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Verformungsverhalten und Verformungskinetik von Titan technischer Reinheit und der Titanlegierung TiAl6V4 im Bereich niedriger homologer Temperaturen von 0,22 (150 o C) bis 0,48 (650 o C) Der Technischen Fakult¨ at der Universit¨ at Erlangen-N¨ urnberg zur Erlangung des Grades DOKTOR-INGENIEUR vorgelegt von Falk Breutinger Erlangen - 2006

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Page 1: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Verformungsverhalten und Verformungskinetik von Titan

technischer Reinheit und der Titanlegierung TiAl6V4

im Bereich niedriger homologer Temperaturen

von 0,22 (150oC) bis 0,48 (650oC)

Der Technischen Fakultat der

Universitat Erlangen-Nurnberg

zur Erlangung des Grades

DOKTOR-INGENIEUR

vorgelegt von

Falk Breutinger

Erlangen - 2006

Page 2: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Als Dissertation genehmigt von

der Technischen Fakultat der

Universitat Erlangen-Nurnberg

Tag der Einreichung: 17. Januar 2006

Tag der Promotion: 22. Mai 2006

Dekan: Prof. Dr.-Ing. A. Leipertz

Berichterstatter: Prof. i.R. Dr.-Ing. W. Blum

Prof. i.R. Dr. rer. nat. H. Strunk

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Grundlagen 5

2.1 Kristallographie von Gleitung und Zwillingsbildung . . . . . . . . . . . . . 5

2.2 Verformungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.3 Modellierung der plastischen Verformung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3.1 Einfaches Modell mit phanomenologischer Versetzungsstrukturevo-

lution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3.2 Erweitertes Plastizitatsmodell mit detaillierter Versetzungsstruk-

turevolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3 Experimentelle Methoden 15

3.1 Untersuchte Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3.2 Mikrostrukturelle Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3.3 Versuchsdurchfuhrung und -auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3.3.1 Korrektur der Reibungseinflusse im Druck . . . . . . . . . . . . . . 18

3.3.2 Spannungsrelaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

4 Kommerzielles Reintitan Ti-2 23

4.1 Mikrostruktur des Ausgangszustandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

4.2 Verformung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4.2.1 Evolution des Verformungswiderstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4.2.2 Streckgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

4.2.3 Stationarer Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4.2.4 Wechsel der Verformungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

4.3 Mikrostruktur des verformten Zustands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

4.4 Spannungsrelaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.4.1 Spannungskontrollierte Versuchsfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.4.2 Dehnungskontrollierte Versuchsfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4.4.3 Vergleich der Relaxationsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4.5 Kriechzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

4.6 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

4.6.1 Einfluss der Zwillinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

4.6.2 Versetzungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

4.6.3 Stationarer Zustand der Verformung . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

i

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Inhaltsverzeichnis

4.6.4 Ubergangsverformung nach Beanspruchungswechsel . . . . . . . . . 69

4.6.5 Entwicklung des Verformungswiderstandes bei konstanter Verfor-

mungsgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

4.6.6 Entwicklung des Verformungswiderstandes bei konstanter Spannung 76

4.6.7 Spannungsrelaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

5 TiAl6V4 79

5.1 Mikrostruktur des Ausgangszustandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

5.2 Verformung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

5.2.1 Evolution des Verformungswiderstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 83

5.2.2 Beanspruchungswechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

5.2.3 Streckgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

5.2.4 Stationarer Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

5.3 Mikrostruktur des verformten Zustands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

5.4 Spannungsrelaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

5.4.1 Spannungskontrollierte Versuchsfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . 102

5.4.2 Dehnungskontrollierte Versuchsfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . 108

5.4.3 Vergleich der Relaxationsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

5.5 Kriechzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

5.6 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

5.6.1 Verfestigungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

5.6.2 Stationarer Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

5.6.3 Spannungsrelaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

6 Zusammenfassung - Summary 123

A Anwendung des erweiterten Plastizitatsmodells 127

A.1 Ergebnisse der Modellierung fur Ti-2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

A.2 Ergebnisse der Modellierung fur TiAl6V4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

A.3 Bewertung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

B Materialparameter 139

C Messkurven 141

C.1 ε − ε−Kurven von Ti-2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

C.2 σ − ε−Kurven von Ti-2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

C.3 ε − t−Kurven von Ti-2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Literaturverzeichnis 145

Abbildungsverzeichnis 149

Symbolverzeichnis 155

ii

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1 Einleitung

Titan und seine Legierungen zeichnen sich durch hohe Festigkeit bei gleichzeitig niedriger

Dichte (≈ 4.5 g/mm3), d.h. sehr hohe spezifische Festigkeit, und sehr gute Korrosions-

bestandigkeit aus. Aufgrund dieser hervorragenden Eigenschaften ist der Werkstoff Titan

attraktiv fur viele technische Anwendungen (z.B. in den Bereichen Luft- und Raumfahrt,

Chemischer Apparatebau und Medizintechnik). Die Anforderungen in der Automobilin-

dustrie wie Lebensdauergarantien, hohe Motordrehzahlen und Reduktion von Emissionen

und Gewicht haben dazu gefuhrt, dass mittlerweile viele Automobilhersteller und -zuliefe-

rer am großserienmaßigen Einsatz von Titan im Automobil arbeiten. Dabei kommt Ti-

tan uberall dort in Frage, wo es aufgrund seiner uberlegenen Werkstoffeigenschaften die

herkommlichen Materialien Stahl und Aluminium substituieren kann. Konkrete Anwen-

dungsbeispiele im Automobil sind die Abgasanlage sowie Federn, Kolben, Gehause, Ventile

und Dichtringe aus Titan.

Die vorliegende Arbeit entstand aus der Kooperation zwischen dem Institut fur Werk-

stoffwissenschaften der Universitat Erlangen-Nurnberg (IWW1) und der AUDI AG im

Rahmen des Teilprojektes II.3 ”Kriechen von Titan und TiAl6V4” des von der Bayerischen

Forschungsstiftung geforderten Projektes ”Leichtbau mit neuen Werkstoffen, Verfahren,

Fugetechniken und Berechnungsverfahren fur den Großserienbau” (AZ BFS 296/98) 1.

Ziel der Arbeit ist die Charakterisierung und Modellierung des Verformungsverhaltens

von TiAl6V4 und kommerziellem Reintitan Ti-2 im fur die Automobilindustrie relevan-

ten Temperaturbereich bis 650oC bei TiAl6V4 bzw. bis 450oC bei Ti-2.

Eine umfassende Beschreibung der plastischen Verformung eines Materials erfordert die

Verknupfung der makroskopischen Parameter der plastischen Verformung (Spannung σ,

Temperatur T , Verformungsgeschwindigkeit ε) mit den Parametern der Mikrostruktur

S⊥k (versetzungsstrukturelle Großen) und SR

l (andere Strukturparameter, z.B. Fremda-

tomgehalt, Phasenstruktur) und den Materialparametern Pm (z.B. Schmelzpunkt, elasti-

sche Konstanten) im Sinne der Formulierung der”mechanischen Zustandsgleichung“(vgl.

[2, 3]):

F (ε, σ, T, S⊥k , SR

l , Pm) = 0. k, l, m = 1, 2, ... (1.1)

Ejn(Sj

m, ε, σ, T, S⊥k , SR

l , Pm) = 0. k, l, m, n = 1, 2, ..., j = ⊥, R. (1.2)

Die als kinetisches Gesetz bekannte Gl. (1.1) stellt fur ein gegebenes Material (Pm) mit

1Teile der Arbeit wurden im Abschlussbericht dieses Projektes [1] vorab veroffentlicht.

1

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1 Einleitung

einer bestimmten Mikrostruktur (S⊥k , SR

l ) die Beziehung zwischen der Verformungsge-

schwindigkeit ε 2 und der Spannung σ bei einer bestimmten Temperatur T her. In der

Strukturevolutionsgleichung (1.2) wird berucksichtigt, dass sich die Mikrostruktur norma-

lerweise mit der Verformung andert und dieser Prozess an die makroskopischen Parameter

gebunden sein kann. Kinetisches Gesetz und Strukturevolutionsgleichung beschreiben zu-

sammen die Entwicklung von Verformungswiderstand und Struktur wahrend plastischer

Verformung.

Eine derartige Beschreibung des plastischen Werkstoffverhaltens auf der Basis der verfor-

mungsrelevanten Mechanismen hat gegenuber phanomenologischen Beschreibungen den

Vorteil, dass Extrapolationen uber den untersuchten Anwendungsbereich hinaus moglich

sind und durch einfache Modellmodifikationen eine Ubertragung auf im Verformungs-

verhalten ahnliche Werkstoffe erreicht werden kann. Die Komplexitat der mikrostruk-

turellen Vorgange im Werkstoff und die Vielfalt moglicher Beanspruchungen erschweren

die Formulierung der mechanischen Zustandsgleichung und erzwingen in der Praxis die

Beschrankung auf vereinfachte Modelle, die idealerweise den konkreten technischen An-

wendungsfall beschreiben. Meist gestalten sich die Auswahl und Bestimmung der fur die

Verformung relevanten mikrostrukturellen Parameter schwierig.

In dieser Arbeit wird eine einfache mechanische Zustandsgleichung fur Ti-2 und TiAl6V4

aufgestellt. Grundlage dafur ist dabei das Verstandnis des Werkstoffverhaltens, welches

aus umfangreichen Messungen des Verformungsverhaltens und punktuellen licht- und elek-

tronenmikroskopischen Untersuchungen der Mikrostruktur gewonnen wurde. Das Verfor-

mungsverhalten wurde im anwendungsrelevanten Temperatur- und Spannungsbereich bei

konstanter Verformungsgeschwindigkeit ε (”zugiger” Versuch), konstanter Spannung σ

(Kriechversuch) und konstanter (Gesamt-)Dehnung εmech (Spannungsrelaxationsversuch)

charakterisiert (vgl. Abb. 1.1). Das gemessene Verformungsverhalten wird auf der Basis

der bei den untersuchten Legierungen vorliegenden Mikrostruktur diskutiert. Es wird in

der vorliegenden Arbeit gezeigt, dass die Wechselwirkung zwischen den die Verformung

tragenden Versetzungen und den Fremdatomen fur das Verstandnis des Verformungsver-

haltens von zentraler Bedeutung ist.

2In dieser Arbeit bedeuten ε und ε in der Regel die inelastische Verformung und Verformungsgeschwin-digkeit. Differenzierende Indizes werden nur verwendet, wenn die Notwendigkeit der Unterscheidungvon elastischer und mechanischer Verformung bzw. Verformungsgeschwindigkeit besteht.

2

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Rp,max

Spa

nnun

gsre

laxa

tion K

riechen

Rate

konst.

σ

ε.log

log

Rp,ss

Rp

inel

Abbildung 1.1: Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen inela-

stischer Verformungsgeschwindigkeit εinel und Spannung σ bei verschiedenen Ver-

suchsfuhrungen. Das Feld der inelastischen Verformung (graue Flache) wird be-

grenzt durch die Linien fur Rp (Beginn inelastischer Verformung) und Rp,max (ma-

ximaler Verformungswiderstand). Rp,ss kennzeichnet den Verformungswiderstand

am stationaren Zustand, der bei Materialien ohne Entfestigung Rp,max entspricht.

In der Versuchsfuhrung bei konstanter mechanischer Verformungsgeschwindigkeit

εmech (elastisch plus inelastisch) nahert sich die inelastische Verformungsgeschwin-

digkeit εinel dem Wert von εmech an, wahrend die Spannung dem Sattigungswert

zustrebt. Der Versuch bei konstanter Spannung σ beginnt ab dem Punkt (Kreis),

an dem der vorgegebene Wert von σ erreicht ist; im Laufe der Verfestigung sinkt

εinel in Richtung auf den stationaren Wert ab. Spannungsrelaxation bei konstantem

εmech resultiert aus der Zunahme von εinel bei gleichzeitiger Abnahme von εel ; mit

abnehmendem σ nimmt naturgemaß εinel ab.

3

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1 Einleitung

4

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2 Grundlagen

2.1 Kristallographie von Gleitung und Zwillingsbildung

Die plastische Verformung eines kristallinen Werkstoffes wird durch die Anzahl und Akti-

vierbarkeit seiner Gleitsysteme bestimmt. Bei den in dieser Arbeit untersuchten Tempera-

turen liegt Ti-2 in Form der hexagonal dicht gepackten (hcp) α-Phase vor. TiAl6V4 gehort

zur Klasse der α+β-Titanlegierungen und besteht aus der Al-reichen hcp-α-Phase und der

V-reichen kubisch raumzentrierten (krz) β-Phase (z.B. [4, 5]). Bei der krz β-Phase erfolgt

Gleitung auf den dichtest gepackten {110}-Ebenen mit Burgersvektor <111>; es existieren

12 unabhangige Gleitsysteme. Das c/a-Achsenverhaltnis von hcp-Ti ist mit 1,587 kleiner

als bei dichtester Kugelpackung (c/a = 1,633) [6]. Infolgedessen sind die Prismenebenen

{1010} und die Pyramidenebenen {1011} dichter gepackt als die Basisebenen {0001} und

als Gleitebenen bevorzugt. Abb. 2.1 zeigt mogliche Gleitsysteme fur die Burgersvektoren

�a bzw. �a + �c. Experimentell treten bei Titan bevorzugt die Gleitsysteme {1010} <1120>

und {1011} <1120> auf (z.B. [7]). Die Anzahl der unabhangigen Gleitsysteme in hcp-

Kristallen ist gering (z.B. existieren nur zwei unabhangige Gleitsysteme fur prismatisches

Gleiten [8]). Daraus folgt, dass mindestens zwei Klassen von Gleitsystemen fur homogene

plastische Verformung von Polykristallen notig sind [2].

Aufgrund der geringen Anzahl von moglichen Gleitsystemen und deren nicht symme-

trischer Verteilung in hcp-Metallen ist neben der Verformung durch Gleiten auch die

Verformung durch Zwillinge zu betrachten (z.B. [6]). Titan besitzt eine Vielzahl von

Zwillingssystemen (fur Details siehe z.B. [8]), die in unterschiedlichen Temperatur- und

Spannungsbereichen aktiv sind. Zwillingsbildung erfordert aufgrund der damit verbunde-

nen Gitterverzerrungen im Regelfall hohere Spannungen als Gleitung. Bei tiefen T kann

Zwillingsbildung dennoch gegenuber Gleitung bevorzugt sein, da fur das Gleiten wichtige

thermisch aktivierte Prozesse wie das Uberwinden von Spannungsfeldern der Fremdatome

eingeschrankt sind. Im Gegensatz zu den Gleitprozessen ist Zwillingsbildung infolge der

kristallographischen Beziehung der gestauchten und gedehnten Orientierungen vom Vor-

zeichen der Spannung abhangig [8]. Die Orientierungsanderung durch Zwillinge kann groß

sein. Der Anteil der Zwillingsverformung an der Gesamtverformung ist aber im Vergleich

zum Gleiten gering. Dies bestatigen Untersuchungen von [9, 10] fur Titan. Bei TiAl6V4

werden aufgrund der geringen vorliegenden Korngroße (vgl. 5.1) keine Zwillinge erwartet.

Stattdessen ist bei hohen T mit Beitragen der Korngrenzen zur Verformung zu rechnen.

5

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2 Grundlagen

2.2 Verformungsmechanismen

Die Verformung von Titanlegierungen ist komplex: Es werden unterschiedliche primare

und sekundare Gleit- und Zwillingssysteme betatigt, die zudem bei unterschiedlichen

Schubspannungen aktiv werden konnen [6]. Im untersuchten ε - und T -Bereich ist fur

Ti-2 und TiAl6V4 davon auszugehen, dass die Verformung hauptsachlich durch Verset-

zungsbewegung getragen wird.

Damit lasst sich Gl. (1.1) konkretisieren: Die Verformung durch Versetzungen wird durch

die Orowan-Gleichung beschrieben, die die makroskopische Verformungsrate ε mit mi-

krostrukturellen Parametern verknupft und zwar der Dichte ρ von Versetzungen und ihrer

mittleren Gleitgeschwindigkeit vg (z.B. [2]):

ε = M−1 b ρ vg (2.1)

(b: Lange des Burgersvektors, M : Taylorfaktor).

Fur Versetzungsgleitung mit der Geschwindigkeit vg steht nicht die gesamte von außen

aufgebrachte Spannung σ zur Verfugung, sondern nur der als effektive Spannung oder

thermische Spannungskomponente σ∗ bezeichnete Teil:

σ� = σ − σi (2.2)

Fur σ� = 0 ist vg = 0.

Abbildung 2.1: Gleitsysteme bei hexagonaler Kristallstruktur. Links: Basale, pris-

matische und pyramidale Gleitsysteme mit Burgersvektor �a; rechts: vier mogliche

pyramidale Gleitsysteme mit Burgersvektor �a + �c (aus: [8]).

6

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2.2 Verformungsmechanismen

Die athermische Spannungskomponente σi hangt in noch zu spezifizierender Weise von

der Versetzungsdichte ab.

Abb. 2.2 zeigt schematisch den Zusammenhang zwischen vg und σ∗ fur ein mischkri-

stallgehartetes Material wie Titan kommerzieller Reinheit (z.B. [11, 12]).

Es sind zwei Bereiche zu unterscheiden:

• Bereich I: Bei hohen ε und niedrigen T bilden die Fremdatome ortsfeste Hindernisse,

die von den gleitenden Versetzungen thermisch aktiviert uberwunden werden mussen

[13, 14]. Zwischen den Positionen, an denen thermische Aktivierung notig ist, erfolgt

die Versetzungsbewegung sprunghaft.

• Bereich II: Bei niedrigen ε und hohen T , wo die Diffusion der Fremdatome im

Vergleich zur Versetzungsgeschwindigkeit vg ausreichend schnell ist, reichern sich

Fremdatome an den Versetzungen in Form einer Fremdatomwolke an und wer-

den von den Versetzungen mitgeschleppt. Die Versetzungsbewegung erfolgt hierbei

gleichmaßig (viskos) mit vg ∝ σ�.

Der Ubergang von I auf II ist charakterisiert durch den Aufbau einer Fremdatomwolke an

den Versetzungen wahrend der Verformung. Dieser Vorgang wird als dynamische Reckal-

terung 1 bezeichnet. Es ist ein dynamischer Prozess aus Einfangen von Fremdatomen

und Verlust von Fremdatomen, die nicht schnell genug mit den Versetzungen diffundieren

konnen. Die Bildung der Fremdatomwolke fuhrt mit abnehmender Gleitgeschwindigkeit

vg zunachst zu einer Erhohung der effektiven Spannung σ∗ , bis sich die Fremdatomwol-

ke voll ausgebildet hat. Man spricht von negativer Spannungsempfindlichkeit von vg im

Ubergang zwischen den Bereichen I und II, wo σ� mit abnehmendem vg zunimmt.

Der in Abb. 2.2 gezeigte vg − σ∗−Verlauf beruht auf der vereinfachenden Annahme, dass

sich jeweils die Sattigungskonzentration an Fremdatomen im dynamischen Gleichgewicht

bei konstanter Versetzungsgleitgeschwindigkeit vg einstellt.

Das Verformungsverhalten von kommerziell reinem Titan bei erhohten Temperaturen ist

somit durch die Wechselwirkung zwischen den Versetzungen und den interstitiell gelosten

Fremdatomen (z.B. [7, 15, 16]) bestimmt. Diese außert sich u.a. im Auftreten von dy-

namischer Reckalterung und dem starken Einfluss der Fremdatomkonzentration auf die

mechanischen Eigenschaften (z.B. [7]). Die dynamische Reckalterung manifestiert sich

bei Titan u.a. durch das Auftreten von ausgepragten Streckgrenzen, Unabhangigkeit der

Streckgrenze von T und ε , gezackten σ − ε−Verlaufen, Anstieg der Fließspannung bei

steigender Temperatur T und Maxima der Verfestigungsrate θ = (dσ/dε)|ε als Funktion

der Temperatur (z.B. [7, 17, 18]).

1im Gegensatz zu statischer Reckalterung ohne gleichzeitige Verformung

7

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2 Grundlagen

II

I

log

v g

log σ*

thermisch aktiviertesÜberwinden von fixenHindernissen

sprunghafte Versetzungs-bewegung

keine Fremdatomwolken

Wolkenbildung

viskoses Gleiten mitFremdatomwolke

1

1

Abbildung 2.2: Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Verset-

zungsgeschwindigkeit vg und effektiver Spannung σ∗ fur einen mischkristallgeharte-

ten Werkstoff mit den Bereichen I und II sowie dem Ubergang zwischen beiden.

8

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2.3 Modellierung der plastischen Verformung

2.3 Modellierung der plastischen Verformung

Die in dieser Arbeit verwendeten Modelle der plastischen Verformung basieren hinsichtlich

der Gleitkinetik auf dem oben beschriebenen Konzept der effektiven Spannung (Gl. (2.1)

und (2.2)). Hinsichtlich der Versetzungsstrukturevolution werden zwei Ansatze unter-

schiedlicher Komplexitat benutzt.

2.3.1 Einfaches Modell mit phanomenologischer

Versetzungsstrukturevolution

Die athermische Spannungskomponente σi wird als Funktion der Gesamtversetzungsdichte

ρ ausgedruckt (z.b. [3]):

σi = α M G b√

ρ ; (2.3)

α ist die Versetzungswechselwirkungskonstante, G der Schubmodul.

Die Evolution der Versetzungsdichte wird uber die stationare Versetzungsdichte ρ∞ defi-

niert. Diese wird sowohl fur sprunghafte (j) als auch fur viskose (v) Versetzungsbewegung

auf der Basis inverser Proportionalitat zwischen Spannung σ und Versetzungsabstand

ρ−0.5 [3] als Funktion der Spannung angesetzt:

ρ∞,v = (σ/Gb)2 ∧ ρ∞,j = 2 · ρ∞,v . (2.4)

Die in (2.4) enthaltene Annahme, dass die stationare Versetzungsdichte bei sprunghaf-

ter Versetzungsbewegung bei gleicher Spannung doppelt so groß ist wie bei viskoser,

beruht darauf, dass die Anreicherung von Fremdatomen an den Versetzungen die Ver-

setzungserzeugungsrate ρ+ uber die Behinderung der Gleitung starker erschwert als die

Versetzungsvernichtungsrate ρ−, welche bezuglich der Stufenversetzungen von diffusiven

Prozessen getragen wird. Infolgedessen kommt es zur Absenkung der stationaren Verset-

zungsdichte im Fall viskoser Gleitung gegenuber dem Fall sprunghafter Gleitung.

Bei sprunghafter Anderung der Verformungsbedingungen wird angenommen, dass sich

die Versetzungsdichte kontinuierlich vom Anfangswert 1 zum Endwert 2 entwickelt ent-

sprechend:

ρ(ε) = ρ1 + (ρ2 − ρ1) · [1 − exp(−Δε/kρ)] (2.5)

mit Δε = ε2 − ε1. Die Evolutionsgeschwindigkeitskonstante kρ wird an die Versuchsergeb-

nisse angepasst.

9

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2 Grundlagen

Abbildung 2.3: Schematische Darstellung der Versetzungsstrukturevolution:

’Singles’ konnen spontan annihilieren oder Dipole bilden. Dipole annihilieren spon-

tan oder losen sich durch Klettern oder Quergleiten auf (aus: [19]).

2.3.2 Erweitertes Plastizitatsmodell mit detaillierter

Versetzungsstrukturevolution

Ein Modell mit detaillierter, von der Kenntnis der stationaren Versetzungsdichten un-

abhangiger Versetzungsstrukturevolution wurde in [19] vorgestellt und in dieser Arbeit

angewendet. Im Folgenden wird es in seinen Grundzugen kurz erlautert.

Es wird zwischen zwei Arten von Versetzungen unterschieden, den ’Singles’ und den-

jenigen Versetzungen, die sich in Dipolkonfiguration befinden (Indizes ’sgl’ bzw. ’dip’):

ρ = ρsgl + ρdip. (2.6)

Die ’Versetzungsbehalter’ fur Singles und Dipole haben jeweils zwei Abflusse, einen fur

spontane Annihilation und einen fur Erzeugung bzw. Vernichtung von Dipolen (Abb. 2.3).

Spontane Annihilation erfolgt, wenn sich die Dipolpartner so nahe kommen, dass die Ver-

setzungslinienenergie ausreicht, um die Gitterfehler zu erzeugen, die nach Verschwinden

der Versetzungen ubrig bleiben. Die Modellgleichungen lauten:

ρsgl = ρ+sgl − ρ−

sgl (2.7)

ρ−sgl = ρ+

dip + ρ−sgl,spon (2.8)

ρdip = ρ+dip − ρ−

dip (2.9)

ρ−dip = ρ−

dip,c + ρ−dip,spon. (2.10)

10

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2.3 Modellierung der plastischen Verformung

Versetzungserzeugung

Singles werden wahrend plastischer Verformung mit

ρ+sgl =

M

b

ε

Λ+(2.11)

erzeugt. 1/Λ+ ist die Versetzungslinienlange, die pro abgescherter Flache erzeugt wird.

In einem eindimensionalen Modell (mit parallelen Versetzungen) reprasentiert Λ+ die

Gesamtdistanz, die eine Versetzung wahrend ihrer Lebensdauer zurucklegt; Λ+ wird als

proportional zum mittleren Versetzungsabstand angenommen:

Λ+ = kΛ ρ−0.5 (2.12)

(kΛ: Konstante).

Vernichtung von Singles

Trifft eine Versetzung auf eine andere mit entgegengesetztem Vorzeichen, die auf einer

Gleitebene innerhalb einer kritischen Distanz ddip liegt, werden beide Versetzungen in

einer dipolaren Konfiguration festgehalten (Abb. 2.4). Die Rate, mit der Singles durch

Dipoleinfang vernichtet werden, ist

ρ−sgl = (M/b) ε 2ddip × 2 × ρsgl

ng

× (1 + kdip · vc

vg

) (2.13)

mit ng: Anzahl der aktiven Gleitsysteme, kdip: Konstante. Der Ausdruck in der Klammer

auf der rechten Seite berucksichtigt, dass sich im Fall mischkristallgeharteter Legierun-

gen der Dipoleinfangquerschnitt erhoht, wenn die Klettergeschwindigkeit vc nicht mehr

deutlich niedriger als die Gleitgeschwindigkeit vg ist. Wenn der Abstand der Dipolpartner

zwischen den Gleitebenen kleiner als dspon ist, annihilieren diese spontan:

ρ−sgl,spon =

dspon

ddip

ρ−sgl. (2.14)

Der Rest bleibt in Dipolkonfiguration, d.h. Dipole mit einem mittleren Gleitebenenab-

stand von (ddip + dspon)/2 werden mit der Geschwindigkeit ρ+dip = ρ−

sgl − ρ−sgl,spon erzeugt.

Vernichtung von Dipolen

Bei Gleitebenenabstanden zwischen dspon und ddip nahern sich die Dipolpartner einander

durch Klettern oder Quergleiten an, bis sich ihr Abstand auf dspon verringert hat. Die

entsprechende Vernichtungsrate ist

ρ−dip,c = ρdip νdip νdip =

2vc

(ddip − dspon)/2(2.15)

νdip ist die Frequenz, mit der sich Dipole mittleren Abstands durch Klettern mit der

Geschwindigkeit vc senkrecht zur Gleitebene auflosen. Der Dipoleinfangquerschnitt hangt

von der Spannung ab:

ddip =M

8π(1 − ν)

Gb

σ(2.16)

11

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2 Grundlagen

(ν: Poisson’s Zahl). Zusatzlich zu diesem thermisch aktivierten Prozess der Dipolver-

nichtung gibt es einen athermischen Prozess in Form spontaner Annihilation. Dipol-

Versetzungen konnen mit Singles, die innerhalb dspon herangleiten, spontan annihilieren.

Die ankommende Single-Versetzung und einer der beiden Dipolpartner annihilieren, der

verbleibende Dipolpartner wird zum Single. Letztendlich andert sich die Dichte der Singles

nicht und der Dipol ist verschwunden. Die entsprechende Gleichung lautet:

ρ−dip,spon = (M/b) ε 2dspon × ρdip

ng. (2.17)

Versetzungskinetik

Die athermische Spannungskomponente σi hangt von den Dichten der Versetzungs-Singles

und -dipole in folgender Weise ab:

σi = α M G b√

ρsgl + cdipρdip ; (2.18)

cdip ist ein Gewichtungsfaktor.

Die Gleitgeschwindigkeit der Versetzungen wird als Potenzfunktion der effektiven Span-

nung mit einem temperaturabhangigen Proportionalitatsfaktor B beschrieben:

vg = B σ�m . (2.19)

Abbildung 2.4: Einfangen von ’Singles’ durch Dipolbildung innerhalb des Gleit-

ebenenabstandes ddip; innerhalb eines Gleitebenenabstands < dspon annihilieren die

Dipole spontan (aus: [19]).

12

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2.3 Modellierung der plastischen Verformung

Diese Funktion erfullt die Bedingung vg = 0 bei σ� = 0.

Im Fall sprunghafter Versetzungsbewegung bei thermisch aktivierter Uberwindung fe-

ster, aus Mischkristallatomen gebildeter Hindernisse (Bereich I in Abb. 2.2) wird m � 1

und B(T ) = B0 · exp(−Q/RT ) angesetzt (B0: Konstante, Q: Aktivierungsenergie).

Im Fall viskoser Gleitung der Versetzungen mit Fremdatomwolke (Bereich II in Abb. 2.2)

gilt

m = 1 (2.20)

B = Bvisc =9b Ω Dsol kB T

M c0 G2 b8ε2a ln(r2/r1)

(2.21)

(Ω ≈ b3: Atomvolumen, Dsol: Diffusionskoeffizient des Fremdatoms in der Matrix, c0:

Fremdatomkonzentration, r2 ≈ ρsgl−0.5 und r1 ≈ b: außerer und innerer Abschneideradius

des Spannungsfeldes der Versetzung, εa: relativer Großenunterschied zwischen Mischkristall-

und Matrixatomen).

Die Geschwindigkeit vc, mit der sich Dipolversetzungen senkrecht zur Gleitebene bewegen,

wird mit der Klettergeschwindigkeit von Stufenversetzungen beschrieben als

vc =D Ω σc

b kB T(2.22)

σc +vc

Bvisc=

G b

2π (1 − ν)

2

dspon + ddip(2.23)

Dabei wird angenommen, dass sich Stufenversetzungen langsamer als Schraubenverset-

zungen bewegen und die Dipolannihilation bestimmen und Ω σc < kBT gilt. Der zweite

Term auf der linken Seite von (2.23) reprasentiert die Spannung, die fur das Mitschleppen

von Fremdatomwolken notig ist; die rechte Seite bezieht sich auf die Kraft, mit der sich

Dipole mittleren Abstands (ddip + dspon)/2 gegenseitig anziehen.

Die fur die Modellierung verwendeten Parameter sind in Tab. 2.1 aufgefuhrt. Im Fall der

ternaren Legierung TiAl6V4 fehlen Informationen uber den Diffusionskoeffizienten der

Legierung und den Beitrag der einzelnen Legierungselemente zur Mischkristallhartung.

Fur die Modellierung wurde die vereinfachende Annahme getroffen, dass die Mischkri-

stallhartung auf V zuruckzufuhren ist. Der Einfluss von Al auf das Gleiten und das Klet-

tern von Versetzungen wird vernachlassigt. Der Diffusionskoeffizient D fur das Klettern

wurde als 0.05 · DTi angenommen.

13

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2 Grundlagen

Ti-2 TiAl6V4 [19]

b/nm 0.295 0.295

D DTi 0.05 DTi

Dsol DOinTi 0.045 DTi

α 0.2 0.2

cdip 0.2 0.2

kdip 1 0

ng 4 2

kΛ 10 4

c0 0.005 0.0418

εa 0.06 0.036

dspon 6b 6b

m (sprunghaft) 25 30

M 3.06 3.06

ν 0.34 0.34

ln(r2/r1) 8 8

Tabelle 2.1: Modellparameter.

14

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3 Experimentelle Methoden

3.1 Untersuchte Legierungen

Die untersuchten Werkstoffe waren Titan kommerzieller Reinheit des Grades 2, kurz: Ti-

2, und die bekannte warmfeste Legierung TiAl6V4. Sie lagen in Form von Stangen mit

10 mm Durchmesser vor. Tab. 3.1 zeigt die Legierungszusammensetzung laut Abnahme-

prufzeugnis der Hersteller DYNAMET und TIMET UK. Wesentliches Legierungselement

in Ti-2 ist Sauerstoff. Daneben liegen mit N, C und H weitere interstitiell geloste Elemente

vor. Der Gehalt an Fe ist relativ niedrig. TiAl6V4 enthalt als wesentliche Legierungsele-

mente Al und V. Der Gehalt an interstitiell gelosten Elementen ist sehr niedrig 1.

Ti Al V Fe O2 C N2 H2

Ti-2 [20] Rest - - 0.025 0.145 0.01 0.0035 0.0015

TiAl6V4 [21] Rest 5.98 3.95 0.18 0.11 0.011 0.006 0.0026

Tabelle 3.1: Legierungszusammensetzung in Gew.%.

Das aus der hexagonalen α-Phase bestehende Ti-2 wurde durch mehrere Rundwalzpro-

zesse, gefolgt von einer abschließenden Warmebehandlung bei 675oC, d.h. unterhalb der

α-β-Umwandlungstemperatur von 880oC bei Reintitan [5], in Argon-Atmosphare herge-

stellt. Die Herstellung der TiAl6V4-Stabe erfolgte in mehreren Warmwalzschritten gefolgt

von einem Kaltwalzprozess mit einer starken Reduktion der Querschnittsflache um 48%

und einer abschließenden, der Phasenstabilisierung dienenden Warmauslagerung fur zwei

Stunden bei 704oC. Statische Rekristallisation kann dabei weitestgehend ausgeschlossen

werden [5]. Der α-β-Ubergang liegt bei 978oC [21]. TiAl6V4 ist eine α − β−Legierung,

d.h. ihr Gefuge besteht aus der hexagonalen α-Phase und der kubisch raumzentrierten

β-Phase.

