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Usch Luhn Alles wegen Zora

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Page 1: Usch Luhn Alles wegen Zora - bilder.buecher.de · Usch Luhn Alles wegen Zora Eine Geschichte über falsche Freunde Mit Illustrationen von Edda Skibbe und einem Nachwort von Dr. Rose

Usch Luhn

Alles wegen Zora

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DIE AUTORIN

Usch Luhn kommt aus der Steiermark und lebt abwechselnd in Berlin und am Wattenmeer in Ostfriesland. Sie ist Kommunika­tionswissenschaftlerin, unterrichtet an einer Filmschule und schreibt eigene Filmdrehbücher sowie Kin­der­ und Jugendbücher.

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Usch Luhn

Alles wegen Zora

Eine Geschichte über falsche Freunde

Mit Illustrationen

von Edda Skibbe

und einem Nachwort

von Dr. Rose Shaw

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cbjist der Kinder­ und Jugendbuchverlagin der Verlagsgruppe Random House

Verlagsgruppe Random House FSC­DEU­0100Das für dieses Buch verwendete FSC®­zertifizierte Papier München Super Extra liefert Arctic Paper Mochenwangen GmbH.

1. AuflageOriginalausgabe April 2010Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform© 2010 by cbj Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHAlle Rechte vorbehaltenUmschlag­ und Innenillustrationen: Edda SkibbeUmschlaggestaltung: Basic­Book­Design, Karl Müller­Bussdorf MI ∙ Herstellung: CZSatz: Andreas Geiger im Verlag Druck: GGP Media GmbH, PößneckISBN: 978­3­570­22189­1Printed in Germany

www.cbj-verlag.de

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Für meine Freundin Lissy, die mit

mir durch dick und dünn geht.

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1. Ringelschlangen und weiße Mäuse

»Ich liebe weiße Mäuse!« –

»Nee, ich finde die roten Ringelschlangen lecker!« –

»Hast du die Frösche etwa ganz alleine aufge­

gessen? Vielfraß!« –

»Selber Vielfraß. Lass mir bloß was übrig von

den Mäusen!« –

»Zicke!« –

»Selber Zicke!« –

Marie schnappte Kato die letzten vier Mäuse an­

griffslustig aus der Hand und stopfte sie sich in den

Mund.

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»Tut mir leid«, nuschelte sie kauend. »Sind lei­

der alle!«

Sie schluckte den Schaumgummibrei eilig hi­

nunter und kicherte vergnügt.

Mit einem empörten Aufschrei stürzte sich Kato

auf ihre beste Freundin und begann, sie durchzu­

kitzeln. Marie quiekte wie ein Schweinchen und

setzte sich heftig zappelnd zur Wehr. Angriffslustig

umklammerte sie Kato und rang sie zu Boden. Nur

Sekunden später kugelten die beiden kreischend

über die staubigen Holzdielen des Bahnwärter­

häuschens.

Dabei stießen sie versehentlich den dreibeinigen

Hocker um, auf dem Marie ihren Fahrradkorb mit

den Getränken abgestellt hatte. Eine Flasche Him­

beerlimo zerbarst in hundert winzige Glassplitter.

Der klebrige Saft breitete sich rasend schnell aus und

wurde von dem großporigen Holz gierig aufgesogen.

»Hilfe! Meine Mathesachen!«

Marie strampelte sich erschreckt frei und

schnappte sich ein aufgeschlagenes Heft, dessen

Umschlag bereits einige Eselohren aufwies.

Die eng mit Füller beschriebenen Seiten waren

himbeerrot gesprenkelt.

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Hastig rieb Marie mit ihrer Handfläche darüber

und verschmierte dabei mehrere Reihen Rechen­

päckchen.

»Mist! Mist! Mist!« Aufgebracht pfefferte sie

das verunzierte Heft weg.

Kato wischte vorsichtig ein paar Glasscherben

zur Seite und fischte Maries Mathematikbuch vom

Boden. Die Ränder des Buches waren ziemlich

dunkelrosa.

»Oje, ich glaube, das ist ein ganzer Misthaufen«,

sagte sie. »Wenn Frau Knobel die Flecken entdeckt,

meckert sie wieder stundenlang herum.«

Marie stöhnte bei dieser Vorstellung verzweifelt.

Sie nahm einen Radierer und begann hektisch,

die Farbe abzurubbeln.

