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J. eomp. Physiol. 77, 190--207 (1972) by Springer-Verlag 1972 Untersuchungen zur Jahresperiodik der Fortpflanzung bei m/innlichen Ruineneidechsen (Lacerta sicula campestris Betta) IV. Langzeiteinwirkung verschiedener, langer Photoperioden bei 28--30~ yon der Refrakt~irperiode an* Klaus Fischer und R/idiger Ewald I. Zoologisehes Institut der Universit/it GSttingen Eingegangen am 27. Oktober 1971 Investigations into the Annual Periodicity of Reproduction in Male Lizards (Laverta sicula campestris Betta) IV. Longterm-Influenees of Different, Long Photoperiods at 28-30~ C from the Refractory Period Onwards Summary. 1. Male lizards were maintained at 14, 16, and 18 hours daylight at 28-30~ C from October 1-15 in 1965 and 1968. Such stimulating combinations strongly inhibited the reproductive system. Thus the animals were in the refrac- tory period at the beginning of the experiments. 2. However, spermiohistogenesis was observed the following spring in at least some of the animals in the three experimental groups. 3. The degree of exogenous inhibition was dependent on daylength: the lon- ger the photoperiod, the greater the inhibition. 4. A delay of approximately 2 months in the beginning of spermiohistogenesis (compared with events under natural conditions) was observed only at LD 18:6, 28-30~ C. 5. At LD 14:10 with high temperatures, a similar increase in the inhibition of the regenerative processes was observed from the end, over the middle, to the beginning part of the refractory period. 6. The reproductive system is apparently controlled by two exogenous fac- tors during the regenerative and progressive phase. At daylengths from about 6-18 hours, 28-30~ C, the processes are primarily influenced by the photoperiod. However, at the other daylengths, the temperature seems to be more important. 7. The end of the progressive phase in July-August is, according to newer observations, primarily under the control of increased temperatures. Zusammenfassung. 1. M/~nnliche Ruineneidechsen wurden zwischen dem 1. und 15. 10. 1965 und 1968 in Photoperioden yon 14, 16 und 18 Std bei 28--30~ C fiberfiihrt. Diese Reizkombinationen wirkten auf das Fortpflanzungssystem stark hemmend. Die Tiere befanden sich demnach bei Versuchsbeginn noch in der Re- frakt~rperiode. 2. Im darauffolgenden Friihjahr setzte dann jedoch zumindest bei einem Teil der Tiere aus den 3 Versuehsserien die Spermiohistogenese ein. * Mit Unterstiitzung der Deutsehen Forsehungsgemeinschaft.

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Page 1: Untersuchungen zur Jahresperiodik der Fortpflanzung bei männlichen Ruineneidechsen (Lacerta sicula campestris Betta)

J. eomp. Physiol. 77, 190--207 (1972) �9 by Springer-Verlag 1972

Untersuchungen zur Jahresperiodik der Fortpflanzung bei m/innlichen Ruineneidechsen (Lacerta sicula campestris Betta)

IV. L a n g z e i t e i n w i r k u n g verschiedener , l ange r P h o t o p e r i o d e n bei 2 8 - - 3 0 ~ y o n der Refrakt~irperiode an*

Klaus Fischer u n d R/idiger Ewald

I. Zoologisehes Institut der Universit/it GSttingen

Eingegangen am 27. Oktober 1971

Inves t iga t ions in to the A n n u a l Periodici ty of Reproduct ion in Male Lizards (Laverta sicula campestris Betta)

IV. Longterm-Influenees of Different, Long Photoperiods at 28-30 ~ C from the Refractory Period Onwards

Summary. 1. Male lizards were maintained at 14, 16, and 18 hours daylight at 28-30 ~ C from October 1-15 in 1965 and 1968. Such stimulating combinations strongly inhibited the reproductive system. Thus the animals were in the refrac- tory period at the beginning of the experiments.

2. However, spermiohistogenesis was observed the following spring in at least some of the animals in the three experimental groups.

3. The degree of exogenous inhibition was dependent on daylength: the lon- ger the photoperiod, the greater the inhibition.

4. A delay of approximately 2 months in the beginning of spermiohistogenesis (compared with events under natural conditions) was observed only at LD 18:6, 28-30 ~ C.

5. At LD 14:10 with high temperatures, a similar increase in the inhibition of the regenerative processes was observed from the end, over the middle, to the beginning part of the refractory period.

6. The reproductive system is apparently controlled by two exogenous fac- tors during the regenerative and progressive phase. At daylengths from about 6-18 hours, 28-30 ~ C, the processes are primarily influenced by the photoperiod. However, at the other daylengths, the temperature seems to be more important.

7. The end of the progressive phase in July-August is, according to newer observations, primarily under the control of increased temperatures.

Zusammenfassung. 1. M/~nnliche Ruineneidechsen wurden zwischen dem 1. und 15. 10. 1965 und 1968 in Photoperioden yon 14, 16 und 18 Std bei 28--30 ~ C fiberfiihrt. Diese Reizkombinationen wirkten auf das Fortpflanzungssystem stark hemmend. Die Tiere befanden sich demnach bei Versuchsbeginn noch in der Re- frakt~rperiode.

2. Im darauffolgenden Friihjahr setzte dann jedoch zumindest bei einem Teil der Tiere aus den 3 Versuehsserien die Spermiohistogenese ein.

* Mit Unterstiitzung der Deutsehen Forsehungsgemeinschaft.

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Jahresperiodik yon Lacerta. IV 191

3. Die Stiirke der exogenen Hemmung war dabei abh~ingig yon der Tages- 1/inge: je l~nger die Photoperiode, desto starker die Hemmung.