1Die Legierung tragt den Zusatz ELI (Extra Low Interstitials).

15

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3 Experimentelle Methoden

3.2 Mikrostrukturelle Untersuchungen

Die Mikrostruktur wurde mittels Lichtmikroskopie (LM), Rasterelektronenmikroskopie

(REM) und Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) untersucht. Bei dem eingesetzten

Lichtmikroskop handelt es sich um ein Gerat der Fa. Leica (Typ DMRM) mit verschiede-

nen Kontrastmoglichkeiten und Vergroßerungen bis 1000-fach. Die Kornstruktur geatzter

Proben aus Ti-2 konnte besonders gut im polarisierten Licht sichtbar gemacht werden. Bei

TiAl6V4 war LM aufgrund der sehr feinen Struktur (vgl. Kap. 4.1) nicht sinnvoll. Zur Cha-

rakterisierung der Phasenstruktur wurde hier ein Rasterelektronenmikroskop der Fa. Jeol

(Typ JSM-6400) mit wahlweise Sekundarelektronen- oder Ruckstreuelektronendetektor

eingesetzt. Versetzungs- und (Sub-)Kornstruktur wurden im Transmissionselektronenmi-

kroskop (Fa. Philips; Typ CM-200) untersucht.

Bei der Probenpraparation kamen folgende Verfahren zum Einsatz:

• Schleifen: Die Proben wurden zunachst mit SiC-Schleifpapier in mehreren Schritten

bis Kornung 1200 geschliffen. Die TEM-Folien hatten nach dem Schleifen eine Dicke

von ≈ 80 μm.

• Mechanisches Polieren der LM-Proben aus Ti-2 mit einer 1:4-Mischung aus OP-S

und destilliertem Wasser fur 4×10 min bei 10 N Aufdruckkraft auf einem Poliertuch

(Typ MD Nap, Fa. Struers).

• Atzpolieren von Ti-2 fur 10 - 20 min auf OP-Chem mit 50 ml H2O, 50 ml OP-S,

10 g KOH und 10 ml H2O2 zur Sichtbarmachung der Kornstruktur im polarisierten

Licht.

• Elektrolytisches Polieren an einer Dusenstrahldunnungsapparatur der Fa. Struers

(Typ Tenupol). Ti-2: ca. 3 min bei 20 V und -30oC mit einem Elektrolyten der Fa.

Struers (Typ Struers-A3), TiAl6V4: ca. 1 min bei 12.5 V mit einem Elektrolyten

aus 600 ml Methanol, 340 ml Butanol und 60 ml H2O2.

3.3 Versuchsdurchfuhrung und -auswertung

Die Belastung bei den Verformungsversuchen erfolgte parallel zur Stabachse des Halb-

zeugs an zylindrischen Druckproben mit einem Ausgangsschlankheitsgrad κ0,RT ≈ 1.3 2

bei Ausgangsmesslangen l0,RT, die zwischen 3.3 und 4.7 mm variierten, bzw. an Zugpro-

ben mit l0,RT = 30 mm und einem Durchmesser von 4 mm. Die Indizes ”0” und ”RT”

kennzeichnen den unverformten Zustand bzw. Raumtemperatur. Die Herstellung der Pro-

ben erfolgte durch Abdrehen der Stabe auf den Probendurchmesser; die Probenhohe der

Druckproben wurde durch Schleifen eingestellt.

2κ ist das Verhaltnis von Probenhohe zu Wurzel der Querschnittsflache.

16

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3.3 Versuchsdurchfuhrung und -auswertung

Druck- und Zugversuche wurden an Luft bei 150oC ≤ T ≤ 450oC an Ti-2 bzw. bei

150oC ≤ T ≤ 650oC an TiAl6V4 durchgefuhrt. Dies entspricht homologen Temperaturen

von 0.22 bis 0.37 bei Ti-2 bzw. von 0.22 bis 0.48 bei TiAl6V4. Dabei wurde entweder

die nominelle Spannung σnom oder die mechanische Dehnung εmech kontrolliert3. σnom

berechnet sich als Kraft F pro mittlerer Querschnittsflache S = S0 · l0/l bei Versuchs-

temperatur, wobei l und l0 die momentane und die anfangliche Probenlange sind. Die

Berechnung von S0 und l0 erfolgte unter Verwendung des linearen thermischen Ausdeh-

nungskoeffizienten von Titan, 1.0 · 10−5/K [5]. Die dehnungskontrollierten Versuche (bei

konstantem εmech oder bei konstantem εmech ) erfolgten in elektromechanischen Universal-

prufmaschinen (Fa. Instron, Typ 4505), die eine Regelung von εmech bzw. εmech erlauben.

Die spannungskontrollierten Versuche (Kriechversuche oder Spannungswechselversuche)

wurden in mehreren Druck- und Zugkriechapparaturen des Instituts durchgefuhrt4. Die

Belastung im Kriechversuch erfolgte entweder manuell oder unter Verwendung eines mo-

torgesteuerten mechanischen Hubtisches bei einem εmech , das zwischen 10−3/s und 10−1/s

variierte. Zur exakten Beschreibung der Versuchsdurchfuhrung und der Apparaturen wird

auf [22] verwiesen.

Die mechanische Dehnung berechnet sich mit εmech = | ln (l/l0) |. Sie setzt sich additiv

aus einem elastischen Anteil εel , der Beitrage von Probe εel,Pr und Messsystem εel,App

enthalt, und aus dem inelastischen Anteil εinel , der Summe aus plastischer Dehnung εpl

und anelastischer Dehnung εanel , zusammen:

εmech = εel + εinel = εel,Pr + εel,App + εpl + εanel . (3.1)

εel,App entsteht, da die Langenmessung in den Druckapparaturen nicht direkt an den

Proben erfolgte; das elastische Schließen von Spalten zwischen Druckprobe und Aufla-

geplatten ist die vermutliche Hauptursache. εel,App variiert von Versuch zu Versuch. Im

Folgenden wird εinel vereinfachend als ε bezeichnet, wenn der Unterschied zwischen εmech

und εinel unbedeutend ist und keine Gefahr der Verwechslung von Dehnungskomponenten

besteht. Das exakte Verfahren zur Bestimmung von ε wird in [22] ausfuhrlich beschrieben.

Die Wirkung kleiner Abweichungen der Versuchsspannung von der Sollspannung auf die

Verformungsgeschwindigkeit ε wurde unter Verwendung eines geeigneten Spannungsexpo-

nenten n = d log ε /d log σ korrigiert.

3Es wird von isothermen Versuchsbedingungen ausgegangen, d.h. die thermische Dehnungskomponenteεth ist 0.

4Es handelt sich dabei um die Kriechapparaturen mit den Bezeichnungen 3, 9 und 10 sowie die Zeit-standapparaturen 1 - 3.

17

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3 Experimentelle Methoden

3.3.1 Korrektur der Reibungseinflusse im Druck

Der Kontakt zwischen Probe und Druckstempeln im Druckversuch fuhrt uber Haftreibung

zu einer Verformungsbehinderung, die sich in einem gegenuber reibungsfreien Versuchen

erhohten Kraftaufwand bei der Verformung außert. Weidinger et al. [23] erklaren diesen

Haftreibungseinfluss mit einer Abnahme der auf die Versetzung wirkenden Spannung σ

gegenuber der nominell anliegenden Spannung σnom5. Dabei zeigt sich ein mit abnehmen-

dem Schlankheitsgrad κ zunehmender Einfluss der Reibung auf das Verformungsverhalten.

Phanomenologisch lasst sich der Zusammenhang zwischen σ und σnom in Abhangigkeit von

κ beschreiben durch:

σ = σnom · [1 − exp (−κ/c)]p . (3.2)

c und p sind Anpassungsparameter mit Werten zwischen 0 und 1. Der Schlankheitsgrad

κ und damit der Reibungseinfluss ist eine eindeutige Funktion von Ausgangsschlankheits-

grad κ0 und Verformung ε. Um Zustande gleichen Schlankheitsgrades direkt zu verglei-

chen, bietet es sich an, die Dehnung ε durch

εκ = −(2/3) lnκ = ε − (2/3) lnκ0, (3.3)

zu ersetzen.

Abb. 3.1 zeigt die σ − εκ−Kurven von Ti-2-Proben unterschiedlicher Ausgangsschlank-

heitsgrade, die unter gleichen Bedingungen verformt wurden. Die an Proben mit unter-

schiedlichem κ0 erhaltenen Messkurven stimmen relativ gut uberein, was den Ansatz (3.2)

bestatigt. Die dicke Linie kennzeichnet σnom und wurde mit Gl. (3.2) unter Verwendung

von c = 0.25 und p = 1 angepasst. σnom steigt ab εκ >∼ 0, entsprechend κ <∼ 1, stark an.

Mit der Reibungskorrektur ergeben sich die gestrichelten Linien, die durch den gleichen

Sattigungszustand von σ gekennzeichnet sind.

Abb. 3.2 zeigt den so ermittelten Zusammenhang zwischen der auf σnom bezogenen Span-

nung σ als Funktion von εκ bzw. κ. Bei den Titanlegierungen tritt merklicher Reibungs-

einfluss erst bei κ < 1 auf, was bei κ0 = 1.3 einer Dehnung ε von etwa 0.4 entspricht.

Die Reibungskorrektur unter Verwendung von c = 0.25 und p = 1 fur Ti-2 und TiAl6V4

wurde bei allen Druckversuchen standardmaßig durchgefuhrt. Bei Kriechversuchen wurde

die Auswirkung der reibungsbedingten Abnahme der verformungswirksamen Spannung

auf die Kriechrate ε mit einem Potenzansatz ε ∝ σn unter Verwendung eines geeigneten

Spannungsexponenten n korrigiert.

5Diese einfache Vorstellung einer uber die ganze Probe homogen wirkenden Spannung σ < σnom steht imWiderspruch zu der allgemein angenommenen heterogenen Spannungsverteilung in Druckproben inForm von Reibungskegeln. Verformte Proben zeigen aber keine signifikanten Hinweise auf eine hetero-gen wirkende Spannung im großten Teil des verformten Volumens. Weidinger et al. erklarten dies miteiner Spannungsumverteilung, die so erfolgt, dass die meisten Volumenelemente sich mit annaherndgleicher Verformungsgeschwindigkeit verformen. Dazu ist es notwendig, dass die verformungswirksa-me Von-Mises-Vergleichsspannung sowohl in der Probenmitte als auch nahe der Endflachen ungefahrgleich groß ist [23].

18

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3.3 Versuchsdurchfuhrung und -auswertung

3.3.2 Spannungsrelaxation

Die Relaxation der Spannung σ mit der Zeit t bei konstant gehaltener Probenverformung

εmech ist fur den praktischen Einsatz, u.a. in Verschraubungen, bedeutsam. Wahrend

der Spannungsrelaxation wird elastische Verformung in inelastische umgewandelt (vgl.

Gl. (3.1)), d.h. unter Annahme linearer Elastizitat gilt folgende Relaxationsbedingung:

Δεinel = −Δεel = −(Δεel,Pr + Δεel,App ) = −Δσ · (1/E + 1/Eapp ) = −Δσ/E∗ (3.4)

mit E: E-Modul der Probe, Eapp : wirksamer E-Modul der Apparatur und E∗ : effekti-

ver E-Modul des Systems Probe-Apparatur, wobei Δ jeweils die Differenz zwischen den

Messpunkten 0 am Beginn der Spannungsrelaxation und 1 an einem beliebigen Zeitpunkt

wahrend der Spannungsrelaxation bedeutet. Durch Differentiation von Gl. (3.4) nach der

Zeit t erhalt man

εinel (σ) = −σ(σ)/E∗ . (3.5)

-0.6 -0.3 0.0 0.3 0.6 0.9 1.2 1.50

100

200

300

400

500

600

450°C, 10-3s -1

Ti-2

σ / M

Pa

εκ

Fit-Kurve gemessen reibungskorrigiert

Abbildung 3.1: Zusammenhang zwischen σ und εκ bei Ti-2-Proben unterschied-

licher Ausgangsschlankheitsgrade, die unter gleichen Bedingungen (450oC, 10−3/s,

Druck) verformt wurden. Die dicke Kurve ist σnom aus Gl. (3.2). Die gestrichelten

Kurven sind reibungskorrigiert.

19

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3 Experimentelle Methoden

-0.5 0.0 0.5 1.0 1.50.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0 2κ

0.20.51

σ / σ

nom

εκ

Al99,5 geschmiert NaCl X20CrMoV121 Ti-2

Abbildung 3.2: σ/σnom als Funktion von εκ bzw. κ. Die durchgezogene Linie kenn-

zeichnet den Reibungseinfluss bei Ti-2 und TiAl6V4. Zum Vergleich sind fur ver-

schiedene andere Werkstoffe ermittelte Kurven (aus [24]) dargestellt.

Gl. (3.5) bedeutet, dass die Spannungsrelaxation durch den εinel − σ−Zusammenhang

wahrend der Relaxation eindeutig beschrieben wird. Daraus folgt, dass die Spannungs-

relaxation nicht nur bei Versuchsfuhrung mit Regelung von εmech messbar ist, sondern

auch mit kontrollierten Spannungsreduktionen in Kriechapparaturen, indem man den Zu-

sammenhang zwischen inelastischer Verformungsgeschwindigkeit εinel und σ an Punkten

bestimmt, an denen Δεinel = −Δεel gilt [25].

Abb. 3.3 zeigt schematisch den Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung fur bei-

de Versuchsfuhrungen. Die Bestimmung der Spannungsrelaxation mittels Kontrolle von

σ hat gegenuber der konventionellen, dehnungsgeregelten Versuchsfuhrung den Vorteil,

dass regelungstechnische Probleme und thermische Spannungen vermieden werden. Zu-

dem lasst sich der fur die Relaxation gewahlte E-Modul gezielt einstellen, d.h. Beitrage

der Verformungsapparatur zum Relaxationsverhalten konnen vermieden oder explizit vor-

20

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3.3 Versuchsdurchfuhrung und -auswertung

εmech

εmech,0

·>

0

ε mec

h

σ - kontrollierte Relaxation

E*

εmech,0

·

= 0

ε mec

h

·>

0

ε mec

h

ε - kontrollierte Relaxation

E

σ0

σ

εmech

*

Abbildung 3.3: Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen σ und

εmech wahrend der Spannungsrelaxation (aus [25]). Links: Versuchsfuhrung mit

Kontrolle von εmech , rechts: kontrollierte σ-Reduktionen. Die schraffierten Flachen

zeigen den Aufbau von εinel wahrend der Relaxation. Die großen Kreise kennzeich-

nen den Startpunkt der Relaxationsmessung. Im σ-kontrollierten Versuch wird die

Relaxationsgeschwindigkeit εinel an den Punkten bestimmt, an denen die Relaxati-

onsbedingung Δεel = −Δεinel erfullt ist (kleine Kreise).

gegeben werden.

Das wahrend der Relaxation wirksame E∗ im dehnungskontrollierten Druckversuch ist

idealerweise bei der Dehnung des Relaxationsversuchs zu bestimmen6. Praktisch geht man

dazu so vor, dass man nach dem Relaxationsversuch wiederbelastet und E∗ als Steigung

der Tangente an den Wendepunkt der σ − εmech− Kurve nach Wiederbelastung bestimmt.

6Das aus der Steigung der σ − εmech− Kurve am Verformungsbeginn bestimmte E∗ ist aufgrund vonAnpassungsvorgangen im System Probe-Apparatur ublicherweise niedriger als nach einiger Verfor-mung.

21

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3 Experimentelle Methoden

Δεel,App

Δεinel

E

*E

εmech,0

εinel

εelσ

0

σ

εmech

ohne Apparatureinflüsse

gemessen im Druck

tRel

Abbildung 3.4: Schematische Darstellung der Unterschiede bei ε−geregelter Span-

nungsrelaxationsmessung im Zug und im Druck. Der Kreis kennzeichnet den Start-

punkt der Relaxationsmessung bei σ0 und εmech,0. Dicke Linien: im Druck ge-

messene Kurven mit Apparaturbeitragen (E∗ < E). Die gestrichelte Linie im

σ− tRel−Teilbild zeigt die um Apparatureinflusse bereinigte Probenreaktion (E∗ =

E, bei gleichem εinel ).

Abb. 3.4 zeigt schematisch die Unterschiede zwischen dehnungsgeregelter Spannungsrela-

xationsmessung im Zug und im Druck. Im Druckversuch ist die elastische Gesamtdehnung

εel und damit Δεinel um Δεel,App = Δσ/Eapp großer als im idealen Zugversuch ohne Ap-

paraturbeitrag. Da εinel mit zunehmendem εinel abnimmt, sind die im Druck gemessenen

Relaxationszeiten tRel um den Faktor kR zu groß. Unter der Annahme eines eindeutigen

εinel − σ−Zusammenhangs, ergibt sich kR = E/E∗ .

Die im dehnungskontrollierten Versuch gemessenen Druckrelaxationskurven wurden ent-

sprechend korrigiert. Bei niedrigen Spannungen (Kraften) ist zu berucksichtigen, dass

dann die Annahme eines linearen Eapp nicht mehr gegeben ist und von einem kleine-

ren E∗ ausgegangen werden muss. Folglich sind die nach obigem Vorgehen bestimmten

Relaxationsgeschwindigkeiten im unteren Spannungsbereich etwas zu niedrig.

22

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

4.1 Mikrostruktur des Ausgangszustandes

Abb. 4.1 zeigt den Ausgangszustand von Ti-2. Die gleichachsige Kornstruktur aus hexa-

gonalem α-Titan unterscheidet sich nicht bei Quer- und Langsschliff. Als Quer- / Langs-

schliff wird im Folgenden immer ein Schliff senkrecht / parallel zur Stabachse bzw. der

Belastungsrichtung bezeichnet. Die mittlere Korngroße wurde mit dem Sehnenlangen-

verfahren zu (53.8 ± 2.9) μm bestimmt. Der angegebene Fehler resultiert aus dem 95%-

Vertrauensintervall der in Abb. 4.4 gezeigten Haufigkeitsverteilung der Mittelwerte meh-

rerer Stichproben. Die Gleichachsigkeit der Korner nach der starken Vorverformung bei

der Herstellung lasst darauf schließen, dass die abschließende Warmebehandlung zu einer

Rekristallisation des Gefuges gefuhrt hat. Deutlich erkennbar sind einige Zwillinge. Tex-

turmessungen mittels Electron Backscatter Diffraction (EBSD) zeigten eine nur schwache

Textur in Ti-2. Abb. 4.2 zeigt die {0001}-Polfigur.

Abb. 4.3 zeigt die Versetzungsstruktur des Ausgangszustandes von Ti-2 anhand von TEM-

Bildern. Anhand derartiger Bilder lasst sich die Versetzungsdichte ρ einer Stichprobe als

100 µm

Stabachse

Abbildung 4.1: Ausgangszustand von Ti-2 (LM). Links: Querschliff, rechts: Langs-

schliff.

23

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.2:

Mittels EBSD gemessene {0001}-Polfigur des Ausgangszustandes von

Ti-2. Beachte: RD und TD entsprechen

bei dem verwendeten Stangenmaterial

keiner bestimmten Probenorientierung.

1 μm

Abbildung 4.3: Versetzungsstruktur im Ausgangszustand von Ti-2 (TEM). Links:

Querschliff, rechts: Langsschliff.

Anzahl der Durchstoßpunkte pro untersuchter Flache berechnen. Aus der in Abb. 4.4 ge-

zeigten Verteilungsfunktion der Mittelwerte mehrerer Stichproben wurde der mittlere Ver-

setzungsabstand ρ−0.5 = (0.38 ± 0.10) μm bestimmt (Fehler aus 95%-Konfidenzintervall).

Dies entspricht einer mittleren Versetzungsdichte von 6.8 · 1012/m2. Teilchen oder Aus-

scheidungen liegen nicht vor.

24

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4.1 Mikrostruktur des Ausgangszustandes

10-10,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

ρ-0.5 / μm

Ti-2Ausgangszustand

= 0.38 +− 0.10 μm

1

FC

um

ρ-0.5

100 101 102 1030,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

FC

um

d / μm

Ti-2Ausgangszustand

d = 53.8 +− 2.9 μm

Abbildung 4.4: Verteilungsfunktion der Stichprobenmittelwerte (dicke Linien) mi-

krostruktureller Kenngroßen im Ausgangszustand von Ti-2. Oben: Korngroße d

(zusatzlich eingetragen: Sehnenlangenverteilungen (dunne Linien)); unten: Verset-

zungsabstand ρ−0.5.

25

Page 30: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

4.2 Verformung

Eine wichtige Kenngroße zur Charakterisierung des plastischen Verformungsverhaltens

eines Werkstoffes ist der Widerstand, den dieser einer aufgebrachten Beanspruchung ent-

gegensetzt. Dieser Verformungswiderstand wird durch den Zusammenhang zwischen Ver-

formungsgeschwindigkeit ε und Spannung σ bei gegebener Temperatur T beschrieben.

Zur Bestimmung des Verformungswiderstandes wurden in dieser Arbeit Druck- und Zug-

versuche bei konstanter, isothermer Beanspruchung (σ =konst. bzw. εmech =konst.) bei

150oC, 250oC, 350oC und 450oC durchgefuhrt. Beanspruchungswechsel (Wechsel von σ

bzw. εmech ) lieferten zusatzliche Informationen zur Verformungskinetik. Bei der Evolution

des Verformungswiderstandes sind die Streckgrenze Rp,0.2 (0.2%-inelastische Dehngrenze

zu Beginn der Verformung) sowie der stationare Zustand, bei dem sich der Verformungs-

widerstand mit zunehmender Verformung nicht mehr andert, von besonderem Interesse.

4.2.1 Evolution des Verformungswiderstandes

Verformung bei konstantem εmech

Abb. 4.5 und 4.6 zeigen die Entwicklung des Verformungswiderstandes (charakterisiert

durch die Fließspannung σ im Versuch bei konstantem T und ε ) als Funktion der Deh-

nung ε fur verschiedene εmech bei 150oC und 450oC 1. Zu Beginn der Verformung wachst

der Verformungswiderstand mit zunehmendem ε, d.h. das Material verfestigt; am Ende

der Verformung variiert σ nicht mehr mit ε, der stationare Zustand Rp,ss ist erreicht 2.

Der Weg, auf dem Rp,ss erreicht wird, hangt von T und ε ab: Bei 150oC (Abb. 4.5)

nimmt σ kontinuierlich zu, wenn man von einer leichten Entfestigung nach Durchlaufen

des Spannungsmaximums absieht. Dies gilt auch fur 250oC und 350oC (siehe Anhang).

Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Druck- und Zugversuch: Nach Uber-

schreiten der Streckgrenze ist die Verfestigung im Zug zunachst starker und σ großer als

im vergleichbaren Druckversuch. Im weiteren Verlauf der Verformung nimmt die Verfesti-

gungsrate θ = (dσ/dε)|ε im Zug zu, bis sie fur ε >∼ 0.02 ihr Maximum erreicht. Die im

Druck gemessenen Kurven schneiden die im Zug gemessenen σ − ε−Kurven bei ε ≈ 0.05;

die Proben verfestigen im Bereich 0.1 <∼ ε <∼ 0.2 stark. Die stationare Fließspannung im

Druck ist um etwa einen Faktor 2 hoher als die im Zug erreichten Maximalwerte von σ.

Bei 450oC (Abb. 4.6) andert sich die Form der σ − ε−Kurven signifikant zwischen 10−5/s

und 10−4/s: Bis 10−5/s zeigt sich ein relatives Maximum der Fließspannung, wahrend fur

εmech ≥ 10−4/s Ti-2 kontinuierlich verfestigt. Die Verfestigungsrate θ zeigt fur ε <∼ 0.02 bei

εmech ≈ 10−5/s ein Maximum als Funktion von ε . Das hat zur Folge, dass fur ε ≤ 0.05 die

Fließspannung σ bei der mittleren Verformungsrate 10−5/s großer ist als bei den hohen

1Die σ − ε−Kurven bei 250oC (Abb. C.3) und 350oC (Abb. C.4) befinden sich im Anhang C.2Im Zugversuch wurde der stationare Zustand aufgrund vorzeitiger Schadigung nur bei niedrigem σ <∼

150 MPa erreicht.

26

Page 31: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4.2 Verformung

ε

σ

ε

Abbildung 4.5: σ − ε−Kurven von Ti-2 im Druck bzw. Zug bei 150oC.

Geschwindigkeiten 10−4/s und 10−3/s. Diese Abnahme der Fließspannung mit zunehmen-

der Geschwindigkeit deutet auf eine negative Geschwindigkeitsempfindlichkeit von σ als

Folge von dynamischer Reckalterung hin. Die beiden σ − ε−Kurven fur 10−3/s zeigen die

Streuung in den Experimenten 3. Die Kurve fur 10−4/s und eine Kurve fur 10−3/s laufen

bei großem ε>∼ 0.4 zusammen. Das bedeutet, dass auch die stationare Fließspannung nicht

mehr von der Verformungsgeschwindigkeit abhangt.

Verformung bei konstanter Spannung

Abb. 4.7 zeigt die σ − ε− und εmech − ε−Zusammenhange im Kriechversuch bei 150oC

bzw. 450oC 4. Der Kriechversuch besteht aus zwei Teilen: A) der Belastung auf die Kriech-

spannung und B) der Verformung bei konstanter Spannung. Dabei kann bereits beim

Aufbringen der Spannung eine nicht mehr vernachlassigbare inelastische Belastungsdeh-

nung εld auftreten. εld wird hier definiert als die Dehnung, bei der nach Lastaufbringung

im Kriechversuch εmech auf 10−3/s gefallen ist. Die Lastaufbringung erfolgte mit 10−1/s

≥ εmech ≥ 10−3/s. Im Falle, dass εmech = 10−3/s bei niedrigem σ nicht erreicht wurde,

wurde εld mit der Dehnung bei Anliegen der Kriechspannung gleichgesetzt. εld nimmt

nach Uberschreiten der Streckgrenze Rp,0.2 mit steigendem σ stark zu. Die gute Uber-

3Die Probenstreuung ist nur im Bereich ε >∼ 10−4/s so groß.4Die ε − ε−Kurven bei 250oC (Abb. C.1) und 350oC (Abb. C.2) befinden sich im Anhang C.

27

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.50

100

200

300

Druck Zug

X

mech / s-1=

10 -4

3·10 -7

3·10 -6

10 -5

10 -3

10 -3

σ /

MP

a

ε

Ti-2450°C

X

X

Abbildung 4.6: σ − ε−Kurven von Ti-2 im Druck bzw. Zug bei 450oC.

einstimmung von εld (Kreise in Abb. 4.7) mit der bei εmech = 10−3/s gemessenen Kurve

zeigt, dass die Belastung im Kriechversuch im Grunde dem Versuch mit Regelung von

εmech entspricht.

Bei 150oC liegen die σ − ε−Kurven der Kriechbelastung aufgrund der hoheren εmech ober-

halb der bei εmech = 10−3/s gemessenen Kurve. Die ε − ε−Kurven im Anschluss an εld

lassen sich folgendermaßen charakterisieren: Bei Spannungen unterhalb der Streckgrenze

(≈ 240 MPa, vgl. Kap. 4.2.2), Versuche f und g, findet man eine starke Zunahme des Ver-

formungswiderstandes (Abnahme von ε im Versuch bei konstantem σ und T ) innerhalb

eines kleinen Dehnungsintervalls, d.h. Ti-2 verfestigt stark. Bei 251 MPa (Versuch e), d.h.

knapp oberhalb von Rp,0.2, nimmt log ε bis ε ≈ 0.07 nur relativ schwach ab und fallt erst

bei hoherem ε stark ab. Die Versuche b-d mit 0.1 <∼ εld <∼ 0.2 zeigen einen starken Abfall

von ε in einem kleinen Dehnungsintervall. Versuch a bei 650 MPa ist der einzige, bei dem

ein Minimum der Verformungsgeschwindigkeit εmin erreicht wurde.

28

Page 33: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4.2 Verformung

0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.510-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

10-1

100

X

b

cde

gf

a

Druck Zug

.

ε mec

h /

s-1

ε

XX

0

200

400

600

800

εld

150°CTi-2

σ /

MP

mech= 10-3/s

c

d

e

fg

.a

b

ε

ε

ε

σ

ε

Abbildung 4.7: Zusammenhang zwischen σ bzw. εmech und ε im Kriechversuch an

Ti-2 bei 150oC (links) und 450oC (rechts). Kreise kennzeichnen die Belastungsdeh-

nung εld . Zusatzlich ist jeweils ein Versuch bei εmech = 10−3/s (siehe Abb. 4.5 und

4.6) eingetragen (gestrichelte Linien).

Bei 450oC zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den σ − ε−Kurven bei Be-

lastung mit εmech ≈ 10−1/s im Kriechversuch und bei εmech = 10−3/s. Dies bestatigt den

Befund aus Abb. 4.15, dass bei 450oC in diesem ε−Bereich die Verformungsgeschwindig-

keit kaum mehr von σ abhangt. Im Anschluss an εld fallt ε in einem kleinen Dehnungs-

intervall uber mehrere Großenordnungen ab. Alle Kurven zeigen ein deutliches relatives

Minimum der Kriechgeschwindigkeit, d.h. der stationare Bereich stellt sich erst jenseits

von εmin nach einem Bereich der Entfestigung (ε -Zunahme) ein. Signifikante Unterschie-

de zwischen Zug und Druck treten unter den gewahlten Versuchsbedingungen (niedrige

Zugspannungen) nicht auf.

29

Page 34: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

0

200

400

600

800

X

X

XX

εld

150°CTi-2

σ /

MP

a1

2

34

5

6

a

b

c

d

e

f

g

0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.510-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

X

b

cde

g

f

a

Druck Zug

.

ε mec

h / s

-1

ε

1, 3, 4

5

2, 6

XX

Abbildung 4.8: Kombination der Versuche bei konstantem εmech (aus Abb. 4.5 und

4.6) und konstantem σ (aus Abb. 4.7). Oben: σ − ε−Kurven von Ti-2 , die bei den

durch die horizontalen Linien im unteren Teilbild gekennzeichneten εmech gemessen

wurden. Unten: εmech − ε−Kurven, die bei den durch die horizontalen Linien im

oberen Teilbild gekennzeichneten σ gemessen wurden. Kreise kennzeichnen εld als

Funktion von σ. Links: 150oC; rechts: 450oC.

Zusammenfuhrung der Versuche bei konstantem ε und konstantem σ

Die Evolution des Verformungswiderstands mit dem Verformungsgrad sollte unabhangig

von der Art der Versuchsfuhrung ahnlich sein. Um dies zu uberprufen, wurden in Abb. 4.8

die Ergebnisse bei Versuchsfuhrung mit konstantem εmech und konstantem σ einander

gegenubergestellt. Die Analogie zwischen der Belastung im Kriechversuch und der Verfor-

mung bei ahnlichem εmech im dehnungsgeregelten Versuch wurde zuvor schon dargelegt.

Aus Grunden der Ubersichtlichkeit der graphischen Darstellung wird daher auf die Dar-

stellung des Belastungsteils im Kriechversuch in Abb. 4.8 verzichtet.

30

Page 35: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4.2 Verformung

Im Vergleich beider Versuchsfuhrungen ergibt sich:

• 150oC:

– Die Rate der Zunahme des Verformungswiderstandes mit der Verformung, d.h.

die Verfestigungsrate, durchlauft in beiden Versuchsfuhrungen ein Maximum

bei 0.1 <∼ ε <∼ 0.2.

– Auf Rp,max (experimentell nur erreicht bei hohen σ) folgt leichte Entfestigung.

Dies gilt fur beide Versuchstypen.

– Die Evolution des Verformungswiderstandes stimmt in beiden Versuchsfuhrun-

gen auch quantitativ gut uberein. Beispiel: Die bei εmech = 10−6/s gemes-

sene σ − ε−Kurve 2 schneidet im oberen Teilbild die (horizontalen) Linien

der Kriechversuche c-e. Das ε der Kriechkurven bei den Dehnungen dieser

Schnittpunkte ist ≈ 10−6/s, d.h. der Verformungswiderstand ist bei beiden

Versuchsfuhrungen an diesen Stellen nahezu gleich.

• 450oC:

– In Versuchen mit stationaren Verformungsgeschwindigkeiten < 10−4/s tritt

unabhangig von der Art der Versuchsfuhrung ein relatives Maximum des Ver-

formungswiderstandes Rp,max auf.

– Zwischen Versuchen bei konstanter Geschwindigkeit und konstanter Spannung

besteht gute Ubereinstimmung hinsichtlich der Evolution des Verformungswi-

derstandes, was man an ahnlichen Rp,ss erkennen kann (vgl. z.B. die Kurven 5

und f bzw. 2 und a).

Eine vollstandige Beschreibung der Evolution des Verformungswiderstands erfordert die

Betrachtung des T -Einflusses. Der obere Teil von Abb. 4.9 zeigt den σ − ε−Verlauf bei

εmech = 10−3/s und unterschiedlichen 150oC ≤ T ≤ 550oC. Die stationare Fließspannung

nimmt mit abnehmendem T zu; die Verfestigung variiert stark mit ε und T . Der untere Teil

zeigt die fur 450oC zu erwartenden Verlaufe der Kriechgeschwindigkeit mit der Verformung

ε. Sie wurden unter Berucksichtigung der thermischen Aktivierung des Kriechens mit

der Aktivierungsenergie Q = 242 kJ/mol [2] ermittelt, indem die bei unterschiedlichen

Temperaturen T gemessenen Kriechgeschwindigkeiten ε mit dem Faktor

f450oC = exp{(Q/R) · [T−1 − (723 K)−1]}

(R = 8.31 J mol−1K−1: allgemeine Gaskonstante) multipliziert wurden. Diese T -Normie-

rung bringt viele Kurven, die bei ahnlichen σ, aber unterschiedlichen 150oC ≤ T ≤ 450oC

gemessen wurden, in passende Verbindung. Der besondere Vorteil dieser Auftragung liegt

darin, dass man durch Zusammenfuhrung der Kurven Beobachtungen machen kann, die

bei festem T nicht moglich sind.

