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Vergleich von Distributionssystemen unter dynamischen
Gesichtspunkten durch Anwendung der Simulationstechnik
Prof. Dr.-Ing. B. Noche
Universität Duisburg-Essen
1. Einleitung
Die Planung von Distributionssystemen ist eine kreative Aufgabe, die – je nach
Blickwinkel – zu sehr unterschiedlichen Systemlösungen führen kann. Ausgehend von
einem Anforderungsprofil, das beispielsweise das Artikelsortiment, Auftragsstrukturen
und Bevorratungsvorgaben enthält, werden üblicherweise verschiedene Sy-
stemlösungen und Planungsvarianten ausgearbeitet. Es stellt sich jedoch häufig die
Frage, welches der Konzepte die jeweils beste Lösung repräsentiert. Kriterien wie
Betriebs- und Investitionskosten sind recht schnell ermittelt – aber Kriterien wie Ser-
vicelevel, Flexibilität und Steuerbarkeit lassen sich nur durch weitere Methoden, wie
die Simulationstechnik, überprüfen.
Der Vortrag befasst sich mit der Ausschreibung für den Bau und den Betrieb eines
Distributionszentrums. Als Reaktion auf eine Ausschreibung wurden mehrere sehr
unterschiedliche Lösungsvarianten eingereicht: Hochautomatisierte Lager- und
Kommissioniersysteme, manuelle großflächige Lagersysteme, differenzierte Lager-
konzepte mit unterschiedlicher Technik, Pick by Light-Konzepte konkurrieren mit
klassischen Fachbodenkommissionierungen.
Die verschiedenen Distributionskonzepte wurden mit Hilfe der Simulationstechnik
bewertet und verglichen. Die Simulationsmodelle sollten nicht nur den reinen Materi-
alfluss bewerten, sondern auch Dispositionsstrategien abbilden, um Kennzahlen be-
reitstellen zu können, die beispielsweise die Sicherheit der Tourenbelieferung betreffen,
die Auslastung des Personals, den Flächenbedarf in der Konsolidierung, die
Durchlaufzeit der Kommissionieraufträge usw. Wesentliche Bestandteile der Modelle
sind: Lagerort der Artikel (inkl. Lagertechnik), Kommissioniersystem, Konsolidierung,
Verpackung sowie Wareneingang und –ausgang.
2. Ausgangssituation
Für einen Elektrogerätehersteller sollte ein neues Distributionslager erstellt werden.
Gelagert werden ca. 25.000 Artikel. Davon sind etwa 10 % Zubehör (kleinere Artikel)
und 90 % fertige Geräte. Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs wurden verschiedene
Lieferanten gebeten, Lösungsvorschläge einzureichen und anzubieten.
Allen Lieferanten wurden die gleichen Informationen in einem Lastenheft zugesandt.
Auf der Basis dieser Daten wurden diverse Vorschläge erarbeitet und Angebote
eingereicht. In das endgültige Auswahlverfahren wurden insgesamt vier verschiedene
Konzepte einbezogen. Auf den ersten Blick erfüllten alle vier Konzepte die gestellten
Aufgaben wie:
- Lagerung von Fertigware (Zubehör und Geräte)
- Kommissionierung von Geräten
- Kommissionierung von Zubehör
- Konsolidierung von Kommissionen
- Verpackung und Versand
sowie
- Wareneingang von Zubehör und Geräten
- Einlagerung der Artikel
- Nachschuborganisation der Kommissionierung
Interessant ist jedoch die Tatsache, dass alle vier Bieter äußerst unterschiedliche
Lösungsansätze entwickelten. Alle Lösungsvorschläge entsprechen dem aktuellen Stand
der Technik und zeigen auf, dass die Bieter eine hohe Lösungskompetenz aufweisen
und völlig zu Recht in die letzte Phase des Bieterverfahrens mit aufgenommen wurden.
3. Konzepte
Die Konzepte kann man im Hinblick auf den Automatisierungsgrad unterscheiden:
Automatisches Lösungskonzept (Bild 1)
Das Artikelsortiment wird nach Groß- und Kleinteilen aufgeteilt, wobei die Grenzen
durchaus fließend sein können.
