verletzungsmuster und sportartbedingte belastungen beim gleitschirmfliegen

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Leitthema M. Bohnsack 1 · E. Schröter 2 1 Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover 2 Orthopädische Klinik, Klinikum Rosenheim, Verbandsarzt des Deutschen Hängegleiterverbandes Verletzungsmuster und sportartbedingte Belastungen beim Gleitschirmfliegen Orthopäde 2005 · 34:411–418 DOI 10.1007/s00132-005-0795-8 Online publiziert: 27. April 2005 © Springer Medizin Verlag 2005 Im Gegensatz zum Bestreben, durch Ri- sikovermeidung ein höheres Maß an Ge- sundheit zu erlangen, steht der Wunsch, durch risikoträchtige Erlebnissportarten einen attraktiven und aktiven Ausgleich zum Alltagsleben zu schaffen. „Hochrisi- ko-“, „Erlebnis-“ oder „Extremsportarten“ wie Klettern, Tauchen, Fallschirmsprin- gen, Kitesurfen oder Gleitschirmfliegen verzeichneten in den vergangenen Jahr- zehnten einen steigenden Zulauf [25]. Es gibt zahlreiche Untersuchungen über ty- pische Persönlichkeitsmerkmale von Ri- sikosportlern. Einerseits besteht offenbar der Wunsch, einer zunehmend kontrollier- ten und nach Sicherheit suchenden Zivi- lisationsgesellschaft für einen Augenblick zu entfliehen [4], andererseits scheint es einen großer inneren Drang nach abrup- ten und intensiven Erlebnissen zu geben [5]. Franques et al. [5] konnten 2003 bei 34 Gleitschirmfliegern eine signifikant (p<0,001) größere Sensationslust im Ver- gleich zur Kontrollgruppe nachweisen. Der Reiz der Sportart liegt zudem in der Verwirklichung eines uralten Menschheits- traums, des vogelfreien Flugs. Dazu kom- men seine technische Einfachheit, die Mo- bilität der Fluggeräte und nicht zuletzt die Unabhängigkeit von Flugplätzen. Etwa 32.000 Piloten (86 männlich, 14 weiblich) üben zurzeit in Deutsch- land den Gleitschirmsport aktiv aus. Die vorliegende Arbeit stellt die Sportart Gleit- schirmfliegen vor und gibt eine Übersicht über sportartbedingte Risiken und Verlet- zungsmuster. Entwicklung und Organisation des Gleitschirmfliegens in Deutschland 1974 propagierte der Amerikaner Dan Poynter in einem Lehrbuch das „Para- sailing“. 1978 wurden zwei Franzosen be- kannt, als sie mit Flächensprungschirmen Fußstartversuche durchführten. Die Fall- schirmspringer und Bergführer wollten sich die Kosten für die teuren Flieger spa- ren. Im gleichen Jahr wurde bereits der ers- te Gleitschirmverein „Les Choucas“ (Die Dohlen) in Mieussy (Frankreich) gegrün- det. Im Jahr 1979 wurde der Deutsche Hängegleiterverband (DHV) als heuti- ger Dachverband der Drachen- und Gleit- schirmflieger in Deutschland gegründet. Das Gleitsegeln ist seit 1987 vom Bundes- minister für Verkehr genehmigt. Es gibt knapp 900 deutsche Fluggelände, 326 Ver- eine, 119 Flugschulen und 302 Ausbilder (DHV 2004). Um das Sicherheitsniveau zu erhöhen, wurden die Ausbildungsrichtlinien im Lau- fe der Jahre ständig weiterentwickelt und der Geräteentwicklung angepasst. Zum eigenständigen Flug braucht der Gleitse- gelpilot in Deutschland einen staatlichen Luftfahrerschein (beschränkter Luftfahrer- schein: A-Schein, unbeschränkter Luftfah- rerschein mit Berechtigung zu Überland- flügen: B-Schein), und eine Haftpflicht- versicherung. Das Mindestalter hierfür ist 14 Jahre (mit Einwilligung der Eltern) (. Abb. 1). Abb. 1 7 Pilotenalter im deutschen Drachen- und Gleitschirmsport 411 Der Orthopäde 5 · 2005 |

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Leit the ma

M. Bohn sack1 · E. Schrö ter2

1 Or tho pä di sche Kli nik der Me di zi ni schen Hoch schu le Han no ver2 Or tho pä di sche Kli nik, Kli ni kum Ro sen heim, Ver bands arzt des Deut schen Hän ge glei ter ver ban des

Ver let zungs mus ter und sport art be ding te Be las tun gen beim Gleit schirm flie gen

Orthopäde 2005 · 34:411–418DOI 10.1007/s00132-005-0795-8On li ne pub li ziert: 27. April 2005© Sprin ger Me di zin Ver lag 2005

Im Ge gen satz zum Be stre ben, durch Ri-

si ko ver mei dung ein hö he res Maß an Ge-

sund heit zu er lan gen, steht der Wunsch,

durch ri si koträch ti ge Er leb niss port ar ten

einen at trak ti ven und ak ti ven Aus gleich

zum All tags le ben zu schaf fen. „Hoch ri si-

ko-“, „Er leb nis-“ oder „Ex tremsport ar ten“

wie Klet tern, Tau chen, Fall schirm sprin-

gen, Ki te s ur fen oder Gleit schirm flie gen

ver zeich ne ten in den ver gan ge nen Jahr-

zehn ten einen stei gen den Zu lauf [25]. Es

gibt zahl rei che Un ter su chun gen über ty-

pi sche Per sön lich keits merk ma le von Ri-

si kos port lern. Ei ner seits be steht of fen bar

der Wunsch, ei ner zu neh mend kon trol lier-

ten und nach Si cher heit su chen den Zi vi-

li sa ti ons ge sell schaft für einen Au gen blick

zu ent flie hen [4], an de rer seits scheint es

einen großer in ne ren Drang nach ab rup-

ten und in ten si ven Er leb nis sen zu ge ben

[5]. Fran ques et al. [5] konn ten 2003 bei

34 Gleit schirm flie gern eine sig ni fi kant

(p<0,001) grö ße re Sen sa ti ons lust im Ver-

gleich zur Kon troll grup pe nach wei sen.

