visavis economy 03/2011

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Kompetenz von draußen Restrukturierung Qualifizierte Interim- Manager bringen angeschlagene Firmen zurück auf Kurs Emissionen: Geschäft mit dem Klimaschutz Bürowelten: Optimales Arbeitsumfeld Fuhrpark: Umweltfreundlich Kosten senken IT-Security: Kommunikationswege schützen Anlage: Mit gutem Gewissen investieren Erfolgsbericht Mit Innovationskraft und Ideenreichtum gestaltet der Mittelstand die Energiewende NACH HALT G KEIT ECONOMY www.visavis.de • Ausgabe 3/2011 Ein ne S e Sond onderv erverö eröffentlichung der S VISAVI AVIS S Ve Ve V rla rla l gsg gsgese e e lls llscha chaft ft mbH mbH im im Ha Hande nde b lsblat la t t

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Wie der deutsche Mittelstand von der Energiewende profitiert.

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Page 1: VISAVIS Economy 03/2011

Kompetenz von draußenRestrukturierung

Qualifi zierte Interim-Manager bringen angeschlagene Firmen zurück auf Kurs

Emissionen: Geschäft mit dem Klimaschutz

Bürowelten: Optimales Arbeitsumfeld

Fuhrpark: Umweltfreundlich Kosten senken

IT-Security: Kommunikationswege schützen

Anlage: Mit gutem Gewissen investieren

Erfolgsbericht

Mit Innovationskraft und Ideenreichtum

gestaltet der Mittelstand die Energiewende

NACHHALT GKEIT

ECONOMY www.visavis.de • Ausgabe 3/2011

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Eine grüne Welle rollt durch Deutschlands Führungsetagen. Immer mehr Unterneh-men bekennen sich öffentlich zur Nach-haltigkeit, integrieren Umweltschutz

und soziale Verantwortung ins Kerngeschäft und dokumentieren ihr Engagement in Form eines jährlichen Nachhaltigkeitsberichts.

Sicher, einigen Firmen geht es dabei womög-lich mehr um Imagepolitur als um den Schutz von Klima und Umwelt. Viele Unternehmen wer-den auch von den steigenden Erwartungen ihrer Stakeholder angetrieben. Medien und Aktionäre stellen unangenehme Fragen, viele Kunden wün-schen umweltfreundlich erzeugte und fair gehan-delte Produkte. Eine immer größere Rolle spielen Soziale Netzwerke und Blogs, über die sich Wut und Empörung oft lawinenartig im Internet aus-breiten. Druck erzeugt auch die Politik. Stich-wort: Emissionshandel. Eines ist klar: Verantwor-tungsloses Handeln wird heute sofort abgestraft. Mit diesem Heft möchten wir zeigen: Nachhalti-ges Handeln heißt erfolgreiches Wirtschaften.

Wer effizient mit den Ressourcen umgeht, spart Kosten. Und wer Mitarbeiter und Gesellschaft fördert, steigert Motivation und Reputation. Der Mehrwert durch Nachhaltigkeit ist enorm. Unter-nehmen, Umwelt und Gesellschaft profitieren gleichermaßen. Mehr möchten wir an dieser Stel-le noch nicht verraten. Lesen Sie unsere Titelre-portage ab Seite 10. Auch auf dem Börsenparkett hat sich längst herumgesprochen: Rendite und Verantwortung widersprechen sich nicht. Kein Wunder, dass nachhaltige Investments einen ho-hen Zulauf verzeichnen. Aktienindizes wie der Dow Jones Sustainability Index listen die ver-meintlich nachhaltigsten Unternehmen.

Mit dem Beschluss zur Energiewende wird die grüne Welle in Deutschland weitere Schubkraft erhalten. Gerade der innovationsfreudige Mittel-stand kann hier zu den großen Gewinnern zäh-len. Allein im Bereich der erneuerbaren Energien wurden hierzulande in den vergangenen Jahren über 300.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Ihre Redaktion

InhaltMagazin 2Editorial; Kritik an EEG-Novelle; CSR-Strategien fürs Web 2.0; In-novationstag Mittelstand; Inter-nate und mehr.

Titelthema 10Nachhaltiges Wirtschaften zahlt sich aus. Der Mittelstand ist trei-bende Kraft der Energiewende.

Nachhaltige Investments 24Mutter Erde ist der interessan-tes te Substanzwert. Ökologische und ethische Geldanlagen ren-tieren sich mehrfach.

Emissionshandel 28Das Geschäft mit CO2-Rechten wächst. Welchen Beitrag leistet es zum Klimaschutz?

Flottenmanagement 30Umweltbewusstsein und Ener-gieeffizienz spielen auch im mo-dernen Fuhrparkmanagement eine immer größere Rolle.

Restrukturierung 32Externe Profis sind oft die beste Lösung, um ein Unternehmen zu-rück auf Kurs zu bringen.

Bürowelten 39Ergonomie und Design: Moderne Büromöbel schaffen eine inspi-rierende Arbeitsatmosphäre.

IT-Security 44Attacken aus dem Netz werden immer dreister. Die Abwehr von Angriffen erfordert differenzierte Sicherheitsstrategien.

IMPRESSUM Ver lag: VISAVIS Ver lags GmbH; Marie-Cu rie-Str. 11-13, 53332 Bornheim; Tel.: 02227/ 9212 - 0, Fax: 02227/ 9212 - 10, Va nity:

07000 / visavis, E-Mail: [email protected], www.visavis.de; Chef re dak tion: Wolf gang Hasel bau er; Schluss re dak tion: Jens Voß; Ge schäfts füh rer: Wolfgang Ha sel bau er (Vors.), Bernhard Haselbauer; Themen- und Projektleitung: Cornelia Hornschild, Oliver

Hammel, Reinhard Krabbe, Dorothea Reinecke, Andreas Schnittker, Gabriele Gottsmann; Layout: Marcel Rohland, Michael Döhring; Bildmaterial:

istockphoto.com, sxc.hu, Verbreitete Auf la ge: 106.000 Exemplare. Teilbelegung im Handelsblatt mit 103.000 Exem plaren; ISSN: 0942-8615;

Kon zep tion und Mar k e ting: new public communication Verwaltungsges. UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG; www.newpub lic.org

NACHHALTIGKEIT Der deutsche Mittelstand profitiert von einer neuen Unternehmenskultur.Verantwortung zahlt sich aus

TREIBHAUSGASEWelchen Beitrag leistet der

Emissionshandel zum Klimaschutz? Und wie profitiert

die Wirtschaft davon?

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EDITORIAL

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Den Atomausstieg und die damit verbundene Energiewende hat die Bundesregierung zum An-lass genommen, im Energiepaket auch das Er-neuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in einer Reihe von Punkten zu ändern und auf die veränderte Aus gangslage anzupassen. Dabei stößt der von dem Bundeskabinett jüngst beschlossene Entwurf bei den Verbänden auf ein überwiegend kriti-sches Echo. Sowohl Biomasse als auch die Wind-kraft und Photovoltaik müssen laut Entwurf ab dem 1. Januar 2012 mit einer Kürzung von öf-fentlichen Fördermitteln rechnen.

Zu den einschneidendsten Neuerungen gehört unter anderem die Tatsache, dass deutlich mehr Unternehmen von der EEG-Umlage befreit wer-den sollen als bisher. „Damit würden die Kosten für den notwendigen Umbau der Energieversor-gung auf immer weniger Schultern verteilt – mit der Folge, dass die EEG-Umlage unnötig steigen wird“, warnt Dietmar Schütz, Präsident des Bun-desverbandes Erneuerbare Energien. „Gleichzei-tig sollen innovative Ökostromprodukte nach den Plänen der Regierung mit einem Aufschlag belas-tet und damit unattraktiv werden.“

Auch der Bundesverband Windenergie (BWE) sieht den Gesetzesentwurf kritisch. Die EEG-No-

velle sehe „nach wie vor massive Einschnitte bei der Vergütung von Windenergie an Land“ vor, moniert BWE-Präsident Hermann Albers. „Das geht nicht nur zu Lasten der Klimaziele, sondern auch zu Lasten der Verbraucher. Denn die Wind-energie an Land ist die kostengünstigste Erneuer-bare Energie und hat in Deutschland das größte Potenzial. Sie auszubremsen bei gleichzeitigem Atomausstieg ist paradox.“ Albers kritisiert zu-dem, die Bundesregierung habe bislang nur den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Von einem echten Einstieg in Erneuerbare Energien könne jedoch keinesfalls die Rede sein.

Ähnliche Töne schlägt auch der Bundesver-band Solarwirtschaft an. Insbesondere der Abbau des finanziellen Anreizes zum Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom stößt auf Widerstand: „Jede Kilowattstunde Solarstrom, die am Erzeu-gungsort verbraucht wird, verringert den Ausbau-bedarf der Stromnetze. Es ist daher unverständ-lich, dass die Anreize zum Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms zusammengestrichen wer-den sollen“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptge-schäftsführer des BSW-Solar. Die Diskussion ist noch nicht vorbei: Jüngst forderte der Bundesrat nun Nachbesserungen im EEG.

Verbände kritisieren EEG-Novelle

Der Trend zu mehr Energieef-fizienz und zu einer verstärk-ten Nutzung erneuerbarer Energien macht auch vor dem Verkehrssektor nicht halt. Die-ser spielt eine herausragende Rolle im Energiepaket des Bun-deskabinetts, zeichnet er doch für 30 Prozent des Energiever-brauchs und 20 Prozent aller CO2-Emissionen verantwort-lich. „Der Verkehrssektor muss künftig einen größeren Beitrag

zur Reduktion der Treib haus-gas-Emissionen leisten“, so Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung Deut-sche Energie-Agentur GmbH.Im Rahmen der Auftaktkonfe-renz für die „Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie“, die im Ju-ni in Berlin mit über 300 Teil-nehmern stattfand, erklärte Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr: „Wenn wir auch in

Zukunft bezahlbare Mobilität ermöglichen wollen, müssen Verkehre nachhaltig und effi-zient organisiert werden. Mit unserer ‚Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie‘ wollen wir diesen Wandel aktiv gestal-ten.“ Der Fokus liegt hier vor allem auf alternativen Kraft-stoffen und innovativen An-triebstechnologien. Bis 2050 soll der Energieverbrauch um 40 Prozent gesenkt werden.

Verkehrssektor | Auftakt für bessere Energieeffizienz

EMISSIONEN Dena-Chef Stephan Kohler mahnt, der Verkehrssektor müsse künftig einen größeren Beitrag zur Reduktion der schädli-chen Treibhausgase leisten.

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MAGAZIN

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IMPULSEMit dem Innovationsprogramm ZIM will das Wirtschaftsminis-terium die Wettbewerbsfähig-keit kleiner und mittlerer Un-

ternehmen nachhaltig unterstützen.

Adress- und Kontaktdaten lassen sich ab sofort auch am Fernseh-bildschirm abrufen. Das Telefon-buch bietet in Kooperation mit Philips per Fernbedienung den Zugriff auf über 30 Millionen Adressen. Die Funktionen sind fast vollständig die gleichen wie die der Internetseite www.daste-lefonbuch.de. Um den neuen Service nutzen zu können, braucht man ein aktuelles Fern-sehgerät von Philips aus der neuen Generation „Net TV“.Die Recherchemöglichkeiten des Telefonsbuchs sind mit Hilfe ei-nes eigenen Browsers schnell und einfach abrufbar. Die Navi-gation erfolgt intuitiv über Fern-bedienung, Direktbutton und Bildschirmtastatur.

Telefonbuch

Recherche am TV-Bildschirm

Innovationen brauchen Kooperationen. Diesem Leit-spruch folgend, unterstützt das Bundesministerium für Wirt-schaft und Technologie mit dem Zentralen Innovations-programm Mittelstand (ZIM) gezielt die Forschung und Entwicklung in kleinen und mittleren Unternehmen sowie in industrienahen Forschungs-einrichtungen. Seit Programm-start im Jahr 2008 wurden für bundesweit fast 13.000 FuE-Vorhaben Fördermittel in Höhe von rund 1,6 Mrd. Euro bewilligt. Die Ergebnisse dieser Initiative können auf dem 18. Innovationstag Mittelstand am 30. Juni in Berlin begutachtet werden. Die Veranstaltung soll Interessenten aus Industrie und Wirtschaft die Gelegen-heit bieten, mit den „Forscher-

königen aus der Nische“ in Kontakt zu treten. Da das ZIM bewusst branchen- und ergeb-nisoffen konzipiert wurde, sind auf dem Innovationstag zahlreiche unterschiedliche Technologiefelder und Indus-triezweige vertreten.Vom Automobil- und Fahr-zeugbau über Chemie und Metallverarbeitung bis hin zu Umwelttechnik haben sich rund 200 Aussteller angekün-digt, um ihre neu ent wickelten Exponate zu präsentieren. Damit ist die Veranstaltung insbesondere für Unterneh-men, die für zukünftige Kooperationen starke und ver-lässliche Partner suchen, eine ideale Gelegenheit, entspre-chende Netzwerke zu knüpfen. Weitere Informationen unter: www.zim-bmwi.de

Veranstaltung | Innovationstag Mittelstand

Tue Gutes und rede darüber. Für viele Unter-nehmen leichter gesagt als getan, vor allem wenn es um darum geht, das Firmenengagement in den Bereichen Nachhaltigkeit und Verantwortung er-folgreich auf Social-Media-Plattformen zu kom-munizieren. Zu diesem Fazit kommt eine von der Kölner Unternehmensberatung BetterRelations durch geführte Studie. Insgesamt fallen die Ergeb-

nisse der Untersuchung mit dem Titel „CSR 2.0 – CSR Kommunikation & Facebook.com“ ernüch-ternd aus: Von den 100 befragten Unternehmen unterhielten lediglich 36 eine Fanpage bei Face-book. Keines dieser Unternehmen widmet dem Thema Corporate Social Responsibility (CSR) ei-nen eigenen Abschnitt auf der Fanpage, von einer CSR-Strategie oder Leitlinien ganz zu schweigen. Die Ansprüche, die heute an professionelle Nach-haltigkeitskommunikation gestellt werden, et-wa Transparenz und Fortschrittskommunikation, erfüllt keines der untersuchten Unternehmen.

Auch wenn die Autoren der Studie aufgrund der Komplexität des Themas keine allgemeingül-tige Handhabe für eine gelungene CSR-Kommu-nikation bieten können, so benennen sie doch ei-nige Faktoren, die beachtet werden sollten. Die Grundvoraussetzung ist ein professioneller Fan-page-Auftritt, der einen offenen Kommunikati-onsrahmen hat und den Usern Mitgestaltungs-möglichkeiten gibt. Es reicht nicht mehr aus, hin und wieder Neuigkeiten zu verbreiten. Statt des oftmals praktizierten „Rap portablegens“ über die CSR-Ak tivitäten müssten die Unterne h men ver-stärkt auf Personalisierung und Interaktion set-zen. Weitere Infos unter: www.betterrelations.de

CSR-Strategien fürs Web 2.0

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MAGAZIN

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> Ihr Partner im Web. Das Themenportal für Wirtschaft und IT:

> Digital blättern:Die Verlagspublikationen im Flash-Format: www.visavis.de/publikationen

> Das Special zur Titelre-portage mit Artikeln und Interviews: www.visavis.de/nachhaltigkeit

UNTERSTÜTZUNG Nina Janda leistet provisionsfreie Beratung bei der Internatswahl.

Wie finde ich das richtige Inter-nat für mein Kind? Diese Frage stellen sich die meisten Eltern, denn in dem vielfältigen Angebot an Schulen ist es nicht einfach sich zu orientieren. Und ein Inter-natsbesuch soll ja ein nachhalti-ges Lernen fördern. Daher ist auch die nachhaltige Beratung wichtig. Doch aufgepasst: Inter-natsberatung ist inzwischen zu einem lukrativen Geschäft geworden. Beratungen, die von

den Schulen Geld für ihre Dienste nehmen, verstehen sich als Mak-ler und nicht als pädagogischer Ratgeber. Was müssen engagier-te Eltern bei der Beratung beach-ten? Nina Janda, Leiterin der pro-visionsfreien VDP Internatsbera-tung, rät: „Zuerst bitte nachfra-gen, ob es sich um eine soge-nannte Beratungsagentur han-delt. Das bedeutet, dass der ‚Berater‘ für jeden vermittelten Schüler vom Internat eine Provi-

sion erhält.“ Das birgt die Ge fahr: Es könnte im Interesse des Agenten sein, ein möglichst hochpreisiges Internat zu vermit-teln, um somit die höchste Provi-sion zu bekommen. Eine seriöse Internatsberatung dient immer als vorgeschaltete Anlaufstelle, die für eine persön-liche Internatsberatung kosten-frei in Anspruch genommen wer-den kann und streng vertraulich arbeitet. www.internatswelten.de

Beratung | Welches Internat passt?

Ehemalige Austauschschüler haben im Vergleich zu ihren Altersgenossen oft bessere Karriere chan cen. Für Erfah-rungen im Ausland ist es also nie zu spät. Ganz besonders beliebt ist Neuseeland. Und das zu Recht. In der PISA-Stu-die belegte das Land Rang 3. Als große Pluspunkte gelten eine gute individuelle Betreu-ung der internationalen Schü-ler und eine besonders gute und breit gefächerte Schuler-ziehung. Sie macht nicht bei der Vermittlung von akademi-schem Wissen halt, sondern setzt auf die gezielte Vermitt-lung sogenannter Life-Skills. Dabei handelt es sich um Fä-higkeiten und Kenntnisse, die für ein erfolgreiches Leben und eine ausgeglichene Work-Life-Balance unerlässlich sind.

Ganz gleich wohin die Reise geht: Eine gute Vorbereitung ist alles. Die Finanzierungsfra-ge sollte geklärt sein, oft müs-sen Sprachtests absolviert werden. Ganz entscheidend: Etwaige Abschlüsse müssen auf ihre Gültigkeit in Deutsch-land überprüft werden. Ver-bringen Schüler nur ein Jahr im Ausland, müssen sie bei der Fächerwahl darauf achten, dass diese mit dem deutschen Schulplan zusammenpassen. Plant man den kompletten Abschluss im Ausland, ist die passende Fächerkombination noch bedeutsamer. Andern-falls könnte es bei der Rück-kehr ins Heimatland eine böse Überraschung geben, wenn der Auslandsabschluss nicht zu einem deutschen Hoch-schulstudiengang berechtigt.

Schüleraustausch | Hilfe beim Karrierestart

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MAGAZIN

VISAVIS ECONOMY 03/11

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Mit der Verabschiedung des Stromein-speisegesetzes im Jahre 1991 und dem EEG im Jahre 2000 wurde die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage für die Er-zeugung erneuerbarer Energien geschaf-fen. Trotz dieser positiven politischen Grund satzentscheidung gestalteten sich die Bauantragsverfahren für die Errich-tung von Windenergieanlagen unter an-derem wegen der unklaren Rechtslage und dem fehlenden politischen Willen vor Ort schwierig und führten in vielen Fällen zur Ablehnung der Bauanträge. Vor diesem Hin tergrund schlossen sich 1993 emslän-dische Landwirte und interessierte Bürger zum Arbeitskreis „Windenergie“ in der Ver-einigung des Emsländischen Landvolks (VEL) zusammen. Um die Fachkompetenz zu erhöhen, trat man dem Bundesverband Windenergie im Binnenland – dem Vor-gänger des BWE – bei. Dank Einbindung in die Verbände, der klaren Zielsetzung und mit dem engagierten Einsatz aller Beteilig-

ten stellte sich der Erfolg ein. So konnten zwischen 1995 und 1998 über 40 Winden-ergieanlagen errichtet und in Betrieb ge-nommen werden. Neben den Einzelbetrei-bern entstanden die ersten Betreibergesell-schaften als Vorgänger der Bürgerwind-parks. Umweltfreundliche Stromerzeugung verbunden mit regionaler Wertschöpfung erwies sich als umsetzbar.

Im Rahmen der Änderung des Bauge-setzbuches hatten die Gemeinden die Mög-lichkeit, die Nutzung der Windenergie auf Sondergebiete zu konzentrieren. Die Er-richtung von Einzelanlagen war damit nicht mehr möglich. Diese Entwicklung erfor-derte die Gründung einer „richtigen“ Fir-ma, der AgRo Energieagentur GmbH & Co. KG, um die erfolgreiche Arbeit fort setzen zu können. Auf dieser Grundlage wurden die ersten Windparks bereits ab 1997 in Kooperation mit der WEA Windenergie-Agentur entwickelt. Im Jahre 2003 wurde eine gemeinsame Projektgesellschaft, die

POTENZIAL Windparks werden im künftigen Energiemix für eine nahezu CO2-freie Stromerzeugung die zentrale Rolle übernehmen. Voraussetzung ist die Beteiligung von Landwirtschaft und Bürgern vor Ort.

Rückenwind für den Wind

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UNTERNEHMEN ERNEUERBARE ENERGIEN

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Bei der Umsetzung der Energiewende kommt der Windkraft an Land eine bedeutende Rolle zu. Im Auftrag des BWE hat das Fraunhofer Institut für Windenergie (IWES) das Potenzial von Onshore-Parks ermittelt und 2011 hierzu eine Studie veröffentlicht. Aufgabe war es unter anderem zu klären, ob zwei Prozent der bundesdeutschen Fläche für die Nutzung der Windenergie zur Verfügung stehen könnten. Das Potenzial wurde auf Basis von digitalen Geodaten ermittelt. Dabei wurden Aus-schlussfl ächen und nutzbare Flächen anhand der Bodenbedeckung sowie geografi scher Merkmale wie Siedlungsfl ächen und Infrastrukturdaten (Straßen, Bahnlinien) bestimmt, um bestehende Abstandregelun-

gen geeignet abzubilden und diese Gebiete gegebenenfalls mit Puffern versehen zu kön nen. Bei Standorten mit guten Windbe-dingungen (1.600 äquivalenten Volllaststun-den) wurde von 3-MW-Windenergieanlagen mit 2,6 m2/kW und einer Nabenhöhe von 100 Metern ausgegangen. Erreichten die Stand orte aber keine 1.600 Volllaststunden, wurde eine 3-MW-Schwachwindanlage mit 3,5 m2/kW und einer Nabenhöhe von 150 m an ge setzt. Ein solches System erreicht etwa 50 Prozent mehr Volllaststunden. Ergab ein sol cher Ansatz ebenfalls keine 1.600 äqui-valenten Volllaststunden, wurde die Fläche ausgeschlossen. Hauptergebnis der Studie: das Zwei-Prozent-Ziel ist realistisch. In

Deutsch land stehen auf Basis der Geo daten knapp acht Pro zent der Landesfl äche außer-halb von Wäldern und Schutzgebieten für die Windenergienutzung zur Verfügung. Bezieht man sie ein, werden daraus 12,3 bzw. 22,4 Prozent. Werden zwei Prozent der Fläche eines jeden Bundeslandes genutzt, können 198 GW Leistung installiert werden. Dieses Flächen-potenzial ist in ganz Deutschland vorhanden. Es beschränkt sich nicht auf die schon heute genutzten nördlichen Bundesländer. Die Erträge liegen zwischen 1.600 und 4.996 Voll-laststunden, im Mittel bei 2.071 Volllaststun-den. Der potenzielle Energieertrag liegt bei 390 TWh. Das entspricht 65 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs 2010.

Fraunhofer-Studie: Wind an Land kann 65 Prozent des Energiebedarfs decken

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AgRo & WEA Projekt GmbH & Co. KG mit Sitz in Twist gegründet. Die Be teiligung der Landwirtschaft und der Bürger vor Ort, die Einbeziehung der Kommunen bei der Planung sowie eine seriöse Finanzierung sind Grundvoraussetzungen für die erfolg-reiche Errichtung von Windparks. Bei der Umsetzung gilt es, die zur Verfügung ste-henden Flächen optimal zu nutzen und hochwertige Anlagen zu installieren. So werden wirtschaftlich erfolgreiche Bürger-windparks gestaltet, die nicht auf Ab-schreibungsmodelle oder schnel l es Geld abzielen. Mit dieser Philosophie geht die AgRo & WEA in den Markt. Die Gemein-den profitieren von diesem Modell, indem sie die gesamten Gewerbesteuereinnah-men des Windparks erhalten, da alle Be-treibergesellschaften und deren Verwal-tungsgesellschaften ihren Sitz am Standort haben. Ebenso profitiert die Gemeinde vom Anteil der Ein kommensteuer der örtlichen Anteilseigner in Höhe von 15 Prozent.

