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Quelle: Africa Studio – stock.adobe.com FARBE UND LACK // 08.2018 Verträglich und stabil STYROL-ACRYLAT-DISPERSIONEN // WANDFARBEN AUF BASIS VON BINDEMITTELN MIT NIEDRIGER MINDESTFILMBILDETEMPERATUR SIND OFT WENIG NASSABRIEB- BESTÄNDIG UND HABEN EIN GERINGES PIGMENTBINDEVERMÖGEN. EINE NEUENTWICK- LUNG VERBESSERT DIESE EIGENSCHAFTEN, IST WASSERBESTÄNDIGER UND HAFTET GUT. 48 TECHNIK // WANDFARBEN

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FARBE UND LACK / / 08.2018

Verträglich und stabil

STYROL-ACRYLAT-DISPERSIONEN // WANDFARBEN AUF BASIS VON BINDEMITTELN MIT NIEDRIGER MINDESTFILMBILDETEMPERATUR SIND OFT WENIG NASSABRIEB­

BESTÄNDIG UND HABEN EIN GERINGES PIGMENTBINDEVERMÖGEN. EINE NEUENTWICK­LUNG VERBESSERT DIESE EIGENSCHAFTEN, IST WASSERBESTÄNDIGER UND HAFTET GUT.

48 TECHNIK // WANDFARBEN

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Ergebnisse auf einen Blick

– Silane als Post-Additiv können die Nassabriebbeständigkeit einer Farbe zeitweilig verbessern, verlieren während der Lagerung jedoch zumindest einen Teil dieser Eigenschaft. Der Einbau der Silane durch Polymerisation in das Bindemittel ist daher zu bevorzugen.

– Modifizierte Styrol/2-EHA-Dispersionen sind wasserbeständiger als solche auf Styrol/BA-Basis.

– Solche Bindemittel erreichen mit gutem Pigmentaufnahmevermö-gen in Formulierungen ein Deckvermögen der EN-13300-Klasse 1 und verbessern gleichzeitig die Nassabriebbeständigkeit auf Klasse 1.

– Wegen der Alkalistabilität lässt sich das Bindemittel in Silikatsys-temen einsetzen und eignet sich für biozidfreie Wandfarben mit hoch eingestelltem pH-Wert.

– Mit einem geringen Anteil an Restmonomeren und einem nied-rigen VOC-Gehalt lässt sich das Bindemittel in Formulierungen einsetzen, die die Anforderungen von Umweltlabeln wie RAL UZ 102 erfüllen.

FARBE UND LACK / / 08.2018

Thomas Bernhofer, Jan Pilger und Dr. Dieter Wolters, Synthomer

Styrol-Acrylat-Dispersionen als Bindemittel für Wandfarben im Innen- und Außenbereich sind weit verbreitet, dank guter Wasserbeständig-keit und hohem Pigmentbindevermögen. Solche Dispersionen mit niedriger Mindestfilmbildetemperatur (MFT) auf Basis von Styrol und Butylacrylat haben einen Beitrag geleistet, um den Bedarf an Weich-machern und Filmbildehilfsmitteln zu senken und damit die Anforde-rungen hinsichtlich der Emission flüchtiger organischer Bestandteile (VOC) gemäß der Richtlinie 2004/42/EC zu erfüllen. Ausgehend von diesem Stand der Technik versuchen Lack- und Rohstoffhersteller durch Weiterentwicklungen, höheren Marktanforderungen gerecht zu werden und für gesetzliche Änderungen gewappnet zu sein. Wandfarben auf Basis von Bindemitteln mit niedriger MFT sind häufig weniger nassabriebbeständig und haben ein geringeres Pigmentauf-nahmevermögen als die mit höherer MFT. Eine Neuentwicklung soll die Wasser- und Nassabriebbeständigkeit, das Pigmentaufnahmever-mögen und die Haftung zu mineralischen Substraten verbessern.Seit Jahren wird die Verringerung des Konzentrationslimits des Bio-zids Methylisothiazolinon (MIT) als Topfkonservierung diskutiert. Die Kennzeichnungsvorschriften für MIT sind ab Januar 2020 verschärft. Ein möglicher Lösungsweg besteht darin, die Wandfarbe auf einen hohen pH-Wert (etwa 11,4) einzustellen, der die Aktivität von Mikro-organismen deutlich einschränkt. Das bedeutet allerdings gleichzeitig, dass das Bindemittel für solch einen hohen pH-Wert stabil ausgelegt sein muss. Es muss also verseifungsbeständig sein und darf keine drastischen Viskositätsänderungen zeigen. Ein Bindemittel, das dies erfüllt, ist häufig auch für Silikatfarben geeignet. Damit erhöht sich die Einsatzbandbreite des Bindemittels.

