mit kompletter Messwieder-holung realisiert. Als abhängige Variable dientendie Schätzungen der Zeit bis zur Kollision, die mitden tatsächlichen Ankunftszeitpunkten verglichenwerden konnten.

Um zu verhindern, dass die Versuchsperson akus-tische Informationen des herannahenden Fahr-zeugs zur Schätzung der Ankunftszeit nutzenkonnte, wurden zwei Strategien angewendet. Zumeinen fuhr das Fahrzeug nicht tatsächlich bis zudem Pkw der Versuchsperson und somit war einevollständige Annäherung akustisch gar nicht wahr-nehmbar, zum anderen wurden die Fenster undTüren des Versuchspersonen-Pkw geschlossen(soweit der Versuchsaufbau dies zuließ), sodass

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eventuell auftretende Geräusche nur schwach hör-bar waren.

Als Orientierung wurden für die Versuchsleiter Mar-kierungen auf die Straße gesprüht. Diese Markie-rungen kennzeichneten die jeweiligen Positionender Lichtschranken und waren aus dem Fahrzeugder Versuchsperson nicht sichtbar. Zusätzlich wur-den auch für den Versuchsleiter im herannahendenVersuchsfahrzeug Markierungen angebracht. Diesein regelmäßigen Abständen auf die Straße ge-sprühten Striche sollten Fahrbahnmarkierungen si-mulieren und dienten dazu, dass sich der Ver-suchsleiter an den Markierungen orientieren konn-te. Somit wurde gewährleistet, dass der Versuchs-leiter immer dicht genug an den Lichtschrankenvorbeifuhr, sodass diese auch auslösten. DiesesVorgehen war notwendig, da insbesondere beistarker Sonneneinstrahlung die Empfindlichkeit derLichtschranken reduziert war, sodass das Ver-suchsfahrzeug sehr dicht an diese heranfahrenmusste, um sie auszulösen.

Vor Beginn des eigentlichen Experiments wurdeden Versuchspersonen auch in diesem Experimentein kurzer Fragebogen vorgegeben, sodass Infor-mationen zu Alter, Geschlecht, (Vor-)Erfahrungenmit verschiedenen Spiegeln, zur Art des Spiegelsam eigenen Fahrzeug und zum Fahrverhalten (jähr-liche Fahrleistung, Häufigkeit der Nutzung für Auto-

bahn-, Landstraßen- oder Stadtfahrten) der Teil-nehmer vorliegen.

Kurz zusammengefasst wurden folgende Ereignis-se angestrebt (s. hierzu Bild 6.9): Passiert das he-rannahende und auf eine konstante Geschwindig-keit gehaltene Fahrzeug (Fahrzeug 2) die ersteLichtschranke, so wird die Sicht der Versuchsper-son auf den Außenspiegel freigegeben. Wird diezweite Lichtschranke passiert, so verdeckt sich dieSicht wieder. Durch Betätigung eines Druckknop-fes am Lenkrad bzw. in der Hand der Versuchsper-son wird dann die von der Versuchsperson ge-schätzte (p)t/c in einem EDV-System mit den zu-gehörigen versuchskennzeichnenden Informatio-nen (Ist-Geschwindigkeit des Fahrzeugs, Abstandzwischen Lichtschranke 2 und dem Fahrzeug derVersuchsperson) zur späteren Auswertung gespei-chert.

Materialien

Als zentrales Steuerungsgerät diente ein IBM-kom-patibler Notebook-PC mit angeschlossenem uni-versellem Messgerätesystem zur Verarbeitung digi-taler Signale (Typ AnaDigIO der Firma Seng digita-le Systeme GmbH, Göppingen). An dem digitalenAnschluss des Systems waren zwei Einwegelicht-schranken der Firma Sick (Typ W260, mit einem Er-fassungsbereich von 0,01-5 m quer zur Fahrtrich-tung), ein elektrischer Taster und ein elektropneu-matisches 5-2-Wegeventil angeschlossen. Der PCwar mit dem DV-Programm „Diadem“ der FirmaNational Instruments ausgestattet. An der Fahrer-tür des stehenden Fahrzeugs war ein Pneumatik-zylinder angebracht, an dessen Kolbenstange eineBlende befestigt war, die die Sicht auf den Spiegelverdeckte.

Vor jedem Durchgang hat ein Versuchsleiter ineiner erstellten Eingabemaske relevante Daten wieVersuchspersonnummer, Soll-Geschwindigkeit undDistanzen eingegeben und dadurch eine im DV-Programm erstellte Befehlsabfolge aktiviert. Pas-sierte das zweite Fahrzeug die erste Lichtschranke,so wurde mit dem elektropneumatischen Ventil –gesteuert vom DV-Programm – der Pneumatikzy-linder betätigt und die Sicht auf den Spiegel freige-geben, bei Aktivierung der zweiten Lichtschrankeerfolgte wiederum die Verdeckung. Durch Betäti-gung des Tasters veranlasste das DV-Programmdie Speicherung folgender Daten in einer Textdatei:Ist-Geschwindigkeit (errechnet aus Abstand undFahrzeit zwischen den Lichtschranken), (p)t/c unddie Eingabedaten. Danach stand das Programm für

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Bild 6.9: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus

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den nachfolgenden Durchgang wieder zur Verfü-gung.

Hinter dem Versuchsfahrzeug befand sich ein Luft-kompressor mit Behälter zur Versorgung des Pneu-matikzylinders. Der hydrostatische Druck lag bei 8bar und unterlag nur geringen Schwankungen. DieZeit, die für die Auf- und Verdeckung des Spiegelsdurch den Zylinder resultierte, betrug ca. 0,3 s undwar für alle Versuche gleich. Da bei der AuswertungVergleiche angestellt wurden, kann dieser Aspektvernachlässigt werden (s. Bild 6.10).

Als herannahendes Fahrzeug (Fahrzeug 2) dienteein MCC Smart mit „Correvit“ Geschwindigkeits-aufnehmer der Firma Datron Messtechnik (s. Bild6.11) zur hinreichend präzisen Geschwindigkeits-bestimmung, da die Fahrzeugtachometer zu unge-nau waren (hohe Ablesefehler und Anzeigefehler,Abweichungen bis zu ca. 10 % sind möglich). Ander Frontscheibe war für den Fahrer dieses Wa-gens eine Flüssigkristallanzeige angebracht, an derdie aktuelle Geschwindigkeit des Fahrzeugs inkm/h mit einer Ablesegenauigkeit von 0,1 km/h er-sichtlich war. Weiterhin soll angemerkt werden,dass aus der Messung ein Fehler von unter ± 0,1 %vom Messwert resultierte. Dadurch konnte beieiner Geschwindigkeit von 40 km/h (der höchstenGeschwindigkeit im Versuch) die Ungenauigkeitzwischen abgelesenem Wert und tatsächlichemWert rund ± 0,1 km/h betragen. Durch ständigenSichtkontakt mit der Anzeige war es dem Fahrermöglich, die Geschwindigkeit ausreichend kon-stant zu halten.

Das Fahrzeug, in dem die Versuchsperson Platznahm und das für die Dauer des Experiments zurVerfügung stand, war ein Ford Escort. An die Posi-tion des serienmäßigen fahrerseitigen Außenspie-gels war ein komplettes Gehäuse eines Golf-III-Spiegels angebracht. Für diesen Fahrzeugtyp exis-tieren – anders als bei Ford – die drei zu unter-suchenden Spiegelarten plan, konvex und kon-vex/teilasphärisch. Es bestand für die Versuchs-personen die Möglichkeit, den Spiegel in gewohn-ter Weise vom Innenraum aus zu verstellen.

6.2.5 Durchführung

Jede Versuchsperson wurde individuell getestet,die Durchführungszeit betrug pro Person ungefähr11/4 bis 2 Stunden (abhängig von der Anzahl anVersuchsleitern). Die Unterschiede in der Durch-führungsdauer entstanden zum einen durch techni-sche Probleme, die dazu führten, dass einzelne

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Bild 6.10: Pneumatikzylinder mit Blende, befestigt am Ver-suchsfahrzeug

Bild 6.11: „Correvit“-Gerät am Heck des MCC Smart zur Ge-schwindigkeitsermittlung

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Durchgänge wiederholt werden mussten, und zumanderen durch die Anzahl der zur Verfügung ste-henden Versuchsleiter. Das Experiment wurde beiTageslicht und gutem Wetter durchgeführt. Es herrschten ausgezeichnete Sichtverhältnisse. Daaus Voruntersuchungen deutlich wurde, dass sichVersuchspersonen an Umgebungsreizen orientie-ren, um die Entfernung besser einschätzen zu kön-nen, wurde sichergestellt, dass das Gelände keineauffälligen Hinweisreize bot.

Vor Beginn der 45 richtigen Durchgänge wurdenmindestens 2 Probedurchgänge durchgeführt, umdie Versuchspersonen mit dem Versuchsablauf be-kannt zu machen. Durch dieses Vorgehen konnteauch gewährleistet werden, dass eventuelle Miss-verständnisse bezüglich der an die Versuchsperso-nen gestellten Aufgabe vor Beginn der Datenerhe-bung geklärt wurden.

Es standen drei bis vier Versuchsleiter zur Verfü-gung. Ein Versuchsleiter saß neben der Versuchs-person im stehenden Fahrzeug, gab die Instruktio-nen, bediente den Laptop und tauschte zwischenden betreffenden Durchgängen die Spiegel aus.Nachdem die relevanten Informationen über denDurchgang vom ersten Versuchsleiter in den PCeingegeben wurden, startete der Durchgang. Derzweite Versuchsleiter fuhr das sich nähernde Fahr-zeug mit konstanter Geschwindigkeit und seitlichlinks ca. 2 Meter versetzt neben dem Fahrzeug derVersuchsperson (vergleichbar der Situation zweierFahrzeuge auf zwei Spuren auf einer Autobahnoder der oben beschriebenen Situation eines par-kenden Pkw bei der Eingliederung in den fließen-den (Stadt-)Verkehr).

Wenn das Fahrzeug an der ersten Lichtschrankevorbeifuhr, wurde der bis zu diesem Zeitpunkt ab-gedeckte linke Außenspiegel wie oben beschrie-ben mit Hilfe des Pneumatikzylinders aufgedeckt.Wenn das Fahrzeug die zweite Lichtschranke pas-siert hatte, wurde der Spiegel über die gleiche Vor-richtung wieder verdeckt. Die Distanz zwischen derersten und der zweiten Lichtschranke war jeweilsso gewählt, dass das Fahrzeug immer zwei Sekun-den zwischen den Lichtschranken verbrachte. Jeschneller also das Fahrzeug fuhr, desto größer warder Abstand der beiden Lichtschranken zueinan-der. Dadurch wurde gewährleistet, dass die Ver-suchspersonen unabhängig von der Geschwindig-keit des Fahrzeugs immer ungefähr die gleicheBlickzeit von zwei Sekunden für die Schätzung desKollisionszeitpunkts hatten. Da die Geschwindig-keit des Fahrzeugs nicht vollständig konstant ge-

halten werden konnte, war die Blickzeit nichtimmer genau zwei Sekunden, eine durchschnittli-che Zeitspanne von zwei Sekunden wurde jedochangestrebt. Die hier zu erwartende Streuung wurdeals vernachlässigbar angesehen und spielte inhalt-lich keine Rolle, da sich die leicht unterschiedlichenBlickzeiten gleichmäßig über alle Bedingungskom-binationen verteilen sollten. Die Analysen zeigtenjedoch, dass die Versuchsleiter äußerst gewissen-haft und genau bei der Konstanthaltung der Ge-schwindigkeit waren (im Mittel fuhr das Versuchs-fahrzeug 20,73 anstatt 20 km/h, 30,25 anstatt 30km/h und 39,94 anstatt 40 km/h, diese Mittelwertewurden in der Auswertung für die Bestimmung dertatächlichen Ankunftszeit verwendet). Durch dasgewählte Vorgehen wurde weiterhin die Distanzzum Pkw der Versuchsperson zum Zeitpunkt desVerschwindens eindeutig festgelegt, da dieserPunkt durch die zweite Lichtschranke definiert war.Damit konnte eindeutig der tatsächliche Kollisions-zeitpunkt bestimmt werden. Wäre demgegenüberdie Blickzeit konstant bei zwei Sekunden gehaltenworden, so wäre die Distanz zum Fahrzeug derVersuchsperson zum Zeitpunkt der Abdeckung desSpiegels nicht eindeutig zu bestimmen gewesen.Somit wäre eine eindeutige Bestimmung destatsächlichen Kollisionszeitpunkts nicht mehr mög-lich gewesen, was insbesondere bei kurzen (t)t/cdie Ergebnisse deutlich hätte verzerren können. Dadie Zeit zwischen den Lichtschranken erfasstwurde und der Abstand der Lichtschranken zuein-ander ebenfalls bekannt war, konnte die tatsächli-che Geschwindigkeit des Fahrzeugs exakt ermitteltwerden. Somit konnten die beiden unabhängigenVariablen „Distanz“ und „Geschwindigkeit“ exaktgemessen werden. Mit diesem Verfahren wurde le-diglich in Kauf genommen, dass die Einflussgröße„Blickzeit“ unwesentlich variierte. Grundsätzlich er-schien eine Blickzeit von zwei Sekunden angemes-sen und ausreichend, da sie vergleichbar war miteinem normalen Blick in einen Außenspiegel.

Die Versuchsperson sollte nun auf der Grundlageder im Spiegel eingeschätzten Distanz und Ge-schwindigkeit des sich nähernden Fahrzeugs eineVorhersage über den Zeitpunkt abgeben, wanndieses Fahrzeug ihr eigenes Fahrzeug erreichenwürde (den so genannten Endpunkt). Die Ver-suchsperson musste dabei die Position des Fahr-zeugs aktualisieren, ohne es im Spiegel sehen zukönnen. Wenn sie der Ansicht war, das Fahrzeugwäre an ihrer eigenen Position angelangt, sollte sieden Druckknopf betätigen. Damit wurden sowohlder Startpunkt (beim Überfahren der zweiten Licht-

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Page 64: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

schranke) als auch der Endpunkt (durch denKnopfdruck) auf dem Computer aufgezeichnet undder tatsächliche und der geschätzte Kollisionszeit-punkt konnten berechnet werden, da sowohl dieDistanz als auch die konstante Geschwindigkeitbekannt waren. Um die Einschätzung des Kollisi-onszeitpunkts nicht zu beeinflussen, ist der zweiteVersuchsleiter mit seinem Fahrzeug nicht tatsäch-lich am Pkw der Versuchsperson vorbeigefahren,er bremste stattdessen vorher ab, wendete dasFahrzeug und fuhr zum Ausgangspunkt zurück. AlsReaktion der Versuchsperson wurde ein Knopf-druck am Lenkrad bzw. in der Hand (da es den Ver-suchspersonen teilweise lieber war, den Druck-knopf in der Hand zu halten) gewählt, da diesesVerhalten weniger fehleranfällig erschien. Ein simu-liertes Bremsmanöver wäre technisch ebenfalls zurealisieren gewesen, das Benutzen des Bremspe-dals als Signal ist jedoch mit mehreren ungeklärtenFragen und Problemen behaftet. So ist ein verse-hentliches Auslösen des Bremspedals nicht auszu-schließen und es ließ sich die Frage nicht klären,wie hoch der Pedaldruck sein sollte, der ein Signalauslösen würde. Wird dieser zu gering eingestellt,so wären häufig fälschliche Reaktionen zu erwartengewesen, während auf der anderen Seite mögli-cherweise Reaktionen ausbleiben würden. Zu die-sem Problem kämen noch unkalkulierbare Einflüs-se auf die Reaktionszeit hinzu, da die geforderteBewegung des Fußes zum Bremspedal interindivi-duell eine größere Varianz (z. B. durch Alterseffek-te) aufweisen sollte als ein Tastendruck mit derHand. Daher wurde in diesem Versuch einemKnopf am Lenkrad der Vorzug gegeben.

Da zwischen den Durchgängen für jede Geschwin-digkeit ein anderer Abstand zwischen den beidenLichtschranken auf dem Boden realisiert werdenmusste und auch die unterschiedlichen Distanzeneine Veränderung der Position der Lichtschrankenerforderten, versetzte der dritte Versuchsleiter (undgegebenenfalls der vierte Versuchsleiter) diese ent-sprechend.

Jede Versuchsperson durchlief in diesem Experi-ment alle 45 Bedingungskombinationen. Die Rei-henfolge der Bedingungen wurde dabei randomi-siert und war somit für die Versuchsperson nichtvorhersagbar. Die Reihenfolge der Bedingungs-kombinationen wurde ebenfalls zwischen den Ver-suchspersonen variiert, sodass Sequenzeffekteausgeschlossen werden können. Die Variation derReihenfolge der Bedingungskombinationen war je-doch nicht vollständig zufällig. Es wurde immer so

randomisiert, dass jeweils 15 Durchgänge mit demgleichen Spiegel durchgeführt wurden. Durch die-ses Vorgehen wurde die Versuchsdauer verkürzt,da nicht nach jedem Durchgang der Spiegel ge-wechselt und neu eingestellt werden musste. BeimWechsel des Spiegels musste die Versuchspersonden Spiegel so einstellen, dass das näher kom-mende Fahrzeug (der MCC Smart) in einer Entfer-nung von 30 Metern deutlich im Spiegel zu erken-

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Bild 6.12: Sicht in den planen Spiegel

Bild 6.13: Sicht in den sphärisch konvexen Spiegel

Bild 6.14: Sicht in den teilasphärischen Spiegel

Page 65: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

nen war. Der Versuchsperson wurden während derDurchführung des Experiments keine Informatio-nen über ihre Leistung oder die gerade verwende-ten Spiegeltypen gegeben.

Versuchsleitereffekte konnten dadurch reduziertwerden, dass die Instruktionen schriftlich vorgelegtwurden, die Datenerfassung elektronisch erfolgteund die Versuchsleiter zwischen den Versuchsper-sonen ihre Aufgaben tauschten.

6.2.6 Ergebnisse

Aufgrund fehlender Werte bei einigen Versuchsper-sonen sank die Zahl der in die Varianzanalyse ein-gehenden Versuchspersonen auf 20. Eine 3 • 3 • 5Varianzanalyse mit kompletter Messwiederholungergab keinen signifikanten Effekt des Spiegeltyps(F(2, 38) = 2.125, p = .133). Erwartungsgemäß, je-doch hypothesenirrelevant, wurden sowohl dieFaktoren Distanz (F(4, 76) = 9.040, p < .001) undGeschwindigkeit (F(2, 38) = 38.237, p < .001) signi-fikant. Da der MAUCHLY-Test auf eine Verletzungder Sphärizität beim Faktor Distanz hinwies, wur-den die Korrekturen von GREENHOUSE-GEISSERund HUYNH-FELDT angewendet. Das hochsignifi-kante Ergebnis blieb jedoch erhalten. Es wurdenkeine Interaktionen signifikant.