Der Reiz der Sport art liegt zu dem in der

Ver wirk li chung ei nes ur al ten Mensch heits-

traums, des vo gel frei en Flugs. Dazu kom-

men sei ne tech ni sche Ein fach heit, die Mo-

bi li tät der Flug ge rä te und nicht zu letzt die

Un ab hän gig keit von Flug plät zen.

Etwa 32.000 Pi lo ten (86 männ lich,

14 weib lich) üben zur zeit in Deutsch-

land den Gleit schirmsport ak tiv aus. Die

vor lie gen de Ar beit stellt die Sport art Gleit-

schirm flie gen vor und gibt eine Über sicht

über sport art be ding te Ri si ken und Ver let-

zungs mus ter.

Ent wick lung und Or ga ni sa ti on des Gleit schirm flie gens in Deutsch land

1974 pro pa gier te der Ame ri ka ner Dan

Poyn ter in ei nem Lehr buch das „Pa ra-

sai ling“. 1978 wur den zwei Fran zo sen be-

kannt, als sie mit Flä chen sprungs chir men

Fuß start ver su che durch führ ten. Die Fall-

schirm sprin ger und Berg füh rer woll ten

sich die Kos ten für die teu ren Flie ger spa-

ren. Im glei chen Jahr wur de be reits der ers-

te Gleit schirm ver ein „Les Chou cas“ (Die

Doh len) in Mieus sy (Frank reich) ge grün-

det. Im Jahr 1979 wur de der Deut sche

Hän ge glei ter ver band (DHV) als heu ti-

ger Dach ver band der Dra chen- und Gleit-

schirm flie ger in Deutsch land ge grün det.

Das Gleitse geln ist seit 1987 vom Bun des-

mi nis ter für Ver kehr ge neh migt. Es gibt

knapp 900 deut sche Flug ge län de, 326 Ver-

ei ne, 119 Flug schu len und 302 Aus bil der

(DHV 2004).

Um das Si cher heits ni veau zu er hö hen,

wur den die Aus bil dungs richt li ni en im Lau-

fe der Jah re stän dig wei ter ent wi ckelt und

der Ge rä te ent wick lung an ge passt. Zum

ei gen stän di gen Flug braucht der Gleitse-

gel pi lot in Deutsch land einen staat li chen

Luft fah rer schein (be schränk ter Luft fah rer-

schein: A-Schein, un be schränk ter Luft fah-

rer schein mit Be rech ti gung zu Über land-

flü gen: B-Schein), und eine Haft pflicht-

ver si che rung. Das Min destal ter hier für

ist 14 Jah re (mit Ein wil li gung der El tern)

(. Abb. 1).

Abb. 1 7 Pi lo ten al ter im deut schen Dra chen-

und Gleit schirmsport

411Der Orthopäde 5 · 2005 |

ner Gleitse gel liegt bei ca. 1:8 (Dra chen:

1:13, Se gel flug zeug: 1:60), die Trimm ge-

schwin dig keit be trägt ca. 37 km/h bei ei-

ner Höchst ge schwin dig keit von bis zu

55 km/h. Stun den lan ge Ther mik- und

Stre cken flü ge von über 100 km sind mit

mo der nen Gleit schir men pro b lem los

mög lich. Der Stre cken welt re kord liegt

bei 423 km, er flo gen durch den Ka na di er

Wil liam Gadd in Za pa ta, Te xas, im Jahr

2002.

Die Be ach tung der Si cher heits vor-

schrif ten und Flug regeln und die Selbst-

dis zi plin al ler Pi lo ten stel len be son ders

in hoch fre quen tier ten Flug ge bie ten und

an „Ther mik wo chen en den“ die Grund la-

ge der Flug si cher heit dar. Zu sätz lich ist in

Deutsch land je der Gleit schirm mit ei nem

Gü te sie gel als Ga rant für Ma te ri al fes tig-

keit, Ver ar bei tung und Flug ei gen schaf ten

aus ge stat tet. Die ses Gü te sie gel muss alle

2 Jah re – ähn lich ei ner TÜV-Prü fung – er-

neu ert wer den.

Kam mern im Flug durch Stau druck luft

ge füllt und da durch ver steift wer den.

Der Pi lot ist mit dem Gleit schirm durch

die von der Se gel un ter sei te her ab lau fen-

den Fang lei nen und das Gurt zeug ver-

bun den (. Abb. 2). Zur Aus rüs tung ge-

hört ein vor ge schrie be ner Ret tungs fall-

schirm, der am Gurt zeug be fes tigt ist

und ein Helm. Die Aus rüs tung wiegt ins-

ge samt etwa 15 kg und lässt sich im da zu-

ge hö ri gen Pack ruck sack pro b lem los bei

Berg wan de run gen trans por tie ren. Beim

Ther mik- und Stre cken flug kom men zu-

neh mend In stru men te wie das Va rio-

me ter (Kon trol le der Steig- und Sink ge-

schwin dig keit, Flug hö he) und das GPS

(Sa tel li ten na vi ga ti on) zum Ein satz.