4. Eine VerzSgerung im Beginn der Spermiohistogenese um etwa 2 Monate, vergliehen mit den Vorg~ngen unter natiirliehen Bedingungen, war jedoch nur im LD 18:6 bei 28--30 ~ C zu beobaehten.

5. Eine iihnliehe Zunahme in der Hemmung der Regenerationsvorg~nge im Fortpflanzungssystem vom Ende, fiber Mitre, naeh etwa Beginn der Refrakt~r- periode zeigte sieh aueh im LD 14:10 bei hohen Temperaturen.

6. Das Fortpflanzungssystem wird w~ihrend der Regeneration und der pro- gressiven Phase offensichtlieh fiber 2 AuBenfaktoren gesteuert. Im Photoperiode- bereich yon ca. 6 bis etwa 18 Std bei 28--30 ~ C werden die Vorg~nge primer yon der Lichtzeit beeinflul~t. In den anderen Photoperiodebereiehen seheint dagegen die hohe Temperatur wiehtiger zu sein.

7. Das Ende der progressiven Phase im Juli August steht nach neueren Befunden prim/ir unter der Kontrolle hoher Umgebungstemperaturen.

A. Einleitung

In vorangehenden Arbeiten wurde gezeigt, daIl bei der m/innlichen Ruineneideehse ein sommerlieher Langtag von 14 Std (LD 14:10) bei 28--30~ C w/ihrend der Refrakt/irperiode im August, September und Anfang Oktober stark hemmend auf die Regenerationsvorg/inge im Hypothalamus-IIypophysen-Gonaden-System (HHG-System) einwirkt (Fischer, t968b). Nach Beendigung der Regenerationsperiode jedoch schl/igt die hemmende Wirkung des LD 14:10 in eine fSrdcrnde urn, und bereits 4 Wochen sp/iter linden sich bei den Versuchstieren Sper- mien im Keimepithel (Fischer, 1968a, b). Das Ende der Refrakt/~r- periode ist in s tarkem Umfange abh/~ngig yon den Umweltbedingungen, denen die Ruineneideehsen in der Zeit von Mitre August bis Anfang Oktober ausgesetzt sind (Fischer, 1968a, b, 1970b). Bei der hier unter- suchten Eidechsenart vermag jedoch ein LD 14:10 bei 28--30~ C die Regenerationsvorg/inge im Fortpflanzungssystem w/ihrend der Refrak- t/irperiode nur zu hemmen, nicht aber vSllig zu unterdrfieken. Denn in allen Versuehsreihen, die yon Mitre August bis Mitre Oktober an- gesetzt wurden, fiberspielten im darauffolgendcn Frfihjahr endogene Faktoren die exogene Hemmung, und die spermiohistogenetisehe Akti- vit/it setzte zumindest bei einem Tefl der Tiere ein (Fischer, 1970a). Die endogenen Faktoren, die in dieser Phase des Jahreszyklus wirksam werden, sind offensiehtlich reeht stark; denn eine Verz6gerung im Ein- setzen der progressiven Phase zeigte sich nut bei Tieren, die bereits im August - - also kurz nach der Regressionsphase - - in den LD 14:10 bei 28--30~ C iiberfiihrt wurden (Fischer, 1970a). Bei SperlingsvSgeln aus den gem/s Zonen, die im I Ierbs t den ~iquator nicht fiber- fliegen, wirken dagegen lange Photoperioden, denen die Tiere im Herbs t ausgesetzt wurden, so stark hemmend auf das HHG-Sys tem, dab die endogene Komponente sich im darauffolgenden Friihjahr nicht, oder

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192 K. Fischer und R. Ewald:

doch nur mit VerzSgerung yon 5- -6 Monaten, durehsetzen kann (Mil- ler, 1954; Schildmacher, 1961; Wolfson, 1960). Offensiehtlieh ist dem- nach bei der m/~nnliehen Ruineneidechse das endogene Zeitprogramm, das den Vorg/~ngen im Fortpflanzungssystem ws der regenerativen und progressiven Phase zugrunde zu liegen scheint, wesentlich st/~rker festgelegt als bci den zuvor erw/~hnten SperlingsvSgeln (Fischer, 1970a).

Da bei den bisherigen Versuchen jedoch nur der Einflu$ eines LD 14:10 bei 28--30 ~ C, beginnend in der Refrakt/~rperiode, fiber einen 1/~ngeren Zeitraum bin untersucht worden war, schien es wiinschens- wert, die Reaktion des t I t tG-Sys tems m/~nnlicher Ruineneidechsen auch auf andere, vor allem 1/~ngere, Photoperioden in dieser Zeit zu unter- suchen. Ferner sollte iiberprfift werden, ob die in friiheren Arbeiten aufgestellte Hypothese yon der Existenz zweier Steuermechanismen im Fortpflanzungssystem sieh best/~tigen lassen wfirde. ~qach dieser t typo- these wird nach Beendigung der Refrakt/~rperiode das H H G - S y s t e m in mittleren Photoperiodebereichen yon etwa 6 bis ca. 18--20 Std in erster Linie durch die Lichtzeit beeinflul~t, in extrem langen und extrem kurzen Tagesl~ngen dagegen dutch hohe Umgebungstemperaturen (Fischer, 1968c).