Heute gehört die AgRo & WEA mit rund 30 Betreibergesellschaften zu den größe-ren Windparkbetreibern in Deutschland und teilt seinen Erfolg mit mehr als 2.000 regionalen Anteilseignern, die in die Pro-jekte ca. 60 Millionen Euro Eigenkapital einbrachten. Bis Ende 2011 werden insge-samt über 280 MW Windenergieleistung mit einem Investitionsvolumen von mehr als 350 Millionen Euro in Betrieb genom-men. Weitere 200 MW befinden sich in Pla-nung. Man betreibt oder baut Windparks im heimischen Emsland, in den Nachbar-kreisen Grafschaft Bentheim und Cloppen-burg und ist dabei, sich mit Projekten in der Eifel, Sachsen-Anhalt und Brandenburg auch über die engere Region hinaus zu etablieren. Noch in diesem Jahr werden im heimatli-chen Bundesland Niedersachsen rund 280 MW Windkraftleistung neu an die Netze gehen. Davon stellt allein die AgRo & WEA 80 MW, also knapp 30 Prozent auf.

Mittlerweile ist die AgRo & WEA mit ihren Partnern auf dem Weg zum „Vollver-sorger“. Neben bestehenden Heizwerken für die Versorgung mit Nahwärme auf der Basis von Holzhackschnitzeln oder Biogas wird in Emlichheim (Grafschaft Bentheim) das erste mit Stroh befeuerte Heizkraftwerk in Deutschland gebaut. Das Bioenergiekraft-werk Emlichheim hat eine Feuerungswär-meleistung von 49,8 MW und produziert maximal 13 MW Strom. Der erzeugte Strom soll im Rahmen des EEG eingespeist oder anderweitig verkauft werden. An die be-nachbarte Stärkefabrik der Emsland Stärke GmbH werden Hochtemperatur-Dampf und Prozesswärme geliefert. Die Wärme des Niederdruckdampfes versorgt über ein Nahwärmenetz Liegenschaften in der Ge-meinde Emlichheim mit umweltfreundli-cher und klimaschonender Wärme. Insge-samt wird eine Primärenergieausnutzung

von etwa 90 Prozent erreicht. Der Betrieb benötigt jährlich etwa 75.000 t Stroh. Die-ses soll vornehmlich aus dem regionalen Getreideanbau geliefert werden. Eine dau-erhafte Versorgung der Anlage ist durch eine Beteiligung der liefernden Landwirte als Kommanditisten an dem Unternehmen sichergestellt. Die innovative Technik des Bioenergiekraftwerkes wird nun dieses Po-tenzial erstmalig in größerem Umfang er-schließen. Landwirtschaftliche Flächen au-ßerhalb der Nahrungs- bzw. Futtermittel-produktion werden nicht in Anspruch ge-nommen. Aus Sicht der Emsland-Stärke eignen sich noch zwei weitere Produktions-standorte, das in Emlichheim realisierte Konzept umzusetzen, nämlich Cloppen-burg in Niedersachsen und Kyritz in Bran-denburg. Das Strohheizkraftwerk in Em-lichheim soll Anfang 2012 in Betrieb gehen. Infos: www.agro-wea.de, www.bekw.de

In den nächsten zehn Jahren geht der deut-sche Atomkraftwerkspark vom Netz. Ließe er sich durch Windenergie ersetzen? Geht man von den realistischen Möglichkeiten aus, lassen sich etwa zwei Drittel der in der Studie des Fraunhofer IWES genannten Potenziale nutzen. Das bedeutet:• Jährlich können 10.000 MW in neuen Wind-

energieanlagen (WEA) an Land errichtet werden. Jedes MW kostet rund 1,8 Mio. Euro. Das ergibt ein Investitionsvolumen von 18 Mrd. Euro pro Jahr oder 180 Mrd. bis 2022. Diese Onshore-Projekte lassen regional und dauerhaft bei der Planung und dem Betrieb der WEA rund 30.000 Arbeits-plätze und überregional rund 100.000 bei der Herstellung der Anlagen entstehen.

• Eine WEA produziert jährlich ca. 6 Mio. kWh

Strom. Bei einer Vergütung von derzeit 9 Cent/ kWh erwirtschaftet sie also 540.000 Euro. Nimmt man einen Aufbau von zusätz-lichen 30.000 WEA an, ergeben sich 16 Mrd. Euro Stromeinnahmen pro Jahr.

• Daraus fallen jährliche Gewerbesteuermehr-einnahmen von ca. 1 Mrd. Euro an.

• Etwa sechs Prozent der Erlöse, also etwa 1 Mrd. Euro, gehen als Pachtein nahmen an die Grundstückseigentümer.

• Von den Einnahmen verbleiben ca. 60 Prozent oder 10 Mrd. Euro bei den Anteils-eignern, entweder im Unternehmen oder als Ausschüttungen.

• Bei entsprechendem politischem Willen kann die Windenergie an Land einen großen Beitrag zur umweltverträglichen und be-zahlbaren Energieversorgung leisten.

Potenzial von Windenergie an Land

INNOVATIONDeutschlands erstes Strohheiz-kraftwerk entsteht in der Gemein-de Emlichheim im Emsland. Es ermöglicht eine klimaschonende Erzeugung von elektrischer Ener-gie, Prozessdampf und Nahwärme.

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UNTERNEHMEN ERNEUERBARE ENERGIEN

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Nach aktuellen Studien lassen sich bis zu 65 Prozent des gesamten Strombedarfs der Bundesrepublik mithilfe von Windenergie an Land erzeugen – mittelfristig und zu marktgerech ten Preisen. Wilhelm Pieper, Hubert Eilting und Wilhelm Wilberts, Ge-schäftsführer der AgRo & WEA Projekt GmbH & Co. KG, erläutern im Gespräch mit Werner Bußmann für VISAVIS ECONOMY die zentrale Rolle der Windkraft.

Die Energiewende kommt als Folge der Atomka tastrophe von Fukushima viel schneller als erwartet. Günstige Zeiten für die Windenergie?W. Pieper: In diesem Zusammenhang von günstigen Zeiten zu sprechen, wäre ver-messen und zynisch. Der Reaktorunfall in Fukushima ist eine Katastrophe für Men-schen und Umwelt. Das Unglück verdeut-licht aber das Risiko, das die Atomenergie auch in modernsten Industriegesellschaf-ten der Welt darstellt. Der nun beschlosse-ne Atomausstieg und der Umbau des Ener-giesystems sind exponiert, aber grundsätz-lich richtig. Die große Herausforderung für alle gesellschaftlichen Kräfte, die Wirt-

schaft und nicht zuletzt für die Bürgerin-nen und Bürger liegt in der Realisierung ei ner risikoarmen, umweltverträglichen und zugleich versorgungssicheren und dabei bezahlbaren Energieversorgung. Leider ent-halten die bisher bekannt gewordenen Plä-ne zum Umbau des Energiesystems auch Fehl entwicklungen.Was läuft denn alles falsch?W. Pieper: Die bisher getätigten Investitio-nen und erarbeiteten technischen Ent-wicklungen im Bereich der erneuerbaren Energien wurden von mittelständischen Unternehmen erbracht. Das derzeitige Re-gierungskonzept und die Pläne der Euro-päischen Union setzen dagegen auf Groß-projekte, die mittelständische Unterneh-men überfordern. Hier wird ein Trend zur Remonopolisierung der Stromwirtschaft sichtbar, der letztlich der Dezentralität der erneuerbaren Energien entgegensteht, den Wettbewerb nicht fördert und damit zu höheren Preisen führt. Diese werden dann unberechtigterweise den erneuerbaren Ener gien zugeschrieben. Dies wird insbe-sondere bei der Vergütung für die Off-shore-Windenergie deutlich. Im EEG soll

sie in den ersten acht Jahren auf rund 19 Cent je KWh oder alternativ auf 15 Cent für zwölf Jahre angehoben werden, die In-vestitionen durch eine milliardenschwere Bun des bürg schaft abgesichert und die An-schluss kos ten übernommen werden. Wie wirkt sich die Vergütung der Wind-energie auf die weitere Entwicklung im Binnenland aus?W. Wilberts: Die Vergütung für Offshore wird massiv erhöht, an Land soll gekürzt werden. Der Systemdienstleistungs-Bonus von 0,5 Cent je kWh soll entfallen, was die Vergütung 2012 dann um 6 Prozent von zur Zeit 9,5 Cent kWh auf 9 Cent je kWh reduziert. Zudem soll die Vergütung an Land um 1,5 Prozent jährlich sinken, wäh-rend sie Offshore bis 2018 konstant blei-ben darf. Der Zubau an Land wäre dann nur noch an windstarken Standorten mög-lich. In den südlichen Bundesländern kä-me dadurch der gerade erst begonnene Ausbau zum Erliegen. Die preisgünstigste erneuerbare Energie würde ausgebremst. Ein Blick auf die Differenzkosten der Wind-energie zum Börsenpreis macht dies deut-lich. Die Differenzkosten zum Börsenpreis liegen bei der Windenergie an Land bei rund 3 Cent je kWh, Offshore lägen sie dann bei 14 Cent in den ersten acht Jahren bezie-hungsweise zehn Cent bei der zwölfjähri-gen Vergütungsvariante. Hierbei sind die Kosten für den kostenlosen Netzanschluss und die Bundesbürgschaft nicht berück-sichtigt. Die Umsetzung dieser Pläne wider-spräche den Forderungen nach Bezahlbar-keit der erneuerbaren Energien und würde Industrie und Bürger über Gebühr belas ten. Ein Argument, welches über zwei Jahr-zehnte gegen den Ausbau der erneuerba-ren Energien ins Feld geführt wurde. Der notwendige Umbau der Energieerzeugung kann nur durch den weiteren Ausbau der Windenergie sowohl an Land als auch Off-shore erfolgen. Die Nutzung an Land muss

HERAUSFORDERUNG Die Windkraft bietet enormes Potenzial. Doch die Politik läuft Gefahr, beteiligte mittel-ständische Unternehmen und somit die günstigste grüne Energie auszubremsen.

„Große Chancen für die Wirtschaft“

Die Geschäftsführung der AgRo & WEA Projekt GmbH & Co. KG von links nach rechts: Wilhelm Wilberts, Wilhelm Pieper, Hubert Eilting

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UNTERNEHMEN ERNEUERBARE ENERGIEN

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daher wie die Offshore-Anlagen eine ange-messene Vergütung erhalten. Welche Potenziale sehen Sie künftig bei ausreichender Vergütung für die Wind-energie an Land?H. Eilting: Eine Grundlage für den Ausbau der Windenergie an Land ist die allgemei-ne Akzeptanz. Hierzu können die frühzei-tige Bürgerbeteiligung und der Bau von Bürgerwindparks, die eine echte Beteili-gung der Bürgerinnen und Bürger am wirt-schaftlichen Erfolg bieten, einen Beitrag leisten. Die regionale Wertschöpfung in strukturschwachen Gebieten ist ein weite-rer Vorteil der Windenergie an Land. Un-sere eigenen Planungen und die Ergebnis-se der Frauenhofer IWES Studie zeigen,

dass es heute noch große nutzbare Poten-ziale für den Ausbau der Windenergie an Land gibt. Hier lassen sich bis zu 65 Pro-zent des gesamten Strombedarfs der Bun-desrepublik Deutschland mittelfristig zu marktgerechten Preisen erzeugen.Aber die Verfügbarkeit? Lässt sich mit der Windenergie überhaupt eine verläss-liche Energieversorgung gestalten? W. Pieper: Die Windenergie ist ein nicht stetiger Energieträger. Deshalb gilt es, sie mit den anderen erneuerbaren Energieträ-gern wie Wasserkraft, Fotovoltaik, Biogas, feste Biomasse und Geothermie zu verbin-den. In der Übergangszeit kann man auf moderne Spitzenlastkraftwerke zurück-greifen, die mit Erd- oder Biogas betrieben

werden. Darüber hinaus müssen wir die Entwicklung von Speichertechniken vor-antreiben. Hier gibt es bereits einige Mo-dellvorhaben und Ansätze. Die Erhöhung der Energieeffizienz durch den Einsatz von kleineren Gasturbinen mit Kraft-Wärme-Kopplung und die Steuerung des Strom-verbrauchs sind zu fördern. Wenn die Po-litik einen verlässlichen Rahmen bietet und das EEG als weltweit günstigstes und erfolgreichstes Förderinstrument erhalten bleibt, wird der Umbau des Energiesystems ein Erfolg mit großen Chancen für die Wirtschaft, auch mit Blick auf den Export und die internationale Wettbewerbsfähig-keit. Weitere Informationen unter: www.agro-wea.de

Im November 1993 wurde auf Initiative von Wilhelm Pieper, Hubert Eilting, Hermann Fehrmann und Josef Hellwig der Arbeitskreis Windenergie in der Vereinigung des Ems-ländischen Landvolks gegründet. Daraus entstand 1996 die AgRo Energieagentur GmbH & Co. KG, die sich mit der Planung und der Umsetzung von Projekten erneuerbarer Energien in den Bereichen Solar, Biomasse, Fernwärme mit dem Schwerpunkt Windener-gie sowie effi zienter Energienutzung befasst. Ab 1997 wurden zunächst in Kooperation mit der WEA Windenergie-Agentur von Wilhelm Wilberts und ab 2003 in der gemeinsamen Gesellschaft der AgRo & WEA Projekt GmbH & Co. KG Windparks geplant, gebaut und betrieben. Hier übernahmen Wilhelm Pieper, Hubert Eilting und Wilhelm Wilberts die Geschäftsführung. Beide Gesellschaften haben mit Beginn der Zusammenarbeit ihre eigenständige Tätigkeit

im Bereich Windenergie bis auf die Abwick-lung bestehender Projekte eingestellt. Im Laufe der Jahre wuchs die AgRo & WEA zu einem der größeren deutschen Windparkpla-ner und Betreiber. Als Vorsitzender des Regionalverbandes Emsland und Mitglied im Landesvorstand Niedersachsen des Bundesverbandes Windenergie BWE arbeitet Wilhelm Pieper seit Jahren an dem Ausbau der Windenergie-nutzung mit. Er gehört mit zu den Initiatoren und Gesellschaftern des ersten deutschen Strohheizkraftwerks der BEKW Biokraftwerk Emsland im niedersächsischen Emlichheim.Wilhelm Wilberts aus Norden, Ostfriesland ist Geschäftsführer der AgRo & WEA Projekt GmbH & Co. KG und seit zwei Jahrzehnten als Projektentwickler und Betreiber von Windenergieanlagen tätig. Die WEA Wind-energie-Agentur plante etliche Windparks in Ostfriesland und im nördlichen Emsland,

bevor es 1997 dann zur Kooperation mit der AgRo Energieagentur kam. Als langjähriger Vorsitzender des Regionalverbandes Ost-friesland des Bundesverbandes Windenergie gestaltet er die Entwicklung dieses Energie-trägers in Niedersachsen mit.Hubert Eilting begann seine Berufslaufbahn als Rechtsanwalt, spezialisierte sich auf Steuerrecht und Landwirtschaft. Über 20 Jah-re, bis 2009, war er Hauptgeschäftsführer der Vereinigung des Emsländischen Landvolks. Dieses Amt brachte ihn in die Emslandstär-ke GmbH, deren Geschäftsführung er 2004 übernahm. Unter der Dachmarke Emsland Group international agierend, produziert der Konzern auf der Basis von Kartoffeln, Erbsen und Agrarrohstoffen innovative Produkte für die weiterverarbeitende Industrie. Wie Wilhelm Pieper ist auch Hubert Eilting in der Geschäftsführung der BEKW Bio-kraftwerk Emsland tätig.

Erfolgreicher Zusammenschluss bei der Projektierung

LEISTUNGSFÄHIGSaubere Energie für eine lebenswerte Zukunft: Der Windpark Haren im Emsland wurde 2004 in Betrieb genom-men. Er produziert Strom mit einer Nennleistung von insgesamt 29,6 MW.

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UNTERNEHMEN ERNEUERBARE ENERGIEN

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N achhaltigkeit ist zu einem gesell-schaftlichen Leitbild avanciert. Ob Wertschätzung der Mitarbeiter, effi-

zientes Wirtschaften oder umweltschonen-de Produktion: Immer geht es darum, Öko-nomie und Ökologie, gesellschaftliche und soziale Verantwortung in Einklang zu brin-gen. Nachhaltigkeit steht für eine bewusste Art des Wirtschaftens, die schon lange nicht mehr nur Öko freaks und Utopisten propa-gieren. Nachhaltigkeit ist inzwischen Chef-sache. Stichwort: Corporate Social Res pon-sibility (CSR). Ein pro fessionelles CSR-Ma-nagement aufzubauen ist eine lohnende In-vestition. Denn wer in Humankapital, in die Umwelt und in Beziehungen zu den Stake-holdern investiert, profitiert in der Regel von einem echten Mehrwert.

Überzeugende CSR-Projekte haben nicht nur positive Auswirkungen auf das Ge-meinwohl. Sie motivieren auch die Mitar-

beiter im eigenen Betrieb und verbessern die Reputation eines Unternehmens. Gerade der Mittelstand als Innovationstreiber der deutschen Wirtschaft hat längst erkannt: Verantwortliches Handeln für Um welt und Gesellschaft schafft wertvolle Wett be werbs-vorteile. Ganze Branchen profitieren davon. Der Automobilsektor etwa setzt mit innova-tiven Umwelttechnologien Maß stäbe. Schad-

stoffarme Elektromotoren und Hybrid-An-triebe sind weiter auf dem Vormarsch. Sie sollen den Straßenverkehr revolutionieren. Einen wahren Boom erleben schon seit ei-niger Zeit die erneuerbaren Energien. Allein in den letzten Jahren haben deutsche Un-

ternehmen über 300.000 neue Arbeitsplät-ze in diesem Bereich geschaffen. Die jüngst beschlossene Energiewende verleiht der Branche zusätzlichen Aufwind. Das Geset-zespaket, das die se Wende ein läuten soll, beinhaltet eine stu fenweise Abschaltung der Kernkraftwerke bei gleichzeitiger Förde-rung von erneuerbaren Energien. Daneben sollen die Strom netze ausgebaut sowie neue Gas- und Kohlekraftwer ke errichtet werden. Das Pa ket zielt ferner auf Maßnahmen für Energieeinsparungen. Doch werden die neuen Gesetzes beschlüsse reichen?

Von den Verbänden der Branche für er-neuerbare Energien kommt grund sätzlich Lob für den Bewusstseinswandel, aber auch Kritik im Detail. Die Verbände befürchten, dass die im Juni dieses Jahres beschlossene Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) den zügigen Ausbau regenerativer Energien behindert statt fördert. „Da klaffen

VERANTWORTUNG Nachhaltiges Wirtschaften sorgt für neue Schubkraft im Land. Die Fahrzeugbauer überraschen mit umweltfreundlichen Antrieben, der Mittelstand ist treibende Kraft der Energiewende.

Das Online-Special zum Titelthema auf

www.visavis.de/nachhaltigkeit

Zeitenwende für Umwelt und Umsatz

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Rhetorik und Realität momentan weit aus-einander“, kritisiert Björn Klusmann, Ge-schäftsführer des Bundesverbands Erneuer-bare Energien (BEE). Gemeint sind die sin-kenden Vergütungen für die Pro duktion von Öko-Strom und die strukturellen Wei-chenstellungen im EEG. Dadurch drohe sich die Entwicklung für entscheiden de Techno-logien erheblich zu verschlechtern. „Unsere Branche geht davon aus, dass die EEG-No-velle zu einem deutlichen Abbremsen des Ausbaus führen wird“, urteilte kürz lich Her-

mann Albers, Präsident des Bundesverban-des Windenergie. Von einem Ein stieg in die erneuerbaren Energien sei die Bundesregie-rung noch weit entfernt.

Stephan Kohler von der Deutschen Ener- gie-Agentur resümiert: „Wenn dieses Ge-setz so durchkommt, werden Sie die Bio-energiebranche in anderthalb Jahren nicht wiedererkennen.“ Und der dena-Geschäfts-führer meint das in keinem Fall positiv. Die Branche der erneuerbaren Energien braucht Ver lässlichkeit bei den gesetzlichen Rah-

men bedingungen. Hemmnisse müs sen auf allen Ebenen abgebaut werden. Die ent-schei den de Frage lautet: Was ist mög lich mit den re generativen Energien? 23 Prozent seines Stroms be zieht Deutschland derzeit aus Kern kraftwerken. 17 Prozent kommen aus Sonne, Wind und anderen regenerati-ven Energiequellen. Der Bundesverband Er- neuerbare Energie, der 5.000 Unternehmen aus der Wasser-, Wind- und Sonnenbranche vertritt, sagt voraus, dass bis zum Jahr 2020 regenerative Energien bereits die Hälf te der

Vor kurzem diskutierte ganz Deutschland noch über die von der Bundesregierung be-schlossene Laufzeitverlängerung von Atom-kraftwerken. Nun kommt die Energiewende anscheinend schneller als erwartet. Sieben AKW wurden als Reaktion auf Fukushima in Deutschland bereits vorläufig abgeschaltet. Noch ist unklar, wie das überarbeitete Ener-giekonzept aus Berlin aussehen wird. Für die Mainova AG steht jedoch fest: Die Energie-versorgung der Zukunft ist dezentral, über-wiegend regenerativ und effizient.Mit seiner „Erzeugungsstrategie 2015“ hat sich der Frankfurter Energieversorger für eine klimaschonende und effiziente Stromerzeu-gung entschieden. Bis zum Jahr 2015 sind daher Investitionen in Erzeugungsprojekte im Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro vorgesehen. Einen Schwerpunkt bildet der Bereich Erneuerbare Energien, allen voran Windkraft und Biomasse – eine Investition in die Versorgungssicherheit der Region und in

den nachhaltigen Klimaschutz. Doch damit nicht genug. Sollten die Atommeiler rascher abgeschaltet werden, als es zum Redak-tionsschluss noch im Energiekonzept der Bundesregierung vorgesehen ist, besteht ein erhöhter Bedarf an Inves titionen. Diese wird die Mainova AG beispielsweise in hoch-effiziente Gaskraftwerke tätigen. Denn Gas ist unverzichtbar auf dem Weg zur atom-freien Energieversorgung. Neben Erdgas können auch Gasmengen aus regenerativen Quellen eingesetzt werden, zum Beispiel Bio- oder Windgas.Gehen nach und nach immer mehr AKW und ältere Kohlekraftwerke vom Netz, muss ein großer Teil der Leistung ersetzt werden, etwa durch Windkraft. Doch was geschieht bei ei-ner Windflaute? Dann könnten die Gaskraft-werke flexibel zugeschaltet werden und so die fehlende Windstrommenge ausgleichen.Für die Mainova AG ist es in jedem Fall un er-läss lich, nur solche Projekte zu realisieren,

die sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich sinnvoll sind. Denn nur so kann eine verant-wortbare Lösung für die nachhaltige Energie-versorgung von morgen zustande kommen. Weitere Informationen unter: www.mainova.de

So gelingt die neue Energieversorgung

Windkraft | Klimaschonende und effiziente Stromerzeugung

REGENERATIV Windkraftanlagen werden in Zukunft eine entscheidende Rolle in der deut-schen Energieversorgung spielen.

„ “Nachhaltigkeit verpfl ichtet zu Vernunft und Verantwortung unseres Handelns im sozialen, ökologischen und ökonomischen Bereich.

– Michael Vassiliadis,Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung

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VISAVIS ECONOMY sprach mit den beiden Vor-standsmitgliedern der Pfalzwerke Aktien-gesellschaft, Dr. Werner Hitschler und Re-né Chassein, darüber, wie mit grünen Ideen nachhaltiges Wachstum zum Vorteil ei ner ganzen Region realisiert werden kann.