Der Gleit schirm wird durch eine rech-

te und lin ke Steu er lei ne, die die Gleit-

schirm hin ter kan te ein sei tig ab brem sen,

ge steu ert. Ein gleich zei ti ger Zug an bei-

den Steu er lei nen ver min dert die Flug ge-

schwin dig keit. Die Gleit leis tung mo der-

Ein flie ge r ärzt li ches Taug lich keits-

zeug nis ist nicht vor ge schrie ben. Zu sätz-

lich be steht die Mög lich keit, be son de re

Be rech ti gun gen zu den Luft fah rer schei-

nen zu er lan gen (Win den schlepp, Pas sa-

gier flug). Die Kos ten der Aus bil dung be-

tra gen ins ge samt etwa 1000 Euro. Ein

Aus bil dungs the ma „Ver hal ten in be son-

de ren Fäl len“ um fasst un ter an de rem

die Un ter stüt zung ver un glück ter Pi lo ten.

Um zu dem ei ge ne si che re Re ak tio nen bei

Not fall si tua tio nen (Ein klap per, Ret tungs-

schir m ab wurf, Tur bu len zen) zu er ler nen

und da mit das Un fall ri si ko zu ver min-

dern, wird seit ei ni gen Jah ren von DHV-

zu ge las se nen Flug schu len ein Si cher heits-

trai ning an ge bo ten. Die ses Trai ning fin-

det über Was ser statt.

Aus rüs tung und Si cher heit

Heu ti ge Gleit schir me ha ben el lip ti sche

Trag flä chen von 20–30 m2 Grö ße, de ren

Abb. 2 9 Der „Sail wing“ (links) wur de 1963 von Dave Ba rish ent wi ckelt und gilt als Vor gän-ger der Gleit schir me. Mo der ne Gleit schir me (rechts) ha ben da ge gen ein luft ge füll tes Pro fil mit ei ner op ti mier ten An zahl dün ner Ver bin dungs lei nen zum Gurt zeug

Abb. 3 8 Ab so lu te Un fall zah len im Gleit schirm flie gen seit 1997 Abb. 4 8 Re la ti ve Un fall zah len im Gleit schirm flie gen seit 1997

412 | Der Orthopäde 5 · 2005

Leitthema

Kör per li che Be las tun gen beim Gleit schirm flug

Kreis lauf be las tung und Stress

Be reits 1984 hat der Dra chen flie ger Lan zo-

ne in sei ner Dis ser ta ti on „Die Aus wir kun-

gen des Dra chen flugs auf den mensch li-

chen Or ga nis mus“ die Kreis lauf be las tung

und den Stress wäh rend der Flug pha se un-

ter sucht [11]. Er fand hohe Ka techo la min-

ma xi mal wer te im Urin. Die se la gen etwa

in der Nähe von Wer ten, wel che bei Pa ti en-

ten mit Phäo chro mo zy tom ge mes sen wer-

den. Die ma xi ma le Herz fre quenz stieg bis

zu 98 des je wei li gen theo re ti schen Ma xi-

mal werts an. Gó mez-Hu er ga konn te 1988

beim Dra chen kunst flug Herz fre quen zen

bis 200/min so wie einen aus ge präg ten

No r ad rena lin- und Lac ta t an stieg im Blut

mes sen [7].

Tusk wies 1995 in sei ner Dis ser ta ti on

eine star ke Kreis lauf be las tung und Stress si-

tua tio nen beim Gleit schirm flug nach [24].

Nach der Lan dung war der No rad rena lin-

spie gel mit bis zu 15,3 nmol/l am höchs ten.

Bei Ge fah rensi tua tio nen stieg auch bei

sehr er fah re nen Pi lo ten die Herz fre quenz

auf über 180 Schlä ge/min an. Bei län ge ren

Gleit schirm flü gen maß er dau er haft Herz-

fre quen zen zwi schen 110 und 130/min, die

bei Er fah re nen im Ver gleich zu An fän gern

so gar durch schnitt lich hö her wa ren.

Wäh rend der Aus bil dung zum Gleit-

schirm flug neh men die Stress mar ker im

Blut, der Blut druck und die Herz fre quenz

kon ti nu ier lich ab. Die Spit zen- und Dau er-

be las tun gen be züg lich Stress und Kreis lauf

sind beim Gleit schirm flie gen ins be son de re

des halb nicht zu un ter schät zen, weil ih nen

kei ne adä qua te Mus kel tä tig keit zu grun de

liegt. Plötz li che To des fäl le tre ten im Sport

mit ei ner Häu fig keit von 1:100.000 auf. Bei

den über 35-Jäh ri gen do mi niert hier bei die

ko ro na re Herz krank heit als To des ur sa che

[15]. Pi lo ten mit ei ner be kann ten Er kran-

kung des Herz-Kreis lauf-Sys tems soll ten

nur nach ein ge hen der in ter nis ti scher Un-

ter su chung und Be ra tung (Be las tungs-

EKG) Gleit schirm flie gen.