B. Material und Methoden Fiir die Versuchsserien im LD 16:8, 18:6, 20:4 und L:L verwendeten wir

ausschlieBlich adulte m~nnliche Ruineneidechsen aus der Umgebung yon Bologna/ Italien (44, 29 ~ ~q. lat.). Alle Tiere waren Frischf/~nge, die etwa 8 Tage vor Ver- suchsbeginn in GSttingen eintrafen. Die Ergebnisse der Versuchsreihe im LD 14:10 stammten aus dem Jahre 1965/66. Die Haltungsbedingungen und die Auswertung der Versuehe wurden berei~s friiher beschrieben (Fischer, 1968b). Jedoch haben wir die Ver~ndertmg der Nebenhoden nicht zur Beurteilung der Versuehsergebnisse her~ngezogen, da sie offensichtlich anderen Gesetzm~lligkeiten folgen als die Vor- g/~nge im Keimepithel. AuBerdem haben wir die Durehmesserwerte der Tubuli seminales bereits beim Ablesen auf- bzw. abgerundet; der Aussagewert wird dadurch nicht ver~ndert.

C. Ergebnisse

I . Serie vom 1.10. 1968

Am 1.10. 1968 fiberffihr~en wir jeweils 50 Ruineneidechsen in LD- Wechscl von 20:4 (Gruppe 20), 18:6 (Gruppe 18), 16:8 (Gruppe 16) und in LL (Gruppe L) bei 28--30~ C. Am 1.11. 1968, also 4Wochen nach Versuchsbeginn, untersuchten wir erstmalig bei jeweils 5 Tieren pro Versuehsgruppe den Hodenzustand. Wie aus Abb. 1 and 2 ersichtlich, erreichen die Eidechsen der Gruppen 16 und 18 ein durchsehnittliches Hodengewicht yon 20,3 bzw. 12,5 mg und sind damit nicht sig~ifil~ant verschieden yon den Kontrollen vom 15. 10. und 15. 11., die seit Okto- beranfang in DD und bei 5 - - 6 ~ lebten. Bei den Gruppen L und 20

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Jahresperiodik von Lacerta. IV 193

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Abb. 1. Hodengewicht von Ruineneidechsen der Gruppe 16 (LD 16:8; 28--30 ~ C; 1.10. 1968 bis 15. 8. 1969): ausgezogene Kurve, volle Kreise. Gestrichelte Kurve: mittleres Hodengewicht yon Tieren aus dem natiirlichen Tag-Nacht-Wechsel (Gruppe NT); Zeit der WinCerruhe der NT-Tiere im DD bei 5--6 ~ C: 1.10. bis

20. 2.

dagegen erlangen die Ruineneidechsen bereits 1 Monat nach Versuehs- beginn ein durchschnittliches Hodengewieht yon 38,4 und 43,3 mg (Abb. 3 und 4).

Die histologisehen Befunde fiigen sich gut in das Bfld ein. Die mittleren Durchmesser der Tubuli seminales liegen bei den Tieren der Gruppen 20 und L am 1.11. im Schnitt bei 170 und 184 ~m (Abb. 5 und 6), bei den Eidechsen aus den kiirzeren Lichtzeiten dagegen nut bei 82 bzw. 124 ~m (Abb. 7 und 8). Die Spermiohistogenese schlieBlich ist bei 2 Tieren der Gruppe L (Hodengewichte 59,0 und 43,9 rag) bereits angelaufen, nicht aber bei den 15 Tieren der anderen Gruppen (Abb. 9).

I I . Serie vom 1.12. 1968

8 Wochen nach Versuchsbeginn ist das durchschnitfliche Hoden- gewicht bei der Gruppe 20 auf 73,0 mg ges~iegen (Abb. 4) und bei der Gruppe L auf 44,5 mg (Abb. 3). Die Itodengewichte bei den beiden

13 J . c o m p . P h y s i o l , , Vol . 77

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Abb. ~. ]:[odengewiehte voil Ruineneideohson der Gruppe 18 (LI) 18: 6; 28--30 ~ 0; 1.10. 1968 ])is 15. 8. 1969). Symbo]e s. Abb. 1

anderen Gruppen dagegen haben sich im Vergleich zum Vormonat mit Mittelwerten yon 20,9 bzw. 15,5 mg nicht ver~ndert (Abb. 1 und 2).

Die histologischen Untersuchungen ergeben ein ~hnliches Bild: in den Gruppen 20 und L werden die grSBten mittleren Durchmesser der Samenk~n~le mit 222 und 192 ~m gefunden (Abb. 5 und 6), wohingegen bei den Tieren der Gruppen 16 und 18 bei den Durchmessern der Tubuli seminales mi~ Durchschnittswer~en yon 132 und 112 ~m ein Unter- schied zu den Kon~rollen und zum Vormonat nicht beobachte~ werden kann (Abb. 8 und 7). Spermien finden sich dieses Mal jedoeh in den histologischen Pr~paraten bei 4 Tieren der Gruppe 20 und bei einem Individuum der Gruppe L. Das Keimepithel der ~nderen Eidechsen zeigt keine Veri~nderung im Vergleich zum Vormonat (Abb. 9).

I I L Serie vom 3. und 15. 1 .1969

Am 3.1. liegen die Hodengewichte bei den Gruppen L und 20 bei 38,7 und bei 57,8 rag, w~hrend die Kontrollen aus dem DD bei 5 - -6 ~ C im Januar lediglich 17,9 mg erreichen (Abb. 3 und 4). Fiir die Durch- messer der Tubuli seminales gilt zu dieser Zeit fiir die Tiere aus L und

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Abb. 3.

Jahresperiodik yon Lacerta. IV 195

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13"

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196 K. Fischer und R. Ewald:

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der NT-Tiere im DD bei 5--6 ~ C: 1.10. bis 20. 2.