Große Artikel werden in einem Regallager gelagert, wobei das Layout abwechselnd aus
einem Kommissioniergang und einem Nachschubgang besteht. Über eine
Behälterfördertechnik werden Behälter zu den einzelnen Kommissionierplätzen
gebracht und ausgeschleust. Ein Kommissionierer stellt die entsprechenden Artikel
zusammen, belädt den Behälter und schickt ihn wieder auf die Reise. Auf diese Weise
„besucht“ der Behälter nacheinander alle Kommissioniergänge bis sein maximales
Füllvolumen erreicht ist. Anschließend wird er in einem automatischen Karusselllager
zwischengepuffert.
Kleinteile werden in einem Fachbodenlager gelagert. Ein Kommissionierer läuft mit
einem Wagen, auf dem bis zu 8 Behälter untergebracht sind, durch die Gänge und
sammelt die Kleinteile kundenbezogen in den einzelnen Behältern. Am Ende einer Tour
werden die Behälter an ein Förderband übergeben und gelangen ebenfalls zur
Konsolidierung. Sobald alle kommissionierten Artikel im Karusselllager angekommen
sind, wird die Verpackung angestoßen. Die Behälter werden über einen Sorter
ausgelagert und einem Verpackungsplatz zugeführt – von dort aus gelangen die Artikel
in den Versand.
Im Versand treffen die verpackten Artikel mit Ganzpaletten aus der Großpackerei
zusammen, so dass sichergestellt ist, dass alle Bestellpositionen eines Kunden auch
tatsächlich gleichzeitig beim Kunden eintreffen.
Im Wareneingang werden verschiedene Artikel unter Umständen gemeinsam auf einer
Palette angeliefert. Nach einer Wareneingangskontrolle werden die Paletten zerlegt und
die Artikel ihren jeweiligen Lagerplätzen (Regallager bzw. Kleinteilelager) zugeführt.
Für Schnellläufer ist ein Cross-docking vorgesehen, so dass diese Artikel als
Rampendreher direkt vom Wareneingang zum Warenausgang gebracht werden.
zur Kleinpackerei
zur Großpackerei
Fördertechnik
Fördertechnik
RFZ
RFZ
RFZ
EG
Kleinteile
Kartons
Palette
Lager und Kommissionierung
BahnHRL
Waren-ausgang
EntmischenWareneingangs-kontrolle
QS
HRL/FBL/Blocklager
Rampendreher
Wareneingang
Packspuren
Sorter
Packtische
Packtische
Kleinpackerei
Großpackerei
Rampendreher
vom Kom.-Tunnelund KLT-Lager
vom Kom.-Tunnel
Ganzpalette
Warenausgang
Bild 1: Automatisches Distributionskonzept
Manuelle Kommissionierung mit Pick by Light (Bild 2)
Der Grundgedanke dieser Variante besteht ebenfalls in der Unterscheidung zwischen
Groß- und Kleinteilen, wobei für die jeweilige Artikelgruppe eine weitere Aufteilung
der Funktionen vorgenommen wurde.
Die Kommissionierung der Großteile erfolgt via Gabelhubwagen oder Wagen – je nach
zu kommissionierendem Volumen. Das Kommissionierlager ist als Regallager
aufgebaut, wobei auf der oberen Ebene in den Regalen der Nachschub für die
Kommissionierebene gelagert wird. Alle Artikel, die nicht mehr in das
Kommissionierlager passen (Geräte und Zubehör), werden in einem Reservelager
zwischengespeichert.
Die Großteile werden, sobald sie kommissioniert wurden, in die Großpackerei gebracht
und danach auf Packspuren im Versand bereitgestellt.
Die Kleinteile werden ebenfalls in zwei verschiedenen Lagerbereichen verwaltet. Die
Kommissionierung der B- und C-Teile erfolgt über einen Kommissionierwagen. Nach
der Tour übergibt der Picker die Behälter einer „Pick by Light“-Anlage für die
Zuführung der A-Teile. Anschließend werden die Behälter in die Kleinpackerei
gebracht und im Versand zu den Großteilen gestellt.
Schon im Wareneingang werden artikelreine Paletten von den übrigen Paletten
getrennt. Artikelreine Paletten sind für das Reservelager bestimmt – vorausgesetzt, im
Nachschubbereich des Kommissionierlagers ist kein Bedarf für Nachschubware
angemeldet. Das Entpacken der Kleinteile und die Aufteilung der Teile auf die
entsprechenden Lagerbereiche im Kleinteilelager erfolgt ebenfalls im Wareneingang.