31

Page 36: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5

100.

10-10

1015

1010

105

10-5

10-3/s atT / °C =

150

450

350

250

245

8456

137300133

149 300

390251

131

σ / MPa =

650

530

399

ε f 45

0°C /

s-1

ε

.

0

200

400

600

800

T / °C =

550

250

450

350

150

ε mec

h =

10

-3 /s

·

σ / M

Pa

Abbildung 4.9: Oben: σ − ε−Kurven von Ti-2 bei εmech = 10−3/s fur verschiede-

ne T . Kreise kennzeichnen εld als Funktion von σ. Unten: εmech − ε−Kurven, die

bei verschiedenen T und σ gemessen und unter Verwendung von f450oC auf 450oC

normiert wurden. Die Schnittpunkte der horizontalen Linien fur ε = 10−3/s mit

den ε − ε−Kurven geben εld fur die jeweilige Temperatur an.

32

Page 37: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4.2 Verformung

So legt der einheitliche Verlauf der beiden bei ≈ 390 MPa gemessenen Kurven nahe, dass

sich die bei 250oC gemessene Kurve bei kleinen Dehnungen ahnlich verhalten wurde wie

die bei 150oC gemessene. Um dies direkt zu messen, mussten bei 250oC Verformungsge-

schwindigkeiten von ≈ 10+3/s eingestellt werden, was experimentell nur schwer moglich

ist.

Gute Ubereinstimmung besteht hinsichtlich des stationaren Zustands (vgl. die Kurven

bei σ ≈ 135MPa und 350oC bzw. 450oC). Die Kriechkurven weisen als besondere Cha-

rakteristika einen Wendepunkt, der sich mit zunehmendem σ zu großeren ε und großeren

ε hin verschiebt, sowie ein ausgepragtes relatives Minimum von ε bei niedrigen σ und ε

auf. Die unterschiedlichen Kurvenkrummungen haben unerwartete Konsequenzen fur die

Kriechzeit (siehe Kap. 4.5). Die Belastungsdehnungen εld (Kreise) zeigen fur alle T gute

Ubereinstimmung mit den σ − ε−Kurven, d.h. die Belastungsphase im Kriechversuch ist

prinzipiell durch Versuche bei 10−3/s vorhersagbar und simulierbar.

4.2.2 Streckgrenze

Die Bestimmung der Streckgrenze Rp,0.2 hangt stark vom Vorgehen bei der Ermittlung

des plastischen Anteils an der Verformung ab (vgl. 3.3). Idealerweise bestimmt man Rp,0.2

durch direkte Messungen an Zugproben, da dies die systematischen Fehler bei der Separa-

tion von Apparatureinflussen vermeidet und aufgrund der im Zug gegenuber dem Druck

großeren Messlange eine hohere Messgenauigkeit ermoglicht. Im Folgenden werden daher

nur die im Zug ermittelten Streckgrenzen dargestellt.

Abb. 4.10 zeigt die Abhangigkeit der Streckgrenze von T und ε . Typischerweise nimmt

die Streckgrenze mit abnehmendem T und zunehmendem ε zu. Dies trifft im Falle von

Ti-2 nur fur niedrige T <∼ 350oC und hohe T >∼ 500oC zu. Im T -Bereich um 450oC ist die

Streckgrenze nahezu unabhangig von T und nur schwach abhangig von ε . Dieser Befund

bestatigt die Ergebnisse von [7, 18, 26]. Dieses Streckgrenzenphanomen ist typisch fur

dynamische Reckalterung und beruht auf der Wechselwirkung zwischen den Versetzungen

als Trager der plastischen Verformung und den interstitiell gelosten Fremdatomen (z.B.

[7]).

33

Page 38: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

200 400 600 800 10000

50

100

150

200

250

300

350

400

450

3

3

10 -6

10 -5

10 -310 -4

10 -3.

.

.ε / s -1 =

dynamischeReckalterung

Rp,

0.2

/ MP

a

T / K

0 100 200 300 400 500 600 700T / °C

Abbildung 4.10: Rp,0.2 als Funktion von T und ε . Die Daten dieser Arbeit (aus-

gefullte Symbole) zeigen gute Ubereinstimmung mit Daten von Santhanam (offene

Symbole, ([18], zitiert in: [27]).

4.2.3 Stationarer Zustand

Abb. 4.11 zeigt den stationaren Zustand in einer Auftragung der normierten Verformungs-

geschwindigkeit ZD = ε kB T/(DGb) (kB : Boltzmann-Konstante; D = D0· exp(−Q/RT ) :

Koeffizient der Selbstdiffusion von Titan mit D0 = 0.013 m2/s, Q = 242 kJ/mol [2]) als

Funktion der mit dem elastischen Schubmodul [2]

G(T ) = 43.6 · (1 − 6.21 · 10−4(T/K − 300))

GPa

normierten Spannung σ/G. Durch die Temperaturnormierung fallen die Messpunkte auf

eine einheitliche Kurve. Gegenuber der ebenfalls dargestellten Kurve fur reines Al als

Reprasentant der reinen Stoffe ist diese zu hoheren Spannungen hin verschoben, eine

Folge der Mischkristallhartung des Ti-2.

34

Page 39: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4.2 Verformung

Abbildung 4.11: Stationarer Zusammenhang zwischen normierter Verformungsge-

schwindigkeit ε kB T/DGb und normierter Spannung σ/G. Die Kurve im Bildaus-

schnitt zeigt den normierten ε − σ−Zusammenhang des Versuches aus Abb. 4.14.

Zusatzlich ist der Kurvenverlauf fur reines Al dargestellt (aus [28]). Zur Orientie-

rung ist an der rechten Kante ε = 10−3/s fur die untersuchten T angegeben. Die

Werte fur 350oC unterhalb des Knicks wurden aus Daten fur Rp,max abgeleitet (vgl.

Abb. 4.13). Vorab veroffentlicht in [12].

Bei der stationaren ZD − σ/G−Kurve fallt ein scharfer Knick auf. Er liegt bei σ ≈9 · 10−3 G und ZD ≈ 2 · 10−6, was bei 450oC 260 MPa und 8 · 10−5/s entspricht. Dies

sind exakt diejenigen Verformungsbedingungen, bei denen sich die Charakteristika der in

Abb. 4.6 gezeigten σ − ε−Kurven bei 450oC andern.

35

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Im einzelnen sieht man:

• Unterhalb des Knicks besteht gute Ubereinstimmung der Messdaten mit dem naturli-

chen Kriechgesetz ZD = (σ/G)3. Der Spannungsexponent n = d log ε /d log σ (d.h.

die Steigung der ZD − σ/G−Kurve) steigt von ≈ 3 in Knicknahe auf ≈ 4.2 bei

kleineren σ/G.

• Oberhalb des Knicks betragt der Spannungsexponent ≈ 30.

Es ist nahe liegend, diesen Kurvenverlauf auf den in Kap. 2 beschriebenen Ubergang

von sprunghafter Versetzungsbewegung ohne Fremdatomwolke bei hohen σ und niedrigen

T auf viskose Versetzungsbewegung mit Fremdatomwolke bei niedrigen σ und hohen T

zuruckzufuhren (siehe auch Abb. 2.2).

Abb. 4.12 zeigt bei 450oC neben den stationaren Verformungswiderstanden Rp,ss auch

die maximalen Verformungswiderstande Rp,max. Man erkennt, dass die Differenz zwischen

Rp,ss und Rp,max unterschiedlich ausfallt: Die Rp,max-Werte der Versuche bei konstantem

ε liegen nahe am zugehorigen stationaren Wert Rp,ss; dagegen zeigt Rp,max im Versuch

bei konstantem σ deutlich großere Abweichungen von Rp,ss. Bei Spannungen <∼ 70 MPa

nimmt der Unterschied zwischen Rp,max und Rp,ss mit abnehmender Spannung kontinu-

ierlich ab.

Der stationare Zustand wurde im Spannungsbereich unterhalb des Knicks nur bei 450oC

erreicht, was eine Bewertung der Qualitat der in Abb. 4.11 durchgefuhrten Normierung

erschwert. Fur den maximalen Verformungswiderstand ist jedoch ein Vergleich der Werte

bei 350oC und 450oC mit den experimentell verfugbaren Daten moglich. In Abb. 4.13 zeigt

sich eine sehr gute Ubereinstimmung der unter gleichen Versuchsbedingungen (konst. σ)

bestimmten Werte fur Rp,max bei 350oC und 450oC. Daraus kann geschlossen werden, dass

die fur die Aktivierungsenergie Q getroffene Wahl sinnvoll ist. Unter der Annahme, dass

die Große der zwischen Rp,max und Rp,ss erfolgenden Entfestigung bei 350oC und 450oC

gleich ist, ergeben sich die in Abb. 4.11 eingezeichneten stationaren Werte fur 350oC

unterhalb des Knicks. Die Ubereinstimmung mit bei 450oC gemessenen Werten ist her-

vorragend, was fur die Richtigkeit der fur 350oC konstruierten stationaren Werte spricht.

36

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4.2 Verformung

Abbildung 4.12: Zusammenhang zwischen ε und σ bei 450oC. Offene Symbole:

Rp,ss; ausgefullte Symbole: Rp,max, differenziert nach Versuchen bei konst. σ bzw.

ε . Die Pfeile kennzeichnen die Entfestigung von Rp,max nach Rp,ss.

4.2.4 Wechsel der Verformungsbedingungen

Im vorangegangenen Abschnitt wurde vorgeschlagen, dass der Knick im stationaren ZD-

σ/G-Zusammenhang die Bereiche sprunghafter und viskoser Versetzungsbewegung trennt.

Dementprechend sollte es moglich sein, durch Wechsel der Beanspruchung zwischen Ver-

suchsbedingungen in der Nahe des Knicks und uber den Knick hinweg Aussagen uber

den Ubergang von sprunghafter zu viskoser Versetzungsbewegung, also den Aufbau der

Fremdatomwolke zu erhalten.

Kontinuierlicher Beanspruchungswechsel

Die Streuung der Ergebnisse der verschiedenen Versuche in Abb. 4.11 lasst zunachst un-

klar, ob der Knick wirklich so scharf ist wie eingezeichnet. Um die Natur des Knicks zu

verifizieren, wurde der in Abb. 4.14 gezeigte Kriechversuch durchgefuhrt. Dieser Versuch

wurde im Druck bei 450oC und 275 MPa gestartet. Bei diesen Versuchsparametern erwar-

tet man den stationaren Zustand mit sprunghafter Versetzungsbewegung oberhalb des

Knicks. Im Falle der in diesem Versuch erreichten hohen Dehnung ε > 1.1 ist der Einfluss

der Reibung auf die Verformung nicht mehr vernachlassigbar. Er fuhrt zu der im oberen

Teilbild gezeigten kontinuierlichen Abnahme der verformungswirksamen Spannung mit

der Dehnung (vgl. Kap. 3.3). Das untere Teilbild zeigt die gemessene ε − ε−Kurve. Bis

37

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.13: Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit

ε kB T/DGb und normierter Spannung σ/G fur Rp,max (teilgefullte Symbole) und

Rp,ss (offene Symbole). Die Pfeile am rechten Bildrand markieren ε = 10−5/s fur

die verschiedenen T .

ε ≈ 0.5 liegt noch kein signifikanter Reibungseinfluss vor; σ und ε variieren nicht mit

ε, d.h. es hat sich ein stationarer Zustand eingestellt. Mit abnehmender Spannung bei

zunehmendem ε > 0.5 nimmt auch ε ab.

38

Page 43: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4.2 Verformung

0

50

100

150

200

250

300

σ / M

Pa

0.3 0.6 0.9 1.210-6

10-5

10-4

10-3

10-2

ε

.

ε / s

-1

15010-6

10-5

10-4

10-3

10-2

Ti-2450°CDruck

200 300

σ / MPa

.

ε /

s-1

Abbildung 4.14: Druckkriechversuch an Ti-2 bei 450oC und nomineller Span-

nung 275 MPa. Links: Variation von reibungskorrigiertem σ und gemessenem ε

mit ε. Rechts: ε − σ−Zusammenhang wahrend der Verformung. Der große Kreis

kennzeichnet den stationaren Zustand bei ε <∼ 0.5 (275 MPa, 6 · 10−3/s). Vorab

veroffentlicht in [12].

Den Zusammenhang zwischen ε und σ zeigt das rechte Teilbild von Abb. 4.14. Deutlich

erkennbar ist ein Knick in der ε − σ−Kurve, der Bereiche mit n = 3 bei niedriger Span-

nung und n > 20 bei hoher Spannung trennt. Da ausgehend von Stationaritat bei ε ≈ 0.3

die reibungsbedingte Abnahme der verformungswirksamen Spannung mit ε langsam und

kontinuierlich erfolgt, liegt die Vermutung nahe, dass die ε − σ−Kurve naherungsweise

stationare Zusammenhange wiedergibt. Die gute Ubereinstimmung der ε − σ−Kurve mit

den stationaren Daten aus individuellen Versuchen (siehe Bildausschnitt in Abb. 4.11)

bestatigt die Form des in Abb. 4.11 eingezeichneten scharfen Knicks.

39

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.15: σ − ε−Zusammenhang bei ε -Wechsel zwischen 10−4/s und 10−3/s

unter stationaren Bedingungen bei 450oC im Druck fur Ti-2.

Abrupte Beanspruchungswechsel

Abb. 4.15 zeigt anhand eines ε -Wechsels, dass die stationare Fließspannung knapp ober-

halb des Knicks der Kurve von Abb. 4.11 nicht mehr von der Verformungsgeschwindigkeit

abhangt. Der Spannungsexponent der stationaren Kriechrate geht hier also gegen unend-

lich; die Kurve in Abb. 4.11 mundet vertikal in den Knick ein.

Dieses Verhalten ist ungewohnlich; normalerweise sinkt der stationare Verformungswi-

derstand mit abnehmender Spannung. Es liegt die Vermutung nahe, dass das beobachtete

Verhalten mit der Anderung der Konfiguration der Fremdatome in der Nahe der Verset-

zungen zu tun hat. Diese Vermutung wird durch das mit den Spannungswechseln ver-

bundene Ubergangsverhalten bestatigt. Unmittelbar nach der ε -Absenkung ist die Fließ-

spannung zunachst verringert. Im Gegensatz zum normalen Materialverhalten, in dem die

Fließspannung nach ε -Reduktion mit der Dehnung in Richtung auf den neuen stationaren

Zustand abnimmt, ist hier eine Zunahme der Fließspannung zu beobachten. Diese kann

zwanglos damit erklart werden, dass sich unter den gewahlten Verformungsbedingungen

eine Fremdatomwolke aufbaut, welche beim Gleiten der Versetzungen mitgeschleppt wird,

40

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4.2 Verformung

was erhohte effektive Spannung erfordert. Analog ist die Abnahme der Fließspannung im

Ubergang nach ε -Erhohung durch Ausdunnen der Fremdatomwolke zu erklaren.

Im vorangegangen Beispiel war die ε -Empfindlichkeit von σ kurz nach dem Wechsel noch

positiv, d.h. eine Erhohung/Erniedrigung von ε war mit einer Erhohung/Erniedrigung

von σ verbunden. Eine sogar negative ε -Empfindlichkeit der Fließspannung zeigt der

in Abb. 4.16 dargestellte Wechselversuch am Beginn der Verformung bei 450oC: Die

Erhohung von ε um den Faktor 100 bei ε = 0.04 fuhrt zu einer Abnahme von σ. Dies

kann durch Ausdunnung der Fremdatomwolke erklart werden. Der weitere σ − ε−Verlauf

nach dem Wechsel folgt der in Abb. 4.6 gezeigten Kurve fur 10−3/s.

Abbildung 4.16: σ − ε−Zusammenhang bei einem ε -Wechsel von 10−5/s auf

10−3/s (Symbole) bei 450oC im Druck fur Ti-2. Linien kennzeichnen Versuche ohne

Wechsel aus Abb. 4.6.

41

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.17: Verformungsverhalten bei Beanspruchungswechsel von stati-

onaren Bedingungen oberhalb des Knicks zu stationaren Bedingungen unterhalb

des Knicks. Links: Wechsel von εmech , rechts: Wechsel von σ. Vorab veroffentlicht

in [12].

Abb. 4.17 zeigt Beanspruchungswechsel von stationaren Punkten oberhalb des Knicks

(450oC, 10−3/s; ≈ 250 MPa) auf stationare Bedingungen unterhalb des Knicks. Sowohl der

ε− als auch der σ−Wechselversuch zeigen ausgepragte lokale Verformungswiderstandsma-

xima. Nach dem Wechsel auf niedrigeres ε bzw. σ dominiert zunachst starke Verfestigung,

die direkt auf die Bildung einer Fremdatomwolke um die Versetzungen hinweist.

42

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4.3 Mikrostruktur des verformten Zustands

4.3 Mikrostruktur des verformten Zustands

Abb. 4.18 zeigt eine bei 450oC und ε = 10−3/s bis ε = 0.25 verformte Druckprobe

aus Ti-2. Bei diesen Verformungsbedingungen liegt man leicht oberhalb des Knicks in

Abb. 4.11, also nach dem Vorangegangenen vermutlich in dem Bereich, in dem die Ver-

setzungsbewegung nicht mehr rein viskos ist, sondern sprunghafte Versetzungsbewegung

ohne Fremdatomwolke maßgeblich mitbeteiligt ist. Die Verformungsbehinderung durch

Reibung fuhrt zu der Tonnenform der Probe. Deutlich erkennt man die Reibungskegel:

Die Kornstruktur im Bereich der Endflachen hat sich gegenuber dem Ausgangszustand

kaum geandert, wahrend in der Probenmitte deutlich Korndeformierungen zu erkennen

sind. Auch außerhalb der Druckkegel ist die Verformung heterogen. Dies zeigt auch die bei

450oC und 300 MPa stark deformierte (ε = 0.82) Druckprobe in Abb. 4.19. Man erkennt

Bereiche, in denen die Verformung besonders stark lokalisiert ist.

Abb. 4.20 zeigt die bei 450oC und 100 MPa bis ε = 0.23 verformte Zugprobe aus Abb. 4.7.

Unter diesen Verformungsbedingungen ist nach dem oben Gesagten viskose Versetzungs-

bewegung zu erwarten. Die Probe ist nicht gebrochen. Die Form des Querschliffs weist

auf Anisotropie hin. Der Langsschliff zeigt leichte Kornstreckung, was durch Abb. 4.21

bestatigt wird. Unterschiede zwischen Rand und Mitte der Zugprobe wurden ebenso wie

Verformungslokalisierungen nicht gefunden.

σ

0.5 mm

Abbildung 4.18: LM-Aufnahme einer bei 450oC und ε = 10−3/s bis ε = 0.25

verformten Druckprobe aus Ti-2.

43

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

σ

Abbildung 4.19: LM-Aufnahme der Probenmitte einer bei 450oC und 300 MPa

bis ε = 0.82 verformten Druckprobe aus Ti-2.

σ

500 μm

Abbildung 4.20: LM-Aufnahmen der in Abb. 4.7 gezeigten, bei 450oC und 100 MPa

bis ε = 0.23 verformten Zugprobe aus Ti-2. Links: Querschliff, rechts: Langsschliff.

44

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4.3 Mikrostruktur des verformten Zustands

σ

Mitte

Rand

Längsrichtung Querrichtung200 μm

Abbildung 4.21: LM-Aufnahmen der in Abb. 4.7 gezeigten, bei 450oC und 100 MPa

bis ε = 0.23 verformten Zugprobe aus Ti-2. Links: Langsschliff, rechts: Querschliff,

oben: Probenmitte, unten: Randbereich der Probe.

Die in Kap. 4.2.1 bei 450oC gezeigten Kriechkurven wiesen als besonderes Charakteri-

stikum ein deutliches relatives Minimum von ε auf. Mit der in Abb. 4.22 dargestell-

ten Versuchsreihe sollten die mikrostrukturellen Ursachen fur diese Evolution des Ver-

formungswiderstandes geklart werden. Dazu wurden verschiedene Proben unter gleichen

Bedingungen (450oC, 100 MPa, Druck) bis zu unterschiedlichen ε verformt und die Mi-

krostruktur nach Versuchsende im TEM untersucht. Versuch A, der noch im Bereich der

starken Verfestigung vor Erreichen der minimalen Kriechrate abgebrochen wurde, zeigt

keine signifikanten Anderungen gegenuber dem Ausgangszustand bei RT (vgl. Abb. 4.3),

d.h. die Versetzungsdichte ist niedrig und zellulare Strukturen fehlen. Kurz nach dem

Minimum (Versuch B) erscheint die Versetzungsanordnung unregelmaßiger als in Versuch

A. Im stationaren Zustand (Versuch C) hat sich eine Subkornstruktur gebildet.

Die Versetzungsdichte hat im Verlauf des Versuchs zwischen A und C deutlich zuge-

nommen. Fur genauere Aussagen uber den Verlauf der Versetzungsdichte zwischen B und

C fehlen belastbare Daten.

45

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.2510-7

10-6

10-5

10-4

10-3

Ti-2450°C100 MPa

.

ε / s

-1

ε

1 μm

A

BA C

B C

Abbildung 4.22: Mikrostrukturevolution in Ti-2 bei 450oC und 100 MPa im Druck.

Unten: Kreise kennzeichnen die Enddehnung der Kriechversuche (A,B,C), oben:

Mikrostruktur der Versuche A, B und C (TEM).

4.4 Spannungsrelaxation

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zum Spannungsrelaxationsverhalten von Ti-

2 getrennt nach σ- und ε-kontrollierter Versuchsfuhrung dargestellt. Dabei wurde der

Temperaturbereich zwischen 150oC und 450oC bei Relaxationsstartspannungen σ0 bis 300

MPa untersucht. Bis auf einen dehnungsgeregelten Zugversuch bei 150oC und σ0 = 100

MPa handelte es sich dabei um Druckversuche.

4.4.1 Spannungskontrollierte Versuchsfuhrung

Die Abb. 4.23 - 4.26 zeigen am Beispiel eines Versuchs bei 450oC und σ0 = 145 MPa die

Bestimmung des Spannungsrelaxtionsverhaltens bei kontrollierter Entlastung. Ausgehend

vom Relaxationsstartpunkt (σ0 = 145 MPa; εmech,0 = 0.068; siehe Abb. 4.23) wurde stu-

fenweise die Spannung reduziert. Die akkumulierten elastischen Ruckdehnungen wahrend

der Entlastungsschritte (siehe Abb. 4.24) sind aufgrund von (elastischen) Apparaturbei-

46

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4.4 Spannungsrelaxation

0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1010

-6

10-5

10-4

10-3

10-2

10-1

.

ε mec

h / s

-1

εmech

0

50

100

150

Ti-2450°Cσ

0 = 145 MPa

σ /

MP

a

Abbildung 4.23: Zusammenhang zwischen σ bzw. εmech und εmech im spannungs-

kontrollierten Relaxationsversuch an Ti-2 bei 450oC. Der große Kreis markiert den

Startpunkt der Spannungsrelaxation.

tragen um etwa 50% großer als die reine Probenelastizitat |Δσ/E|. Die akkumulierten

inelastischen Vorwartsdehnungen nach den einzelnen Entlastungen liegen in der Großen-

ordnung der Probenelastizitat. Der Zusammenhang zwischen εmech bzw. σ und t fur den

dritten Entlastungsschritt ist im linken Teilbild von Abb. 4.25 dargestellt. Die inelasti-

sche Verformungsgeschwindigkeit εinel wahrend der Spannungsrelaxation wird fur diesen

Teilschritt bei der Dehnung bestimmt, bei der Δεinel = −Δεel,Pr gilt. Bei den anderen

47

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

X

X

0.0 0.5 1.0 1.5 2.00

30

60

90

120

150

X

X

E

Δεel

Δεinel

Ti-2450°C

σ /

MP

a

Δε / 10-3

Abbildung 4.24: Zusammenhang zwischen σ und akkumulierter elastischer

Ruckdehnung wahrend der Entlastung,∑

Δεel,i, bzw. akkumulierter inelastischer

Vorwartsverformung nach der Entlastung,∑

Δεinel,i, im in Abb. 4.23 gezeigten

Versuch. Die gestrichelte Linie zeigt die elastische Reaktion der Probe, −Δσ/E,

wahrend der Entlastung. Kreuze kennzeichnen die Punkte, an denen εinel bestimmt

wurde.

Entlastungen wurde εinel an Punkten bestimmt, die a) moglichst geringe Abweichung von

der Relaxationsbedingung aufweisen und b) deren εinel ausreichend gut bestimmbar ist,

was voraussetzt, dass die Vorwartsverformung mindestens einen Faktor 2 großer als der

Messfehler in der Dehnung, ≈ 10−4, ist.

Abb. 4.26 zeigt den so ermittelten εinel − σ−Zusammenhang. Er zeigt einen Knick bei

σKnick ≈ 110 MPa und liegt fur σ < σKnick leicht unterhalb von Rp,max bei ahnlichem n

von etwa 3-4.

48

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4.4 Spannungsrelaxation

Abbildung 4.25: Zusammenhang zwischen εmech (oben) bzw. σ (unten) und t

im spannungskontrollierten Relaxationsversuch an Ti-2 bei 450oC. Links: lineare

Zeitachse, rechts: logarithmische Zeitachse. Kreuze markieren die Punkte, an denen

εinel bestimmt wurde.

49

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.26: εinel − σ−Zusammenhang des in Abb. 4.23 - 4.25 gezeigten

spannungskontrollierten Relaxationsversuchs bei 450oC (Symbole). Die schraffierte

Flache wird begrenzt durch die in Versuchen bei konstantem ε und σ ermittelten

Werte von Rp,ss und Rp,max bei 450oC.

50

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4.4 Spannungsrelaxation

4.4.2 Dehnungskontrollierte Versuchsfuhrung

Abb. 4.27 zeigt die σ − εmech−Kurven bei Belastung mit εmech = 9 · 10−5/s auf die jewei-

ligen Relaxationsstartpunkte. Mit Ausnahme der Versuche D4 und D5 bei 450oC starten

die Versuche unterhalb bzw. nahe der Warmstreckgrenze. Der Zugversuch A1 zeigt ein

E∗ von 123 GPa, was im Bereich des Proben-E-Moduls E = 104.7 GPa liegt. Die E∗ aus

Druckversuchen sind aufgrund von Apparatureinflussen um etwa den Faktor 2-3 kleiner

als E.

Abb. 4.28 zeigt den wahrend der Spannungsrelaxation gemessenen Zusammenhang zwi-

schen σ und der Relaxationszeit tRel. Unabhangig von T ist bei den Versuchen bei T ≤350oC die Spannung nach etwa 106 s von σ0 ≈ 150 MPa auf ≈ 90 MPa gesunken. Die

beiden Relaxationsversuche bei 150oC, A1 und A2, erreichen nach langer Relaxation ein

konstantes Spannungsniveau. Der Vorteil der hoheren Startspannung bleibt bei diesen

Versuchen erhalten. Der σ − tRel−Verlauf bei 450oC unterscheidet sich signifikant von

dem bei niedrigeren T , insofern als unabhangig von den Relaxationsstartbedingungen (65

MPa ≤ σ0 ≤ 150 MPa und εmech,0 ≤ 0.0163) die σ − tRel−Kurven nach etwa 105 s einen

einheitlichen Verlauf mit kontinuierlich abnehmendem σ zeigen. Das Restspannungsni-

veau nach gleichen Zeiten ist deutlich niedriger als bei den Versuchen bei niedrigeren T .

Ein Plateaubereich tritt nicht auf.

Aus dem σ − tRel−Verlauf in Abb. 4.28 lasst sich der in Abb. 4.29 gezeigte σ − σ−Verlauf

bestimmen und unter Verwendung von Gl. (3.5) in den in Abb. 4.30 dargestellten εinel − σ−Zusammenhang umrechnen. Die εinel − σ−Kurven bei T ≤ 350oC sind gekennzeichnet

durch sehr hohe Spannungsexponenten > 20. Entsprechend dem Plateau in Abb. 4.28 zei-

gen die Versuche A1 und A2 nach einem Ubergangsbereich sogar einen vertikalen Verlauf.

Die Kurven bei 450oC zeigen einen Knick, der mit zunehmendem σ0 zu hoheren σ hin

verschoben ist und Bereiche mit n > 20 und n = 3 − 4 trennt. Im Spannungsbereich un-

terhalb des Knicks verlaufen die bei verschiedenen Relaxationsstartpunkten gemessenen

Kurven einheitlich auf einem Niveau unterhalb von Rp,max.

4.4.3 Vergleich der Relaxationsversuche

Abb. 4.31 zeigt fur 450oC im εinel − σ−Diagramm den Vergleich zwischen dem span-

nungskontrollierten Relaxationsversuch aus 4.4.1 und den dehnungsgeregelten Versuchen

aus 4.4.2. Die Kurve aus dem spannungskontrollierten Versuch liegt am oberen Rand des

Streubandes der dehnungskontrollierten Versuche. Beide Versuchsfuhrungen zeigen die

gleichen Verlaufe mit einem charakteristischen Knick.

Durch Integration der εinel − σ−Zusammenhange in den Abb. 4.26 und 4.30 wurden mit

Gl. (3.5) die um Apparatureinflusse bereinigten σ − tRel−Kurven in Abb. 4.32 berechnet.

Fur T ≥ 410oC fallt die Spannung kontinuierlich ab; bei T ≤ 350oC fallt die Span-

51

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

0.000 0.005 0.010 0.015 0.0200

20

40

60

80

100

120

140

160B1C1

A2

Druck

350°

C25

0°C

150°

C

9·10-5/s

Ti-2

σ /

MP

a

εmech

εmech

=.

Zug

150°

C

A1

0.000 0.005 0.010 0.015 0.0200

20

40

60

80

100

120

140

160

9·10-5/s

Ti-2

σ /

MP

a

εmech

εmech

=.450°C

D3

D4 D5

D2

D1

Abbildung 4.27: σ − εmech−Kurven von Ti-2 bei Belastung auf den Startpunkt

der (dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxationsmessung. Oben: 150oC bis 350oC;

unten: 450oC. Die Pfeile markieren die Große des Spannungsabfalls wahrend der

Relaxation.

nung zunachst ab und bleibt bei etwa 90 MPa nahezu konstant. Unterschiede zwischen

spannungs- und dehnungskontrollierter Versuchsfuhrung werden nicht gefunden. In der

Auftragung der normierten Relaxationszeit tRel·exp(−Q/RT ) (mit Q = 242 kJ/mol) als

52

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4.4 Spannungsrelaxation

100 101 102 103 104 105 106 1070

20

40

60

80

100

120

140

160

C1

B1

A2

mech,0 = 9·10-5/s

150 250 350

T / °C =Ti-2

σ /

MP

a

tRel

/ s

A1

100 101 102 103 104 105 106 1070

20

40

60

80

100

120

140

160D5

D3

D4

D2

mech,0 = 9·10-5/s

Ti-2

σ /

MP

a

tRel

/ s

450°C

D1

Abbildung 4.28: Gemessener Zusammenhang zwischen σ und tRel wahrend der

(dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxation von Ti-2. Oben: 150oC bis 350oC; unten:

450oC. Die Kreise kennzeichnen die Startspannung.

Funktion von σ in Abb. 4.33 fallen die bei 350oC und 450oC gemessenen Kurven nach

einem Ubergangsbereich naherungsweise zusammen. Abb. 4.34 zeigt die T -normierte Re-

laxationszeit tRel·exp(−Q/RT ) als Funktion von σ/G. Die Kurven der Versuche, die bei

verschiedenen σ0 und T gestartet wurden, laufen mit abnehmender Spannung am Ende

zusammen.

53

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

16 64 112 16010-6

10-5

10-4

10-3

10-2

10-1

100

101

C1

B1

A2 150°C 250°C 350°C

Ti-2

.

σ /

MP

a s-1

σ / MPa

A1

16 64 112 16010-6

10-5

10-4

10-3

10-2

10-1

100

101

D4

D5D3D2

Druck450°CTi-2

.

σ /

MP

a s-1

σ / MPa

D1

Abbildung 4.29: Aus dem σ − tRel−Verlauf in Abb. 4.28 bestimmter

σ − σ−Zusammenhang wahrend der Spannungsrelaxation von Ti-2. Links: 150oC

bis 350oC; rechts: 450oC. Die großen Symbole kennzeichnen den jeweiligen Start-

punkt.

54

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4.4 Spannungsrelaxation

10 100 100010-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

C1

B1A2

150°C 250°C 350°C

Ti-2

.

ε ine

l / s-1

σ / MPa

A1

10 100 100010-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

R p,m

ax

450°CTi-2

.

ε ine

l / s

-1

σ / MPa

D1

D2D3 D4

D5

R p,ss

Abbildung 4.30: Mit Gl. (3.5) berechneter εinel − σ−Zusammenhang wahrend

der (dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxation von Ti-2. Links: 150oC bis 350oC;

rechts: 450oC. Die großen Symbole kennzeichnen den jeweiligen Startpunkt. Die

schraffierte Flache wird begrenzt durch Rp,max und Rp,ss.

55

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

10 100 100010-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

σ−kontr.

R p,m

ax

450°CTi-2

.

ε ine

l / s

-1

σ / MPa

D1

D2D3 D4

D5

R p,ss

ε−kontr.