Weitere Analysen zeigten, dass in den Daten einigeAusreißer-Werte (Mittelwert ± 3 Standardabwei-chungen) vorhanden waren. Wenn diese Werte eli-miniert werden, so gehen nur noch 14 Versuchs-personen in eine varianzanalytische Auswertungein. Um trotzdem eine angemessene Stichproben-größe zu erhalten, wurden die fehlenden Wertedurch die jeweiligen Mittelwerte ersetzt. Mit diesemDatensatz wurde eine weitere Varianzanalyse be-rechnet, in die die Werte aller 30 Versuchspersoneneingingen. Dieses Vorgehen wurde gewählt, da dasStatistik-Programm SPSS die Daten einer Ver-suchsperson vollständig aus der Varianzanalyseausschließt, sobald ein Wert der Person fehlt. Ins-gesamt fehlten 34 Werte (2,5 % des Gesamtdaten-bestands), die entweder aus versuchstechnischenGründen nicht erfasst oder als Ausreißer eliminiertwurden. Diese 34 Werte verteilten sich auf 16 Ver-suchspersonen, sodass in der Varianzanalyse 16 • 45 = 720 von 30 • 45 = 1.350 Werten verlorengegangen wären.

Die Varianzanalyse mit den Daten von 30 Ver-suchspersonen ergab, neben den weiterhin hoch-signifikanten Effekten von Distanz und Geschwin-digkeit, das erwartete Ergebnis eines signifikanten

Effekts des Spiegeltyps (F(2, 58) = 3,469, p = .038).Mit Hilfe von Post-hoc-Tests zeigte sich, dass dassignifikante Ergebnis des Faktors Spiegeltyp aufden Unterschied zwischen planem und sphäri-schem Spiegel zurückgeführt werden kann (F(1, 29)= 7,987, p = .008). Es gab jedoch weder einen Un-terschied zwischen planem und asphärischemSpiegel (F(1, 29) = 1.768, n. s.), noch zwischensphärischem und asphärischem Spiegel F(1, 29) =1.466, n. s.). Da vor Beginn des Experiments einFragebogen ausgefüllt wurde, standen Informatio-nen zur Erfahrung mit den unterschiedlichen Spie-geln zur Verfügung. 7 Personen hatten Erfahrungenmit planen Spiegeln, 13 Personen mit sphärischenSpiegeln, 9 Versuchspersonen mit asphärischenSpiegeln und eine Versuchsperson hatte zu dieserFrage keine Angaben gemacht. Der Faktor Erfah-rung wurde daher unterteilt in 1. Erfahrung mit pla-nen Spiegeln, 2. Erfahrung mit sphärischen Spie-geln und 3. Erfahrung mit asphärischen Spiegeln.Dieser Faktor wurde ebenfalls in die Varianzanaly-se aufgenommen, um zu untersuchen, ob sich dieSchätzung des Kollisionszeitpunkts in Abhängig-keit von der Erfahrung mit den einzelnen Spiegelnändert. Der für diese Fragestellung relevante EffektSpiegel • Erfahrung wurde jedoch mit F(4, 52) < 1nicht signifikant. Die Einschätzung der Kontaktzeitist daher unabhängig von der Erfahrung mit den je-weiligen Spiegeln.

Neben der varianzanalytischen Auswertung wur-den zusätzlich lineare und nicht-lineare Regressio-

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Bild 6.15: Vergleich der – mittels der drei Spiegel (plan,sphärisch, asphärisch) – geschätzten Kontaktzeitenund den tatsächlichen Kontaktzeiten. Bei dieser Ab-bildung wurde über die drei Geschwindigkeiten (20,30, 40 km/h) gemittelt und die Ausreißer wurden ausdem Datensatz entfernt

Page 66: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

nen berechnet, um weitere Informationen zu erhal-ten. Auch in diesen Analysen wurden, wie oben be-schrieben, fehlende Werte und Ausreißer durch diejeweiligen Mittelwerte ersetzt. Durch dieses Vorge-hen änderten sich die berechneten Parameter ge-ringfügig gegenüber Analysen, in denen fehlendeWerte und Ausreißer belassen wurden bzw. dieAusreißer entfernt, aber nicht durch Mittelwerte er-setzt wurden. Die Richtung des Zusammenhangsund die Relationen der Spiegel zueinander bliebenvon dieser Optimierung der Datenbasis jedoch un-berührt. Aus diesem Grund werden im weiterenVerlauf nur noch die Ergebnisse der Analysen mit

den 34 durch die jeweiligen Mittelwerte ersetztenWerten berichtet.

Um ein Maß für die Unter- bzw. Überschätzung dertatsächlichen Kontaktzeit zu erhalten, wurde eine

nicht-lineare Regression der Form α • DistanzGeschwindigkeit

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Bild 6.18: Vergleich der mittels des sphärischen Spiegels ge-schätzten Kontaktzeiten mit den tatsächlichen Kon-taktzeiten. Bei dieser Abbildung wurden die Ausreißeraus dem Datensatz entfernt

Bild 6.17: Vergleich der mittels des planen Spiegels geschätz-ten Kontaktzeiten mit den tatsächlichen Kontaktzei-ten. Bei dieser Abbildung wurden die Ausreißer ausdem Datensatz entfernt

Bild 6.16: Vergleich der – mittels der drei Spiegel (plan,sphärisch, asphärisch) – geschätzten Kontaktzeitenund den tatsächlichen Kontaktzeiten. Bei dieser Ab-bildung wurde über die fünf Entfernungen (20, 30, 40,50, 60 Meter) gemittelt und die Ausreißer wurden ausdem Datensatz entfernt

berechnet. Diese Formel wird zur Berechnung destatsächlichen Ankunftszeitpunkts (t)t/c verwendet,der Parameter a hat dann einen Wert von 3.6. Beimplanen Spiegel ergaben die Analysen einen Para-meter a = 1.74. Im Vergleich zu dem Wert von 3.6entspricht dies jedoch einer starken Unterschät-zung von 51,67 %. Die Einschätzung der (t)t/c mitdem sphärischen Spiegel ist etwas besser (a =1.956), dies entspricht 54,33 % des tatsächlichenWerts (45,67 % Unterschätzung). Im Vergleich zumplanen Spiegel ist dies jedoch wiederum gleichbe-deutend mit einer Überschätzung der Ankunftszeit.Überschätzungen der Ankunftszeiten stellen imStraßenverkehr ein verkehrsgefärdendes Verhaltendar. Die Einschätzungen mit dem asphärischenSpiegel sind wiederum etwas konservativer als mitdem sphärischen Außenspiegel und liegen mit a =1.8628 (51,74 % des tatsächlichen Werts bzw.48,26 % Unterschätzung) wieder näher an denSchätzungen mit planen Spiegeln. Die Unterschät-zung der tatsächlichen Kollisionszeitpunkte wirddurch Bild 6.15 bis Bild 6.19 sehr gut veranschau-licht.

Page 67: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Des Weiteren wurde überprüft, ob eine bessere An-passung an die Daten erreicht werden kann, indemeine zusätzliche additive Konstante b in die Glei-chung mit aufgenommen wird. Die additive Kons-tante zeigte jedoch eine beträchtliche Korrelation (r = -.91) mit dem Parameter a, sodass aus Grün-den der Sparsamkeit ein Modell mit nur einem Pa-rameter (a) vorgezogen wurde.

Zusätzlich können die Konfidenzintervalle betrach-ten werden, um Aufschluss darüber zu erhalten, obund inwiefern sich die drei verschiedenen Spiegel-typen voneinander unterscheiden.

Der Parameter a des sphärischen Spiegels lagnicht mehr im Konfidenzintervall von 95 % des planen Spiegels (1.65745-1.82519), sodass von einem signifikanten Unterschied dieser Spiegelausgegangen werden kann. Der Parameter a dessphärischen Spiegels lag ebenfalls außerhalb des95-%-Konfidenintervalls des asphärischen Spie-gels (1.7756-1.9499). Auch der Parameter des as-phärischen Spiegels befindet sich außerhalb desKonfidenzintervalls von 95 % des planen Spiegels(1.6745-1.82519). Betrachtet man also die Konfi-denzintervalle, so unterscheiden sich die Parame-ter der drei Spiegel signifikant voneinander. Diesliegt teilweise im Widerspruch zu den Ergebnissender Varianzanalyse, da dort nur der Unterschiedzwischen dem planen und dem sphärischen Spie-gel signifikant wurde. Es bleibt jedoch deutlich er-kennbar, dass mit dem planen Spiegel die stärks-ten Unterschätzungen produziert werden, die Ge-

nauigkeit der Schätzungen mit dem asphärischenSpiegel im mittleren Bereich zwischen den beidenanderen Spiegeln liegt und mit dem sphärischenSpiegel die (im Vergleich zur Realität) genauestenSchätzungen abgeliefert werden. Dies entsprichtjedoch, wie schon gesagt, einer Überschätzung imVerhältnis zum planen Spiegel. Insgesamt mussman jedoch betonen, dass die Versuchspersonenextrem konservativ in ihrem Schätzverhaltenwaren, also sehr stark unterschätzt haben.Während in der Literatur bei direkter Sicht Wertezwischen 20-40 % Unterschätzung zu findenwaren, so sind in dieser Untersuchung die Werte imDurchschnitt fast um 50 % unterschätzt worden.

Der Vorteil der Eliminierung der Ausreißer und desErsetzens der fehlenden Werte durch ihre Mittel-werte zeigt sich deutlich, wenn man sich die durchdie Regression erklärte Varianz ansieht: Beim pla-nen Spiegel steigt das Bestimmtheitsmaß von R2 =.13527 auf R2 = .40732, beim sphärischen Spiegelvon R2 = .15157 auf R2 = .42170. Der Unterschiedbeim asphärischen Spiegel ist demgegenüber ehergering: von R2 = .39267 auf R2 = .42488.

Obwohl diese nichtlineare Regression der Form

eine recht gute Anpassung an die

Die erklärte Varianz der Regression durch die psy-chophysische Funktion war nahezu genauso großwie bei der zuvor berechneten linearen Funktion:planer Spiegel R2 = .40732, sphärische Spiegel R2

= .42234 und asphärische Spiegel R2 = .42457.

Mit der Berechnung der linearen Regression kannfestgestellt werden, ob eine lineare Funktion eineähnlich gute Erklärung der vorliegenden Daten bie-tet und welchen Beitrag die beiden Variablen Dis-tanz und Geschwindigkeit zur Schätzung der (t)t/cliefern. Bei diesen Analysen zeigte sich, dass eingroßer Teil der durch die Regression vorhergesag-ten Varianz auf den Faktor Distanz zurückzuführenist, während der Faktor Geschwindigkeit ver-gleichsweise wenig zur Varianzaufklärung beiträgt.Dieser Befund war spiegelunabhängig zu beobach-ten. Eine schrittweise Selektion der Variablen fürdie Regression zeigte jedoch, dass eine lineareFunktion unter Einbeziehung beider Variablen (so-

α • DistanzGeschwindigkeit

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Bild 6.19: Vergleich der mittels des teilasphärischen Spiegelsgeschätzten Kontaktzeiten mit den tatsächlichenKontaktzeiten. Bei dieser Abbildung wurden die Aus-reißer aus dem Datensatz entfernt

Schätzungen der (p)t/c der Versuchspersonen ermöglichte und zur Berechnung der (t)t/c a = 3.6gilt, wurden trotzdem zusätzlich eine nicht-lineareFunktion in Form einer psychophysischen Funktion(p)t/c = k • (t)t/cn sowie eine lineare Regression be-rechnet.

Page 68: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

wohl Distanz als auch Geschwindigkeit) die besteAnpassung erbrachte. Dies galt ebenfalls für alledrei Spiegel.

Um zwischen einer linearen und einer nicht-linea-ren Funktion zur Erklärung der Daten entscheidenzu können, muss man den Anteil der durch dieFunktion erklärten Varianz, relativiert an der Ge-samtvarianz, betrachten (R2).

Das R2 war nun beim planen Spiegel mit .416 beider linearen Funktion etwas höher als bei den ent-sprechenden nicht-linearen Funktionen (R2 =.40732). Beim sphärischen Außenspiegel zeigte dielineare Funktion ebenfalls eine bessere Vorhersageals die nicht-linearen Funktionen: R2 = .429 vs. R2

= .422. Derselbe Befund ergab sich auch beim as-phärischen Spiegel, da die oben beschriebenennicht-linearen Funktionen ein R2 von .425 aufwie-sen, während die lineare Funktion mit den beidenVariablen Distanz und Geschwindigkeit ein R2 von.436 hatte. Man kann also insgesamt davon ausge-hen, dass sich die (p)t/c bei den vorliegendenDaten besser durch eine lineare Funktion von Dis-tanz und Geschwindigkeit darstellen lässt als durchdie weiter oben beschriebenen nicht-linearenFunktionen, die zum einen psychophysische Zu-sammenhänge beschreiben und zum anderen diewahre Berechnung des Ankunftszeitpunkts ermög-lichen.

Zusammengefasst lässt sich daher sagen, dass dietatsächliche Ankunftszeit mit allen Spiegeln starkunterschätzt wird, was einem konservativen Ver-halten entspricht. Nimmt man den planen Spiegelals Referenz, so wird mit dem sphärischen Spiegeldie Ankunftszeit überschätzt, während die Schät-zungen mit dem asphärischen Spiegel trotz stärke-rer Krümmung näher an den Schätzungen mit demplanen Spiegel liegen. Der Unterschied von planemund asphärischem Spiegel ist grenzwertig, ein ein-deutiger Befund kann hier nicht mit letzter Sicher-heit gestellt werden. Da die Ergebnisse der Varianz-analyse keinen signifikanten Unterschied aufwie-sen, die nicht-lineare Regression jedoch einen sig-nifikanten Unterschied zwischen den Parameternder beiden Spiegeln entdeckt hat, könnte ein Un-terschied zwischen planen und asphärischen Spie-geln bestehen. Falls sich der plane und der as-phärische Spiegel unterscheiden, so ist der Unter-schied jedoch geringer als der zwischen planemund sphärischem Spiegel. Ein Unterschied zwi-schen sphärischen und asphärischen Spiegeln ließsich varianzanalytisch ebenfalls nicht zeigen, bei

den nicht-linearen Regressionen unterschiedensich diese Spiegel jedoch.

Insgesamt bedeutet dies, dass der asphärischeSpiegel eine mittlere Position zwischen dem planenund dem sphärischen Spiegel einnimmt, daher alsokeinesfalls schlechter als diese beiden etabliertenSpiegel abschneidet.

6.2.7 Diskussion

Mit Hilfe des zweiten Experiments konnten weite-re Hinweise zur Beantwortung der Frage nach den Verkehrssicherheitsaspekten teilasphärischerAußenspiegel gesammelt und die Schlussfolgerun-gen des ersten Experiments weiter präzisiert wer-den. Bevor im weiteren Verlauf die Ergebnisse dis-kutiert werden und eine Einordnung der Befunde indie bestehende Literatur geschieht, sollen auch beidiesem Experiment noch einmal kurz die zentralenErgebnisse zusammengefasst werden:

• In dem vorliegenden Versuch wurden dietatsächlichen Kollisionszeitpunkte (t)t/c seltenüberschätzt, es fanden sich fast ausschließlichUnterschätzungen. Im Vergleich zur (t)t/c wurdedaher fast immer konservativer (also sicherer)geschätzt.

• Die Unterschätzungen der (t)t/c waren erheb-lich, sie lagen zwischen 51,67 % mit dem pla-nen Spiegel und 45,67 % mit dem sphärischenSpiegel.

• Die Schätzungen mit dem asphärischen Spiegellagen von der Genauigkeit zwischen den Schät-zungen mit dem planen und dem sphärischenSpiegel (Unterschätzung von 48,26 %).

• Mit dem planen Spiegel sind die Schätzungenim Vergleich zu den tatsächlichen Kollisionszeit-punkten damit am schlechtesten, da die Unter-schätzungen am größten sind. Unterschätzun-gen der Kollisionszeitpunkte sind im Straßen-verkehr jedoch als sicher anzusehen.

• Dies bedeutet aber auch, dass im Vergleich zumplanen Spiegel sowohl mit dem sphärischen als auch mit dem asphärischen Spiegel dieKontaktzeiten signifikant länger eingeschätzt(überschätzt) werden. Dies ist unter dem Aspektder Verkehrssicherheit negativ zu beurteilen,bezieht sich allerdings nur auf den Vergleichzum planen Spiegel, die tatsächlichen Zeitenwurden in diesem Experiment deutlich unter-schätzt.

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Page 69: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

• Nicht-lineare Regressionen konnten zeigen,dass in den vorliegenden Daten signifikante Un-terschiede zwischen den drei Spiegeln beste-hen. Die Kontaktzeiten mit dem planen Spiegelsind signifikant kürzer als mit dem asphärischenSpiegel, die wiederum signifikant kürzer als mitdem sphärischen Spiegel sind. Auch der Unter-schied zwischen dem planen und dem sphäri-schen Rückspiegel wurde in diesen Analysensignifikant.

• Eine lineare Funktion zeigte in dem zur Verfü-gung stehenden Datensatz die beste Anpas-sung an die Daten. Die (p)t/c lässt sich daheram besten durch eine lineare Funktion von Distanz und Geschwindigkeit darstellen.

• In diesem Experiment war die Leistung der Ver-suchspersonen mit dem asphärischen Spiegelnicht schlechter als mit dem sphärischen Spie-gel, ein Nachteil durch die Benutzung diesesSpiegels konnte nicht beobachtet werden.

• Im Gegensatz zum ersten Experiment zeigtesich kein Effekt der Erfahrung. Die Schätzungder (t)t/c war in diesem Experiment unabhängigvon Vorerfahrungen mit den einzelnen Spiegel-typen.