Manuelle Kommissionierung mit Ware zum Mann (Bild 3)
Diese Variante zeichnet sich durch eine klare Gliederung von A- bzw. B- und C-
Artikeln im Großteilebereich aus. Die prinzipielle Idee besteht in der Durchführung
einer manuellen Kommissionierung im Schnelldreher-Bereich während die B- und C-
Artikel mit einem „Ware zum Mann“-Prinzip über eine konventionelle Lagertechnik
mit Regalbediengeräten einzelnen Kommissionierplätzen zugeführt werden.
Die Kleinteile sind in einem Fachbodenbereich untergebracht und werden getrennt
kommissioniert. In der Packerei erfolgt in getrennten Packbereichen (Kleinteile,
Großpackerei) die Verpackung der Artikel mit anschließender Bereitstellung in den
entsprechenden Packbahnen.
Da das Hochregallager auch als Reservelager für die Schnelldreher dient, wird die Ware
aus dem Wareneingang direkt in das Hochregallager geschickt.
Wareneingang
Bahn
Waren-ausgang
Entmischen
Wareneingangs-kontrolle
QS
HRL
Rampendreher
ArtikelreinePaletten
FBL
Palettenkommissionslager
zur Kleinpackerei
zur GroßpackereiEG
RFZ
RFZ
RFZ
B/C - Kleinteile OG A - Kleinteile EG
Lager und Kommissionierung
Warenausgang
Packspuren
Rampendreher Ganzpalette
Großpackerei
vom Kom.-Tunnel
Kleinpackerei
vom Kom.-Tunnelund KLT-Lager
Packtische
Bild 2: Manuelle Kommissionierung Pick by Light
Manuelle Kommissionierung (Bild 4)
In dieser Variante wird auf den Einsatz automatischer Komponenten weitgehend
verzichtet. Unterschieden wird bei der Lagerung und Kommissionierung lediglich
zwischen Groß- und Kleinteilen. Die Großteile sind in zwei verschiedenen
Lagerbereichen untergebracht: In einem kompakten Durchlauflager für Super-A-Teile
(sehr schnell drehende Teile) und einem konventionellen Regallager für die restlichen
Großteile.
An einem Übergabepunkt erfolgt die Zuordnung zur Klein- und Großpackerei und zur
anschließenden Bereitstellung auf den Packspuren. Im Wareneingang erfolgt die
Trennung der Artikel für ihren jeweiligen Lagerbereich.
Wareneingang
Waren-ausgang
EntmischenWareneingangs-kontrolle
QS
HRL
Rampendreher
OG
Slow
mov
erun
d R
eser
ve F
astm
over
Umlaufkommissionierplätze
zum Versand
zur Packerei
zur Packereizum Versand
RFZ
RFZ
RFZ
RFZ
Schnelldreher
Paletten
Kartons
Lager und Kommissionierung
Warenausgang
Packspuren
Packtische
Packerei
Großpackerei
Rampendreher Ganzpalette
Kleinpackerei
Bild 3: Manuelle Kommissionierung mit „Ware zum Mann“-Prinzip
4. Daten für die Simulation
Um die verschiedenen Konzepte miteinander vergleichen zu können, wurden
Simulationsmodelle aufgebaut. Für diese Modelle wurden insbesondere folgende Daten
benötigt:
Wareneingang
Bahn
Waren-ausgang
Wareneingangs-kontrolle
QS
Rampendreher
Entmischen
FBL
Übergabe-punkt
HRL
Super-A Lager
Lager und Kommissionierung
WE
Großpackerei
Kleinpackerei
Zubehör auf 4
Ebenen
Paletten-lager
Übergabe-punkt
Super-ALager
HRL FBL
Durchlauflager
Warenausgang
PackspurenKleinpackerei
Großpackerei
Rampendreher Ganzpalette
Packtische
Bild 4: Manuelle Kommissionierung
- Systemlast
Auftragsdaten bestehend aus Pickpositionen
- Konfiguration des Systems
Layout der Planungsalternativen mit Kapazitäten und Artikelverteilung auf die
Lagerbereiche
- Organisationsstruktur
Werkerorganisation und Schichtmodelle sowie Tourentabelle