Abbildung 4.31: εinel − σ−Zusammenhang bei der Spannungsrelaxation von Ti-

2 bei 450oC, gemessen in dehnungskontrollierter (offene Symbole) bzw. span-

nungskontrollierter (geschlossene Symbole) Versuchsfuhrung. Die schraffierte Flache

kennzeichnet die Entfestigung von Rp,max auf Rp,ss bei 450oC.

56

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4.4 Spannungsrelaxation

100 101 102 103 104 105 106 1070

50

100

150

200

250

300

350

410°C

mech,0 = 9·10-5/s

150 250 350 450

T / °C =Ti-2

σ /

MP

a

tRel

/ s

450°C

Abbildung 4.32: T -Abhangigkeit des σ−tRel−Zusammenhangs wahrend der Span-

nungsrelaxation von Ti-2, gemessen in dehnungskontrollierter (Linien) bzw. span-

nungskontrollierter (Linien + Symbole) Versuchsfuhrung. Die Kurven wurden aus

den εinel − σ−Verlaufen in den Abb. 4.26 und 4.30 berechnet.

10-30 10-25 10-20 10-15 10-100

50

100

150

200

250

300

350450350250

mech,0 = 9·10-5/s

150 250 350 450

T / °C =Ti-2

σ /

MP

a

tRel

/ s · exp(-Q/RT)

150 1s bei T/°C=

Abbildung 4.33: Normierte Relaxationszeit tRel·exp(−Q/RT ) als Funktion von σ.

Die Symbole kennzeichnen Ergebnisse aus σ-kontrollierten Versuchen, die Linien

ε-kontrollierte Versuche. Die Pfeile markieren tRel = 1 s bei den verschiedenen T .

57

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.34: Mit Q = 242 kJ/mol normierte Relaxationszeit tRel·exp(−Q/RT )

als Funktion von σ/G. Die Symbole kennzeichnen Ergebnisse aus σ-kontrollierten

Versuchen, die Linien ε-kontrollierte Versuche. Die graue Flache verdeutlicht den

Verlauf einer moglichen Grenzkurve. Die Pfeile am rechten Rand markieren tRel =

1 s bei verschiedenen T . Man beachte die inverse Skalierung der Zeitachse.

58

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4.5 Kriechzeiten

4.5 Kriechzeiten

Von besonderer Bedeutung fur den Konstrukteur sind Zeitdehn- und Zeitbruchlinien.

Diese geben an, nach welcher (Kriech-)Zeit eine bestimmte Dehnung bzw. der Bruch bei

vorgegebener Spannung und Temperatur erreicht wird. In der Regel muss bei der Bestim-

mung der Kriechzeiten auch die Belastungsverformung mit einbezogen werden. Es gibt

aber auch Falle, bei denen man sich nur fur die Dehnung nach der Belastung interessiert.

Deshalb wird im Folgenden unterschieden zwischen der Zeit tε, definiert als die Zeit fur die

plastische Gesamtdehnung ε, und der Zeit tΔε, definiert als die Zeit fur das Dehnungsin-

tervall Δε im Anschluss an die Belastungsdehnung εld . Zeitbruchlinien wurden hier nicht

ermittelt, da im Druck kein Bruch auftrat und Bruch im Rahmen der Zugkriechversuche

nur bei Spannungen deutlich oberhalb der Streckgrenze experimentell beobachtet wurde.

Abb. 4.35 und 4.36 zeigen das Vorgehen bei der Ermittlung der Kriechzeiten am Bei-

spiel von tε = 0.01 und tΔε = 0.05 anhand der bei verschiedenen Spannungen gemessenen

ε − t−Kurven bei 150oC 5. Die ε − t−Kurven fur die anderen Temperaturen sind im An-

hang aufgefuhrt. Als Zeitnullpunkt t = 0 wurde das Ende der Belastungsphase gewahlt,

d.h. der Zeitpunkt mit ε = εld . Die Wahl des Punktes mit t = 0 ist unkritisch, da

die Belastung schnell in meist einem einzigen Belastungsschritt aufgebracht wurde. tεerhalt man graphisch aus den Schnittpunkten zwischen der horizontalen Linie fur das

gewunschte ε und den gemessenen ε − t−Kurven (Abb. 4.35). tΔε erhalt man graphisch

aus dem Schnittpunkt zwischen der horizontalen Linie fur εld + Δε und der gemessenen

ε − t−Kurve (Abb. 4.36).

Abb. 4.37 zeigt den Zusammenhang zwischen tε = 0.01 und σ fur verschiedene T . Typi-

scherweise nimmt der Verformungswiderstand, ausgedruckt durch tε, mit abnehmenden T

und σ zu. Dies bestatigt sich auch bei Ti-2.

Abb. 4.38 zeigt die T -normierte Kriechzeit tε = 0.01·exp(−Q/RT ) mit Q = 242 kJ/mol (vgl.

Kap. 4.2.1) fur die Kriechdehnung 0.01 als Funktion der schubmodulnormierten Span-

nung. Man erhalt einen einheitlichen Kurvenverlauf, der einen Knick bei σ ≈ 4 · 10−3 G

aufweist6. Unterhalb dieses Knicks nimmt der Spannungsexponent der Kriechzeit nt =

|d log t/d log σ| Werte von ≈ 4 an, oberhalb des Knicks wird nt sehr groß. Die Verwandt-

schaft zum stationaren ε − σ−Zusammenhang (Abb. 4.11) ist unverkennbar. Die Knick-

spannung im Fall der Kriechzeit liegt im Bereich der Warmstreckgrenze (schattiertes Feld)

und ist etwa halb so groß wie die des stationaren ε − σ−Zusammenhanges (σ ≈ 9·10−3 G).

5Bei der graphischen Ermittlung von tε ist es vorteilhaft, die ε-Achse logarithmisch darzustellen, da soauch kleine ε gut aufgelost werden konnen; zur graphischen Bestimmung von tΔε ist dagegen einelineare ε-Auftragung notwendig. Die Zeitachse wurde in beiden Fallen logarithmisch gewahlt, umfaktorielle Unterschiede besser darzustellen.

6Anmerkung: Die quantitative Richtigkeit der Temperaturnormierung im Hinblick auf einen einheit-lichen Kurvenverlauf ist aufgrund des fehlenden experimentellen Uberlapps bei gleichen σ/G, aberverschiedenen T fraglich.

59

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

100 101 102 103 104 105 106 10710-3

10-2

10-1

100

Druck Zug

tε = 0.01

ε =

0.0

1

150°CTi-2

ε

t / s

533

390

251

164

131

650σ / MPa =

Abbildung 4.35: Darstellung der Ermittlung von tε = 0.01 am Beispiel der

ε − t−Kurven von Ti-2 bei 150oC.

100 101 102 103 104 105 106 1070.0

0.1

0.2

0.3

tΔε

tΔε

Δε

Δε

Δε = 5%

150°CTi-2

ε

t / s

533

390

251

164131

650σ / MPa =

Abbildung 4.36: Darstellung der Ermittlung von tΔε = 0.05 anhand der

ε − t−Kurven von Ti-2 bei 150oC.

60

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4.5 Kriechzeiten

10 100 1000100

101

102

103

104

105

106

107

ε = 0.01

T / °C =

250

350

450

150

Ti-2

t ε /

s

σ / MPa

Abbildung 4.37: Kriechzeit tε = 0.01 als Funktion von σ und T . Die dicken vertikalen

Striche kennzeichnen die Streckgrenze bei εmech = 10−3/s.

Abb. 4.39 zeigt den Zusammenhang zwischen tΔε = 0.01 und σ fur verschiedene T . Es fallt

auf, dass dieser Zusammenhang nichtmonoton ist: a) Fur σ>∼ 130 MPa existiert ein Maxi-

mum der Kriechzeit tΔε als Funktion der Temperatur bei 250oC; b) fur 150oC existiert ein

Minimum der Kriechzeit als Funktion der Spannung bei σ ≈ 250 MPa. Dieses Verhalten

wird verstandlich, wenn man bedenkt, dass tΔε durch die Steigung der ε − ε−Kurven im

Anschluss an εld , also ε = 10−3/s, bestimmt wird. Diese ist z.B. bei 150oC und σ >∼100 MPa geringer als bei anderen T , d.h. tΔε ist hier am niedrigsten (siehe Abb. 4.9); bei

61

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

10-4 10-3 10-2 10-1

450

350

250

150

100000 sbei T/°C =

1

4

10-30

10-25

10-20

10-15

10-10

Ti-2

250°C

350°C

450°C

150°C

t ε =

0.0

1·ex

p(-Q

/RT

) / s

σ / G

Abbildung 4.38: T -normierte Kriechzeit tε = 0.01·exp(−Q/RT ) mit Q = 242 kJ/mol

als Funktion von σ/G. Das schattierte Feld kennzeichnet den Bereich der Warm-

streckgrenze bei ε = 10−3/s, die Pfeile am rechten Rand markieren die Zeit t = 105 s

bei den verschiedenen T . Man beachte die inverse Skalierung der Zeitachse.

250oC ist die Steigung am großten, hier tritt auch das großte tΔε auf. Die physikalischen

Ursachen fur das Ubergangsverhalten sind in der Evolution der Mikrostruktur, speziell in

der Zunahme der Versetzungsdichte, zu suchen. Eine T -normierte Auftragung von tΔε ist

angesichts seiner nichtmonotonen T -Abhangigkeit nicht sinnvoll.

62

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4.5 Kriechzeiten

10 100 100010

0

101

102

103

104

105

106

107

T / °C =

250

350

150

450

t Δε =

0.0

1 / s

σ / MPa

Ti-2

Abbildung 4.39: Kriechzeit tΔε = 0.01 als Funktion von σ und T . Die dicken verti-

kalen Striche kennzeichnen die Streckgrenze bei εmech = 10−3/s.

Abb. 4.40 zeigt den Zusammenhang zwischen der normierten Kriechzeit tε·exp(−Q/RT )

und σ/G fur tε = 0.01 und tε = 0.05. Man erhalt fur beide tε einheitliche Kurven mit einem

Knick bei σ ≈ 4 · 10−3G − 6 · 10−3G, der Kurvenbereiche mit niedriger Steigung ≈ 4

bei niedrigen σ/G und hoher Steigung > 20 bei hohen σ/G trennt. Mit zunehmendem

ε verschiebt sich - entsprechend des großeren tε bei gleichem σ und T - die normierte

tε-Kurve zu hoheren Spannungen. Von praktischer Bedeutung ist der Spannungsbereich

unterhalb der Knickspannung σknick, da hier technisch relevante Kriechzeiten realisiert

63

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

werden. Dieser Kurvenbereich lasst sich durch

log [tε · exp (−Q/RT )] = A(ε) − 1

n· log

( σ

G

)∧ σ < σknick (4.1)

(Aktivierungsenergie Q = 242kJ/mol; Fitparameter A(ε)) beschreiben. Die in Abb. 4.40

gezeigten nach Gl. (4.1) bestimmten Fitkurven fur die normierten tε = 0.01 und tε = 0.05

zeigen gute Ubereinstimmung mit den Messwerten. Damit sind quantitative Vorhersagen

uber tε bei unterschiedlichen T und σ moglich.

Im Zusammenhang mit den Kriechzeiten muss auf die Bedeutung der Anelastizitat von

Titan hingewiesen werden. Diese fuhrt nach Entlastung zu einer zeitabhangigen Ruckver-

formung der Proben, d.h. die tatsachliche bleibende plastische Dehnung ist geringer als die

inelastische Dehnung, die in den gezeigten Verformungskurven dargestellt ist. Ergebnisse

von [29, 30] zeigten: a) Das Verhaltnis Ruckdehnung εanel zu εinel nimmt mit fallendem

T , fallendem σ und steigendem Verformungsgrad zu; b) mit zunehmender Belastungszeit

wird der Ruckdehnungsbetrag großer (bei sehr niedrigen σ und T kann der Anteil der

anelastischen Ruckverformung an der Dehnung bis zu 50% betragen). Die hier bestimm-

ten Kriechzeiten berucksichtigen diese Anelastizitatseffekte nicht, d.h. die tatsachlichen

Zeiten fur eine bestimmte plastische irreversible Dehnung sind großer als die in dieser Ar-

beit angegebenen. Bei den hier untersuchten Versuchsbedingungen ist dieser Effekt jedoch

vernachlassigbar.

64

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4.5 Kriechzeiten

10-4 10-3 10-2 10-1

A(0.01) = -13.7567A(0.05) = -13.7518n = 4

ε = 0.

01

ε = 0.

05

450

350

250

150

100.000 sbei T/°C =

1

4

10-30

10-25

10-20

10-15

10-10

Ti-2

t ε·ex

p(-Q

/RT

) / s

σ / G

Abbildung 4.40: Mit Q = 242 kJ/mol normierte Kriechzeiten tε·exp(−Q/RT )

als Funktion von σ/G. Die Symbole kennzeichnen Messwerte fur ε = 0.01 bzw.

0.05. Die dicken Linien kennzeichnen die mit Gl. (4.1) berechneten Fitkurven fur

Spannungen unterhalb der Knickspannung. Die Pfeile am rechten Rand markieren

die Zeit t = 105 s bei den verschiedenen T . Man beachte die inverse Skalierung der

Zeitachse.

65

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

4.6 Diskussion

4.6.1 Einfluss der Zwillinge

Bei Ti-2 ist neben Verformung durch Versetzungen auch mit Beitragen von Zwillingen an

der Verformung zu rechnen (siehe Kap. 2). Auffallig ist die starke Verfestigung im Druck

bei T ≤250oC bei 0.1 <∼ ε <∼ 0.2, die sowohl im Versuch bei konstantem ε als auch im

Kriechversuch beobachtet wurde (Abb. 4.5 und 4.9). Verschiedene Autoren (z.B. [16, 31])

fanden bei ihren Druckkriechversuchen an Titan in bestimmten T - und ε - Bereichen (z.B.

ε ≥ 10−1/s und T um 200oC) das gleiche Verfestigungsphanomen. Mit der starken Verfe-

stigung verbunden ist eine Zunahme der Verformungszwillinge [10, 31]. Ein bedeutsamer

direkter Beitrag der Zwillinge zur plastischen Verformung von Titan ist im betrachte-

ten ε - und T -Bereich jedoch nicht zu erwarten (z.B. [9, 10]). Die Zwillinge beeinflussen

die Verformung indirekt uber ihren Einfluss auf die Evolution der Korn- und Versetzungs-

struktur, indem die Zwillingsgrenzen Hindernisse fur die Versetzungsbewegung darstellen,

was u. a. zu der von [7] berichteten hohen Versetzungsdichte an den Zwillingsgrenzen und

ihren Spitzen fuhrt. Dieser experimentelle Befund ist in Einklang mit dem Ergebnis theo-

retischer Betrachtungen, dass die Wechselwirkung zwischen Versetzungen und Zwillingen

zu einer lokalen Spannungskonzentration aufgrund von Versetzungsaufstaus an den Zwil-

lingsgrenzen fuhrt [8]. Salem et al. [31] erklarten die Wirkung der Zwillingsgrenzen auf die

Verformung im Sinne des Hall-Petch-Effekts: Die Zwillingsgrenzen sind Korngrenzen, die

den Laufweg der Versetzungen verringern und damit zu einer Erhohung des Verformungs-

widerstandes fuhren. Nemat-Nasser et al. [16] postulierten einen auf Schlauchdiffusion

basierenden Wechselwirkungsmechanismus zwischen Versetzungen und Fremdatomen als

Ursache fur die starke Verfestigung. Diese Annahme darf bezweifelt werden, da der Be-

reich starker Verfestigung im Druck verbunden mit der Zunahme der Zwillingsdichte auch

bei hochreinem (99.998%) Titan gefunden wird [31]. Die Zwillingsdichte hangt von T , ε ,

ε und dem Reinheitsgrad der Legierung ab (z.B. [10, 32]). Bei kommerziell reinem Titan

wird im T -Bereich zwischen RT und 450oC eine Zunahme der Zwillinge mit steigenden

T , ε und ε gefunden [32].

In den Experimenten mit konstantem ε bei T < 350oC zeigte sich ein ausgepragter

Unterschied zwischen Druck und Zug im Verfestigungsverhalten (vgl. Abb. 4.5). Damit

verbunden ist eine im Zug gegenuber dem Druck deutlich verringerte Zwillingsdichte (vgl.

Kap. 4.3). Schadigung im Zug als Ursache fur die Unterschiede zwischen Zug und Druck

kann angesichts der guten Ubereinstimmung der beiden Zugkurven bei 10−3/s in Abb. 4.5

fur ε <∼ 0.2 wohl ausgeschlossen werden. Unter Bedingungen geringer Zwillingsaktivitat,

d.h. bei niedrigen ε bzw. σ und hohen T , treten keine signifikanten Unterschiede zwischen

Zug und Druck auf (siehe Abb. 4.6 und 4.7). Das Auftreten starker Verfestigung unter Be-

dingungen von sowohl geringer Zwillingsdichte (Verformungsbeginn) als auch sehr hoher

Zwillingsdichte (0.1 <∼ ε <∼ 0.2) ist ein Indiz dafur, dass die Zwillinge nicht die Haupt-

ursache fur die starke Verfestigung sind, sondern den Verfestigungsprozess nur indirekt

66

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4.6 Diskussion

uber ihren Einfluss auf die Versetzungsstrukturevolution unterstutzen. Erwartet wird da-

her ein Einfluss der Zwillinge auf das Ubergangsverhalten bei Verformung; der stationare

Zustand sollte sich zwischen Zug und Druck nicht signifikant unterscheiden. Allerdings

wird aufgrund vorzeitigen Bruchs im Zug der stationare Zustand nicht erreicht.

4.6.2 Versetzungsmechanismen

Ein bedeutendes Charakteristikum des Verformungsverhaltens von Ti-2 ist das Auftreten

eines Knicks in den normierten Auftragungen von σ/G und a) ε am stationaren Zustand

(Abb. 4.11), b) tRel bei Spannungsrelaxation (Abb. 4.34) und c) tε bei den Kriechzeiten

(Abb. 4.40). Dieser Knick tritt sowohl bei sehr kleinen ε (Kriechzeiten, Spannungsrelaxa-

tion, Streckgrenze) als auch bei großen ε (stationarer Zustand) auf. Die Knickspannung

wachst dabei mit zunehmender Verformung bis auf den Wert am stationaren Zustand.

Der genannte Knick wurde bereits bei der Darstellung der Ergebnisse mit dem Ubergang

zwischen viskoser Versetzungsbewegung mit Fremsatomwolke und sprunghafter Verset-

zungsbewegung ohne Fremdatomwolke in Verbindung gebracht. Diese Deutung soll im

Folgenden vertieft werden. In der schematischen Darstellung in Abb. 4.41 sind Bereiche

unterschiedlicher Verformungskinetiken gekennzeichnet. Bereich I beschreibt sprunghaf-

te Versetzungsbewegung, Bereich II viskose Versetzungsbewegung. Dazwischen liegt der

Ubergang zwischen diesen beiden Modi der Versetzungsbewegung (vgl. Abb. 2.2).

Auffallend ist der deutliche Unterschied in Lage und Ausdehnung von Bereich II zwischen

Verformungsbeginn und stationarem Zustand. Das ist die Folge der Strukturevolution:

Im Laufe der Verformung passt sich die Versetzungsstruktur an ihren neuen stationaren

Zustand an, Subkorner entstehen, die Zwillingsdichte nimmt bei niedrigen T zu und die

Fremdatomkonfiguration an den Versetzungen andert sich. Der Zusammenhang zwischen

Mikrostruktur und Kinetik wird im Folgenden detailliert diskutiert.

4.6.3 Stationarer Zustand der Verformung

Nach der gegebenen Interpretation des Knicks in der Kurve von Abb. 4.11 sollte die

Spannung am Knick mit der Spannung fur das Losreißen der Versetzungen von ihrer

Fremdatomwolke ubereinstimmen. Fur diese Spannung wird von [33] folgender Ausdruck

angegeben:σ

G=

W 2m c

5Gb3kB T, (4.2)

wobei Wm die Bindungsenergie zwischen Versetzung und Fremdatom und c die Fremd-

atomkonzentration ist. Unter Verwendung von Wm ≈ 1.7 eV [7] und c = 0.005 erhalt man

67

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.41: Schematische Zusammenfassung der Zusammenhange zwischen

σ, ε , T und den Kriech- bzw. Relaxationszeiten fur Ti-2 im untersuchten T -Bereich

fur Versuche mit geringen Verformungsgraden (Spannungsrelaxation, Kriechbeginn)

und am stationaren Zustand. Romische Ziffern kennzeichnen die Bereiche unter-

schiedlicher Verformungskinetik. Die Pfeile im Bild kennzeichnen die Kurvenver-

schiebung mit ε.

als Abschatzung fur die Losreißspannung σ = 8 · 10−3 G bei 450oC bzw. σ = 1.4 · 10−2 G

bei 150oC. Die gute Ubereinstimmung der Knickspannung σ ≈ 9 · 10−3 G in Abb. 4.11

mit der nach Gl. (4.2) abgeschatzten Losreißspannung stutzt die Interpretation des Knicks

als Ubergang zwischen viskoser (mit Wolke) und sprunghafter Versetzungsbewegung (oh-

ne Wolke) am Knick. Fur T ≤ 250oC konnte die T -Abhangigkeit der Losreißspannung

aufgrund der extrem niedrigen ε im Knickbereich experimentell nicht verifiziert werden.

Fur 350oC und 450oC liegen die Unterschiede zwischen berechneter und experimentell

bestimmter Losreißspannung im Bereich der Probenstreuung.

An dieser Stelle erscheint es angebracht, die Gultigkeit der Normierung von ε in Abb. 4.11

kurz zu kommentieren. Die gewahlte Normierung berucksichtigt nicht, dass der stationare

Zustand in stark mischkristallgeharteten Legierungen durch mindestens zwei unterschied-

lich thermisch aktivierte Prozesse, Gleitung der Versetzungen und Erholung der Verset-

zungsstruktur, bestimmt ist (z.B. [19, 34]). Der Erfolg der T -Normierung zeigt, dass die

Wahl von Q = 242 kJ/mol zumindest im Bereich viskoser Versetzungsbewegung vertret-

bar ist. Im Bereich sprunghafter Versetzungsbewegung ist die Verwendung dieses Wertes

fur Q nicht mehr begrundet, da andere thermisch aktivierte Prozesse die Verformung

68

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4.6 Diskussion

bestimmen. Von Titan ist bekannt, dass fur T <∼ 300oC die Aktivierungsenergie mit fal-

lendem T abnimmt (z.B. [7, 35]). Insofern ist die vertikale Verschiebung der Werte fur hohe

σ oberhalb des Steilanstiegs problematisch7. Durch die einheitliche Wahl von Q = 242

kJ/mol sind die T -normierten Kurven im Bereich niedriger T starker auseinandergezogen

als es bei Wahl einer niedrigeren Aktivierungsenergie in diesem Bereich der Fall ware. Un-

abhangig davon ist die gewahlte Art der Normierung fur die Darstellung der Ergebnisse

geeignet.

4.6.4 Ubergangsverformung nach Beanspruchungswechsel

Wenn die obige Interpretation des Knicks richtig ist, muss es, wie bereits oben ausgefuhrt,

moglich sein, durch einen Wechsel der Verformungsbedingungen oberhalb des Knicks zu

solchen unterhalb den Einfluss der dynamischen Reckalterung, d.h. den Aufbau einer

Fremdatomwolke an den Versetzungen, auf den Verformungswiderstand zu studieren.

Im Folgenden wird das einfache Modell aus Abschnitt 2.3.1 dazu verwendet, die Ubergange

zwischen sprunghafter und viskoser Versetzungsbewegung quantitativ zu beschreiben. Der

langsame, kontinuierliche Ubergang aus Abb. 4.14 wird modelliert, indem fur den Verlauf

der Versetzungsdichte ρ als Funktion der Dehnung ε

• im ersten Teil des Ubergangs ρ(ε) = ρ∞,j, also die Einstellung stationarer Verset-

zungsdichten fur sprunghafte Gleitung und

• im zweiten Teil des Ubergangs ρ(ε) = ρ∞,v, also die Einstellung stationarer Verset-

zungsdichten fur viskose Gleitung angenommen wird und

• der ρ(ε)-Verlauf im Ubergang zwischen beiden Teilen geglattet wird.

Abb. 4.42 zeigt den resultierenden ρ(ε)-Verlauf. Damit lasst sich aus Gl. (2.1) die Gleit-

geschwindigkeit vg der Versetzungen und uber die athermische Spannungskomponente

(Gl. (2.3)) aus Gl. (2.2) die effektive Spannungskomponente σ� als Funktion der Deh-

nung ε bestimmen. Somit lasst sich der Zusammenhang vg (σ�) herstellen (rechter Teil der

Abb. 4.42). Er zeigt den fur dynamische Reckalterung typischen, nichtmonotonen Verlauf

aus Abb. 2.2. Der Exponent m = d log vg /d log σ∗ , der die Steigung der vg − σ∗−Kurve

angibt, nimmt in Bereich II den fur viskose Versetzungsbewegung typischen Wert 1 an.

Dieses Ergebnis der einfachen Modellierung ist sehr befriedigend. Es zeigt, dass das be-

obachtete Verformungsverhalten mit sinnvollen Annahmen auf der Basis der Fremdatom-

Versetzungswechselwirkung zwanglos beschreibbar ist.

7Die Bestimmung von Q im Bereich sprunghafter Versetzungsbewegung konnte im Prinzip durch Tem-peraturwechsel an einer Probe erfolgen. Aufgrund des hohen Spannungsexponenten ist allerdings dieBestimmung zu ungenau, um verlassliche Ergebnisse zu liefern.

69

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Als Nachstes betrachten wir die Ubergange nach sprunghaftem Beanspruchungswech-

sel aus Abb. 4.17. Die Evolution der Versetzungsdichte im Ubergangsbereich nach dem

Wechsel wird mit Gl. (2.5) modelliert. Die Versetzungsdichten ρ1 am Beginn des Wechsels

ergeben sich aus Gl. (2.4) als stationare Versetzungsdichten fur sprunghafte Versetzungs-

bewegung bei der jeweils herrschenden Spannung. Entsprechend sind ρ2 die stationaren

Versetzungsdichten fur viskose Versetzungsbewegung am Ende des Ubergangsbereiches.

kρ wird zu 0.1 angenommen. Damit lassen sich in Analogie zum vorangegangenen Fall aus

Gl. (2.1) die Gleitgeschwindigkeit vg der Versetzungen und uber die athermische Span-

nungskomponente (Gl. (2.3)) aus Gl. (2.2) die effektive Spannungskomponente σ� als

Funktion der Dehnung ε bestimmen und der Zusammenhang vg (σ�) herstellen. Abb. 4.43

zeigt das Ergebnis der Modellierung (Verlaufe mit offenen Symbolen). Der anfangliche,

durch Bildung der Fremdatomwolke bedingte Verfestigungsbereich wird nur im rechten

Teilbild wiedergegeben. Der Grund ist, dass nur diesem Teilbild die Ubergangsfunktion

ε(ε) fur die Berechnung benutzt wird, wahrend im linken Teilbild die experimentell vor-

gegebene Sprungfunktion ε(ε) Grundlage der Rechnung ist.

Die Frage ist, ob der so berechnete vg (ε)-Verlauf mit dem vg − σ∗−Zusammenhang aus

Abb. 4.42 konsistent ist. Zur Beantwortung dieser Frage wird vg (ε) fur die Wechselversu-

che der Abb. 4.17 aus diesem Zusammenhang mit Hilfe von σ�(ε) aus Abb. 4.43 berechnet.

Die kontinuierlichen vg (ε)-Linien in Abb. 4.43 zeigen das Ergebnis. Der anfangliche An-

stieg von vg im linken Teilbild ist unrealistisch. Er entsteht daraus, dass die anfangliche

Verfestigung durch Ausbildung der Fremdatomwolke in die Berechnung von vg eingeht.

Dieser Vorgang ist in dem vg − σ∗−Zusammenhang von Abb. 4.42 nicht enthalten, denn

hier wird nur der stationare Zustand der Fremdatomkonfiguration der Versetzungen und

nicht der Ubergang in diese Konfiguration betrachtet. Dasselbe Argument erklart, warum

die im rechten Teilbild dargestellte anfangliche vg -Abnahme in der Punktsymbolkurve

durch die vg (ε)-Linie nicht erfasst wird. Abgesehen von den soeben begrundeten Unter-

schieden in den Anfangsteilen der vg (ε)-Kurven stimmen diese sehr gut uberein. Daraus

wird geschlossen, dass der die dynamische Reckalterung beschreibende vg − σ∗−Verlauf

der Abb. 4.42 den beobachteten Ubergang von sprunghafter zu viskoser Versetzungsbe-

wegung nach sprunghafter Beanspruchungsanderung befriedigend wiedergibt.

Das beobachtete Ubergangsverhalten nach Reduktion von σ oder ε lasst sich demnach

folgendermaßen erklaren: Die anfangliche Verfestigung ist auf den Aufbau der Fremd-

atomwolke an den Versetzungen beim Ubergang von sprunghafter zu viskoser Verset-

zungsbewegung zuruckzufuhren. Fur den spater folgenden entfestigenden Bereich wird

im Modell eine Reduktion der Versetzungsdichte angenommen. Diese Annahme basiert

darauf, dass die Verringerung der Geschwindigkeit des Versetzungsgleitens durch dyna-

mische Reckalterung keine Entsprechung bei der gleichzeitig ablaufenden Erholung der

Versetzungsstruktur findet. Die Versetzungsstrukturerholung ist ein langsam ablaufender

Prozess (diffusionskontrolliertes Klettern von Stufenversetzungen), der durch die dyna-

mische Reckalterung nicht wesentlich beeinflusst wird. Der unterschiedlich hemmende

70

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4.6 Diskussion

Abbildung 4.42: Beschreibung des kontinuierlichen Wechselversuchs aus Abb. 4.14

mit dem Modell aus Kap. 2.3.1. Links: Gemessene ε − ε− bzw. σ − ε−Verlaufe

sowie die modellierte Evolution von σ∗ , σi, ρ und vg mit ε. Rechts: modellierter

Zusammenhang zwischen vg und σ∗ (Symbole). Vorab veroffentlicht in [12].

Einfluss der dynamischen Reckalterung auf Gleiten und Erholung der Versetzungen fuhrt

dazu, dass die Balance zwischen Versetzungserzeugung ρ+ durch Gleitung und Verset-

zungsabbau ρ− durch Erholung zugunsten der Erholung verschoben wird. Das fuhrt bei

den vorliegenden Ubergangen zu Verringerung der Versetzungsdichte, Anstieg der effekti-

ven Spannung fur Gleitung und - im Sinne normalen Ubergangsverhaltens - Anstieg der

Verformungsgeschwindigkeit.

71

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.43: Modellierung der Versuche aus Abb. 4.17: links) ε -Wechsel,

rechts) σ-Wechsel. Oben: Zusammenhang zwischen ε und ε. Mitte: Evolution von

σ, σi und σ∗ mit ε. Unten: fur die Modellierung angenommene Evolution von

ρ und daraus resultierender vg − ε−Verlauf (Symbole). Die Linien zeigen die

vg − ε−Verlaufe, die aus den σ∗ − ε−Verlaufen und dem in Abb. 4.42 gezeigten

vg − σ∗−Verlauf berechnet wurden. Vorab veroffentlicht in [12].

72

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4.6 Diskussion

Bei dieser Erklarung werden die Heterogenitat der Versetzungsstruktur und die mogliche

Lokalisierung der Verformung nicht berucksichtigt. Es wird allerdings vermutet, dass es

sich dabei um Effekte zweiter Ordnung handelt, die die gegebene Erklarung im Sinne

homogener Versetzungsstruktur nicht qualitativ verandern.

4.6.5 Entwicklung des Verformungswiderstandes bei konstanter

Verformungsgeschwindigkeit

Bei Verformung mit konstanter Geschwindigkeit unter Bedingungen, bei denen der sta-

tionare Zustand bei Spannungen unterhalb des Knicks in Abb. 4.11 liegt, werden lokale

Fließspannungsmaxima beobachtet. Auch diese lassen sich mit dem einfachen Modell aus

Kap. 2.3.1 erklaren, das den Einfluss der Mischkristallatome sowohl auf den Gleitvorgang

als auch auf den stationaren Zustand der Versetzungsanordnung beinhaltet. Das wird bei-

spielhaft anhand zweier Falle gezeigt, in denen sich die Verformungsgeschwindigkeiten um

etwa den Faktor 30 unterscheiden. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die wenigen,

anfanglich vorhandenen Versetzungen am Beginn der Verformung unter der Einwirkung

relativ hoher effektiver Spannung von den durch statische Reckalterung gebildeten Fremd-

atomwolken losreißen und sprunghaft bewegen und im Laufe zunehmender Dehnung und

entsprechend zunehmender Versetzungsdichte und abnehmender effektiver Spannung in

die viskose Bewegungsform ubergehen. Die in Gl. (2.5) eingehende Ausgangsversetzungs-

dichte am Punkt 1 ist gleich dem gemessenen Wert ρ0 aus Abschnitt 4.1. Punkt 2 ist der

Endpunkt der Modellierung im stationaren Zustand bei viskoser Versetzungsbewegung.

Abb. 4.44 stellt das Ergebnis der Modellierung des Versuchs fur ε = 3 · 10−7/s bei

450oC (Abb. 4.6) dar. kρ wird zu 0.02 gesetzt. Aus dem modellierten Verlauf der Ver-

setzungsdichte ergibt sich der Anstieg von σi und die Abnahme der Gleitgeschwindigkeit

vg mit der Verformung. Geht man von dem gemessenen Verlauf der Fließspannung σ

aus, erhalt man den Verlauf der thermischen Spannungskomponente σ�. Die Korrelati-

on von vg und σ� fuhrt zu dem im rechten Teilbild von Abb. 4.44 gezeigten Ergebnis

(gefullte Punkte). Danach durchlauft σ� mit abnehmendem vg ein relatives Maximum.