Einige Fragen in Bezug auf die Ergebnisse bleibenjedoch noch offen oder bedürfen einer weiterenDiskussion. So ist das Entfernen von Ausreißer-Werten, die mehr als ± 3 Standardabweichungenvom Mittelwert entfernt sind, zwar eine übliche Vor-gehensweise, in der vorliegenden Untersuchungjedoch aus mehreren Gründen diskussionswürdig.Zum einen kann argumentiert werden, dass geradedie Ausreißer, die sehr stark überschätzt haben, einSicherheitsrisiko im Verkehr darstellen würden.Dieses Argument ist zwar korrekt, es wurden je-doch 7 Ausreißer beim planen Spiegel entfernt, 3beim sphärischen und 5 beim asphärischen Spie-gel, sodass es nicht mehr extreme Werte mit demasphärischen Spiegel im Vergleich zu den anderenSpiegeln gab.

Zum anderen könnte man jedoch einen gewissenBias bei der Eliminierung der Ausreißer kritisieren,da -3 Standardabweichungen immer bis in den ne-gativen Wertebereich gingen und solche Werte ver-suchsbedingt gar nicht möglich waren (es ging umSchätzungen der Kontaktzeiten, negative Wertekonnten vom PC aber nicht erfasst werden, da dieMessung erst bei Überfahren der zweiten Licht-schranke begann). Der Wert 0 kam hingegen öftervor, wurde jedoch in der Analyse behalten, obwohl

dieser Wert ungenau ist. Ein Wert von 0 bedeutetnämlich, dass die Versuchsperson den Knopf ge-drückt hat, während der Spiegel noch aufgedecktwar und sich das Versuchsfahrzeug zwischen denLichtschranken befand. Wie lange der Spiegelnoch aufgedeckt war, d. h., wie viel Zeit bis zumVerdecken des Spiegels verging und wie viel zufrüh die Versuchsperson den Knopf gedrückt hat,kann daher nicht genau gesagt werden (der Wertbeträgt jedoch maximal 2 Sekunden). Zu früh denKnopf zu drücken wurde also in gewisser Weiseetwas bevorzugt, da als minimale Zeit der Wert 0registriert wurde und negative Zeiten somit nie er-fasst wurden, während es beim Überschätzen keinZeitlimit gab.

Man muss zudem bedenken, dass Ausreißer überden Mittelwert definiert wurden, sodass es vor-kommen konnte, dass eine Versuchsperson, diesehr genau die (t)t/c geschätzt hat, trotzdem elimi-niert wurde, weil alle anderen Versuchspersonensehr stark unterschätzend geantwortet haben. Dadiese Problematik jedoch relativ wenige Werte be-traf (15 Ausreißer-Werte bei 1.350 Werten), diedurchgeführte Analysen die Vorteile klar aufgezeigthaben (vgl. den Zuwachs des Determinationskoef-fizienten R2) und weitere Berechnungen demons-trieren konnten, dass die Zusammenhangsstrukturder einzelnen Spiegel zueinander erhalten blieb,wird die gewählte Vorgehensweise als angemessenund legitim betrachtet.

In der Beschreibung der Methode wurde schonkurz angesprochen, dass durch das Abkleben derAußenspiegel das Sichtfeld relativ klein wurde. DieNotwendigkeit dieser Maßnahme wurde ebenfallsbetont. Es bleibt jedoch die Frage, ob durch die Ei-genschaften des planen Spiegels dieser durch dasgewählte Vorgehen benachteiligt wurde. Das Sicht-feld war bei diesem Spiegel am kleinsten und eini-ge Versuchspersonen äußerten nach Beendigungdes Versuchs, dass sie mit diesem Spiegel diemeisten Schwierigkeiten hatten. Vergleicht man dieErgebnisse dieses Experiments jedoch mit dem ersten Experiment, so fanden sich auch dort diegrößten Unterschätzungen. Des Weiteren findensich, wie in Kapitel 6.2.3 beschrieben wurde, auchin der Literatur zur Schätzung der Kontaktzeit ohneAußenspiegel zum Teil erhebliche Unterschät-zungen der (t)t/c. Aus diesen Gründen wird nichtdavon ausgegangen, dass der plane Spiegel durch das Versuchsdesign unverhältnismäßig ge-genüber den anderen Spiegeltypen benachteiligtwurde.

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Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Frage, inwie-weit die geforderte Handlung der Versuchspersondas normale Verhalten im Straßenverkehr reprä-sentiert. Dies ist insofern relevant, da damit derFrage nachgegangen wird, ob das Drücken einesKnopfes eine geeignete Methode ist, interindividu-elle Unterschiede in der Wahrnehmung zu erfassen(vgl. hierzu z. B. BOOTSMA, 1989 [7]). Eine Be-gründung für diese Entscheidung wurde jedochbereits in Kapitel 6.2.5 gegeben.

In weiteren Experimenten sollten dennoch etwasmehr Handlungskomponenten integriert werden,als dies in den bisherigen Experimenten durch ver-bale „Magnitude Estimation“ und (t)t/c-Schätzungdurch Knopfdruck möglich war. Möglicherweiseverändern sich dadurch die Ergebnisse etwas. DieVerhältnisse der unterschiedlichen Spiegeltypenwürden wahrscheinlich erhalten bleiben, die Unter-schätzungen wären aber möglicherweise wenigerstark ausgeprägt. So wäre eine Hypothese, dassbei größerer Orientierung an Handlungen dieSchätzungen mit planen Außenspiegeln genauer (= dichter an der Realität) sind und die Versuchs-personen mit sphärischen und teilasphärischenSpiegeln sowohl im Verhältnis zu den realen Dis-tanzen als auch im Vergleich zum planen Spiegelüberschätzen.

Die besondere Bedeutung angemessener Hand-lungen wird auch in der Literatur gesehen. So kön-nen Ergebnisse eines Experiments von BOOTSMA(1989) [7] auch auf die Operationalisierung deszweiten Experiments übertragen werden. Hättendie Versuchspersonen mit ihrem Auto tatsächlicheinen Spurwechsel vollziehen müssen, dann hättensie 2 Freiheitsgrade gehabt (1. wann bzw. ob siestarten und 2. wie schnell sie sich bewegen, alsowie stark der Wagen beschleunigt). Ein Druck aufeinen Knopf lässt demgegenüber nur die erste Ent-scheidung zu, die Versuchsperson hat daher nureinen Freiheitsgrad in ihrer Handlung. BOOTSMA(1989) [7] zeigt weiter auf, dass es eine handlungs-abhängige Nutzung von perzeptuellen Informatio-nen gibt (man also Wahrnehmung und Handlungnicht trennen kann).

Die literaturkonforme Unterschätzung der tatsäch-lichen Kontaktzeiten in diesem Experiment sowiedie Unterschätzung der Distanzen im ersten Expe-riment lassen sich vielleicht durch eine generelleTendenz, konservativ (also vorsichtig) zu sein, er-klären. Ein Beispiel: Bei einem Sprung über einenGraben springt man üblicherweise weiter, als man

müsste, man ist also vorsichtig, was aber auch alsÜberschätzung der Distanz interpretiert werdenkönnte. In den beiden ersten Experimenten habendie Versuchspersonen die Distanzen bzw. Kontakt-zeiten jedoch unterschätzt. Diese Unterschätzungist aber auch wieder konservativ, da ein zu frühesDrücken des Knopfes einem unfallvermeidendenVerhalten entspricht.

Warum nun aber der teilasphärische Spiegel nichtder schlechteste Außenspiegel ist, obwohl er diegrößte Verzerrung aufweist, bleibt weiterhin er-klärungsbedürftig. Eine Begründung könnte sein,dass er zwar die größte Verzerrung hat, dieses aberein wenig dadurch kompensiert wird, dass er auchdas größte Sichtfeld (inklusive Tiefenreizen u. Ä.)bietet. Experimentell ließe sich dies dadurch über-prüfen, dass man nicht, wie in den bisherigen Ex-perimenten, die abgeklebte Fläche auf dem Spie-gel konstant hält, sondern das mit dem Spiegelmögliche Sichtfeld bei jedem Spiegel gleich großgestaltet. Der teilasphärische Spiegel hätte dem-nach die kleinste, der sphärische eine mittlere undder plane die größte sichtbare Fläche. Bei gleichgroßer Spiegelfläche scheinen die Nachteile desteilasphärischen Spiegels jedoch nicht so ausge-prägt zu sein, dass sie sich in schlechteren Leis-tungen in den durchgeführten Experimenten nie-derschlagen.

Ein Vergleich der vorliegenden Befunde mit den Er-gebnissen der in der Literatur beschriebenen Expe-rimente fällt relativ eindeutig aus. Genau wie beiFISHER & GALER (1984) [31] zeigte sich auch beiden vorliegenden Experimenten, dass die wahrge-nommene Zeit bis zur Kollision mit konvexen Spie-geln kürzer als die tatsächliche Zeit eingeschätztwird. In der Untersuchung von FISHER & GALER(1984) [31] sank jedoch die minimal akzeptierte Sicherheitsgrenze mit zunehmender Krümmung imVergleich zu einem planen Spiegel. Dies kann alsÜberschätzung im Vergleich zum planen Spiegelinterpretiert werden (ein verkehrsgefährdendesVerhalten) und fand sich auch in diesem Experi-ment.

Wie schon in Kapitel 6.2.3 dargestellt wurde, findensich in der Literatur zu Kontaktzeitschätzungenauch ohne die Variable Spiegel deutliche Unter-schätzungen von ca. 20-40 %. In dem vorliegen-den Experiment wurden zwar noch größere Unter-schätzungen (bis 51,67 %) gefunden, das Sichtfeldwar jedoch auch relativ klein. Die gefundenen Un-terschätzungen scheinen daher plausibel zu sein

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und können als mit der Literatur vereinbar gelten.Auch in diesem Experiment gab es, wie in der Lite-ratur beschrieben wird, Versuchspersonen, dietrotz der allgemeinen Tendenz zur Unterschätzungsicherheitsrelevant überschätzt haben.

In der Literatur wird weiterhin manchmal eine Be-einflussung der Kontaktzeitschätzung von anderenFaktoren beschrieben (z. B. der Distanz oder Ge-schwindigkeit, vgl. HOFFMANN & MORTIMER,1994 [53]). Eine solche Beeinflussung müsste sichdurch einen nicht-linearen Zusammenhang zwi-schen tatsächlicher und wahrgenommener Kon-taktzeit zeigen oder es sollten sich zumindest Un-terschiede in den Standardabweichungen findenlassen. Wie bereits in Kapitel 6.2.6 geschildertwurde, konnte ein nicht-linearer Zusammenhangnicht bestätigt werden. Mit Hilfe von Streudiagram-men zeigte sich jedoch, vergleichbar mit den Be-funden von HOFFMANN & MORTIMER (1994) [53],dass die Schätzungen der Kontaktzeiten abhängigvon den Distanzen sind (mit zunehmendem Ab-stand war eine Zunahme der Standardabweichungder Kontaktzeitschätzungen zu beobachten). Ten-denziell bestätigte sich in dem vorliegenden Daten-satz auch das Ergebnis von HOFFMANN & MORTI-MER (1994) [53] bezüglich der Geschwindigkeit. Sozeigte sich auch hier ein Einfluss der Geschwindig-keit auf die Beurteilung der Kontaktzeit. Ein Sinkender relativen Geschwindigkeit führte zu leicht stei-genden Standardabweichungen.

Des Weiteren fanden sich im zweiten Experimentkeine Geschlechtseffekte (Spiegel • Geschlecht:F(2, 56) = 1.422, n. s.).

Die erhobenen Daten deuten darauf hin, dass dieVersuchspersonen zur Beurteilung der Kontaktzeitmehr auf die Distanzinformationen zurückgreifenals auf die Informationen über die Geschwindigkeitdes sich nähernden Fahrzeugs. Wie schon in Kapi-tel 6.2.3 dargelegt wurde, findet sich auch diesesErgebnis in der bestehenden Literatur. Als Beispie-le sei hier nur noch einmal kurz auf die Artikel vonHILLS (1980) [52], FISHER & GALER (1984) [31]und MORTIMER (1971) [67] hingewiesen. SchonMORTIMER (1971) [67] stellte fest, dass Versuchs-personen die Geschwindigkeit eines sich nähern-den Fahrzeugs schlecht einschätzen können unddiese unterschätzen. Das Unterschätzen der Ge-schwindigkeit ist in Bezug auf die Verkehrssicher-heit negativ zu bewerten. Trotz einer Erhöhung derGeschwindigkeit war die von den Versuchsperso-nen in seinem Experiment akzeptierte Lücke für

einen Spurwechsel (zeitlich gemessen) kleiner alsbei langsameren Geschwindigkeiten. Dies war je-doch unabhängig vom verwendeten Spiegeltyp.Die Daten deuten ebenfalls darauf hin, dass derübermäßig hohe Beitrag der Distanz zur Beurtei-lung der Kontaktzeit unabhängig vom verwendetenSpiegeltyp besteht. Falls sich der Befund einerÜberbetonung von Distanzen bei Kontaktzeitschät-zungen bewahrheiten sollte, so kann dies ein rela-tiv gefährliches Verhalten sein, insbesondere beihohen Differenzgeschwindigkeiten auf Autobah-nen. Dies stellt jedoch eher eine generelle Schwie-rigkeit dar als ein durch bestimmte Spiegeleigen-schaften hervorgerufenes Problem.

6.3 Drittes Experiment

Das dritte Experiment wurde im September 2004auf dem Gelände der Fachhochschule Trier durch-geführt. Der Versuch wurde als Feldexperiment mitstatischem Design geplant und sollte der Fragenachgehen, welche Vorteile ein teilasphärischerSpiegel gegenüber einem sphärischen Spiegel hat.Da sich in den ersten Experimenten keine Nachtei-le des teilasphärischen Spiegels in Bezug auf Dis-tanz-, Geschwindigkeits- und Kontaktzeitschät-zungen zeigten, sollten in diesem Versuch die ver-meintlichen Vorteile des verkleinerten toten Win-kels überprüft werden. Das Hauptziel des vorlie-genden Experiments bestand daher in der Über-prüfung der Frage, ob die Vorteile des größerenSichtfeldes im teilasphärischen Spiegel auch in derRealität einen Gewinn darstellten. Die physikali-schen Eigenschaften und theoretischen Berech-nungen der Sichtfelder (vgl. Kapitel 3.1.3) legtenzwar den Schluss nahe, dass in teilasphärischenSpiegeln Objekte im toten Winkel erkannt werdenkönnen, ob dies jedoch tatsächlich auch zu einerexperimentell nachweisbaren Verbesserung der Er-kennensleistung im Vergleich zu sphärischenAußenspiegeln führt, war noch unklar. Dies ent-sprach mit anderen Worten der Frage, ob der Vor-teil der besseren Sicht nach hinten mit dem Nach-teil einer längeren Reaktionszeit erkauft wird oderFahrzeuge, die im teilasphärischen Spiegel sicht-bar sind, möglicherweise trotzdem aufgrund deroptischen Verzerrungen nicht korrekt erkannt wer-den. Sollte sich der teilasphärische Spiegel im Ver-gleich zum sphärischen Spiegel in diesem Experi-ment nicht als überlegen herausstellen, so bestün-de keine Veranlassung, einen teilasphärischenSpiegel einem sphärischen Außenspiegel vorzu-ziehen.

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Die Versuchsanordnung (siehe Bild 6.20) wurdeden Erfordernissen der oben genannten Fragestel-lung angepasst und sah vor, dass die Versuchsper-sonen in einem stehenden Fahrzeug saßen und imAußenspiegel (entweder sphärisch oder teilas-phärisch) einen Versuchsleiter auf einem Fahrradbeobachteten, der an einer von 4 verschiedenenPositionen stand (vollständig im toten Winkel dessphärischen Spiegels, teilweise im toten Winkeldes sphärischen Spiegels, vollständig sichtbar,nicht im Sichtfeld). Die Versuchspersonen musstenbeurteilen, ob der Versuchsleiter mit dem Fahrradim Außenspiegel zu sehen (kein Spurwechsel) oderob die Spur frei war (Spurwechsel möglich). Ge-messen wurden zum einen die Reaktionszeit biszur Antwort und zum anderen die Richtigkeit derAntwort.

6.3.1 Versuchsaufbau

Teilnehmer des Experiments

A priori wurde eine Planung des Stichprobenum-fangs durchgeführt. Bei einem α-Niveau von 5 %,einer Teststärke 1–α von 80 % und unter Annahmeeines kleinen bis mittleren Effekts (f = .15) ergabsich eine Stichprobengröße von 12 Versuchsperso-nen für den Haupteffekt des Spiegels und von 17Versuchspersonen für die relevante Interaktion derFaktoren Spiegel und Position. Dementsprechendwurden 17 Versuchspersonen als minimale Stich-probengröße festgelegt.

Insgesamt nahmen 33 Versuchspersonen an die-sem Experiment teil. Voraussetzung für die Teilnah-

me an dem Experiment war der Besitz eines Pkw-Führerscheins. An diesem Experiment nahmenneben Studentinnen und Studenten der Fachhoch-schule Trier auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnender Fachhochschule Trier sowie ein Mitarbeiter desFachs Psychologie der Universität Trier teil. DieTeilnahme war freiwillig und die Versuchspersonenwurden nicht entlohnt. Das Durchschnittsalter be-trug 31,5 Jahre, die jüngste Person war 22 Jahrealt, die älteste 55 Jahre. 5 Versuchspersonenwaren weiblich und 28 männlich. Falls Fehlsichtig-keiten auf Seiten der Teilnehmer bestanden, sowurden diese, wie in den ersten beiden Experimen-ten, durch geeignete Maßnahmen (Brille, Kontakt-linsen) korrigiert. 12 Versuchspersonen hatten ander linken Seite ihres eigenen Pkw einen planenAußenspiegel, 9 einen sphärischen und 12 einenteilasphärischen Spiegel.

Methode

Damit die Versuchspersonen ausschließlich auf-grund der Sicht im linken Außenspiegel reagierten,wurden sowohl der Innenspiegel als auch der rech-te Außenspiegel während dieses Versuchs kom-plett abgeklebt. Des Weiteren wurde die Sicht ausdem linken hinteren Seitenfenster eingeschränkt,sodass ein direkter Blick zur Seite bzw. ein Schul-terblick keine Informationen über die Position desFahrrads lieferte. Zu diesem Zweck wurde die hin-tere Seitenscheibe vollständig abgeklebt. Die lin-ken Außenspiegel wurden zudem so vorbereitet,dass während des Versuchs leicht und schnell zwi-schen dem sphärischen und dem teilasphärischenAußenspiegel gewechselt werden konnte.