»Stopp!« Kato zog ihr das Buch weg. »Das geht

doch kaputt!«

Sie überlegte angestrengt. »Meine Mutter hat ei­

nen Fleckenstift für Wäsche, vielleicht kriegt man

mit dem auch Papierseiten gebleicht. Zuerst muss

das Buch aber trocknen!«

Sie verstaute das Mathebuch in ihrem Rucksack.

»Ich nehme es mit. Mama kriegt das bestimmt wie­

der hin.«

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Marie löste die verschmierte Seite vorsichtig aus

ihrem Rechenheft heraus.

»Jetzt kann ich den Quark noch mal ganz neu

rechnen!«, jammerte sie.

»Du kannst von mir abschreiben!«, tröstete

Kato ihre Freundin und suchte nach ihrem eige­

nen Heft. »Die Textaufgaben für nächste Woche

habe ich auch schon fertig. Sind diesmal baby­

leicht.«

Nachdem Marie und Kato die Glasscherben mit

einem Handfeger sorgfältig weggekehrt hatten,

setzten sie sich auf zwei Klappstühle vor die Tür.

»Ich hasse Mathe!«, stöhnte Marie. Sie hatte die

Hefte auf Katos Knien liegen und las mit gerunzel­

ter Stirn die Textaufgaben durch. »Kannst du mir

sagen, warum wir solche komischen Sachen aus­

rechnen müssen?

Drei kleine Schweinchen sind bei ihrer Mutter

ausgezogen und bauen sich nun kleine Häuser. Das

erste Schwein kauft beim Bauern 100 Ballen Stroh

zu je 12 kg und bezahlt mit einem Scheck über 500

Euro. Der Bauer verspricht, das Stroh noch am sel-

ben Tag mit dem Traktor zu bringen. Allerdings

packt er nur 95 Ballen Stroh auf seinen Trecker,

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und das Schweinchen merkt das nicht, da es nie gut

rechnen konnte.

Frage: Um wie viel kg Stroh, also um wie viel

Geld wurde das Schweinchen betrogen?«

Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich

habe keinen blassen Schimmer. Was weiß ich über

dumme Häuschen von dummen Schweinchen?«,

regte sie sich auf. »Das Einzige, was das Schwein

und ich gemeinsam haben, ist, dass wir beide nicht

Rechnen können.« Sie begann täuschend echt zu

grunzen.

Kato kicherte.

»Lach nicht!«, wies Marie sie zurecht. »Das

Schwein und ich sind echt arm.«

Sie grunzte weiter und hörte erst auf, als Kato

sich vor lauter Lachen an ihrer Spucke ver­

schluckte.

Konzentriert übertrug Marie die von Kato ge­

lösten Rechenaufgaben in ihr Heft. »Wenn ich die­

ses Jahr sitzen bleibe und mit den Minis in eine

Klasse muss, während alle anderen mit dem Bus

in die Oberschule fahren, sind nur Frau Knobel

und diese Schweinchen schuld«, seufzte sie. »Da­

bei gebe ich mir echt Mühe. Ich glaube, ich wan­

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dere in den Wilden Westen aus und werde Sheriff.

Oder Rodeoreiterin.«

Nach einer ganzen Weile klappte sie die Hef­

te zu.

»Fertig!« Erleichtert sprang sie auf. » Wer als

Erster drüben an den Gleisen ist!« Sie sauste los.

Um das verlassene Bahnwärterhäuschen zu finden,

musste man ein ganzes Stück in den Mischwald ra­

deln, und selbst dann sah man es nicht auf den ers­

ten Blick.

Marie hatte es vor fast genau einem Jahr zu­

fällig entdeckt, als sie auf ihrem Klapprad durch

den Wald gefahren war, um Zapfen für den Bastel­

unterricht zu sammeln. Auf Werken und Malen

hatte sie schon immer viel mehr Lust gehabt als

auf das große Einmaleins.

Damals war sie im letzten Augenblick einem

träumenden Igel ausgewichen, der zusammen­

gerollt auf dem Weg lag und aussah wie ein Klum­

pen braunes Moos. Marie hatte eine waghalsige

Vollbremsung riskiert und so war der Igel mit dem

Schrecken davongekommen. Das aufgeregte Tier

hatte sich eilig ins Unterholz geflüchtet, während

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sie selber mit dem Klapprad über einen Stumpf ge­

knallt und umgefallen war.

Zum Glück fuhr Marie nie ohne ihren Helm,

aber der Vorderreifen war platt und die Felge hatte

einen unschönen Achter.