Dies entspricht qualitativ dem σ�(vg )-Verlauf im dynamischen Gleichgewicht der Fremda-

tomwolke um die Versetzungen. Quantitativ ist es etwas schwacher ausgepragt. Das kann

entweder durch Abweichungen vom dynamischen Gleichgewichtszustand erklart werden.

Noch wahrscheinlicher ist, dass die Entwicklung der Versetzungskonfiguration lokal unter-

schiedlich verlauft, so dass das Maximum von σ� nicht an allen Orten gleichzeitig erreicht

wird und somit abgeschwacht wird.

Abb. 4.45 liefert ein zweites Beispiel bei hoherer Verformungsgeschwindigkeit ε = 10−5/s.

kρ wird zu 0.1 gesetzt. In diesem Fall ist die Ubereinstimmung zwischen dem stationaren

(offene Symbole) und dem im Verformungsverlauf ermittelten vg − σ∗−Zusammenhang

nahezu perfekt.

73

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Abbildung 4.44: Beschreibung des Versuchs bei 450oC und ε = 3 · 10−7/s

aus Abb. 4.6 mit dem Modell aus Kap. 2.3.1. Links: Gemessene ε − ε− bzw.

σ − ε−Verlaufe sowie die modellierte Evolution von σ∗ , σi, ρ und vg mit ε. Rechts:

modellierter Zusammenhang zwischen vg und σ∗ (geschlossene Symbole). Zusatz-

lich ist der vg − σ∗−Verlauf aus Abb. 4.42 dargestellt (offene Symbole).

74

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4.6 Diskussion

Abbildung 4.45: Beschreibung des Versuchs bei 450oC und ε = 10−5/s aus Abb. 4.6

mit dem Modell aus Kap. 2.3.1. Links: Gemessene ε − ε− bzw. σ − ε−Verlaufe

sowie die modellierte Evolution von σ∗ , σi, ρ und vg mit ε. Rechts: modellier-

ter Zusammenhang zwischen vg und σ∗ (geschlossene Symbole). Zusatzlich ist der

vg − σ∗−Verlauf aus Abb. 4.42 dargestellt (offene Symbole).

75

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4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

Aus dem Erfolg der modellmaßigen Beschreibung ergibt sich, dass auch der gemessene

Verlauf der Fließspannung am Beginn der Verformung in einfacher Weise als Ergebnis der

Wechselwirkung zwischen Fremdatomen und Versetzungen verstanden werden kann, wenn

kρ entsprechend angepasst wird. An dieser Stelle ist zu bemerken, dass die in Abb. 4.44

und 4.45 benutzten kρ-Werte deutlich unterschiedlich waren. Dieser Unterschied kann er-

klart werden. Das einfache Modell benutzt nur eine Gesamtversetzungsdichte ρ. In Wirk-

lichkeit liegen die Versetzungen in Form einzelner, freier Versetzungen und in Form in

(Kleinwinkel-)Subkorngrenzen gebundener Versetzungen vor. Die Entwicklungskonstan-

ten beider Typen von Versetzungen sind unterschiedlich groß. Die Dichte freier Verset-

zungen baut sich sehr viel schneller um als die der Subkorngrenzversetzungen [3]. Da

am Anfang der Verformung der Aufbau der Dichte freier Versetzungen die maßgebende

Anderung ist, muss hier ein kleineres kρ verwendet werden als im Ubergang nach Wechsel

der Beanspruchung ausgehend vom stationaren Zustand, wenn sich die Subkornstruktu-

ren bereits gebildet haben und umgebaut werden mussen. Der durch die Anpassung an

die Versuchsergebnisse erzwungene Unterschied in kρ erscheint also werkstoffphysikalisch

vernunftig.

4.6.6 Entwicklung des Verformungswiderstandes bei konstanter

Spannung

Im Versuch bei konstantem σ bewegen sich die relativ wenigen Versetzungen des Aus-

gangszustands wahrend der schnellen Lastaufbringung mit ε > 10−3/s ohne Wolken.

Sobald σ konstant gehalten wird, konnen sich bei ansteigender Versetzungsdichte und

dementsprechend abnehmender Gleitgeschwindigkeit vg Fremdatomwolken an den Ver-

setzungen bilden, die die Versetzungsgeschwindigkeit vg und damit auch ε drastisch

reduzieren. Wichtig ist zu bemerken, dass die Erholungsvorgange, z.B. die diffusions-

kontrollierte Annihilation existierender Stufenversetzungsdipole, durch die Anderung der

Fremdatomkonfiguration der Versetzungen wenig betroffen sind und dementprechend mit

unverminderter Geschwindigkeit weiterlaufen. Das fuhrt dazu, dass nun die Rate der Ver-

setzungsannihilation die der gleitkontrollierten Versetzungserzeugung ubertrifft. Dement-

sprechend nimmt die Versetzungsdichte ab. Das hat eine Erhohung von σ� zur Folge.

Daher nehmen vg und ε zu, bis sich das neue dynamische Gleichgewicht der Versetzungs-

dichte eingestellt hat. Damit ist das oft relativ scharf ausgepragte relative Minimum von

ε (siehe z.B. Abb. 4.7) erklart.

Das Auftreten eines ε -Minimums ist von anderen mischkristallgeharteten Legierungen

(z.B. einer Ni-Basis-Legierung [36] oder Cu-Basis-Legierung [37]) bekannt und durfte die-

selbe Erklarung haben wie die hier gegebene. Inverses Ubergangsverhalten (Zunahme von

ε mit ε bei zunehmender Versetzungsdichte) scheidet als Erklarung der Entfestigung nach

dem Minimum aus, da σ-Wechsel im Falle von Ti-2 normales Ubergangsverhalten zeigen.

76

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4.6 Diskussion

4.6.7 Spannungsrelaxation

Die oben gegebene mikrostrukturelle Deutung des Verformungsverhaltens bei konstantem

ε und σ lasst sich auch auf das der Spannungsrelaxation zugrundeliegende Verformungs-

verhalten anwenden. Dazu betrachten wir die T -normierten ε -σ-Verlaufe bei Spannungsre-

laxation (kontinuierliche Linien in Abb. 4.46). Zum Vergleich enthalt Abb. 4.46 die Felder

der inelastischen Verformung, die zwischen den Kurven fur den Beginn der inelastischen

Verformung bei Rp,0.2 und dem Ende im stationaren Zustand bei Rp,ss aufgespannt sind.

Ahnlich der Rp,ss-Kurve bestehen die Spannungsrelaxationskurven aus Bereichen mit ho-

her und niedriger Steigung, die gegebenenfalls durch einen scharfen Knick getrennt sind.

Es wird vorgeschlagen, auch diese Knicke auf den Ubergang zwischen sprunghafter und

viskoser Versetzungsbewegung zuruckzufuhren. In den Steilbereichen der Relaxationskur-

ven nimmt ε stark mit abnehmendem σ ab, da das thermisch aktivierte Gleiten na-

turgemaß durch hohe Spannungsempfindlichkeit der Verformungsrate charakterisiert ist.

Hinzu kommen Effekte durch dynamische Reckalterung, also Ausbildung einer Fremda-

tomwolke, wenn die Verformungsgeschwindigkeit bei Spannungsrelaxation genugend stark

abgesunken ist, um den Fremdatomen das Anheften an die Versetzungen zu ermoglichen.

Hierbei ist zu beachten, dass die Verformungsgeschwindigkeiten bei Spannungsrelaxation

auf extrem niedrige Werte deutlich unterhalb der in sonstigen Versuchen vorliegenden

abfallen. Die Tatsache, dass einige Relaxationskurven außerhalb des grau markierten Pla-

stizitatsbereiches liegen, hat lediglich damit zu tun, dass die Relaxation bei Spannungen

unterhalb der Streckgrenze, wo auch bereits geringfugige inelastische Verformung statt-

findet, begann.

In den flachen Bereichen der Relaxationskurven mit Spannungsexponent von etwa 3 lie-

gen die beobachteten ε -Werte etwas unterhalb der stationaren Daten. Dies konnte damit

zusammenhangen, dass die Erholung der Versetzungsstruktur, insbesondere der Subkorn-

struktur, bei Spannungsrelaxation aufgrund der außerst geringen inelastischen Verformun-

gen gegenuber normaler Verformung bei kontrollierter Spannung oder Geschwindigkeit

behindert ist, so dass der athermische Anteil der Spannung vergleichsweise hoch und die

effektive Spannung dementsprechend vergleichsweise niedrig ausfallt. Dass die Knickpunk-

te, also die Ubergangspunkte zwischen sprunghafter und viskoser Versetzungsbewegung,

niedriger liegen als im stationaren Verformungszustand ist zu erwarten, denn am Beginn

der Spannungsrelaxation ist die athermische Spannungskomponente versuchsbedingt noch

weit vom stationaren Zustand entfernt, so dass die effektive Spannung zumindest lokal

relativ hoch ist, so dass sich Versetzungen zunachst sprunghaft ohne Fremdatomwolke

bewegen konnen, bevor sich dann im Laufe der Relaxation die Fremdatomwolke ausbildet

und die Relaxation damit stark gebremst wird.

77

Page 82: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

4 Kommerzielles Reintitan Ti-2

10-4 10-3 10-2 10-110-13

10-11

10-9

10-7

10-5

10-3

10-1

101

103

105

107

109

450

410

350

250

T / °C =

150

650

550

450

350

250

150

10-3/sbei T/°C =

Ti-2

σ / MPa bei 450°C

(σ/G)3

.

εkBT

/ D

Gb

σ / G

10 100 1000

Rp,ss

Rp,0.2

Abbildung 4.46: Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit

ε kB T/DGb und normierter Spannung σ/G fur Rp,0.2 und Rp,ss (Symbole) sowie

bei Spannungsrelaxation (dicke Linien). Die grauen Flachen werden begrenzt durch

Rp,0.2 und Rp,ss. Mit eingetragen ist das naturliche Kriechgesetz (gestrichelte Linie).

Die Pfeile am rechten Bildrand markieren ε = 10−3/s fur die verschiedenen T .

78

Page 83: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

5.1 Mikrostruktur des Ausgangszustandes

Abb. 5.1 zeigt die Phasenstruktur des Ausgangszustandes. Die kubisch raumzentrierte β-

Phase (helle Bereiche) liegt eingebettet in die hexagonale α-Phase (dunkle Bereiche) vor

und zeigt eine leicht zeilige Anordnung parallel zur Stabachse. In Abb. 5.2 sieht man die

feine Kornstruktur des Ausgangszustandes in hoherer Auflosung. Signifikante Unterschie-

de zwischen Langs- und Querschliff bestehen nicht. Die Gefugeanteile der beiden Phasen

wurden zu ≈ 0.07 fur die β-Phase und ≈ 0.93 fur die α-Phase bestimmt [38].

Abb. 5.3 zeigt die quantitative Gefugeanalyse des Ausgangszustands fur zwei unterschied-

liche Probenstabe. Die β-Phase von Stab A zeigt mit 466 nm ± 109 nm deutlich kleinere

mittlere Grenzflachenabstande als die α-Phase des gleichen Stabs mit 856 nm ± 43 nm.

Als Fehler ist hier das 95%-Vertrauensintervall der Sehnenlangenverteilung einer einzelnen

Stichprobe angegeben. Dabei ist zu beachten, dass die Bestimmung der Großenverteilung

der β-Phase aufgrund des Herausatzens der β-Phase aus der TEM-Folie sehr ungenau ist.

Abbildung 5.1: Phasenstruktur des Ausgangszustandes von TiAl6V4 (REM, Stab

A, aus [38]). Links: Querschliff, rechts: Langsschliff. Die β-Phase (weiß) ist einge-

bettet in der α-Phase (dunkle Bereiche).

79

Page 84: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

Abbildung 5.2: Kornstruktur des Ausgangszustandes von TiAl6V4 (STEM, Stab

A, aus [38]). Links: Querschliff, rechts: Langsschliff. Die weißen Bereiche sind

Locher, die durch das Herausatzen der β-Phase bei der Praparation der TEM-Folien

entstanden sind.

Bei Stab B war die Trennung der beiden Phasen nicht ohne großeren Aufwand moglich.

Aus diesem Grund ist hier der mittlere Grenzflachenabstand 557 nm± 46 nm beider Pha-

sen angegeben. Dieser Wert kann aufgrund des hohen Phasenanteils der α-Phase als

Naherungswert fur die Große der α-Phase betrachtet werden. Als Fehler ist das 95%-

Vertrauensintervall der Verteilung der Mittelwerte mehrerer Stichproben angegeben. Der

so ermittelte Wert fur Stab B ist etwa den Faktor 1.5 bis 2 kleiner als der fur Stab A

bestimmte Wert. Mogliche Ursachen fur diesen Befund sind Probenstreuungen und/oder

systematische Fehler bei der Bestimmung der Grenzflachen.

Um eine Aussage uber den Anteil von Kleinwinkelkorngrenzen an den Grenzflachen zu

erhalten, wurden von Hebner [38] Kikuchilinienmuster benachbarter (Sub-)Korner ver-

glichen. Damit ließ sich feststellen ob die mit den Grenzflachen verbundenen Disorien-

tierungen Θ kleiner oder großer als etwa 7◦ sind. Der Anteil der Grenzen mit Θ < 7◦

im Ausgangszustand erwies sich als vernachlassigbar klein. Das deutet darauf hin, dass

der uberwiegende Anteil der Grenzflachen Großwinkelcharakter hat. Da die Grenze zwi-

schen Klein- und Großwinkelkorngrenzen je nach Typ der Grenze zwischen 10◦ und 20◦

liegt, kann allerdings trotz des genannten experimentellen Ergebnisses ein gewisser An-

teil von Kleinwinkelkorngrenzen mit Θ > 7◦ nicht ausgeschlossen werden. Es ist aber

wahrscheinlich, dass die Ausgangskorngroße d0 des untersuchten Materials knapp unter

1 μm liegt, also als ultrafeinkorniges Material angesprochen werden kann. Vermutlich hat

es seine ultrafeinkornige Struktur durch die starke plastische Verformung (severe plastic

deformation) im Laufe des Herstellungsprozesses erworben.

80

Page 85: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.1 Mikrostruktur des Ausgangszustandes

10-2 10-1 100 1010,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

Stab B:

β

α

β

wα + β

= 848 nm +- 43 nm

Stab A [Hebner 2000] Stab B [d.A.]

wα + β

= 557 nm +- 46 nm

wβ = 466 nm +- 109 nm

FC

um

wi / μm

TiAl6V4Ausgangszustand

wα = 856 nm +- 43 nm

α

+

Stab A:

Abbildung 5.3: Summenhaufigkeitsverteilung der Grenzlinienabstande wi von α−und β-Phase im Ausgangszustand (Daten fur Stab A aus [38]). Dicke Linien kenn-

zeichnen Sehnenlangenverteilung und zugehorige Verteilung der Mittelwerte mehre-

rer Stichproben aus Stab B, dunne Linien die Sehnenlangenverteilungen der Probe

aus Stab A. Die schraffierten Flachen geben den Messfehler an. Bei Stab B konnten

die beiden Phasen nicht getrennt werden.

Abb. 5.4 zeigt die Versetzungsstruktur des Ausgangszustandes. Die Versetzungsabstande

sind so klein, dass die Trennung der einzelnen Durchstoßpunkte sehr schwierig ist, was zu

Ungenauigkeiten bei der Auswertung fuhrt. Die Versetzungsdichte ρ in der α-Phase wurde

zu 1014 − 1015m−2 bestimmt [38]. Eine Bestimmung von ρ in der β-Phase war aufgrund

des bevorzugten Atzens dieser Phase im Vergleich zur α-Phase bei der Herstellung der

TEM-Folien nicht moglich. Die hohe Versetzungsdichte im Ausgangszustand von TiAl6V4

ist auf die starke Vorverformung beim Herstellungsprozess zuruckzufuhren.

81

Page 86: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

Abbildung 5.4: Versetzungsstruktur des Ausgangszustandes (TEM, Stab A, aus

[38]).

82

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5.2 Verformung

5.2 Verformung

5.2.1 Evolution des Verformungswiderstandes

Die Abb. 5.5 - 5.8 zeigen das bei konstantem εmech bzw. konstantem σ und 150oC ≤ T ≤650oC gemessene Verformungsverhalten von TiAl6V4. Bei niedrigen T ≤ 350oC zeigen die

σ − ε−Kurven bei εmech = 2 · 10−6/s und 10−3/s kontinuierliche Verfestigung auf ein Ni-

veau maximaler Spannung hin. Der Einfluss von ε auf die σ − ε−Kurven ist minimal, d.h.

die Fließspannung hangt nur schwach von ε ab. Bei 150oC, 250oC und 350oC wurde jeweils

ein Zugkriechversuch bei 300 MPa, d.h. deutlich unterhalb der Streckgrenze, durchgefuhrt.

Abb. 5.6 zeigt die ε − t−Kurven bei 300 MPa und 150oC bzw. 250oC. Auch nach mehr

als 300 h findet man keine signifikante Vorwartsverformung nach Belastung. Die Entla-

stung von 300 MPa auf 0 MPa bei 250oC zeigt, dass die Belastungsdehnung εmech ≈ 0.002

0.0 0.2 0.4 0.6 0.810

-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

2

1

.

εm

ech

/ s

-1

ε

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

21

TiAl6V4150°C

σ /

MP

a

Druck

0.0 0.2 0.4 0.6 0.810

-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

2

1

.

εm

ech

/ s

-1

ε

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

21

TiAl6V4250°C

σ /

MP

a

Druck

Abbildung 5.5: Oben: σ − ε−Kurven von TiAl6V4 , die bei den durch die horizon-

talen Linien im unteren Teilbild gekennzeichneten εmech gemessen wurden. Links:

150oC; rechts: 250oC.

83

Page 88: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

0 100 200 300 400 5000.000

0.001

0.002

0.003

0 MPa

150°C

250°C

TiAl6V4

300 MPa

εm

ech

t / h

Abbildung 5.6: εmech − t−Kurven von TiAl6V4 im Zug bei 300 MPa und 150oC

bzw. 250oC.

vollstandig elastisch ist und sich der Nullpunkt der Dehnungsmessung wahrend des Ver-

suches nur unwesentlich verschoben hat. Bei 350oC und 300 MPa (Abb. 5.7) fallt ε auf

≈ 10−9/s bei ε ≈ 0.0024, d.h. auch bei 350oC findet bei σ ≤ 300 MPa kein praxisre-

levantes Kriechen statt. Da die erwarteten maximalen Spannungen bei Anwendung im

Automobil 300 MPa voraussichtlich nicht ubersteigen, wurde auf weitere Kriechversuche

bei T ≤ 350oC verzichtet.

Mit abnehmendem ε und zunehmendem T steigt der Einfluss von ε auf die σ − ε−Kurven.

Bei 450oC verfestigen die Kurven fur 10−3/s und 10−4/s und fallen aufeinander; bei

εmech ≤ 10−5/s dagegen sinkt die Fließspannung mit abnehmendem ε und die Kurven

zeigen ein lokales Maximum bei ε ≈ 0.1, das sich mit zunehmendem ε zu hoheren ε hin

verschiebt. Die Kriechkurven bei 450oC zeigen ebenfalls diesen Ubergang zwischen Ver-

und Entfestigung im Spannungsbereich um 700 MPa. Die Evolution des Verformungswi-

derstandes verlauft im Rahmen der Probenstreuung bei beiden Versuchsfuhrungen (kon-

stantes εmech bzw. konstantes σ) quantitativ gleich. Dies sieht man z.B. daran, dass sich

die Kurven 3 und b bzw. 4 und c in beiden Teilbildern bei ahnlichen ε schneiden. Ein

stationarer Zustand im Sinne von mit zunehmendem ε gleichbleibendem σ wird nicht er-

reicht.

84

Page 89: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.2 Verformung

0.000 0.001 0.002 0.00310 - 10

10- 9

10- 8

10- 7

0.0 0.2 0.4 0.6 0.810

-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

2

1

a.

εm

ech /

s-1

ε

X

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

a

21

T iAl6V4350°C

σ /

MP

a

X ZugDruck

0.0 0.2 0.4 0.6 0.810-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

X

hg

f

e

dc

b

5

4

3

2

1

a

.

εm

ech /

s-1

ε

X

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1

h

abcdefg

23

45

1

T iA l6V4450°C

σ /

MP

a

X ZugDruck

Abbildung 5.7: Oben: σ − ε−Kurven von TiAl6V4, die bei den durch die horizon-

talen Linien im unteren Teilbild gekennzeichneten εmech gemessen wurden. Unten:

εmech − ε−Kurven, die bei den durch die horizontalen Linien im oberen Teilbild

gekennzeichneten σ gemessen wurden. Links: 350oC; rechts: 450oC.

Bei 550oC zeigen die σ − ε− bzw. ε − ε−Kurven im Bereich niedriger ε bzw. σ Ent-

festigung; die σ − ε−Kurve bei εmech = 10−3/s verlauft horizontal. Bei 650oC existiert

unabhangig von der Versuchsfuhrung ein Ubergang von Entfestigung bei hohen ε bzw. σ

auf Verfestigung bei niedrigen ε bzw. σ. Tendenziell zeigen die Zugversuche bei allen T

etwas geringere Festigkeit als die Druckversuche. Die maximale Probenstreuung betragt

etwa eine Großenordnung in ε , was bei einer feinkornigen, mehrphasigen, technischen Le-

gierung nicht untypisch ist. Mit Ausnahme der Versuche bei 450oC und σ ≥ 654 MPa

zeigen alle Kriechkurven keine Belastungsdehnung εld . Dies liegt daran, dass die Versuchs-

spannungen hier unterhalb der Warmstreckgrenze liegen (vgl. 5.2.3).

85

Page 90: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

0.0 0.2 0.4 0.6 0.810-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

dc

b

2

1

a.

εm

ech /

s-1

ε

X

0

100

200

300

400

500

600

a bc

d

2

1 TiAl6V4550°C

σ /

MP

a

X ZugDruck

0.0 0.2 0.4 0.6 0.810-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

e

d

cb

2

1

a

.

εm

ech

/ s

-1

ε

X

0

100

200

300

400

500

600

a

bcde2

1

TiAl6V4650°C

σ /

MP

a

X ZugDruck

Abbildung 5.8: Oben: σ − ε−Kurven von TiAl6V4, die bei den durch die horizon-

talen Linien im unteren Teilbild gekennzeichneten εmech gemessen wurden. Unten:

εmech − ε−Kurven, die bei den durch die horizontalen Linien im oberen Teilbild

gekennzeichneten σ gemessen wurden. Links: 550oC; rechts: 650oC.

Anhand der in Abb. 5.9 dargestellten Versuche bei 650oC wurde der Einfluss von Textur,

Reibung und Warmebehandlung auf das Verformungsverhalten untersucht. Proben, die

parallel und unter 45o zur Stabachse belastet wurden, zeigen keine signifikanten Unter-

schiede. Dies ist in Ubereinstimmung mit dem in [38] durch Feinbereichsbeugungsanalyse

einer entfestigenden Probe erhaltenen Befund einer nur schwachen Textur. Die Qualitat

der Reibungskorrektur (vgl. 3.3.1) wurde anhand von Proben unterschiedlicher κ0 gepruft.

Nach der Reibungskorrektur verlaufen die σ − ε−Kurven bei κ0 = 1.3 und κ0 = 2.0 paral-

lel, obwohl bei gleichem ε unterschiedlich starke Verformungsbehinderung durch Reibung

vorlag. Dies bestatigt die Wahl der Reibungsparameter.

86

Page 91: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.2 Verformung

0.0 0.2 0.4 0.6 0.810

-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

2

1

.

εm

ech

/ s

-1

ε

10

100

1000

2118 h Glühung

κ0 = 1.3

κ0 = 2.0

Belastung 45° zur Stabachse

650°CDruck

σ /

MP

a1

Abbildung 5.9: Untersuchung des Einflusses von Textur, Reibung und Warme-

behandlung auf das Verformungsverhalten von TiAl6V4. Die σ − ε−Kurven im

oberen Teilbild wurden bei den durch die horizontalen Linien im unteren Teilbild

gekennzeichneten εmech gemessen.

Von Titan ist bekannt, dass es bei hohen T zur Verfestigung aufgrund von Randschicht-

aufhartung durch Aufnahme von Sauerstoff aus der Titanoxidschicht in die Randzone der

Probe kommen kann [5]. Dieser Prozess ist aufgrund der damit verbundenen Diffusions-

prozesse zeitabhangig. Abb. 5.9 legt nahe, dass die beobachtete Verfestigung bei 650oC

und niedrigen ε , d.h. hohen Zeiten, tatsachlich auf Oxidationseffekte zuruckzufuhren ist:

87

Page 92: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

Eine Warmauslagerung vor Versuchsbeginn bei 650oC fur 118 h, was der Versuchsdauer

der verfestigenden Versuche ohne vorhergehende Warmebehandlung entspricht, fuhrt zu

einer Streckgrenzenerhohung auf das Endspannungsniveau des Versuches ohne vorherige

Gluhung. Die nachfolgende Verfestigung ist aufgrund der mit zunehmender Oxidation

langer werdenden Diffusionswege deutlich schwacher als im Fall ohne Warmebehandlung.

5.2.2 Beanspruchungswechsel

Abb. 5.10 zeigt εmech −Wechsel zwischen 10−3/s und 2 · 10−6/s fur 150oC ≤ T ≤ 450oC.

Bei 150oC und 350oC findet man im Bereich der Wechsel Spannungsexponenten bei kon-

stanter Mikrostruktur ncs > 100, d.h. σ ist nahezu unabhangig von εmech . Bei 250oC wird

ncs negativ, d.h. eine ε -Erniedrigung um den Faktor 500 von 10−3/s auf 2 · 10−6/s fuhrt

zu einer σ-Erhohung. Die σ − ε−Kurven fur T ≤ 350oC verlaufen nach dem Ruckwechsel

von 2 · 10−6/s auf 10−3/s auf einem niedrigeren Spannungsniveau als die bei konstan-

tem ε = 10−3/s gemessenen σ − ε−Kurven, d.h. die zwischenzeitliche Verformung bei

2 ·10−6/s fuhrt zu einer bleibenden Erweichung des Materials. Bei 450oC dagegen streben

die σ − ε−Kurven nach Beanspruchungswechseln den jeweiligen monotonen Verlauf an 1.

Die Abb. 5.11 - 5.13 zeigen ausgewahlte ε−Wechsel bei 250oC, 450oC und 650oC. Die

Auftragung von εinel hat gegenuber der Auftragung von εmech den Vorteil, dass die Kur-

ven um elastische Verformungsanteile bereinigt sind und Probleme bei der Regelung von

εmech irrelevant werden. In der Regel erfolgt der Wechsel von εmech sehr schnell, die An-

passung von σ und damit εinel langsam und kontinuierlich.

Mit der Reduktion von εinel verbunden ist bei allen Wechseln zunachst eine Abnahme

von σ. Bei 250oC und 450oC steigt σ wieder kontinuierlich an, nachdem εinel ein nahezu

konstantes Niveau erreicht hat. Bei 250oC stellt sich ein hoheres Spannungsniveau als

bei hoherem εinel ein. Bei 450oC tritt ein relatives Spannungsmaximum auf. Im Gegen-

satz dazu nimmt σ bei 650oC bestandig ab. Beim Ruckwechsel von εinel auf das fruhere

(hohere) Niveau nimmt bei allen Wechseln σ zunachst wieder zu und strebt anschließend

den neuen stationaren Zustand an. Da bei 250oC im Gegensatz zu 450oC und 650oC der

Kurvenverlauf bei hoherem εinel auf einem niedrigeren Spannungsniveau verlauft als bei

niedrigem εinel , findet man hier ein relatives σ−Maximum.

1Dabei erfolgt der Ubergang von σ nach dem εmech −Wechsel nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich.Das hangt einfach damit zusammen, dass sich zwar εmech sprunghaft andert, nicht jedoch εinel , dasebenso wie σ kontinuierlich vom Ausgangswert auf den dem Wechsel entsprechenden neuen Wertabnimmt, indem d εel < 0 wird. Die Abnahme von σ bei konstantem εmech entspricht im Prinzip einemSpannungsrelaxationsversuch; in beiden Fallen wird unter der experimentell gegebenen Bedingungd εmech = 0 bzw. d εinel = −d εel elastische (Ruck-)Verformung in inelastische (Vorwarts-)Verformungumgewandelt.

88

Page 93: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.2 Verformung

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8

2

1

ε0.0 0.2 0.4 0.6 0.8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

2

1

.

εm

ech

/ s

-1

ε

·

2

1

450°C

400

600

800

1000

1200

1

1

2

2

1

350°C

σ /

MP

a

600

800

1000

1200

1400

2

1

TiAl6V4150°C

σ /

MP

a

12

1

21

250°C

Abbildung 5.10: εmech −Wechsel an TiAl6V4 bei verschiedenen T . Oben und Mit-

te: σ − ε−Kurven, die bei den durch die horizontalen Linien im unteren Teilbild

gekennzeichneten εmech gemessen wurden. Symbole kennzeichnen Wechselversuche,

Linien die Versuche ohne Beanspruchungswechsel aus den Abb. 5.5 und 5.7.

89

Page 94: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

0.1 0.2 0.3 0.410

- 7

10- 6

10- 5

10- 4

10- 3

10- 2

0.30 0.31 0.3210- 7

10- 6

10- 5

10- 4

10- 3

10- 2

0.17 0.18 0.1910-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

εin

el /

s-1

εinel

.

600

700

800

900

1000

1100

0.17 0.18 0.19900

950

1000

0.30 0.31 0.321000

1050

1100

TiAl6V4250 °CDruck

σ /

MP

a

Abbildung 5.11: ε−Wechsel an TiAl6V4 bei 250oC. Oben: σ − ε−Kurve, die bei

dem im unteren Teilbild gekennzeichneten εinel gemessen wurde. Die grauen Flachen

kennzeichnen den Bereich, in dem sich εinel stark andert.

90

Page 95: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.2 Verformung

0.1 0.2 0.3 0.410- 7

10- 6

10- 5

10- 4

10- 3

10- 2

εin

el /

s-1

εinel

.

400

500

600

700

800

900

TiAl6V4450 °CDruck

σ /

MP

a

Abbildung 5.12: ε−Wechsel an TiAl6V4 bei 450oC. Oben: σ − ε−Kurve, die bei

dem im unteren Teilbild gekennzeichneten εinel gemessen wurde. Die grauen Flachen

kennzeichnen den Bereich, in dem sich εinel stark andert.

91

Page 96: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.810

- 7

10- 6

10- 5

10- 4

10- 3

10- 2

εin

el /

s-1

εinel

.

100

200

300

TiAl6V4650 °CDruc k

σ /

MP

a

n = 3.5

3.2

Abbildung 5.13: ε−Wechsel an TiAl6V4 bei 650oC. Oben: σ − ε−Kurve, die bei

dem im unteren Teilbild gekennzeichneten εinel gemessen wurde. Die grauen Flachen

kennzeichnen den Bereich, in dem sich εinel stark andert.

92

Page 97: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.2 Verformung

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,510-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

2.0550°C

650°C

70

55

140

100

2.0

95

50

ε

650°C

σ / MPa =

2.2n =

. ε inel /

s-1

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,510-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

11 11 10

654

543

.

ε inel /

s-1

ε

450°Cσ / MPa =

12n =

Abbildung 5.14: σ−Wechsel an TiAl6V4 bei verschiedenen T . Oben: 450oC, unten:

550oC und 650oC.

93

Page 98: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

In Abb. 5.14 werden σ−Wechsel bei verschiedenen T ≥ 450oC gezeigt. Das Ubergangsver-

halten ist normal, d.h. auf eine σ−Erhohung/Erniedrigung folgt Ver-/Entfestigung. Der

Spannungsexponent ncs nimmt dabei mit abnehmendem σ und zunehmendem T von ≈ 11

bei 450oC und ≈ 600 MPa auf den Wert 2 bei 650oC und σ < 100 MPa ab.

5.2.3 Streckgrenze

Die Streckgrenze von TiAl6V4 wurde aufgrund fehlender Zugversuche anhand von Druck-

versuchen bestimmt. Die Bestimmung der plastischen Verformung wird bei Langenmes-

sung mittels LVDT im Druckversuch durch Apparatureinflusse verfalscht. Dies fuhrt dazu,

dass die so ermittelte Streckgrenze systematisch zu hoch bestimmt wird [22]. Abb. 5.15

zeigt die Abhangigkeit der Streckgrenze von T und ε . Das typische Verhalten, dass die

Streckgrenze mit abnehmendem T und zunehmendem ε zunimmt, findet man bei Ti-

Al6V4 nur bei niedrigen T <∼ 150oC und hohen T >∼ 500oC. Im T -Bereich um 300oC

ist die Streckgrenze nahezu unabhangig von T und nur schwach abhangig von ε . Dieses

Verhalten wird typischerweise mit dynamischer Reckalterung erklart (z.B. [39]).

0 100 200 300 400 500 600 70010

100

1000 ·

2·10-6

ε / s-1 = 10-3 TiAl6V4

Rp

0.2

/ MP

a

T / °C

Abbildung 5.15: Rp,0.2 als Funktion von T und ε fur TiAl6V4.

94

Page 99: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.2 Verformung

5.2.4 Stationarer Zustand

Ein mit zunehmender Verformung gleichbleibender Verformungswiderstand wurde in den

zuvor gezeigten Versuchen nur vereinzelt erreicht. Stattdessen zeigten die meisten Versu-

che auch bei hohen ε > 0.5 noch Verfestigung (bei hohen σ bzw. ε ) bzw. Entfestigung

(bei niedrigen σ bzw. ε ).