TECHNIK // WANDFARBEN 49

Tab. 1 // Styrol/BA-Acrylate mit Silanen als Post-Additiv.

S/BABenchmark

S/BABenchmark+ Silan 1

S/BABenchmark+ Silan 2

Nassabriebbeständigkeit 200 Hübe, nach 28 d RT, in µm

Sofort 5,1 3,5 4,4

Lagerung 4 Wochen RT 5,1 5,3 5,6

Viskosität (D=44 1/s) mPas

Sofort 1780 1950 1930

Lagerung 4 Wochen RT 1790 1840 1860

Lagerung 4 Wochen 40°C 1540 1200 1550

Abb. 1 // Wasseraufnahme experimenteller Styrol/2-EHA-Acrylate gegen Styrol/BA.

Abb. 2 // Das Deckvermögen erreicht bei EN13300 - Klasse 1.

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50 TECHNIK // WANDFARBEN

Die Entwicklungsstudie wurde mit folgenden Zielen durchgeführt: – Verbesserte Wasserbeständigkeit (geringe

Wasseraufnahme) – Verbesserte Nassabriebbeständigkeit (EN

13300: Klasse 1) – Hohe pH-Wert-Stabilität (Stabilität gegen

pH-Wert 11,4 und Kali-Wasserglas) – Verbessertes Deckvermögen (EN 13300:

Klasse 1)

Silane als Post-Additiv

Silane als Post-Additiv verbessern die Was-ser- und Nassabriebbeständigkeit sowie die Haftung zum Substrat. Die vorläufigen Ergeb-nisse der Studie durch den Zusatz von zwei Silanen in einer Standard-Styrol-Butylacrylat-Dispersion als Post-Additiv bestätigen eine Verbesserung der Nassabriebbeständigkeit von EN-13300-Klasse 2 auf Klasse 1 (< 5 µm). Die Ergebnisse nach Lagerstabilitätsver-suchen (28 Tage bei Raumtemperatur und 28 Tage bei 40 °C) zeigten aber einen Rück-gang der Nassabriebbeständigkeit und einen starken Viskositätsabfall (Tab. 1).Offenkundig unterliegen die Silane während der Lagerung einer Abbaureaktion. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die Silane als Post-Additiv nicht in der Lage sind, eine dauerhaft hohe Nassabriebbeständigkeit nach Lagerung sicherzustellen.Um das Silan besser zu stabilisieren und da-mit dessen technische Vorteile zu erhalten, ist es sinnvoller, dieses in das Polymer direkt durch Polymerisation einzubinden. Es gibt für diesen Zweck funktionelle Monomere im Markt, wie Vinyl- oder Methacrylsilane, die mit den eingesetzten Acrylat- und Styrolmo-nomeren reagieren können. Je nach Reakto-rauslegung und gewünschter Polymereigen-schaft können diese polymerisierbaren Silane auf verschiedene Art und Weise eingebaut werden, etwa in einem ein- oder zweistufigen Verfahren, vorgelöst oder direkt dosiert.

Einfluss der Monomere auf die Polymereigenschaften

In Wandfarben werden am häufigsten Styrol-Acrylat-Dispersionen auf Basis von Styrol und Butylacrylat eingesetzt. Im Rahmen die-ser Entwicklungsstudie wurde 2-Ethylhexyla-crylat (2-EHA) als hydrophobes Softmonomer in seiner Performance mit Butylacrylat (BA) verglichen. Drei Prototypen mit Styrol/2-EHA sowie leicht veränderter Zusammensetzung der Basismonomere und funktioneller Mono-mere wurden entwickelt. Die Prototypen wur-den mit drei Styrol/BA-Ansätzen verglichen, von denen einer ein langjährig im Markt ein-geführtes Standardprodukt ist (Benchmark). Alle Bindemittel wurden so ausgelegt und ausgewählt, dass sie über ähnliche Grund-

Tab. 3 // Silikatbeständigkeit bei Lagerung 23 °C und 40 °C.