Die mit Kletterpflanzen überwucherte Mauer

ganz in der Nähe hatte sich als Hauswand des ehe­

maligen Bahnwärterhäuschens entpuppt. Denn be­

vor die hohe Bahntrasse für die Schnellzüge gebaut

worden war, hatte es einmal eine Eisenbahn ge­

geben, die im Schneckentempo mitten durch den

Wald bummelte.

Maries Oma Inge war früher genau mit die­

sem Zug in die Berufsschule gefahren. Das war

Marie eingefallen, als sie neugierig durch die blin­

den Fenster des Häuschens gelugt hatte.

Auf dem Küchentisch hatte noch ein Kaffee­

becher mit Löffel gestanden, daneben ein blauer

Keramikteller mit Messer und Gabel, die Griffe

aus Holz. An der Wand gegenüber hatte sie sogar

ein schmales Eisenbett mit Matratze entdecken

können, mit grün karierter Wolldecke.

Obwohl bestimmt niemand mehr in diesem

Holzhaus wohnte, hatte Marie urplötzlich ein

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Kribbeln im Bauch gehabt, als würden jeden Au­

genblick die sieben Zwerge um die Ecke gewan­

dert kommen, und sie hatte sich ängstlich um­

geschaut, bevor sie die Klinke heruntergedrückt

hatte. Die Tür war unter einer Himbeerranke ver­

borgen gewesen, Marie hatte sie fast nicht gefun­

den.

Als sie an der Klinke rüttelte, hatte sie sich

schmerzhaft an den Dornen verletzt. Ohne ihr ka­

puttes Fahrrad und die Baumzapfen war sie eilig

nach Hause gerannt, um Kato anzurufen.

»Das Haus ist eine Mischung aus Dornröschen­

schloss und Räuberhöhle«, beschrieb sie ihre Ent­

deckung Kato kurze Zeit später aufgeregt am Te­

lefon.

»Super! Das wird unser neues Versteck«, jubelte

Kato.

Kato und Marie waren beste Freundinnen seit dem

Kindergarten.

Katos Vater hatte für die beiden ein geheimes

Baumhaus in die alte Eiche in ihrem Garten ge­

baut. Dort verbrachten Marie und Kato ihre meis­

ten Nachmittage, selbst bei Regen. Vor zwei Jah­

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ren war der Baum plötzlich krank geworden und

warf sein Laub ab. Ein Gärtner fand heraus, dass

Wühlmäuse die Wurzeln der Eiche so stark be­

schädigt hatten, dass der Baum umgeholzt werden

musste.

Zwar hatte Katos Vater das Baumhaus geret­

tet und hinter der Garage neu aufgebaut, aber seit

die schöne alte Eiche gefällt war, stand das Baum­

haus die meiste Zeit leer und es machte den bei­

den Freundinnen keinen rechten Spaß mehr, dort

zu spielen. Schließlich zog Rollo in das Baumhaus,

ein Bernhardiner aus der Nachbarschaft, der frei

herumlaufen durfte, und machte es sich auf einem

Stapel Mickymaus­Hefte gemütlich.

Weil ihr Vater Schlosser war, besaß Kato eine

ganze Sammlung Schlüssel. Für die erste Orts­

besichtigung hatte Kato ihren riesigen Schlüssel­

bund eingesteckt, an dem hingen fast hundert un­

terschiedliche Schlüssel.

In ungelenken Schlangenlinien war Kato mit

Marie auf dem Gepäckträger zu dem Bahnwärter­

häuschen geradelt, und Kato fand tatsächlich ei­

nen passenden Schlüssel, mit dem sie die Tür auf­

sperren konnten.

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An diesem Nachmittag wurde das Bahnwär­

terhäuschen ihr geheimstes Geheimnis. Nie­

mand, weder Eltern noch Mitschüler, wurde ein­

geweiht.

»Sieger!«, brüllte Marie und berührte mit einem

Spagatschritt als Erste die Bahnschiene.

Tage später, nachdem die Freundinnen das Häus­

chen in Besitz genommen und es sich darin mit Sü­

ßigkeiten und Limo gemütlich gemacht hatten, wa­

ren sie auf die still gelegten Gleise gestoßen. Diese

führten direkt hinter dem Haus entlang und wa­

ren unter dem Moos fast völlig versteckt. Sogleich

begannen sie mit Feuereifer, das Grünzeug wegzu­

reißen, um ein Stück der Schienen freizulegen. Auf

der Oberfläche konnte man wie auf dem Schwebe­

balken balancieren.

»Super Trainingslager. Bis zur Schwebebalken­

prüfung will ich ein dreifaches Rad schaffen, mit

Abgang doppelter Salto rückwärts«, sagte Marie

gerade und schlug zwei Räder hintereinander.