Als mikrostrukturelle Ursachen fur diesen ausgedehnten Ver-/Entfestigungsbereich kom-

men Anderungen der Dichten freier Versetzungen kaum in Frage, da diese nach allgemeiner

Erfahrung aufgrund der hohen Dynamik von Versetzungserzeugung und -annihilation in

relativ kurzen Dehnungsintervallen ablaufen. Das spricht fur Anderungen der Subkorn-

und Phasenstruktur, die relativ große Dehnungsintervalle benotigen [3].

Der stationare Zustand im Sinne einer sich mit zunehmender Verformung nicht mehr

andernden Versetzungsstruktur ist im vorliegenden Fall bei ε = 0.5 noch nicht erreicht.

Die Anderung des Verformungswiderstandes ist hier aber so gering, dass der Verformungs-

widerstand bei ε = 0.5 als nahezu stationar angesehen werden kann. Abb. 5.16 zeigt diesen

nahe-stationaren Zusammenhang zwischen ε und σ fur verschiedene T bei ε = 0.5. Mit

eingetragen sind auf ε = 0.5 extrapolierte Daten aus Versuchen, bei denen diese Verfor-

mung nicht erreicht wurde. Die Festigkeit nimmt mit zunehmendem ε und abnehmendem

T zu. Die Steigung der Kurven wachst von n ≈ 2 bei 650oC und σ <∼ 100 MPa auf n > 100

bei T ≤ 350oC und ε > 10−6/s extrem stark an.

Abb. 5.17 zeigt den nahe-stationaren Zustand aus Abb. 5.16 in einer Auftragung der

normierten Verformungsgeschwindigkeit ZD = ε kB T/(DGb) als Funktion der normierten

Spannung σ/G (mit G: Wert von Titan (siehe Kap. 4.2.3)). Die Wahl von D ist nicht

unkritisch. TiAl6V4 wird hier vereinfachend als binare Legierung aus Ti und V behan-

delt. D = DTi · DV/[DTi · cV + DV · (1 − cV)] (mit DV: Diffusionskoeffizient von V in Ti;

cV: V-Konzentration) entspricht dem Diffusionskoeffizienten fur Klettern in einer solchen

binaren Legierung [40, 41]. Das fur die Normierung gewahlte D = 0.05 DTi (aus [19]) ist

ein Naherungswert fur T>∼ 450oC.

Im Bereich niedriger T ist die Wahl eines Diffusionskoeffizienten zur Normierung nicht

mehr physikalisch begrundet, da hier andere thermisch aktivierte Prozesse (mit niedri-

gerem Q) als bei hohen T bestimmend sind. Die hier durchgefuhrte Normierung von

ε im Bereich niedriger T<∼ 350oC fuhrt daher wahrscheinlich zu einer ubertrieben star-

ken vertikalen Verschiebung der fur niedrige Temperaturen gemessenen Daten. Wegen der

Steilheit der Kurve in diesem Bereich macht sich dieser Fehler aber nicht stark bemerkbar.

Die Messpunkte liegen auf einem Streuband, das gegenuber der Kurve von Ti-2 zu hohe-

ren Spannungen hin verschoben ist und etwas unterhalb des naturlichen Kriechgesetzes

verlauft. Der stationare Spannungsexponent steigt kontinuierlich von n ≈ 2 bei σ <∼95

Page 100: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

10 100 100010-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

350°

C /

250

°C /

150

°C

450°

C

550°

C

650°

C

.

ε = 0.50TiAl6V4

ε /

s-1

σ / MPa

3

10 100 1000

Abbildung 5.16: Nahe-stationarer Zusammenhang zwischen ε und σ, bestimmt

bei ε = 0.5. Die gestrichelten Linien deuten lose den Verlauf fur verschiedene T an.

Pfeile kennzeichnen Zugversuche.

4 ·10−3G auf n > 100 bei σ ≈ 3 ·10−2G. Bei ZD ≈ 102 ist der Spannungsexponent negativ

(ε -Wechselversuch bei 250oC in Abb. 5.11).

96

Page 101: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.2 Verformung

10-4

10-3

10-2

10-1

10-13

10-11

10-9

10-7

10-5

10-3

10-1

101

103

105

107

109

TiAl6V4

450

250

350

150

10-3/s

bei T/°C =

. DG

b

Ti-2

Al

150 250 350 450 550 650 900 [Henes]

(σ/G)3

ε k

BT

σ / G

550

650

T / °C =

10 100 1000

σ / MPa bei 450°C

Abbildung 5.17: Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit

ε kB T/DGb und normierter Spannung σ/G nahe dem stationaren Zustand. Mit

eingetragen sind Kurven fur reines Al (aus [3]) und Ti-2 (siehe Abb. 4.11). Fur

die Normierung wurde D = 0.05 DTi verwendet (aus [19]). Die Pfeile am Bildrand

kennzeichnen ε = 10−3/s fur TiAl6V4 bei verschiedenen T .

97

Page 102: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

Abbildung 5.18: Langsschliff (REM) der bei 300 MPa und 450oC bis ε = 0.24

verformten Zugprobe aus Abb. 5.7 (aus [38]).

5.3 Mikrostruktur des verformten Zustands

Abb. 5.18 zeigt die Phasenstruktur der bei 300 MPa und 450oC bis ε = 0.24 verformten

Zugprobe aus TiAl6V4 aus Abb. 5.7. Eine bevorzugte Orientierung der Phasen oder sig-

nifikante Anderungen der Phasenstruktur im Vergleich zum Ausgangszustand (vgl. Kap.

5.1) sind nicht erkennbar.

Abb. 5.19 zeigt den Langsschliff der bei 10−3/s und 450oC bis ε = 0.80 verformten Druck-

probe aus Abb. 5.7. Diese Probe verfestigte stark auf eine Endspannung von 795 MPa. Die

Mikrostruktur weist neben großen (Sub-)Kornern auch sehr viele kleinere Bereiche (einige

10 nm) unterschiedlicher Orientierung auf. Durch den Vergleich der Kikuchilinienmuster

benachbarten Bereiche konnte in [38] gezeigt werden, dass die Orientierungsunterschie-

de teilweise nur wenige Grad betrugen, d.h. es sich hier um Subkorngrenzen handelt.

Die Versetzungsdichte in diesem Versuch ist gegenuber dem Ausgangszustand deutlich

angestiegen. Eine exakte quantitative Bestimmung von ρ ist nicht moglich, da die Ver-

setzungsdichte so hoch ist, dass die einzelnen Durchstoßpunkte großtenteils nicht mehr

getrennt werden konnen. Die Angabe von ρ ≈ 1016/m2 ist daher nur als Schatzwert zu

betrachten.

Abb. 5.20 zeigt den Langsschliff der bei 75 MPa und 550oC bis ε = 0.33 verformten

Druckprobe aus Abb. 5.8. Diese Probe entfestigte. Die (Sub-)Kornstruktur zeigt keine

Vorzugsrichtung. Hier sind die Bereiche unterschiedlicher Orientierungen deutlich großer

als bei der in Abb. 5.19 gezeigten Probe. Die quantitative Gefugeanalyse in Abb. 5.21

98

Page 103: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.3 Mikrostruktur des verformten Zustands

Abbildung 5.19: Langsschliff (STEM) der bei 10−3/s und 450oC bis ε = 0.80 ver-

formten, Verfestigung zeigenden Druckprobe aus Abb. 5.7 (Stab B). Kreuze kenn-

zeichnen Punkte, an denen das Kikuchilinienmuster untersucht wurde (aus [38]).

bestatigt dies: Gegenuber dem Ausgangszustand (vgl. Abb. 5.3) hat sich der mittlere

Grenzflachenabstand der α-Phase im Versuch bei 75 MPa und 550oC um den Faktor 2-3

erhoht, wahrend der der β-Phase keine signifikanten Anderungen zeigt. Als Messfehler

ist hier das 95%-Konfidenzintervall der Verteilung der Mittelwerte mehrerer Stichproben

angegeben. Im Versuch bei 10−3/s und 450oC mit einer Endspannung von 795 MPa ist

die Gefugestruktur deutlich verfeinert. Der Grenzflachenabstand in der α-Phase hat um

etwa den Faktor 5 gegenuber dem unverformten Zustand abgenommen. Da hier nur eine

einzelne Stichprobe betrachtet wurde, ist das 95%-Konfidenzintervall der Sehnenlangen-

verteilung dieser Stichprobe als Fehler angegeben 2. Die Ermittlung der Großenverteilung

der β-Phase war bei diesem Versuch nicht moglich.

2Dieser Fehler ist systematisch kleiner als bei Betrachtung der Mittelwerte mehrerer Stichproben.

99

Page 104: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

Abbildung 5.20: Langsschliff (STEM) der bei 75 MPa und 550oC bis ε = 0.33

verformten, Entfestigung zeigenden Druckprobe aus Abb. 5.8 (Stab B).

100

Page 105: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.3 Mikrostruktur des verformten Zustands

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,010-2 10-1 100 101

unve

rform

t

w i = 1

188

nm +

- 140

nm

w i = 5

57 n

m +

- 46

nm

10-3 /s

, 450

°C

FC

um

TiAl6V4

75 M

Pa,

550

°C

w i = 1

02 n

m +

- 6.

6 nm

Stab B

α - Phase

10-2 10-1 100 1010,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

wi = 554 nm +- 114 nm

verformt:

unve

rfor

mt

β - Phase unverformt (Stab A) verformt (Stab B)

wi = 466 nm +- 105 nm

FC

um

wi / μm

TiAl6V4

75 MPa, 550°Cunverformt:

Abbildung 5.21: Summenhaufigkeitsverteilung der Grenzflachenabstande von Ti-

Al6V4 nach Verformung. Oben: α-Phase; unten: β-Phase. Dunne Linien kennzeich-

nen die Verteilung der Sehnenlangen, dicke Linien die Verteilung der Mittelwerte

mehrerer Stichproben. Die schraffierten Flachen geben den Messfehler an. Zum Ver-

gleich sind Kurven fur den Ausgangszustand eingetragen.

101

Page 106: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

5.4 Spannungsrelaxation

Das Spannungsrelaxationsverhalten von TiAl6V4 wurde bei 450oC und 650oC anhand von

ε− und σ−kontrollierten Druckversuchen bei Relaxationsstartspannungen σ0 ≤ 650 MPa

unter Bedingungen unter- und oberhalb der Warmstreckgrenze untersucht.

5.4.1 Spannungskontrollierte Versuchsfuhrung

In den Abb. 5.22 - 5.25 wird die Bestimmung des Spannungsrelaxationsverhaltens von

TiAl6V4 am Beispiel eines σ−kontrollierten Versuchs bei 450oC gezeigt.

Abb. 5.22 zeigt den Zusammenhang zwischen σ bzw. εmech und εmech fur diesen Ver-

such wahrend der Belastung auf den Relaxationsstartpunkt (σ0 = 300 MPa, εmech,0 =

1.5 · 10−6/s) und der nachfolgenden kontrollierten σ−Reduktionen. σ0 liegt deutlich un-

terhalb der Warmstreckgrenze von ≈ 600 MPa (vgl. 5.2.3).

Abb. 5.23 zeigt, dass die Relaxationsbedingung Δεinel = −Δεel,Pr in diesem Versuch

gut erfullt ist und 20-30% der elastischen Ruckverformung wahrend der Entlastungen auf

Apparaturbeitrage εel,App zuruckzufuhren ist.

Der Zusammenhang zwischen εmech bzw. σ und t fur die Entlastungen ist in Abb. 5.24

dargestellt. Die inelastische Verformungsgeschwindigkeit εinel wahrend der Spannungsre-

laxation wurde fur jeden Teilschritt bei der Dehnung bestimmt, bei der Δεinel = −Δεel,Pr

gilt.

Abb. 5.25 zeigt den so ermittelten εinel − σ−Zusammenhang. Die Kurve des zuvor gezeig-

ten Versuchs bei 450oC lauft ausgehend vom Startpunkt auf das Streuband der Rp,ss−Werte

bei gleichem T zu und setzt im Bereich niedriger σ <∼ 200 MPa lose den Rp,ss−Verlauf

fort. Diese Ubereinstimmung zwischen den ε − σ−Zusammenhangen bei Relaxation und

am stationaren Zustand wird auch bei 650oC gefunden.

102

Page 107: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.4 Spannungsrelaxation

0,000 0,001 0,002 0,003 0,004 0,005 0,006 0,00710-7

10-6

10-5

10-4

10-3

10-2

.

ε mec

h / s -

1

εmech

0

50

100

150

200

250

300

350

TiAl6V4450°Cσ

0 = 300 MPa

σ / M

Pa

Abbildung 5.22: Zusammenhang zwischen σ bzw. εmech und εmech im spannungs-

kontrollierten Relaxationsversuch an TiAl6V4 bei 450oC und σ0 = 300 MPa. Der

große Kreis markiert den Startpunkt der Spannungsrelaxation.

103

Page 108: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.50

50

100

150

200

250

300

350

E

Δεel

Δεinel

TL4d310TiAl6V4450°C

σ /

MP

a

Δε / 10-3

Abbildung 5.23: Zusammenhang zwischen σ und akkumulierter elastischer

Ruckdehnung wahrend der Entlastung,∑

Δεel,i, bzw. akkumulierter inelastischer

Vorwartsverformung nach der Entlastung,∑

Δεinel,i, im Versuch aus Abb. 5.22. Die

gestrichelte Linie zeigt die elastische Reaktion der Probe.

104

Page 109: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.4 Spannungsrelaxation

1000 11000 21000 310000

50

100

150

200

250

300

350

σ / M

Pa

t / s

0.0049

0.0054

0.0059

0.0064

ε me

ch

TL4D310TiAl6V4450°C

εinel

.

inel

101 102 103 104 105 106 1070

50

100

150

200

250

300

350

σ

/ MP

a

t / s

0.0049

0.0054

0.0059

0.0064

ε me

ch

TL4D310TiAl6V4450°C

Abbildung 5.24: Zusammenhang zwischen εmech (oben) bzw. σ (unten) und t im

spannungskontrollierten Relaxationsversuch an TiAl6V4 bei 450oC. Links: lineare

Zeitachse, rechts: logarithmische Zeitachse.

105

Page 110: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

10 100 100010-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

Relaxation R

p,ss

650°

C

. ε ine

l / s-1

σ / MPa

TiAl6V4

450°

C

Abbildung 5.25: εinel − σ−Zusammenhang im σ−kontrollierten Relaxationsver-

such von TiAl6V4. Zusatzlich zu dem in den Abb. 5.22 - 5.24 gezeigten Versuch bei

450oC sind ein weiterer Versuch bei 650oC und Messpunkte fur Rp,ss eingetragen.

Die großen Symbole kennzeichnen den jeweiligen Relaxationsstartpunkt.

106

Page 111: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.4 Spannungsrelaxation

0,00 0,01 0,02 0,03 0,04 0,050

100

200

300

400

500

600

700

εmech

TiAl6V4650°C

σ / M

Pa

εmech

= 10-4/s.

4E

0,00 0,01 0,02 0,03 0,04 0,050

100

200

300

400

500

600

7003

2

εmech

TiAl6V4450°C

σ / M

Pa

εmech

= 10-4/s.

1

E

Abbildung 5.26: σ − εmech−Kurven von TiAl6V4 bei Belastung auf die Start-

punkte der (dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxationsmessung bei 450oC (oben)

und 650oC (unten). Die großen Symbole kennzeichnen den jeweiligen Relaxations-

startpunkt bzw. die Pfeile die Große des Spannungsabfalls wahrend der Relaxation.

107

Page 112: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

5.4.2 Dehnungskontrollierte Versuchsfuhrung

Abb. 5.26 zeigt die σ − εmech−Kurven bei Belastung mit εmech = 10−4/s auf die jeweili-

gen Relaxationsstartpunkte bei 450oC und 650oC. Die Relaxationen 1 und 2 wurden an

der gleichen Probe bei σ0 unterhalb der Warmstreckgrenze durchgefuhrt. Die Relaxatio-

nen 3 und 4 wurden bei εmech ≈ 0.04 gestartet. Die E∗ dieser Druckversuche betragen

≈ 0.5−0.7 E bei 450oC bzw. 0.23 E bei 650oC. Der hohere Apparaturanteil an der Verfor-

mung bei 650oC ist auf die bei hoheren T erleichterte Probenanpassung zuruckzufuhren.

Abb. 5.27 zeigt die gemessene Abnahme von σ mit tRel. Ausgehend von unterschiedlichen

σ0 laufen die Kurven fur 450oC im Bereich hoher Zeiten zusammen. Bei 650oC ist die

Spannung nach 104 s fast vollstandig relaxiert.

Aus dem σ − tRel−Verlauf in Abb. 5.27 wurde der in Abb. 5.28 dargestellte σ − σ−Zusam-

menhang ermittelt, aus dem unter Verwendung von Gl. (3.5) der ε − σ−Verlauf in Abb. 5.29

folgt. Die Kurve von Versuch 2 lauft mit der Kurve von Versuch 3 zusammen. Inte-

ressanterweise verlauft die Relaxation 1 etwa 2-3 mal so schnell wie Relaxation 2, obwohl

es sich um die gleiche Probe handelt. Relaxation 4 bei 650oC ergibt eine Gerade im

doppeltlogarithmischen ε − σ−Diagramm mit n = 2.5. Die ε − σ−Zusammenhange bei

Spannungsrelaxation und am stationaren Zustand zeigen gute Ubereinstimmung.

100 101 102 103 104 105 106 1070

100

200

300

400

500

600

700

650°C

4

2

TiAl6V4

σ /

MP

a

tRel

/ s

1 450°C

3

Abbildung 5.27: Gemessener Zusammenhang zwischen σ und tRel wahrend der

(dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxation von TiAl6V4 bei 450oC und 650oC. Die

großen Kreise kennzeichnen die Startspannung σ0.

108

Page 113: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.4 Spannungsrelaxation

1 10 100 100010-6

10-5

10-4

10-3

10-2

10-1

100

101

650°

C

450°

C

TiAl6V4

.

σ

/ M

Pa

s-1

σ / MPa

1 2

4 3

Abbildung 5.28: Aus dem σ − tRel−Verlauf in Abb. 5.27 bestimmter

σ − σ−Zusammenhang wahrend der (dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxation

von TiAl6V4. Die großen Symbole kennzeichnen den Relaxationsstartpunkt.

109

Page 114: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

1 10 100 100010-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

ε−kontr. Rel. R

p,ss bei 450°C

Rp,ss

bei 650°C

650°

C

.

ε ine

l / s-1

σ / MPa

450°

C

TiAl6V44

1 2

3

Abbildung 5.29: Mit Gl. (3.5) berechneter εinel − σ−Zusammenhang wahrend

der dehnungsgeregelten Spannungsrelaxation von Ti-2 bei 450oC und 650oC. Die

großen Symbole kennzeichnen den jeweiligen Relaxationsstartpunkt. Zusatzlich sind

Messpunkte fur Rp,ss eingetragen.

110

Page 115: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.4 Spannungsrelaxation

5.4.3 Vergleich der Relaxationsversuche

Abb. 5.30 fasst die ε − σ−Kurven der σ− und ε−kontrollierten Relaxationsversuche zu-

sammen. Im Rahmen der Streuung besteht kein Unterschied hinsichtlich der Versuchsfuh-

rung. Die Kurven der Relaxationsversuche stimmen mit den Rp,ss−Daten uberein und set-

zen deren Verlauf im Bereich niedriger σ fort. Aus den in Abb. 5.30 gezeigten ε − σ−Kur-

ven wurde durch Integration von Gl. (3.5) der in Abb. 5.31 gezeigte σ − log tRel−Verlauf

berechnet. Die Kurven der Relaxationsversuche bei gleichem T laufen unabhangig von σ0

und der Vorverformung zu Relaxationsbeginn (vgl. Abb. 5.22 und 5.26) im Langzeitbe-

reich zusammen und bilden ein schmales Streuband. Abb. 5.32 zeigt den Zusammenhang

zwischen σ und der normierten Relaxationszeit tRel · exp(−Q/RT ) fur die in Abb. 5.31

gezeigten Versuche. Diese Normierung bringt die bei verschiedenen T bestimmten Rela-

xationskurven nach einem Ubergangsbereich, der von den Relaxationsstartbedingungen

abhangt, in gute Ubereinstimmung. Mit dieser Masterkurve lasst sich das Relaxations-

verhalten auch bei anderen 450 ≤ T ≤ 650oC berechnen. Bei niedrigeren T ist die Wahl

von Q = 242 kJ/mol zweifelhaft, so dass in diesem T−Bereich erst absichernde Expe-

rimente notwendig sind. Das Relaxationsverhalten bei 650oC ist extrem schlecht, da die

Spannung bereits nach relativ kurzer Zeit auf sehr kleine Werte abfallt. Dieses Verhal-

ten entspricht der hohen Geschwindigkeitsempfindlichkeit der Fließspannung m = 1/n in

diesem Bereich.

111

Page 116: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

1 10 100 100010-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

σ−kontr. Rel. ε−kontr. Rel. R

p,ss bei 450°C

Rp,ss

bei 650°C

650°

C

.

ε ine

l / s-1

σ / MPa

450°

C

TiAl6V44

1 2

3

Abbildung 5.30: Bei dehnungskontrollierter (offene Kreise) bzw. spannungs-

kontrollierter (Quadrate) Versuchsfuhrung gemessener εinel − σ−Zusammenhang

wahrend der Spannungsrelaxation von TiAl6V4 bei 450oC und 650oC. Die großen

Symbole kennzeichnen den jeweiligen Relaxationsstartpunkt. Zusatzlich sind Mess-

punkte fur Rp,ss eingetragen.

112

Page 117: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.4 Spannungsrelaxation

100 101 102 103 104 105 106 1070

100

200

300

400

500

600

700

σ −kontr. Rel. ε −kontr. Rel.

650°C

TiAl6V4

σ /

MP

a

tRel

/ s

450°C

1

2

3

4

Abbildung 5.31: Zusammenhang zwischen σ und tRel wahrend der Spannungs-

relaxation von TiAl6V4 bei 450oC und 650oC. Die Kurven wurden aus dem

εinel − σ−Verlauf in Abb. 5.30 berechnet.

10-18 10-17 10-16 10-15 10-14 10-13 10-12 10-11 10-10 10-9 10-80

100

200

300

400

500

600

7001 s bei T/°C =

450°C 650°C

TiAl6V4

σ /

MP

a

tRel

/ s · exp(-Q/RT)

Q=242 kJ/mol

450 550 650

Abbildung 5.32: σ als Funktion der T -normierten Relaxationszeit tRel ·exp(−Q/RT ) der in Abb. 5.31 gezeigten Versuche an TiAl6V4. Zur Normierung

wurde Q = 242 kJ/mol verwendet.

113

Page 118: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

5.5 Kriechzeiten

Die Kriechversuche an TiAl6V4 zeigten mit Ausnahme der Versuche bei σ ≥ 654MPa

und 450oC keine plastische Belastungsdehnung. Daher ist eine Unterscheidung zwischen

tε und tΔε nicht notig. Abb. 5.33 zeigt die Kriechzeiten tε = 0.003 und tε = 0.01 als Funk-

tion von σ und T . Abb. 5.34 zeigt die T -normierten Kriechzeiten tε·exp(−Q/RT ) mit

Q = 242 kJ/mol (vgl. Kap. 4.2.1) fur verschiedene 0.003 ≤ ε ≤ 0.05 als von σ/G. Man

erhalt einen einheitlichen Kurvenverlauf, der deutliche Verwandtschaft zum stationaren

ε − σ−Zusammenhang in Abb. 5.16 aufweist: Mit zunehmendem σ steigt der Spannungs-

exponent der normierten Kriechzeit von nt ≈ 2 bei σ ≈ 5 · 10−3 G auf nt > 20 bei

σ ≈ 1.5 · 10−2 G. Diese Evolution von nt entspricht der Evolution des Spannungsexponen-

ten der stationaren Verformungsgeschwindigkeit, wobei die normierte tε-Kurve gegenuber

der stationaren ε − σ−Kurve (Abb. 5.17) zu etwas kleineren σ/G verschoben ist.

50 500100

101

102

103

104

105

106

107

350°C

300200100

TiAl6V4

650°C

550°C

450°C

t ε =

0.0

03 /

s

σ / MPa

50 500100

101

102

103

104

105

106

107

300200100

TiAl6V4

650°C

550°C

450°C

t ε =

0.0

1 / s

σ / MPa

Abbildung 5.33: Kriechzeiten tε = 0.003 (links) und tε = 0.01 (rechts) als Funktion

von σ und T .

114

Page 119: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.5 Kriechzeiten

10-4 10-3 10-2 10-110-9

10-10

10-11

10-12

10-13

10-14

10-15

10-16

2

1

= 0.3%

0.5%

1%

2%

5%

ε

TiAl6V4

t ε·ex

p(-Q

/kT

) / s

σ / G

Abbildung 5.34: T -normierte Kriechzeiten tε·exp(−Q/RT ) (mit Q = 242 kJ/mol)

als Funktion von σ/G. Man beachte die inverse Skalierung der Zeitachse.

115

Page 120: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

5.6 Diskussion

Die mischkristallgehartete Legierung TiAl6V4 wurde wahrend des Herstellungsprozesses

stark vorverformt. Infolgedessen liegt eine hohe Versetzungsdichte und feine Subkornstruk-

tur mit hohem Anteil von Großwinkelkorngrenzen im Ausgangszustand vor, wie sie auch

in anderen, durch extreme plastische Verformung hergestellten ultrafeinkornigen Stoffen

gefunden wird. Die Phasenstruktur besteht aus der Al-reichen, hexagonalen α−Phase mit

einem Volumenanteil von 93% und der V-reichen, kubisch raumzentrierten β-Phase. Die

Verformung von TiAl6V4 wird durch diese Mikrostruktur bestimmt. Die Diskussion des

Verformungsverhaltens erfordert somit die Berucksichtigung von Phasen-, Versetzungs-,

Subkorn- und Kornstruktur sowie der (substitutionell) gelosten Fremdatome.

5.6.1 Verfestigungsverhalten

Ein Charakteristikum der Verformungskurven in 5.2 ist das Auftreten eines lokalen Ver-

formungswiderstandsmaximums verbunden mit nachfolgender Entfestigung fur σ <∼ 1.8 ·10−2G. Oberhalb dieser Spannung verfestigt TiAl6V4 kontinuierlich. Einzige Ausnahme

von diesem Befund ist die bei 650oC und niedrigen ε beobachtete Verfestigung. Diese

wurde in 5.2 mit Randschichtaufhartung aufgrund von Oxidation erklart. Dieser Effekt

ist aufgrund der beteiligten Diffusionsprozesse rein zeitabhangig und unterscheidet sich

von den dehnungsabhangigen Effekten, die auf die Evolution von Versetzungs-, Phasen-

und (Sub-)Kornstruktur wahrend der Verformung zuruckzufuhren sind.

Das Ubergangsverhalten bei Verformung wird durch die mikrostrukturellen Unterschiede

zwischen dem Ausgangszustand und dem verformten Zustand bestimmt. Neben Ande-

rungen der Versetzungs- und (Sub-)Kornstruktur mussen auch Anderungen in Phasen-

struktur und Textur als Ursache fur das Ubergangsverhalten in Betracht gezogen werden.

Eine Verfalschung des Ubergangsverhaltens aufgrund einer ungeeigneten Korrektur der

Reibungseinflusse im Druck kann aufgrund der in Abb. 5.9 gezeigten Versuche an Proben

unterschiedlicher κ0 ausgeschlossen werden. Da Versuche an unterschiedlich orientierten

Proben keine Unterschiede im Verformungsverhalten zeigten (Abb. 5.9), sind Textureffek-

te vernachlassigbar.

Die Versuchstemperaturen liegen unterhalb der abschließenden, phasenstabilisierenden

Warmauslagerung bei 704oC beim Herstellungsprozess. Der Ubergang zwischen dem α−und dem (α + β)−Gebiet liegt bei ≈ 600oC [42]. Oberhalb dieser Temperatur ist ei-

ne Zunahme des Volumenanteils der β-Phase nicht auszuschließen. Dies konnte entfe-

stigend wirken, da die β-Phase bei diesen T weicher als die α-Phase ist [5, 43]. Fur

T <∼ 600oC ist mit keinen signifikanten Anderungen der Phasenstruktur zu rechnen. Die

Ausscheidung neuer Phasen wie der geordneten α2- und der stark hartend wirkenden

hexagonalen ω−Zwischenphase ist aufgrund der vorliegenden Warmebehandlung unter

116

Page 121: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.6 Diskussion

den gewahlten Versuchsbedingungen nicht zu erwarten [5] und wurde mikroskopisch auch

nicht beobachtet. Entfestigende Proben zeigten bei Versuchsunterbrechung und Warmaus-

lagerung bei 450oC fur mehrere Tage nach anschließender Wiederbelastung keine signi-

fikante Anderung gegenuber dem vorherigen Kurvenverlauf [38]. Zeitabhangige Prozesse

wie Ausscheidungsvorgange konnen damit nicht die Entfestigung erklaren. Der Einfluss

unterschiedlicher Phasenstrukturen auf das Verformungsverhalten ist im Vergleich zur

restlichen Mikrostruktur gering [5]. Als verformungsbestimmende Faktoren bleiben daher

die Versetzungs- und (Sub-)Kornstruktur ubrig. Dies wird im Folgenden diskutiert.

Abb. 5.35 zeigt die in 5.1 und 5.3 bestimmten charakteristischen mikrostrukturellen

Abstande als Funktion von σ/G. Im Versuch bei σ ≈ 3·10−2 G haben sich der mittlere Ver-

setzungsabstand ρ−0.5 und der mittlere Grenzflachenabstand der α-Phase gegenuber dem

Ausgangszustand signifikant verringert. Die Versuche bei σ <∼ 3 · 10−3 G dagegen zeigen

eine Vergroberung; eine signifikante Anderung von ρ−0.5 ist nicht nachweisbar. Die Span-

nungsabhangigkeit der Grenzflachenabstande der α-Phase lasst sich durch w = 10 bG/σ

beschreiben; der Versetzungsabstand folgt der fur die meisten Werkstoffe gultigen Bezie-

hung ρ−0.5 = bG/σ.

Es liegt nahe, diese spannungsabhangigen Anderungen der Subkornstruktur bei Verfor-

mung mit dem experimentell beobachteten Ubergang zwischen Ver- und Entfestigung in

Verbindung zu bringen. Bei Vergroberung der Subkornstruktur, z.B. durch Wanderung

von Kleinwinkelkorngrenzen bedingt, ist mit Entfestigung zu rechnen. Allerdings erklart

die Subkornvergroberung bei Spannungen unterhalb 3 · 10−3 G nicht, dass Entfestigung

bis zu Spannungen von 18 · 10−3 G beobachtet wird.

Das bedeutet, dass es neben der Subkornvergroberung noch weitere Ursachen fur ein re-

latives Maximum des Verformungswiderstandes geben sollte. Eine mogliche Ursache liegt

in der dynamischen Reckalterung, deren Existenz in TiAl6V4 klar nachgewiesen wurde.

Ahnlich wie im Fall des Ti-2 begrundet wurde (Abschn. 4.6), kann der Ubergang von

Versetzungen, die sich am Beginn der Verformung von ihren durch statische Reckalterung

gebildeten Fremdatomwolken losreißen, von zunachst sprunghafter in viskose Gleitbewe-

gung uber ein Maximum des Verformungswiderstandes fuhren. Kompliziert wird dieser

Ubergang noch dadurch, dass Gebiete sprunghafter und viskoser Versetzungsbewegung

nebeneinander vorliegen. In den Gebieten sprunghafter Versetzungsbewegung ist die sich

einstellende Versetzungsdichte relativ hoch (vgl. Gl. (2.4) und ihre Begrundung). Da-

durch entstehen im Material Bereiche, die gegenuber dem Endzustand viskoser Verset-

zungsbewegung verfestigt sind und eine entfestigende Abnahme der Versetzungsdichte

zur Erreichung ihres stationaren Zustands benotigen. Damit lasst sich das Verhalten von

TiAl6V4 im Prinzip aus der Uberlagerung von Subkornstrukturanderungen und dynami-

scher Reckalterung verstehen.

117

Page 122: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

10-4 10-3 10-2 10-110-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

α-Phase β-Phase ρ-0.5

ρ-0.5

β

TiAl6V4 Messwerte

ρ -0.5 = bG / σ

w = 10 bG / σ

Abs

tand

/ m

σ / G

100 MPa bei 450°C

α

Abbildung 5.35: Mikrostrukturelle Abstande als Funktion von σ/G fur TiAl6V4.

Symbole kennzeichnen die Messwerte aus Verformungsversuchen, die schraffierten

Flachen die Grenzflachenabstande der unverformten α− und β−Phase sowie den

Versetzungsabstand im Ausgangszustand ρ−0.50 (mit Daten aus [38]). Mit eingetra-

gen sind Abschatzungen fur die Subkorngroße w und den Versetzungsabstand ρ−0.5

am stationaren Zustand.

118

Page 123: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.6 Diskussion

5.6.2 Stationarer Zustand

Das Verformungsverhalten von TiAl6V4 nahe dem stationaren Zustand ist durch eine

Zunahme des Spannungsexponenten von n ≈ 2 bei σ <∼ 4 · 10−3 G auf n > 100 bei

σ ≈ 3 · 10−2 G (vgl. Abb. 5.17) charakterisiert. Die in Abb. 5.36 eingetragenen Bean-

spruchungswechsel aus 5.2.2 bestatigen diese Evolution des Spannungsexponenten auch

fur den Spannungsexponenten bei konstanter Struktur. Im Folgenden wird nicht mehr

zwischen n und ncs unterschieden.