Welchen Stellenwert hat nachhaltiges Wirt schaften für das regionale Ener-gieunternehmen Pfalzwerke?Hitschler: Das Thema Nachhal tigkeit hat für die Pfalzwerke-Gruppe seit jeher eine große Bedeutung. Versorgungssicherheit, Ressourcenschonung, Klima- und Um welt-schutz sowie Bezahlbarkeit der Energie sind für uns die Eckpfeiler wirtschaftli-chen Handelns. Nur mit diesem ganzheit-lichen Ansatz können wir die Bedürfnis-se unserer Kunden im Sinne einer langfri-stigen Partnerschaft befriedigen und die Kundenloyalität nachhaltig steigern. Nennen Sie bitte konkrete Beispiele.Chassein: Das fängt bei der Energiebera-tung vor Ort an, beispielsweise in unseren Energiezentren oder in unserem rollenden Energiemobil. Wir bieten seit vielen Jah-ren Ökotarife für unsere Kunden – mit unserer Marke 123energie bundesweit – und gründen klimafreundliche Partner-schaften mit Kommunen und Landkrei-sen. Außerdem können sich die Bürgerin-

nen und Bür ger durch den Erwerb von Klimaschutzzer tifikaten finanziell lukra-tiv an unseren Solarparks beteiligen.Hitschler: In den letzten Jahren haben wir über unsere Tochterfirmen mit knapp 300 Millionen Euro massiv in den Ausbau von Windkraft, Solarenergie und Geothermie investiert. Und: Künftig bringen wir EEG-Anlagen an die Börsen oder Terminmärk-te, indem wir den Strom aus erneuerbaren Energien als Dienstleistung für die Anla-genbetreiber dort verkaufen. Der Knackpunkt bei der Umstellung auf regenerative Energien ist das Stromnetz. Chassein: Moderne Stromnetze sind die Voraussetzung für eine moderne, CO2-ar-me und sichere Energieversorgung. Vor allem die Zunahme dezentraler Anlagen verlangt eine intelligente Steuerung der Netze, wie sie nur über die „smarten“ Techniken sicher gestellt werden kann. Zu-dem müssen nicht nur die Übertragungs-netze, sondern vorrangig die Verteilnetze ausgebaut werden, um Einspeisung und Verbrauch möglichst dezentral zu koordi-nieren. In einem richtungsweisenden Pro-jekt in der Verbandsgemeinde Weilerbach haben die Pfalzwerke in dieser Zukunfts-technologie bereits Kompetenzführer-schaft aufgebaut. Insgesamt hat unsere Netzgesellschaft allein im vergangenen

Jahr rund 86 Millionen Euro in die Infra-struktur des Stromnetzes investiert.Ein Vorteil der regionalen Unterneh-men: Sie machen viel für ihre Region. Was steuern die Pfalzwerke bei?Hitschler: Wir stärken die Kauf kraft und sind mit 1.000 qualifizierten Arbeitsplät-zen ein wichtiger Arbeitgeber. Eine in Zu-sammenarbeit mit der Uni Leipzig durch-geführ te Studie zeigt die Bedeutung der Pfalzwerke: Jeder Arbeitsplatz der Pfalz-werke stützt durch Steuern, Investitionen, Aufträge etc. indirekt 6,5 Arbeitsplätze in der Region. Chassein: Was wir gemeinsam mit Part-nern und Kunden realisieren, leben wir auch in unserer Unternehmensgruppe vor. Angefangen beim effizienten und spar-samen Einsatz von Energie in den eigenen Reihen, über eine Unternehmenspolitik, die Beruf und Familie unter einen Hut bringt und Fort- und Weiterbildung groß-schreibt, bis hin zu einer vorbildlichen Ausbildungsförderung. Wie passt dazu die Förderung von Sport, Kultur und Gesellschaft?Hitschler: Seit jeher übernehmen wir auch gesellschaftliche Verantwortung und un-terstützen das kulturelle Leben und das Ver eins leben in der Pfalz und im Saar-pfalz-Kreis, als Sponsor des Traditions-vereins 1. FC Kaiserslautern, aber auch bei über hundert kleinen Sport-Clubs. Welche Bedeutung hat nachhaltiges Wachstum künftig für die Pfalzwerke?Chassein: Wir möchten für unsere Kun-den und für die nachfolgenden Genera-tionen der Energie-Partner Nummer Eins sein, der nicht nur Ökonomie und Ökolo-gie in Einklang bringt, sondern innovativ und vorausschauend unsere Region vor-anbringt. Diesen Anspruch leben wir – mit unseren Kunden, Partnern und Mitar-beitern. Infos unter: www.pfalzwerke.de

UMDENKEN Nach dem Beschluss der Bundesregierung zum Atomausstieg kann die Energiewende in Deutschland gar nicht schnell genug gehen. Sonne, Wind, Geothermie und Co. sollen es richten.

Gute Ideen voller Energie

VERANTWORTUNG Werner Hitschler (links) und René Chassein gehen in punkto Nachhaltigkeit seit geraumer Zeit unbeirrt ihren grünen Weg.

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deutschen Stromversorgung sichern kön-nen – mit steigender Tendenz. Bis 2040 sei gar eine Vollversorgung mit grünem Strom möglich. Dieser werde zu zwei Dritteln aus Wind- sowie Son nenenergie kommen. Da die se Energieträger fluktuierend sind, also nicht kontinuierlich abrufbereit, sollen Bio-gas, Wasserkraft und Erdwärme mögliche Schwankungen und Spitzenlasten ausglei-chen. Damit wäre für Klusmann der Ausfall durch die Abschaltung der Atomkraftwerke kompensiert. Ein Versorgungsengpass sei künftig nicht zu erwarten, ist sich der BEE-Geschäftsführer sicher.

Die Bundesregierung hält diese Progno-sen für zu optimistisch. Bis 2020 könnten 35 Prozent des Energiebedarfs aus nicht fossilen Energieträgern bestritten werden. Für den Übergang sind konventionelle Ener gieträger verstärkt im Einsatz. Das ist

schlecht für die Klimabilanz. Andererseits fürchten Wirtschaft und Verbraucher im Zuge der Energiewende steigende Kosten. Umweltminister Norbert Röttgen räumte kürzlich ein: „Wir wissen nicht, wie viel teu- rer unser Strom wird.“ Spekuliert wird aktu-ell beispielsweise über Mehrbelastungen von rund 15 Euro im Jahr für eine vier köp-fige Familie. Werden die Strompreiserhö-hungen also zum Standortnachteil für Deutschland? Schon jetzt befürchten deut-sche Unternehmen Wettbewerbsnachteile aufgrund der steigenden Energiepreise. Das geht aus dem aktuellen BDI-Mit tel stands-panel hervor. Ein neues Greenpeace-Gut-achten dagegen konstatiert, dass nur ganz wenige Unternehmen in Deutschland durch die Energiewende von einer eventuellen Er-höhung der Strompreise betroffen wären.

Bis 2020 könnten 35 Pro zent des Energiebedarfs aus nicht-

fossilen Trägern stammen

SPITZENREITER„Deutschland hat gute Voraussetzungen, beim Elektroauto eine führende Rolle zu übernehmen“, glaubt VDA-Präsident Matthias Wissmann.

Im Gespräch mit VISAVIS ECONOMY erläutert Walter Schmidt, CEO der ista International GmbH, intelligente Energiemanagement-lösungen mit kurzen Amortisationszeiten.

Herr Schmidt, die Reaktorkatastrophe in Fukushima hat die Energiedebatte wieder entfacht. Begrüßen Sie die Entwicklungen rund um Erneuerbare Energien?Der Auslöser dieser Debatte ist natürlich schrecklich. Mir fällt allerdings auf, dass nicht immer ganz ehrlich diskutiert wird, denn auch gegen den Ausbau von Erneuer-baren Energien gibt es einige Proteste in der Bevölkerung. Die meisten Menschen finden etwa Windkrafträder gut, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. Wir müssen uns aber klar werden, wie wir in 50 Jahren den Ener-giebedarf decken wollen, ohne dauerhaft unseren Planeten zu beschädigen. Wie man effizient Energie sparen kann, steht weniger zur Diskussion?Es wird schon über Stromsparen im Haus-halt gesprochen. Jedoch wurde bisher das Einsparpotenzial im Wärmemarkt zu wenig beachtet. Das ändert sich aber gerade. Das 6-Punkte-Papier der Bundesregierung zur beschleunigten Energiewende verankert Maßnahmen, die Energieeffizienz konse-quent zu steigern. Ziel ist unter anderem, bis 2020 den Wärmebedarf von Gebäuden um 20 Prozent zu senken. Wie kann man das Thema angehen?Mit intelligenten Energiemanagementlösun-gen lassen sich schnell zehn bis 15 Prozent Energie einsparen. Es müssen nicht immer teure Gebäudesanierungen sein. Vielmehr

liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, Anreize zu schaffen, die Energieeffizienz zu erhöhen. ista fokussiert sich dabei auf niedrig-investi-ve Maßnahmen. Denn die beste Energie ist die, die nicht verbraucht wird. Zum einen muss die Technik richtig funktionieren. ista bietet hierfür die Analyse von Heizungsanla-gen über das sogenannte Heizungs-EKG. Wie beim medizinischen Vorbild wird inner-halb eines Zeitraums von 24 Stunden die Heizungsanlage im Gebäude analysiert, wo-durch Optimierungsmöglichkeiten aufge-zeigt werden. Zum anderen kann die Ener-gieeffizienz durch Aufklärung und Transpa-renz auf Verbraucherseite ebenfalls deutlich erhöht werden. Mit unserem bidirektiona-len Funksystem für die Erfassung der Ver-brauchswerte und dem Energiedatenma-nagement zur zeitnahen Visualisierung der Werte können wir der Wohnungswirtschaft bereits heute einen solchen Service bieten. Weitere Informationen unter: www.ista.com

Einsparpotenzial | Energetische Modernisierunglösungen für die Wohnungswirtschaft

Energieeffizienz muss nicht teuer sein

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Wer immer auch Recht behalten wird – es stellt sich die Frage: Ist Wirtschaft und Ver-brauchern der Einstieg in eine nachhaltige Energie eine Preiserhöhung wert? Die In-ves tition in erneuerbare Energien bewirkt schließ lich auch eine größere Unabhängig-keit von dem Import fossiler Energien. Die-se werden bekanntlich immer knapper. 75 Prozent unserer fossilen Träger müssen oft überteuert importiert werden – meist aus politisch instabilen Regionen. Wenn wir uns von diesen Energieformen verabschieden,

kann das Einsparungen bedeuten. Und Ari-bert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher, prognostiziert, dass der durch einen Atomausstieg verstärkte Wett-bewerb bei der Stromerzeugung langfristig zu niedrigeren Strompreisen führt.

Doch auch in der Übergangsphase bieten sich Verbrauchern bereits vielfältige Lösun-gen, die Energie- und Kosteneffizienz ver-sprechen. Beispielsweise lassen sich schon heute mithilfe kluger „smarter“ Tech niken Hei zungsanlagen im Gebäude analysieren.

Verbraucher bekommen auf den Computer oder per Smartphone Daten über das ak-tuelle Heizverhalten. Hinweise helfen, das Heiz verhalten zu optimieren. Das spart nicht nur Energie, sondern auch Geld. Vor allem Wohn ungsbaugesellschaften dürf ten gro-ßes Interesse an dieser Technologie ent-wickeln. Intelligente Stromzähler – so ge-nann te „Smart Meter“ – arbeiten nach ei-nem vergleichbaren Prinzip. Ein Zu satz ge-rät am Stromzähler erfasst den Verbrauch und schickt die Daten direkt an den Nutzer. In der ersten Pilotphase im Juni 2011 spa-ren bewusste Verbraucher in 50 Telekom-Läden in Bayern und Niedersachsen Strom ganz im Zeichen von Web 3.0. So kann der Konsument seinen Stromverbrauch jeder-zeit überprüfen und sich Alternativen an-zeigen lassen. Weitere Ansätze für mehr Energie effizienz kommen aus der Techno-logie der Kraft-Wärme-Kopp lung (KWK): Miets hausbesitzer installieren beispielsweise ihr eigenes „Klimakraftwerk“ im Heizungs-keller, das den benötigten Strom und die Wärme au tark produziert.

Fest steht: Die erneuerbaren Energien för-dern die Innovationskraft des Standorts Deutschland. Sie stärken den Mittelstand. Ein entsprechendes Engagement hält auch die Ethikkommission, der Vertreter aus Wis-senschaft, Energiebranche, Verbraucherver-bänden und Umweltgruppierungen ange-hörten, in ihrem 49-seitigen Ab schluss-bericht für nötig. Das 17-köpfige Gremium empfiehlt, neben dem Ausstieg aus der Atom kraft ein „Nationales Forum Energie-wende“ einzusetzen, damit alle Stakeholder an der Neuausrichtung unserer Energiepo-litik mitwirken. Das Forum wird als „Quelle von neuen Chancen für das Mitwirken der Bürger bei dezentralen Entscheidungen“ ge sehen. Denn Wachstum und Wohlstand dürfen nicht zulasten künftiger Generatio-nen gehen. Gleichzeitig mahnt die Kommis-sion mehr Energieeffizienz an. Und mehr

FORSCHUNGSAUSGABEN

Quelle: Stifterverband, Januar 2011

Automobilindustrie19.618

Elektroindustrie8.578Pharmazie

6.071

Maschinenbau5.234

Chemie3.885

Rest15.016

Angaben in Mio. EuroKeine Branche investiert so viel in

Forschung und Entwicklung wie

die Automobilindustrie.

Die grüne Welle rollt. Im Gespräch: Saban Tekedereli, Leiter der Direktion „Firmenkun-den und Gebrauchtwagen“ bei Citroën.

Herr Tekedereli, wie positioniert sich Citroën im B2B-Segment in Deutschland?Wir bieten eine PKW-Modellpalette mit spar-samen Kleinwagen, sehr komfortablen Li-mousinen und Kombis ebenso wie geräumi-ge Vans. Außergewöhnlich und prestigeträchtig für die Flotte ist die DS-Linie, die dem nächst mit dem DS5 neuen Zuwachs bekommen wird. Die variablen Nutzfahr-zeuge Nemo, Berlingo, Jum-py und Jumper komplettie-ren unsere Produktlinie. Un-ser weitreichender Service speziell für Firmenkunden umfasst unter ande rem Bu-siness-Stützpunkte und -Cen ter, Premium Assis tance für B2B-Kunden sowie Lea-

sing-Son der an ge bote mit umfangreichem Ser-vice aus unserer haus eigenen Citroën Bank.Wie sieht es mit dem Umweltschutz aus?Wir halten u.a. drei innovative Technologi-en bereit. Die Micro-Hybrid-Technologie e-HDi senkt Ver brauch und CO2-Ausstoß um bis zu 15 Prozent. Überdies bieten wir Wagen mit Elektro-Antrieb: Sie stehen für null Abgase, null Lärm und null CO2-Emissionen am Fahrzeug.

Drittens werden wir als einer der ersten Hersteller Ende 2011 mit dem DS5 Fahrzeuge mit Diesel-Voll-Hybrid-Tech-nologie anbieten. Der Antrieb vereint das beste beider Ener-gie quel len. Ende 2011 wird der DS5 erhältlich sein. Infos: www.citroen-business.de

Fuhrpark | Umweltfreundliche Antriebe senken die Kosten

Null Abgase, null Lärm

WEGBEREITER„Als Vorreiter bietet Citroën Fahrzeuge mit Diesel-Voll-Hybrid-Technologie an“, so Saban Tekedereli.

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WINDKRAFTHermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie, befürchtet, dass die EEG-Novelle zu einem deutlichen Abbremsen des Ausbaus der Windkraft führen wird.

Ener gieeffizienz erfordert vor allem bessere Stromspeichertechnologien. Für den Um-stieg auf erneuerbare Energien brauchen wir intelligente Übertragungs- und Verteil-netze, damit Einspeisung und Verbrauch koordiniert und neue Technologien mit al-ten vernetzt werden können. Windkraft und Photovoltaik werden vo raussichtlich die wichtigsten grünen Techniken der Zukunft im Energiemix sein. Aber Wind bläst bei uns nicht regelmäßig. Auch die Sonnen-ener gie können wir nicht auf Abruf bestel-

len. Es braucht Leitungen, die die Strompro-duzenten, Speicher und Verbraucher über weite Strecken miteinander verbinden. Der-artige Ansätze stehen bereits heute zur Ver-fügung. Die neue Generation von Speichern funktioniert ähnlich wie Vorratskammern. Sie können Strom und Wärme zwischenla-gern und Spitzenlasten ausgleichen. Björn Klusmann setzt auf zusätzliche Speicher-kapazitäten durch Batterien und auf Druck-luft- und Pump speicher sowie chemische Speicher und erneuerbares Methan. Methan

kann beispielsweise sowohl zur Strom- als auch Wär meerzeugung sowie für die Mobi-lität genutzt werden.

Es existieren viele Beispiele von intelli-genten Technologien und Speichermöglich-keiten. Deutschland sieht seine Chance und investiert. Das Potenzial ist enorm. Zu die-sem Ergebnis kommt auch die aktuelle Stu-die „Revisiting Energy Storage – There Is a Bu siness Case“ der Boston Consulting Group: Die Managementberatung hat Anfang des Jahres das Geschäftspotenzial von acht ver-

Effizientere Antriebe, leichtere Karosserien, hilfreiche Elektronik: Die MBtech Group un-terstützt Fahrzeughersteller weltweit dabei, innovative Mobilitätslösungen umzusetzen. Das Thema Nachhaltigkeit spiegelt sich aber nicht nur in den Leistungen, sondern auch im Selbstverständnis des Engineering- und Con-sulting-Dienstleisters wider. So ist es fester Bestandteil der MBtech-Unternehmensstra-tegie, an jedem neuen Standort überdurch-schnittlich stark in den Aufbau von Wissen und Kompetenz zu investieren. Geschäftsfüh-rer Hartmut Tresp erläutert: „Wir haben da-durch weltweit das gleiche Technologie- und Prozess-Know-how vor Ort verfügbar, was wiederum zur Zukunftssicherung jedes ein-zelnen Standorts beiträgt. Zudem können unsere Mitarbeiter global vernetzt nach ein-heitlich hohen Standards zusammenarbei-ten. MBtech-Kunden – unter anderem nam-hafte Pkw- und Nutzfahrzeughersteller – pro-fitieren, indem sie auf die lokalen Marktan-

forderungen zugeschnittene Lösungen und maximale Qualität erhalten.“ Ein wesentli-cher MBtech-Erfolgsfaktor ist die Kombinati-on aus Entwicklungs- und Beratungskompe-tenz. Das Unternehmen entwi ckelt Varianten für Gesamtfahrzeuge und berät entlang der kompletten Wertschöpfungskette. „Folglich können wir als Bindeglied zwischen Herstel-lern und Zulieferern nicht nur beim techni-schen Umsetzen von Produktinnovationen unterstützen, sondern auch die entsprechen-den Entwicklungs- und Fertigungsprozesse verschlanken. Das hilft unseren Kunden, ihre Kosten dauerhaft zu senken“, ergänzt Tresp. Wichtige Innovationen halten so schneller in Serienfahrzeugen Einzug: Beispielsweise gilt dies für Hybrid- und Elektroantriebe sowie für leichte Kohlefaser-Karosserieteile, die al-lesamt für weniger Emissionen sorgen; oder für zuverlässige elektronische Helfer, die Fahrzeuge sicherer und komfortabler machen. „Mit ihren Methoden und Technologien ist

die Automobilindustrie in vielerlei Hinsicht Vorreiter – MBtech plant daher, diese Kom-petenzen auch in anderen Branchen, etwa Agrar und Bahn, wesentlich stärker auszu-bauen“, blickt Tresp in die Zukunft. Weitere Informationen: www.mbtech-group.com

Lokales Engagement für globalen Erfolg

Mobilität | Innovative Engineering- und Consulting-Dienstleistungen für den Fahrzeugbau

KOMPETENZ „Unsere Kunden profitieren von den speziell auf lokale Marktanforderungen zugeschnit tenen Lösungen“, so Hartmut Tresp.

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schiedenen Anwendungen für unterschied-liche Speichertechnologien analysiert und prognostiziert einen kumulierten Investi-tionsbedarf für die intelligenten Spei cher, die alte mit neuer Energie verbinden, von 280 Milliarden Euro bis 2030. Die größ ten Märkte für Energiespeicher sieht sie zu-künftig in Westeuropa, den USA und China. Die Vielfalt an unterschiedlichen Technolo-gien, die sich am Markt behaupten müssen, löst Wettbewerb und Innovationskraft aus. Diese Entwicklung spiegelt sich in verschie-densten Branchen wider.

Jede Menge guter Ideen und Ansätze präsentiert derzeit die Automobilbranche. Sie setzt verstärkt auf „Nachhaltige Mo bi -lität“ und beweist in diesem Bereich vor al-lem Innovationswillen in Richtung Elek-tromobilität und Hybridtechnologie. Ren-ault etwa hat sich zum Ziel gesetzt, mög-lichst umweltneutrale LKW zu produ zieren. Ci troën wiederum wird in Kürze als erster Hersteller ein Diesel-Voll-Hybrid-Fahrzeug anbieten. Eindrucksvoll belegt dies die Pick-up-Studie MBtech Reporter, deren neues Voll-Hybrid-Antriebskonzept der En gi nee-

ring- und Con sulting-Dienstleister Mbtech Group auf der diesjährigen MobiliTec in Han-nover vorstellte. Ebenfalls auf dem Vor-marsch ist die bereits erwähnte Technologie der Kraft-Wärme-Kopplung, die auch im Automobilbereich ihr Potenzial beweist: Durch die bessere Ausnutzung der einge-setzten Energie lässt sich beispielsweise bei Elektrofahrzeugen eine enorme Erhöhung des Wirkungsgrads erzielen.

Die Energiespeicherung zählt auch im Bereich der alternativen Antriebskonzepte zu den großen Herausforderungen. Am Ins-

GEWINN„Der Nutzen von CSR liegt darin, dass Unternehmen

wichtige Impulse für die gesellschaftliche

Entwicklung geben“, betont Arbeit geber-

präsident Dieter Hundt.

Mit schadstoffarmen An trieben sorgt die

Automobilbranche für Furore

Die Automobilbranche hat naturgemäß eine besondere Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz. Das Thema Mobilität und Umwelt stellt seit Jahrzehnten ein Kernge-biet engagierter Forschung und Entwicklung bei Citroën dar. Konsequentes Bearbeiten der Thematik ermöglichte Fortschritte, die individueller Mobilität und Komfortbedürf-nissen genauso gerecht werden wie der gewachsenen Verantwortung für Umwelt und Wirtschaftlichkeit. So setzt Citroën etwa konsequent auf die moderne Micro-Hybrid-Technologie e-HDi. Sie sorgt für eine optimierte Nutzung der Antriebsenergie, indem sie ein Stop & Start-System neuester Generation mit einem umkehrbaren Alternator und einem Diesel-motor kombiniert. Das Stop & Start-System sorgt für blitzschnelles Abstellen und Neustarten des Motors in allen Situationen, in denen das Fahrzeug stillsteht oder in Verzögerungsphasen. Ein E-booster-System garantiert den sofortigen und ruckelfreien Neustart des Motors. Die innovative Micro-

Hybrid-Technologie verringert den Kraft-stoffverbrauch und die CO2-Emissionen der HDi-Motoren um bis zu 15 Prozent. Gut für die Umwelt und gut für das Budget. Erst-mals wurde die e-HDi-Motorisierung im Citroën C4 eingeführt und ist für zahlreiche Modelle verfügbar. Sie trägt das Umwelt-Label „Airdream“.Als erster Hersteller wird Citroën Ende 2011 mit dem DS5 ein Diesel-Voll-Hybrid-Fahr-zeug in einem völlig neuen Fahrzeugkonzept anbieten. Der künftige Antrieb soll das Beste beider Energiequellen vereinen. Der Elektromotor leistet die leise Startarbeit beim Anfahren und im Stadtverkehr, auf der Langstrecke bringt der Dieselmotor seine wirtschaftlichen Vorteile zur Geltung. Damit soll der Citroën DS5 als Diesel-Voll-Hybrid-Fahrzeug mit Hybrid4 ein neues Kapitel der Mobilität aufschlagen. Er bietet Fahrspaß mit 200 PS, Allradantrieb, Elektroantrieb im Stadt -verkehr so wie Boost-Modus. Zudem besticht er durch einen sehr redu zier ten CO2-Aus stoß von 99g/km. Infos unter: www.citroen.de

Antriebstechnik | Citroën setzt auf innovative Umweltschutzkonzepte

Hybrid-Technologie auf der Überholspur

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PREMIERE Der zukünftige Citroën DS5 wird auch als Diesel-Voll-Hybrid Hybrid 4 angeboten.

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titut für Elektromobilität der Hochschule Bochum werden im Rahmen des BATEM-Forschungsprojekts beispielsweise Testsys-teme für elektrische Energiespeicher entwi-ckelt. Die Forscher interessiert vor allem die Charakterisierung der Energiespeicher im Kurz- und Langzeitverhalten.