»Packst du mit links. Du kannst sowieso bald

im Zirkus auftreten«, gab Kato ihr neidlos Recht.

»Auf dem Hochseil ohne Netz!«

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Sie selber übte immer noch Geradeauslaufen. So­

gar einfaches Umdrehen fiel ihr schwer.

Im Gegensatz zu Marie konnte Kato auf Geräte­

turnen sehr gut verzichten. Lieber trainierte sie

Handball mit den Jungs aus dem Sportverein. Zu

dumm, dass es keine Mädchenmannschaft gab. Bei

den Turnieren durfte sie nur zugucken, obwohl sie

die meisten Tore warf.

»Ich habe eine Idee!«, rief Marie und machte die

Augen zu. »Guck genau hin, ich schummle nicht.«

Gespannt blieb Kato stehen.

»Achtung, fertig, los!«, feuerte sich Marie selber an.

Sie lief ein paar Schritte blind auf dem Gleis

ohne zu wackeln und machte zum Abschluss einen

astreinen Salto vorwärts.

Beim Aufkommen rutschte sie von dem glatten

Eisen ab und knickte mit dem rechten Fuß um.

»Autsch!« Marie rieb sich ihren Knöchel.

»Pass auf!«, rief Kato erschrocken. »Sonst hum­

pelst du an deinem Geburtstag herum.«

Marie nickte schuldbewusst. »Stimmt auch wie­

der.«

Sie schlug sich mit der flachen Hand gegen die

Stirn.

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»Mensch! Die Einladungen. Fast hätte ich sie

vergessen. Du musst mir sofort sagen, ob sie dir ge­

fallen!« Sie nahm Katos Hand und zog die Freun­

din aufgeregt in das Bahnwärterhäuschen zurück.

»Bist du nicht etwas spät damit dran?«, keuchte

Kato atemlos.

»Nein, im Reitstall weiß sowieso schon jeder Be­

scheid. Die Einzige, die von meinen Geburtstags­

gästen nicht reitet, bist ja du. Ich habe ewig ge­

braucht, bis die Zeichnung fertig war. Und, gefällt

sie dir?«

Stolz breitete Marie ihren Skizzenblock vor Kato

aus.

»Boah, toll!«, krächzte Kato verdattert.

»Mensch, Marie. Wenn ich nur halb so gut malen

könnte wie du. Das solltest du mal Frau Knobel

zeigen, wenn sie wieder mit dir meckert!«

Marie machte ein stolzes Gesicht. »Das Dorf

war echt schwer zu zeichnen.«

ICH WERDE ZEHNUND DU BIST HERZLICH EINGELADEN ZU MEINER

GEBURTSTAGSPARTY!WIR FEIERN WIE IM WILDEN WESTEN.

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stand in schnörkeliger Schrift auf der Zeich­

nung.

Dazwischen hatte Marie eine waschechte

Westernstadt mit ihren Bewohnern entste­

hen lassen. Sogar den Sheriff hatte sie nicht ver­

gessen. Eine wilde Amazone setzte mit ihrem

edlen weißen Pferd gerade über ein hohes Hin­

dernis. Wenn man genauer hinschaute, hatte

die Amazone große Ähnlichkeit mit Marie. Ein

Lasso schwingender Cowboy trieb gerade eine

Herde Wildpferde auf eine umzäunte saftige

Weide und ein Raubvogel fing sich gerade eine

Maus.

WO? NATÜRLICH IN BILLY’S SALOONWANN? SAMSTAGNACHMITTAG UM 14 UHRBEI FEUERWASSER UND MARY’S CAKES

SIND COWBOYS, INDIANER UND AMAZONEN HERZLICH WILLKOMMEN.

MIESE LAUNE BITTE VORHER BEIM SHERIFF ABGEBEN.

Plötzlich guckte Kato überrascht. »Der Cowboy

kommt mir bekannt vor.«

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Sie schaute ihn aufmerksam an. »Könnte das

vielleicht Bosse sein?«

Marie kreischte lautstark auf und wurde gleich­

zeitig feuerrot im Gesicht.

»Totaler Quatsch. Wie kommst du denn auf so

was Dummes?«

Kato zuckte mit den Achseln. »Sieht einfach

irgendwie aus wie Bosse«, wiederholte sie stur.