20 entsprechendes (Abb. 6 und 5). Spermiohistogenetische Aktivit/~t endlich ist in der Gruppe L bei 2 Tieren und in der Gruppe 20 bei allen 5 Tieren siehtbar (Abb. 9).

Die Tiere der Gruppen 16 und 18 untersuchten wir erst am 15. 1., da im Vormonat an den Gonaden der Eideehsen dieser beiden Gruppen keine Ver/~nderungen zu beobaehten waren. In Gruppe 16 hat sieh der Durehsehnittswer$ der absolu$en ItodengewiehSe auf 36,8 mg und ent- sprechend der Durehmesser der Tubuli seminales um durehschnittlieh 50 ~m auf 182 ~m erhSht (Abb. 1 und 8). Spermiohistogene$isehe Akti- vit~t finder sieh jedoeh bei keinem der untersuchten Tiere.

Bei den Tieren der Gruppe 18 sind im Januar keine Ver/s im Vergleich zu den vorhergehenden Monaten zu beobachten. Die Hodengewieh~e erreichen wiederum im Schnitt nur 12,3 mg und die Samenkan~lchen nur 108 ~m (Abb. 2 und 7).

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Jahresperiodik yon Lacerta. IV 197

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(LL; 28--30 ~ C; 1.10. 1968 bis 15. 8. 1969). Symbole s. Abb. 5

I V . Serie yore 15. 2. 1969

Auch im Februar weisen die Hodengewichte der Ruineneidechsen aus den extrem langen Lichtzeiten mit 70,5 und 86,6 mg im Schnitt hShere Werte auf als bei den Gruppen 16 und 18 (Abb. 1--4). Fiir die Durchmesser der Tubuli seminales gilt mit Werten yon 232 und 254 Fm bei den Gruppen L und 20 entsprechendes (Abb. 5--8).

Die Untersuchung des Spermiohistogenese-Zustandes ergibt eine anhaltende Aktivit~t in der Gruppe 20, wo wiederum bei allen 5 Tieren Spermafiden in verschiedensten Umwandlungsstadien zu Spermien im Keimepithel nachzuweisen sind. Auch bei der Gruppe L finden sich bei allen 5 Tieren Spermien in den Tubuli seminales. Erstmalig ist in der Gruppe 16 auch bei 3 yon 5 Tieren spermiohistogenetische Aktivit~t zu beobachten. Bei den 5 Eidechsen der Gruppe 18 dagegen ist noch keine Spermienbfldung zu sehen (Abb. 9).

V. Serie vom 15. 3. 1969

Im M~rz beginnt unter natfirlichen Bedingungen die Fortpflanztmgs- zeit. In der Kontrollgruppe (Abb. 1 4: ges~richelte Kurven) steigen

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198 K. Fischer und R. Ewald:

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(LD 18:6; 28--30 ~ C; 1.10. 1968 bis 15.8. 1969). Symbole s. Abb. 5

die Hodengewichte auf durchseh:rittlich 85,5 mg, der Durchmesser der Tubuli seminales im Sehnitt auf 237 Fm (Abb. 5 - -8 : gestriehelte Kur- yen), und das Keimepithel weist bei allen untersuehten Eidechsen leb- hMte spermiohistogenetische AktivitKt auf (Abb. 9, NT).

Wie aus Abb. 4 ersichtlieh, liegt bei den Eideehsen der Gruppe 20 das mittlere Hodengewicht mit 87,4 mg im M/~rz genauso hoch vie bei den Kontrollen aus dem natfirliehen, an GSttinger Verh/~ltnisse an- gepaSten Tag-Naeht-Wechsel. Ffir den mittleren Durchmesser der Tubuli seminales gilt mit durehsehni$tlich 264 Fm entspreehendes (Abb. 5), und spermiohistogenetisehe Aktivit/~t ist im Keimepithel wiederum bei allen 5 Versuehstieren zu sehen (Abb. 9).

Bei der Gruppe L lie6en sich die Vorg/~nge leider nicht mehr weiter verfolgen, da t in gro6er Tell der Eideehsen im Laufe des Winters gestorben war.

Bei den Ruineneideehsen der Gruppen 16 und 18 zeigen die mitt- leren Hodengewichte mit 35,7 und 20,9 mg keine Ver/inderung im Ver- gleieh zu den beiden Vormonaten (Abb. 1 und 2). Die histologisehen Befunde best/itigten dies, denn aueh die Kurven der Tubuli seminales- Durehmesser weisen mit durchsehnitthchen Werten yon 186 bzw. 132 ~m

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Abb. 8. Durchmesser der Tubuti seminales von Ruineneidechsen der Gruppe 16 LD 16:8; 28--30 ~ C; 1.10. 1968 bis 15. 8. 1969). Symbole s. Abb. 5

keinen wosentlichon Anstieg auf (Abb. 8 und 7); und spermiohistogene- tische Aktivi tat l~l~t sioh bei keiner dor 10 untersuehten Eidechsen aus diesen beiden Gruppen boobaehten (Abb. 9).

V I . S e r i e v o m 15. 4. 1 9 6 9

I m April erreichen die Gonadon der Kontrollfioren den hSehsten Aktivit~tszustand. Gomesson am mittleren Hodengewioh~ grit dieses auoh ffir die I~uineneidochson aus der Gruppe 20 (Abb. 4). Dor mittlere Samenkan~lohen-Durehmesser liegt mit 250 Fm ebenfalls reoht hooh (Abb. 5), und ]ebhafte spermiohistogenotische Aktivit~t finder sieh, wie aueh schon in don 4 Vormon~ten, boi allen 5 Vorsuehstieron (Abb. 9).