Neben der unabhängigen Variablen Spiegel mitihren beiden Stufen sphärisch und teilasphärischwurde die Position des Fahrrads variiert. Es wurdeversucht, in besonderem Maße die Vorteile des teil-asphärischen Spiegels herauszuarbeiten. Zu die-sem Zweck waren die Positionen des Fahrrads sogewählt, dass sie vollständig oder teilweise imtoten Winkel des sphärischen Spiegels lagen. AlsKontrolle wurden zusätzlich Positionen gewählt,die zum einen in beiden Spiegeln vollständig sicht-bar und zum anderen in keinem der beiden Spiegelzu sehen waren. Somit ergaben sich vier verschie-dene Positionen (a: vollständig im toten Winkel dessphärischen Spiegels, b: teilweise im toten Winkeldes sphärischen Spiegels, c: vollständig sichtbar,d: nicht im Sichtfeld). Der Versuchsaufbau wird inBild 6.20 veranschaulicht. Das Fahrrad befand sich2,7 Meter hinter dem Pkw der Versuchsperson

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Bild 6.20: Positionen des Fahrrads

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und war 4,5 Meter (Position a), 3,8 Meter (Posi-tion b) bzw. 1,9 Meter (Position c) seitlich vom Pkw versetzt. Das Fahrzeug mit den während der Durchgänge aktivierten Bremsleuchten be-fand sich 3,9 Meter vor dem Pkw der Versuchs-person.

Die Beurteilung der Möglichkeit zu einem Spur-wechselmanöver geschah zum einen über das Set-zen des Fahrtrichtungsanzeigers (= Spurwechselmöglich), zum anderen über die Betätigung derBremse (= Spurwechsel nicht möglich).

Als abhängige Variable konnte einerseits die Reak-tionszeit zwischen der Präsentation des Fahrradsund der Antwort der Versuchsperson erfasst wer-den, andererseits wurden auch die Fehler der Ver-suchsperson registriert. Hierbei wurden zwei Fehlerunterschieden:

1. Die grundsätzliche Frage, ob die Entscheidungder Versuchsperson richtig oder falsch war. 2. DieArt des Fehlers wurde ausgewertet, d. h., ob ge-bremst wurde, obwohl die Möglichkeit zum Spur-wechsel bestand (ein übervorsichtiges, konservati-ves Verhalten), oder ob sich für einen Spurwechselentschieden wurde, obwohl ein Bremsmanöver er-forderlich gewesen wäre (ein gefährliches Verhal-ten).

Die Positionen a-c erforderten ein Bremsen alsrichtige Reaktion der Versuchsperson, da sich einFahrrad in der Nähe des Fahrzeugs der Versuchs-person befand. Bei Position d war das Setzen desFahrtrichtungsanzeigers die korrekte Reaktion, dasich kein Fahrrad in der benachbarten Spur be-fand. Eine Frage, die es zu klären galt, war daher,in wie viel Prozent der Fälle das Setzen des Fahrt-richtungsanzeigers die richtige Antwort sein sollteund bei wie vielem Bremsen (wie also das Verhält-nis von Bedingung d zu a-c sein sollte). Es wurde sich für eine Gleichverteilung von Bremsen undBlinken entschieden, d. h., in 50 % der Fälle sollte das Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers dierichtige Reaktion und in 50 % der Fälle Bremsenrichtig sein. Aus diesem Grund wurde die Posi-tion d häufiger als die anderen Positionen präsen-tiert. Bei jeder Versuchsperson wurde jede Po-sition mehrfach wiederholt. Pro Spiegel durch-lief die Versuchsperson jeweils 4 Durchgänge mitjeder der 3 Positionen a, b und c und 12 Durch-gänge mit dem Fahrrad in Position d (dies ent-sprach dem oben beschriebenen Verhältnis von 50 % Fahrtrichtungsanzeiger setzen zu 50 %Bremsen).

Als Alternative wären auch vier Wiederholungen beijeder der Positionen a-d möglich gewesen. DiesesVorgehen hätte bei der Auswertung Vorteile gehabt(s. u.), wäre jedoch mit einem Risiko behaftet ge-wesen. Da die vorherrschende richtige Antwortunter diesen Bedingungen Bremsen gewesen wäre(75 % der Durchgänge), hätte nicht ausgeschlos-sen werden können, dass die Versuchspersoneneine Erwartung und somit eine Antworttendenz inRichtung Bremsen bilden. Dieses Verhalten hättejedoch unter Umständen die Fragestellung beein-flusst, da ein Bias in Richtung der Bremsreaktiondas Entdecken von Unterschieden im Antwortver-halten mit sphärischen und teilasphärischen Spie-geln erschweren könnte. Die Versuchspersonenhätten also möglicherweise eine Bremsreaktionaufgrund ihrer Erwartung gezeigt, auch wenn siedas Fahrrad im toten Winkel des sphärischen Spie-gels gar nicht hätten sehen können. Ein Unter-schied zwischen teilasphärischen und sphärischenSpiegeln wäre dann nur noch schwer feststellbargewesen. Um diese Möglichkeit auszuschließen,wurde eine Gleichverteilung von richtigen Brems-und Blinkreaktionen gewählt.

Pro Spiegel wurden daher pro Person 24 Durch-gänge durchgeführt, die intra- und interindividuellrandomisiert wurden. Die Reihenfolge, in der diebeiden Spiegel präsentiert wurden, wurde ebenfallsinterindividuell variiert. Es ergaben sich insgesamt48 Durchgänge pro Person.

Als Orientierung für den Versuchsleiter auf demFahrrad wurden mit Kreide Markierungen auf der Straße angebracht. Diese Markierungen kenn-zeichneten die jeweiligen Positionen a-d und warenaus dem Fahrzeug der Versuchsperson nicht sicht-bar.

In diesem Experiment wurde nicht wie in den ers-ten beiden Experimenten ein Pkw oder eine Pkw-Attrappe als Versuchsobjekt verwendet, sonderndie Versuchsperson sollte eine Person auf einemFahrrad erkennen. Die Wahl eines Fahrrads als Ver-suchsobjekt hatte mehrere Gründe: Zum Erstenhatte ein Fahrrad die richtige Größe, um vollständigim toten Winkel eines sphärischen Spiegels zu ver-schwinden. Ein Pkw wäre demgegenüber zu großgewesen, sodass ein Teil des Fahrzeugs immer zusehen gewesen wäre, entweder im direkten Sicht-feld oder im Außenspiegel. Zweitens ließ sich einFahrrad leicht, geräuschlos und schnell von der je-weiligen Position zur nächsten verschieben. DasVersetzen eines Pkw hätte deutlich mehr Zeit be-

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ansprucht und eine akustische Beeinträchtigungdes Versuchsablaufs hätte nicht ausgeschlossenwerden können. Ein Motorrad wäre als Versuchs-objekt ebenfalls möglich gewesen, aufgrund derleichteren Handhabbarkeit und des geringeren Ge-wichts bei vergleichbaren Dimensionen wurde je-doch ein Fahrrad gewählt. Es erschien besonderswichtig, eine Verkehrssituation zu simulieren, in dernicht nur Pkw involviert sind. Insbesondere andereVerkehrsteilnehmer, wie z. B. Fahrradfahrer, sindbei Unfällen mit Pkw besonders gefährdet, da siewesentlich ungeschützter sind und leicht überse-hen werden können. Da vor allem im Stadtverkehrzudem viele Fahrradfahrer in Unfälle mit Pkw invol-viert sind, lässt sich die Relevanz des gewähltenVersuchsdesigns nicht bestreiten. Diese Argumen-te sowie die Tatsache, dass es aufgrund der klei-neren Größe erheblich schwerer ist, ein Fahrrad imVergleich zu einem Pkw im Spiegel zu entdecken,haben die Autoren des vorliegenden Berichts dazubewogen, ein Fahrrad als Versuchsobjekt zu ver-wenden. Sollte also entweder der sphärische (auf-grund des Vorhandenseins eines kleinen toten Win-kels) oder der teilasphärische Spiegel (aufgrundder stärkeren Verzerrung) Nachteile haben, sowurde durch die Verwendung eines kleineren Ver-suchsobjekts die Wahrscheinlichkeit erhöht, diesenEffekt auch zu finden. Außerdem bestand aufgrundder Größe nur bei einem Fahrrad die Möglichkeit,die Positionen a-c seitlich zu variieren, sodass eineKonfundierung der Position des Fahrrads mit derEntfernung zum Spiegel vermieden werden konnte.Bei einem Pkw wäre demgegenüber zwangsläufigeine Konfundierung mit der Entfernung gegebengewesen, da eine Veränderung der Positionen imtoten Winkel parallel nebeneinander nicht möglichgewesen wäre. Bei einer Anordnung der Positionenhintereinander in unterschiedlicher Entfernung zurVersuchsperson hätte jedoch nicht eindeutig ge-klärt werden können, wo die Defizite des jeweiligenSpiegels liegen, da gleichzeitig Entfernung und Po-sition verändert worden wären. Als Lösung diesesKonfundierungsproblems bot sich daher die Kon-trolle der Störvariablen „Entfernung“ durch ihreKonstanthaltung an.

Insgesamt lässt sich der Versuchsaufbau daher miteinem Verkehrsgeschehen vergleichen, bei dem einVerkehrsteilnehmer (Fahrradfahrer, Motorradfahrer)seitlich hinter einem Pkw steht, während diesereinen Spurwechsel initiieren will. Die Entscheidungzum Spurwechsel muss dabei sehr schnell getrof-fen werden. Das Signal zur Entscheidung wurde in

diesem Versuchsaufbau durch das rote Bremslichtdes vorderen Fahrzeugs ausgelöst (vergleichbareiner Verkehrssituation mit einem vorausfahrendenFahrzeug, das plötzlich bremst). Der Fahrer desPkw muss nun schnell entscheiden, ob er dasSpurwechselmanöver vollziehen kann oder eben-falls bremsen muss. Im Gegensatz zu den erstenExperimenten kam es hier jedoch nicht auf Dis-tanzschätzungen an, sondern ausschließlich aufdas Erkennen von Objekten.

Vor Beginn des eigentlichen Experiments wurdeden Versuchspersonen auch in diesem Experimentein kurzer Fragebogen vorgegeben, sodass Infor-mationen zu Alter, Geschlecht, (Vor-)Erfahrungenmit verschiedenen Spiegeln, zur Art des Spiegelsam eigenen Fahrzeug und zum Fahrverhalten (jähr-liche Fahrleistung, Häufigkeit der Nutzung für Auto-bahn-, Landstraßen- oder Stadtfahrten) der Teil-nehmer vorliegen.

Materialien

Als Fahrzeuge wurden diejenigen eingesetzt, diebereits in Experiment 2 Anwendung fanden (vgl.Kapitel 6.2.4), nämlich ein Ford Escort (Fahrzeugmit der Versuchsperson) und ein MCC Smart (mitbei jedem Durchgang aktivierten Bremsleuchten).Zur Sichtverdeckung diente ebenfalls die in Experi-ment 2 erwähnte Vorrichtung aus einer Blende undeinem Pneumatikzylinder (vgl. Bild 6.10) zur Ver-deckung eines Golf-III-Spiegels (Geometrie Spiegelvgl. 6.1.1). Der hinter der Versuchsperson sitzendeVersuchsleiter bediente einen PC, der mit einemMessgerätesystem (Typ AnaDigIO der Firma Sengdigitale Systeme GmbH, Göppingen) verbundenwar, an dessen digitale Eingänge die Spannungs-signale des Bremslichtschalters und der Schalterdes Fahrtrichtungsanzeigers des Ford Escort an-geschlossen waren. An die Ausgänge wurden daselektropneumatische 5-2-Wegeventil zur Steue-rung des Pneumatikzylinders und ein Relais zur Ak-tivierung der Bremslichter des MCC Smart ange-bunden.

Der PC war – wie auch schon bei dem vorherigenVersuch – mit dem DV-Programm „Diadem“ derFirma National Instruments ausgestattet, auf des-sen Oberfläche ein selbstständig ablaufendes Pro-gramm erstellt wurde, das die Versuchsdurch-führung unterstützte. Der Versuchsleiter auf derRückbank gab lediglich die Versuchspersonen-nummer ein und das Programm arbeitete daraufhineinen zuvor festgelegten Versuchsplan ab. Dieserenthielt für jede Versuchsperson den entsprechen-

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den Spiegeltyp, mit dem begonnen wurde, und 24randomisierte Fahrradpositionen. Danach folgtennach einem Spiegelwechsel 24 weitere Durchgän-ge, bis die Versuchsperson ihre Durchgänge absol-viert hatte. Die Eingriffsmöglichkeit in den Ablaufwar dadurch gegeben, dass der Versuchsleiterjeden Durchgang mit einer Tastenbetätigung amPC starten musste und eine Wiederholung einesfehlerhaften Ablaufs jederzeit möglich war.

Nach dem Starten des Durchgangs leuchteten dieBremslichter des MCC Smart auf, gleichzeitigwurde die Sicht auf den Spiegel durch Herunter-schnellen der Blende für die Versuchsperson frei-gegeben. Die Zeitzählung im Programm begannmit Freigabe der Sicht und endete ohne zeitlicheVerzögerung mit der Betätigung von Bremse oderFahrtrichtungsanzeiger durch die Versuchsperson.

Das DV-Programm schrieb die Daten Reaktionszeit(beginnend mit dem Startsignal durch den Ver-suchsleiter 1 und beendet durch die Reaktion derVersuchsperson), Reaktion (Bremsen oder Fahrt-richtungsanzeiger setzen) und Anfangsbedingung(Versuchspersonennummer, Spiegeltyp, laufendeNummer des Versuchs) in eine Ausgabedatei.

6.3.2 Durchführung

Jede Versuchsperson wurde individuell getestet,die Durchführungszeit betrug pro Person ungefähreine halbe Stunde. Das Experiment wurde bei Ta-geslicht und sowohl bei trockenem als auch beiregnerischem Wetter durchgeführt.

Nachdem die Versuchsperson im Pkw Platz ge-nommen hatte, wurde sie instruiert, den linkenAußenspiegel so einzustellen, dass sie im sphäri-schen Spiegel nur noch das Hinterrad des auf Po-sition b stehenden Fahrrads sehen konnte. Gleich-zeitig sollte jedoch auch noch ein kleiner Teil deseigenen Fahrzeugs (der hintere Türgriff) im Außen-spiegel zu sehen sein. Die Anweisung beim teilas-phärischen Spiegel lautete, den Spiegel so einzu-stellen, dass ebenfalls der Türgriff zu sehen und zu-sätzlich das Fahrrad auf Position a noch im as-phärischen Teil erkennbar ist. Geringfügige Fehl-einstellung des jeweiligen Außenspiegels konntenwährend des Versuchs jedoch nicht vollständigausgeschlossen werden, da die Einstellung desAußenspiegels immer eine subjektive Komponentebeinhaltet. So ist die Frage, wann etwas geradenoch sichtbar ist, interindividuell nicht ganz zustandardisieren und auch von der Kopfhaltung derVersuchsperson abhängig. Insbesondere bei Posi-

tion b kann dies dazu geführt haben, dass Ver-suchspersonen das Fahrrad mit Hilfe des sphäri-schen Außenspiegels in einem Durchgang erken-nen konnten, in einem anderen Durchgang jedochden Fahrtrichtungsanzeiger setzten, weil sie einenSpurwechsel für möglich hielten. Da die Sichtdurch den Außenspiegel neben anderen Faktorenauch abhängig von Körpergröße und Kopfhaltungder Versuchsperson war, ließ sich die korrekte Ein-stellung des Spiegels auch nicht eindeutig von denVersuchsleitern überprüfen. Die detailliertenschriftlichen Instruktionen und die visuellen Orien-tierungspunkte (Türgriff und Fahrrad) erschienenjedoch als beste Annäherung an eine Standardisie-rung der Spiegeleinstellung. Es kann daher davonausgegangen werden, dass die Versuchspersonen(mit geringfügigen Abweichungen) in Bezug auf ihrSichtfeld denselben Bereich sehen konnten.

Vor Beginn der 48 Durchgänge wurden 2 Probe-durchgänge durchgeführt (jeweils eine Brems- undeine Blinkreaktion), um die Versuchspersonen mitdem Versuchsablauf bekannt zu machen. Durchdieses Vorgehen wurde gewährleistet, dass even-tuelle Missverständnisse bezüglich der an die Ver-suchspersonen gestellten Aufgabe vor Beginn derDatenerhebung geklärt waren.

Es standen zwei Versuchsleiter zur Verfügung. EinVersuchsleiter (VL 1) saß schräg hinter der Ver-suchsperson auf der Rückbank des stehendenFahrzeugs, gab der Versuchsperson die Instruktio-nen, beantwortete gegebenenfalls Fragen und be-diente den Laptop. Der zweite Versuchsleiter (VL 2)saß auf dem Fahrrad, variierte die Positionengemäß dem Versuchsplan und tauschte zwischenden betreffenden Durchgängen die Spiegel aus. Eswurde Wert darauf gelegt, dass der zweite Ver-suchsleiter immer gleich gekleidet war (nicht zuauffällig, dunkle Bekleidung), damit die Erkennens-leistung nicht durch Hinweisreize durch besondersfarbige Stoffe verfälscht wurde. Das Bild 6.22 zeigtexemplarisch aus der Perspektive der Versuchs-person den Fahrradfahrer auf Positionen c (unterVerwendung des teilasphärischen Außenspiegels).