»Kommt er auch?«

Marie schüttelte heftig den Kopf. »Der geht

nicht auf Kindergeburtstage, weißt du doch«, sagte

sie brüsk. »Bei Katja war er auch nicht. Und die

hatte extra Cola und seine Lieblingschips für ihn

eingekauft, die mit Paprika­Chili.«

Sie ließ die Einladung schnell in ihren Rucksack

verschwinden. »Ich habe nur Ole eingeladen«, er­

gänzte sie. »Der hilft mir öfter beim Ausmisten.«

Kato begann, breit zu grinsen. » Na, der ist eh

viel netter, auch wenn er aussieht wie acht. Hof­

fentlich erzählt er seinem großen Bruder Bosse

nichts davon, sonst tanzt er doch noch an.«

Marie quetschte ihren Skizzenblock mühsam

zwischen ihre Schulsachen.

»Das traut er sich nicht, so uneingeladen«, sagte

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sie ungestüm. »Außerdem, am Samstag kommt

Bosse nie in den Reitstall, da muss er seinem Vater

auf dem Bauernmarkt beim Kistenschleppen hel­

fen.«

Sie sprang unruhig auf.

»Ich muss jetzt unbedingt nach Hause, bestimmt

brennt Mama schon darauf, dass ich das Kostüm

anprobiere. Sie wollte ein rotes Cowboyhemd nä­

hen und mit Stickereien verzieren – das habe ich

mal in einem Film gesehen. Und einen Gürtel aus

bunten Indianerperlen habe ich mir auch dazu ge­

wünscht. Papa muss später unbedingt die Ein­

ladungen farbkopieren, damit ich sie morgen im

Reitstall verteilen kann.«

Kato strahlte. »Dein Kostüm sieht bestimmt su­

per aus! Deine Mama kann ja echt gut nähen. Bei

uns schafft das niemand, aber ich finde es nicht

schlimm. Oma meint, das liegt in der Familie. Sie

hat ein einziges Mal Socken für Opa gestrickt, und

danach hat er ihr streng verboten, es noch mal zu

versuchen.« Sie lachte vergnügt.

»Dafür kann Oma schneller Kopfrechnen als

Mama und ich zusammen. Wir haben einen Kar­

toffelsack gewaschen, den ich im Keller aufgetrie­

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ben habe, da schneiden wir oben ein Loch rein und

dann binde ich mir ein dickes Seil um die Hüften,

das bringt Papa von seinem Boot mit. So gehe ich

als ein armer Wegelagerer verkleidet und kriege

eine doppelte Portion Kuchen.«

Marie kicherte. »Auf den Kopf gefallen bist du

echt nicht! Ich muss Mama unbedingt daran er­

innern, dass sie den Apfelkuchen backt. Sie ist we­

gen dem Baby ständig im Stress. Total nervig.«

Sie schaute auf ihre Armbanduhr. »Auweia! Ich

sollte wirklich los!«

Die beiden schnappten sich hastig ihre Ruck­

säcke, verschlossen das Bahnwärterhäuschen ge­

wissenhaft und düsten auf ihren Fahrrädern los.

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2. Brüderchen-Alarm

»Hallo, Mami, ich bin da!!! Ist Papa schon zu

Hause?«

Marie pfefferte die Schultasche zwischen die

aufgereihten Schuhe im Flur und stürmte energie­

geladen direkt ins Wohnzimmer.

Überall im Zimmer stapelten sich Berge frischer

Babywäsche, alles in Hellblau und Gelb. Mitten­

drin kniete Maries Mutter auf dem Fußboden und

faltete winzige Strampler. »Papa hat gerade ange­

rufen. Er hat noch einen Kunden. Aber guck mal,

Spätzelchen«, sagte sie und hielt einen besonders

kleinen Strampler lächelnd in die Höhe.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Usch Luhn

Alles wegen ZoraEine Geschichte über falsche Freunde

ORIGINALAUSGABE

Taschenbuch, Broschur, 288 Seiten, 12,5 x 18,3 cm10 s/w AbbildungenISBN: 978-3-570-22189-1

cbj

Erscheinungstermin: März 2011

Aktuelle Themen, kindgerecht erzählt Zora ist neu in Maries Klasse und viel cooler als die anderen. Marie ist froh, mit Zora befreundetzu sein, denn ihre beste Freundin Kato ist eine echte Spaßbremse geworden und lernt nurnoch Mathe. Marie und Zora lernen kein Mathe. Obwohl Maries Versetzung gefährdet ist. AberZora hat eine viel bessere Idee, um an gute Noten zu kommen … Um Zora nicht zu verlieren,verstrickt sich Marie in ein Netz aus Lügen und Betrügereien – bis es zu einer riskantenMutprobe kommt!