Ffir die Tiore der Gruppe 16 haben urir ebenfalls das hSehste mitt- lore Hodengewicht im Experimontierzeitraum go~tmdon, das mit 46,4 mg wesentlieh hShor liogt als in den Monaten November und Dezember (Abb. 1). Spermienbfldung finder sich dagegen nut bei 2 von 5 unter- suohten Tieren (Abb. 9).

Gruppe 18 ]~J~t im Vorgleioh zu den Vormonaten noch keine Ver- ~nderung der Hodengewiohte (~=20,9 rag) erkennen, und die Kurve

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200 K. Fischer und R. Ewald:

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Abb. 9. Darstellung der spermiohistogenetischen Aktivitgt im Keimepithel bei Ruineneidechsen der Gruppen 16, 18, 20 und L bei 28--30 ~ C yore 1.10. 1968 bis 15.8. 1969. Gruppel4: Verliingerung der Photoperiode yon 9.30<14Uhr (15. 10. bis 15. 11. 1965 28--30 ~ C), danach bis zum 15. 7. 1966 im LD 14:10 bei 28--30 ~ C. Gruppe 51T: natiirlicher Tag-l~acht-Wechsel bei Zimmertempera~ur, Winterruhe yore 1.10. bis 20. 2. in DD; 5--6 ~ C. (4): In diesen Monaten in der

jewefligen Gruppe waren jeweils nur 4 Tiere roll auswertbar

der Tub~fli seminales-Durchmesser liegt mit 138 ~m wesentlich niedri- ger als bei den Kontrolltieren (Abb. 2 und 7). Trotz dieser niedrigen Werte hat jedoch dieses Mal, wenn auch nur bei einem Versuchstier, die Spermiohistogenese eingesebzt (Abb. 9).

V I I . Serie yore 15. 5. 1969

Bei den Ruineneidechsen der Gruppe 20 liegen die Hodengewichte im Mai noch immer bei durchschnit~lich 96,7 rag, die Durchmesser der Tubuli seminales bei 226 ~m, und spermiohistogenetische Aktivit/~t ist bei 4 yon 5 Tieren im Keimepithel zu sehen (Abb. 4, 5, 9).

Bei der Gruppe 16 dagegen wird nut ein mibtleres Hodengewichr yon 44,6 mg und ein durchschnittlicher Tubuli seminales-Durchmesser yon 176 ~m erreieht (Abb. 1 und 8). Spermienbfldung finde~ sich nur bei 2 yon 5 Tieren (Abb. 9).

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Jahresperiodik yon Lacerta. IV 201

Bei tier Gruppe 18 schlie$1ieh erreichen die tIodengewiehte auch im Mai im Mitre1 nur 17,3 rag, die Samenkan/~lehen nur 130 ~m (Abb. 2 und 7). Beide Werte liegen aueh jetzt noch wesentlieh niedriger als bei den Kontrolltieren aus dem natiirliehen LD, und Spermien sind bei keinem der 5 untersuchten Tiere im Keimepithel zu sehen (Abb. 9).

V I I I . Serie vom 15.6. 1969

Im Juni nimmt die spermiohistogenetische Aktiviti~t bei den Tie- ren, die im natfirlichen Tag-Nacht-Wechsel bci Zimmertemperatur leb- ten, deutlich ab. Das mittlere Itodengewicht f~llt yon 84,2 auf 40,6 rag, and der Durchmesser der Samenkan~lchen vcrringert sich yon 219 auf 163 ~m (Abb. 1--8, gestrichelte Kurven). Spermienbildung ist nur noch bei 2 Tieren klar zu erkennen und weist bei einem weiteren alle Merk- male einer auslaufenden progressivenPhase auf (Abb. 9) (Fischer, 1968a).

Bei den l~uineneidechsen der Gruppe 20 dagegen ist noch kein wesentliches Absinken der Hodengewichte und der Tubuli seminales- Durchmesser zu beobachten; noch immer werden im Schnitt Werte yon 81,9 mg bzw. 222 ~m erreicht. Und die Gonaden yon 4 Tieren sind noch spermiohistogenetisch aktiv (Abb. 4, 5, 9).

Bei der Gruppe 16 dagegen liegt das mittlere Hodengewicht ~hnlieh wie in den Monaten Februar bis Mai bei 44,5 rag, der mittlere Durch- messer der Samenkan~lchen bei 192 ~m, und spermiohistogenetische Aktivit~t ist wie in den beiden Vormonaten bei 2 der 5 untersuchten Tiere deutlieh zu erkennen (Abb. 1, 8, 9).

Bei der Gruppc 18 hat sich das mittlere tIodengewicht im Vergleieh zu den Vormonatcn verdoppelt und liegt jetzt im Sehnitt bei 34,2 mg. Diese Verdoppelung ist im wesentlichen auf das Hodengewicht einer Ruineneidechse zurfickzuffihren (Abb. 2). Ffir den mittleren Dureh- messer der Samenkans gilt entspreehendes (Abb. 7). Spermien fin- den sich nut im Keimepithel dieses einen Individuums (Abb. 9).

I X . Serie yore 15. 7. 1969

Im Juli errcicht die Gonadenregression bei der m~nnlichen Ruinen- eidechse unter natfirlichen G6ttinger LD-Bedingungen bei Zimmer- temperatur ihren H6hepunkt. Das mittlere Hodengewicht und der mittlere Samenkan~lchen-Durchmesser weisen die niedrigsten Werte auf (Abb. 1--8, gestrichelte Kurven).