Zen tri fu gal kräf te – Be we gung im Raum

Eine fas zi nie ren de Kom po nen te des Flug-

s ports „Gleit schirm flie gen“ ist die Be we-

Zusammenfassung · Abstract

Orthopäde 2005 · 34:411–418DOI 10.1007/s00132-005-0795-8© Sprin ger Me di zin Ver lag 2005

M. Bohn sack · E. Schrö ter

Ver let zungs mus ter und sport art be ding te Be las tun gen beim Gleit schirm flie gen

Zu sam men fas sungGleit schirm flie gen gilt all ge mein als Ri si ko -s port art mit ei ner ho hen Rate schwe rer und töd li cher Ver let zun gen. Vor lie gen-de Un fall sta tis ti ken und Ana ly sen der Ver-let zungs ur sa chen zei gen, dass in den ver-gan ge nen Jah ren bei stei gen der Pi lo ten-zahl eine we sent li che Ver rin ge rung der Ver let zungs häu fig keit beim Gleit schirm-flie gen ein ge tre ten ist. Die Quo te schwe-rer und töd li cher Ver let zun gen war im Jahr 2003 be reits ge rin ger als bei an de ren Flug s port ar ten oder beim Mo tor rad fah-ren. Die An zahl an Wir bel frak tu ren, als häu-figs te schwe re Ver let zungs fol ge, konn te durch die Ein füh rung ei ner Rücken pro tek-tor pflicht in Deutsch land und Ös ter reich

von 2000 bis 2003 er heb lich ge senkt wer-den. Vie le wei te re Ver let zun gen, v. a. an den un te ren Ex tre mi tä ten, sind durch eine vor aus schau en de und er fah rungs ge rech-te Flug wei se zu ver mei den. Eine Ver bes se-rung der Aus- und Wei ter bil dung, eine stan-dar di sier te Ent wick lung des Ma te ri als hin-sicht lich si che rer Flug ei gen schaf ten so wie die kon se quen te An a ly se der ge mel de ten Gleit schir m un fäl le füh ren zu ei nem wei te-ren An stieg des Si cher heits ni ve aus im Gleit-schirmsport.

Schlüs sel wör terGleit schirm flie gen · Un fall ur sa chen · Ver- let zungs mus ter · Be las tun gen · Si cher heit

Ab stractParaglid ing is known as a high risk sport with a sub stan tial rate of se vere and fa tal in juries. Anal y sis of typ i cal in ju ry mech a-nisms and sta tis tics showed that the to tal rate of paraglid ing in juries has de creased in re cent years for an in creas ing num ber of pi lots. In 2003, the rate of se vere and fa tal in juries in paraglid ing was less than that of oth er air sports and mo tor cy cling. Th-rough the in tro duc tion of a spine pro tec tor sys tem in Ger many and Aus tria, the num-ber of ver te bral frac tures de creased sig nif i-

cant ly be tween 2000 and 2003. Most oth er in juries, es pe cial ly of the low er ex trem i ties, could be avoid ed by ad e quate and far sight-ed flight be hav ior. Qual i fied in struc tion with reg u lar train ing, stan dard ized de vel op-ment of safe ty equip ment and con se quent anal y sis of paraglid ing in juries will help to im prove the safe ty sta tus in paraglid ing.

Key wordsParaglid ing · In ju ry mech a nisms · In ju ry pat terns · Stress · Safe ty

In ju ry pat terns and typ i cal stress sit u a tions in paraglid ing

413Der Orthopäde 5 · 2005 |

Ta bel le 1

Die of fi zi el le Un fall sta tis tik der ge mel de ten Un fäl le deut scher Gleit schirm - flie ger [21] zeigt bei ei ner stei gen den Mit glie der zahl und ei ner ten den zi ell sin ken den Un fall quo te eine gleich blei bend ge rin ge Quo te an Schwer ver letz-ten und To ten

Jahr Schei nen

Un fäl len

Quote[%]

Schwer ver letz ten

Quote[%]

Toten

Quote[%]

1997 16.296 166 1 82 0,5 10 0,06

1998 18.331 127 0,7 74 0,4 8 0,04

1999 20.091 116 0,6 65 0,3 7 0,04

2000 21.943 122 0,6 79 0,4 9 0,04

2001 23.733 159 0,7 86 0,4 15 0,06

2002 25.752 157 0,6 88 0,4 9 0,04

Ta bel le 2

Ver gleich der Ge fähr lich keit des Gleit schirm flie gens mit an de ren Luft- und Ri si kos port ar ten, ge mes sen an der Quo te töd li cher Ver let zun gen. (Aus [21])

Sport art Aus üben den

Un fäl len

Quote[%]

Töd li che Un fäl len

Quote[%]

Mo torflie gen 39.000 125 0,32 38 0,1

Se gel flie gen 29.500 125 0,42 20 0,07

Ul tra light flie gen 15.400 k.A. – 11 0,07

Fall schirm sprin gen 10.100 120 1,2 5 0,05

Dra chen flie gen 9.250 34 0,37 4 0,04

Gleit schirm flie gen 25.700 157 0,61 9 0,04

Mo tor rad fah ren ≈ 3,4 Mio. 37.529 1,1 964 0,03

Klet tern Ca. 75.000 65 0,09 15 0,02

gung im drei di men sio na len Raum. Je

nach Flug stil und Flug la ge er ge ben sich

da durch un ter schied lich hohe Be las tungs-

viel fa che un se res Kör per ge wichts (G-Be-

las tung). Beim nor ma len Gleit schirm flug

sind kei ne Be las tun gen über 1,5 G zu er-

war ten. Im Dra chen kunst flug wur den da-

ge gen Be las tun gen von bis zu 4 G ge mes-

sen [7]. Bei mas si ven Steil spi ra len mit

dem Gleit schirm (Sink wert: >15 m/s) wur-

den Be las tun gen bis 3 G und bei Kunst flug-

ma nö vern so gar Ma xi mal be las tun gen bis

5 G ge mes sen [20].

Bei solch ho hen G-Wer ten tre ten kör-

per li che Be las tun gen auf, die je nach Kon-

sti tu ti on und Trai nings zu stand zu Schwin-

de ler eig nis sen und Ohn macht füh ren kön-

nen. Ur sa chen für Un fäl le durch re ak ti ons-

lo se Pi lo ten sind in ves ti bu lä rem Schwin-

del, in ter nen Grund er kran kun gen oder

men ta ler Über for de rung zu su chen. Beim

Ther mik flug und in Tur bu len zen tre ten

da ne ben auch kur ze und ruck ar ti ge Be-

schleu ni gun gen auf, die zu Übel keit und

Rücken schmer zen füh ren kön nen.