- Ablaufsteuerung
Durchlauf der Pickaufträge durch das System und Synchronisierung der
Teilaufträge in der Konsolidierung bzw. auf den Packbahnen
- Technik
Technische Parameter wie Geschwindigkeiten, Kapazitäten und lokale
Steuerungen
Auf den folgenden Bildern sind einige der Daten dargestellt: y
0,00%
10,00%
20,00%
30,00%
40,00%
50,00%
60,00%
70,00%
80,00%
90,00%
100,00%
0 25.112 Artikel
Proz
ent
Kategorien:A: x ≥ 3,58 Zugriffe pro
Tag
B: 3,58 < x < 0,58 Zugriffe pro Tag
C: x ≤ 0,58 Zugriffe pro Tag
Bild 5: Zugriffshäufigkeiten auf die Artikel
6:00 Uhr 14:00 Uhr 22:00 Uhr10:00 Uhr 18:00 Uhr
Frühschicht
Schichtpause
Spätschicht
Schichtpause
Nachtschicht
Schichtpause
02:00 Uhr 06:00 Uhr
Bild 6: Schichtmodell
Route Deutschland Cut-Off: 19:00 Uhr
Route Frankreich Cut-Off: 17:00 Uhr
Route Spanien (Süd) Cut-Off: 14:00 Uhr
Route Niederlande (Benelux) Cut-Off: 19:00 Uhr
Route Italien Cut-Off: 15:00 Uhr
Route Österreich Cut-Off: 17:00 Uhr
Bild 7: Tourentabelle
Über eine ABC-Analyse werden Zugriffshäufigkeiten auf einzelne Artikel ermittelt
(Bild 5). Die Aufteilung des Schichtmodells ist aus Bild 6 ersichtlich, die Tourentabelle
ist beispielhaft in Bild 7 dargestellt. In der Kommissionierstrategie wird der
Tourenfahrplan berücksichtigt. Die entferntesten Zielorte werden zunächst
kommissioniert, wobei gleichzeitig die Kommissionsaufträge tourenrein zugeordnet
werden. Damit ist sichergestellt, dass einzelne Touren verschoben werden können.
5. Simulationsergebnisse
Die Simulationsergebnisse liefern eine Fülle von Daten, die das dynamische Verhalten
des jeweiligen Distributionssystems beschreiben. Die Statistiken beziehen sich auf die
Durchlaufzeiten, stellen die Auslastung des Personals und der Regalbediengeräte dar.
Im folgenden wird nun das manuelle Kommissionierkonzept (Bild) mit Pick by Light
etwas detaillierter erläutert. Das Bild 8 stellt exemplarisch die Einlastung der
Kommissionieraufträge auf das Pick by Light-System an drei verschiedenen Tagen dar.
Es fällt auf, dass die Auslastung in den einzelnen Stunden sehr stark schwankt, obwohl
die einzelnen Tage sehr ähnlich verlaufen. In der ersten Stunde laufen praktisch nur
reine A-Artikel durch das System, die B- und C-Artikel werden im entsprechenden
Bereich noch kommissioniert. Über den Tag hinweg werden die A-Artikel dynamisch
bewegt, gegen Ende des Tages liegen relativ viele Aufträge mit B- und C-Artikeln vor.
Diese Schiefe in der Bevorzugung der A-Artikel wirkt sich auf die Dimensionierung der
Konsolidierungsfläche und die Durchlaufzeit der Lieferscheine aus (Bild 9). Die
Kommissionieraufträge sind bis zu 10 h im System, wobei die mittlere Durchlaufzeit
bei etwa 100 Minuten liegt. Die meisten Aufträge liegen bei einer Durchlaufzeit
zwischen 30 Minuten und 4 h. Aus der breiten Streuung der Durchlaufzeiten lässt sich
ableiten, dass im System verschiedene begrenzende Faktoren zusammenwirken müssen.
In Bild 10 ist exemplarisch die Werkerauslastung im Pick by Light-Bereich dargestellt.
Es fällt auf, dass regelmäßig die Auslastung in einzelnen Schichten einbricht, dass
andererseits aber auch eine relativ hohe Auslastung des eingesetzten Personals
gewährleistet werden kann.