Der Dritte Deutsche Elektro-Mobil Kon-gress in Bonn Anfang Juni hat gezeigt, dass die maßgebliche Aufgabe zur Zeit darin be-steht, die neuen Produktionsverfahren und innovativen Materialien auf die industriel-

le Herstellung von seriennahen Batterien zu übertragen. Bereits im November 2007 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Innovationsallianz „Lithium-Ionen-Batterie 2015“ initiiert. Seitdem fördert die Bundesregierung ziel-gerichtet die Entwicklung von Batterien für die Elektromobilität. „Leis tungsfähige und bezahlbare Batterien sind eine zentrale Vo-raussetzung für alltagstaugliche Elektro-fahrzeuge. Die künftige Pilotproduktions-anlage in Ulm ist ein großer Schritt in Rich-

tung Elektromobilität“, erläutert Bundesfor-schungsministerin Annette Schavan. Mat-thias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), fügt hinzu, dass die deutsche Automobilindustrie in den kommenden drei bis vier Jahren bis zu zwölf Mrd. Euro in die Forschung und Ent-wicklung alternativer Antriebe investieren werde. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Elektroautos, Hybrid- und Wasserstoffan-trieben. „Deutschland hat gute Vorausset-zungen, beim Elektroauto eine führende

APPELLThomas Koenen, Leiter der Abteilung Klima und Nachhaltige Entwicklung beim BDI, ruft zu unternehmerischer Verantwortung auf: „Öffentlichkeit, Politik, aber auch Finanzmärkte strafen heutzutage nicht-nachhaltiges Verhalten umgehend ab.“

Wie stark ist das Bewusstsein für Nachhaltig-keit in den Köpfen angekommen? Und wie nachhaltig ist das wirtschaftliche Handeln wirklich? Kann man gleichzeitig Hersteller von schweren Lastkraftwagen sein und sich für nachhaltige Entwicklung engagieren? Renault Trucks kann – und bekennt sich zum Leitbild der Nachhaltigkeit. Die Verantwor-tung für Umwelt, Mitarbeiter und Gesell-schaft ist dabei fest im Unternehmensleitbild verankert. Darin zeigt sich die Überzeugung, dass sich die Leistungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens nicht länger nur an der Qualität seiner Produkte, sondern auch am gewissenhaften Umgang mit Mensch und Umwelt festmachen lassen. Denn nur, wenn Nachhaltigkeit konsequent in der Unternehmensphilosophie umgesetzt wird, entsteht echte Nachhaltigkeit. Auch im Hause Renault Trucks wird gezielt daran ge-arbeitet, diese Anforderungen umzusetzen und Umweltbelastungen nachhaltig zu ver-

ringern. So hat sich das Unternehmen das Ziel gesetzt, möglichst umweltneutrale und trotzdem leistungsstarke LKW zu produzieren. Dies geschieht mit der Überzeugung, dass vom Vorantreiben neuer Technologien eben auch die Umwelt profitiert. Tatsächlich nimmt der Hersteller bei der Entwicklung von Fahr-zeugen mit alternativen Antriebskonzepten eine Vorreiterposition ein. Mit der sogenann-ten Clean Tech-Technologie wurde eine Kraft-stoff-Alternative entwickelt, die großes Po-tenzial für die Zukunft aufweist. Dazu zählen Fahrzeuge mit Hybrid-, Elektro- oder Erdgas-Antrieb. Seit längerem ist der Renault Premi-um Hybrys Tech im Großraum Lyon sowohl als Müllsammelfahrzeug als auch im Bereich der Baustellenbelieferung unterwegs. Eben-so wird er von Coca-Cola in Brüssel für die Getränkedistribution eingesetzt. Die Bilanz fällt durchweg positiv aus. Neben der redu-zierten Geräuschentwicklung ermöglicht der Hybrid-Antrieb auch deutliche Verbrauchs-

einsparungen. Die Praxistaufe hat auch der Renault Maxity Electric bestanden. Der rein elektrisch angetriebene Klein-LKW mit einem Gesamtgewicht von 4,5 t ist u.a. bei der Ge-tränkeauslieferung in der Pariser Innenstadt unterwegs. Auch in Zukunft werden äußerst innovative, wettbewerbsfähige und noch er-heb lich umweltverträglichere Antriebs kon-zepte präsentiert. www.renault-trucks.de

Auf dem Weg zum umweltneutralen LKW

Nutzfahrzeuge | Alternative Antriebskonzepte

ÜBERZEUGEND Der Truck ist rot, das Konzept grün: Renault Trucks hat sich das Ziel gesetzt, möglichst umweltneutrale LKW zu produzieren.

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Im Gespräch mit VISAVIS ECONOMY erläu-tert Dr. Heike Schiffler, Direktorin Kom-munikation und Umwelt von Tetra Pak Deutschland/Schweiz, die Vorteile, Nach-haltigkeit ins Kerngeschäft zu integrieren.

Bei der Lektüre der Nachhaltigkeitsbe-richte mancher Unternehmen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass statt zündender Ideen eher ein Marke-ting-Feuerwerk abgebrannt wird. Ist das Thema Nach haltigkeit der neue Marke-tingtrend schlechthin?Unbestreitbar ist, dass in der Wirtschaft ein grundlegender Umdenkungsprozess statt gefunden hat. Die Ausrichtung auf kurzfristige Erfolge ist bereits vielfach ei-ner Langfristperspektive gewichen, bei der Wachstum und Wohlstand nicht zu Las-ten künftiger Generationen gehen. Wenn ein solches Denken in den Mittelpunkt unternehmerischen Handelns rückt und

integrierter Teil des operativen Geschäfts wird, dann ist Nachhaltigkeit viel mehr als nur Imagepflege. Bei Tetra Pak liegt der Fall noch etwas anders. In unserem Unternehmen gehört der schonende Um-gang mit Ressourcen seit Gründung zum Pflichtprogramm. Wir haben uns für den nachwachsenden Rohstoff Holz als Ba-sismaterial unserer Produktion entschie-den – lange bevor das Prinzip Nachhaltig-keit zum gesellschaftlichen Trend wurde.Das größte Kopfzerbrechen bereitet den Experten der kaum zu bremsende Kli-mawandel. Was kann Ihr Unternehmen tun, um zu einer klimaschonenden Wirt-schaftsweise beizutragen?Unser Ziel ist es, einen relevanten Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leis ten. Weil Getränkekartons größtenteils aus nachwachsenden Rohstoffen beste-hen, fällt die Klimabilanz von vornherein günstiger aus als bei anderen Verpackun-gen. Außer dem kooperieren wir eng mit unseren Kunden und Lieferanten, um un-seren öko logischen Fußabdruck auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette immer wei-ter zu ver kleinern. Stichwort Energieeffi-zienz: Unser Ziel ist es, mit immer weni-ger Energie immer bessere Ergebnisse zu erzielen – bei der Kartonherstellung, beim Transport und bei der Abfüllung der Le-bensmittel. In unseren eigenen Betrieben setzen wir auf sparsame Heiz- und Kühl-systeme, effizient ineinandergreifende Pro duktionsprozesse und Strom aus er-neuerbaren Ener giequellen. So haben wir unsere CO2-Emissionen weltweit seit 2005 um fast 13 Prozent gesenkt.Zum Schluss landet dann doch alles auf der Müllhalde – kein besonderer Ausweis von Nachhaltigkeit?Seit 20 Jahren werden gebrauchte Ge trän- kekartons getrennt gesammelt und recy-celt. Das bringt eine jährliche Einsparung

von rund 50.000 Tonnen CO2. In Sachen Recycling ist Deutschland sicherlich Vor-reiter. Hier haben die rasch wachsenden Märkte Osteuropas und Asiens noch Nach-holbedarf. Deshalb ergreifen wir selbst die Initiative und kooperieren in fast jedem Land, in dem wir tätig sind, mit Behör-den, Wirtschaft und Umweltver bän den, um funktionierende Rücknahme- und Re-cyclingsysteme aufzubauen. Trotz allen Engagements und aller gu ten Vorsätze – bei zunehmendem Wettbe-werb werden ökologische Projekte schnell wieder als belastend empfunden und he-runtergefahren. Wie geht Tetra Pak mit diesem Widerspruch um?Diesen Gegensatz sehen wir so nicht. Die Sicherung von Ressourcen und der Schutz des Klimas sind die Aufgaben unseres Jahrhunderts, für die wir nur leider kein Jahrhundert Zeit haben. Des halb haben wir weltweit klare Ziele und einen bin-denden Zeitplan für die Kern bereiche Klima-schutz, Recycling, Rohstoffe und nachhal-tige Produktinnovationen for muliert. Wir wollen pro Jahr um fünf Pro zent wach-sen, ohne dabei die Kohlendioxid-Emis-sionen gegenüber dem Basisjahr 2010 zu erhöhen. De facto bedeutet dies eine an-visierte Einsparung von 40 Prozent. Den Anteil des von der Wald schutzorganisation Forest Stewardship Council (FSC) zertifi-zierten Rohkartons wollen wir weiter stei-gern – bis 2012 auf 50 und mittelfristig auf 100 Prozent. Gleichzeitig arbeiten wir da-ran, die Recyclingquote von Getränkekar-tons bis zum Ende des Jahrzehnts von heute 20 auf 40 Prozent zu verdoppeln. Das be-deutet, dass 2020 weltweit 100 Milliarden gebrauchte Kartons wiederverwertet wer-den sollen. Und schließlich: Auch die Nicht-papieranteile der Verpackungen sollen schrittweise durch erneuerbare Materialien abgelöst werden. Infos: www.tetrapak.de

RESSOURCENSICHERUNG Nachhaltigkeit ist in den Führungsetagen vieler Unternehmen angekommen. Wie nachhaltig sind Getränkekartons? Und was leistet einer der führenden Hersteller für den Umweltschutz?

Die Aufgabe des Jahrhunderts

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„ “Profi tables Wachstum ist langfristig nur durch verantwortungsvolles Handeln gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt möglich. – Dr. Michael Inacker, Bereichsleiter CC,

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Rolle zu übernehmen“, betont Wissmann. „Denn in vielen Bereichen, wie Elektronik, Batteriesystem oder mechanischen Bautei-len haben wir enormes Know-how.“ Bei der Schlüsseltechnologie für das elektrische Fahren – der Batteriezelle – sei der interna-tionale Wettbewerb noch offen.

Nach einer Untersuchung von JD Power & Associates wird der Anteil der alternati-ven Antriebe an den gesamten Fahrzeug-verkäufen im Jahr 2020 mehr als sieben Prozent betragen. In Zahlen bedeutet dies,

dass dann weltweit 5,2 Mio. der 70,9 Mio. (Stand 2010) verkauften Fahrzeuge mit Elek-tro- oder Hybridantrieb ausgestattet sein werden. Die Bundesregierung wünscht sich bis zum Jahr 2020 eine Million elektrisch angetriebener Fahrzeuge auf deutschen Straßen. Mitte Mai 2011 hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition ihr Regierungs-programm Elektromobilität verabschiedet. Mit diesem sollen Anreize geschaffen wer-den, auf Fahrzeuge mit Elek troantrieb um-zusteigen. Wer sich bis Dezember 2015 ein

Auto anschafft, dessen CO2-Ausstoß unter 50g/km liegt, ist für zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit. Weitere Vorzüge sind die Möglichkeit von Wechselkennzeichen und die Sonderparkflächen, die Fahrern von Elek-trofahrzeugen zur Verfügung stehen sollen. Zudem sieht das Programm eine um fang-reiche Förderung der neuen Antriebstech-nik vor. Doch die ist immer noch ausbaufä-hig. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rös-ler erklärt: „Im Bereich Forschung und Ent-wicklung gibt es noch großen Bedarf. Um

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit gehören untrennbar zusammen. Der Mautbetreiber Toll Collect versteht nachhaltiges Wirtschaften als Instrument, um ökonomische Interessen und gesellschaftliche Ansprüche konsequent miteinander zu vereinbaren. Nachhaltigkeit stützt sich bei Toll Collect auf vier Pfeiler: Öko-nomie, Ökologie, Mitarbeiter und Gesellschaft. Sie bilden die Dimensionen einer ganzheitli-chen Nachhaltigkeitsstrategie, die das Unter-nehmen künftig durch ein kohärentes CSR -Management noch wirksamer verfolgen will. Einen hohen Stellenwert nimmt der Umwelt-schutz ein: Das Toll-Collect-System bietet starke Anreize für Transport- und Logistikunter-nehmen, möglichst schadstoffarme Fahrzeu-ge zu erwerben und emissionsintensive Fahr-zeuge umzurüsten. Dieser Trend ist trotz der gerade erst überwundenen Wirtschaftskrise ungebrochen: Seit Mautstart 2005 ist der Fahrleistungsanteil mit den umweltschonen-den Klassen Euro 5 und EEV (Enhanced Envi-

ronmentally Friendly Vehicle) von 0,2 Prozent auf knapp 70 Prozent gestiegen. Dazu haben die veränderten Mautsätze beigetragen, ebenso wie verschiedene Förderprogramme des Bundes. Darüber hinaus hat das Unter-nehmen durch den reibungslosen und effizi-enten Betrieb des Mautsystems mehr als 22 Mrd. Euro für den Staat eingenommen, die für den Ausbau und Erhalt von Infrastruktur eingesetzt wurden. Der Erfolg des Unternehmens ist in ganz be-sonderer Weise von der Mitarbeiterschaft ab-hängig. Toll Collect beschäftigt derzeit rund 500 Mitarbeiter aus 15 verschiedenen Natio-nen. Rund 40 Prozent davon sind Frauen. Im Unternehmen sind Mitarbeiter tätig, die sich in völlig unterschiedlichen Lebenssituationen befinden. Dazu gehören u.a. junge Familien, alleinerziehende Mitarbeiter, ältere Beschäf-tigte und Berufspendler. Toll Collect fördert und unterstützt seine Mitarbeiter mit konse-quenter Personalentwicklung und Maßnah-

men aus dem Gesundheitsmanagement. Zu-satzleistungen helfen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Familie zu fin-den. Im vergangenen Jahr wurde das Unter-nehmen durch die Hertie-Stif tung zertifiziert und trägt das Siegel „beruf und familie“. Weitere Infos unter: www.toll-collect.de

Nachhaltigkeit als gelebtes Unternehmensprinzip

Mautsystem | Umweltschutz auf deutschen Straßen

ERFOLGSKONZEPT Seit Mautstart im Jahr 2005 rollen immer mehr schadstoffarme LKW über Deutschlands Autobahnen.

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hier Fortschritte zu erzielen, möchten wir mit dem Regierungsprogramm eine For-schungsarbeit aus einem Guss erreichen. Zu diesem Zweck wird es eine Lotsenstelle ge-ben.“ Sie soll insbesondere Mittelständler bei der Suche nach geeigneten Förderpro-grammen unterstützen. Wichtig sei der Re-gierung außerdem, internationale Koopera-tionen zu unterstützen. Rösler weiter: „Das betrifft strategische Part nerschaften mit an-deren Ländern ebenso wie die internatio-nale Zusammenarbeit im Bereich Normung

und Standardisierung.“ So werden alterna-tive Antriebstechnologien und die erneuer-baren Energien als wich tige deutsche Wirt-schaftszweige in Zukunft weiter an Bedeu-tung gewinnen.

Der Nachhaltigkeitsgedanke beschränkt sich indes nicht auf die Umwelttechnologie: „Nachhaltigkeit verpflichtet zu Vernunft und Verantwortung unseres Handelns im sozia-len, ökologischen und ökonomischen Be-reich“, betont Michael Vassiliadis, Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Re-

gionale Energieversorger beweisen daher schon heute, dass sie Teil der Gesellschaft sind und ihre Rolle als gute Mitbürger – als Good Corporate Citizen – in ihrem lokalen Umfeld wahrnehmen. Sie zeigen Bereit-schaft, der Allgemeinheit zu dienen und zu investieren. Und sie haben bewiesen, dass sie erfinderisch sind, wenn es darum geht, einen schnellen Ausbau voranzutreiben: Sie gründen beispielsweise klimafreundliche Partnerschaften mit Kommunen und Land-kreisen oder beteiligen Bür gerinnen und Bürger finanziell an dem Ausbau von er-neuerbaren Energien. Sie beraten die Men-schen in wesentlichen Fragen der Energie-einsparung vor Ort, beteiligen die Bürger und leisten damit wichtige und dringend benötigte Aufklärungsarbeit, die sonst der Staat übernehmen müsste.

Diese Ansätze veranschaulichen die stei-gende Bedeutung von Corporate Social Re-sponsibility, also der gesellschaftlichen Ver-antwortung von Unternehmen einer mo-dernen zukunftsgerichteten Gesellschaft. Dr. Dieter Hundt, Präsident der Bundesver-einigung der Deutschen Arbeitgeberver-bände, unterstreicht: „Der Nutzen von CSR liegt darin, dass Unternehmen durch ihr Engagement zu sozialem und ökologischem Fortschritt beitragen, die Lebens- und Ar-beitsqualität im lokalen Umfeld erhöhen und wichtige Impulse für die gesellschaftli-che Entwicklung geben.“ Und Dr. Michael Inacker, Bereichsleiter Corporate Communi-cations, Public Affairs & CSR der Metro Group, ergänzt: „Gerade in Krisenzeiten ist es für ein verantwortungsbewusstes Unter-nehmen wichtig, seine langfristigen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Nachhal-

Immer mehr Unternehmen bewerten nachhal-tiges Handeln als Erfolgsfaktor. Wer verstehen möchte, warum, sollte die Jahrestagung des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umwelt-bewusstes Management (BAUM) e.V. am 22. und 23. September 2011 in der europäischen Umwelthauptstadt Hamburg besuchen. Schirmherr der Veranstaltung unter dem

Motto: „Der gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden! Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit“ ist der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz. Als Dis-kussionsteilnehmer zugesagt haben bereits der Vorsitzende des EU-Umweltausschusses Jo Leinen, Umweltbundesamt-Präsident Jochen Flasbarth und Harry Brouwer, Ge schäfts -führer der Unilever Deutschland GmbH.Im Rahmen der Tagung werden am 23. Sep-tember auch die BAUM-Umweltpreise und der Internationale BAUM-Sonderpreis unter Anwesenheit von Bundesumweltminister Norbert Röttgen vergeben. Als Träger des Internationalen BAUM-Sonderpreises 2011 hat die Jury bereits Professor Dr. Ibrahim Abouleish, den Gründer und Vorsitzenden der Fairtrade-Initiative Sekem und Träger des Alternativen Nobelpreises, bestätigt. Er wird den Preis persönlich entgegennehmen. Gast-geber ist das BAUM-Mitgliedsunternehmen Flughafen Hamburg, das in diesem Jahr sei-nen 100. Geburtstag feiert. An meldung und Programm unter www.baumev.de

Erfolgsfaktor | Preisverleihung für herausragendes Umweltengagement

Verantwortungsbewusst handeln

PREISTRÄGER Die Gewinner des BAUM-Umweltpreises 2010, darunter Ernst Ulrich von Weizsäcker (6. von links).

RELEVANZ VON CSR

Frauen (n=1.519) Männer (n=1.571)

88 %...ihre Mitarbeiter fair und verantwortungsvoll behandeln:

85 %

81 %

80 %... die Öffentlichkeit aufrichtig informieren:

78 %

75 %... Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Kultur zeigen:

78 %

74 %... sich für den Klimaschutz und den Erhalt der Umwelt engagieren:

Über 3.000 Konsumenten

wurden befragt: Wie wichtig

ist es Ihnen bei der Wahl

der Geschäfte bzw.

Handelsunternehmen, in

denen Sie für sich privat

einkaufen, dass diese ...

Immer mehr Unternehmen nut zen die Chance, die ihnen

CSR-Strategien bieten

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tigkeit ist eines dieser Ziele und fester Be-standteil der Unternehmensstrategie. Denn profitables Wachstum ist langfristig nur durch verantwortliches Handeln gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt möglich.“

Schon heute übersteigt unser Konsum die natürliche Kapazität der Erde um 25 Prozent. Unser ökologischer Fußabdruck drückt sich längst in einem immer weiter voranschreitenden Klimawandel aus. Und so appelliert auch Thomas Koenen, Leiter der Abteilung Klima und Nachhaltige Ent-wicklung beim Bundesverband der Deut-schen Industrie (BDI), an die Unternehmen: „Diese müssen ein fundamentales Interesse daran haben, in ihren Prozessen energieef-fizient sowie umwelt- und klimaschonend zu arbeiten und zugleich soziale Aspekte zu beachten. Dies sichert Kosteneffizienz und fördert Akzeptanz bei den externen Stake-holdern wie auch bei den eigenen Mitarbei-tern. Öffentlichkeit, Politik, aber auch Fi-nanzmärkte strafen heutzutage nicht-nach-haltiges Verhalten umgehend ab. Am Ende werden sich diejenigen Unternehmen be-haupten, die das Thema Nachhaltigkeit in ihre Prozesse integrieren und eben nicht auf Greenwashing setzen.“

Neben ethisch-moralischen Argumenten spricht auch ein rein ökonomisches für un-ternehmerisches Engagement in Sachen Nachhaltigkeit: Die Investition in CSR zahlt sich wirtschaftlich aus. Das bezeugt die ak-tuelle Studie des Supply Chain Manage-ment Institute (SMI) zusammen mit dem Beratungs- und IT-Dienstleister Logica: Je mehr ein Unternehmen seine Umweltbelas-tung durch seine Produktion reduziere und je mehr es sich für die Gesell schaft einset-ze, desto besser sei seine wirtschaftliche Performance. Nachhaltiges Han deln ist da-mit erwiesenermaßen ein Erfolgs faktor auf allen Ebenen. Wer das nicht glaubt, der wird spätestens auf der Jahrestagung des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Um-

Mittelständische Unternehmen sind ein wich-tiger Erfolgsfaktor für das Wachstum der deutschen Wirtschaft. In vielen Fällen stel-len Kontinuität und Nachhaltigkeit in Verbin-dung mit Innovationskraft und Flexibilität strategische Grundlagen des Unterneh mens-erfolgs dar. Auch bei Geze ist nachhaltiges Wirtschaften ein zentrales Element der Un-ternehmensstrategie – dies zeigt sich auch in der Kontinuität der Geschäftsleitung: Der 1863 gegründete Hersteller von Tür-, Fenster- und Sicherheitstechnik befindet sich bereits in fünfter Generation in Familienhand. Im Laufe der Zeit wuchs Geze von einem Hand-werksbetrieb zu einem international tätigen Unternehmen mit weltweit 2.200 Mitarbei-tern und 27 Tochtergesellschaften.Um dieses anhaltende Wachstum zu gewähr-leisten, setzt das Unternehmen auf intensive Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im eigenen Technologiezentrum und auf ein sys-tematisches Innovationsmanagement. „Das sehr gute Innovationsklima bei Geze ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. In den letzten Jahren

haben wir den Anteil der Neuprodukte am Um satz stark gesteigert“, hebt die Ge-schäftsführende Gesellschafterin Brigitte Vöster-Alber hervor. Das Innovationsmanagement des Unterneh-mens ist geprägt durch professionelle Tools, kurze Informations- und Entscheidungswege und ein flexibles Bereitstellen von Ressourcen. In Zusammenarbeit mit den internationalen Tochtergesellschaften fließen Ideen und An-regungen mit Potenzial in den Entwicklungs-plan und werden in Projekte überführt. Dank eines systematisierten Ablaufplans, der alle unterstützenden Abteilungen und Prozesse beinhaltet, hat Geze die durchschnittliche Dauer von Produktentwicklungen in den letzten Jahren deutlich reduziert. Auch das Innovationsmanagement selbst unterliegt einem ständigen Optimierungsprozess. Von der Geschäftsführung ausgehend wurde das Innovationsmanagement in den vergange-nen Jahren kontinuierlich perfektioniert, wo-für das Unternehmen bereits mehrfach aus-gezeichnet wurde. Infos unter: www.geze.de

Produktentwicklung | Stetiges Wachstum und nachhaltiger Erfolg

Innovationsmanagement optimieren

STRATEGIE Brigitte Vöster-Alber, Ge schäftsführende Ge sell-schafterin der GEZE GmbH, setzt auf systematisches Innovationsmanagement.

ENERGIEMIXSonne und Windkraft sind nicht immer abrufbar. Laut BEE-Ge schäftsf ührer Björn Klusmann können Bio gas, Wasserkraft und Erd wärme mögliche Schwan kungen ausgleichen.

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„Wer nicht denken will, fliegt raus.“ Was der Künstler Joseph Beuys 1977 postulierte, gilt auch für Unternehmen – und heute mehr denn je. Gerade bei Green IT heißt es, über den Tellerrand hinauszublicken. Längst schon ist bekannt, dass nicht nur die IT selbst um-weltschonender gestaltet werden sollte, son-dern dass sie ihrerseits einen erheblichen Beitrag zur Nachhaltigkeit im gesamten Un-ternehmen leisten kann. Doch auch wenn die Nutzung neuer Technologien wie „Vir-tualisierung“ oder „Cloud Computing“ viel versprechende Ansatzpunkte bietet, die un-ternehmerischen Nachhaltigkeitsziele mit IT umzusetzen: Der weitaus größere Hebel liegt in einer grundsätzlichen Änderung der Un-ter nehmensprozesse sowie dem verantwor-lichen Handeln aller Mitarbeiter.