Flug hö hen ab hän gi ge Be las tun gen

Bei Ther mik flü gen wer den in den Al pen

pro b lem los Hö hen zwi schen 3500 m und

4500 m über NN, im Owens Val ley (USA)

so gar Flug hö hen über 6000 m über NN er-

flo gen. Ge ra de bei Stre cken flü gen wer den

die se Hö hen schnell er reicht und auch

schnell wie der ver las sen. Ther mik- und

Stre cken flie ger soll ten un be dingt wis sen,

wel che Pro b le me und kör per li chen Be las-

tun gen durch die Höhe und den häu fi gen

Wech sel der Flug hö he in kur z en In ter val-

len ent ste hen. Die schnel len Än de run gen

des Luft drucks, die ver mehr te UV-Strah-

lung und die Käl te in ho hen Luft schich-

ten stel len eine be son de re He raus for de-

rung an die Aus rüs tung und die kör per li-

che Fit ness der Pi lo ten dar. Be son ders fa-

tal wirkt sich hier bei ein Flüs sig keits man-

gel in tro ckener Luft in Kom bi na ti on mit

ei nem Sau er stoff man gel auf die Kon zen-

tra ti ons- und Leis tungs fä hig keit aus.

Die schnel le Luft druck ver än de rung

beim Ther mik flug er for dert einen stän-

di gen Druck aus gleich. Bei Schwel lun gen

der Na sen schleim haut soll te da her nicht

ge flo gen wer den, da der feh len de Druck-

aus gleich zu star ken Be schwer den (Oh ren-

schmer zen, Schmer zen den Stirn- und Na-

sen ne ben höh len, Kopf schmer zen, Schwin-

del) bis zur Flug un tüch tig keit des Pi lo ten

füh ren kann. Bei zu neh men der Flug hö he

fällt die Tem pe ra tur um 6,5°C pro 1000 m

in der Stan dardat mo sphä re ab. Auch im

Som mer muss bei star ker Ther mik mit er-

reich ba ren Flug hö hen ge rech net wer den,

bei de nen die Um ge bung stem pe ra tur un-

ter halb des Ge frier punk tes liegt. Auch bei

20°C am Start platz soll te eine mög li che

Ab küh lung um 25 bis 30°C ein kal ku liert

und durch ge eig ne te Klei dung kom pen-

siert wer den.

Sau er stoff man gel führt zu ei ner häu-

fig vom Be trof fe nen un be merk ten Ein-

schrän kung der kör per li chen und geis ti-

gen Leis tungs fä hig keit. Wäh rend die Aus-

wir kun gen ei nes leich ten Sau er stoff man-

gels kaum wahr nehm bar sind, kann ein

star ker Sau er stoff man gel un ter schied li che

Symp to me wie Hy per ven ti la ti on, Krib bel-

paräs the si en, Schwin del, Ver än de run gen

der Farb wahr neh mung und des Ge sichts-

fel des, Eu pho rie und Schläf rig keit her vor-

ru fen. Ein Sau er stoff man gel kann be reits

in Hö hen ab 3300 m auf tre ten. Die ame-

ri ka ni sche Luft fahrt be hör de (FAA) fand

in ei ner Un ter su chung der Aus wir kun gen

des Sau er stoff man gels auf Pi lo ten einen

An stieg der Feh ler quo te v. a. wäh rend ar-

beits in ten si ver Ab schnit te der Flug pha-

se wie dem Start und der Lan dung. Die

Her ab set zung der Leis tungs fä hig keit wur-

de häu fig nicht be merkt, ob wohl Kom mu-

ni ka ti ons feh ler und Ver fah rens feh ler auf-

tra ten. In ei ni gen Flug ge bie ten mit re gel-

mä ßig er reich ba ren Ba sis hö hen von über

4000 m (Owens Val ley, Tel lu ri de, USA)

wird des halb die Ver wen dung von Sau er-

stoff la schen emp foh len.

Mit zu neh men der Höhe kommt es

zum Ab sin ken der ab so lu ten Luft feuch-

tig keit durch eine Ab nah me des Was ser-

dampf drucks. In 4000 m über NN be trägt

die Luft feuch tig keit nur 20 des Werts in

Mee res hö he. Der Kör per kom pen siert

414 | Der Orthopäde 5 · 2005

Leitthema

die se re la ti ve Tro cken heit durch eine An-

feuch tung der Luft beim Ein at men über

die Schleim häu te. Zu sam men mit der

durch die Min de rung des Sau er stoff ge-

halts be ding ten er höh ten Atem fre quenz

wird dem Kö per viel Was ser ent zo gen.

Um eine De hy dra ta ti on zu ver mei den, ist

bei al len län ge ren Flü gen ab 3500 m Höhe

eine re gel mä ßi ge Flüs sig keits zu fuhr zwin-

gend not wen dig.

Die ge rin ge Strah len schwä chung in

den obe ren Luft schich ten hat eine star ke

In ten si tät der auf die Haut auf tref fen den

UVA- und UVB-Strah lung zur Fol ge. Oh-

ne aus rei chen den Licht schutz sind Strah-

len schä den der Haut un ver meid lich.