Bei den Tieren der Gruppe 20 dagegen liegt das mittlere Hoden- gewicht noeh immer bei 72,9 rag, die Durehmesser der Tubuli seminales im Schnitt bei 212 t~m (Abb. 4, 5), und bei 4 yon 5 Tieren linden sich im Keimepithel noeh Spermatiden in der Umwandlung zu Spermien (Abb. 9).

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202 K. Fischer und R. Ewald:

In der Gruppe 18 liegt das mittlere Hodengewieht wiederum bei 32,4 mg (Abb. 2), doch wird aueh dieses Mal der recht hohe Wert durch 2 der 5 untersuchten Tiere bestimmt. Ffir den Mittelwert der Tubuli seminales-Durehmesser (148 ~m) gilt entsprechendes (Abb. 7). Spermio- histogenetische Aktivit~t schliei31ich ist nur im Keimepithel der beiden Tiere mit den hohen Hodengewiehten zu beobaehten (Abb. 9).

Bei den Tieren der Gruppe 16 zeiehnet sieh im Juli eine fallende Tendenz der Hodengewiehtskurve (2=30,6 mg) und der Kurve der Tubuli seminales-Durchmesser (2----155 ~m) ab (Abb. 1, 8), und Sper- mien sind bei keinem der 5 untersuehten Tiere mehr zu sehen (Abb. 9).

X . Serie vom 15. 8. 1969

Im August schliel31ich sinkt das mittlere I-Iodengewicht aueh bei den Tieren der Gruppe 20 auf durehschnittlich 43,2 mg ab, und die Durchmesser der Tubuli seminales weisen im Sehnitt nur noeh 190 ~m auf (Abb. 4 und 5). Spcrmien werden bei keinem der 4 restlichen Ver- suchstiere in dieser Gruppe mehr gebildet (Abb. 9). Eine fallende Ten- denz macht sich jetzt aueh bei den Gruppen 16 und 18 bemerkbar: die Hodengewichte erreichen im Sehnitt nur noch 20,6 und 22,2 mg (Abb. 1 und 2), und die mittleren Samenkan~lehen-Durehmesser liegen nur noeh bei 126 bzw. bei 117 ~m (Abb. 8 und 7), die Spermiohistogenese sehlielL lich ist bei allen 9 Versuchstieren zu Ende gegangen (Abb. 9).

D. Er(irterung der Befunde

Die hier vorgetragenen Ergebnisse best~tigen in vollem Umfang die in frfiheren Arbeiten aufgezeigten Befunde fiber das Problem der Reffak- t~rperiode bei mi~nnliehen Ruineneideehsen in einem LD 14:10 bei 28--30 ~ C (Fischer, 1970a). Es hat te sich damals gezeigt, daI3 die Sti~rke der durch einen 14stfindigen Langtag bei hohen Haltungstemperaturen in der Refrakti~rperiode gesetzten Hemmung der Vorg~nge im Hypo- thalamus-Hypophysen-Gonaden-System (HHG-System) abh~ngig ist vom Zeitpunkt, zu dem die einzelnen Versuehe begonnen wurden. Bei Ruineneidechsen, die erst Mitre Oktober naeh 14t~giger Winterruhe in Dauerdunkel bei 8--11~ in den entsprechenden Langtag fiberffihrt wurden, fiberspielte bei 47,1% aller yon November 1965 bis Juli 1966 untersuchten Tiere die endogene Komponente im HHG-System die exogene Hemmung. Die Zahl der spermiohistogenetiseh aktiven Tiere verteilte sieh zudem nicht zufallsgem~I~ fiber die ganze Versuehsperiode. Die Spermiohistogenese setzte vielmehr bei allen Tieren erst im Februar- M~rz ein, also genau zu der Zeit, in der sie aueh bei den Tieren unter natfirliehen Bedingungen zu beobaehten ist (Abb. 9, Gr. 14). Im Okto- ber vermoehte demnaeh ein Langtag yon 14 Std bei hohen Umgebtmgs-

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Jahresperiodik yon Lacerta. IV 203

temperaturen nur eine vorzeitige AuslSsung der Gonadenaktivit/~t zu unterbinden, hat te aber keinen Einflul3 auf das endogene Zeitprogramm, das offensiehtlieh die Synchronisation der Vorg/inge im HHG-Sys t em mit der Umwelt mitsteuert.

Als wesentlieh st/~rker erwies sieh dagegen die hemmende Wirkung eines LD 14:10 bei 28--30 ~ C, wenn die Tiere bereits im August in den Versueh genommen wurden. Unter diesen Bedingungen kam die endo- gene Komponente nur bei 24% aller untersuehten Eideehsen in der Zeit yon September 1967 bis Juli 1968 zum Durchbrueh. Doeh ver- teilten sieh die aktivierten Tiere aueh bier nicht zufallsgem/~13 fiber den gesamten Versuchszeitraum; spermiohistogenetische Aktivit/~t fand sieh vielmehr nur in der Zeit yon April bis Juni. Die in der Refrakt/~rperiode gesetzte Hemmung war hier jedoeh wesentlich st/~rker als bei den Oktobertieren und bewirkte zudem eine Versehiebung um etwa 6Wochen im Einsetzen der Spermiohistogenese im Vergleich zu den Eidechsen aus dem natfirliehen Tag-Naeht-Wechsel.