Die Studie „Excellence in Supply Chain Sustainability“, durchgeführt von der EBS Business School und Logica im Mai 2011, belegt, dass Unternehmen, die sich in Sa-chen Nachhaltigkeit engagieren, auch wirt-schaftlich erfolgreicher sind. „Neue Techno-

logien schaffen hierfür die Voraussetzun-gen, aber erst ihr Einsatz bringt den Nut-zen“, sagt Oliver Mark, Consulting Director bei Logica Deutschland. „Für ein erfolgrei-ches Nachhaltigkeitsmanagement ist es da-her unerlässlich, geeignete Lösungen und Ideen in den unterschiedlichsten Feldern zu verzahnen.“ Den Anfang macht der Wille zur Veränderung: Dieser muss von der Ge-schäftsleitung ausgehen und bis zum Mit-arbeiter reichen. Erst dann lässt sich der un-ternehmerische Erfolg in einer Umweltbi-lanz dokumentieren.

Die Herausforderungen sind dabei sehr individuell. Unternehmen sind deshalb bei der Suche nach maßgeschneiderten Repor-ting-Plattformen auf externe Berater ange-wiesen, die Lösungen finden, implementie-ren und anpassen. Ein Beispiel ist der Auto-mobilproduzent Ford, der den Umweltschutz zu einem seiner wichtigsten Ziele gemacht hat. Das Umwelt-Team des Herstellers hat da-zu ein Projekt zur Standardisierung des Ma-nagements und Reportings von CO2-Emis-sionen an allen Fertigungsstandorten in Euro pa und Amerika durchgeführt. Oliver Mark weiter: „Weltweit implementierte das Team dazu die einheitliche Emissions-Ma-nagement-Lösung ‚Emissions logic‘ von Lo gica. Mit ihr verfügt Ford heu te über ein Tool zur werksübergreifenden Erfassung und Überwachung aller Umweltdaten.“ Gleich-zei tig kann der Fahrzeughersteller die Ein-haltung gesetzlicher Vorschriften im Auge behalten und komplexe Reporting-Anfor-derungen mit der Software erfüllen. Inzwi-schen wurde die Lösung gemeinsam mit Lo gica-Beratern weiterentwickelt und bein-haltet nun auch die Erfassung von produk-tionsrelevanten Faktoren wie Energie- und Wasserverbrauch sowie Abfallaufkommen.

Logica berät nicht nur Andere in Sachen Nachhaltigkeit. Auch sich selbst hat das Be-ratungshaus hohe Umweltziele gesteckt: Bis 2020 will das Unternehmen seine CO2-

Emissionen um die Hälfte auf Basis der Wer te von 2008 verringern. Dazu zählt bei-spielsweise die Reduzierung der Flotten-emissionen. Auf Initiative des Leasingun-ternehmens Athlon Car Lease Germany hat Logica deshalb den sogenannten Cleaner Car Contract unterzeichnet und sich das Ziel gesetzt, eine Höchstmenge von durch-schnittlich 130 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer zu erreichen. Um den CO2-Aus-stoß der rund 570 geleasten Fahrzeuge zu sen ken, hat das Unternehmen ein Bonus-Malus-System entwickelt. Das persönliche Leasingbudget richtet sich seitdem nach der CO2-Emission. Mit Erfolg, die durchschnitt-lichen Werte sind bereits gesunken: Hatte die Flotte 2007 noch knapp 160 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer emittiert, beträgt der Flottenausstoß heute nur noch 144 Gramm CO2 – ein beachtlicher Fortschritt.

Logica denkt längst um – wovon auch andere profitieren: Die Non-Profit-Or ga-nisa tion „Carbon Disclosure Project“ (CDP) beispielsweise ernannte Logica zum ersten Gold Consultancy Partner. Damit empfiehlt das CDP Unternehmen, die sich zur Ver-besserung ihrer Umweltverträglichkeit be-raten lassen, Logicas Modell zur Optimie-rung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie. Weite-re In formationen unter: www.logica.de

BERATUNG Nachhaltigkeit braucht Green IT. Aber das allein macht kein Unternehmen nachhaltig. Ein Umdenken muss her.

Grüne Wettbewerbsvorteile

ZIEL Oliver Mark ist Consulting Director bei Logica in Deutschland. Das Unternehmen will seinen CO2-Ausstoß bis 2020 halbieren.

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weltbewusstes Management (BAUM) e.V. am 22. und 23. September 2011 in Hamburg die Pioniere der deutschen „grünen“ Wirt-schaft treffen können. Der kontinuierliche Mitgliederzuwachs beweist, dass sich die Unternehmen längst auf einen neuen Ver-braucher einstellen, der über sein Porte-monnaie Einfluss auf eine Wirtschaftswei-se nimmt. Das bestätigt auch Bundesar-beitsministerin Ursula von der Leyen: „Ich bin beeindruckt davon, wie viele Unterneh-men sich schon heute freiwillig und über das gesetzlich Geforderte hinaus engagie-ren – für ihre Angestellten, für energieeffi-zientes Wirtschaften oder das Wohl der Kom munen, in denen sie tätig sind.“ Eine bun desweite CSR-Strategie werde einen Schub für dieses wichtige Engagement aus-lösen. „Ich finde, die vielen guten Ideen und Ansätze sollen Schule machen“, sagt Bun-desministerin von der Leyen.

Positives Feedback für dieses Engage-ment kommt nicht nur vom Verbraucher. So verweist Thomas Koenen vom BDI auf die zunehmende Bedeutung von Nachhal-tigkeitsindizes, die „zur Schaffung von Trans parenz, größerer Effizienz und letzt-lich auch Akzeptanz“ beitragen. „Nachhal-tigkeitsratings stellen ähnlich wie das klas-sische Kreditrating ein Bindeglied zwischen Investoren und Unternehmen dar. Doch während Kreditratings eine etablierte Rolle im Kapitalmarkt innehaben und der Markt von einigen wenigen Anbietern beherrscht wird, ist das Nachhaltigkeitsrating ein ver-hältnismäßig junges Instrument. Der dahin-ter stehende dynamische Markt steht vor der Aufgabe, die Transparenz von Bewer-tungsprozessen zu erhöhen und den Dia log mit den Unternehmen als Bewertungssub-jekten zu verbessern“, erklärt Koenen. Zu den besonders positiven Beispielen zählt in diesem Zusammenhang der Natur-Aktien-Index (NAI). Er umfasst internationale Un-ternehmen, die dem NAI zufolge „nach be-

sonders konsequenten Maßstäben als er-folgreiche Öko-Vorreiter ausgewählt wer-den.“ Über die Zugehörigkeit entscheidet ein unabhängiger Ausschuss auf der Basis verbindlicher Kriterien. So bieten sich auch Investoren, die Wert auf nachhaltige Anla-gestrategien legen, zunehmend Orientie-rungshilfen bei der Auswahl.

Diese Entwicklung zeigt: Nachhaltigkeit ist viel mehr als ein Trend. Sie wird unsere künftige Wirtschaftswelt entscheidend prä-gen. Heute schon gilt: Nachhaltiges und er-folgreiches Wirtschaften bedingen sich ge-genseitig. Gute Börsenperformance wird sich in Zukunft nicht mehr ausschließlich an der kurzfristigen Gewinnerzielung be-messen, sondern an der vorausschauenden Integration ökologischer und sozialer Ge-sichtspunkte. Schon heute dokumentieren

immer mehr Unternehmen ihr Engagement mit einem jährlichen Nachhaltigkeitsbe-richt, in dem sie Kennzahlen und Ziele of-fen legen. Darunter finden sich längst nicht mehr nur Großkonzerne. Gerade der Mit-telstand hat die Chance längst erkannt, die Umweltschutz und soziales Engagement bieten. Denn die Wettbewerbschancen steigen, wenn man wertvolle Ressourcen schützt und damit sichert – und somit zu-gleich seine Reputation nach außen und innen erhöht. Eines dürfte klar sein: Wenn Nachhaltigkeit nicht nur der Imagepflege dient, sondern einer echten unternehmeri-schen Überzeugung entspringt, kann es ei-gentlich nur Gewinner geben.

Stefan Winter

EINSATZ„Ich bin beeindruckt, wie viele Unternehmen sich schon heute frei-willig für ihre Ange stellten und ener-gieeffizientes Wirtschaften engagie-ren“, so Ursula von der Leyen.

Das Angebot an nachhaltigen Geldanlagen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Eine Organisation, die bereits seit 35 Jahren auf diesem Gebiet aktiv ist, ist die Genossen-schaft Oikocredit. Sie verleiht das Kapital ih-rer Anleger als Darlehen an Mikrofinanz-institutionen, Genossenschaften und kleine Unternehmen und unter-stützt dadurch wirtschaft-lich aktive Menschen in Entwicklungsländern. Ei-ner davon ist Juan Mar-quez, der auf den Philip-pinen einen kleinen Be-trieb leitet. „1M Agro-Fuel“ produziert umwelt-freundliche Holzkohle,

für die keine Wälder abgeholzt werden müs-sen. „Wir nutzen Kokos schalen, die norma-lerweise im Müll landen“, erklärt Mitarbeiter José Duarte. Als Nebenerzeugnis entsteht Holzessig, der als Bio-Dünger verkauft wird. Oikocredit unterstützt das Unternehmen mit einem Kredit für eine neue Produktionsan-

lage. Privatpersonen und Ins-titutionen können ab 200 Euro in eine nachhaltige Geld anlage bei Oikocredit in-vestieren. Weitere Infos un-ter: www.oikocredit.de

Entwicklungsländer | Nachhaltige Investments zahlen sich doppelt aus

Geldanlagen für eine gerechtere Welt

ENGAGIERT José Duarte pro-duziert umweltfreundliche Holzkohle auf den Philippinen.

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M utter Erde bebt – im mehrfachen Sinne des Wortes. Verheerende Na turkatastrophen und soziale

Spannungen in Nordafrika und im Nahen Osten sind die brisanten Unruheherde des Planeten. Es ist, als wehre sich die Erde ge-gen den Raubbau, den die Menschheit treibt. Der pflegliche Umgang mit den Naturgütern des fünftgrößten Planeten unseres Sonnen-systems ist daher zwingend. All das hat ethische und finanzielle Aspekte. Ange-sichts knappen Kapitals und leerer Staats-kassen ist die private Wirtschaft gefragt, ih-ren Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Auch Privatanleger stellen sich der Aufgabe und investieren – unter verschiedenen As-pekten – in die Runderneuerung der Öko-systeme. Banken und Fondsgesellschaften entsprechen der Nachfrage mit interessan-ten Finanzprodukten. Anleger hoffen dabei auf solide Erträge.

Das Thema Nachhaltigkeit hat sich an den Finanzmärkten zum Megatrend entwickelt – und zwar weltweit. Mit Kapitalanlagen in Produkte und Dienstleistungen, die Lösungs-ansätze für die stark angeschlagenen Öko-systeme des Planeten Erde bieten, erkaufen

sich Anleger längst nicht mehr nur ein grü-nes Gewissen. Vielmehr erwirtschaften sol-che Investments auch eine solide Ren dite. Dort, wo Kapitalanleger bisher vor allem auf traditionelle Investmentkriterien wie Rendi-te, Liquidität und Sicherheit bedacht waren, wird inzwischen immer stärker auch auf ökologische, ethische und soziale Aspekte geachtet, wie Volker Weber, Vorsitzender des Vorstandes im Forum Nachhaltige Geld-anlagen, bestätigt.

Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die Weltbevölkerung von derzeit rund 6,5 Mrd. bis zum Jahr 2050 auf über 10 Mrd. steigen wird. Diese steigende Zahl von Menschen muss auch in den kommenden Dekaden mit den lebensnotwendigen Roh- und Urstoffen versorgt werden. Die Mensch-heit ist nicht nur ökologisch zum Umdenken gezwungen, sondern auch zur Bereitschaft, Kapital zu investieren. Vieles spricht dafür, dass institutionelle und private Anleger da-zu bereit sind. Dort, wo Anleger heute Zwei-fel an der Geldwertstabilität äußern und auf „reale Werte“ – also auf Substanz – setzen, sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass Mutter Erde und ihre Ökosysteme jener Sub-

stanzwert sind, der über allem steht. Die gi-gantischen ökologischen Aufgaben auf der Erde erfordern Visionen, Wissen, Bereit-schaft zum Verzicht und Kapital – aber vor allem auch die Bereitschaft zur Umsetzung der in diesem Kontext gewonnenen Er-kenntnisse. Und das weltweit.

Zu solchen nachhaltigen und ethischen Investments zählt unter anderem der riesige Bereich Cleantech. Darunter sind all jene technologischen Entwicklungen von Pro-zessen, Dienstleistungen und Produkten zu verstehen, die in irgendeiner Form zur Re-duzierung schädlicher Treibhausgas-Emissi-onen und zum Stopp der Erderwärmung beitragen. Auch technologische Entwick-lungen, die zu einem schonenderen Um-gang mit den Roh- und Urstoffen und den Naturgütern des Planeten Erde beitragen, sind unter diesem Oberbegriff zu fassen. Großes Augenmerk wird in diesem Zusam-menhang auf die Elektromobilität gelegt. Dabei geht es darum, den Faktor Energie (in diesem Fall Elektrizität) in modernen Batte-rien zu speichern, ihn als Antriebskraft für Automobile zu nutzen und auf diese Weise den bei herkömmlichen Fahrzeugen durch den Einsatz fossiler Treibstoffe schädlichen Ausstoß von CO2 (Kohlendioxid) zu vermei-den. Und last but not least wird unter dem Begriff Cleantech auch die Effizienzsteige-rung und gleichzeitige Kostenreduzierung von Ressourcen (wie Erde, Luft und Wasser) verstanden. Auch Kapitalanlagen, zum Bei-spiel in Mikrofinanzfonds, werden unter dem Aspekt Nachhaltigkeit gesehen und zu-sammengefasst, weil sie ethische, morali-sche und soziale Aspekte umfassen.

Da solche Mikrokredite in der Regel an einzelne Personen oder Mini-Unternehmen in den Schwellenländern vergeben werden, sind sie auch als ein wichtiges Element der Entwicklungspolitik einzustufen. So sehr Nachhaltigkeitsfonds und andere ökologi-sche Investmentformen auch im Blickpunkt

GELDANLAGE Der Planet Erde ist der interessanteste Substanzwert. Ökonomie und Ökologie werden nur Frieden schließen, wenn sich Investitionen sowohl unter Umwelt- als auch unter Finanzaspekten lohnen.

Verantwortlich investieren

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der Finanzwelt stehen, so deutlich muss auch gemacht werden, dass weltweit wohl noch nicht einmal fünf Prozent aller Kapi-talanlagen unter dieses Label passen. Das wiederum bedeutet: Im Bereich „ökologi-sche Kapitalanlagen“ besteht in den kom-menden Dekaden ein gigantisches Aufhol-potenzial. „Die Themen Energiewende und Nahrungsmittel-Versorgungssicherheit ma-chen die Bedeutung ökologischer Invest-ments auf Seiten der Anleger immer stärker bewusst“, sagt Nathalie Han, Fondsmanage-

rin von Craton Capital. Denn wenn die Erde und die Umwelt lebenswert bleiben sollen, müssen gigantische Beträge investiert wer-den. Die Wertpapierbörsen müssen wieder stärker ihre zuletzt stark vernachlässigte ei-gentliche Aufgabe erfüllen und sich als er-giebige Kapitalquelle für innovative Ideen und Produkte erweisen. In diesem Fall wer-den Aktien von ökologisch ausgerichteten Unternehmen und Nachhaltigkeitsfonds auch eine ideale Ergänzung für die private Altersvorsorge darstellen, da die ökologi-

sche Modernisierung des Planeten Erde eine wohl nie endende Aufgabe darstellt und auch in einigen Jahrzehnten noch interes-sante Renditen abwerfen dürfte.

Wichtig ist zudem: Investments in die Ökosysteme werden in den kommenden Jahren einen von den Politikern und der freien Wirtschaft zu selten bedachten Effekt haben. Wenn es tatsächlich gelingen sollte, die aktuellen ökologischen Überlegungen und gedanklichen Anstöße in Richtung Nachhaltigkeit in die Tat umzusetzen und

KRITERIEN Kapitalanleger achten immer stärker auf ökologi-sche, ethische und soziale Aspekte, wie Volker Weber vom Forum Nachhaltige Geldanlagen bekräftigt.

Kann man Gutes tun und dabei Geld verdie-nen? Bei der Evangelischen Kreditgenossen-schaft eG (EKK) ist das kein Widerspruch. Die EKK ist eine Genossenschaftsbank, gegrün-det von ihren Mitgliedern aus Kirche und Dia-konie. Der Grundgedanke der Genossen-schaft ist die Förderung der Mitglieder zur Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstver-antwortung. Als Kirchenbank arbeitet die EKK an einem Konzept, wie der christlich-nachhaltige Anspruch konkret in die Praxis umgesetzt werden kann. Strategische Ent-scheidungen orientieren sich dabei neben ökonomischen Faktoren auch an ökologi-schen Kriterien und sozial-ethischen Kriteri-en. Die Bank sieht sich dem kirchlichen Auf-trag und damit dem Grundprinzip der christli-chen Solidarität verpflichtet. Ziel ist ein wirk-lich verantwortungsvoller Umgang mit dem anvertrauten Geld. Das Angebot der Bank richtet sich an Menschen, die glaubwürdig nachhaltig und christlich orientiert mit ihren

Geldanlagen umgehen möchten. Dabei schließt der christliche Anspruch ökonomi-sches Denken und Handeln nicht aus. Im Vor-dergrund stehen christliche Werte wie Glaub-würdigkeit und Offenheit, Achtung vor dem Anderen und Hilfsbereitschaft, Solidität und Kompetenz. Für die EKK ist nachhaltiges Wirtschaften also kein Modetrend, sondern eine explizit strategische Ausrichtung, um zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen und ge-sellschaftlichen Entwicklung beizutragen. Um das zu gewährleisten, bietet die EKK An-legern eine Vielzahl unterschiedlicher Geld-anlagen an, die zum einen mehrere Nachhal-tigkeitskriterien erfüllen und gleichzeitig nicht gegen bestimmte Ausschlusskriterien verstoßen. Dazu zählen Verstöße gegen Ar-beits- und Menschenrechte, die Produktion von Waffen oder Unternehmen, deren Pro-dukte Tabakwaren, Alkohol oder Glücksspie-le umfassen. Diesen Ansprüchen genügen Anlageformen wie die mehrfach ausgezeich-

neten Fonds der KCD Fondsfamilie. Die Be-zeichnung „KCD“ steht dabei für Kirche, Cari-tas und Diakonie, denn diese Fonds wurden speziell für Anleger aus diesem Umfeld auf-gelegt. Informationen unter: www.ekk.de

Christliche Verantwortung als Handlungsmaxime

Mehrwert | Wie sich ethische und ökonomische Anlagekritierien vereinen lassen

ERFOLG Man erntet, was man sät: Nachhaltige Anlagekriterien und eine gute Performance sind kein Widerspruch.

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die Kapitalmärkte in diesem Zusammen-hang stärker für die Finanzierung zur Ret-tung der Ökosysteme zu nutzen, wird ein weltweites Konjunkturprogramm losgetre-ten, das seinesgleichen sucht. „Was gibt es Besseres, als Gutes für Mutter Erde zu tun und gleichzeitig daran zu verdienen“, sagt Richard L. Sandor, seit mehr als 30 Jahren Vordenker an den Finanzterminbörsen in Chicago und Gründer der Chicago Climate Exchange (CCX), der ersten Klimabörse der Welt. Sandor war auch Gründer und trei-bende Kraft bei der Entstehung der Euro-pean Climate Exchange (ECX), der weltweit erfolgreichsten Klimabörse.

Fast jede Kapitalanlagegesellschaft, die etwas auf sich hält, ist heute mit „nachhal-tig“ ausgerichteten Investmentfonds am Weltmarkt aktiv. Eine regionale Betrachtung zeigt, dass die deutschsprachigen Länder dabei eine Führungsrolle einnehmen. Nach einem Bericht des Sustainable Business Ins-titute (SBI) werden unter den Aspekten so-zial, ökologisch und ethisch im deutschspra-chigen Raum derzeit mehr als 350 Publi-kumsfonds – darunter auch Indexfonds (ETF) und Mikrofinanzfonds – mit einem in Akti-en und Anleihen investierten Kapital von fast 35 Mrd. Euro gemanagt.

Nicht nur die großen internationalen Re-searchhäuser und Indexberechner wie Stan-dard & Poors (S&P), MSCI International und Dow Jones, sondern auch einige Öko-Finanz-spezialisten wie SAM, ECPI, Sarasin oder HSBC liefern den Anlegern in aller Welt seit einigen Jahren mit Nachhaltig keits indizes wichtige Orientierung. In diesem Zusammen-hang verdient besonders der bereits seit 1997 existierende NAI (Natur-Aktien-Index) von Securvita Erwähnung, der die Aktienkurse von 30 global tätigen Unternehmen abbildet, die nach besonders konsequenten Maßstä-ben als erfolgreiche Öko-Vorreiter angese-hen werden. Schon vor geraumer Zeit hat der Mega trend Nachhaltigkeit die Bör-

ENTWICKLUNG

Volumen der Fonds2003 2005 2007 2009 Mrz 2011

5

15

25

35

50

150

250

350

Anzahl der Fonds

Volumen der Fondsin Milliarden Euro

Anzahl derFonds

Seit 2003 ist das Volumen der

nachhaltigen Publikumsfonds in

Deutschland, Österreich und der

Schweiz um das Siebenfache

gestiegen.

Quelle: Sustainable Business Institute (SBI),Herausgeber der Marktplattform www.nachhaltiges-investieren.org

Schon seit 15 Jahren unterstützt die Deut-sche Kreditbank AG (DKB) Investitionen in Erneuerbare Energien. VISAVIS ECONOMY sprach dazu mit Vorstandsmitglied Stefan Unterlandstättner.

Was hat Ihr Haus veranlasst, bei der Finan-zierung von Erneuerbaren Energien eine Vorreiterrolle einzunehmen?Wir haben dies als wichtigen Beitrag für generationenübergreifendes und nachhalti-ges Wirtschaften gesehen. Unser Haus begleitet die Kunden dauerhaft und mit Blick auf die Zukunft. So haben wir auch die Erneuerbaren Energien als enorme Chance für uns, unsere Kunden und die Gesellschaft erkannt. Mit Finanzierungen der DKB haben in den vergangenen Jahren z. B. viele Land-

wirte ihre Betriebe um Biogasanlagen erweitert, Wohnungsunternehmen in Photo-voltaikanlagen auf den Dächern ihrer Häuser investiert und die Hersteller von Anlagen und Betreiber von Wind- oder Solarparks ihre Projekte umgesetzt. Und was heißt das in Zahlen?Die DKB verfügt mit einem Kreditvolumen von fast 4 Mrd. Euro bundesweit über eines der größten Portfolios im Bereich der Erneu-erbaren Energien. Wir haben z. B. bis dato über 1.000 Wind- und ca. 700 Photovoltaik-anlagen mit einer installierten Gesamtleis-tung von 2,1 Gigawatt finanziert. Der daraus erzeugte Strom entspricht dem Jahresstrom-verbrauch von rund einer Million Vier-Perso-nen-Haushalten.Welche Entwicklungen können Sie als Finanzierer aktuell bei den Erneuerbaren Energien beobachten? Es ist eine besonders starke Nachfrage bei Windenergie- und Biogasanlagen zu ver-zeich nen. Im Bereich der Windenergie ist dies auch darauf zurückzuführen, dass jetzt mehr Klarheit in der Anwendung der rechtli-chen Rahmenbedingungen geschaffen wurde. Die Systemdienstleistungsverordnung gibt nun klar vor, welche Anforderungen die An-lagen erfüllen müssen, um eine EEG-Vergü-tung zu erhalten. Sehr großes Potenzial sehe ich bei der Vernetzung der Branchen und Marktteilnehmer – z. B. von Landwirten, die Biogasanlagen betreiben, mit potenziel-len Abnehmern wie Stadtwerken und Woh-nungsunternehmen. Diesen Ansatz verfolgen wir mit unseren Kunden schon seit einigen Jahren. Informationen: www.dkb.de

Finanzierung | Investitionen in Erneuerbare Energien

Das Potenzial ist enorm

LEISTUNG „Wir verfügen mit einem Kredit-volumen von fast 4 Mrd. Euro über eines der größten Portfolios im Bereich der Erneuer-baren Energien“, so Stefan Unterlandstättner.

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senwelt erreicht. So existieren zum Beispiel mit der European Climate Exchange (ECX) in London, der The Green Exchange in New York, der European Energy Exchange (EEX) in Leip zig und der Bluenext Ex-change in Paris zahlreiche Klimabörsen. An diesen Märkten ist zum Beispiel der Handel mit Treibhausgas-Emissionsrechten (EUA) und auch mit Treibhausgas-Emissionskredi-ten (CER) möglich. Diese CER werden von UN-Organen zum Beispiel für Wiederauf-forstungen in den Emerging Markets verge-

ben. Darüber hi naus werden an den Deriva-tebörsen Euwax in Stuttgart und Scoach in Frankfurt/Zürich unzählige „grüne Zertifi-kate“ und strukturierte ökologische Anlage-produkte gelistet.