Superplastizitat

Der bei σ <∼ 4 · 10−3G gefundene Spannungsexponent n ≈ 2 deutet auf eine dominante

Rolle der Korngrenzen bei der Verformung hin. Bei T ≥ 800oC wurde u.a. von [44, 45, 46]

das Auftreten von Superplastizitat in TiAl6V4 beobachtet. Im Bereich der Superplasti-

zitat wird die Verformung im Wesentlichen durch Korngrenzgleiten, das durch Akkomo-

dationsprozesse wie Versetzungsbewegung und Diffusion begleitet wird, bestimmt. Eine

notwendige Voraussetzung fur das Auftreten von Superplastizitat ist ein hoher Anteil von

Korngrenzflachen, d.h. sehr kleine Korngroßen wie im Fall des hier untersuchten TiAl6V4.

Das Auftreten von Superplastizitat bei relativ niedrigen T ist konsistent mit der feineren

Kornstruktur im Vergleich zu den von [44, 45, 46] untersuchten Zustanden. Das in [38]

berichtete Ausbleiben einer Probeneinschnurung der bei T ≥ 550oC bis ε > 0.3 verform-

ten Zugprobe aus Abb. 5.8 ist ein weiteres Indiz fur Superplastizitat.

Ungewohnlich ist die beobachtete Entfestigung im Bereich der Superplastizitat. Da die

Verformung bei Superplastizitat nicht durch Subkorngrenzen und Versetzungsstruktur,

sondern durch Korngrenzen bestimmt wird, erscheint Subkornvergroberung als Ursache

fur die Entfestigung hier unwahrscheinlich. Die mit Superplastizitat konsistentere Er-

klarung ist, dass der Anteil der Großwinkelkorngrenzen zunimmt. Das wurde bedeuten,

dass sich zwar der Anteil der Kleinwinkelkorngrenzen an den Grenzflachen verringert,

gleichzeitig aber durch Vergroßerung der Orientierungsunterschiede einige Subkorngren-

zen in Korngrenzen umwandeln.

Dynamische Reckalterung

Bei σ >∼ 4 · 10−3G wird die Verformung nicht mehr durch die Korngrenzen, sondern durch

Kinetik und Struktur der Subkorner und freien Versetzungen bestimmt. Die in 5.2.2 dar-

gestellten Beanspruchungswechsel bei niedrigen 4 · 10−3 <∼ σ/G<∼ 10−2 zeigten normales

Ubergangsverhalten mit n ≈ 3. Bei hoheren σ/G wird das Ubergangsverhalten kom-

plex: Die lokalen σ−Maxima nach ε−Reduktion in Abb. 5.11 sowie die hohen Werte des

Spannungsexponenten zeigen deutliche Analogie zu dem bei Ti-2 im Bereich des Knicks

(vgl. 4.6) gefundenen Verformungsverhalten, das auf dynamische Reckalterung zuruck-

gefuhrt wurde. Der Anstieg von n mit zunehmendem σ/G beschreibt demnach den mit

119

Page 124: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

10-4 10-3 10-2 10-110-13

10-11

10-9

10-7

10-5

10-3

10-1

101

103

105

107

109

Entfestigung

TiAl6V4

450

250

350

150

10-3/sbei T/°C =

. DG

b

Ti-2

Al

150 250 350 450 550 650

(σ/G)3

ε k B

T

σ / G

550

650

T / °C =

Ver-festigung

10 100 1000

σ / MPa bei 450°C

Abbildung 5.36: Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit

ε kB T/DGb und normierter Spannung σ/G. Mit eingetragen sind Kurven fur reines

Al (aus [3]) und Ti-2 (siehe Abb. 4.11). Fur die Normierung wurde D = 0.05 DTi

verwendet (aus [19]). Die mit Linien verbundenen Symbole kennzeichnen Beanspru-

chungswechsel (vgl. Kap. 5.2.2). Die Pfeile am Bildrand kennzeichnen ε = 10−3/s

fur TiAl6V4 bei verschiedenen T .

120

Page 125: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5.6 Diskussion

zunehmender Spannung schwacher werdenden Einfluss der Fremdatome auf die Verset-

zungsbewegung, d.h. die Abhangigkeit der Versetzungsgeschwindigkeit vg von der effekti-

ven Spannung σ∗ nimmt zu (vgl. Abb. 2.2). Bei ausreichend hoher Spannung schließlich

kommt es zu einem vollstandigen Losreißen der Versetzungen von den Fremdatomen. Der

Ubergang zwischen Versetzungsbewegung mit und ohne Wolke erfolgt im Bereich der dy-

namischen Reckalterung.

Dynamische Reckalterung erklart die fehlende bzw. schwache Abhangigkeit der Streck-

grenze von T und ε um 300oC (Abb. 5.15) sowie den negativen Spannungsexponenten des

in Abb. 5.11 gezeigten ε -Wechsels bei 250oC. Das lokale σ−Maximum nach ε−Reduktion

bei 450oC ist demnach auf die Uberlagerung von Verfestigung aufgrund von Wolkenbil-

dung und Entfestigung aufgrund von Vergroberung der Versetzungs- und Subkornstruktur

zuruckzufuhren. Signifikant ist die bei T ≤ 350oC in Abb. 5.10 nach εmech −Wechseln zwi-

schen 10−3/s und 2 ·10−6/s bleibende Erweichung im Vergleich zu monontonen Versuchen

bei 10−3/s. Dies ware als Folge der Ausbildung einer fur dynamische Reckalterung typi-

schen Verformungsinstabilitat erklarbar.

Power-Law-Breakdown und dynamische Reckalterung fallen bei σ ≈ 3 · 10−2 G zusam-

men. In diesem Spannungsbereich ist bei TiAl6V4 mit spontaner Versetzungsannihilation

zu rechnen, da hier die (stationaren) Versetzungsabstande so gering sind, dass die Ver-

setzungen spontan annihilieren konnen [19]. Spontane Annihilation erfolgt, wenn sich

die Dipolpartner so nahe kommen, dass die Versetzungslinienenergie ausreicht, um die

Gitterfehler zu erzeugen, die nach Verschwinden der Versetzungen ubrig bleiben. Inso-

fern existiert fur ρ ein Schwellenwert, der nicht uberschritten wird (siehe [19, 47]). Die

mikroskopisch beobachteten Versetzungsdichten im Bereich des Power-Law-Breakdown

sind bei TiAl6V4 mit � 1015 m−2 tatsachlich extrem hoch. Im Bereich der spontanen

Versetzungsannihilation wird ε nicht mehr durch ρ sondern durch die Gleitgeschwindig-

keit vg bestimmt, d.h. jede Anderung des Gleitwiderstands wirkt sich direkt auf ε aus.

Der negative Spannungsexponent nahe dem stationaren Zustand ist konsistent mit einer

starken Anderung des Gleitwiderstandes durch Fremdatome im Bereich der dynamischen

Reckalterung. Der Power-Law-Breakdown ist demnach die Folge einer Kombination aus

dynamischer Reckalterung und spontaner Versetzungsannihilation. Die im Anhang gezeig-

ten Ergebnisse der Modellierung mit dem erweitertes Plastizitatsmodell mit detaillierter

Versetzungsstrukturevolution aus 2.3.2 bestatigen dies (siehe Abb. A.6 und A.7 mit Er-

gebnissen aus [19]).

5.6.3 Spannungsrelaxation

Der Zusammenhang zwischen ε und σ bei Spannungsrelaxation unterscheidet sich bei den

untersuchten T ≥ 450oC nicht von dem am stationaren Zustand (Abb. 5.30). Dies gilt

fur Relaxationsstartbedingungen unterhalb der Streckgrenze und bei εmech ≈ 0.04. Die

Ubereinstimmung zwischen Relaxation und stationarem Zustand lasst auf ahnliche ver-

121

Page 126: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

5 TiAl6V4

formungsbestimmende Mechanismen in beiden Fallen schließen. Das bedeutet, dass bei

650oC die Korngrenzen eine entscheidende Rolle auch fur das Spannungsrelaxationsver-

halten spielen.

Die Mikrostruktur am stationaren Zustand und zu Beginn der Relaxationsversuche un-

terscheidet sich hinsichtlich der Versetzungsdichte und der Subkorngroße. Es ware zu

erwarten, dass sich diese mikrostrukturellen Unterschiede auch auf die Relaxation aus-

wirken. Die Verformungsversuche sind durch eine extrem starke Verfestigung zu Ver-

formungsbeginn charakterisiert, d.h. es ist nur ein geringes εinel notig, um einen Ver-

formungswiderstand zu erreichen, der sich relativ wenig vom stationaren unterscheidet.

Die Ubereinstimmung von Relaxation und Rp,ss legt nahe, dass die wahrend der Span-

nungsrelaxation erfolgende kleine inelastische Verformung zu einer dem stationaren Zu-

stand nahen Versetzungsstruktur fuhrt. Die Mikrostruktur am stationaren Zustand und

bei Spannungsrelaxation unterscheidet sich daher hauptsachlich durch die Subkornstruk-

tur, die bei Relaxation im wesentlichen der des Ausgangszustands entspricht und am

stationaren Zustand σ−abhangig ist. Diese Unterschiede in der Subkornstruktur wirken

sich offenbar kaum auf das Relaxationsverhalten aus. Daraus kann geschlossen werden,

dass die Relaxation von TiAl6V4 nur schwach von der Subkornstruktur bestimmt wird.

Eine gute Ubereinstimmung zwischen dem ε − σ−Zusammenhang am stationaren Zu-

stand und bei Spannungsrelaxation (unabhangig von der Vorverformung zu Relaxations-

beginn) wurde auch bei anderen stark mischkristallgeharteten Legierungen, insbesondere

Mg-Legierungen [25, 48, 49, 50], gefunden.

122

Page 127: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

6 Zusammenfassung - Summary

Das Verformungsverhalten von technisch reinem Titan (Ti-2) und der Titanlegierung

TiAl6V4 wurde im Temperaturbereich von 150oC bis 650oC (entsprechend niedrigen ho-

mologen Temperaturen von 0.22 bis 0.48) untersucht.

Ti-2 ist im Gegensatz zu TiAl6V4 rekristallisiert mit großen Kornern (≈ 50 μm) und

geringer Ausgangsversetzungsdichte. Der Gehalt an Fremdatomen ist sehr gering (≈ 0.5

at.%). Ti-2 zeigt je nach Temperaturbereich stark unterschiedliches Verfestigungsverhal-

ten, das bei niedrigen T ≤ 350oC von einer starken Zunahme von Verformungszwillingen

im Druck charakterisiert ist. Diese Zwillinge fuhren zu einem lokalen Anstieg der Ver-

setzungsdichte, was sich in der im Druck gegenuber dem Zug, in dem keine Zwillinge

beobachtet werden, deutlich hoheren Festigkeit ausdruckt. Wahrend der Verformung bil-

det sich eine Subkornstruktur aus; die Versetzungsdichte steigt.

TiAl6V4 ist (ultra-)feinkornig (< 1 μm) mit hoher Ausgangsversetzungsdichte und besteht

aus der hexagonalen α−Phase und der kubisch raumzentrierten β−Phase. Aufgrund der

starken Vorverformung besitzt TiAl6V4 das Potential zur Entfestigung. Der experimen-

tell beobachtete Ubergang zwischen Ver- und Entfestigung im Laufe der Verformung lasst

sich aber nicht allein mit den spannungsabhangigen Anderungen der Versetzungs- und

Subkornstruktur korrelieren; vielmehr mussen andere mikrostrukturelle Einflusse, insbe-

sondere dynamische Reckalterung mit berucksichtigt werden. Signifikante Einflusse von

Phasenstruktur und Textur auf die Verformung von TiAl6V4 sind nicht erkennbar. Die

feine Kornstruktur bei TiAl6V4 fuhrt im Bereich hoher T und niedriger σ zu superpla-

stischem Verformungsverhalten. Bei 650oC ist bei TiAl6V4 zusatzlich mit zeitabhangiger

Verfestigung aufgrund von Randschichtaufhartung durch Oxidation zu rechnen.

Beide Titanlegierungen zeigen als Gemeinsamkeit das Auftreten von dynamischer Reckal-

terung. Diese fuhrt zu einem ausgepragten Ubergang im stationaren ε − σ−Zusammen-

hang, der Bereiche unterschiedlicher Modi der Versetzungsbewegung (mit und ohne Fremd-

atomwolke), ausgedruckt durch niedrige und hohe Spannungsexponenten, trennt. Bei Ti-2

ist dies ein Knick bei σ ≈ 9 ·10−3 G, bei TiAl6V4 ein kontinuierlicher Ubergang auf einen

vertikalen ε − σ−Verlauf bei σ ≈ 3 · 10−2 G, dem Power-Law-Breakdown. Entlastun-

gen im Bereich der dynamischen Reckalterung zeigen bei beiden Legierungen ahnliches

Ubergangsverhalten mit lokalen Verformungswiderstandsmaxima, die auf Wolkenbildung

zuruckgefuhrt werden konnen. Der Power-Law-Breakdown bei TiAl6V4 ist als Kombinati-

on von dynamischer Reckalterung und spontaner Versetzungsannihilation interpretierbar.

123

Page 128: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

6 Zusammenfassung - Summary

Aufgrund der starkeren Versetzungs- und Mischkristallhartung ist die Festigkeit von Ti-

Al6V4 deutlich hoher als bei Ti-2. Das Spannungsrelaxationsverhalten von TiAl6V4 lasst

sich durch den stationaren ε − σ−Zusammenhang beschreiben und wird auf Versetzungs-

aktivitat zuruckgefuhrt. Bei Ti-2 liegt die ε − σ−Kurve bei Relaxation unterhalb der bei

Rp,max, was mit niedriger Versetzungsdichte und Erholungsbehinderung durch reduzierte

Versetzungsquellenaktivitat erklart werden kann.

Das Verformungsverhalten von Ti-2 und TiAl6V4 kann mit den Modellen aus 2.3.1 und

2.3.2 zufriedenstellend beschrieben werden (siehe Anhang A und [1, 12, 19]). Eine erwei-

terte Modellierung ist anzustreben.

124

Page 129: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Summary

The deformation behaviour of the titanium alloys Ti-2 and TiAl6V4 was investigated

in the temperature range from 150oC to 650oC (meaning low homologous temperatures

from 0.22 to 0.48).

Ti-2 is recrystallized with large grains (≈ 50 μm) and small initial dislocation density.

The interstitial content is very small (≈ 0.5 at.%). Dependent on the temperature range

Ti-2 shows a distinct different work hardening behaviour characterized by increased num-

ber of deformation twins during compression at low temperatures. These twins lead to

a local increase of dislocation density resulting in a higher strength in compression com-

pared to tension, where no twins were found. During deformation a subgrain structure

builds up and the dislocation density increases.

TiAl6V4 is (ultra-)fine grained (< 1 μm) with high initial dislocation density and consists

of two phases (hcp α− and bcc β−phase). As a result of the strong predeformation during

manufacturing TiAl6V4 has the potential for work softening. The experimentally obser-

ved transition between work hardening and work softening during deformation can not

alone be explained by the stress-dependent changes of dislocation and subgrain structure;

in fact other microstructural factors, especially dynamic strain ageing, have to be consi-

dered. Significant influences of phase structure and texture on the deformation behaviour

of TiAl6V4 were not observed. The fine grain structure of TiAl6V4 leads to superplastic

deformation behaviour at high temperatures and low stresses. At 650oC additional time

dependent hardening due to edge layer oxidation is found in TiAl6V4.

Both titanium alloys show the occurrence of dynamic strain ageing leading to a distinct

transition in the stationary strain rate-stress-plot related to the regions of different mo-

des of dislocation movement (with and without clouds of solutes) expressed by low and

high stress exponents. For Ti-2 this is a sharp kink at σ ≈ 9 · 10−3 G, for TiAl6V4 a

continuous transition towards a vertical strain rate-stress-curve at σ ≈ 3 · 10−2 G, the

power-law-breakdown. In the range of dynamic strain ageing load reductions show similar

transition behaviour for both alloys with local maxima of deformation resistance related

to formation of clouds of solutes. The power-law-breakdown of TiAl6V4 can be interpre-

ted as a combination of dynamic strain ageing and spontaneous dislocation annihilation.

As a result of the strong dislocation and solid solution hardening the strength of TiAl6V4

is higher than for Ti-2.

The stress relaxation behaviour of TiAl6V4 can be described by the stationary strain

rate-stress-relationship and is explained by dislocation activity. For Ti-2 the strain rate-

stress-curve of stress relaxation lies under the curve for the maximal deformation resi-

stance. This can be explained by low dislocation density and restricted recovery due to

reduced activity of dislocation sources.

125

Page 130: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

6 Zusammenfassung - Summary

The deformation behaviour of Ti-2 and TiAl6V4 can satisfactorily be calculated by using

the models of this work.

126

Page 131: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A Anwendung des erweiterten

Plastizitatsmodells

In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass Ti-2 und TiAl6V4 mischkristall- und versetzungs-

gehartete Legierungen sind und das Verformungsverhalten im Wesentlichen auf Verset-

zungsbewegung und ihre Beeinflussung durch Fremdatome zuruckzufuhren ist. Zur Be-

schreibung des Verformungsverhaltens dieser Titanlegierungen wurde neben dem ein-

fachen Plastizitatsmodell mit phanomenologischer Versetzungsstrukturevolution (Kap.

2.3.1) auch das erweiterte Plastizitatsmodell mit detaillierter Versetzungsstrukturevoluti-

on aus 2.3.2 angewandt. Die Modellgleichungen letzteren Modells wurden in MATHCAD-

Arbeitsblatter integriert, die eine einfache Berechnung und problemlose Modellerweite-

rungen ermoglichen. Im Folgenden wird eine Auswahl von Ergebnissen der Modellierung

des Verformungsverhaltens von Ti-2 und TiAl6V4 mit dem erweiterten Plastizitatsmodell

vorgestellt (z.T. vorab veroffentlicht in [1, 19]).

A.1 Ergebnisse der Modellierung fur Ti-2

Von grundlegender Bedeutung fur eine versetzungsstrukturell begrundete Modellierung

ist die Kenntnis des vg − σ∗−Zusammenhangs. Abb. A.1 zeigt den Zusammenhang zwi-

schen vg und σ∗ unter stationaren Bedingungen fur Ti-2 bei 450oC (vgl. Abb. 4.42). Der

vg − σ∗−Kurvenverlauf ist prinzipiell in Abhangigkeit von Legierungscharakteristika und

T berechenbar [11]. Dabei ist zu beachten, dass er stark von der Fremdatomkonzentration

c an den Versetzungen abhangt. c ist aber nur im stationaren Zustand konstant; das Uber-

gangsverhalten z.B. bei Verformungsbeginn oder nach Beanspruchungswechseln ist aber

charakterisiert durch teilweise stark ausgepragte Anderungen der Fremdatomkonzentra-

tion an den Versetzungen. Dieser Einfluss ist im bestehenden Modell nicht berucksich-

tigt, was erwarten lasst, dass das Modell das Ubergangsverhalten bei Verformung nicht

adaquat beschreibt. Eine Beschreibung des stationaren Verformungsverhaltens sollte hin-

gegen gut moglich sein. Im Fall der hier dargestellten Modellierung wurde der komplexe

vg − σ∗−Zusammenhang in der durch die dicken Linien dargestellten Art vereinfacht.

Dies stellt keine große Einschrankung hinsichtlich des stationaren Zustandes dar und er-

laubt eine einfache numerische Losung. Die ausgefullten Kreise in Abb. A.1 kennzeichnen

die stationaren vg − σ∗−Zusammenhange der in Abb. A.2 modellierten Kriechkurven.

127

Page 132: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A Anwendung des erweiterten Plastizitatsmodells

10-11

10-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

Experiment Modell

II

I

σ / MPa =

300250200150100

50

Ti-2450°C

20020

v / m

s-1

σ* / MPa100

Abbildung A.1: Zusammenhang zwischen vg und σ∗ unter stationaren Bedin-

gungen fur Ti-2 bei 450oC. Die dicken Linien stellen den im Modell benutz-

ten vg − σ∗−Zusammenhang dar. Kleine Kreise: berechnet aus dem Versuch in

Abb. 4.14 (siehe [12]), große Kreise: modelliert fur verschiedene σ.

128

Page 133: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A.1 Ergebnisse der Modellierung fur Ti-2

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

0

50

100

150

200

0.0 0.1 0.2 0.30.001

0.01

0.1

1

10

100

1000

200

σ/MPa=

100

300250

200150100

50

450°CTi-2

. ε · s

σi

σ*

σ

Spa

nnun

g / M

Pa

ρdip-0.5

ρsgl-0.5

ε

Abs

tand

/ μm

Abbildung A.2: Variation von ε , σ, σi, σ∗ , ρ−0.5sgl und ρ−0.5

dip mit ε. Kreise: Ex-

periment, dunne Linien: modellierte Kriechkurven bei 450oC und 50 MPa ≤ σ ≤300 MPa. Die dicken Linien sind die Modellkurven fur 450oC und 200 MPa.

129

Page 134: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A Anwendung des erweiterten Plastizitatsmodells

Charakteristisch fur die gemessenen Kriechkurven sind die starke Verfestigung nach Bela-

stung sowie das Auftreten eines ε -Minimums bei Spannungen unterhalb des Knicks im sta-

tionaren ε − σ−Zusammenhangs. Der starke Abfall von ε zu Beginn des Kriechversuchs

wird im Modell gut beschrieben (Abb. A.2). Die Entfestigung wird auf Versetzungser-

holung zuruckgefuhrt, da das Ubergangsverhalten im entsprechenden Spannungsbereich

normal ist. Dieses Verhalten wird prinzipiell durch die Modellierung wiedergegeben: Fur

σ >∼ 100 MPa ergibt die Modellierung stationare σ∗ , die großer sind als unmittelbar nach

dem Wechsel von sprunghafter zu viskoser Versetzungsbewegung, d.h. die Versetzungs-

dichte hat nach dem Wechsel auf den viskosen Ast abgenommen.

Abb. A.2 zeigt fur den bei 200 MPa modellierten Versuch die Zunahme der effektiven

Spannung σ∗ und der mittleren Versetzungsabstande ρ−0.5sgl und ρ−0.5

dip mit der Dehnung

ε im Anschluss an die starke Verfestigung, d.h. nach Ubergang auf die Kurve fur viskose

Versetzungsbewegung in Abb. A.1. Die so modellierte ε -Zunahme fur σ >∼ 100 MPa ist ge-

ringer als die experimentell gemessene. Mit abnehmender Spannung nimmt die Große der

Entfestigung ab; bei 100 MPa ist faktisch keine Entfestigung mehr sichtbar. Das Fehlen

eines Entfestigungsbereichs bei der experimentellen Kurve bei 30 MPa unterstutzt das Er-

gebnis der Modellierung, dass mit abnehmender Spannung die Entfestigung verschwindet,

sobald sich σ∗ nach Wechsel auf den viskosen Ast nicht mehr wesentlich andert. Die mo-

dellierte Spannung fur diese qualitative Anderung der Kriechkurve liegt mit ≈ 100 MPa

oberhalb des experimentellen Wertes von ≈ 30 MPa, d.h. der Wechsel auf den visko-

sen Ast erfolgt experimentell bei niedrigerem σ∗ < 30 MPa als im Modell angenommen.

Die Spannung fur das Losreißen der Versetzungen von den Fremdatomen wird durch das

Modell gut beschrieben. Die berechnete Entfestigung bei 50 MPa ist auf inverses Uber-

gangsverhalten zuruckzufuhren, d.h. ε nimmt mit steigendem ρ zu. Ein experimenteller

Nachweis eines inversen Verhaltens bei niedrigen Spannungen unterhalb 30 MPa steht

noch aus. Die Belastungsdehnung εld wird im Modell nur maßig gut wiedergegeben. Dies

lasst sich prinzipiell durch die Simulation der Belastung im Kriechversuch durch einen

Versuch bei konstantem ε = 10−3/s verbessern.

Abb. A.3 zeigt die gute Ubereinstimmung zwischen Modell und Experiment im stati-

onaren Zustand anhand des normierten stationaren ε − σ−Zusammenhangs. In Abb. A.4

sind die modellierten stationaren Versetzungsabstande als Funktion von σ/G dargestellt.

Der Abstand der Single-Versetzungen ρ−0.5sgl liegt bei bG/σ, d.h. in der bei vielen Mate-

rialien gefundenen Großenordnung (z.B. Al-5at%Zn [3]). Der mittlere Abstand von Ver-

setzungen in dipolarer Konfiguration ρ−0.5dip ist etwa eine Großenordnung großer als ρ−0.5

sgl .

130

Page 135: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A.1 Ergebnisse der Modellierung fur Ti-2

10-4 10-3 10-2 10-110-13

10-11

10-9

10-7

10-5

10-3

10-1

101

103

105

107

109

m = 25

450

250

350

150

10-3/sbei T/°C =

. DG

b

Ti-2

T / °C

450 350 250 150

(σ/G)3ε k B

T

σ / G

m = 1

10 100 1000

σ / MPa bei 450°C

Abbildung A.3: Normierter stationarer ε − σ−Zusammenhang bei Ti-2. Offene

Symbole kennzeichnen die experimentellen Daten, die ausgefullten Symbole bzw.

die dicke Linie den modellierten stationaren Verlauf bei 450oC mit einem Wechsel

von sprunghafter (m = 25) zu viskoser Versetzungsbewegung (m = 1).

131

Page 136: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A Anwendung des erweiterten Plastizitatsmodells

10-4 10-3 10-2 10-110-2

10-1

100

101

102

103

Ti-2 100 MPabei 450°C450°C

ρdip-0.5

ρsgl-0.5

bG/σ

Abs

tand

/ μm

σ/GAbbildung A.4: Modellierte stationare Versetzungsabstande in Ti-2 als Funktion

von σ/G.

132

Page 137: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A.2 Ergebnisse der Modellierung fur TiAl6V4

A.2 Ergebnisse der Modellierung fur TiAl6V4

Bei der Modellierung von TiAl6V4 wurde die sprunghafte Versetzungsbewegung zu Beginn

des Kriechversuchs nicht berucksichtigt, d.h. es wurde im Bereich niedriger Spannungen

auch wahrend der Belastung von viskoser Versetzungsbewegung ausgegangen. Abb. A.5

zeigt die bei 450oC an TiAl6V4 modellierten Kriechkurven. Es besteht gute Uberein-

stimmung mit den experimentellen Kurven hinsichtlich des stationaren Zustands und der

Große des Ubergangsbereichs. Das modellierte Ubergangsverhalten ist invers im Gegen-

satz zum experimentell gefundenen normalen Ubergangsverhalten.

Abb. A.6 zeigt den modellierten, T -normierten, stationaren ε − σ−Zusammenhang fur

TiAl6V4. Die dunnen Kurven in Abb. A.6 wurden unter Verwendung von

ε = ADGb

kBT

( σ

G

)3

A =9

M2c0ε2a ln(r2/r1)

Dsol

D

(kBT

Gb3

)2

(A.1)

berechnet (siehe z.B. [34, 51]). Das Modell aus 2.3.2 gibt die von stark mischkristall-

geharteten Legierungen bekannte T -Abhangigkeit des normierten ε nach Gl. (A.1) wie-

der. Die unterschiedliche vertikale Lage der nach Gl. (A.1) und dem Modell aus 2.3.2

berechneten Kurven ist eine Folge der unterschiedlichen stationaren Versetzungsdichten

in den jeweiligen Modellen: Gl. (A.1) nimmt eine sich viskos bewegende Versetzungsdich-

te (σ/Gb)2 an; die sich nach 2.3.2 einstellende Versetzungsdichte ist jedoch geringfugig

niedriger (vgl. Abb. A.7).

Es besteht gute Ubereinstimmung zwischen Modellierung und experimentellen Daten im

Spannungsbereich bis σ <∼ 2 · 10−2 G. Der Ubergang von niedrigen zu hohen Spannungen

und der damit verbundene Wechsel von viskoser zu sprunghafter Versetzungsbewegung ist

im Modell noch nicht enthalten; beide Modi der Versetzungsbewegung werden individuell

berechnet. Betrachtet man die modellmaßige Berechnung mit viskoser Versetzungsbewe-

gung nach Gl. (2.20) mit m = 1, so sieht man, dass das Modell bei σ >∼ 2 · 10−2 G die

Realitat nicht mehr beschreiben kann. Abb. A.7 zeigt die modellierten stationaren Ver-

setzungsabstande als Funktion von σ/G. ρ−0.5sgl liegt nahe bG/σ und ist etwa eine Großen-

ordnungen kleiner als ρ−0.5dip . Oberhalb von σ ≈ 3 · 10−2 G bleibt ρ−0.5

sgl konstant und die

Dipole verschwinden. Dies ist der Bereich der spontanen Versetzungsannihilation, in dem

die Spannungsabhangigkeit von ε nur von der Spannungsabhangigkeit von vg und nicht

mehr von ρ abhangt. Im Bereich der spontanen Versetzungsannihilation ist also die sta-

tionare Verformung vollstandig gleitkontrolliert. Dies wird bestatigt durch die negative

ε -Abhangigkeit von σ beim Ubergang zwischen viskoser und sprunghafter Versetzungsbe-

wegung, wie bei den Beanspruchungswechseln bei 250oC gefunden (siehe Abb. 5.10), als

Folge des Einflusses der dynamischen Reckalterung auf die Versetzungsgleitung. Damit

erklart sich auch, warum die modellmaßige Beschreibung mit m = 1 nach Gl. (2.20) und

Gl. (2.21) in Abb. A.6 fur σ >∼ 2 · 10−2 G versagt und der modellierte Spannungsexponent

n = 1 dem Spannungsexponenten m = 1 fur die Abhangigkeit von vg von σ∗ entspricht.

133

Page 138: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A Anwendung des erweiterten Plastizitatsmodells

10-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

0

100

200

300

400

0,0 0,1 0,2 0,310-3

10-2

10-1

100

101

102

103

450

200

1000σ/MPa=

300

300

200

500

50

450°CTiAl6V4

.

ε · s

σi

σ*

σ

Spa

nnun

g / M

Pa

ρdip

-0.5

ρsgl

-0.5

ε

Abs

tand

/ μm

Abbildung A.5: Kriechkurven von TiAl6V4 bei 450oC. Symbole: Experiment, Li-

nien: Modell. Mitte: Modellierter Verlauf von σ, σi und σ∗ mit ε bei 300 MPa .

Unten: Evolution der Versetzungsabstande im Versuch bei 300 MPa.

Bei σ >∼ 2 ·10−2 G erfolgt die Versetzungsbewegung nicht mehr viskos, sondern sprunghaft

und eine entsprechend angepasste Beschreibung des vg − σ∗−Verlaufs ist notwendig. Die

Beschreibung von vg nach Gl. (2.19) mit m = 30 liefert entsprechend gute Ergebnisse.

134

Page 139: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A.2 Ergebnisse der Modellierung fur TiAl6V4

10-6 10-5 10-4 10-3 10-2 10-110-17

10-15

10-13

10-11

10-9

10-7

10-5

10-3

10-1

101

103

450°

C

650°

C

100 MPabei 450°C

1·10-6/sbei 450 °C

.

m = 30

m = 1

3

TiAl6V4T / °C =

250 350 450 550 650

εkBT

/ D

Gb

σ/G

Abbildung A.6: Normierter stationarer ε − σ−Zusammenhang bei TiAl6V4. Vor-

ab veroffentlicht in [19]. Symbole kennzeichnen die experimentellen Daten, die

dicken Linien die bei verschiedenen T modellierten stationaren Verlaufe bei vis-

koser (m = 1) bzw. sprunghafter (m = 30) Versetzungsbewegung. Dunne Linien:

mit Gl. (A.1) berechnete Kurven.

135

Page 140: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A Anwendung des erweiterten Plastizitatsmodells

10-6 10-5 10-4 10-3 10-2 10-110-2

10-1

100

101

102

103

104

100 MPabei 450°C

T / °C =

TiAl6V4

450 / 650

650

450

ρdip

-0.5

ρsgl

-0.5

bG/σ

A

bsta

nd /

μm

σ/G

Abbildung A.7: Modellierte stationare Versetzungsabstande in TiAl6V4 als Funk-

tion von σ/G. Vorab veroffentlicht in [19].

136

Page 141: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A.3 Bewertung des Modells

A.3 Bewertung des Modells

Das Modell berucksichtigt die konstitutiven Gleichungen der Verformung; die Struktur-

evolution wird nicht von außen vorgegeben, sondern anhand eines Systems von Differen-

tialgleichungen berechnet. Die Berechnung von Kriechkurven, σ − ε−Kurven und Wech-

selversuchen ist mit dem Modell moglich. Das Relaxationsverhalten wurde bisher nicht

modelliert; eine entsprechende Modellerweiterung sollte keine prinzipiellen Probleme ver-

ursachen. Die Implementierung der Modellgleichungen in MATHCAD-Arbeitsblatter er-

laubt eine Berechnung mit handelsublichen PCs und bietet die Moglichkeit, Modifikatio-

nen einfach durchzufuhren.

Das Modell liefert basierend auf physikalisch sinnvollen Annahmen zur Versetzungsstruk-

turevolution, bei der zwischen Single-Versetzungen und Dipolen unterschieden wird, in

wesentlichen Punkten eine gute Beschreibung des Verformungsverhaltens von Ti-2 und

TiAl6V4. So wird beispielsweise der stationare Zustand gut beschrieben.

Kriechkurven von Ti-2 konnten unter Verwendung eines vereinfachten vg − σ∗−Zusam-

menhangs, der den Ubergang zwischen sprunghafter und viskoser Versetzungsbewegung

beinhaltet, hinsichtlich Verfestigung und qualitativem Kurvenverlauf gut mit experimen-

tellen Kurven in Einklang gebracht werden. Die experimentell beobachtete Entfestigung

im Kriechversuch wurde im Modell als Folge der Erholung der Versetzungsstruktur be-

schrieben. Dies ist konsistent mit der Annahme, dass bei viskoser Versetzungsbewegung

die Versetzungserzeugung durch Gleitung starker behindert ist als die Versetzungserho-

lung durch Kletterprozesse.