Nachdem die Versuchsperson den Fragebogenausgefüllt, die schriftlichen Instruktionen gelesenund die Probedurchgänge absolviert hatte, wurdemit dem Experiment begonnen. Der Blick der Ver-suchsperson war zu Beginn eines jeden Durch-gangs zunächst nach vorne gerichtet. Nachdemder VL 1 am PC den Durchgang gestartet hatte,leuchteten im direkten Sichtfeld der Versuchsper-son die Bremslichter des MCC Smart auf. Gleich-

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zeitig mit der Aktivierung des Lichts wurde vom PCauch ein Impuls an den Pneumatikzylinder über-mittelt, der den Blick durch den Außenspiegel frei-gab. Die Messung der Reaktionszeit startete eben-falls. Das Aufleuchten der Bremslichter war dasZeichen für die Versuchsperson ihren Kopf zurSeite zu drehen, um in den linken Außenspiegel zublicken. Die Versuchsperson, musste nun soschnell wie möglich beurteilen, ob sie ein Spur-wechselmanöver durchführen könnte, und darauf-hin die entsprechende Reaktion zeigen (bremsenoder Fahrtrichtungsanzeiger setzen). Nach erfolg-ter Reaktion der Versuchsperson stoppte die Reak-tionszeitmessung, die Bremslichter erloschen undder PC übermittelte ein Signal an den Pneuma-tikzylinder, sodass die Sicht durch den Außenspie-gel wieder verdeckt wurde. Dies war auch das Zei-chen für die Versuchsperson, wieder nach vorne zublicken und auf den Start des nächsten Durch-gangs zu warten. Der zweite Versuchsleiter bliebwährend der Dauer des ganzen Durchgangs auf

dem Fahrrad sitzen und bewegte sich erst dann zurneuen Position, wenn die Sicht durch den Außen-spiegel wieder verdeckt wurde. Nachdem VL 2 sichauf der neuen Position befand, gab er dem erstenVersuchsleiter ein Handzeichen. VL 1 aktiviertedann am PC den nächsten Durchgang, der darauf-hin startete. Nach 24 Durchgängen wechselte derVL 2 den Außenspiegel und die nächsten 24 Durch-gänge begannen. Während des Versuchs erhieltdie Versuchsperson keinerlei Rückmeldung überihre Leistung.

Versuchsleitereffekte konnten dadurch reduziertwerden, dass die Instruktionen schriftlich vorgelegtwurden und die Datenerfassung elektronisch er-folgte.

6.3.3 Ergebnisse

Wie in Kapitel 6.3.1 beschrieben, wurden die Posi-tionen a-c jeweils vier Mal wiederholt, während diePosition d zwölf Mal durchgeführt wurde, um da-durch eine Gleichverteilung von Brems- und Blin-kreaktionen zu erreichen. Damit die Daten der Re-aktionszeit mittels einer dreifaktoriellen Varianzana-lyse mit Messwiederholung auf allen drei Faktorenanalysiert werden konnten, mussten die zwölfWerte der Position d auf vier Werte pro Spiegel re-duziert werden. Daher wurden aus den zwölfDurchgängen für Position d zufällig vier ausge-wählt, die dann in die Analyse eingingen. Somitwurde eine 2 • 4 • 4-Varianzanalyse berechnet. Als Alternative hätten auch Mittelwerte aus jeweilsdrei Werten gebildet werden können. Auch dadurchwären vier Werte entstanden. Durch dieses Vor-gehen wären jedoch die Varianzen verändert wor-den, sodass diese Variante verworfen wurde. Bei der Auswertung der Fehlerhäufigkeiten mitHilfe von nicht-parametrischen Korrelationen warein vergleichbares Vorgehen nicht nötig, da es in diesem Fall um einen Vergleich der Fehlerhäu-figkeiten mit den beiden Außenspiegeln ging. Indiese Analysen gingen daher alle verfügbarenDaten ein.

Aufgrund von Fehlern in der Durchführung musstedie Versuchsperson Nr. 6 von den Analysen ausge-schlossen werden (der Versuchsperson wurden dieInstruktionen in der falschen Reihenfolge vorgelegt,sodass die Außenspiegel falsch eingestellt wur-den).

Da die Software nicht in allen Durchgängen feh-lerfrei arbeitete, mussten einige Durchgängenachträglich eliminiert werden und die Zahl der bei

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Bild 6.21: Versuchsaufbau Experiment 3

Bild 6.22: Blick in den teilasphärischen Spiegel, Position c

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den verschiedenen Analysen einbezogenen Durch-gänge variierte leicht. Es kam vor, dass sowohl fürBremsen als auch für das Setzen des Fahrtrich-tungsanzeigers eine Reaktionszeit erfasst wurde,sodass weder bestimmt werden konnte, ob ein Be-urteilungsfehler vorlag noch welches die richtigeReaktionszeit war. Dies kam 18 Mal vor (18/1584 =1,136 % aller Durchgänge).

Für die Analyse der Reaktionszeit war die Richtig-keit des gezeigten Verhaltens jedoch unerheblich,sodass für die Berechnung der Varianzanalyse fol-gendermaßen vorgegangen wurde: Der jeweiligefehlerhafte Durchgang wurde ersetzt, indem derMittelwert der drei weiteren Durchgänge der betref-fenden Position gebildet wurde. Dieses Vorgehenwurde für die Positionen a-c gewählt (zwölf Fälle: 2 • a, 5 • b und 5 • c). Befand sich das Fahrrad aufPosition d (6 Fälle), so wurde der betreffendeDurchgang nur eliminiert und nicht ersetzt, da ausden noch vorhandenen elf Durchgängen mit derPosition d immer noch vier per Zufall ausgewähltwerden konnten.

Für die Analyse der Fehlerhäufigkeiten war ein ähn-liches Vorgehen nicht notwendig. Die betreffendenFälle, in denen keine Beurteilung der Korrektheitder Entscheidung möglich war, wurden eliminiertund nicht in die Analyse mit einbezogen. Ein Erset-zen der Werte fand nicht statt.

Da die Variable „Fehler“ kein Intervallskalenniveaubesitzt, sondern genau wie die Variable „Spiegel“und „Position des Fahrrads“ lediglich Nominalska-lenqualität hat, wurden zur Analyse der Datennicht-parametrische Verfahren eingesetzt. Die be-rechneten Statistiken und Zusammenhangsmaßeermöglichen eine Aussage darüber, ob sich dieFehlerhäufigkeiten mit sphärischen von denen mitteilasphärischen Spiegeln unterscheiden. Die ent-sprechenden χ2-Tests nach PEARSON ergaben fürdie Position a einen Wert von χ2(1) = 75.144, p < .001, für die Position b von χ2(1) = 6.471, p =.011, für die Position c von χ2(1) = 1.885, p = .17(nicht signifikant) und für die Position d einen Wertvon χ2(1) = 6.844, p = .009. Nur bei Position c un-terscheiden sich die beiden Spiegel daher nichtvoneinander, bei allen anderen Positionen gibt essignifikante Unterschiede in den Fehlerhäufigkei-ten. Bei Position a und b zeigten sich signifikantmehr „falsch gefährliche“ Reaktionen (Spurwech-sel wurde trotz sichtbaren Fahrrads initiiert) mitdem sphärischen Außenspiegel im Vergleich zumteilasphärischen Spiegel. Befand sich das Fahrrad

hingegen auf der Position c, so gab es keinen sig-nifikanten Unterschied zwischen den beiden Spie-geltypen. Ein signifikantes Ergebnis wäre auchnicht hypothesenkonform gewesen, da das Fahr-rad in beiden Spiegeln gleich gut zu erkennen war.Bei Position d zeigt sich jedoch wieder ein signifi-kanter Unterschied zwischen den Spiegeln. DieVersuchspersonen machten mit dem teilasphäri-schen Spiegel mehr falsch konservative Fehler alsmit dem sphärischen Spiegel. Das bedeutet also,dass die Versuchspersonen fälschlicherweisebremsten, obwohl sie den Fahrtrichtungsanzeigersetzen und die Spur wechseln konnten. Dieses Verhalten ist zwar falsch, jedoch eher als übervor-sichtig und somit im realen Verkehrsgeschehennicht als kritisch zu beurteilen. Ein grafischer Ver-gleich der Fehlerhäufigkeiten ist Bild 6.23 zu ent-nehmen.

Des Weiteren wurden die Fehlerhäufigkeiten derbeiden Spiegeltypen in Abhängigkeit von der je-weiligen Erfahrung mit planen, sphärischen oderteilasphärischen Außenspiegeln untersucht. Erfah-rungsabhängig ergab sich folgendes Bild: Hatte dieVersuchsperson hauptsächlich Erfahrungen mitplanen Außenspiegeln, so unterschieden sich dieFehlerhäufigkeiten des sphärischen und des teilas-phärischen Spiegels nur bei Position a (χ2(1) =32.895, p < .001). Bestanden hauptsächlich Erfah-rungen mit sphärischen Spiegeln, so wurde eben-falls nur die Position a signifikant (χ2(1) = 14.085, p < .001). Bei Versuchspersonen, die ihre Erfahrun-gen im Straßenverkehr hauptsächlich mit asphäri-

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Bild 6.23: Vergleich der prozentualen Fehlerhäufigkeit in Abhän-gigkeit von der Position des Fahrrads und des Spie-geltyps. Bei Position a-c kann die Entscheidung derVersuchsperson per Definition entweder richtig oderfalsch gefährlich sein, wohingegen sie bei Position dausschließlich richtig oder falsch konservativ seinkann (vgl. hierzu auch Bild 6.20)

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schen Außenspiegeln gemacht hatten, wurde derVergleich der Fehlerhäufigkeiten sowohl bei Positi-on a (χ2(1) = 29.023, p < .001) als auch bei Positi-on b (χ2(1) = 10.942, p = .001) signifikant. Bei allenanderen Positionen wurde ein Vergleich nicht signi-fikant, was zumeist an der sehr geringen Anzahl anFehlern lag. Wie sich aus den vorliegenden Ergeb-nissen aber erkennen lässt, besteht grundsätzlichkein Unterschied, der auf die Erfahrung mit denverschiedenen Spiegeltypen zurückzuführen ist. Indiesem Versuch wurden mit dem sphärischenSpiegel, unabhängig von der Erfahrung, immermehr falsch gefährliche Reaktionen gezeigt als mitdem teilasphärischen Spiegel.

Ein interessantes, jedoch statistisch nicht signifi-kantes Ergebnis soll dennoch kurz erwähnt wer-den. Der signifikante Unterschied in der Fehlerhäu-figkeit bei Position b bei den Versuchspersonen mitErfahrungen mit teilasphärischen Spiegeln wurdenoch einmal genau untersucht. Der Grund für die-ses Ergebnis lag in einer, im Vergleich zu den Feh-lerhäufigkeiten bei den anderen Erfahrungsgrup-pen, erhöhten Anzahl an Fehlern mit dem sphäri-schen Spiegel, während etwas weniger Fehler mitdem teilasphärischen Spiegel gemacht wurden.Der Unterschied zwischen den Erfahrungsgruppenwar jedoch, wie bereits oben erwähnt, nicht signifi-kant. Dieses Ergebnis könnte jedoch darauf hin-deuten, dass eine Umgewöhnung von einem teilas-phärischen Spiegel auf einen sphärischen SpiegelSchwierigkeiten mit sich bringt (da in diesem Fallmehr Fehler gemacht wurden) und dass diese Pro-bleme bei der Umstellung möglicherweise größersind als diejenigen bei einem Umstieg von einemsphärischen auf einen teilasphärischen Spiegel.Diese Hypothese bedarf allerdings einer gesonder-ten Untersuchung, bevor hierzu eine endgültigeSchlussfolgerung gezogen werden kann. DieseFragestellung ist jedoch nicht ohne Belang, bei-spielsweise bei der Nutzung von Leihwagen. Hierkönnte der Fall eintreten, dass Personen, die anihrem privaten Pkw einen teilasphärischen Außen-spiegel besitzen, plötzlich mit einem sphärischenoder planen Außenspiegel am Straßenverkehr teil-nehmen müssen. Der Verlust an Sichtfeld und dieUmgewöhnung im Verhalten (z. B. die Notwendig-keit eines Schulterblicks) sind hier möglicherweiseein gravierendes Problem.

Wie oben bereits erwähnt wurde, wurden die Reak-tionszeiten mittels einer 2 • 4 • 4-Varianzanalyse mitkompletter Messwiederholung analysiert. Es wurdejedoch weder der Faktor „Spiegel“ (F(1, 29) < 1)

noch irgendein anderer Faktor oder eine Interaktionverschiedener Faktoren signifikant. Auch die Erfah-rung mit den verschiedenen Spiegeltypen (plan,sphärisch oder teilasphärisch) zeigte keinen unter-schiedlichen Einfluss auf die abhängige Variable.Das einzige signifikante Ergebnis wies der Faktor„Position des Fahrrads“ mit F(3, 87) = 7.11, p <.001 auf. Da der MAUCHLY-Test auf Sphärizität aufeine Verletzung der Sphärizitätsannahme hinwies,wurde in diesem Fall eine Korrektur sowohl nachGREENHOUSE-GEISSER als auch nach HUYNH-FELDT vorgenommen, die jedoch nichts an demsignifikanten Ergebnis änderten. Um genauer he-rauszufinden, welche Positionen sich in ihren Re-aktionszeiten unterschieden, wurden mehrere t-Tests berechnet. Bei einem den 6 durchgeführten t-Tests angepassten Alpha-Fehler-Niveau von 0.05/6= 0.0083 für jeden Einzeltest wurden folgende Ver-gleiche signifikant: Position a mit c (t(31) = 3.825, p= .001), Position a mit d (t(31) = 2.858, p = .008)und Position b mit c (t(31) = 4.278, p < .001). Wenndas Fahrrad auf Position a steht, hatten die Ver-suchspersonen demnach signifikant längere Reak-tionszeiten, als wenn das Fahrrad auf Position coder d stand. Die Beurteilung dauerte ebenfallslänger, wenn sich das Fahrrad auf Position b imVergleich zu Position c befand. Da dieser Befund inBezug auf die beiden untersuchten Spiegeltypenjedoch keine Aussage ermöglicht, wurden weiteret-Tests berechnet, die Aufschluss darüber gebensollten, wie sich die Reaktionszeiten in Abhängig-keit vom Spiegeltyp und der Position veränderten.Beim sphärischen Außenspiegel ergab sich folgen-des Bild: Die Reaktionszeiten mit dem Fahrrad aufPosition b waren im Vergleich zu Position c (t(31) =2.922, p = .006) und d (t(31) = 2.717, p = .011) sig-nifikant größer. Beim teilasphärischen Spiegelwaren die Reaktionszeiten signifikant größer, wenndas Fahrrad auf Position a stand, im Vergleich zuden Positionen c (t(31) = 4.196, p < .001) und d(t(31) = 2.822, p = .008). Des Weiteren zeigte sichauch beim teilasphärischen Spiegel, dass die Be-urteilung der Versuchsperson signifikant längerdauerte, wenn das Fahrrad auf Position b stand,wenn man diese Reaktionszeiten mit den entspre-chenden Reaktionszeiten von Position c vergleicht(t(31) = 2.768, p = .009).

Diese Angaben beruhen auf Analysen mit dem kon-ventionellen Alpha-Niveau von 5 %. Da in diesemFall jedoch multiple Mittelwertsvergleiche gemachtwurden und somit die Gefahr einer Kumulierungdes Alpha-Fehlers bestand, wurde der Alpha-Feh-ler in diesem Fall ebenfalls entsprechend adjustiert.

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Da zwölf einzelne t-Tests durchgeführt wurden undinsgesamt ein Alpha-Fehler von 5 % angemessenerschien, wurde der Alpha-Fehler jedes einzelnent-Tests auf 0.05/12 = 0.004167 angepasst. Unterdiesen strengeren Annahmen wurde nur noch derUnterschied zwischen den Reaktionszeiten vonPosition a zu Position c beim teilasphärischenSpiegel und keine Vergleiche beim sphärischenSpiegel signifikant.

Das signifikante Ergebnis des Faktors „Positiondes Fahrrads“ in der dreifaktoriellen Varianzanalyseist also auf die oben genannten Ergebnisse der t-Tests zurückzuführen. Die Befundlage deutet daherdarauf hin, dass beim sphärischen Spiegel die Po-sition b die kritische Position ist. Dies ist hypothe-senkonform, da das Fahrrad auf dieser Position nurzur Hälfte zu sehen war. Befand sich das Fahrradauf den Positionen a und d, so war es nicht zusehen. Daher sollten sich die Reaktionszeiten derPositionen a und d nicht signifikant unterscheiden.Dies wurde bestätigt. Die beiden Positionen wiesenebenfalls keine signifikant unterschiedliche Reakti-onszeit zu Position c auf. Positionen, in denen dasFahrrad eindeutig zu sehen bzw. nicht zu sehenwar, wiesen daher vergleichbare Reaktionszeitenauf, während die in Bezug auf das Erkennen desFahrrads schwere Position b längere Beurteilungs-zeiten benötigte.

Demgegenüber scheint beim teilasphärischenSpiegel die zum Rand hin stärkere Verzerrungeinen Einfluss auf die Reaktionszeit auszuüben. Jeweiter sich das Fahrrad am Rand des Spiegels be-fand, desto länger schien die Reaktionszeit zu sein(bei Position a länger als bei c und d und bei bgrößer als bei c). Dass sich beim teilasphärischenSpiegel die Reaktionszeiten von Position a und dunterscheiden, ist ebenfalls hypothesenkonform,da die Position a bei diesem Spiegeltyp zwar sicht-bar, aber verzerrt ist. Dies sollte eine längere Beo-bachtungs- und Bearbeitungszeit zur Folge haben.

Insgesamt betrachtet muss man jedoch Folgendesbeachten: Die Differenzen der über den Faktor„Wiederholung“ gemittelten Reaktionszeiten sindnicht besonders groß, sie betragen maximal 0,3Sekunden. Ob die statistische Signifikanz einzelnert-Tests auch eine inhaltliche Relevanz besitzt, mussdaher in Frage gestellt werden. Trotz der Unter-schiede in den Reaktionszeiten bei den verschie-denen Kombinationen von Spiegel und Positionwaren der Unterschied zwischen den beiden Spie-geltypen und die Interaktion von Spiegel und Posi-tion des Fahrrads außerdem nicht signifikant.

Während also die geringere Fehlerhäufigkeit ein-deutig für den teilasphärischen Spiegel spricht, soscheint dies nicht mit einer längeren Reaktionszeitaufgrund der verzerrenden optischen Eigenschaf-ten einherzugehen.

6.3.4 Diskussion

Genau wie die ersten beiden Experimente konnteauch das dritte Experiment weitere Hinweise zurBeantwortung der Frage nach den Verkehrssicher-heitsaspekten teilasphärischer Außenspiegel lie-fern. In diesem Versuch standen jedoch zum erstenMal die potenziellen Vorteile dieses Spiegeltyps imMittelpunkt der Fragestellung. Es konnte gezeigtwerden, dass das größere Sichtfeld des teilas-phärischen Spiegels trotz der damit verbundenenVerzerrungen tatsächlich nutzbar war und Objekte,die sich im asphärischen Teil des Spiegels befan-den, auch richtig erkannt wurden. Während dieseObjekte im sphärischen Spiegel nicht mehr zu er-kennen waren, da sie außerhalb des verfügbarenrückwärtigen Sichtfelds lagen, bot der teilasphäri-sche Spiegel ein nachweisbar größeres Sichtfeld,das trotz der optischen Verkleinerung die Erken-nensleistung verbesserte. Die Fehlerhäufigkeitkonnte, insbesondere in den „Tote-Winkel“-Posi-tionen, deutlich reduziert werden, ohne gleichzeitigeine Erhöhung der Reaktionszeit zu verursachen.