Hän ge trau ma

Un ter dem Be griff „Hän ge trau ma“ ver-

steht man einen Kreis lauf zu sam men-

bruch beim frei en Hän gen in ei nem Gurt-

zeug. Die Bein gur te schnü ren da bei die

Weich tei le am Ober schen kel ein. Die Be-

hin de rung des Blut rückstroms aus den

Bei nen kann über einen zent ra len Vo lu-

men man gel bis zum Kreis lauf schock füh-

ren. Schmer zen durch die Ein schnü rung

ver stär ken die Kreis lauf re ak ti on zu sätz-

lich [19]. Nach ers ten Symp to men wie

Schwin del, Übel keit oder Schweiß aus-

brü chen kann es zu ei nem plötz li chen

Be wusst seins ver lust kom men. Die Ur sa-

che für das „Hän ge trau ma“ ist im Gleit-

schirmsport zu meist eine zu wei te Ein stel-

lung der Bein gur te, wo durch nach dem

Start lauf das Ein neh men der Sitz po si ti on

er schwert oder un mög lich sein kann. Ei-

ne Über prü fung der Gurt zeu gein stel lung

ist vor je dem Start er for der lich.

Un fall ur sa chen

Eine Un ter su chung der Un fall ur sa chen

beim Gleit schirm flie gen in Deutsch land er-

gab, dass die Un fäl le zu 93 auf Pi lo ten feh-

ler und nur zu 4 auf Drit te und zu 3 auf

Tech nik ver sa gen zu rück zu füh ren wa ren

[21]. Etwa 30 der Un fäl le er eig nen sich

in den „Stan dard si tua tio nen“ Start, Lan-

de ein tei lung und Lan dung (. Abb. 3, 4).

Der häu figs te schwe re Start un fall ent steht

durch ein un ge nü gen des An brem sen des

Schirms durch den Pi lo ten. In stei lem Start-

ge län de kann der Pi lot da durch mit ei nem

fron tal ein ge klapp tem Schirm ab he ben

und (nach ei nem Kol laps des Schirms) aus

ge rin ger Höhe auf den Bo den auf schla gen.

Bei ei nem ein sei ti gen Ein klap pen kommt

es zu ei ner schnel len Dreh be we gung des

Schirms mit ei nem mög li chen Auf schlag

aus der Wucht der Be we gung.

Ein Feh ler bei der Lan de ein tei lung

(Gleit schirm muss ge gen den Wind ge lan-

det wer den) kann zu ei ner Fehl re ak ti on

mit schnel ler Keh re in Bo den nä he und

dem Ri si ko ei nes ein sei ti gen Strö mungs-

a bris ses oder zu ei nem Über flie gen des

Lan de plat zes mit Au ßen lan dung (Bäu me,

Häu ser, Was ser) füh ren. Bei Baum lan dun-

gen kommt es in 20 der Fäl le zu we sent-

li chen Ver let zun gen (DHV-Si cher heits re-

fe rat) durch eine di rek te Kol li si on des Pi-

lo ten mit dem Stamm oder eine schnel le

Dreh be we gung um den Stamm mit Baum-

oder Bo den kon takt (. Abb. 5).

Seit li che Ein klap per gel ten als die häu-

figs te Un fall ur sa che beim Gleit schirm flie-

gen. Der Pi lot be kommt hier bei die plötz-

li che Dreh be we gung des Schirms nicht un-

ter Kon trol le oder pro vo ziert einen ein sei-

ti gen Strö mungs a briss durch über mä ßi-

ges Ge gen steu ern.

Ein wei te rer we sent li cher Un fall fak-

tor ist das Flug wet ter. Bei Stark wind (32

der Un fäl le) und Ther mik (35 der Un-

fäl le) ist durch tur bu len te Luft ein ho hes

Maß an Flug tech nik und Er fah rung er for-

der lich um den Schirm si cher zu flie gen.

Föhn la gen, Ge wit ter, eine her an zie hen de

Kalt front, star ker böi ger Wind und Nie der-

schlag gel ten als „dont’s“ des Gleit schirm-

flie gens. Bei 64 der ver un glück ten Pi lo-

ten la gen Trai nings de fi zi te vor, 84 der

Un fäl le pas sier ten bei ei nem Bo den ab-

stand von un ter 50 m.

Abb. 5 9 Nach ei ner Baum lan dung mit dem Gleit schirm steht die si che re Ber gung des Pi lo ten im Vor der grund

Abb. 6 9 Ver tei lung der ge mel de ten Ver let zun-gen beim Gleit schirm flie-gen in Deutsch land [21]. Ins ge samt wa ren Frak tu-ren (65%) und Dis tor sio-nen (20%) am häu figs ten

Abb. 7 8 Ty pi sche Sitz po si ti on beim Gleit schirm flie gen mit an ge ho be nen Ar men in Kon takt mit den Steu er schlau fen

416 | Der Orthopäde 5 · 2005

Leitthema

Ein Pro b lem ist die be kann ter ma ßen

hohe Dun kel zif fer nicht ge mel de ter Flug-

un fäl le. Ein Grund hier für ist, dass vie le

Un fall ver si che run gen für Ver let zun gen

bei Flug s port ar ten kei ne Haf tung über-

neh men.

Ty pi sche Ver let zungs mus ter

In zahl rei chen Ar bei ten konn te be legt wer-

den, dass Wir bel säu len ver let zun gen die

häu figs te schwe re Ver let zung beim Gleit-

schirm flie gen dar stel len (. Abb. 6) [1, 2, 3,

6, 8, 10, 12, 16, 18, 23]. Zel ler et al. fan den

1992 [26] bei ei ner An a ly se von 489 Gleit-

schir m un fäl len mit Ver let zungs fol ge 125

(26) tho ra ko lum ba le Frak tu ren (n=30,

25 L1; n=22, 19 Th12). Bei Schul ze et al.

[17] war die Wir bel säu len frak tur mit 62

der häu figs te Grund für eine sta tio näre Be-

hand lung bei Gleit schirm flie gern (n=64).