Brookfield-Viskosität

LVT 1/6 mPasS/EHA

1 S/EHA

2 S/EHA

3S/BA

Benchmark S/BA

1S/BA

2

Lagerung Anfallviskosität 188 125 115 55 170 40

23°C/40°C 3d 142/105 120/100 120/102 50/145 1505/koaguliert 680/koaguliert

23°C/40°C 7d 105/95 100/115 100/113 60/koaguliert 1235/koaguliert 1175/koaguliert

23°C/40°C 14d 145/95 110/105 110/105 60/koaguliert 735/koaguliert 775/koaguliert

23°C/40°C 21d 123/78 110/115 110/115 50/koaguliert 39 /koaguliert 860/koaguliert

Tab. 4 // Stabilität der Dispersion bei hohem pH-Wert.

S/EHA1

S/EHA 2

S/EHA 3

pH-Wert

Sofort 11,4 11,4 11,4

Lagerung 4 Wochen RT 11,3 11,3 11,3

Lagerung 8 Wochen RT 11,1 11,1 11,2

Viskosität (D=99 1/s) mPas

Sofort 30 45 33

Lagerung 4 Wochen RT 77 104 88

Lagerung 8 Wochen RT 34 103 65

Wasseraufnahme in %

1. Wasseraufnahme 50,0 19,7 41,7

2. Wasseraufnahme 29,5 18,8 33,0

Tab. 5 // Richtrezeptur A Premium-Innenwandfarbe (PVK=67%).

Position Rohstoff Gewichtsanteil

1 Water 362

2 Tylose MH 6000 YG 8 5

3 NaOH, 10 % 1

4 Calgon N 1

5 „Lopon LF“ 4

6 „Agitan 381“ 2

7 „Acticide MBS“ 3

8 Tioxide TR 92 200

9 „Omycarb 2 GU“ 55

10 „Omyacarb 5 GU“ 55

11 „Dorkafill H“ 50

12 „Dorkafill_Pro Void“ 90

13 „Agitan 381“ 2

14 S/EHA - Dispersion 170

1000

Tab. 2 // Grundeigenschaften der modifizierten Styrol-Acrylate.

Eigenschaft Wert Einheit Prüfmethode

Feststoffgehalt 50 % ISO 3251

pH-Wert 7,5 ISO 976

Viskosität (23°C, D=100 1/s) 100 mPas ISO 3219

Glasübergangstemperatur 6 °C

Mindestfilmbildetemperatur 4 °C

Teilchengröße 0,1 µm

Dichte 1,04 g/cm³

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TECHNIK // WANDFARBEN 51

eigenschaften und eine Glasübergangstem-peratur (Tg) von 6 °C verfügen. Alle Varian-ten sind mit einer Mischung aus anionischen und nicht ionischen Emulgatoren stabilisiert (Tab. 2). Die Wasseraufnahme aller Bindemittel wurde nach 96 Stunden Trocknung bei Raumtem-peratur geprüft (freier Film, Nassfilmschicht-dicke 500 µm). Der Film wurde anschließend für 24 Stunden in Wasser eingetaucht (Immer-sion). Danach wurde die erste Wasseraufnah-me bestimmt. Nach 24 Stunden Trocknung bei Raumtemperatur wurde der Film erneut für 24 Stunden eingetaucht und die zweite Wasseraufnahme bestimmt. Der zweite Wert ist in der Regel etwas niedriger, weil durch Auswaschverluste hydrophile Bestandteile – etwa freier Emulgator – bereits während des ersten Prüfzyklus entfernt wurden.Insgesamt zeigen die Bindemittel auf Basis von Styrol/2-EHA eine geringere Wasser-aufnahme als die auf Basis von Styrol/BA: durchschnittlich 10 % gegenüber 15–35 %. Das Versuchsergebnis legt nahe, 2-EHA ein-zusetzen, wenn es um gute Wasserbestän-digkeit des Polymers geht (Abb. 1).