Der Megatrend Ökologie wird an Dyna-mik gewinnen – gerade auch in der Finanz-welt. Denn einer jüngsten Umfrage zufolge planen 75 Prozent jener institutionellen In-vestoren, die bislang hier nicht engagiert sind, in den kommenden drei Jahren den Einstieg. Trotz aller Euphorie um nachhaltige

Investments sollten Anleger dem „grünen Weg“ allerdings nicht unkritisch folgen. So gilt es zum Beispiel, die Gefahr des „Green-washing“ zu beachten. Überall dort, wo bei Aktien, Anleihen, Fonds und anderen Fi-nanzinstrumenten das Label „grün“ drauf-steht, sollte auch ein entsprechend grüner, ethischer, sozialer und nachhaltiger Entste-hungsprozess dahinter stehen.

POTENZIAL„Die Energiewende macht die Bedeutung ökologischer Investments immer stärker bewusst“, sagt Nathalie Han, Managerin des Nachhaltig keits-fonds bei Craton Capital.

Udo Rettberg

Das Atomunglück in Fukushima hat das The-ma Nachhaltigkeit mit neuer Brisanz ins Be-wusstsein der Menschen gerückt. Viele möchten Umweltschutz und ethische Stan-dards fördern und achten genau auf ihre Ent-scheidungen als Konsumenten.In Deutschland gibt es ein ausgeprägtes Um-welt- und Verantwortungsbewusstsein. Seit Fukushima schalten sich besonders viele Menschen aktiv in die umwelt- und energie-politische Debatte ein, Tausende wechselten ihren Stromanbieter. Nicht verwunderlich, dass sich immer mehr Kunden auch für die Altersvorsorge Angebote wünschen, die ih-rem Bewusstsein gerecht werden. Nachhalti-ge Geldanlagen bieten hier gleich mehrere Vorzüge: Sparer können sie in ihrer Alters-vorsorge wie ein Steuerungselement einset-zen. So investieren sie langfristig in ein für sie förderungswürdiges Portfolio, das zum Beispiel Kernenergie ausschließt. Weiterer Vorteil: Die ersten Erfahrungen mit nachhal-

tigen Fonds zeigen, dass diese durchaus er-tragreich sind – ein wesentliches Kriterium moderner Altersvorsorge. Wer im Rahmen seiner Altersvorsorge nach-haltig investieren möchte, hat innerhalb der Canada Life-Fondspolicen zwei Portfolios zur Wahl. So liegen dem globalen Aktienfonds „Aktien Chance Verantwortung“ ethische Maßstäbe zugrunde. Berücksichtigt werden nur Unternehmen, die bestimmte Anforde-rungen in puncto Menschenrechte, Unter-nehmensethik sowie Umwelt erfüllen. Sonst werden sie nicht akzeptiert, wie etwa Besit-zer oder Betreiber von Atomkraftwerken und Unternehmen, die die Einhaltung der Men-schenrechte nicht gewährleisten. Katego-risch abgelehnt werden aktuell etwa Aktien von Gesellschaften, die Feuer-, Nuklearwaf-fen oder Streumunition produzieren. Einen anderen Weg verfolgt der Fonds „Aktien Chance Umwelt“: Mit dem Best-in-class-An-satz investiert er vorrangig in Unternehmen,

die innerhalb bestimmter Branchen die Krite-rien Nachhaltigkeit und Einhaltung von Um-weltstandards am besten erfüllen. Weitere Informationen unter: www.canadalife.de

Nachhaltige Fonds für die Altersvorsorge

Rente | Ethische Maßstäbe bei der Geldanlage

KRITERIENEin häufiger Kunden-wunsch: Unternehmen, die Feuer- und Nu klear-waffen oder Streumuniti-on produzieren, werden kategorisch vom Fonds „Aktien Chance Verant-wortung" in den Canada Life-Fondspolicen ausge-schlossen.

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I m Rahmen des Kyoto-Protokolls haben sich alle beteiligten Partnerstaaten ver-pflichtet, den Ausstoß klimaschädlicher

Gase im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 um fünf Prozent gegenüber 1990 zu senken. Um ihren Verpflichtungen zur Reduzierung der Emission von Treibhausgasen nachzu-kommen, haben Deutschland und die EU mit Beginn des Jahres 2005 ein neues Ins-trument für den Klimaschutz eingeführt: den Emissionshandel für das Treibhausgas CO2. Die Idee: einen marktwirtschaftlichen Anreiz zu schaffen, den CO2-Ausstoß zu verringern und dabei gleichzeitig die Ener-gieeffizienz zu erhöhen. Das Grundprinzip ist denkbar einfach: Wenn ein Unterneh-men CO2 in die Atmosphäre ausstößt, muss es das Recht dazu besitzen. Die EU-Kom-mission legt Jahr für Jahr fest, wie viel CO2 in die Atmosphäre geleitet werden darf. Das „Emissionsrecht“ wird in Form von Zertifi-katen verteilt – für jede Tonne CO2 gibt es ein Zertifikat. Hierbei gilt: Ein Unternehmen muss jährlich so viele Emissionsberechti-gungen abgeben, wie es CO2 ausgestoßen hat. Stehen einem Unternehmen nicht ge-nügend Emissionsrechte zur Verfügung,

kann es entweder seinen Ausstoß verrin-gern, indem es in klimafreundliche Tech-nologien investiert, oder aber zusätzliche Emissionsrechte dazukaufen. Die Zertifikate werden pro Periode zugeteilt und können dann am Markt gehandelt werden. Der Preis für die Zertifikate richtet sich also nach An-gebot und Nachfrage. Überzählige Emis-sionszertifikate können Gewinn bringend verkauft werden. Zuständige nationale Stel-le zur Umsetzung des Emissionshandels ist die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt. Sie kümmert sich auch um den Abgleich von tatsächlichen Emissionen mit Emissionsberechtigungen.

Dietrich Borst, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Emissionshandel und Klimaschutz (BVEK), erläutert: „In Deutsch-land nehmen rund 1.700 Anlagen teil.“ Da-runter finden sich die Betreiber von großen Energieanlagen mit einer Feuerungswär-meleistung über 20 Megawatt sowie ener-gieintensive Industrieanlagen. „Der Emissi-onshandel ist ein ‚Cap and Trade‘-System“, so Borst weiter. „Eine Emissionsobergrenze an Treibhausgasen, das so genannte Cap, wird für alle emissionshandelspflichtigen

Teilnehmer festgelegt und garantiert die Ein haltung des für die jeweilige Handels-periode festgelegten umweltpolitisch defi-nierten Minderungsziels.“ Die Obergrenze orientiert sich an der Höhe der jeweils tech-nisch besten verfügbaren Anlagen.

Nach Ansicht vieler Experten ist der Emissionshandel das effektivste Mittel, um den Klimaschutz mit marktwirtschaftlichen Methoden voranzubringen. Zwar hagelt es immer wieder Kritik. So werden der hohe bürokratische Aufwand oder der Steuerbe-trug-Skandal aus dem Jahr 2009 ins Feld ge führt. Auch von einem umweltpoliti-schen Ablasshandel ist die Rede. Dennoch: Für zahlreiche Experten wie Raik Heinzel-mann, Vorstand des Brokerhauses Advan-tag, ist der Emissionshandel sogar „der ein-zig gangbare Weg, durch ökonomische An-reize ökologisch notwendige Ziele zu errei-chen.“ Einzelstaatliche Steuern oder andere Instrumente könnten die globale Proble-matik gar nicht lösen.

Um die Bedeutung des Emissionshan-dels zu stärken, steigt die Zahl der Branchen und Unternehmen, die zur Teilnahme ver-pflichtet sind. Ab 2012 werden etwa der Luftverkehr und ab 2013 weitere emissions-intensive Industriebranchen in den Emis-sionshandel einbezogen. Gleichzeitig wird die Zuteilung von Emissionsrechten seitens der EU-Kommission in den kommenden Jah ren weiter sinken. Mit dem Übergang in die so genannte dritte Handelsperiode zwi-schen 2013 und 2020 wird also ein starker Anstieg des Handelsvolumens an den eu-ropäischen Börsen erwartet. Tatsächlich kön nen an der European Climate Exchange (ECX) in London, der The Green Exchange in New York, der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig und der Bluenext Exchan-ge in Paris Treibhausgas-Emissionsrechte over the counter (OTC) gehandelt werden. Auch an der Bayerischen Börse in Mün-chen steht mit greenmarket eine Plattform

INSTRUMENT Der Klimaschutz zählt zu den größten globalen Herausforderungen unserer Zeit. Welchen Beitrag leistet der Emissionshandel? Und wie können Unternehmen davon profitieren?

Das Geschäft mit der dreckigen Luft

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UNTERNEHMEN EMISSIONSHANDEL

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für den Handel von CO2-Emissionszertifi-katen bereit. Gehandelt werden die Zertifi-kate in Form von Wertpapieren. „Wir bie-ten den Marktteilnehmern das Level an Si-cherheit und Transparenz, wie wir das aus unserem täglichen Geschäft als Wertpa-pierbörse kennen“, erklärt Robert Ertl, Head of greenmarket. „Der börsennotierte Handel ist ein wich tiger Marktbestandteil“, ergänzt Heinzelmann. „Er gewährleistet die Trans-parenz des Marktes. Am Spotmarkt können die direkten Kassageschäfte abgewickelt

und am Terminmarkt etwa Preisschwan-kungen abgesichert werden.“ Als kritischer Kostenfaktor könnte sich indes die Ener-giewende herausstellen.

Viele Experten befürchten, dass der Ausstieg aus der Atomenergie zur Folge hätte, dass mehr Strom aus Kohlekraftwer-ken fließt. Und die gelten als wahre CO2-Monster. Dafür müssen die deutschen Energieversorger zusätzliche Emissionszer-tifikate kaufen, die sich nach Ansicht von Energieexperten verteuern dürften. Es steht

zu befürchten, dass die Versorger die anfal-lenden Kosten als Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben. Diesen Befürchtun-gen will sich Heinzelmann nicht anschlie-ßen: „Die Reduktion von Emissionen bietet die Chance, weltweit mit neuen oder ver-besserten Technologien einen steigenden Bedarf befriedigen zu können.“ Dies könne wiederum neue Arbeitsplätze schaffen.

Reinhard Krabbe

Der Emissionshandel ist das zentrale Instru-ment der Europäer, um den CO2-Ausstoß nachhaltig zu senken: Nicht durch Verbote oder Steuern, sondern mit marktwirtschaftli-cher Methodik. Wer mehr CO2 verbraucht, als er Zuteilungen bekommen hat, muss dafür Zertifikate einkaufen. Volkswirtschaftlich und klimapolitisch ist das Cap-and-Trade-Verfah-ren der richtige Weg, die Emissionen einzu-dämmen. Als noch junger Markt ist der Emis-sionshandel der Gefahr ausgesetzt, durch Sorglosigkeit auf der einen und kriminelle Energie auf der anderen Seite ausgehebelt zu werden. Deshalb muss der Emissionshan-del für die Zukunft so sicher wie nur möglich gestaltet werden.„Ein zentraler Faktor für einen transparenten und sicheren Handel ist es, ihn ausschließ-lich über Börsen abzuwickeln. Die Bayeri-sche Börse AG hat dafür mit greenmarket ei-ne eigene Warenbörse geschaffen, um ihre Expertise im Wertpapierhandel auch auf den

Emissionshandel auszudehnen“, sagt Dr. Robert Ertl, Geschäftsführer greenmarket. Weil Emissionszertifikate als Waren gelten, war der Schritt notwendig geworden, um den Termin- und Spothandel mit European Union Allowances (EUAs) und Certified Emissions Reductions (CERs) durchführen zu können. Ertl: „Um greenmarket zu einer absolut si-cheren Börse für Emissionszertifikate auszu-bauen, wurde das Setup, das Prozedere des komplexen Handelsprozesses, vollkommen auf Sicherheit ausgerichtet. Hauptkriterium ist dabei das Einschalten einer Zentralen Ge-genpartei (CCP), bei greenmarket übernimmt diesen Part die Schweizer SIX x-clear.“ Durch diese zentrale Gegenpartei besteht eine mehrfach abgesicherte Beziehung zwischen Marktteilnehmer und Börse. So werden im Handelsprozess noch General Clearing Mem-bers zwischen Marktteilnehmer und CCP ge-schaltet. In jeder Abrechnungsfrage erhöht dieser Prozess die Sicherheit und erschwert

Betrugsversuche aller Art. Weitere Infos un-ter: www.greenmarket-exchange.com

Messlatte für höchste Sicherheit

Emissionshandel | Transparenz durch Abwicklung über die Bayerische Börse

GREENMARKET Die Bayerische Börse in München hat eine eigene Warenbörse geschaffen, um ihre Expertise auf den Emissionshandel auszudehnen.

FUNKTIONSWEISE

Quelle: Deutsche Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt

Das Ziel der CO2-

Minderung ist erreicht.

Anlage A hat mit dem

Verkauf der Zertifikate

Geld verdient. Anlage B

hat sich aufwendige

Investitionen erspart.

bisherigerCO2-Ausstoß5.000 t

Start CO2-Reduktion Handel

Anlage A

Anlage B

bisherigerCO2-Ausstoß5.000 t

verfügbareZertifikate4.500 t

tatsächlicherCO2-Ausstoß4.000 t

Verkauf 500 t

Zukauf 500 tverfügbareZertifikate4.500 t

tatsächlicherCO2-Ausstoß5.000 t

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K limawandel und knapper werdende Ressourcen sowie insbesondere die seit Jahren konstant steigenden Kraft-

stoffpreise machen auch vor Flottenmana-gern deutscher Unternehmen nicht Halt. Um Kosten zu sparen und die Wettbewerbs-fähigkeit des jeweiligen Un ternehmens zu bewahren, ist ein nachhaltiges Fuhrpark-management unausweichlich. Dazu gehört etwa die Zentralisierung der Dienstwagen-verwaltung ebenso wie das Outsourcing von Serviceleistungen, der optimale Fahr-zeugeinsatz oder wirtschaftliches Fahren, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Dass neben sicherem vor allem auch um- weltbewusstes Fahren unter Fuhrparkver-antwortlichen gefragter denn je ist, zeigt die aktuelle Studie „CVO-Barometer 2011 – Trends im Fuhrparkmanagement“, für die das Meinungsforschungsinstitut csa im Auf- trag des Corporate Vehicle Observatory (CVO) mehr als 3.300 Flottenentscheider in elf EU-Ländern befragte. Der CVO ist eine unab-hängige Expertenplattform für Fachleute

im Bereich Flottenmanagement, die 2002 von dem Full-Service-Leasing-Anbieter Ar-val und seiner Muttergesellschaft BNP Pa ri-bas initiiert wurde. Gemäß der Studie kann sich etwa jeder dritte befragte Fuhrparkver-antwortliche vorstellen, bereits innerhalb der nächsten drei Jahre Elektrofahrzeuge zu nutzen. Gleichzeitig sehen über 30 Pro-zent der Befragten Potenzial für „ökologi-sche Zusatzservices“ wie etwa ein CO2-Re-porting oder eine Unterstützung bei der CO2-Optimierung der Dienstwagenrichtli-nie. Dazu passt auch die Initiative der un-abhängigen schweizerischen Beratungsge-sellschaft Haymoz Fleet Performance, den Flottenkun den von Citroën eine Analyse der Schadstoffemissionsmengen anzubie-ten und CO2-Referenzwerte zu definieren.

„Wer Umwelt und Klima weniger belas-tet, reduziert nicht nur die Mobilitätskosten, sondern kann damit auch bei Kunden und Partnern punkten und auf diese Weise kla-re Wettbewerbsvorteile generieren“, sagt Michael Müller-Görnert, Projektleiter „Grü-

ne Flotte im Betrieb“ beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Berlin. Damit ver-brauchsarme Fahrzeuge schneller in den Markt kommen, sieht Müller-Görnert spezi-ell Leasingunternehmen und große Flotten-betreiber als sogenannte Katalysatoren. Um diese Unternehmen zu mobilisieren und da-bei zu unterstützen, die Nachfrage nach sparsamen Autos zu verstärken, hat der VCD gemeinsam mit weiteren Umweltverbänden aus fünf EU-Ländern die Kampagne „Clea-ner Car Contracts“ (CCC) ins Leben gerufen.

Mit der Unterschrift unter den CCC brin-gen Leasinganbieter und Flottenbetreiber zum einen öffentlich ihren Einsatz für nachhaltige Mobilitätslösungen zum Aus-druck. Zum anderen verpflichten sie sich im Rahmen einer Absichtserklärung, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ihrer Neu-wagenflotte bis zum Jahr 2012 auf 130 be-ziehungsweise 120 Gramm pro Kilometer zu begrenzen. Gleichzeitig sollen sie ihre Kunden dafür gewinnen, dieses Ziel durch die Auswahl sparsamer Fahrzeuge zu errei-chen. Zu den ersten Unterzeichnern des CCC zählen unter anderem Leasingfirmen wie Athlon Car Lease Germany, ASL Fleet Services und LeasePlan.

Im Hinblick auf eine effiziente Fuhrpark-struktur kann es durchaus auch Sinn erge-ben, nur selten genutzte Firmenwagen ab-zuschaffen und Bedarfsspitzen durch Car-Sharing abzufedern. Neben Privatpersonen nutzen mittlerweile mehr und mehr Unter-nehmen und Behörden dieses Modell. Pro-minente Beispiele sind etwa das Statistische Bundesamt, das Umweltbundesamt, die Verwaltung der Stadt Mannheim oder die DB ProjektBau. Nach Ansicht des Bundes-verbands CarSharing ist damit eine ganze Reihe von Vorteilen verbunden. So fallen in der Regel nur Kosten an, wenn das Fahr-zeug tatsächlich genutzt wird, das Handling ist einfach, zudem besteht bei inzwischen vielen Anbietern eine hohe Flexibilität in

FUHRPARK Weniger Kraftstoff senkt nicht nur die Kosten, sondern ist auch gut für die Umwelt und damit fürs Image. Kein Wunder, dass immer mehr Unternehmen auf ein nachhaltiges Mobilitätsmanagement setzen.

Freie Fahrt für die grüne Flotte

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UNTERNEHMEN FLOTTENMANAGEMENT

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Sachen Fahrzeugauswahl. Häufig können Firmen neben speziellen Tarifen die ge-wünschten Fahrzeuge regelmäßig für be-stimmte Zeiträume reservieren oder zum Teil individuelle Car-Sharing-Stellplätze einrichten. Mittels Magnetfolie ist es sogar möglich, die Fahrzeuge mit Firmenschrift-zug und -logo auszustatten. Wenn es da-rum geht, mit nachhaltigem Fuhrparkma-nagement gezielt Kosten einzusparen, dür-fen gerade bei Unternehmen mit Außen-

dienst der Einsatz von Telematik sowie die softwaregestützte Tourenplanung keines-wegs ver gessen werden.

Überdies sollten Unternehmer wissen, dass kleine Motoren in der Regel die effizi-enteren sind. Muss es wirklich immer die Limousine mit Hubraum von drei Litern oder mehr sein? Downsizing lautet das Ge-bot der Stunde. Last but not least tragen auch so genannte Spritspartrainings dazu bei, den Kraftstoffverbrauch im Schnitt um

zehn Prozent oder mehr zu reduzieren. Das Einsparpotenzial ist nach Angaben der Lea-singgesellschaft GE Capital enorm und be-trägt allein bei deutschen Flottenkunden jährlich rund 4,9 Mio. Liter Sprit. Eine be-trächtliche Summe, die zeigt, dass die Opti-mierungspotenziale beim Fuhrpark noch lang nicht ausgereizt sind.

Matthias Gaul

VORTEILE„Wer Umwelt und Klima weniger belastet, punktet damit auch bei Kunden und Partnern“, unter-streicht VCD-Projektleiter Michael Müller-Görnert.

Bis 2012 wird die durchschnittliche Grenze für den CO2-Ausstoß aller Neuwagen in der EU bei 130 g/km liegen. Abgaben und Besteuerung verschiedener Länder werden zunehmend an den CO2-Ausstoß der Fahrzeuge geknüpft. Der klare Trend bei Fahrzeugflotten geht zu Fahrzeugen mit niedrigeren Emissionswerten und fordert die Hersteller heraus. Mit verbrauchs- und emissionsarmen Motoren sowie modernen Technologien bietet die Citroën Modell-palette ein breites Spektrum an umwelt-gerechten Pkw und Nutzfahrzeugen.

Eine CO2-Footprint- und Benchmark-Analyse kann wesentlich zur Effizienzsteigerung und Emissionsoptimierung der Flottenstruktur beitragen. Citroën begegnet gemeinsam mit Flottenkunden und in Zusammenarbeit mit Haymoz Fleet Performance, einer unabhän-gigen Beratungs-, Management- und Servicegesellschaft für internationale Flottenkunden, dieser Herausforderung.

Ab sofort bietet der Hersteller auf nationa-ler und internationaler Ebene als neuen Service eine CO2-Footprint- und Benchmark-Analyse an.

Dabei führt Haymoz als Partner von Citroën eine Datenanalyse durch und definiert darüber die CO2-Referenzwerte für die Kundenflotte. Im nächsten Schritt werden die Ergebnisse dieser Studie präsentiert und auf der Basis der aktuellen Citroën Modellpalette gemeinsam Potenziale zur Reduktion ausgelotet.

Die Haymoz CO2-Footprint- und Benchmark- Analyse beinhaltet:· CO2-Footprint des Kunden je Land und

Fahrzeugsegment· Citroën Referenzwert je Land und

Fahrzeugsegment· Citroën Referenz-Fahrzeuge je Land

und Fahrzeugsegment· Prognose des Einsparpotenzials nach

CO2-Ausstoß und Kosten über den Lebenszyklus

Mit neuem Service unterstützt Citroën CO2-Reduktion

CO2-Benchmark-Analyse für FlottenkundenAdvertorial

Unter den VISAVIS-Lesern verlost Citroën jetzt 5 Gratis CO2-Beratungen. Weitere Informationen zur CO2 Footprint undBenchmark-Analyse und zum Gewinnspielfinden Sie hier: www.citroen-footprint.de

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UNTERNEHMEN FLOTTENMANAGEMENT

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Der deutschen Wirtschaft geht es wie-der blendend. Liquidität – eine der wich-tigsten betrieblichen Größen – scheint nach dem rasanten Aufschwung nun wie-der ausreichend vorhanden zu sein. Doch das Bild trügt. Anstehende Investitionen müssen finanziert werden, Rohstoffpreise schwanken in zum Teil unkalkulierbarer Form und die Verschiebung der Welt-märkte birgt neue liquiditätsbindende Herausforderungen. Hinzu kommt, dass Bankkredite durch Basel III tendenziell knapper und teurer werden. Betriebliches Ziel sollte es daher sein, das gesamte Ma-nagement der Liquidität strategisch so auszurichten, dass künftige Schwankun-gen besser abgefedert werden können. Unternehmen, die ihr Liquiditätsmanage-ment optimieren, verbessern die Transpa-renz, senken ihre Marktrisiken und stär-ken ihre Innenfinanzierung. Das erhöht die Liquidität, verringert den Finanzierungsbedarf und veschlankt ihre Bilanz – mit ent-sprechenden Implikationen auf ihr Rating und damit auch die Konditionen ihrer Refinanzierung.

Viele Treasurer wissen, dass sie jetzt die Zeit und die Mittel hätten, das gesamte Unternehmen unter diesem Blickwinkel zu optimieren und sie wissen um die Herausforderung. Denn bei strategischem Liquiditätsmanagement sind weit mehr Bereiche betroffen, als nur die betriebliche Finanzierung. Neben dem Cash Management sind auch das Management von Working Capital, Risiken, Pensionsverpflichtungen und der Treasury-Organisation relevante Teilaspekte. Für interessierte Unternehmen richtet un-ser Haus hier spezielle Strategietage aus – das ist ein neues, sehr gefragtes Format.