Die wichtigsten Ergebnisse des dritten Experi-ments werden noch einmal kurz zusammenge-fasst:

• Mit einem teilasphärischen Außenspiegel aufder Fahrerseite wurden weniger Fehler bei derObjekterkennung gemacht.

• Objekte, die vollständig oder teilweise im totenWinkel des sphärischen Spiegels lagen undsomit häufig falsche Entscheidungen bei derVerwendung eines sphärischen Spiegels her-vorriefen, wurden mit Hilfe eines teilasphäri-schen Spiegels signifikant besser erkannt.

• War das Fahrrad in beiden Spiegeln deutlich zuerkennen, so unterschied sich die Fehlerhäufig-keit nicht.

• Das größere Sichtfeld des teilasphärischenSpiegels und die dadurch bedingte geringereFehleinschätzung bei der Objekterkennungwurden nicht durch eine längere Reaktionszeiterkauft. Die beiden untersuchten Spiegeltypenunterschieden sich in ihren Reaktionszeiten sta-tistisch nicht voneinander.

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• Es war eine Tendenz erkennbar, dass beimsphärischen Außenspiegel die Position b (Fahr-rad teilweise im toten Winkel) die längsten Re-aktionszeiten hervorrief.

• Beim teilasphärischen Spiegel wiesen die Be-funde darauf hin, dass die zum äußeren Rand(Position a) des Spiegels stärker werdende Ver-zerrung zu einer geringfügigen Erhöhung derReaktionszeit führte.

• Die Reaktionszeiten lagen jedoch unabhängigvon Spiegeltyp und Position im Durchschnittzwischen 1,0-1,3 Sekunden.

• Die Erfahrung mit den verschiedenen Spiegelnhatte keinen signifikanten Einfluss auf die Er-gebnisse.

Neben diesen Befunden gibt es jedoch einige Er-gebnisse, die etwas unklar bleiben. Eine Fragestel-lung, die im Rahmen des vorliegenden Versuchsnicht abschließend geklärt werden konnte, ist,warum bei Position d mit dem teilasphärischenSpiegel mehr falsch konservative Entscheidungengetroffen wurden.

Des Weiteren deuteten die Daten darauf hin, dass es schwieriger zu sein schien, bei vorhande-nen Erfahrungen mit teilasphärischen Spiegelnwieder sphärische Spiegel zu verwenden. Bei dieser Konstellation traten bei Position b mehr Fehler auf, ein signifikanter Unterschied konnte jedoch nicht festgestellt werden. Dieses, auchunter Aspekten der Verkehrssicherheit, relevanteProblem bedarf der weiteren Untersuchung durchgesonderte Experimente, da die vorliegenden Versuche nicht geeignet erscheinen, zu dieser Fragestellung eine abschließende Aussage zu tref-fen.

Als Schlussfolgerung sprechen die Ergebnisse desdritten Experiments für die Nutzung teilasphäri-scher Spiegel, da bei gleicher Reaktionszeit weni-ger Fehler beim Erkennen von Objekten im Außen-spiegel (insbesondere im toten Winkel) gemachtwurden. Man kann daher sagen, dass es besser ist,ein verzerrtes Objekt im Spiegel zu sehen, als über-haupt kein Objekt sehen zu können.

Eine abschließende Schlussfolgerung unter Würdi-gung aller drei Experimente sowie der Literaturwird in der Gesamtdiskussion (Kapitel 7) erfolgen,hier sei nur so viel gesagt: Alle drei Experimente er-gaben keine Nachteile des teilasphärischen Spie-gels gegenüber den anderen Spiegeltypen – im

Gegenteil, die Verwendung teilasphärischer Außen-spiegel scheint eher mit Vorteilen verbunden zusein.

7 Zusammenfassende Diskussion

Dieses Kapitel gliedert sich in drei Abschnitte.Zunächst werden die Ergebnisse der vorliegendenStudie zusammengefasst und diskutiert. Da jedesExperiment eine gesonderte Diskussion beinhaltet,wird auf eine ausführliche Erörterung an dieserStelle verzichtet. Ausschließlich die für die Empfeh-lungen besonders bedeutsamen Argumente wer-den kurz gewürdigt. Danach werden Empfehlungenzur Überarbeitung der aktuellen Richtlinien gege-ben und begründet. Das letzte Unterkapitel gibteinen kurzen Ausblick auf weitere Forschungs-ansätze. Fragestellungen, die im Rahmen der vor-liegenden Arbeit nicht abschließend geklärt werdenkonnten, werden beschrieben.

7.1 Ergebnisinterpretation

Der empirischen Frage nach den Verkehrssicher-heitsaspekten teilasphärischer Außenspiegel wur-de neutral begegnet. Obwohl die Literatur ein-deutig Vorteile in der Nutzung asphärisch ge-krümmter Spiegel sieht, kann das Vorgehen inBezug auf die Vor- und Nachteile der einzelnenSpiegeltypen als ungerichtet angesehen werden.Zunächst wurde daher untersucht, ob die Ein-führung teilasphärischer Spiegel Nachteile beinhal-tet (Experimente 1 und 2). Als diese Frage mit aus-reichender Sicherheit und in Übereinstimmung mitder bestehenden Literatur geklärt war, wurde dazuübergegangen, die vermeintlichen Vorteile der teil-asphärischen Spiegel einer genauen Prüfung zuunterziehen (Experiment 3).

Es wurde versucht, eine möglichst repräsentativeAuswahl an Versuchspersonen zu finden. Aus die-sem Grund wurden sowohl männliche als auchweibliche Personen ausgewählt, die unterschiedli-che Erfahrungen mit planen, sphärischen und as-phärischen Spiegeln hatten. Es wurden nicht nurVersuchspersonen ohne Fehlsichtigkeit, sondernauch Personen mit Brille oder Kontaktlinsen in denExperimenten berücksichtigt. Da auch die Körper-größe und das Alter der Versuchspersonen einenEinfluss auf die Ergebnisse haben könnten, wurdenauch diese Faktoren in das Untersuchungsdesign

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integriert. Es wurde also versucht, alle Bevölke-rungsschichten, die ein Fahrzeug führen dürfen, indie Analysen mit einzubeziehen. Aufgrund vonSchwierigkeiten bei der Rekrutierung fehlten je-doch ältere Menschen und Senioren über 60 Jahrein den vorliegenden drei Untersuchungen. Wie dieAuswirkungen der teilasphärischen Spiegel in dieser Altersgruppe sind, kann daher nicht ab-schließend geklärt werden. Einen Hinweis zur Be-antwortung dieser Frage liefert aber de VOS (2000)[85], der untersucht hat, ob gekrümmte Spiegel beiälteren Verkehrsteilnehmern besondere Vor- oderNacheile gegenüber planen Spiegeln haben. Da beiälteren Fahrern Bewegungen des Kopfes einge-schränkt sind, böte ein teilasphärischer Spiegel be-sonders große Vorteile, da die Kopfbewegungennicht mehr so ausgeprägt sein müssten. Ein Nach-teil wäre z. B. die mit dem Alter zunehmendeSchwierigkeit, auf kurze Abstände zu fokussierenund somit die Bilder im Spiegel zu interpretieren(vgl. 5.1). In der Untersuchung von de VOS (2000)[85] überwogen die nachteiligen Effekte, sodassder Autor davon ausgeht, dass jüngere Fahrermehr als ältere Verkehrsteilnehmer von teilasphäri-schen Spiegeln profitieren.

Obwohl sich im ersten Experiment eine literatur-konforme erfahrungsabhängige Komponente desteilasphärischen Spiegels bestätigte, sind aus die-ser Tatsache heraus keine Nachteile zu erwarten. Inden Experimenten 2 und 3 zeigten sich zudemkeine Auswirkungen der Erfahrung.

Die Aussagen der Medizinischen Hochschule Han-nover, die durch die Analyse von Unfalldaten ver-sucht hat, einen Einfluss von Spiegelsystemen aufdas Unfallgeschehen zu entdecken, erwiesen sichleider als nur eingeschränkt interpretierbar. Dies hatnach Meinung der Autoren dieses Berichts mehre-re Gründe. So sind Unfälle in den seltensten Fällenmonokausal auf eine Ursache zurückzuführen. Derverwendete Spiegeltyp ist hier nur ein Faktor untervielen Möglichkeiten. Trotz eines Erhebungszeit-raums von 16 Jahren (1985-2001) sind die Häufig-keiten in den einzelnen Unfallklassen und damitauch die Teststärke (die Wahrscheinlichkeit, einenUnterschied zu entdecken, wenn er in der Popula-tion existiert) sehr gering. Dies könnte ebenfalls einGrund dafür sein, dass kein Unterschied zwischenden Spiegeltypen gefunden wurde.

Aus den Unfallanalysen der Medizinischen Hoch-schule Hannover kann daher keine positive odernegative Schlussfolgerung in Bezug auf die Ver-

kehrssicherheitsaspekte teilasphärischer Außen-spiegel gezogen werden. In dem beobachtetenZeitraum war jedenfalls in der Gesamtheit keineauffällige Erhöhung der Unfallzahlen in den rele-vanten Kategorien zu beobachten. Ein schädlicherEinfluss teilasphärischer Spiegel ist daher nicht zuerwarten. In diesem Zusammenhang sei noch an-gemerkt, dass BOCKELMANN (1990) [5] eine Un-tersuchung der Medizinischen Hochschule Hanno-ver erwähnt, die zeigen konnte, dass 1 % aller Un-fälle durch mangelnde indirekte Sicht verursachtwird.

In der bisherigen Literatur zu Unfallanalysen(LUOMA et al., 1995 [59]; SCHUMANN et al., 1998[76]) gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Spiegeltypen (s. hierzuauch Kapitel 5.3). Es fanden sich jedoch tendenzi-elle Vorteile für die gekrümmten Spiegel (insbeson-dere teilasphärische Spiegel wurden hervorgeho-ben).

Recherchen in den Verkehrsunfallstatistiken desStatistischen Bundesamtes waren leider ebenfallserfolglos, da die Datenbasis auf polizeilich festge-stellten Ursachen von Straßenverkehrsunfällen ba-siert. Die erfassten Ursachen sind zu unpräzise, umdaraus eine korrelative oder gar kausale Beziehungzum verwendeten Spiegeltyp ableiten zu können.Eine Erhebung des Spiegeltyps ist in den Verkehrs-unfallanzeigen gar nicht vorgesehen. Außerdemwerden in den Statistiken nur Unfälle erfasst, zudenen die Polizei herangezogen wurde.

In den Unfallanalysen sind derzeit keinerlei Indizienfür eine Erhöhung der Unfallzahlen durch teil-asphärische Außenspiegel erkennbar. Eine Ver-änderung dieses Sachverhaltes in der Zukunft ist aufgrund der vorliegenden Daten nicht zu er-warten.

Insgesamt ergaben die Ergebnisse der durchge-führten Experimente, dass sich die Distanzschät-zungen mit sphärischen und asphärischen Spie-geln nicht unterschieden haben (Experiment 1) unddie Kollisionszeitpunkte mit dem teilasphärischenSpiegel um 48,26 % unterschätzt wurden. Damitlagen die Schätzungen numerisch zwischen denenmit planen Spiegeln (größte Unterschätzung, amsichersten) und sphärischen Spiegeln (kleinste Un-terschätzung) (Experiment 2). Es zeigte sich außer-dem keine Erhöhung der Reaktionszeiten durch dieVerwendung des teilasphärischen Spiegels, dafürwurden jedoch weniger Fehler bei der Objekter-kennung gemacht (Experiment 3).

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Es gibt also viele Argumente, die für den Einsatzteilasphärischer Spiegel sprechen, aber nur wenigenegative Aspekte, wie z. B. die möglichen Schwie-rigkeiten bei der Umstellung von teilasphärischenzurück zu sphärischen Außenspiegeln oder die Un-wissenheit vieler Verkehrsteilnehmer über die Ei-genschaften ihrer Spiegel, die gegen die Verwen-dung teilasphärischer Spiegel hervorgebracht wer-den können.

Mit Ausnahme von Experiment 3 (teilweise Regen)wurden keine Versuche unter sehr schlechten Wit-terungsbedingungen gemacht. Es fehlen daherweiter gehende Befunde zur Wahrnehmungsqua-lität bei eingeschränkter Sicht (z. B. durch ver-schmutzte oder vereiste Spiegel). Unter den regne-rischen Bedingungen des dritten Experimentsließen sich jedoch keine nachteiligen Effekte imSinne einer besonders stark verminderten Abbil-dungsqualität bei teilasphärischen Spiegeln beo-bachten. Es wurden ebenfalls keine Simulationendurchgeführt, die auf die unterschiedlichen Sicht-verhältnisse bei Tag und Nacht eingegangen sind.Dieser Aspekt wurde nicht untersucht, da in derbisherigen Literatur (vgl. z. B. MCINTYRE et al.,1995 [62]; BURGER, MULHOLLAND, SMITH,SHARKEY & BARDALES, 1980 [12]; FLANNAGAN,SIVAK, SCHUMANN et al., 1997 [43]; MORROW &SALIK, 1962a [64]; MORTIMER & JORGESON,1974 [66]) keine Unterschiede in Bezug auf Dis-tanzschätzung und Blendwirkung entdeckt werdenkonnten (siehe hierzu auch Kapitel 5.3). Die Blend-wirkung scheint bei konvexen Spiegeln teilweisesogar geringer zu sein. Bisher wurden in der Litera-tur jedoch hauptsächlich sphärische mit planenSpiegeln verglichen, wir erwarten auf der Grundla-ge bestehender Befunde jedoch auch keinen gra-vierenden negativen Einfluss des asphärischenTeilspiegels.

Die optischen Verzerrungen im asphärischen Be-reich scheinen auch deswegen keinen gravieren-den Einfluss auf die Verkehrssicherheit zu haben,weil eine Spurwechsel-Entscheidung im Sinneeines „go or no-go“ auch möglich ist, wenn ein Ob-jekt nicht in allen Einzelheiten zu erkennen ist. BeiUnsicherheiten oder unklaren Sichtverhältnissenkann zusätzlich immer noch der plane Innenspiegelzur Entscheidung mit herangezogen werden. Dieswird in der Literatur häufig empfohlen. In den ers-ten beiden Experimenten des vorliegenden Pro-jekts, in denen nur der asphärische Teil des teilas-phärischen Spiegels verwendet wurde, zeigte sich,dass die Verzerrungen keinen großen Einfluss auf

die Distanzschätzungen hatten. Ein Grund hier-für könnten das größere Sichtfeld und damit auchdie vermehrten Hinweisreize der Umgebung sein,die sich vorteilhaft ausgewirkt haben. Selbst wenn also nur der asphärische Teil des Spiegelszur Verfügung steht, werden daher keine aus-geprägten Nachteile für die Verkehrssicherheit er-wartet.

Weitere Vorteile des teilasphärischen Spiegels er-geben sich daraus, dass der Spiegel kleiner seinkann, um das gleiche Sichtfeld wie ein sphärischeroder planer Spiegel zu realisieren. Bei gleichgroßem Spiegelgehäuse bietet der teilasphärischeSpiegel also ein beträchtlich größeres Sichtfeld.Außerdem können durch das größere SichtfeldFehleinstellungen des Spiegels (wie bei LANG,2004 [58] beschrieben) besser kompensiert wer-den. Ein hoher Prozentsatz der Fahrzeugführerscheint seinen Außenspiegel sehr weit bzw. zu weitin Richtung des eigenen Fahrzeugs eingestellt zuhaben. Das eingeschränkte Sichtfeld sphärischerund planer Spiegel wird dadurch noch weiter ver-kleinert. Die Verwendung teilasphärischer Spiegelführt dazu, dass selbst unter Beibehaltung dieserFehleinstellung ein größeres Sichtfeld zur Verfü-gung steht. Dies stellt einen eindeutigen Sicher-heitsgewinn dar. Ein ausreichendes Sichtfeld bleibtdamit, trotz Fehleinstellung in Richtung des eige-nen Fahrzeugs, erhalten. Was einer bestmöglichenNutzung der teilasphärischen Spiegel im Wege stehen kann – auch bei ‚guter’ Spiegeleinstellung –,ist das Spiegelgehäuse, das gerade bei diesemSpiegeltyp in Kombination mit groß gewachsenenPersonen (Spiegel wird weiter nach außen gestellt)oft zu Sichteinschränkungen führt (vgl. Kapitel3.1.3).

Die im Rahmen dieses Forschungsprojekts erho-benen Daten zeigen, dass ein quantitativer Zuge-winn an rückwärtiger Sicht, auch wenn er mit einerstärkeren Verzerrung und Verkleinerung von Objek-ten verbunden ist, weniger gravierende negativeAuswirkungen hat als ein kleines rückwärtigesSichtfeld bei verbesserter Qualität der Sicht (vgl.Experiment 3). Schon FLANNAGAN et al. (1999)[41] konnten zeigen, dass Versuchspersonen auchmit Hilfe des peripheren direkten Sichtfelds in derLage waren, Fahrzeuge zu entdecken. Dies war je-doch mit längeren Reaktionszeiten verbunden. Eserscheint daher sinnvoll, das Sichtfeld mit Hilfe teil-asphärischer Spiegel zu vergrößern. Dadurch wäreman nicht mehr so stark auf das periphere Sicht-feld angewiesen.

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Experimentell gestützte Aussagen über den Ein-satz teilasphärischer Spiegel an Lkw und Bussenkönnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht gemacht wer-den. Da teilasphärische Spiegel bei Lkw derzeit nurvereinzelt im Einsatz sind, bestand keine Möglich-keit, Versuche durchzuführen, die sphärische undteilasphärische Spiegel an Lkw miteinander ver-gleichen. Eine ausführliche Untersuchung zum Ein-satz von Außenspiegeln an Lkw gibt ein Bericht derDEKRA im Auftrag der Bundesanstalt für Straßen-wesen [69], der sich ausschließlich auf die Gefähr-dung von Fußgängern und Radfahrern durchrechts abbiegende Lkw bezieht. Die Gefährdungwird dadurch hervorgerufen, dass der in erhöhterPosition sitzende Fahrer eine unzureichende direk-te und indirekte Sicht in den rechten Nahbe-reich des Fahrzeuges hat und so ungeschützte Verkehrsteilnehmer beim Abbiegen übersehenkann. Die in der Untersuchung berücksichtigtenSpiegel (nur rechtsseitig) sind der Hauptaußen-spiegel (Gruppe II), Weitwinkelaußenspiegel (Gruppe IV) und Rampenspiegel (Gruppe V) (vgl.Kapitel 2.2.1), die jeweils sphärisch konvex ausge-führt sind. Teilasphärische Spiegel wurden in derUntersuchung nicht mit berücksichtigt. Unter derVielzahl von Maßnahmenvorschlägen wird nebeneiner veränderten Anordnung der Spiegel auch derEinsatz von Fahrerassistenzsystemen angespro-chen (MAN-Abbiegeassistent, vgl. Kapitel 1.3), dieauch zur Behebung der Toten-Winkel-Problematikbei Pkw zum Einsatz kommen können.