Verträglichkeit mit Silikat

Für ein Bindemittel, das sowohl für normale Wandfarben als auch für Silikatfarben einge-setzt werden soll, ist die Silikatverträglichkeit wichtig. Bei den Tests wurde den Bindemit-teln 10 % Kali-Wasserglaslösung zugesetzt. Anschließend wurden die Mischungen bei Raumtemperatur (23 °C) und bei 40 °C im Ofen gelagert. Die drei Bindemittel mit 2-EHA zeigten eine gute Verträglichkeit und Lager-stabilität. Es wurden keine Koagulation und nur geringe Viskositätsschwankungen fest-gestellt.Im Gegensatz dazu waren alle Bindemittel mit BA schlecht verträglich und bereits nach drei bis sieben Tagen Lagerung koaguliert (Tab. 3).

Stabilität der Dispersion bei hohem pH-Wert

Das Risk Assessment Committee der euro-päischen Chemikalienagentur ECHA hat im April 2016 vorgeschlagen, die spezifische Konzentrationsgrenze (specific concent-ration limit, SCL) von Methylisothiazolinon (MIT) auf 15 ppm zu senken; ab dieser SCL kann es eine allergische Hautreaktion aus-lösen (H317). Mündliche wurde diese SCL im Februar 2018 festgelegt. Es ist davon auszugehen, dass die Umsetzung nach ei-ner 18-monatigen Übergangszeit ab Januar 2020 rechtlich bindend wird.Eine Lösungsmöglichkeit ist der Einsatz von weniger als 15 ppm einer Mischung von Chlormethylisothiazolinon (CMIT) und MIT

Tab. 6 // Richtrezeptur B Standard-Innenwandfarbe (PVK=70%).

Position Rohstoff Gewichtsanteil

1 Water 278

2 Walocel XM 6000 PV 5

3 NaOH (10 %) 1

4 Calgon N 1

5 „Dispex A 40“ 3

6 „Foamstar SI 2210“ 3

7 „Acticide MV“ 1

8 „Acticide MBS“ 2

9 „Tronox R-KB-2“ 200

10 „Socal P2“ 80

11 „Finntalc M15“ 50

12 „Durcal 5“ 225

13 S/EHA - Dispersion 150

1000

Tab. 7 // Ergebnis der anwendungstechnischen Prüfung.

Eigenschaft

Formulation A Formulation B

Einheit PrüfmethodeS/EHA S/EHA S/EHA S/EHA S/EHA S/EHA

1 2 3 1 2 3

Feststoffgehalt 54,7 54,6 54,8 64,2 63,9 64,5 % ISO 3251

PVK 67,2 67,2 67,2 70,0 70,0 70,0 %

Dichte 1,60 1,59 1,61 1,53 1,53 1,53 g/cm³

Kontrastverhältnis 99,5 99.5 99.5 99.3 99.2 99.3 % Rakel-Spalthöhe 300 µm

Deckvermögen 1 1 1 2 2 2 Klasse EN 13300

Nassabriebbeständigkeit 2,4 1,4 1,8 5,1 4,3 4,6 µm 200 Hübe, 28 d RT, DIN EN ISO 11998

Nassabriebbeständigkeit 1 1 1 2 1 1 Klasse EN 13300

(3:1) kombiniert mit einer höheren Menge Benzisothiazolinon (BIT) von weniger als 500 ppm. Ein neuer Trend ist, Wandfarben mit einem hohen pH-Wert von maximal 11,4 konservierungsmittelfrei einzustellen. Dabei müssen alle Rohstoffe – einschließlich des Bindemittels – im Rahmen einer angemesse-nen Lagerstabilität alkalistabil sein. Die einge-setzten Bindemittel erhalten dann in der Re-gel nur eine temporäre Topfkonservierung mit CIT, die entweder über den hohen pH-Wert oder spezifisch über Cystein abgebaut wird.In dieser Prüfung wurden nur die 2-EHA-basierten Varianten getestet. Die drei Binde-mittelmuster wurden mit Kali-Wasserglas und Kaliumhydroxid auf einen pH-Wert von 11,4 eingestellt und für acht Wochen bei Raum-temperatur gelagert. Es wurden der pH-Wert und die Viskosität während der gesamten Zeit sowie am Schluss die Wasseraufnahme getestet.Die Ergebnisse zeigen, dass alle drei Mus-ter bei einem hohen pH-Wert stabil bleiben und nur geringe Viskositätsschwankungen aufweisen. Die Wasseraufnahme erhöht sich