Eine /~hnliehe Zunahme der hemmenden Wirkung beobaehten wir beim l~berfiihren yon m/~nnliehen Ruineneidechsen zwisehen dem 1.10. und dam 15.10. in verschieden lange Photoperioden yon 14, 16 und 18 Std. Die Tiere befanden sich in dieser Zeit ebenfalls noch in der Refrakt/~rperiode, jedoch schon nahe ihrem natfirliehen Ende. I m LD 14:10 bei 28--30~ vermoehte sieh die endogene Komponente noch bei 70,8% aller in der Zeit yon Februar bis Ju]i untersuehteu Eideehsen durchzusetzen. Bei den Ruineneidechsen aus dem LD 16:8 bei hoher Temperatur sank die Zahl der in der Zeit von Februar bis Juli aktivierten Tiere auf 30% und im LD 18:6 auf nur noeh 13,3%. Bei der letzten Gruppe war zudem eine Versehiebung im Beginn der Gonadenaktivit&t bis zum April zu beobaehten, wie aueh sehon bei der Gruppe vom August im LD 14:10.

Man erh/~lt demnaeh einerseits eine waehsende Hemmung des LD 14:10 auf der Zeitaehse; je eher naeh der Regressionsphase die Tiere in den LD 14:10 bei hohen Haltungstemperaturen gebracht werden, desto starker die Hemmung der Regenerationsvorg/~nge im H H G - System. Gegen Ende der Refrakt/~rperiode andererseits kann darm jedoeh der gleiehe Hemmungsgrad erreieht werden durch entspreehend 1/~ngere Photoperioden yon 16 und 18 Std. Summierte man demnaeh die hemmende Wirkung auf der Zeitaehse und auf der Aehse der Photo- perioden, so mfiBte, im LD 18:6 bei 28--30~ C im August angeboten, das t t t tG-Sys t em vollst&ndig bloekiert bleiben. Diese Hypothese wird im Augenblick geprfift.

genseits yon 18--20stfindigen Lichtzeiten bei 28--30 ~ C gelten often- siehtlieh andere Gesetzm/~6igkeiten. Wie in frfiheren Arbeiten bereits gezeigt, seheint in extrem langen und in extrem kurzen Lichtzeiten bei

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204 K. Fischer und R. Ewald:

m~nnlichen Ruineneideehsen die Umgebungstemperatur bei der Reakti- vierung des Fortpflanzungssystems eine grSBere Rolle zu spielen als die Photoperiode (Fischer, 1968 c). Diese Hypothese findet in den Befun- den aus dem LD 20:4 bei 28--30~ C eine erneute Stfitze. In der Zwi- sehenzeit haben jedoeh andere Versuehe ergeben, daB auch im Dauer- lieht und in einem LD 2 : 22 die Photoperiode ffir den Grad der Aktivierung des Fortpflanzungssystems ebenfalls yon betr~chtlieher Bedeutung ist (Fischer und SehSnaieh, unver6ffentlieht). In allen Versuehsreihen in 14-, 16- und 18stfindigen Liehtzeiten bei hohen Haltungstemperaturen bewirkte die Photoperiode eine Verl~ngerung der Refrakt~rperiode bis zum darauffolgenden Frfihjahr, und erst yon Februar bis April setzte sich die endogene Komponente im Fortpflanzungssys~em gegen die exogene Hemmung dureh. Aueh dauerte unter diesen Bedingungen der Aktivit~tsschub im HHG-System in allen drei Versuchsreihen nie l~n- ger als 3--6 Monate (Abb. 9). Im LD 20:4 waren dagegen die Verh~lt- nisse vSllig anders; bereits im Dezember, also 2 Monate naeh Versuchs- beginn, war bei 4 yon 5 untersuehten Eidechsen spermiohistogenetisehe Aktivit~t im Keimepithel zu sehen, und diese hohe Aktivits des HHG-Systems blieb bis zum Juli des darauffolgenden Jahres bei 36 yon 40 untersuchten Tieren bestehen. Bei den Ruineneideehsen aus dem Dauerlieht fanden sieh sogar sehon 4 Woehen naeh Versuchsbeginn bei 2 yon 5 untersuchten Tieren Spermien im Keimepithel. Der Akti- vit~tsphase yon 3--6 Monaten bei den 3 zuerst erw~hnten Gruppen steht hier eine solehe yon 8 Monarch gegenfiber; und w~hrend im LD 14:10 im Versuehszeitraum November bis Juli spermiohistogenetisehe Ak t iv i~ t nur bei 47,2%, im LD 16:8 nut bei 20% und im LD 18:6 nur bei 8,8% der Tiere im Keimepithel zu linden ist, steigt diese Zahl im LD 20:4 bei 28--30~ C sprungartig wieder auf 80% an. Im Dauer- lieht lieBen sieh die Ereignisse leider nur bis Februar verfolgen, da die Mortalit~t in dieser Gruppe sehr groB war (Abb. 9).