In Bezug auf die Beurteilung von teilasphärischenSpiegeln an Krafträdern sei auf die Arbeit von vande SAND et al. (2001) [83] verwiesen, die eine Ver-besserung des äußeren Sichtwinkels durch teilas-phärische Spiegel nachweisen konnten. Eine Ein-gewöhnung war jedoch nötig und eine durch dieVerzerrungen bedingte etwas schlechtere Abbil-dungsqualität war teilweise feststellbar. Der Einsatzteilasphärischer Spiegel wird als möglich angese-hen, die gesetzlich erforderlichen Sichtbereichesollten allerdings bereits durch den sphärischenTeil des Spiegels erfüllt werden. Die Vorteile teilas-phärischer Spiegel werden von den Autorenhauptsächlich bei hohen Geschwindigkeiten aufAutobahnen gesehen, da hier der einsehbare Be-reich deutlich vergrößert wird und Kopfdrehungenreduziert werden können. Ein Verzicht auf denSchulterblick wird jedoch abgelehnt. Im Stadtver-kehr war gemäß den Autoren kein Vorteil teilas-phärischer Spiegel erkennbar.

Wie schon weiter oben angedeutet wurde, könnteder Wechsel von einem teilasphärischen zu einemplanen oder sphärischen Außenspiegel möglicher-weise größere negative Auswirkungen als der um-gekehrte Fall haben. Die Gründe für diese Hypo-these sind folgende: Nach einer gewissen Zeit derNutzung hat man sich an das große Sichtfeld teil-asphärischer Spiegel gewöhnt. Wenn man imAußenspiegel kein Objekt sieht, kann man sich alsosicher sein, dass sich dort auch niemand befindet.Man wechselt daher die Spur. Es besteht nun je-doch die Gefahr, dass einige Fahrzeugführer dasgebotene große Sichtfeld für selbstverständlichhalten und ihr Verhalten (z. B. reduzierte Verwen-dung des Schulterblicks) auch bei Spiegeln mit ein-geschränktem Sichtfeld beibehalten. Die einge-schränkte Verwendung des Schulterblicks hat zwarbeim teilasphärischen Spiegel weniger sicherheits-relevante Auswirkungen, beim Wechsel auf einFahrzeug mit sphärischem oder planem Spiegelmit ihrem kleineren Sichtfeld fehlt jedoch ein wich-tiges und notwendiges Sicherheitsverhalten. Durchdiese mangelhafte Anpassung des Verhaltens andas verfügbare Sichtfeld könnten Unfälle ent-stehen.

Daher sollte vor allem dort, wo Fahrzeuge verkauft,gewechselt oder getauscht werden (Autohändler,Fahrzeugvermietung usw.) verstärkt auf den jewei-ligen Spiegeltyp und die damit verbundenen Eigen-schaften eingegangen werden. Eine besondere Be-tonung der Notwendigkeit eines Schulterblicks zurÜberwindung bzw. Minimierung des toten Winkelsbei planen und sphärischen Spiegeln erscheintebenfalls wichtig.

Obwohl der Schulterblick auch Nachteile hat, dader Blick von der Straße abgewendet werden mussund dadurch die Gefahr von Auffahrunfällen erhöhtwird, sollte bei keinem Spiegeltyp gänzlich aufseine Nutzung verzichtet werden. Er scheint beiteilasphärischen Spiegeln an Pkw im fließendenVerkehr auf Landstraßen und auf Autobahnen eigentlich unnötig zu sein, da kein toter Winkelmehr existiert. Dies wird in einigen Veröffentlich-ungen auch als großer Vorteil teilasphärischerSpiegel hervorgehoben. Experiment 3 hat je-doch gezeigt, dass in den Tote-Winkel-Positionenselbst mit dem teilasphärischen Spiegel noch Feh-ler beim Erkennen von Objekten gemacht wurden.Daher sollte der Schulterblick als Möglichkeit derletzten Absicherung grundsätzlich beibehaltenwerden.

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7.2 Empfehlungen

Die durchgeführten Untersuchungen haben in Über-einstimmung mit der bestehenden, im Rahmen dieses Projekts ausführlich dokumentierten Litera-tur gezeigt, dass der Einsatz teilasphärischer Spie-gel positive Auswirkungen auf das Unfallgesche-hen haben kann. Im Vergleich zu planen undsphärischen Außenspiegeln konnten weder die Ex-perimente noch die Unfallanalysen negative Aus-wirkungen teilasphärischer Spiegel feststellen. Eine gesetzlich vorgeschriebene Ausrüstung vonPkw mit teilasphärischen Spiegeln würde sich nach Meinung der Autoren daher empfehlen. Ins-besondere die Vorteile bei der Vergrößerung desrückwärtigen Sichtfeldes sowie die verbessertenMöglichkeiten der Kompensation von Fehleinstel-lungen des Spiegels durch den Benutzer habenuns bewogen, teilasphärische Außenspiegel zuempfehlen. Wichtig erschien uns, dass teilasphäri-sche Spiegel eindeutige Vorteile gegenüber denanderen Spiegeltypen aufweisen, da sonst keineNotwendigkeit bestünde, die etablierten planenund sphärischen Spiegeltypen zu ersetzen. Die inKapitel 5.2 ausgeführte Argumentation von de VOS(2000) [85] und de VOS et al. (2001) [86] zumThema Vermeidbarkeit von Unfällen scheint uns indiesem Zusammenhang recht überzeugend undwird deshalb an dieser Stelle noch einmal kurz wie-derholt. Mit teilasphärischen Spiegeln werden imVergleich zum planen Spiegel etwas kleinereLücken akzeptiert, dafür wird der tote Winkel mini-miert. Diese beiden Aspekte gilt es gegeneinanderabzuwägen. Hier ist der Aspekt der Kontrollierbar-keit durch den mit dem Fehlverhalten konfrontier-ten Fahrer von Bedeutung. Die gefährliche Situa-tion kann von diesem Fahrer jedoch kaum nochvermieden werden, wenn er sich schon im totenWinkel, also sehr nah am anderen Fahrzeug befin-det. Der von hinten kommende Fahrer kann die Situation besser kontrollieren, wenn er noch weiterentfernt ist. Eine Verbesserung der Sicht im totenWinkel sollte daher wichtiger sein als der Nachteilder Verkleinerung der akzeptierten Lücken beimSpurwechsel. Teilasphärische Spiegel stellen dahereinen Sicherheitsgewinn dar.

Obwohl die Auge-Spiegel-Distanz bei konvexenSpiegeln einen Einfluss auf die Fähigkeit zu Dis-tanzschätzungen zu haben scheint (vgl. z. B. FLAN-NAGAN, SIVAK, SCHUMANN et al. (1997) [43] undKapitel 5.1), empfiehlt BOCKELMANN (1990 [5];1991 [6]) den beidseitigen Einsatz teilasphärischer

Spiegel. Er begründet dies damit, dass ansonstendie Bilder aus drei verschieden geformten Spiegeln(Fahrerseite: teilasphärisch, Innenspiegel: plan,rechter Außenspiegel: sphärisch) interpretiert wer-den müssten. Die vorliegenden Daten aus Experi-menten und Unfallanalysen lassen keine verkehrs-relevanten Nachteile einer beidseitigen Verwendungteilasphärischer Spiegel erkennen.

Beim Einsatz teilasphärischer Spiegel gilt es je-doch, einige Punkte zu beachten. So ergab eineÜberprüfung der Spiegelgehäuse, dass der teilas-phärische Spiegel teilweise zu weit im Gehäusesitzt, sodass ein Teil des größeren Sichtfelds nichtnutzbar ist (vgl. 3.1.3, 28,0° Sichtwinkel mit Redu-zierung zu 34,6° ohne Reduzierung). Dies wurdeschon von BOCKELMANN (1990) [5] bemängeltund auch von der Bundesvereinigung der Fahrleh-rerverbände e. V. in ihrer Stellungnahme vom4.2.2004 kritisiert.

Bei der Einführung der neuen EU-Richtlinie sollteaußerdem darauf geachtet werden, dass die Ver-kehrsteilnehmer die Risiken und Vorteile der einzel-nen Spiegelsysteme kennen. Die Befragungen derVersuchspersonen im Rahmen der durchgeführtenExperimente haben nämlich literaturkonform (z. B.MORTIMER & JORGESON, 1974 [66]; de VOS etal., 1999 [87]; de VOS, 2000 [85]) gezeigt, dass diewenigsten Fahrzeugführer ihren Spiegeltyp undseine optischen Eigenschaften kannten. Daher istunsere Empfehlung, dass verstärkt über die ver-schiedenen Spiegel informiert wird, z. B. bei derAusbildung in Fahrschulen, bei Nachschulungen,durch ausführliche Darstellungen in Betriebsanlei-tungen, bei Miet- und Leihwagen usw., sodass dieVerkehrsteilnehmer für die Eigenschaften und Aus-wirkungen der verschiedenen Spiegeltypen sensi-bilisiert werden. Auch der Bundesvorsitzende derFahrlehrerverbände e. V. merkt in seiner Stellun-gnahme vom 4.2.2004 an, dass die Gewöhnung andie Darstellungsform der einzelnen Spiegel einergewissen Anpassungszeit bedarf, wenn mit mehre-ren Fahrzeugen mit unterschiedlichen Spiegel-typen gefahren wird.

Eine Ausweitung der Empfehlung auf Lkw undBusse erscheint uns derzeit noch verfrüht, hier giltes, weitere Untersuchungen abzuwarten. Vorschlä-ge für weitere Untersuchungen werden in Kapitel7.3 unterbreitet. In Bezug auf Lkw können jedoch,vorbehaltlich einer experimentellen Überprüfung,einige Argumente für den Einsatz teilasphärischer

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Spiegel geliefert werden. So sind nach der neuenEU-Richtlinie 2003/97/EG auf der Fahrerseite zweiSpiegel vorgesehen, ein Weitwinkelspiegel und einHauptaußenspiegel. Jeder Spiegel hat dabei eineandere Funktion, der eine wird meistens zur Beo-bachtung des Verkehrs herangezogen, währendder andere eher für das Rangieren verwendet wird.Der Einsatz von mehreren Spiegeln ist jedochgrundsätzlich mit einigen Nachteilen verbunden.Zum einen ist die Sichtverdeckung nach vorne beizwei Spiegeln größer. Sie könnte durch den Einsatzeines teilasphärischen Spiegels, der beide Außen-spiegel ersetzt, vermindert werden. Ein teilasphäri-scher Spiegel kann kleiner sein als ein sphärischerSpiegel, um das gleiche Sichtfeld zu erzeugen.Dies hat einen verminderten Luftwiderstand undgeringere Vibrationen zur Folge. Zum anderen soll-te es einfacher sein, das Bild eines teilasphäri-schen Spiegels zu interpretieren, als sich aus zweiSpiegeln die erforderlichen Informationen suchenzu müssen. Die Nachteile von Doppelspiegelein-richtungen an Lkw und Bussen werden auch vonder Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e. V. in ihrer Stellungnahme vom 4.2.2004 gesehen.Sie sieht insbesondere eine mögliche Verwirrungdes Fahrers sowie die große Windangriffsfläche alskritisch an. Es erscheint uns daher sinnvoll, teilas-phärische Außenspiegel auch bei Lkw und Bussenin Betracht zu ziehen.

Der Einsatz teilasphärischer Spiegel an Krafträdernerscheint uns unproblematisch, die von van deSAND et al. (2001) [83] gemachten Einschränkun-gen gilt es jedoch zu beachten.

In den letzten Jahren wurden verstärkt Fahrerassis-tenzsysteme entwickelt. Diesem Bereich soll derletzte Abschnitt dieses Unterkapitels gewidmetsein. Es stellt sich die Frage, inwieweit Fahrerassis-tenzsysteme Spiegel an Fahrzeugen ersetzen oder ergänzen können. Die Forschung zu diesemThema ist noch im Aufbau (kamerabasierte Syste-me für das rückwärtige Sichtfeld z. B. FLANNA-GAN et al., 2002 [38]; FLANNAGAN, SIVAK, &SIMPSON, 2001 [44]; FLANNAGAN & SIVAK, 2003[36]; Spurwechselassistenten z. B. FASTENMEIER,HINDERER, LEHNIG & GSTALTER, 2001 [29]; FASTENMEIER, GSTALTER & ZAHN, 2001 [28]),gesicherte Befunde liegen unseres Erachtens nochnicht vor. FASTENMEIER, HINDERER et al. (2001)[29] betonen in ihrer Schlussfolgerung zu Spur-wechselassistenzsystemen, dass verbesserte aktiveSicherheitssysteme (wie z. B. eine bessere Rund-umsicht) zu einer Reduzierung von Fehlverhalten

beitragen können. Sie sehen den Einsatzbereichvon Spurwechselassistenten mittelfristig lediglichim Bereich von Autobahnfahrten. Aber selbst indiesem eingeschränkten Einsatzbereich sind nocheinige offene Fragen zu klären. So ist weder dieFrage nach der Art der Warnung (z. B. optisch,haptisch oder akustisch) geklärt noch besteht Ei-nigkeit über die Bestimmung der Schwelle, ab dereine Warnung erfolgen soll. Das zentrale Problemliegt nach Ansicht der Autoren jedoch darin, dassdas System eine Spurwechselabsicht erkennenmuss. Valide Indikatoren hierzu liegen derzeit nichtvor. Die Autoren sehen daher viel versprechendereAnsätze darin, Lösungen zu entwickeln, die dieFahrer mit zusätzlichen und/oder verbesserten In-formationen versorgen und aufmerksamkeitslen-kend wirken, sodass eine Unterstützung von Spur-wechselentscheidungen ermöglicht wird.

Auch die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbän-de e. V. zeigt in ihrer Stellungnahme vom 4.2.2004klar die Vorteile moderner Videosysteme auf, weistgleichzeitig jedoch auf Schwachpunkte hin. Somüssen auch Aspekte wie die Gefahr der Ver-schmutzung solcher Systeme berücksichtigt und angemessene Lösungen hierfür entwickeltwerden.

Grundsätzlich bedürfen alle neuen Konzepte einergründlichen empirischen Prüfung (auch in realenVerkehrsgeschehen), die Überprüfung der Zuver-lässigkeit sollte hierbei nicht vernachlässigt wer-den.

Unsere Vorschläge lauten daher zusammenge-fasst:

• Wir empfehlen die Verwendung teilasphärischerAußenspiegel bei Pkw, weil sie das Sicht-feld vergrößern, Fehleinstellungen des Spie-gels kompensiert und Unfälle vermieden wer-den können. Weder Unfallanalysen noch Expe-rimente zeigen verkehrsrelevante Nachteile im Vergleich zu planen oder sphärischen Spie-geln.

• In Bezug auf Krafträder können teilasphärischeSpiegel ebenfalls empfohlen werden, bei Lkwund Bussen können sie als Alternative in Be-tracht gezogen werden, dies bedarf jedoch wei-terer Untersuchungen.

• Ob Fahrerassistenzsysteme oder Videosystemeals Alternative oder Ergänzung zu Spiegeln ein-gesetzt werden sollten, bedarf ebenfalls weite-rer Untersuchungen.

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• Verkehrsteilnehmer sollten besser über die Ei-genschaften der verschiedenen Spiegeltypen(Verkleinerung bei konvexen Spiegeln bzw. Ver-zerrung des Bildes bei asphärischen Spiegeln)informiert werden.

• Verkehrsteilnehmer sollten verstärkt darüber in-formiert werden, wie wichtig eine richtige Spie-geleinstellung ist.

7.3 Vorschläge für weitere Untersuchungen

Neben dem gesamten Bereich der Fahrerassis-tenzsysteme ist die Wahrnehmungsqualität teilas-phärischer Außenspiegel an Lkw und Bussen bis-her nicht ausreichend untersucht worden. In Bezugauf Lkw und Busse sollten daher experimentelleVersuchsanordnungen realisiert werden, die diederzeit üblichen verschiedenen sphärischen Spie-gel mit teilasphärischen Spiegeln unter verschiede-nen Bedingungen vergleichen. Nur so können dieVor- und Nachteile der beiden Spiegelsysteme ab-geschätzt werden.

Eine weitere interessante Fragestellung betrifft dieAuswirkungen von Stress auf die Wahrnehmung.Unter normalen Bedingungen zeigten sich mit teil-asphärischen Spiegeln keine negativen Auswirkun-gen auf die Verkehrssicherheit, ob dies jedochauch unter Stress gilt, ist noch nicht untersuchtworden. Unter normalen Umständen sind die Ver-kehrsteilnehmer in der Lage, ihr Verhalten so anzu-passen, dass sie trotz der verkleinerten Abbilder inteilasphärischen Spiegeln angemessen reagieren.In Notfallsituationen, also in Situationen, in denenschnelle Entscheidungen gefordert sind, könnte espassieren, dass die Informationen des Spiegels alsreal und unverzerrt interpretiert werden. Dies hätteunter Umständen negative Auswirkungen auf dasVerkehrsgeschehen.

Die Auswirkungen der Auge-Spiegel-Distanz aufdie Wahrnehmungsqualität sollte in gesondertenExperimenten untersucht werden. Obwohl keinenachteiligen Effekte durch die Verwendung tei-lasphärischer Spiegel entdeckt werden konn-ten, scheint der Abstand zwischen Auge und Spiegel (und somit auch die Verwendung von gekrümmten Spiegeln auf Fahrer- und Beifahrer-seite) einen Einfluss auf die Distanzschätzungen zu haben. So konnten FLANNAGAN, SIVAK,SCHUMANN et al. (1997) [43] zeigen, dass eine

Verdoppelung der Distanzen (Fahrer- im Vergleichzur Beifahrerseite) eine doppelt so große Über-schätzung der Distanzen zur Folge hatte. Dies stelltim Straßenverkehr ein gefährliches Verhalten dar.