deutlich beim Einstellen auf den hohen pH-Wert. Während die Wasseraufnahme der Muster 1 und 3 von 10 auf 40–50 % steigt, erhöht sich die Wasseraufnahme von Mus-ter 2 nur auf ca. 20 %. Die hier eingesetzten funktionellen Monomere wirken also stark auf die Wasserbeständigkeit bei hohem pH-Wert (Tab. 4).

Anwendungstechnische Prüfung

Die anwendungstechnische Prüfung wur-de mit zwei Richtrezepturen durchgeführt: A = Premium-Innenwandfarbe mit 67 % Pigment-Volumen-Konzentration (PVK) und B = Standard-Innenwandfarbe mit 70 % PVK. Die Prüfungen der Nassabriebbeständigkeit und des Deckvermögens wurden anhand der DIN EN ISO 11998 durchgeführt und nach der EN 13300 bewertet (Tab. 5, 6 und 7).Richtrezeptur A ist 10 % niedriger im Festkör-per, hat eine 3 % geringere PVK und ein spe-zielles Füllstoffpaket im Vergleich zu Richtre-zeptur B. Diese Zusammensetzung wirkt sich in der Performance vorteilhaft aus. Alle drei

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52 TECHNIK // WANDFARBEN

THOMAS

BERNHOFER,

Jahrgang 1963, studierte

Chemie und Technologie

der Beschichtungsstoffe an

der Universität Pader-

born. Nach Abschluss als

Diplom-Chemieingenieur

war er in der lackherstellenden Industrie 22 Jahre

in verschiedenen R&D-Positionen tätig. Mitte 2012

übernahm er die Funktion Technical Service Manager

Coatings bei Synthomer Deutschland und betreut die

Länderregion DACH und die Arbeitsgebiete Metal- and

Woodcoatings.

DR. DIETER

WOLTERS,

Jahrgang 1963, studierte

nach einer Ausbil-

dung und Tätigkeit als

Chemielaborant Chemie

mit den Schwerpunkten

Technische Chemie und

Polymerchemie an der

UNI-GHS Essen. Er promovierte am Institut für Tech-

nische Chemie unter Leitung von Prof. Dr. Friedhelm

Bandermann. Im Anschluss an eine Tätigkeit bei einem

Druckfarbenhersteller im Bereich wässrige Systeme

ist er seit Januar 2000 bei Synthomer Deutschland

beschäftigt. Nach Aktivität als Technical Customer

Service Manager im Bereich Carpet wechselte er in

die Position eines R&D-Managers zur Entwicklung von

Dispersionen für Textiles, Adhesives and Coatings.

JAN PILGER,

Jahrgang 1987, studierte nach seiner Ausbildung zum

Lacklaboranten Chemieingenieurwesen (Schwerpunkt:

Angewandte Chemie) an der FH Münster. Seine

Abschlussarbeit mit dem Thema „Wässrige 1K-

Korrosionsschutzbindemittel“ schrieb er bei Synthomer

Deutschland in Marl und schloss damit 2016 sein

Studium als Master of Science mit Auszeichnung ab.

Seit Januar 2017 ist Pilger bei Synthomer als Lab

Supervisor Speciality Coatings tätig und arbeitet vor

allem an Wandfarben, Holz- und Metalllackierungen

sowie Intumeszenz-Beschichtungen.

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Wandfarben

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Muster zeigen eine sehr gute Nassabriebbeständigkeit (1,4–2,4 µm) und erfüllen die EN-13300-Klasse 1 nach 28 Tagen Trocknung bei Raumtemperatur sehr gut. Das Deckvermögen erreicht bei allen drei Mustern ebenfalls die EN-13300-Klasse 1 (>= 99,5 %) (Abb. 2).Mit Richtrezeptur B erfüllen die Muster 2 und 3 bei der Nassabrieb-beständigkeit die EN-13300-Klasse 1, während Muster 1 knapp in Klasse 2 kommt. Beim Deckvermögen erreichen alle Muster die EN-13300-Klasse 2.