Es kSnnte zu diesem erstaunliehen Befund im LD 20:4 als Erkl~- rung noeh geltend gemacht werden, dab sich die Eidechsen selbst aus dem sehr langen Liehtangebot diejenige Tagesl~nge herausgegriffen haben, die es ihnen gestattet, die Gonadenaktivits fiber einen so lan- gen Zeitraum aufrecht zu erhalten. In frfiheren Versuehen hatte sieh n~mlieh gezeigt, dab mit Ende der Refrakt~rperiode die Re~ktions- bereitschaft im HHG-System nieht sofort wieder ihre volle HShe erreieh~ wie bei VSgeln aus den gem~Bigten Breiten (Miller, 1948, 1954); sic nimmt vielmehr im Laufe des Winters mehr und mehr zu und erreieh~ im Frfihjahr einen Schwellenwert, yon dem an die Spermiohistogenese einsetzt, wie immer aueh die Umweltbedingungen sein mSgen (z.B. DD, 5--6 ~ C) (Fischer, 1970a). Im Herbst und Winter ist dann often- siehtlieh jeder Stufe der endogenen Reaktionsbereitsehaft im Fort-

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Jahresperiodik yon Lacerta. IV 205

pflanzungssystem ein bestimmter Photoperiodebereich zugeordnet. Im Frfihherbst kann so durch sehr lange IAchtzeiten von 18 und mehr Stunden eine stark verfrfihte Phase spermiohistogenetiseher Aktivit~t ausgel6st werden; ca. 3--4 Wochen nach Beendigung der Refrakt~r- periode genfigt hierzu ein LD 14:10, nnd etwa 8 Wochen danach liegt das Maximum im LD 12:12. Im LD 20:4 bei 28--30~ C h~tten damit die Ruineneidechsen, die sieh gut unter Korkrindenstiicken dem Licht- einflul~ entziehen konnten, die M6gliehkeit gehabt, sich die jeweils fiir die endogene Reaktionsbereitschaft relevante Photoperiode heraus- zugreifen. Solehe Selbstwiihlversuche wurden im Bereich der circadianen Periodik bei V6geln bereits mit Erfolg durchgeffihrt - - nicht aber bei Reptilien (WahlstrSm, 1964; Asehoff, v. St. Paul und Wever, 1968; Gwinner, 1966; tteppner und Farner, 1971). Im Bereich l~ngerfristiger Rhythmen liegen bislang noch keine Befunde vor. Erste tIinweise fiir solch ein WahlvermSgen bei langen Rhythmen land Farner (mfindliche Mitteflung) bei dem Sperlingsvogel Zonotrichia leucophrys gambelii.

Die Zunahme der Hemmung im HHG-System bei m~nnlichen l%ui- neneidechsen durch lange Lichtzeiten yon 14--18 Std pro Tag und das abrupte Umschlagen zu einer starken FSrderung im LD 20:4 bei 28 bis 30~ ist unserer Meinung nach bedeutungsvoll fiir die Deutung der Lichtwirkung. Die Lichtwirkung ist einmal vorstellbar als Einflu~ des Lichtes direkt, wie es ffir VSgel aus den gemi~igten Breiten gefor- dert wird, zum anderen aber aueh als indirekte W~rmewirkung der Lichtstrahlen. An dieser Alternative scheiden sich bislang die Meinun- gen. Lieht (1967a, b) ffihrt seine Ergebnisse an Anolis carolinensis in verschiedenen Photoperioden auf eine indirekte Wirkung der Photo- periode zurfick und h~lt damit den Liehteinflu~ ffir sekund~r. Uns scheint seine Beweisfiihrung nicht ganz zwingend, da er nur die Wir- kung eines LD 8:16 und diejenige eines LD 16:8 miteinander vergleicht und dabei keinen Unterschied zwischen den beiden Versuchsgruppen feststellen kann. In entsprechenden Versuchen unsererseits (Fischer, 1968c) liegen die Ergebnisse im LD 8:16 und im LD 16:8 ebenfalls etwa auf dem gleichen bTiveau, dazwisehen findet sich jedoch das eigent- liche Maximum im LD 12:12 bzw. in einem solchen von 14:10 Std beim Versuch, die Gonadenaktivit~t verfrfiht im Winter auszulSsen. Ffir eine prim~re Lichtwirkung sprechen ferner die Ergebnisse aus Experimenten, in denen wir Licht gegen Temperatur ausspielten (Fi- scher, i968e). Dabei stehen unsere Befunden in gutem Einklang mit denjenigen yon BartholomEw (1953) an Xantusia vigilis. Unsere These yon der prim~ren Lichtwirkung in mittleren Photoperiodebcreichen fin- der demnaeh in dem kr~ssen Anstieg der Gonadenaktivit~t im LD 20:4 bei hohen Temperatnren im Vergleich zur Gruppe aus dem LD 18:6 eine weitere Stfitze; zumal wir jetzt wissen, daI~ auch in extrem langen

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und e x t r e m kurzen Pho tope r ioden die Lich tze i t ebenfal ls noeh eine Rol le sp i r i t (Fischer u n d Seh6naich, unver6ffent l ieht) . Sollte n/~mlieh die Strahlungsw/~rme, die in den bier besehr iebenen Versuchen tats/~eh- lich in Pho toper iodebere iehen yon 14 fiber 16 naeh 18 S td mehr und mehr zun immt , yon Bedeu tung sein, dann mfif3te im L D 20:4 die Hem- mung im Fo r tp f l anzungs sys t em noeh st/~rker zum Ausdruek k o m m e n als in den kfirzeren Liehtzei ten . Da dem jedoch n ieh t so ist , k o m m e n ~ r zu dam Schlu$, da$ zumindes t bis zu einer Pho toper iode yon 18 S td die d i rek te L ich twi rkung prim/~r ffir die Vorg/~nge im I i H G - S y s t e m ve ran twor t l i eh ist . Versuehe zur endgfi l t igen KlKrung dieser F ragen sollen im W i n t e r 1971/72 mi t , ,kal tem" Lieh t durchgeff ihr t werden.

L i t e r a t u r

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Jahresperiodik yon Lacerta. IV 207

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Dr. K. Fischer und R. Ewald I. Zoologisches Institut der Universit~t D-3400 G6ttingen, Berliner StraBe 28 Deutschland