Dabei befassen wir uns konkret mit den Möglichkeiten, die je-der einzelne der genannten Bereiche bietet. Im Working Capital Management geht es darum, die Kapitalbindung durch das Um-laufvermögen zu senken. Dazu gehört auch die Frage, wie Unter-nehmen mit ihren Forderungen umgehen. Eine aktuelle Umfrage unseres Hauses belegt, dass sich bereits heute viele Mittelständler einen größeren Liquiditätsspielraum durch gezieltes Working Ca-pital Management verschaffen: 59 Prozent der befragten Unter-nehmen haben ein strengeres Mahnwesen eingeführt, 45 Prozent die Lagerhaltung reduziert. Während unserer Strategietage ha-ben wir festgestellt, dass viele Unternehmen bereits genaue Re-

gelwerke und Strukturen im Treasury im-plementiert haben. Oft werden diese aller-dings im betrieblichen Alltag so gar nicht umgesetzt oder aber sie entsprechen nicht mehr den aktuellen Anforderungen an die Prozesse. Optimierungspotenzial ist in sol-chen Fällen offensichtlich. Ein weiteres Thema ist das Cash Management: Für viele global aufgestellte Unternehmen ist es wichtig, jederzeit zu wissen, in welchem Land ihnen wann welche Liquidität zu- bzw. abfließt. Dies ist gerade bei lokal rela-tiv eigenständig agierenden Töchtern eine betriebswirtschaftliche Herausforderung. Denn dort gilt es, eine Lösung zu finden, bei der nicht in einer Landesgesellschaft Li-quidität praktisch ungenutzt auf dem Kon-to liegt, während eine andere eigens Geld aufnehmen muss.

Ein sehr vielschichtiges Thema ist auch das Management von Pensionsverpflichtungen: Viele Unterneh-men unterschätzen das Risiko, das in den hohen Pensions-Rück-stellungen ihrer Bilanz liegt. Kein Unternehmen weiß sicher um die genaue demografische Entwicklung der eigenen Belegschaft oder die zukünftige Veränderung der Gehälter. So ergibt es mit-unter durchaus Sinn, diese Positionen aus der Bilanz auszuglie-dern und die Versorgungsordnung entsprechend anzupassen.

In der aktuell guten Wirtschaftslage neigen Unternehmen da-zu, das Risikomanagement zu unterschätzen. Es verdient jedoch konjunkturunabhängig eine größere Aufmerksamkeit. Oft wer-den etwa falsche Zeiträume abgesichert. Selbst die Fakturierung von Auslandsaufträgen in Euro ist nicht immer frei von Wäh-rungsrisiken: Wenn der Haupt-Wettbewerber in einem anderen Währungsraum produziert und plötzlich wechselkursbedingt günstiger anbietet. Auch die extrem volatilen Rohstoffpreise sind ein wichtiges Arbeitsfeld. Jedes Unternehmen sollte sehr genau und selbstkritisch die eigene Risikotragfähigkeit sowie mögliche Absicherungen prüfen.

Die Beispiele zeigen, wie umfassend richtig verstandenes Li-quiditätsmanagement tatsächlich ist. Es ist eine Querschnitts-funktion und eine Führungsaufgabe. Deshalb empfehlen wir, diese Aufgabe nicht allein einer Fachabteilung zu überlassen, sondern etwa den Finanzvorstand oder seinen Stellvertreter als „Senior Sponsor“ zu benennen. Dann hat Liquiditätsmanage-ment den Stellenwert, den es verdient. www.firmenkunden.db.com

FÜHRUNGSAUFGABE Zahlreiche Unternehmen managen ihre Liquidität nicht optimal.Dadurch verschenken sie ungeahnte Chancen und gehen unnötige Risiken ein.

Neue Strategien für das Liquiditätsmanagement

Dr. Cornel Wisskirchen

Mitglied der Geschäftsleitung Firmenkunden Deutschland und des Management Committee Deutschland, Deutsche Bank AG

Gastbeitrag

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K rise war gestern – Wirtschaftsauf-schwung ist heute und morgen, doch wie sieht es in der Realität aus? Re-

strukturierungen und Insolvenzen bleiben ein Thema. Die aktuelle Studie der Credit-reform über Insolvenzen in Europa zeigt, dass zwar die Anzahl in Deutschland um 2,5 Prozent gesunken ist, jedoch 32.100 Unternehmen im letzten Jahr Insolvenz an-melden mussten. Das spiegelt wider, dass der Zenit der Krise überwunden ist, doch immer noch zahlreiche kleinere, mittlere und große Firmen mit Finanzierungs- und Liquiditätsfragen kämpfen. Oft sind die in-ternen Strukturen und Abläufe suboptimal, und die Probleme häufen sich. Trotz Auf-schwung steht die Unternehmensstabilität auf wackeligen Füßen, zu dem Schluss kommt Creditreform, und das hört man auch von kritischen Stimmen im Markt. Was kann ein Unternehmer oder Eigentümer aktiv tun, um hier gegenzusteuern?

Als flankierende Maßnahme oder Lö-sung bei deutlichen Schwierigkeiten bietet es sich an, erfahrene externe Restrukturie-rer einzusetzen, die mit konkreten operati-ven Maßnahmen Firmen sanieren und nach-haltig positionieren. Seit 135 Jahren ist die

schwäbische Firma Erhard ein weltweit be-kannter Hersteller von Metallwaren, zuletzt als Automobilzulieferer für die Herstellung von Tanksystemen. Dennoch kam das Unter-nehmen 2010 in eine Überschuldungssitu-ation, so dass die 320 Mitarbeiter um ihre

Arbeitsplätze fürchteten. Der Einsatz von Christoph Deinhard, eines auf Sanierung spezialisierten Managers, ermöglichte eine Restrukturierung des Unternehmens inner-halb von vier Monaten. Deinhard gelang es, die teils zerstrittenen Parteien, bestehend aus Eigentümern, Banken, Lieferanten, Kunden und Mitarbeitervertretern, an einen Tisch zu bringen, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, Sanierungsmaßnahmen durch-zusetzen und die Schwäbisch Gmünder Fir ma an einen industriellen Firmenverbund zu veräußern, der die Zukunft für die Traditions-firma sichern konnte.

Der Einsatz externer Spezialisten für Umstrukturierungen stellt einen effizienten Weg dar, da hier operativ erfahrene Mana-ger auf Zeit die notwendigen Maßnahmen ergreifen können. Sie kennen die kritischen Ansatzpunkte, sind unabhängig und kön-nen dank ihres Know-hows die Entschei-dungen treffen und mit den Beteiligten umsetzen. Dr. Anselm Görres, geschäfts-führender Gesellschafter der ZMM Zeitma-nager München GmbH, beobachtet: „In den großen und spektakulären Sanierungs-fällen, die in der Zeitung stehen, spielen Interim-Manager nie die führenden Rollen,

ERFOLGSKURS Externe Profis sind oft die beste Lösung, um eine angeschlagene Firma zurück in die Spur zu bringen. Unternehmen sollten sich nicht scheuen, Tipps und Tricks einzukaufen.

Sanieren statt kassieren

EINSCHÄTZUNG Interim-Manager Alexander von Chabert sieht erheblichen Verbes se rungs be darf beim Berichtswesen vieler Unternehmen.

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sie treten allenfalls als punktuelle Verstär-kung ein – so arbeitet eine Interim-Mana-gerin von ZMM im Sanierungsfall Pfleide-rer mit, aber mit einem Spezialthema, nicht als CRO. Auf der anderen Seite gibt es vie-le Interim Sanierer, die fern der Öffentlich-keit ganz allein die Verantwortung für Mit-telstandssanierungen übernehmen, oft aus-gesprochen erfolgreich.“

Ohne entsprechende Strukturen lässt sich die beste Strategie nicht umsetzen. Doch wenn diese Strukturen nicht passen und die Abläufe behindern statt zu unter-stützen, wird eine Restrukturierung nötig. In manchen Firmen schon fast ein Selbst-zweck, denn regelmäßige Umstrukturierun-gen verhindern Routine, binden aber auch Kapazitäten. Doch das Festhalten an einge-fahrenen Abläufen benötigt Ressourcen und verhindert die von Kunden und vom Markt geforderte Flexibilität. Aus eigenen Kräften einen erfolgreichen Turnaround hinzulegen wird schwierig. Hier bieten sich Profis an, die mit Röntgenblick Ab läufe analysieren und konkrete Umstrukturie-rungsmaßnahmen passend zur Unterneh-menssituation umsetzen, vom Outsourcing über die Geschäftsprozessoptimierung bis hin zur Neupositionierung von Bereichen oder des gesamten Geschäftsmodells. Im-mer mit dem Ziel, das Unternehmen lang-fristig ertragreich zu positionieren, um Ar-beitsplätze zu sichern, ein marktfähiges An-gebot zu erstellen, Umsatz- und Ertragsstär-ke nachhaltig zu erhalten bzw. zu steigern. Jürgen Höfling, Partner der Theron Ma-nagement Advisors AG, setzt auf Präventi-on: „Empfehlenswert ist ein regelmäßiger Check im Unternehmen, vergleichbar mit einem Gesundheitscheck, um Risiken zu analysieren. Wenn Eigentümer an der Per-formance des Managements zu zweifeln beginnen, nicht wissen woran es liegt, wer-den wir als neutraler Dritter geholt“. Wei-tere Indikatoren sieht Höfling, wenn zum

UMFRAGEAIMP fragte Unternehmen,

warum sie Interim-Management

nicht nutzen. Die überraschende

Antwort: Gut ein Drittel der

befragten Unternehmen kennt

solche Angebote nicht.

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2011

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlich-keit hat sich der Markt für Sanierungs-dienstleistungen seit den 90er Jahren deut-lich professionalisiert und segmentiert. Sind Banken involviert, folgt dem kaum vermeid-baren Sanierungsgutachten meist der Ein-satz eines Chief Restructuring Officers (CRO). „Es ist wie bei Krankheiten oder Ope-rationen: Je ernster der Fall, desto größer die Zahl der beteiligten Mediziner“, betont Dr. Anselm Görres, Geschäftsführer der ZMM Zeitmanager München GmbH. Bei den ganz großen Fällen wie Schaeffler oder Kar-stadt seien oft mehrere große Teams im Ein-

satz. Eines für Zahlen und Finanzen, häufig aus einer der großen Prüfgesellschaften (Big Three). Ein zweites für die operativen und strategischen Themen, oft von Firmen wie Roland Berger, Alix oder Alvarez. Stün-den Transaktionen an, zum Beispiel Ver-käufe von Firmenteilen, kämen M&A-Spezia-listen ins Spiel. Görres: „Anwälte braucht es immer, mitunter gar mehrere Law Firms. Für Einzelkämpfer bleiben bei den Großfällen nur wenige Aufgaben.“Bei mittelgroßen Firmen kommt es öfter zum Einsatz von Interim Professionals, auch als CROs. Im Markt gibt es einige namhafte Sanierungsmanager. Die meisten sind aber nur Insidern bekannt. Häufig verstärken hier Interim Manager größere Teams bei Einzel-aufgaben, etwa als Interim-CFO, oder bei verwaisten operativen Bereichen und Pro-jekten. Bei kleineren Mittelständlern kom-men einzelne Interim Manager oder Sanie-rungstandems am häufigsten zum Zug. Der Kunde hat einfach nicht das Geld für große Teams. Auch hier sind regelmäßig zahlrei-che weitere Helfer aktiv – ob immer zum Nutzen des Patienten, sei dahingestellt. So gehen Sanierungen meist einige Versuche voraus, das Problem mit Beratern zu lösen. Sanierungsgutachten werden hier meist von regionalen WPs und Steuerberatern erstellt. Nicht selten arbeiten Interim CROs auch eng mit kleineren Sanierungsfirmen zusammen, die vielleicht schon am Gutachten mitge-wirkt haben oder Teilprojekte übernehmen. Eines ist klar: Für betroffene Arbeitnehmer und Firmen sind kleinere Fälle nicht weniger schmerzhaft als die großen. www.zmm.de

Zeitmanager | Vermittlung von Führungskräften im Mittelstand

Einzelkämpfer sanieren Mittelstand

SANIERUNG „Der klassische Interim Mana-ger arbeitet im Mittelstand und steht selten im Rampenlicht“, weiß Dr. Anselm Görres.

Kennen dasAngebot nicht

Wird als zuteuer angesehen

Haben keinenBedarf

Vorbehalte gegenexterne Experten

Fürchten Know-how-Abfluss

Sonstiges

2006: 43 %

Zeitraum

2010

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1614

78

31

2009

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Beispiel langjährige Mitarbeiter die Firma verlassen oder es Schwierigkeiten gibt, hoch qualifizierte Mitarbeiter zu einem ver-nünftigen Preis zu bekommen.

Warum Firmen oft erst handeln, wenn es zu spät ist? Jürgen Becker, geschäftsfüh-render Gesellschafter des Interim Internet Marktplatzes manatnet, hat engen Kunden-kontakt: „Anfragen sind erst dringend, doch dann werden Entscheidungen verschoben, Probleme ausgesessen. Man stoppt Projekte, nimmt interne Besetzungen vor, oft in dem Wissen, dass dadurch die Probleme nur ver-schoben werden und später viel schlim mer hochkommen“, betont Becker.

Die Gefahr der Wirtschaftskrise ist nicht gebannt, denn trotz Begeisterung für den Aufschwung heißt es, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und sie nicht zu wiederholen. Dr. Walter Bickel, Managing Director von Alvarez & Marsal, beobachtet

bei seinen Klienten, dass konkrete Umset-zungsberatung gefordert wird. Eines der Hauptthemen ist dabei die Beschaffung und Sicherung von Liquidität für das laufende Geschäft, ebenso aber auch, um Wachstum zu ermöglichen. Die Ergebnisse der jährli-chen Studie der Ludwig Heuse GmbH Inte-

rim-Management.de untermauern dies: 30 Prozent der Einsätze erfolgen im Krisen-, Sanierungs- und Restrukturierungsbereich, ein Rückgang um zehn Prozent gegenüber 2009. Demgegenüber zeigt die Befragung für die letzten zehn Jahre einen relativ kons-

tanten Anteil von 25 Prozent der Interim-Ma nager, die im Bereich Controlling, Fi-nanz- und Rechnungswesen arbeiten.

Der Interim-Manager Alexander von Chabert beobachtet in seinen Mandaten: „Viele mittelständische Unternehmen ha-ben noch erheblichen Verbesserungsbedarf. Sie vernachlässigen ihr internes Berichts-wesen und haben über ihren aktuellen Fi-nanzstatus hinaus wenig aussagekräftige Informationen über die wirtschaftliche La-ge des Unternehmens. Ohne Steuerung mit Kennzahlen, Transparenz bei der Profitabi-lität von bestehenden und Neu-Aufträgen und nachhaltigem Investitionscontrolling navigieren die Unternehmen im ‚Nebel‘ und befinden sich damit meist schon über längere Zeit im ‚Sinkflug‘.“ Stehen Kredit-verhandlungen mit Banken an, wird durch diese ein Rating erstellt, und das basiert auf den Ergebnissen der letzten Jahre und der

INSOLVENZFRAGEProf. Dr. Hans Haarmeyer fordert eine autonome Selbstgestaltung durch die Gläubiger ohne großen bürokratischen Aufwand.

Prävention | Strategien zur Früherkennung von Geschäftsrisiken

Die meisten Maßnahmen zur Prävention von Krisenfällen werden zu spät initiiert und schei-tern in der Umsetzung. Damit alles klappt, hat die Theron Advisory Group zwei wesentli-che Ansätze entwickelt: Zum Einen geht es bei der spezifischen Vor-bereitung darum, entlang des Ge schäfts-systems diejeni gen Szenarien zu identifizieren, die das Unter nehmen existenziell bedrohen können. Folgende Szenarien sind denkbar: Der Ausfall eines Alleinlieferanten (Seltene Erden), Insolvenz des Hauptkunden, Unter-brechung der Lieferkette durch Streik oder Wetter, politisch motivierte, überraschen de

Umfeldveränderungen wie jetzt im Rahmen des Atomausstiegs oder auch kriminelle Ak-te (vergiftete Lebensmittel, Brandstiftung).Zweitens: Krisen kommen prinzipiell unerwar-tet. Dennoch kann man sich auf sie vorberei-ten. Ein definiertes Maß an Flexibilität ist da-für unerlässlich. Daher können kurzfristig hö-here Kosten auftreten. Auf lange Sicht aber sinkt das Risiko für die Gesellschafter – das Chancen-Risiko-Verhältnis gerät ins Lot. Viele der Maßnahmen zur Erhöhung der Flexi bilität können als konkrete Maßnahmen definiert und finanziell bewertet werden: Mehr Eigen-kapital, Standby-Kreditlinien, mehrere Liefe-

ranten pro Teil, höhere Lagerreichweiten, Backup-Systeme, flexible Arbeitszeitregelun-gen. Hier das richtige Maß zu finden, bedarf sorgfältiger Analyse und Konfliktstabilität des Managements. Aber diejenigen Manager, die sich in aller Regel frühzeitig auf Krisen vorbereitet haben, sind heute noch im Amt. Und es ist wahrscheinlich, dass den damaligen Gesellschaftern ihre Unternehmen auch heute noch gehören. Mit erfahrenen Beratern und kleinen Teams unterstützt die Mana ge ment-beratung Theron Klienten bei der nachhalti-gen Verbesserung ihrer Ertragskraft. Informa-tionen unter: www.theron.com

Wenn eine handfeste Krise droht

Das komplette Interview mit GSV-Chef Hans Haarmeyer

finden Sie auf www.visavis.de/interviews

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Die Wirtschaftswelt redet derzeit nur noch von Wachstum, über Restrukturie-rung spricht kaum noch jemand, die Krise ist scheinbar ad acta gelegt. Die derzeitige Entwicklung birgt indes Gefahren: Die neue Wachstumseuphorie verleitet allzu sehr dazu, dass die alten Fehler der Ver-gangenheit, wie z. B. ein hoher Fixkosten-aufbau oder die Schaffung inflexibler Un-ternehmensstrukturen, wiederholt werden, ergänzt um das Phänomen der „Wachs-tumsfalle“. Dabei geht es um die Absiche-rung ausreichender Liquidität, um sich das geplante Wachstum überhaupt leisten zu können. Es verblüfft daher nicht, dass die Finanzierung von Wachstum heute für viele Unternehmen eine zentrale He-rausforderung darstellt.

Eine aktuelle Studie von Alvarez & Marsal Deutsch land fördert des Weiteren zutage, dass jedes vierte Unternehmen die Frage der Finanzie-rung als das größte Risiko für die Geschäftsentwicklung in die-sem Jahr ansieht. Die Spielräume der Banken sind – infolge von Basel III und den der Kreditvergabe zugrunde liegenden schlech-teren Ratings der Kunden aus 2009/2010 – zusätzlich eingeengt. Diese Rahmenbedingungen führen dazu, dass sich in der Ma-nagementberatung ein Richtungswechsel vollzieht. Strategisch denken können die Unternehmen heute vielfach selbst. Die Zei-ten, in denen der Verkauf von visionären Strategien en vogue war, sind vorbei. Viele Unternehmensberatungen stecken daher in einer Sinnkrise und benötigen neue, tragfähige Geschäftsmo-delle. Doch längst nicht alle in der Managementberatung haben die Zeichen der Zeit erkannt. Anders als früher geht die Nachfra-ge jetzt eindeutig in Richtung konkreter Umsetzungsberatung. Künftig wird sich der Schwerpunkt im Restrukturierungsge-schäft, im Rahmen der beiden Säulen operative und finanzielle Restrukturierung, inhaltlich mehr in Richtung operative Leis-tungsfähigkeit eines Unternehmens verlagern. Daher stehen mehr die Schaffung von Strukturen sowie Prozesse für profitab-les Wachstum im Fokus. Parallel geht es um die Erarbeitung ei-ner atmenden Kostenstruktur, mit der sich zwangsläufig auch neue Spielräume im Bereich der Finanzierung erschließen lassen.

Die von Unternehmenslenkern heute eingeforderten Lösungen, mit in der GuV messbaren Ergebnissen, stellen eine neue Heraus-forderung für die Managementberatung dar. Es ist ein neuer Ty-

pus von Beratung gefragt. Nicht voluminöse Konzepte mit visuell anspruchsvollen Charts sind angesagt. Vielmehr steht eine Bera-tung im Mittelpunkt, die konkrete, messbare und nachhaltige Lösungen präsentieren kann. Kleine, schlagkräftige Beratungs-teams, die als Umsetzer und Helfer agieren und denen es gelingt, Wertsteigerungspro-gramme mit den Mitarbeitern der Kunden zu entwickeln. Be ratungsteams, die in der Umsetzung selbst Hand anlegen und die verschiedenen Initia tiven im Unternehmen orchestrieren, dafür selbst Verantwortung zeichnen und sich darüber hinaus noch in den Honorarmodellen unternehmerisch am Erfolg messen lassen.

Gefragt ist daher zukünftig umso mehr eine Unternehmensberatung, die über klei-ne Teams von hochspezialisierten Mana-gern mit Füh rungserfahrung – ausgestattet

mit Indus trie- und Funktionskompetenz sowie Kapitalmarkt-Know-how – den Unternehmensentscheidern zur Seite stehen kann. Damit wird sichergestellt, dass man auf Entwicklungen je-derzeit gezielt reagieren kann. Da wir uns in einer globalen Welt befinden, muss diese Unternehmensberatung auch global liefer-fähig sein. Im Vordergrund stehen messbare Lösungen, denn nur so kann den Kunden der wichtige und viel beschworene „Value Add“ auch tatsächlich geliefert werden.

Mit dem eingeforderten Anspruch, interimistisch Vorstands- und Geschäftsführungsressorts zu übernehmen beziehungsweise als Beratungsteam an der Seite der Unternehmensentscheider die gemeinsam mit den Kunden erarbeiteten Konzepte unmittelbar im Unternehmen umzusetzen, verändert sich die Beratungsbran-che nachhaltig. Die Umsetzungserfahrung avanciert so zum ent-scheidenden Gradmesser einer erfolgreichen Beratung und be-antwortet die wichtige Frage für den Kunden, ob das Investment in den Berater rentabel und gerechtfertigt ist.

Damit einher gehen muss der klare Anspruch an den Berater, jedem Problem die entsprechende Beachtung auf Senior-Level entgegensetzen zu können und Führung zu zeigen, in dem man selbst die Ärmel hochkrempelt, um die jeweiligen Aufgaben zu erledigen. Nur so lassen sich operative wie finanzielle Ergebnisse absichern und langfristig Unternehmenswerte steigern. Mehr denn je gilt der Grundsatz: „It’s all about leadership.“ Weitere In-formationen unter: www.alvarezandmarsal.de

RICHTUNGSWECHSEL Die Zeiten, in denen der Verkauf von visionären Strategien dominier-te, sind vorbei. Heute geht die Nachfrage hin zur konkreten Umsetzungsberatung.

Messbare Lösungen sind gefragt

Dr. Walter Bickel

Geschäftsführer der Alvarez & Marsal Deutschland GmbH (A&M)

Gastbeitrag

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aktuellen finanziellen Lage. Auch wird be-urteilt, inwieweit das Unternehmen und die Unternehmensführung für die Herausfor-derungen der nächsten Jahre gerüstet sind. Hier heißt es unter anderem längerfristig ent sprechendes Controlling und Berichts-wesen anzugehen. Auch Leasing, Facto-ring, Kreditoren- und Debitorenmanage-ment bieten sich zur mittelfristigen Liqui-ditätssteuerung an. Doch ist ein Unterneh-men erst einmal in einer wirtschaftlichen Schieflage und werden Kreditlinien ge-kürzt, wird die Zeit oftmals knapp, um das Ruder herumzureißen.

Doch nicht jedes Unternehmen sucht sich entsprechende professionelle Beratung, was die Anzahl der jährlichen Insolvenzen widerspiegelt. Ziel jedes Insolvenzverfah-rens sollte es sein, bei ausreichender Mas-se eine Weiterführung des Unternehmens zu erreichen. Die Erfahrung zeigt, dass die Fortführung zu einer höheren Quote führt als die Zerschlagung. So soll auch mit dem im Entwurf vorliegenden „Gesetz zur wei-teren Erleichterung der Sanierung von Un-ternehmen“ (ESUG) die Position der Gläu-biger gestärkt werden. Befürwortet wird die Neuerung im Insolvenzrecht von Prof. Dr. Hans Haarmeyer, Vorstandsvorsit zender der Gläubigerschutzvereinigung Deutsch-land e.V., um den Gläubigern im Verfahren mehr Einfluss auf dessen Ablauf und den Verwalter auszuüben. Doch in der jetzigen Form erscheint es Haarmeyer praxisfern. Im Sinne seiner Mitglieder fordert er eine autonome Selbstgestaltung durch die Gläu-biger ohne großen bürokratischen Auf-wand. Auch Christoph Deinhard, als Inte-rim-Manager und Sanierer, seit 25 Jahren in dem Markt tätig, ist mit dem Status quo nicht glücklich. Er beobachtet, dass der Einsatz verschiedener Gutachter und Bera-ter, die von den Banken und Parteien zum Einsatz bei Unternehmen in Schieflage kommen, häufig dazu führt, dass nicht „sa-

niert, sondern eher kassiert werde“. Das Unternehmen sei zu schwach, um sich zu wehren; dabei ließen sich in einem vorin-solvenzlichen Verfahren adäquate Lösun-gen finden, wenn operative Problemlöser anstelle analysierender Gutachter schneller zum Zuge kämen.