Total: 15.731 Trays
Rein: 10.315 Trays
Misch: 5.416 Trays
Rein: Lieferschein ohne ZB B/C-Artikel
Misch: Lieferscheine mit ZB B/C-Artikel
100
200
300
400
500
600
700
0502. Okt
0802. Okt
1102. Okt
1402. Okt
1702. Okt
2002. Okt
0603. Okt
0903. Okt
1203. Okt
1503. Okt
1803. Okt
0504. Okt
0804. Okt
1104. Okt
1404. Okt
1704. Okt
2004. Okt
Zeit
Tray
s/St
d
Bild 8: Einlastung der Kommissionieraufträge auf das Pick by Light-System
0%
1%
2%
3%
4%
5%
6%
7%
5 25 45 65 85 105
125
145
165
185
205
225
245
265
285
305
325
345
365
385
405
425
445
465
485
505
525
545
565
585
Durchlaufzeit in Minuten
Proz
entu
alev
erte
ilung
Durchschnittliche Durchlaufzeit: 103 Minuten
Bild 9: Zeitbedarf der Lieferscheine (Durchlaufzeit)
0%
20%
40%
60%
80%
100%
6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Zeit
Proz
entu
ale
Aus
alst
ung
PickByLightFrühschicht PickByLightSpätschicht
Werkereinsatz:
Frühschicht: 12 MA
Spätschicht: 12 MA
2. Okt 3. Okt 4. Okt
Bild 10: Werkerauslastung in der Pick by Light-Anlage
Die Belegung der Konsolidierungsfläche ist in Bild 11 für drei verschiedene Tage
dargestellt. Über den Tag hinweg baut sich ein Bestand an offenen Positionen auf. D. h,
im Warenausgangsbereich befinden sich bis zu knapp 350 offene Lieferscheine
(Kunden), für die noch Positionen kommissioniert werden. Schön zu sehen ist auch,
dass alle drei Tage nahezu gleichzeitig beendet werden müssen. Damit kann gezeigt
werden, dass es keine wandernden Engpässe gibt und dass sich das Distributionssystem
sehr stabil verhält.
0
50
100
150
200
250
300
350
5:25
6:24
6:35
6:49
7:04
7:23
7:57
8:29
8:49
9:04
9:26
9:4110
:0010
:2910
:4711
:0211
:1811
:3911
:5712
:1612
:4112
:5613
:1013
:3113
:5614
:2114
:4214
:5815
:1715
:4016
:0616
:3016
:4917
:0317
:2217
:4718
:2519
:41
Zeit
Anz
ahl d
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iefe
rsch
eine
02.10.02 03.10.02 04.10.02
Bild 11: Belegung der Konsolidierung
6. Vergleichende Bewertungen
Das Design der verschiedenen Lösungsvarianten für die gestellte Distributionsaufgabe
enthält den Versuch, die verschiedenen Bereiche auszubalancieren und die
Automatisierung und organisatorischen Konzepte so auszurichten, dass die
Kommissionierer möglichst effizient eingesetzt werden können. Das bedeutet, dass die
Werker möglichst kontinuierlich gut ausgelastet werden bei gleichzeitig hoher
Pickleistung. D. h., es wird angestrebt, die Picker möglichst viel greifen zu lassen bei
kurzen Wegstrecken.
Zu den einzelnen Systemen ergeben sich folgende Anmerkungen:
Automatisches Distributionskonzept
Die Behälterförderanlage, die für die Gerätekommissionierung vorgesehen ist, schleust
jeweils einzelne Behälter in den zugeordneten Kommissioniergängen aus. Es zeigt sich,
dass dabei immer wieder einzelne Kommissioniergassen überlastet werden und andere
in einzelnen Stunden relativ hohe Wartezeitanteile aufweisen. Auch durch verschiedene
Artikelverteilungen in den Gassen ist das Problem nicht besonders gut beherrschbar.
Durch die Über- und Unterlastungen kommt es im Konsolidierungsbereich zu einem
recht großen Pufferplatzbedarf, da viele Lieferscheinpositionen lange offen bleiben, bis
sie zur Packerei weitergeleitet werden können. Die Kommissionierung der Kleinteile im
Fachbodenbereich wird manuell durchgeführt. Durch die Entkopplung der Bereiche ist
eine Synchronisierung der Lieferscheine nur schwer möglich. Insgesamt wird der sehr
hohe Technikeinsatz nicht belohnt, da sich immer wieder Engpässe in der Fördertechnik
ergeben, die durch Zufälligkeiten in der Auftragsstruktur bedingt sind.
Manuelle Kommissionierung mit Pick by Light
Der Aufbau des Kommissioniersystems für Großteile bei einer Zerlegung der
Lagerfunktionen in einen Reserve- und einen Kommissionierlagerbereich führt zu
einem Konzept, in dem die Kommissionierer nur relativ kurze Wege zurücklegen
müssen. Ungünstig ist insbesondere das Zusammenspiel von Reserve- und
Nachschuborganisation. Bei konsequenter Umsetzung der Grundidee müsste ein leerer
Kommissionierplatz aus dem Nachschubbereich des Kommissionierlagers versorgt
werden, anschließend muss dann aus dem Reservelager eine Palette in den
Nachschubbereich gebracht werden. Die Automatisierung im Zubehörbereich durch
eine kleine Pick by Light-Anlage erweist sich als sehr leistungsfähig, da sie durch die
vorgelagerten B- und C-Artikelkommissionierung kompakt gehalten werden kann.