Die modellierten Kriechkurven von TiAl6V4 zeigen hinsichtlich der Große des Ubergangs-

bereichs und des stationaren Zustands gute Ubereinstimmung mit den experimentell ge-

messenen. Das Ubergangsverhalten wird derzeit noch nicht richtig beschrieben (inverses

statt normales Ubergangsverhalten bei TiAl6V4). Dies resultiert daraus, dass fur TiAl6V4

nur mit viskoser Versetzungsbewegung gerechnet wurde. Eine modellmaßige Beschreibung

des Ubergangs zwischen den beiden Modi der Versetzungsbewegung analog zur Modellie-

rung von Ti-2 ist hier notwendig.

Das Modell ist sinnvoll auf Materialien anwendbar, bei denen das Verformungsverhal-

ten durch versetzungsstrukturelle Anderungen bestimmt wird. Das Modell berucksichtigt

nicht die Ausbildung einer Subkornstruktur, wie sie z.B. bei Ti-2 nachgewiesen wurde.

Dies ist fur Ti-2 akzeptabel, da hier ein deutlicher Einfluss der Subkornstruktur auf das

Verformungsverhalten nicht gegeben scheint. Das zeigt z.B. die Entfestigung wahrend der

Ausbildung einer Subkornstruktur in Abb. 4.22, d.h. die Effekte aufgrund von Subkornern

sind bei Ti-2 vernachlassigbar gegenuber dem Einfluss der Fremdatome auf die Verset-

zungsbewegung.

137

Page 142: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

A Anwendung des erweiterten Plastizitatsmodells

Bei TiAl6V4 wurden bei hohen Spannungen Subkorner gefunden. Die Phasen- und Korn-

struktur oder Effekte wie die Randschichtaufhartung aufgrund von Oxidation bei hohen

T sind im Modell nicht enthalten. Daher kann das Modell auch nicht die Superplasti-

zitat und die Entfestigung bei hohen T und niedrigen σ, die vermutlich auf Anderungen

in der (Sub-)Kornstruktur zuruckzufuhren ist, fur TiAl6V4 erklaren. Da nicht bekannt

ist, welche Legierungselemente die Versetzungsbewegung in TiAl6V4 bestimmen, muss-

ten diesbezuglich Annahmen gemacht werden, die durch den Erfolg der Modellierung

sinnvoll erscheinen. Der bei TiAl6V4 experimentell beobachtete Power-Law-Breakdown

kann durch das Modell als Folge spontaner Versetzungsannihilation quantitativ berechnet

werden.

138

Page 143: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

B Materialparameter

Neben den in den Tab. B.1 und B.2 dargestellten Werten fur G, E und die verschiedenen

Diffusionskoeffizienten wurden noch b = 0.295 nm (Lange des Burgersvektors von Ti [2])

und der lineare thermische Ausdehnungskoeffizient 1.0 · 10−5/K [5] verwendet.

T/oC 25 150 250 350 450 550 650

G(T )/GPa 43.6 40.3 37.6 34.9 32.2 29.4 26.7

E(T )/GPa 113.4 104.7 97.7 90.6 83.6 76.6 65.5

Tabelle B.1: Temperaturabhangigkeit der elastischen Moduli G und E von Titan

nach [2].

D0/m2s−1 Q/kJmol−1

DTi [2] 0.013 242

DV [52] 3.4 · 10−4 257.5

DO [53] 8.9 · 10−4 217

Tabelle B.2: Temperaturabhangigkeit der Diffusionskoeffizienten D = D0 ·exp(−Q/RT ).

139

Page 144: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

B Materialparameter

140

Page 145: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

C Messkurven

C.1 ε − ε−Kurven von Ti-2

0.0 0.1 0.2 0.3 0.410-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

Druck

399

149

198

300

250°Cσ / MPa =Ti-2

.

ε / s

-1

εAbbildung C.1: Zusammenhang zwischen ε und ε fur Ti-2 bei 250oC.

0.0 0.1 0.2 0.3 0.410-10

10-9

10-8

10-7

10-6

10-5

10-4

10-3

84

23797

133

300

Druck Zug

350°Cσ / MPa =Ti-2

.

ε / s

-1

εAbbildung C.2: Zusammenhang zwischen ε und ε fur Ti-2 bei 350oC.

141

Page 146: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

C Messkurven

C.2 σ − ε−Kurven von Ti-2

Abbildung C.3: Zusammenhang zwischen σ und ε fur Ti-2 bei 250oC.

Abbildung C.4: Zusammenhang zwischen σ und ε fur Ti-2 bei 350oC.

142

Page 147: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

C.3 ε − t−Kurven von Ti-2

C.3 ε − t−Kurven von Ti-2

100 101 102 103 104 105 106 10710-3

10-2

10-1

100

Druck Zug

150°CTi-2

ε

t / s

560 533

390

251

164

131

650σ / MPa =

Abbildung C.5: Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 150oC.

100 101 102 103 104 105 106 10710-3

10-2

10-1

100

250°CDruck

Ti-2

ε

t / s

198

300

149

399σ / MPa =

Abbildung C.6: Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 250oC.

143

Page 148: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

C Messkurven

100 101 102 103 104 105 106 10710-3

10-2

10-1

100

Druck Zug

350°CTi-2

ε

t / s

300

237

84

133

97

σ / MPa =

Abbildung C.7: Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 350oC.

100 101 102 103 104 105 106 10710-3

10-2

10-1

100

σ / MPa = 292

305670

Druck Zug

135

100

93

99

150

203221245

450°CTi-2

ε

t / s

Abbildung C.8: Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 450oC.

144

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148

Page 153: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Abbildungsverzeichnis

1.1 Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen inelastischer Ver-

formungsgeschwindigkeit εinel und Spannung σ bei verschiedenen Versuchsfuhrun-

gen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.1 Gleitsysteme bei hexagonaler Kristallstruktur. . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.2 Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Versetzungsge-

schwindigkeit vg und effektiver Spannung σ∗ fur einen mischkristallgeharte-

ten Werkstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.3 Schematische Darstellung der Versetzungsstrukturevolution. . . . . . . . . 10

2.4 Einfangen von ’Singles’ durch Dipolbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3.1 Korrektur der Reibungseinflusse im Druck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3.2 Reibungseinfluss bei Ti-2 und TiAl6V4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.3 Schematische Darstellung des Zusammenhangs zwischen σ und εmech wahrend

der Spannungsrelaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.4 Schematische Darstellung der Unterschiede bei ε−geregelter Spannungsre-

laxationsmessung im Zug und im Druck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

4.1 Ausgangszustand von Ti-2 (LM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

4.2 {0001}-Polfigur des Ausgangszustandes von Ti-2. . . . . . . . . . . . . . . 24

4.3 Versetzungsstruktur im Ausgangszustand von Ti-2 (TEM). . . . . . . . . . 24

4.4 Verteilungsfunktion mikrostruktureller Kenngroßen im Ausgangszustand

von Ti-2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

4.5 σ − ε−Kurven von Ti-2 im Druck bzw. Zug bei 150oC. . . . . . . . . . . . 27

4.6 σ − ε−Kurven von Ti-2 im Druck bzw. Zug bei 450oC. . . . . . . . . . . . 28

4.7 Zusammenhang zwischen σ bzw. εmech und ε im Kriechversuch an Ti-2 bei

150oC und 450oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.8 Kombination der Versuche bei konstantem εmech und konstantem σ . . . . 30

4.9 Temperaturnormierte Darstellung der Verformungskurven von Ti-2. . . . . 32

4.10 Streckgrenze von Ti-2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4.11 Stationarer Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindig-

keit ε kB T/DGb und normierter Spannung σ/G bei Ti-2. . . . . . . . . . . 35

4.12 Zusammenhang zwischen ε und σ bei 450oC fur Ti-2. . . . . . . . . . . . . 37

4.13 Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit ε kB T/DGb

und normierter Spannung σ/G fur Rp,max von Ti-2. . . . . . . . . . . . . . 38

149

Page 154: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Abbildungsverzeichnis

4.14 Druckkriechversuch an Ti-2 bei 450oC und nomineller Spannung 275 MPa.

Links: Variation von reibungskorrigiertem σ und gemessenem ε mit ε.

Rechts: ε − σ−Zusammenhang wahrend der Verformung. . . . . . . . . . . 39

4.15 σ − ε−Zusammenhang bei ε -Wechsel zwischen 10−4/s und 10−3/s unter

stationaren Bedingungen bei 450oC im Druck fur Ti-2. . . . . . . . . . . . 40

4.16 σ − ε−Zusammenhang bei einem ε -Wechsel von 10−5/s auf 10−3/s bei

450oC im Druck fur Ti-2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4.17 Verformungsverhalten von Ti-2 bei Beanspruchungswechsel von stationaren

Bedingungen oberhalb des Knicks zu stationaren Bedingungen unterhalb

des Knicks. Links: Wechsel von εmech , rechts: Wechsel von σ. . . . . . . . . 42

4.18 LM-Aufnahme einer bei 450oC und ε = 10−3/s bis ε = 0.25 verformten

Druckprobe aus Ti-2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

4.19 LM-Aufnahme der Probenmitte einer bei 450oC und 300 MPa bis ε = 0.82

verformten Druckprobe aus Ti-2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

4.20 LM-Aufnahmen der in Abb. 4.7 gezeigten, bei 450oC und 100 MPa bis

ε = 0.23 verformten Zugprobe aus Ti-2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

4.21 LM-Aufnahmen der bei 450oC und 100 MPa bis ε = 0.23 verformten Zug-

probe aus Ti-2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

4.22 Mikrostrukturevolution in Ti-2 bei 450oC und 100 MPa im Druck. . . . . . 46

4.23 Zusammenhang zwischen σ bzw. εmech und εmech im spannungskontrollier-

ten Relaxationsversuch an Ti-2 bei 450oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4.24 Zusammenhang zwischen σ und akkumulierter elastischer Ruckdehnung

wahrend der Entlastung,∑

Δεel,i, bzw. akkumulierter inelastischer Vorwarts-

verformung nach der Entlastung,∑

Δεinel,i, im in Abb. 4.23 gezeigten Ver-

such. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

4.25 Zusammenhang zwischen εmech (oben) bzw. σ (unten) und t im spannungs-

kontrollierten Relaxationsversuch an Ti-2 bei 450oC. Links: lineare Zeitach-

se, rechts: logarithmische Zeitachse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.26 εinel − σ−Zusammenhang des in Abb. 4.23-4.25 gezeigten spannungskon-

trollierten Relaxationsversuchs bei 450oC (Symbole). . . . . . . . . . . . . 50

4.27 σ − εmech−Kurven von Ti-2 bei Belastung auf den Startpunkt der (deh-

nungsgeregelten) Spannungsrelaxationsmessung. Oben: 150oC bis 350oC;

unten: 450oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

4.28 Gemessener Zusammenhang zwischen σ und tRel wahrend der (dehnungs-

geregelten) Spannungsrelaxation von Ti-2. Oben: 150oC bis 350oC; unten:

450oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

4.29 Aus dem σ−tRel−Verlauf in Abb. 4.28 bestimmter σ − σ−Zusammenhang

wahrend der Spannungsrelaxation von Ti-2. Links: 150oC bis 350oC; rechts:

450oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

4.30 berechneter εinel − σ−Zusammenhang wahrend der (dehnungsgeregelten)

Spannungsrelaxation von Ti-2. Links: 150oC bis 350oC; rechts: 450oC. . . . 55

150

Page 155: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Abbildungsverzeichnis

4.31 εinel − σ−Zusammenhang bei der Spannungsrelaxation von Ti-2 bei 450oC,

gemessen in dehnungskontrollierter (offene Symbole) bzw. spannungskon-

trollierter (geschlossene Symbole) Versuchsfuhrung. . . . . . . . . . . . . . 56

4.32 T -Abhangigkeit des σ − tRel−Zusammenhangs wahrend der Spannungsre-

laxation von Ti-2, gemessen in dehnungskontrollierter bzw. spannungskon-

trollierter Versuchsfuhrung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

4.33 Normierte Relaxationszeit tRel·exp(−Q/RT ) als Funktion von σ. . . . . . . 57

4.34 Mit Q = 242 kJ/mol normierte Relaxationszeit tRel·exp(−Q/RT ) als Funk-

tion von σ/G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

4.35 Darstellung der Ermittlung von tε = 0.01 am Beispiel der ε − t−Kurven von

Ti-2 bei 150oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

4.36 Darstellung der Ermittlung von tΔε = 0.05 anhand der ε − t−Kurven von

Ti-2 bei 150oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

4.37 Kriechzeit tε = 0.01 als Funktion von σ und T . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

4.38 T -normierte Kriechzeit tε = 0.01·exp(−Q/RT ) mit Q = 242 kJ/mol als Funk-

tion von σ/G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

4.39 Kriechzeit tΔε = 0.01 als Funktion von σ und T . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

4.40 Mit Q = 242 kJ/mol normierte Kriechzeiten tε·exp(−Q/RT ) von Ti-2 als

Funktion von σ/G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

4.41 Schematische Zusammenfassung der Zusammenhange zwischen σ, ε , T und

den Kriech- bzw. Relaxationszeiten fur Ti-2 im untersuchten T -Bereich fur

Versuche mit geringen Verformungsgraden (Spannungsrelaxation, Kriech-

beginn) und am stationaren Zustand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

4.42 Beschreibung des kontinuierlichen Wechselversuchs aus Abb. 4.14 mit dem

Modell aus Kap. 2.3.1. Links: Gemessene ε − ε− bzw. σ − ε−Verlaufe so-

wie die modellierte Evolution von σ∗ , σi, ρ und vg mit ε. Rechts: model-

lierter Zusammenhang zwischen vg und σ∗ (Symbole). . . . . . . . . . . . 71

4.43 Modellierung der Versuche aus Abb. 4.17: links) ε -Wechsel, rechts) σ-

Wechsel. Oben: Zusammenhang zwischen ε und ε. Mitte: Evolution von

σ, σi und σ∗ mit ε. Unten: fur die Modellierung angenommene Evolution

von ρ und daraus resultierender vg − ε−Verlauf (Symbole). Die Linien zei-

gen die vg −ε−Verlaufe, die aus den σ∗ −ε−Verlaufen und dem in Abb. 4.42

gezeigten vg − σ∗−Verlauf berechnet wurden. . . . . . . . . . . . . . . . . 72

4.44 Beschreibung des Versuchs bei 450oC und ε = 3 · 10−7/s aus Abb. 4.6 mit

dem Modell aus Kap. 2.3.1. Links: Gemessene ε − ε− bzw. σ − ε−Verlaufe

sowie die modellierte Evolution von σ∗ , σi, ρ und vg mit ε. Rechts: model-

lierter Zusammenhang zwischen vg und σ∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

4.45 Beschreibung des Versuchs bei 450oC und ε = 10−5/s aus Abb. 4.6 mit

dem Modell aus Kap. 2.3.1. Links: Gemessene ε − ε− bzw. σ − ε−Verlaufe

sowie die modellierte Evolution von σ∗ , σi, ρ und vg mit ε. Rechts: model-

lierter Zusammenhang zwischen vg und σ∗ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

151

Page 156: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Abbildungsverzeichnis

4.46 Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit ε kB T/DGb

und normierter Spannung σ/G fur Rp,0.2 und Rp,ss sowie bei Spannungsre-

laxation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

5.1 Phasenstruktur des Ausgangszustandes von TiAl6V4 (REM) . . . . . . . . 79

5.2 Kornstruktur des Ausgangszustandes von TiAl6V4 (STEM). . . . . . . . . 80

5.3 Summenhaufigkeitsverteilung der Grenzlinienabstande wi von α− und β-

Phase im Ausgangszustand von TiAl6V4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

5.4 Versetzungsstruktur des Ausgangszustandes (TEM) von TiAl6V4. . . . . . 82

5.5 Evolution des Verformungswiderstands von TiAl6V4. Oben: σ − ε−Kurven,

die bei den durch die horizontalen Linien im unteren Teilbild gekennzeich-

neten εmech gemessen wurden. Links: 150oC; rechts: 250oC. . . . . . . . . . 83

5.6 εmech − t−Kurven von TiAl6V4 im Zug bei 300 MPa und 150oC bzw. 250oC. 84

5.7 Oben: σ − ε−Kurven von TiAl6V4, die bei den durch die horizontalen Li-

nien im unteren Teilbild gekennzeichneten εmech gemessen wurden. Unten:

εmech − ε−Kurven, die bei den durch die horizontalen Linien im oberen

Teilbild gekennzeichneten σ gemessen wurden. Links: 350oC; rechts: 450oC. 85

5.8 Oben: σ − ε−Kurven von TiAl6V4, die bei den durch die horizontalen Li-

nien im unteren Teilbild gekennzeichneten εmech gemessen wurden. Unten:

εmech − ε−Kurven, die bei den durch die horizontalen Linien im oberen

Teilbild gekennzeichneten σ gemessen wurden. Links: 550oC; rechts: 650oC. 86

5.9 Untersuchung des Einflusses von Textur, Reibung und Warmebehandlung

auf das Verformungsverhalten von TiAl6V4. . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

5.10 εmech −Wechsel an TiAl6V4 bei verschiedenen T . . . . . . . . . . . . . . . . 89

5.11 ε−Wechsel an TiAl6V4 bei 250oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

5.12 ε−Wechsel an TiAl6V4 bei 450oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

5.13 ε−Wechsel an TiAl6V4 bei 650oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

5.14 σ−Wechsel an TiAl6V4 bei verschiedenen T . Oben: 450oC, unten: 550oC

und 650oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

5.15 Streckgrenze von TiAl6V4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

5.16 Nahe-stationarer Zusammenhang zwischen ε und σ von TiAl6V4; bestimmt

bei ε = 0.5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

5.17 Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit ε kB T/DGb

und normierter Spannung σ/G nahe dem stationaren Zustand von TiAl6V4. 97

5.18 Langsschliff (REM) der bei 300 MPa und 450oC bis ε = 0.24 verformten

Zugprobe aus Abb. 5.7. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

5.19 Langsschliff (STEM) der bei 10−3/s und 450oC bis ε = 0.80 verformten,

Verfestigung zeigenden TiAl6V4-Druckprobe aus Abb. 5.7 (Stab B). . . . . 99

5.20 Langsschliff (STEM) der bei 75 MPa und 550oC bis ε = 0.33 verformten,

Entfestigung zeigenden TiAl6V4-Druckprobe aus Abb. 5.8 (Stab B). . . . . 100

5.21 Summenhaufigkeitsverteilung der Grenzflachenabstande von TiAl6V4 nach

Verformung. Oben: α-Phase; unten: β-Phase. . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

152

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Abbildungsverzeichnis

5.22 Zusammenhang zwischen σ bzw. εmech und εmech im spannungskontrollier-

ten Relaxationsversuch an TiAl6V4 bei 450oC und σ0 = 300 MPa. . . . . . 103

5.23 Zusammenhang zwischen σ und akkumulierter elastischer Ruckdehnung

wahrend der Entlastung,∑

Δεel,i, bzw. akkumulierter inelastischer Vorwarts-

verformung nach der Entlastung,∑

Δεinel,i, im Versuch an TiAl6V4 aus

Abb. 5.22. Die gestrichelte Linie zeigt die elastische Reaktion der Probe. . 104

5.24 Zusammenhang zwischen εmech (oben) bzw. σ (unten) und t im spannungs-

kontrollierten Relaxationsversuch an TiAl6V4 bei 450oC. . . . . . . . . . . 105

5.25 εinel − σ−Zusammenhang im σ−kontrollierten Relaxationsversuch von Ti-

Al6V4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

5.26 σ − εmech−Kurven von TiAl6V4 bei Belastung auf die Startpunkte der

(dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxationsmessung bei 450oC (oben) und

650oC (unten). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

5.27 Gemessener Zusammenhang zwischen σ und tRel wahrend der (dehnungs-

geregelten) Spannungsrelaxation von TiAl6V4 bei 450oC und 650oC. . . . . 108

5.28 Aus dem σ − tRel−Verlauf in Abb. 5.27 bestimmter σ − σ−Zusammenhang

wahrend der (dehnungsgeregelten) Spannungsrelaxation von TiAl6V4. . . . 109

5.29 Mit Gl. (3.5) berechneter εinel − σ−Zusammenhang wahrend der dehnungs-

geregelten Spannungsrelaxation von Ti-2 bei 450oC und 650oC. . . . . . . . 110

5.30 Bei dehnungskontrollierter (offene Kreise) bzw. spannungskontrollierter (Qua-

drate) Versuchsfuhrung gemessener εinel − σ−Zusammenhang wahrend der

Spannungsrelaxation von TiAl6V4 bei 450oC und 650oC. . . . . . . . . . . 112

5.31 Zusammenhang zwischen σ und tRel wahrend der Spannungsrelaxation von

TiAl6V4 bei 450oC und 650oC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

5.32 σ als Funktion der T -normierten Relaxationszeit tRel · exp(−Q/RT ) der in

Abb. 5.31 gezeigten Versuche an TiAl6V4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

5.33 Kriechzeiten tε = 0.003 (links) und tε = 0.01 (rechts) als Funktion von σ und T . 114

5.34 T -normierte Kriechzeiten tε·exp(−Q/RT ) (mit Q = 242 kJ/mol) von Ti-

Al6V4 als Funktion von σ/G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

5.35 Mikrostrukturelle Abstande als Funktion von σ/G fur TiAl6V4. . . . . . . 118

5.36 Zusammenhang zwischen normierter Verformungsgeschwindigkeit ε kB T/DGb

und normierter Spannung σ/G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

A.1 Zusammenhang zwischen vg und σ∗ unter stationaren Bedingungen fur

Ti-2 bei 450oC. Die dicken Linien stellen den im Modell benutzten vg-σ∗ -

Zusammenhang dar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

A.2 Variation von ε , σ, σi, σ∗ , ρ−0.5sgl und ρ−0.5

dip mit ε. Kreise: Experiment, dunne

Linien: modellierte Kriechkurven von Ti-2 bei 450oC und 50 MPa ≤ σ ≤300 MPa. Die dicken Linien sind die Modellkurven fur 450oC und 200 MPa. 129

A.3 Normierter stationarer ε − σ−Zusammenhang bei Ti-2. . . . . . . . . . . . 131

A.4 Modellierte stationare Versetzungsabstande in Ti-2 als Funktion von σ/G. 132

A.5 Kriechkurven von TiAl6V4 bei 450oC. Symbole: Experiment, Linien: Modell.134

153

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Abbildungsverzeichnis

A.6 Normierter stationarer ε − σ−Zusammenhang bei TiAl6V4 Symbole kenn-

zeichnen die experimentellen Daten, die dicken Linien die bei verschiedenen

T modellierten stationaren Verlaufe bei viskoser (m = 1) bzw. sprunghafter

(m = 30) Versetzungsbewegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

A.7 Modellierte stationare Versetzungsabstande in TiAl6V4 als Funktion von

σ/G. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

C.1 Zusammenhang zwischen ε und ε fur Ti-2 bei 250oC. . . . . . . . . . . . . 141

C.2 Zusammenhang zwischen ε und ε fur Ti-2 bei 350oC. . . . . . . . . . . . . 141

C.3 Zusammenhang zwischen σ und ε fur Ti-2 bei 250oC. . . . . . . . . . . . . 142

C.4 Zusammenhang zwischen σ und ε fur Ti-2 bei 350oC. . . . . . . . . . . . . 142

C.5 Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 150oC. . . . . . . . . . . . . 143

C.6 Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 250oC. . . . . . . . . . . . . 143

C.7 Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 350oC. . . . . . . . . . . . . 144

C.8 Zusammenhang zwischen ε und t fur Ti-2 bei 450oC. . . . . . . . . . . . . 144

154

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Symbolverzeichnis

Symbol Beschreibung

α Versetzungswechselwirkungskonstante

A Faktor zur Anpassung der normierten Kriechzeiten

b Lange des Burgers Vektors

B temperaturabhangiger Proportionalitatsfaktor im vg − σ∗−Zusammenhang

B0 Proportionalitatskonstante im vg − σ∗−Zusammenhang

Bvisc temperaturabhangiger Proportionalitatsfaktor im viskosen vg − σ∗−Zusammenhang

c Fremdatomkonzentration

c0 Fremdatomkonzentration im Ausgangszustand

cdip Gewichtungsfaktor fur Dipole

cV Konzentration von Vanadium in TiAl6V4

c Anpassungsparameter fur Reibungskorrektur

d Korngroße

d0 Korngroße im Ausgangszustand

ddip kritischer Dipolabstand

dspon Versetzungsabstand fur spontane Annihilation

D Diffusionskoeffizient

DTi Koeffizient der Selbstdiffusion von Titan

DO Diffusionskoeffizient von Sauerstoff in Titan

DV Diffusionskoeffizient von Vanadium in Titan

Dsol Diffusionskoeffizient des Fremdatoms in der Matrix

ε Verformung / Dehnung

εa relativer Großenunterschied zwischen Mischkristall- und Matrixatom

εanel anelastische Dehnung

εel,App Beitrage der Verformungsapparatur zur elastischen Dehnung

εel,Pr elastische Dehnung der Probe

εel elastische Dehnung

εinel inelastische Dehnung

εκ geometriebereinigte Dehnung bei Reibungskorrektur

155

Page 160: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Symbolverzeichnis

εld Belastungsdehnung

εmech mechanische Dehnung

εpl plastische Dehnung

E Elastizitatsmodul

EApp Elastizitatsmodul der Apparatur

E∗ effektiver Elastizitatsmodul

ε (plastische) Verformungsgeschwindigkeit

εel elastische Verformungsgeschwindigkeit

εinel inelastische Verformungsgeschwindigkeit

εmech mechanische Verformungsgeschwindigkeit

f450oC Faktor zur Temperaturnormierung der Kriechkurven von Ti-2

FCum Summenhaufigkeit

G Schubmodul

kB Boltzmannkonstante

kdip Konstante (beeinflusst Dipoleinfangquerschnitt)

kλ Proportionalitatskonstante fur Gleitweg einer Versetzung

kρ Konstante der Versetzungsevolution

κ Schlankheitsgrad einer Probe

κ0 Schlankheitsgrad einer unverformten Probe bei Versuchstemperatur

κ0,RT Schlankheitsgrad einer unverformten Probe bei Raumtemperatur

l Probenlange

l0 Probenlange im unverformten Zustand bei Versuchstemperatur

l0,RT Probenlange im unverformten Zustand bei Raumtemperatur

Λ+ Versetzungslaufweg

m Spannungsexponent der Gleitgeschwindigkeit der Versetzungen

M Taylor-Faktor

n Spannungsexponent der makroskopischen Verformungsgeschwindigkeit

ncs Spannungsexponent bei konstanter Struktur

ng Anzahl der aktiven Gleitsysteme

nt Spannungsexponent der Kriechzeit

p Anpassungsparameter fur Reibungskorrektur

Pm Materialparamter

Q Aktivierungsenergie

R Allgemeine Gaskonstante

Rp Widerstand gegen plastische Verformung

Rp,0.2 Streckgrenze, 0,2%-Dehngrenze

Rp,max maximaler Verformungswiderstand

Rp,ss Verformungswiderstand am stationaren Zustand

156

Page 161: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

r1 innerer Abschneideradius des Spannungsfelds einer Versetzung

r2 außerer Abschneideradius des Spannungsfelds einer Versetzung

ρ Versetzungsdichte

ρ0 Ausgangsversetzungsdichte

ρdip Dichte der Versetzungen in Dipolkonfiguration

ρsgl Dichte der Single-Versetzungen

ρsgl Dichte der Single-Versetzungen

ρ−0.5 Versetzungsabstand

ρ−0.5dip Abstand der Dipole

ρ−0.5sgl Abstand der Single-Versetzungen

ρ∞ stationare Versetzungsdichte

ρ∞,j stationare Versetzungsdichte bei sprunghafter Versetzungsbewegung

ρ∞,v stationare Versetzungsdichte bei viskoser Versetzungsbewegung

ρ Rate der Versetzungsdichtenanderung

ρdip Rate der Anderung der Dichte von Dipolen

ρ−dip,c Rate der Vernichtung von Dipolen durch Kletterprozesse

ρ−dip,spon Rate der Vernichtung von Dipolen durch spontane Annihilation

ρ+dip Dipolerzeugungsrate

ρ−dip Dipolvernichtungsrate

ρsgl Rate der Anderung der Dichte von Single-Versetzungen

ρ+sgl Rate der Erzeugung von Single-Versetzungen

ρ−sgl Rate der Vernichtung von Single-Versetzungen

ρ−sgl,spon Rate der Vernichtung von Single-Versetzungen durch spontane Annihilation

S Probenquerschnittsflache

S0 Probenquerschnittsflache im unverformten Zustand

S⊥k versetzungsstrukturelle Mikrostrukurgroßen

SRl nicht-versetzungsstrukturelle Mikrostrukturparameter

σ Spannung

σi athermische Spannungskomponente

σknick Spannung am Ubergang zwischen viskoser und sprunghafter Versetzungsbewegung

σnom verformungswirksamer Anteil der anliegenden Spannung

σ0 Startspannung bei Spannungsrelaxation

σ∗ effektive Spannung

σ Rate der Spannungsanderung wahrend der Spannungsrelaxation

Sjm Anderungsrate der Mikrostruktur

t (Kriech-)Zeit

T Temperatur

tε Kriechzeit bis zur Dehnung ε incl. Belastungsdehnung

157

Page 162: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Symbolverzeichnis

tRel Relaxationszeit

tΔε Kriechzeit bis zur Dehnung Δε im Anschluss an die Belastung

Θ Orientierungsunterschied

θ Verfestigungsrate

vc Klettergeschwindigkeit einer Versetzung

vg Gleitgeschwindigkeit einer Versetzung

ν Poisson’s Zahl

w Subkorngroße

wi Sehnenlange

wα (Sub-)Korngroße der α-Phase in TiAl6V4

wβ (Sub-)Korngroße der β-Phase in TiAl6V4

Wm Bindungsenergie zwischen Versetzung und Fremdatom

ZD Zener-Hollomon-Parameter

Ω Atomvolumen

EBSD Electron Back Scatter Diffraction

LM Lichtmikroskopie

REM Rasterelektronenmikroskopie

RT Raumtemperatur

STEM Raster-Transmissionselektronenmikroskopie

158

Page 163: Verformungsverhalten und Verformungskinetik von … · mech resultiert aus der Zunahme von inel bei gleichzeitiger Abnahme von el;mit abnehmendem

Danksagung

Ohne die Mitwirkung zahlreicher Personen ware die vorliegende Arbeit in dieser Form

sicherlich nicht moglich gewesen. Daher mochte ich hier die Gelegenheit nutzen und allen

danken, die mich in all den Jahren unterstutzt haben.

• Meinen allerbesten Dank an meinen Doktorvater Prof. W. Blum fur die Ubernah-

me der Betreuung dieser Arbeit, die vielen anregenden Diskussionen und die große

Unterstutzung sowohl im fachlichen als auch im menschlichen Bereich.

• Bei meinen ehemaligen Gruppenkollegen mochte ich mich fur die vielen interessanten

Diskussionen und das stets gute Arbeitsklima bedanken. Besonders hervorheben

mochte ich die Herren M. Weiße, P. Weidinger, B. Watzinger und P. Eisenlohr, die

auf unterschiedlichsten Gebieten inspirierend auf mich einwirkten.

• Dank auch an Frau Y. Li und Herrn F. Hebner, die meine Arbeit an Titan durch ihre

Forschungen erganzt und zum Verstandnis der Verformung von Titan maßgeblich

beigetragen haben.

• Besonderer Dank an unseren Gruppentechniker Herrn W. Maier, durch dessen Un-

terstutzung viele Experimente uberhaupt erst moglich wurden.

• An dieser Stelle mochte ich mich bei allen anderen Professoren, Assistenten, Kolle-

gen, Diplomanden und Technikern bedanken, die zur angenehmen Atmosphare am

Institut beigetragen haben und stets auch in kleinen und großen Dingen gerne ihre

Unterstutzung anboten. Insbesondere den Sekretarinnen Frau R. Graham und Frau

W. Kranzlein herzlichen Dank dafur, dass sie immer etwas Licht in den Dschungel

der Burokratie gebracht haben.

• Vielen Dank auch an die Bayerische Forschungsstiftung fur die finanzielle Unterstutzung

und die AUDI AG fur die stets fruchtbare Zusammenarbeit. Hier mochte ich vor

allem die Herren C. Haberling und B. von Großmann lobend erwahnen.

• Letztendlich gebuhrt großer Dank auch meinen Eltern, die mir uberhaupt erst das

Studium der Werkstoffwissenschaften ermoglicht haben.

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Danksagung

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Lebenslauf

Personliches

Name Falk Breutinger

Geburtsdatum 1. April 1967

Geburtsort Bamberg, Deutschland

Nationalitat deutsch

Schulausbildung

1973 – 1977 Volksschule Wunderburg, Bamberg

1977 – 1986 Dientzenhofer-Gymnasium, Bamberg

1986 Abitur

Zivildienst

1989 – 1991 Zivildienst beim Caritas-Verband fur den Landkreis Bamberg

im Bereich des Mobilen Sozialen Hilfsdienstes

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Lebenslauf

Universitare Ausbildung

1986 – 1989 Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universitat Bam-

berg; Vordiplom

1991 – 1997 Studium der Werkstoffwissenschaften an der Universitat

Erlangen-Nurnberg

Schwerpunkte:

- Allgemeine Werkstoffeigenschaften

- Werkstoffkunde und Technologie der Metalle

- Korrosion und Korrosionsschutz

1997 Diplom

Berufslaufbahn

1997 – 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fur Allgemeine

Werkstoffeigenschaften (IWW1) der Universitat Erlangen-

Nurnberg

seit 2003 Ingenieur im Bereich Versuch/Entwicklung (Lager- und Fahr-

zeugtechnik) bei INA-Schaeffler KG in Herzogenaurach

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