Weitere Vorschläge für zukünftige Forschungsvor-haben finden sich auch bei FLANNAGAN & SIVAK(1996) [35].

8 Fahrzeugkategorien und Sichtfelder

8.1 Fahrzeugkategorien nach ECE

Die Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassenund Fahrzeugtypen der ECE stimmen nahezu mitdenen der EG überein. Abweichungen gibt es mo-mentan noch bei den zwei und dreirädrigen Kraft-fahrzeugen, die im Zuge der Angleichung aus-gelöscht werden.

Klasse L:Kraftfahrzeuge mit weniger als vier Rädern.

Klasse L1:Zweirädrige Fahrzeuge, deren Hubraum 50 cm3

und deren durch die Bauart bestimmte Höchstge-schwindigkeit 50 km/h nicht übersteigen.

Klasse L2:Dreirädrige Fahrzeuge, deren Hubraum 50 cm3und deren durch die Bauart bestimmte Höchstge-schwindigkeit 50 km/h nicht übersteigen.

Klasse L3:Zweirädrige Fahrzeuge, deren Hubraum 50 cm3

und deren durch die Bauart bestimmte Höchstge-schwindigkeit 50 km/h nicht übersteigen.

Klasse L4:Dreirädrige Fahrzeuge mit Rädern, die zur Fahr-zeuglängsachse asymmetrisch angebracht sind,deren Hubraum 50 cm3 oder deren durch die Bau-art bestimmte Höchstgeschwindigkeit 50 km/hnicht übersteigt

Klasse L5:Dreirädrige Fahrzeuge mit Rädern, die zur Fahr-zeuglängsachse asymmetrisch angebracht sind,deren Gesamtgewicht 1.000 kg nicht überschreitetund deren Hubraum 50 cm3 oder deren durch dieBauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit 50 km/hnicht übersteigt.

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Page 87: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

Klasse M:Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung mit min-destens vier Rädern.

Klasse M1:Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit höchs-tens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz.

Klasse M2:Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr alsacht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einerzulässigen Gesamtmasse bis zu 5 Tonnen.

Klasse M3:Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr alsacht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einerzulässigen Gesamtmasse von mehr als 5 Tonnen.

Klasse N:Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung mit minde-stens vier Rädern.

Klasse N1:Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit einer zulässi-gen Gesamtmasse bis zu 3,5 Tonnen.

Klasse N2:Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit einer zulässi-gen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen bis zu12 Tonnen.

Klasse N3:Fahrzeuge zur Güterbeförderung mit einer zulässi-gen Gesamtmasse von mehr als 12 Tonnen.

(Bei Zugfahrzeugen muss die maximale Stützlasthinzugerechnet werden)

Auf die die Klassen O (Anhänger), T (land- undforstwirtschaftliche Zugmaschinen) wird nicht nähereingegangen, da sie für diese Untersuchung keineRolle spielen. In die Klasse G (Geländewagen) fallenFahrzeuge der Klassen M und N, wenn sie be-stimmte Bedingungen einhalten (bez. Bodenfreiheit,Allradantrieb etc.), für die in einigen Richtlinien zu-sätzliche Anforderungen stehen.

8.2 Fahrzeugkategorien nach FMVSS

Diese Fahrzeugkategorien gelten ebenfalls für diekanadischen Standards.

Personenwagen (passenger vehicle):Kraftfahrzeug zur Beförderung von bis zu zehn Personen.

Mehrzweck-Personenwagen (multipurpose passenger vehicle):Kraftfahrzeug zur Beförderung von bis zu zehn Per-sonen auf Basis eines Lkw (truck).

Lastwagen (truck):Kraftfahrzeug zur Beförderung von Eigentum undGütern.

Bus (bus):Kraftfahrzeug zur Beförderung von mehr als zehnPersonen.

Schulbus (school bus):Kraftfahrzeug, das ausschließlich zur Beförderungvon Schülern und Studenten dient.

Motorrad (motorcycle):Kraftfahrzeug mit einem Sitz oder Sattel für denFahrer, bestimmt für Reisen mit nicht mehr als dreiRädern.

86

Page 88: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

8.3 Sichtfelder

8.3.1 Nach 71/127/EWG

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Bild 8.1: Mindestsichtfelder auf der Fahrbahn für Spiegel Gruppe II, vorgeschrieben für Fahrzeuge außer M1, N1, L [22]

Bild 8.2: Mindestsichtfelder auf der Fahrbahn für Spiegel Gruppe III, vorgeschrieben für Fahrzeuge der Kategorie M1, N1, L [22]

Bild 8.3: Mindestsichtfelder auf der Fahrbahn für Spiegel Gruppe IV, vorgeschrieben für Fahrzeuge N2 > 7,5 t, N3 [22]

Bild 8.4: Mindestsichtfelder auf der Fahrbahn für Spiegel Gruppe V, vorgeschrieben für Fahrzeuge N2 > 7,5 t, N3[22]

Page 89: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

8.3.2 Nach 2003/97/EG

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Bild 8.5: Mindestsichtfeld auf der Fahrbahn für Spiegel Gruppe II, vorgeschrieben für alle Fahrzeuge außer M1, N1 [20]

Bild 8.6: Mindestsichtfeld auf der Fahrbahn für Spiegel Gruppe III, vorgeschrieben für Fahrzeuge der Kategorie M1, N1 [20]

Bild 8.7: Mindestsichtfeld auf der Fahrbahn für Spiegel GruppeIV, vorgeschrieben für Fahrzeuge N2 > 7,5 t, N3, hiernur rechte Seite, linke Seite symmetrisch zur Fahr-zeuglängsachse [20]

Bild 8.8: Mindestsichtfeld auf der Fahrbahn für Spiegel GruppeV, vorgeschrieben für Fahrzeuge N2 > 7,5 t, N3, nichtvorgeschrieben wenn Kombination der Sicht ausGruppe IV und Gruppe VI Sichtfeld liefert [20]

Page 90: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

8.3.3 Nach FMVSS 111

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Bild 8.9: Mindestsichtfeld auf der Fahrbahn für Spiegel GruppeVI, vorgeschrieben für Fahrzeuge N2 > 7,5 t, N3, kanndas Sichtfeld aufbaubedingt nicht erzielt werden, somüssen Kamera-Monitor-Systeme oder andere Syste-me der indirekten Sicht zum Einsatz kommen [20]

Bild 8.10: Mindestsichtfeld auf der Fahrbahn für Innenspiegel bei Personenwagen [30]

Bild 8.11: Mindestsichtfeld auf der Fahrbahn für Außenspiegel bei Personenwagen [30]

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[76] SCHUMANN, J., SIVAK, M. & FLANNAGAN,M. J. (1998): Are driver-side convex mirrorshelpful or harmful? International Journal of Vehicle Design, 19 (1), 29-40

[77] SMITH, R. L., BARDALES, M. C. & BURGER,W. J. (1978): Perceived Importance of ZonesSurrounding a Vehicle and Learning to Use aConvex Mirror Effectively (Report No. DOT-HS-7-01791). Washington. D.C.: Departmentof Transportation, National Highway Traffic Safety Administration

[78] StVZO (i. d. F. v. 28.09.1988) § 30

[79] StVZO (i. d. F. v. 28.09.1988) § 56

[80] SUGIURA, D. & KIMURA, K. (1978): Outsiderearview mirror requirements for passengercars – curvature, size, and location. SAE Technical Paper Series Nr. 780339. Warrendale, Pennsylvania: Society of Automotive Engineers

[81] Telefonat mit EMBERGER, R., Qualitäts-sicherung Firma Flabeg, Furth im Wald,05.12.2003

[82] Telefonat mit WEIPING, Z., Wirtschaftsbeauf-tragter der Botschaft der VR China in der BRD,31.10.2003

[84] Verband der deutschen Automobilindustrie(VDA) E. V. (2003): Jahresbericht 2003. Frank-furt/M.: VDA, S. 190-191

[85] VOS, A. P. de (2000): Non-planar driver’s siderearview mirrors: A survey of mirror types andEuropean driver experience and a driver behavior study on the influence of experienceand driver age on gap acceptance and vehicledetection. Final Report. Soesterberg: TNOHuman Factors

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Page 95: Untersuchung  von Verkehrssicherheitsaspekten  durch die Verwendung  asphärischer  Außenspiegel

[86] VOS, A. P. de, HORST, RICHARD, van der &PEREL, M. (2001): Non-planar rearview mirrors: The influence of experience and driverage on gap acceptance and vehicle detection.In: Lighting technology developments for automobiles (pp. 77-89). SAE Technical PaperSeries Nr. 2001-01-0321. Warrendale, Pennsylvania: Society of Automotive Engineers

[87] VOS, A. P. de, THEEUWES, J. & PEREL, M.(1999): Nonplanar rearview mirrors: A survey ofmirror types and European driver experience.SAE Technical Paper Series Nr. 1999-01-0658.Warrendale, Pennsylvania: Society of Automotive Engineers

[88] WALRAVEN, P. L. & MICHON, J. A. (1969): Theinfluence of some side mirror parameters onthe decisions of drivers (SAE Technical PaperSeries Nr. 690270). New York: Society of Automotive Engineers

[89] World forum for harmonization of vehicle regulations WP.29 (2002): How it works, how tojoin it. New York, Geneva: United Nations

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Schriftenreihe

Berichte der Bundesanstaltfür Straßenwesen

Unterreihe „Fahrzeugtechnik“

F 1: Einfluß der Korrosion auf die passive Sicherheit von PkwFaerber, Wobben € 12,50

F 2: Kriterien für die Prüfung von MotorradhelmenKönig, Werner, Schuller, Beier, Spann € 13,50

F 3: Sicherheit von MotorradhelmenZellmer € 11,00

F 4: Weiterentwicklung der AbgassonderuntersuchungTeil 1: Vergleich der Ergebnisse aus Abgasuntersuchung und Typ-prüfverfahrenRichter, MichelmannTeil 2: Praxiserprobung des vorgesehenen Prüverfahrens für Fahr-zeuge mit KatalysatorAlbus € 13,50

F 5: Nutzen durch fahrzeugseitigen FußgängerschutzBamberg, Zellmer € 11,00

F 6: Sicherheit von Fahrradanhängern zum PersonentransportWobben, Zahn € 12,50

F 7: Kontrastwahrnehmung bei unterschiedlicher Lichttrans-mission von Pkw-ScheibenTeil 1: Kontrastwahrnehmung im nächtlichen Straßenverkehr beiFahrern mit verminderter TagessehschärfeP. JungeTeil 2: Kontrastwahrnehmung in der Dämmerung bei Fahrern mitverminderter TagessehschärfeChmielarz, SieglTeil 3: Wirkung abgedunkelter Heckscheiben - VergleichsstudieDerkum € 14,00

F8: Anforderungen an den Kinnschutz von IntegralhelmenOtte, Schroeder, Eidam, Kraemer € 10,50

F 9: Kraftschlußpotentiale moderner Motorradreifen unter Stra-ßenbedingungenSchmieder, Bley, Spickermann, von Zettelmann € 11,00

F 10: Einsatz der Gasentladungslampe in Kfz-ScheinwerfernDamasky € 12,50

F 11: Informationsdarstellung im Fahrzeug mit Hilfe eines Head-Up-DisplaysMutschler € 16,50

F 12: Gefährdung durch Frontschutzbügel an GeländefahrzeugenTeil 1: Gefährdung von Fußgängern und RadfahrernZellmer, SchmidTeil 2: Quantifizierung der Gefährdung von FußgängernZellmer € 12,00

F 13: Untersuchung rollwiderstandsarmer Pkw-ReifenSander € 11,50

F 14: Der Aufprall des Kopfes auf die Fronthaube von Pkw beimFußgängerunfall – Entwicklung eines PrüfverfahrensGlaeser € 15,50

F 15: Verkehrssicherheit von FahrrädernTeil 1: Möglichkeiten zur Verbesserung der Verkehrssicherheit vonFahrrädernHeinrich, von der Osten-SackenTeil 2: Ergebnisse aus einem Expertengespräch „Verkehrssicher-heit von Fahrrädern“Nicklisch € 22,50

F 16: Messung der tatsächlichen Achslasten von NutzfahrzeugenSagerer, Wartenberg, Schmidt € 12,50

F 17: Sicherheitsbewertung von Personenkraftwagen – Problem-analyse und VerfahrenskonzeptGrunow, Heuser, Krüger, Zangemeister € 17,50

F 18: Bremsverhalten von Fahrern von Motorrädern mit und ohneABSPräckel € 14,50

F 19: Schwingungsdämpferprüfung an Pkw im Rahmen der Haupt-untersuchungPullwitt € 11,50

F 20: Vergleichsmessungen des Rollwiderstands auf der Straße undim PrüfstandSander € 13,00

F 21: Einflußgrößen auf den Kraftschluß bei NässeFach € 14,00

F 22: Schadstoffemissionen und Kraftstoffverbrauch bei kurzzeiti-ger MotorabschaltungBugsel, Albus, Sievert € 10,50

F 23: Unfalldatenschreiber als Informationsquelle für die Unfall-forschung in der Pre-Crash-PhaseBerg, Mayer € 19,50

F 24: Beurteilung der Sicherheitsaspekte eines neuartigen Zwei-radkonzeptesKalliske, Albus, Faerber € 12,00

F 25: Sicherheit des Transportes von Kindern auf Fahrrädern undin FahrradanhängernKalliske, Wobben, Nee € 11,50

F 26: Entwicklung eines Testverfahrens für Antriebsschlupf-Regel-systemeSchweers € 11,50

F 27: Betriebslasten an FahrrädernVötter, Groß, Esser, Born, Flamm, Rieck € 10,50

F 28: Überprüfung elektronischer Systeme in KraftfahrzeugenKohlstruck, Wallentowitz € 13,00

F 29: Verkehrssicherheit runderneuerter ReifenTeil 1: Verkehrssicherheit runderneuerter ReifenGlaeserTeil 2: Verkehrssicherheit runderneuerter Lkw-ReifenAubel € 13,00

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Alle Berichte sind zu beziehen beim:

Wirtschaftsverlag NWVerlag für neue Wissenschaft GmbHPostfach 10 11 10D-27511 BremerhavenTelefon: (04 71) 9 45 44 - 0Telefax: (04 71) 9 45 44 77Email: [email protected]: www.nw-verlag.de

Dort ist auch ein Komplettverzeichnis erhältlich.

F 30: Rechnerische Simulation des Fahrverhaltens von Lkw mitBreitreifenFaber € 12,50

F 31: Passive Sicherheit von Pkw bei VerkehrsunfällenOtte € 12,50

F 32: Die Fahrzeugtechnische Versuchsanlage der BASt – Einwei-hung mit Verleihung des Verkehrssicherheitspreises 2000 am 4. und5. Mai 2000 in Bergisch Gladbach € 14,00

F 33: Sicherheitsbelange aktiver FahrdynamikregelungenGaupp, Wobben, Horn, Seemann € 17,00

F 34: Ermittlung von Emissionen im Stationärbetrieb mit dem Emis-sions-Mess-FahrzeugSander, Bugsel, Sievert, Albus € 11,00

F 35: Sicherheitsanalyse der Systeme zum Automatischen FahrenWallentowitz, Ehmanns, Neunzig, Weilkes, Steinauer,Bölling, Richter, Gaupp € 19,00

F 36: Anforderungen an Rückspiegel von Krafträdernvan de Sand, Wallentowitz, Schrüllkamp € 14,00

F 37: Abgasuntersuchung - Erfolgskontrolle: Ottomotor – G-KatAfflerbach, Hassel, Schmidt, Sonnborn, Weber € 11,50

F 38: Optimierte Fahrzeugfront hinsichtlich des FußgängerschutzesFriesen, Wallentowitz, Philipps € 12,50

F 39: Optimierung des rückwärtigen Signalbildes zur Reduzierungvon Auffahrunfällen bei GefahrenbremsungGail, Lorig, Gelau, Heuzeroth, Sievert € 19,50

F 40: Prüfverfahren für Spritzschutzsysteme an KraftfahrzeugenDomsch, Sandkühler, Wallentowitz € 16,50

F 41: Abgasuntersuchung: DieselfahrzeugeAfflerbach, Hassel, Mäurer, Schmidt, Weber € 14,00

F 42: Schwachstellenanalyse zur Optimierungdes Notausstieg-systems bei ReisebussenKrieg, Rüter, Weißgerber € 15,00

F 43: Testverfahren zur Bewertung und Verbesserung von Kin-derschutzsystemen beim Pkw-SeitenaufprallNett € 16,50

F 44: Aktive und passive Sicherheit gebrauchter Leichtkraftfahr-zeugeGail, Pastor, Spiering, Sander, Lorig € 12,00

F 45: Untersuchungen zur Abgasemission von Motorrädern imRahmen der WMTC-AktivitätenSteven € 12,50

F 46: Anforderungen an zukünftige Kraftrad-Bremssysteme zurSteigerung der FahrsicherheitFunke, Winner € 12,00

F 47: Kompetenzerwerb im Umgang mit Fahrerinformations-systemenJahn, Oehme, Rösler, Krems € 13,50

F 48: Standgeräuschmessung an Motorrädern im Verkehr und beider Hauptuntersuchung nach § 29 STVZOPullwitt, Redmann € 13,50

2001

2002

2003

2004

F 49: Prüfverfahren für die passive Sicherheit motorisierter Zwei-räderBerg, Rücker, Mattern, Kallieris € 18,00

F 50: Seitenairbag und KinderrückhaltesystemeGehre, Kramer, Schindler € 14,50

F 51: Brandverhalten der Innenausstattung von ReisebussenEgelhaaf, Berg, Staubach, Lange € 16,50

F 52: Intelligente RückhaltesystemeSchindler, Kühn, Siegler € 16,00

F 53: Unfallverletzungen in Fahrzeugen mit AirbagKlanner, Ambios, Paulus, Hummel, Langwieder, Köster € 15,00

F 54: Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern an Kreuzungendurch rechts abbiegende LkwNiewöhner, Berg € 16,50

F 55: 1st International Conference on ESAR „Expert Symposiumon Accident Research“ – Reports on the ESAR-Conference on 3rd/4th September 2004 at Hannover Medical School € 29,00

F 56: Untersuchung von Verkehrssicherheitsaspekten durchdie Verwendung asphärischer Außenspiegel € 17,00

2004

2006