Der Grund hier für liegt in der Sitz po si ti on

des Flie gers im Gurt zeug. Bei ei ner „har-

ten“ Lan dung ver sucht der Pi lot das Kör-

per ge wicht mit den Bei nen ab zu fan gen.

Miss lingt dies oder fällt der Pi lot auf den

Rücken tre ten je nach Sturz la ge Kom pres-

si ons- oder Scher kräf te an der Wir bel säu-

le auf, die ty pi scher wei se zu Be las tungs-

spit zen am tho ra ko lum ba len Über gang

füh ren.

Seit Ein füh rung der Rücken pro tek to-

ren pflicht in Deutsch land und Ös ter reich

im Jahr 2000 sank der An teil der Wir bel-

ver let zun gen in Deutsch land von 39

(2000) auf 31 (2003), je weils ge mes sen

an der Ge samt zahl der Ver letz ten [22].

Ne ben Schaum stof fair bags kom men hier

Hart ma te ri al pro tek to ren und Stau druck-

air bags zum Ein satz, bei de nen sich das

Dämp fungs pols ter nach dem Start durch

den Fahrt wind auf bläst [17].

Die häu figs ten, wenn auch meist leich-

ten Ver let zun gen be tref fen beim Gleit-

schirm flie gen die un te ren Ex tre mi tä ten.

Bei Zel ler et al. [26] wa ren dies 45 der

Ge samt ver let zun gen (n=376), wo bei in

120 Fäl len (32) Frak tu ren oder Band-

ver let zun gen am Sprung ge lenk, in 39 Fäl-

len Un ter schen kel frak tu ren (10) und in

34 Fäl len (9) Me nis kus- oder Band ver-

let zun gen am Knie ge lenk auf tra ten. Bei

Schul ze et al. [17] wird die Ver let zungs ra te

der un te ren Ex tre mi tä ten mit 36 ge gen-

über 39 in der Un fall sta tis tik des DHV-

Si cher heits re fe ra tes für 2003 [22] an ge ge-

ben. Ver ant wort lich für die se Art der Ver-

let zun gen sind in der Re gel Stür ze beim

Start in stei lem Ge län de, Lan dun gen in

un ebe nem Ge län de, Lan dun gen auf den

Füßen mit ho her Ge schwin dig keit durch

Rücken wind ein fluss oder ein „stal len“ des

Schirms im Lan de an flug. Das Tra gen von

knö chel über grei fen den ge pols ter ten Schu-

hen mit Pro fil soh le und das Trai nie ren

von Lan de fall tech ni ken wer den als vor beu-

gen de Maß nah men emp foh len.

Durch die auf rech te Sitz po si ti on

(. Abb. 7) und die an ge ho be nen Ar-

me mit stän di gem Kon takt zu den Steu-

er schlau fen tre ten Ver let zun gen der obe-

ren Ex tre mi tä ten mit 13–23 [10, 13, 17, 22,

26] al ler Ver let zun gen beim Gleit schirm-

flie gen we sent lich sel te ner auf. Ty pi sche

Ver let zungs mus ter sind hier bei an te rio re

Schul ter luxa tio nen beim Auf zie hen des

Schir mes, Rup tu ren der Ro ta to ren man-

schet te beim Sturz auf den Arm, Hand ge-

lenk- und Un ter arm frak tu ren durch Ab-

fang re ak tio nen bei Lan des tür zen so wie

Ver let zun gen des Ell bo gen ge lenks.

Kopf ver let zun gen sind beim Gleit-

schirm flie gen auf grund der in Deutsch-

land seit An be ginn vor ge schrie be nen

Helmpf licht mit etwa 4 [13, 22] eine Aus-

nah me.

Als wei te re sel te ne Ver let zun gen sind

auf grund der häu fig über se he nen Ver let-

zungs schwe re Be cken frak tu ren (etwa 3

[13, 22]), Brust korb ver let zun gen (2–7

[13, 22]) und Ver let zun gen in ne rer Or ga-

ne (etwa 4 [13, 22]) zu er wäh nen. Die-

se Ver let zun gen for dern eine hohe Ener-

gie beim Auf schlag oder einen An prall an

Hin der nis se bei Not- oder Baum lan dun-

gen. Nach Na var rete-Na var ro et al. [14]

soll te bei schwe ren Gleit schir mab stür zen,

auf grund der ho hen Mor ta li täts ra te, eine

Rup tur der Aor ta de scen dens als ty pi sche

Ver let zung bei Stür zen aus großer Höhe

aus ge schlos sen wer den (. Ta bel le 1).

Dis kus si on

Gleit schirm flie gen gilt all ge mein als ri si-

koträch ti ge Er leb niss port art mit der Fol-

ge, dass un fall be ding te Ver let zun gen hier-

bei in der Re gel vom Ver si che rungs schutz

aus ge nom men sind. Vor lie gen de Un ter su-

chun gen er ge ben da ge gen, dass die tat säch-

li che Ver let zungs häu fig keit und die Quo te

töd li cher Un fäl le beim Gleit schirm flie gen

nicht hö her sind als bei an de ren Luft sport-

ar ten oder beim Mo tor rad fah ren (. Ta bel-le 2).