VOC-Gehalt und Restmonomere

Die optimierte Styrol-Acrylat Dispersion weist mit einer Konzentration < 50 ppm einen niedrigen Gehalt an Restmonomeren auf. Durch die passende Wahl des Nachaktivierungsverfahrens [1] wird der Umsatz der Monomere gesteigert und der Restmonomergehalt vermindert. Neben den Restmonomeren tragen zum totalen VOC-Gehalt von ca. 1000 ppm auch die unreaktiven Begleitstoffe der Monomere sowie während der Polymerisation gebildete Nebenprodukte bei. Deren Ge-halt und somit der totale VOC-Gehalt lässt sich bei Bedarf dann nur noch durch Steam Strippen weiter vermindern.Da aber der Bindemittelgehalt einer Wandfarbe üblicherweise weniger als 20 Gew. % beträgt, lassen sich die Anforderungen der Umweltla-bel wie RAL UZ 102 (VOC < 700 ppm) auch mit VOC armen Dispersi-onen ohne Steam Stripping erreichen.Die Arbeiten werden insbesondere zu folgenden Themen fortgesetzt: Einsatz der VOC armen Bindemittel zur Formulierung von Silikatfarben (Prüfung nach DIN 18363) sowie High-pH Wandfarben (mikrobiologi-sche Untersuchungen).

Literatur

[1] Odair Araujo. The route towards ultra-low VOC polymer dispersions. ECS Conference,

Nuremberg, April 3rd 2017

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INTERVIEW // VERBESSERUNG DER NASSABRIEB BESTÄNDIGKEIT UND DES

PIGMENTBINDE VERMÖGENS VON WANDFARBEN.

Welche Nachaktivierungsverfahren bieten sich an, um eine höhere Umsetzungsrate bei der Polymerisation zu erreichen?Zur Nachaktivierung können anorganische Initiatoren bei einer höheren Temperatur nach Zulaufende der Monomere dosiert werden. Da sich jedoch die hydrophoben Restmonomere vorwiegend in den Polymerpartikeln befinden, hat sich die Verwendung von organischen Initiatoren wegen ihres hydrophoben Charakters zusammen mit Re-duktionsmitteln für eine effektive Redoxnachaktivierung bewährt.

Können Sie die Senkung des totalen VOC-Gehalt durch Steam-Stripping beschreiben?Beim Steam-Stripping wird heißer Wasserdampf über Düsen in die Dispersion eingeleitet, um die organischen Bestandteile (Restmono-mere und unreaktive organische Begleitstoffe) aus der Wasserphase als azeotropes Gemisch auszutreiben. Durch Verarmen der Wasser-phase an organischen Bestandteilen verschiebt sich das Gleichge-wicht und ein Nachttransport durch Diffusion aus den Polymerparti-keln in die Wasserphase hinein wird bewirkt. Mit dem Steam Stripping über einen längeren Zeitraum werden dann begleitstoffarme Dispersi-onen erhalten.

Welche anschließenden mikrobiologischen Untersuchungen sind geplant?Synthomer hat im letzten Jahr ein eigenes mikrobiologisches Labor aufgebaut. Dort besteht die Möglichkeit einen Sterilitätstest zu ma-chen, bei dem eine Probe mit bekannten Testorganismen inokuliert wird. Anschließend wird das mikrobiologische Wachstum bewertet. Zudem können „Challenge Tests“ durchgeführt werden mit denen festgestellt werden kann, ob ein Produkt gegen mikrobiellen Befall ge-schützt ist. Bei diesen wird die Probe mehrmals sowohl mit Bakterien als auch mit Schimmelpilzen bzw. Hefen inokuliert und das Wachstum dieser Spezies beurteilt. Es werden neben den Standardlaborstäm-men auch zusätzliche, wilde Stämme eingesetzt.

// Kontakt: [email protected]

Das Interview führte Vanessa Bauersachs

Nassabriebbeständiger

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JAN PILGER

Synthomer Deutschland

TECHNIK // WANDFARBEN 53