Andererseits wird durch die Zweistufigkeit im Zubehörbereich die Durchlaufzeit dieser
Artikel erhöht.
Manuelle Kommissionierung mit Ware zum Mann
Diese Gestaltungsvariante ist eine besonders konsequente Umsetzung der Idee, dass
schnelldrehende Ware (sowohl Geräte als auch Zubehör) manuell kommissioniert
werden soll, während B- und C-Artikel in einer Ware zum Mann-Kommissionierung
abgewickelt werden. Es zeigt sich jedoch, dass die Auslagerung der Paletten aus dem
Hochregallager insgesamt sehr träge erfolgt. Einerseits müssen die Paletten in einer
bestimmten Reihenfolge ausgelagert werden, andererseits kann es passieren, dass die
Kommissionierer ihre Tätigkeit in wenigen Sekunden durchführen (Kleinteile).
Dadurch kann es zum Abriss der Versorgung aus dem Hochregallager kommen. Durch
die Bremse im Hochregallager kommt es zu einem sehr großen Pufferplatzbedarf im
Konsolidierungsbereich.
Manuelle Kommissionierung
Das manuelle Konzept besteht im wesentlichen aus drei unabhängig voneinander
operierenden Kommissionierbereichen: Dem Super A-Bereich, den A-, B- und C-
Kommissionierbereich und dem Fachbodenlager. Da viele Artikel im Großteilebereich
gelagert werden, müssen die Kommissionierer relativ lange Wege zurücklegen, um
Ware zu kommissionieren. Dies wird durch die besonders effiziente Gestaltung des
Super A-Bereichs nicht aufgewogen. Durch die Notwendigkeit, drei verschiedene
Lagerbereiche miteinander zu synchronisieren, entsteht ein großer Pufferplatzbedarf in
der Konsolidierung mit hohen mittleren Durchlaufzeiten.
Die verschiedenen Konzepte haben alle Vor- und Nachteile. Für die automatisierten
Lösungen spricht der niedrige Personalbedarf, für die manuellen Lösungen spricht die
Flexibilität bei großen Auftragsschwankungen. Kombinierte manuelle und automatische
Konzepte sind dabei im Vorteil, da sie die Investitionsausgaben klein halten bei
gleichzeitiger Flexibilität in der Personaldisposition. Durch die Verbindung von
sequentieller und paralleler Kommissionierung ergeben sich Vorteile, die sich auf die
Durchlaufzeiten und Konsolidierungspuffer auswirken.
7. Zusammenfassung
Die Gegenüberstellung der fünf verschiedenen Konzepte ergab große Überraschungen.
Es zeigt sich insbesondere, dass
- fast alle Konzepte die ausgeschriebenen Anforderungen zunächst nicht erfüllen
konnten
- Systemlösungen eingerichtet worden sind, die bei genauerer Betrachtung große
Planungslücken aufwiesen
- scheinbar gute Systemlösungsansätze technisch nicht umsetzbar waren
- die Flexibilität bei der Disposition einen entscheidenden Einfluss auf den effi-
zienten Betrieb der Systeme hat
- zu viele verschiedene Lagersysteme nur sehr schlecht koordiniert werden kön-
nen
- sowohl automatisierte als auch manuelle Systemlösungen gravierende Nachteile
mit sich bringen
Die Simulationstechnik hat sich als äußerst hilfreiches Instrument erwiesen, da es bei
der Bewertung der Konzepte objektive Kriterien bereitgestellt hat, die nicht mal eben
wegdiskutiert werden können. Des weiteren hat sich gezeigt, dass alle Lieferanten
durch Hinweise auf Schwachstellen ihre Lösungsansätze teilweise erheblich verbessern
konnten.
Durch die Simulationsmodelle wurde sichergestellt, dass alle Lieferanten ein ver-
gleichbares Systemkonzept anboten – die erheblichen Preisdifferenzen konnten auf ihre
eigentlichen Ursachen zurückgeführt werden.
Aus planerischer Sicht ergeben sich eine Reihe von Hinweisen, wo die prinzipiellen
Stärken und Schwächen der Lager- und Kommissioniertechniken liegen, wenn sie im
Verbund mit weiteren Systemen betrieben werden müssen.