Um das Ziel ei ner Ver min de rung der

Un fall- und Ver let zungs häu fig keit im

Gleit schirmsport zu er rei chen, ist eine

ge naue An a ly se der Un fall ur sa chen er for-

der lich. Vom Deut schen Hän ge glei ter ver-

band wur de da her im Jahr 2000 ein Si cher-

heits re fe rat ein ge rich tet, um die ge mel de-

ten Flug un fäl le aus zu wer ten und not wen-

di ge Kon se quen zen be züg lich der Ma te ri-

al an for de run gen und Aus bil dungs richt li-

ni en ein zu lei ten. Zu dem wur de vom Eu-

ro pä ischen Dach ver band EHPU 2001 ein

„Sa fe ty Trai ning Com mi tee“ ge grün det.

Eine Fol ge der Un fall ana ly sen in

Deutsch land war 2003 die Ver schär fung

der Luft tüch tig keits an for de run gen für

Gleit schir me der Klas sen 1 (Gleit schir-

me mit ein fa chem, weit ge hend feh ler ver-

zei hen dem Flug ver hal ten) und 1–2 (Gleit-

schir me mit gut mü ti gem Flug ver hal ten).

Die hier durch er reich te ver mehr te Zu ver-

läs sig keit der Schir me auch bei tur bu len-

ten Flug si tua tio nen stellt v. a. für den gro-

ßen An teil an Ge le gen heits pi lo ten (20–

30 Flü ge pro Jahr) einen wich ti gen Si cher-

heits fak tor dar. Als wei te rer Schritt zur

Ver rin ge rung der Un fall ra te beim Gleit-

schirm flie gen ist die Ein füh rung von Si-

cher heits- und Per for man ce schu lun gen

an zu se hen.

Die se frei wil li gen Fort bil dun gen er-

mög li chen das Er fah ren von ex tre men

Flug si tua tio nen (ein sei ti ge Ein klap per,

Strö mungs a briss etc. un ter Funk an lei tung

über Was ser) mit dem Ziel, not wen di ge

Re ak tio nen zur Sta bi li sie rung der Flug la-

ge zu er ler nen. Ein re gel mä ßi ges Bo den-

trai ning bei un ter schied li chen Wind ver-

hält nis sen ver mit telt zu dem ge fahr los Re-

ak tio nen des Schirms auf Stö run gen und

hilft ein Ge fühl für die Re sta bi li sie rung

der Trag flä che zu be kom men.

Die wei ter hin stei gen de An zahl an aus-

üben den Pi lo ten recht fer tigt den Trend,

durch Schu lun gen, Ma te ri al ver bes se run-

gen und eine Reg le men tie rung des Flug-

be triebs in fre quen tier ten Ge bie ten das

Si cher heits ni veau im Gleit schirmsport

zu er hö hen. Da ge gen steht der stän di ge

Wunsch vie ler Pi lo ten nach Leis tungs ver-

bes se rung, mit der wach sen den Be reit-

schaft hohe Ri si ken ein zu ge hen. Eine wei-

te re Ver bes se rung der Aus- und Wei ter bil-

417Der Orthopäde 5 · 2005 |

dung und eine kon se quen te An a ly se der

Un fall ri si ken und Be las tun gen im Gleit-

schirmsport hel fen, die se at trak ti ve Luft-

sport art auf Dau er zu etab lie ren.

Fa zit für die Pra xis

Die sport art ty pi schen Ver let zun gen beim Gleit schirm flie gen be tref fen vor al lem die Wir bel säu le und die un te ren Ex-tre mi tä ten. Mit ei ner gu ten Aus bil dung, ei ner pi lo ten ge rech ten Ma te ri al wahl und ei ner vor aus schau en den Flug wei se sind die meis ten Un fäl le beim Gleit schirm flie-gen zu ver mei den.

Kor re spon die ren der Au torPD Dr. M. Bohn sack

Or tho pä di sche Kli nik der Me di zi ni schen Hoch schu le Han no ver, Kli nik II im An na stift, An-na-von-Bor ries-Str. 1–7, 30625 Han no verE-Mail: bohn sack@an na stift.de

In ter es sen kon flikt: Der kor re spon die ren de Au tor ver si chert, dass kei ne Ver bin dun gen mit ei ner Fir ma, de ren Pro dukt in dem Ar ti kel ge-nannt ist, oder ei ner Fir ma, die ein Kon kur renz-pro dukt ver treibt, be ste hen.

Li te ra tur

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418 | Der Orthopäde 5 · 2005

Biozement gegen WirbeleinbrücheErste Studie zur Kyphoplastie

Rund 2,5 Millionen Menschen in Deutsch-land leiden an Wirbeleinbrüchen, der häu-figsten Komplikation der Osteoporose. Für sie besteht nun die Hoffung auf eine nach-haltige Verbesserung ihrer Lebensqualität.

Wie jetzt im „Journal of Bone and Mi-neral Research“ veröffentlicht, bewahrt die Kyphoplastie Betroffene, deren eingebro-chene Wirbel mit Hilfe eines aufblasbaren Ballons und eingespritztem Biozement wieder aufgerichtet wurden, vor weiteren Einbrüchen. Die Wirbel nahmen deutlich an Höhe und Umfang zu. Auf diese Weise behandelte Patienten leiden kaum noch an Schmerzen und besitzen eine gestei-gerte Mobilität.

Tierversuche deuten darauf hin, dass der bei der Kyphoplastie zur Wiederauf-richtung verwendete Biozement allmäh-lich von Blutgefäßen durchsetzt und neues Knochenmaterial entlang der Blutgefäße aufgebaut wird. Es besteht die Hoffnung, dass die Biozementplomben im Laufe der Jahre durch normales Knochengewebe ersetzt werden.

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg

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