Wer das Rad nicht neu erfinden will, sucht sich für sein Unternehmen professio-nelle Unterstützung. Eine Sanierung ohne Erfahrung zum ersten Mal zu machen, kann zu teuren irreparablen Fehlern füh-

ren. Deshalb bietet sich die Einschaltung externer Experten ein, was zahlreiche Fir-men in den letzten Jahren bereits gemacht haben. Laut der jährlichen Studie des AIMP, der Arbeitsgemeinschaft der Interim Provi-der, gibt es etwa 13.000 Interim-Manager auf dem Markt, der etwa 1,4 Mrd. Euro umfasst, Tendenz steigend, und die Insider erwarten ein jährliches Wachstum von elf Prozent. Mit 41 Prozent steht die Überbrü-ckung einer Vakanz an erster Stelle, gefolgt von 19 Prozent klassischer Projekte. Doch

FAKTOREN

Eine zügige Restrukturierung

bleibt Unternehmen wich tig,

hat aber durch die bereits

durch geführten Maßnahmen

in der Krise an Priorität

verloren.

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ManagementCommitment

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GanzheitlichesKonzept

Top

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2009

2010

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36 %

SchnelleImplementierung

Eine aktuelle Studie der Ludwig Heuse GmbH interim-management.de zum Interim-Management in Deutschland birgt manche Überraschung. Im Gespräch: Geschäftsführer Ludwig Heuse.

Herr Heuse, welches Umfrageergebnis aus ihrer aktuellen Studie zum Interim-Mana-ge ment hat Sie am meisten überrascht?Über 70 Prozent der Interim-Manager betonen, dass sich ihre Work-Life-Balance ge gen über ihrer Zeit in Fest-anstellung wesentlich ver-bessert habe. Und das trotz der Stressfaktoren im Leben eines Interim-Managers. Diese Antworten haben uns überrascht und zugleich ge-freut. Immerhin leben viele aus dem Koffer, sind rund um die Uhr im Einsatz und haben auch Leerlauf zwi-schen den Projekten. Es be-

steht also eine latente Unsicherheit, wann denn das nächste Projekt kommen wird.Womit hatten Sie denn gerechnet?Erwartet hatten wir grundsätzlich die hohe Zustimmung zur größeren Selbstbestimmtheit der Interim-Manager. Können Interim-Manager denn selbstbe-stimmter agieren als Festangestellte?Selbstverständlich. Sie müssen sich zwar

auch an die Richtlinien des Unternehmens halten. Aber ein Interim-Manager muss nicht jeden Strategiewechsel brav nachbeten, der mit ei-nem Geltungsanspruch wie die 10 Gebote von dem Berg Sinai irgendeines entfernten Headquarters herunterge-reicht wird. Infos unter: www.interim-management.de

Studie | Interim-Manager bewerten ihr Arbeitsumfeld

Mehr Lebensqualität trotz Stress

ZUSTIMMUNG Ludwig Heuse freut sich über die positiven Ergebnisse seiner Studie.

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Dauerbrenner bleiben umfassendes Change Management, Restrukturierungs- und Sa-nierungsthemen in etwa einem Viertel der Einsätze. Dirk Tesche hat eine klassische Ma- nagementkarriere bei renommierten mit-telständischen Adressen und Konzernen hinter sich und ist seit zehn Jahren als In-terim-Manager unterwegs. Er hat ver-gleichbare Situationen mehrfach für seine Kunden erfolgreich gemeistert und kann entsprechend Know-how-Transfer gewähr-leisten. „In den ersten Tagen die kritischen Themen identifizieren, im Unternehmen die Leistungsträger begeistern, mit den Kunden und Lieferanten Kontakt aufnehmen, um eine Restrukturierung umzusetzen.“ Sein letztes Mandat in Frankreich war auf neun Monate geplant, doch Tesche setzte die ver-einbarten Sanierungsziele deutlich früher um, schulte das Management und konnte das Unternehmen nach kurzer Zeit verlassen, der Eigentümer war mehr als begeistert.

Rückläufige Insolvenzzahlen, Änderun-gen im Insolvenzrecht, ein Dienstleistungs-markt, der notwendiges Know-how im Fal-le von Restrukturierungen zur Verfügung stellt – das Angebot ist vorhanden. Häufig werden interne Projekte verschoben, man hofft auf wundersame Selbstheilungs-kräfte. Doch es gehört zum professionellen Agie ren, eigenen Verbesserungsbedarf zu erkennen, diesen als Eigentümer oder Ma-nager im Unternehmen mit eigenen oder externen Ressourcen auch anzugehen und Probleme konsequent zu lösen, damit das Unternehmen nachhaltig solvent bleibt, ob vor oder nach der nächsten Krise.

Dr. Vera Bloemer

Das Fachbuch gibt einen umfassenden Einblick in die komplexen Arbeitsbereiche von Restrukturierungsexperten: Anhand von branchenspezifi schen Fallbeispielen beschrei-ben die Autoren – überwiegend Experten bei PricewaterhouseCoopers – bewährte Instru-mente für erfolgreiche Restrukturierungs- und Sanierungsprojekte.

Die Autoren zeigen nicht nur Lösungswege für Krisensituationen auf. Sie verweisen auch auf Möglichkeiten, wie Unternehmen Krisen frühzeitig erkennen und entsprechende

Vorsorgemaßnahmen treffen können. Dabei besticht der Sammelband vor allem durch die Kombination aus praktischen Erfahrungen und wissenschaftlichen Forschungsarbeiten.

Dr. Derik Evertz, Prof. Dr. Ulrich Krystek (Hrsg.):„Restrukturierung und Sanierung von Unter-nehmen – Grundlagen, Fallstudien und Instrumente für die Praxis“Schäffer-Poeschel Verlag, Oktober 2010

ISBN: 3791029614

Instrumente für die Restrukturierungspraxis

Checkliste zur Sanierung eines Unternehmens

1. Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit

2. Finanzplanung und Finanzdisposition

3. Verhandlungen mit Banken, Lieferanten und sonstigen Gläubigern 4. Vergleichsverhandlungen

5. Beantragung staatlicher Hilfen

6. Umstellung bzw. Ergänzung konventioneller Kostenrechnungssysteme zur Aufdeckung der Verlustquellen

7. Einführung der Deckungsbeitragsrechnung

8. Installation eines Controlling-Systems mit Budgetierung und Reporting 9. Überprüfung der Marketingziele, -strategien und -instrumente 10. Umstrukturierung der inhaberbezogenen Organisation und straffe Auf-

bau- und Ablauforganisation

11. Durchführung einer Gemeinkosten-Wertanalyse, insbesondere zum Ab-bau von Overhead-Kosten

12. Schließung oder Reduktion unrentabler Unternehmensbereiche 13. Entlassung und gegebenenfalls Einstellung von Mitarbeitern 14. Einführung von Leistungsprämiensystemen

15. Durchführung von ABC/XYZ-Analysen zum Abbau von Lagerbestän-den und zur Senkung der Materialkosten

16. Make-or-buy-Analysen zur Überprüfung von Fremdvergaben 17. Qualitätssicherung

18. Überprüfung und gegebenenfalls Veränderung der gesellschaftsrecht-lichen Konstruktion zusammen mit dem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer

19. Kompetenzregelungen, insbesondere bei Familienunternehmen 20. Kapitalzuführung durch die Gesellschafter

21. Einsatz eines Sanierungsberaters oder Managers auf Zeit zur Umset-zung der Sanierungsmaßnahmen

22. Einsatz eines Beirates zur Kontrolle des Sanierungsverlaufes 23. Ermittlung und Gestaltung der steuerlichen Konsequenzen von Sanie-

rungsmaßnahmen mit dem Steuerberater

24. Zuführung neuen Eigenkapitals durch Aufnahme neuer Gesellschafter 25. Vereinfachte Kapitalherabsetzung mit gleichzeitiger Kapitalerhöhung 26. Aufnahme neuer Gesellschafter nach Grundsätzen des Sanierungsprivilegs 27. Restrukturierung durch Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz 28. Verschmelzung

29. Ausgliederung oder Aufspaltung

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Quelle: Michael Harz, Heinz-Günter Hub, Eberhard Schlarb: „Sanierungs-Management, Unternehmen aus der Krise führen“

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M acht Arbeit glücklich und zufrie-den? Für die ökonomische Glücks-forschung ist der materielle Wohl-

stand kein alleiniger Indikator für das sub-jektive Wohlbefinden. Steigendes Erwerbs-einkommen führt nicht automatisch zu mehr Zufriedenheit, so ihre zentrale These. Gleichwohl, sagt etwa Professor Karlheinz Ruckriegel, der an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg Psychologische Ökonomie und Glücksforschung lehrt, Ar-beit kann und sollte glücklich machen, denn Glücklichsein sei eine Schlüssel qua-lifikation für ein gelingendes Leben. Des-halb müssten Unternehmen ein großes In-teresse an glücklichen und zufriedenen Be-schäftigten haben, weil die „motivierter, kreativer, loyaler und produktiver“ sind.

Beim Verband der Büro-, Sitz- und Ob-jektmöbel (BSO) steht die Förderung des Wohlbefindens ebenfalls auf der Agenda. Die Einsicht, dass die Gestaltung des Ar-beits platzes Einfluss auf die Leistungen und das Wohlbefinden der Mitarbeiter hat, wie der BSO postuliert, ist eine Erkenntnis, die sich inzwischen auf breiter, aber längst noch nicht auf ganzer Front durchgesetzt hat. Nachholbedarf in Sachen Gestaltung von Büro arbeitsplätzen bestände vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten, die zu sehr auf den

Unternehmenszweck fokussiert sei en und die „Chancen einer optimierten Büro welt“ oft mals verkennen. Einer ak tuellen BSO-Umfrage zufolge geht jedes vierte Un ter-neh men davon aus, dass Teile der Beleg-schaft in Büroräumen arbeiten, die sich ne-gativ auf die Produktivität auswirken. Ein Grund wohl, warum jetzt das Ministerium für Arbeit und Soziales das Deutsche Netz-werk Büro e.V. und den BC-Verlag beauf-tragt hat, Anforderungskriterien für „eine gute Arbeit im Büro“ auszuarbeiten. Kein Wunder auch, dass die Orgatec in Köln, Weltleitmesse für Office & Object, trotz al-ler Neuheiten und Trends vor allem immer wieder eins ist: eine Leistungsshow für ein „gutes Arbeitsklima“, dem sich kein Unter-nehmen entziehen sollte, wenn es die Effi-zienz des Workflows steigern will.

Doch ganz so einfach liegen die Dinge nicht. Arbeitsatmosphäre und Ambiente sind zwar notwendige, aber keine hinrei-chenden Bedingungen für Leistung und Zufriedenheit. Aufklärungsarbeit und mo-derne, ergonomisch gestaltete Arbeitsplät-ze haben in den letzten beiden Dekaden die Zahl der Muskel- und Skeletterkrankungen laut BKK-Statistik 2010 von über 30 Pro-zent auf aktuell rund 25 Prozent gesenkt. Wachsende Arbeitsintensität, Termindruck, neue Technologien, mangelnde Anerken-

nung, hohe Anforderungen an die Qualifi-kation und das Verlangen nach lebenslan-gem Lernen ließen dafür die psychischen Störungen auf einen Anteil von fast elf Pro-zent explodieren. Spielt jetzt die Seele ver-rückt? Und unter den zehn wichtigsten As-pek ten „guter Arbeit“, so die Bun desanstalt für Arbeitschutz und Arbeitsmedizin in „Ar-beitswelt im Wandel“, stehen „festes, ver-lässliches Einkommen“ sowie „Sicherheit des Arbeitsplatzes“, während erst dann der „Spaß an der Arbeit“ und die „Behandlung als Mensch“ folgen.

Die Analysen der Glücksforscher fallen differenziert aus. Ebenso vielschichtig müs-sen heute die Antworten der Büroeinrich-tungsbranche auf die Anforderungen einer sich rasant wandelnden Arbeitswelt sein, die im Spannungsfeld unterschiedlicher In-teressen und Erwartungen oszillieren. Bü-ros einzurichten scheint mittlerweile eine intellektuell höchst anspruchsvolle Aufga-be zu sein. Nicht immer stoßen dabei neue Konzepte auf die Gegenliebe der Bespieler. Galt in den 90er Jahren so manche New Work-Idee als die Zukunft schlechthin, halten heutige junge Berufseinsteiger von non-territorialen Arbeitsplätzen nicht sehr viel. Auch „Open Spaces“, offene Büro-landschaften ohne raumgliedernde Möbel, sind bei Mitarbeitern eher verpönt, wie die

ARBEITSPLATZ Relaxen wir noch oder arbeiten wir schon? Das Jobumfeld wandelt sich rasant. Und mit ihm auch die Einrichtung unserer Büros. Ergonomie und Attraktivität lautet die Devise.

Neue Glücksräume

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MÄRKTE BÜROWELTEN

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In rund 40 Jahren wird fast jeder dritte Erwerbstätige über 50 Jahre alt sein. Der Wandel der Altersstruktur geht Hand in Hand mit der Zunahme an körperlichen Einschränkungen der Menschen. Bewegt man sein Muskelkorsett während der Ar-beit zum Beispiel an nur einer einzigen Stelle falsch oder mangelhaft, gerät die-ses fein aufeinander abgestimmte System aus dem Gleichgewicht. Die Folge: Rücken- und Nackenschmerzen, brennende Augen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwä-che. Im Extremfall kommt es zu Nerven-blockaden oder Bandscheibenvorfällen. Der Markt beschäftigt sich seit langer Zeit mit dem Thema Ergonomie am Ar-beitsplatz, das vorrangig darauf abzielt, den Menschen vor Schädigungen durch die verrichtete Arbeit zu schützen. Mehr noch: Es beschreibt die gesunde Bezie-hung zwischen dem Verhalten des Men-schen und den Verhältnissen, die durch Raumgestaltung und Mobiliar gegeben sind. Denn auch der Mitarbeiter muss sich an seinem Arbeitsplatz aktiv beteili-gen, um seinen Gesundheitszustand zu verbessern. Soweit die Theorie.

Die Praxis sieht anders aus. Viele Mit-arbeiter arbeiten immer noch unter ergo-nomisch völlig falschen Gegebenheiten. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass der Arbeitsplatz an die Bedürfnisse der Person angepasst ist. Nur so können heu-te Leistungsfähigkeit und Gesundheit in Einklang gebracht werden. „Die Planung einer ergonomisch sinnvollen Einrichtung sollte unter der Führung eines professio-nellen Beraters entstehen. Dieser hat die Aufgabe, unter Berücksichtigung der ge-gebenen Faktoren vor Ort und unter Be-teiligung aller maßgeblichen Stellen im Unternehmen einen ganzheitlichen Lö-sungsansatz zu entwickeln“, erklärt Bernd Vitt, geprüfter Arbeitsplatzexperte (MBA)

und Projektleiter Bereich Arbeitsplatzsys-teme bei SSI Schäfer, Neunkirchen. Na-türlich spielen für den Mitarbeiter ange-nehme Werkstoffe, Materialien und For-men ebenso eine wichtige Rolle wie Ar-beitsorganisation, Akustik, Beleuchtung, Kommunikation und Raumklima. Doch es ist vor allem die Bewegung, die den arbeitenden Menschen vor körperlichen Einschränkungen schützt.

Die nächste Bewegung ist immer die Beste, lautet ein einfacher Lehrsatz der Ergonomie. Doch wie sieht der Alltag in unseren Büros heute aus? Er besteht fast nur aus Sitzen! Dabei wird insbesondere längeres Sitzen als bedeutender Risiko-faktor für das Entstehen von Schmerzen in den unteren Rückenpartien angesehen. Wechselnde Arbeitshaltungen unterstützen den Rücken und helfen ihm, seine natür-lichen Aufgaben besser zu meistern. „Ein ausgewogenes ergonomisches Produkt be-deutet ein Stück Freiheit zur Bewegung am Arbeitsplatz. Es passt sich den Anfor-derungen des Mitarbeiters an und ermu-

tigt ihn, unterschiedliche Haltungen ein-zunehmen“, so Vitt. Arbeitsplätze, die einen fließenden Bewegungswechsel von ste-hender zu sitzender Tätigkeit zulassen, werden in Deutschland zwar noch nicht vom Gesetzgeber gefordert, doch die Fach-leute sind sich einig: Solche Systeme beugen den Gefahren des Dauer-Sitzens und Rückenleiden vor, fördern die Kon-zentration und steigern das Wohlbefinden.

„Wir versuchen für unsere Kunden ein Umfeld zu schaffen, das einen abwechs-lungsreichen Einsatz des Körpers fördert. Dies ermöglichen etwa elektromotorisch höheneinstellbare Steh-/Sitzarbeitsplät-ze“, erklärt der Arbeitsplatzexperte. Wich-tig ist, dass den Mitarbeitern der Anreiz zur Bewegung nicht erst angeboten wird, wenn sie sich unwohl fühlen. Denn dann ist es oft zu spät. Der Haltungswechsel muss vor der Ermüdung stattfinden. Be-weglichkeit und Bequemlichkeit müssen immer in einem ausgewogenen Verhält-nis zueinanderstehen. Weitere Informa-tionen unter: www.ssi-schaefer.de

ERGONOMIE Die Gestaltung der Arbeitsumgebung steht in engem Zusammenhang mit der Leistungs-fähigkeit des Menschen. Hier schlummern ungeahnte Potenziale für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Aktive Bewegung ist alles

PRÄMISSE Der Arbeitsplatz muss an die Bedürfnisse der Mitarbeiter angepasst werden. Mit Lösungen von SSI Schäfer lassen sich Leistungsfähigkeit und Gesundheit in Einklang bringen.

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BSO-Studie zeigt, obwohl sie als besonders flexibel, kommunikationsfördernd und flächeneffizient gelten. Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen glaubt sogar, dass sich dieser Büro-Typus eher kontra-produktiv auf die Leistung auswirkt. Für Dr. Wolfgang Reising, Vorstandsvorsitzen-der der König + Neurath AG, gibt es den-noch kein Zurück mehr. Entscheidend sei das fein austarierte Wechselspiel zwischen Teamarbeit, sichtbarer Präsenz und Rück-zugsmöglichkeit. Auf der Orgatec 2010 stellte K & N ein Multifunktionszonen-Pro-gramm vor, das eine Melange aus Working Lounges, Working Bistros, Meetingpoints und Creative Areas ist und vorhandene Bü-roflächen wie die Mittelzone optimal nutzt. „Im Trend“, so Reising folgerichtig, „liegen offene Bürolandschaften mit modularen und multifunktionalen Möbeln.“

Laut Bitkom ist das Home Office weiter-hin eine echte Alternative zum Büro. Rund zwei Drittel können sich vorstellen, regel-mäßig zu Hause arbeiten. Die digitalen Evan gelisten, deren Credo stets lautete: ar-beite wann und wo du willst, entdecken wie derum den Charme des Kollektivs. „Co-working Spaces“ schießen wie Pilze aus dem Boden. Um der Einsamkeit des Home Offices zu entgehen, nutzen Existenzgrün-der, Freiberufler und Kreative, die wenig mehr brauchen als Laptop und Internetan-schluss, temporär gemeinsame Räume. Im Austausch erhofft sich die Web 2.0-Gene-ration Synergieeffekte, direktes Feedback auf Ideen und projektbezogene Zusam-menarbeit. Welt paradox! Brachte die ra-sante Ent wicklung der Informations- und Kommunikationstechnik mehr Freiheit und neue Formen der Unternehmens- und Arbeitsorganisation, entlässt die Revoluti-on jetzt ihre Kinder, die Coworking-Spaces als soziales Lagerfeuer entdecken. Es ist die (Wieder-) Entdeckung der realen Kom-munikation als Produktivkraft. Das sieht

Das Buch beschäftigt sich neben Green Building und Green IT mit arbeitsorganisatorischen Strategien. Ökologisch nachhaltige Konzepte vermitteln Ansatzpunkte, wie Unternehmen Kosten einsparen können.

D. Spath, W. Bauer, S. Rief (Hrsg.):„Green Offi ce“Gabler Verlag, August 2010, ISBN: 3834923907

Potenziale der Bürogestaltung

Vernetzung spielt am zeitgemäßen Arbeits-platz eine Schlüsselrolle. Damit müssen auch die Funktionalitäten des Büroraums in Zeiten des Networkings neu überdacht werden. Bewegungsfreiheit ist gefragt, denn immer häufiger ist der Gedankenaustausch oder die projektweise Zusammenarbeit mit Kollegen notwendig. Mit dem Multifunktionszonen-Programm „Net.Work.Place“ hat König + Neurath ein modulares Möbelsys tem entwickelt, das einfach, schnell und nach Bedarf kombiniert und erweitert werden kann. Was heute Bistro-bereich ist, kann morgen Meeting-Point und nächste Woche wieder ein normaler Arbeits-platz sein. Die Module mit ihrem durchgän-gigen Raster und ihrem einheitlichen Design-konzept gewährleisten eine hohe Flexibilität für die Planung und Gestaltung von indivi-duellen Lösungen für jeden Kunden. Sie be-rücksichtigen die Kommunikation im Unter-nehmen, organisatorische Abläufe, die Zu-sammenarbeit und psychologische Aspekte. Dabei arbeitet das Unternehmen zusammen mit Experten aus Architektur, Innenarchitek-

tur, Akustik und Lichtplanung. Denn ein Büro muss heute effizient, kommunikationsför-dernd und motivierend sein, um ein ange-nehmes Arbeiten zu ermöglichen. Mit dem neuen Multifunktionszonen-Programm „Net.Work.Place“ können die Büroflächen mit einem aufeinander abgestimmten Sitz-konzept – von puristischen Polstermöbeln bis hin zu Barhockern und Lounge Chairs – schnell und flexibel völlig neu gestaltet wer-den. Stellwände mit Stoffbespannung oder Melamin schaffen in den multifunktionalen Arbeitslandschaften optisch und akus tisch abgeschirmte Räume für eine ungestörte Arbeits atmosphäre. Der „Think Tank“ – ein kompakter Raum im Raum – eignet sich perfekt zum ungestörten Nachdenken. Lichtsegel sorgen für eine an-genehme Beleuchtung. Das Programm um-fasst zudem trendige Beimöbel. Überall ist die Integration modernster multimedialer Technologie vorgesehen. Damit schafft König + Neurath die Grundlage für eine mo-derne, flexible und inspirierende Arbeitswelt. Infos unter: www.koenig-neurath.de

Modular-Möbel | Multifunktionszonen steigern die Effizienz

Heute Büro, morgen Bistro

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Stefan Rief vom Fraunhofer-Institut für Ar-beitswirtschaft und Organisation ganz ähn-lich. Intensivierte Zusammenarbeit und ver-netz te Leistungserbringung, so Rief, „führen zu einer Renaissance des Büro raums, weil wir dort Infrastrukturen und Arbeitsbedin-gungen nutzen können, die uns in unserer Produktivität und Leistungs fähigkeit opti-mal unterstützen.“ Auch wenn es wie ein psychologisches Roll back anmutet, traditi-onelles Büro-Interieur dürf te kaum das Le-bensgefühl dieser Avantgarde widerspie-geln – weshalb das Betahaus in Berlin apo-diktisch klarstellt: „Wer te werden nicht im klassischen Büro geschaffen.“ Wo dann?

Von den geschätzten 17 oder 18 Mio. Bü ro arbeitsplätzen ist das Gros nach wie vor einem traditionellen Modell von Ar-beitsplatzgestaltung zuzurechnen, auch wenn hier Bewegung in die Sache kommt. Zudem bleibt Ergonomie das dominieren-de Thema – ob im Coworking Space oder im Büro eines Sachbearbeiters. Für SSI Schäfer wie für viele andere Unternehmen ist Ergo-nomie überhaupt das Schlüsselwort zur Er-schließung „brachliegender Kräfte“ im Büro, um die Leistungsfähigkeit des Menschen zu erhalten und berufsbedingte Krank heiten zu vermeiden. Sieht man sich die Entwick-lung der Branche 2010 an, so sind es vor allem Bürositzmöbel, die von der anziehen-den Konjunktur profitierten – nicht von un-gefähr. Sitzmöbel und Sitz-Steh-Arbeits-plätze, eins der zentralen Themen in Köln im vergangenen Jahr, gelten als Schlüssel für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz. Auf der Orgatec 2010 waren Pro dukte zu sehen, die einerseits ein Höchstmaß an Komfort bieten, anderseits zu mehr Bewegung ein-laden. Die neue Generation von Bürostüh-len ist höchst flexibel, passt sich jeder Kör-pergröße und Körperbewegung an und sie ist, der neueste Clou, sogar zu den Seiten hin beweglich. Doch die Branche macht sich auch bei Schreibtischen, Schränken,

Mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Inland arbeitet bereits am Schreibtisch und die Weiterentwicklung von der In-dustrie- zur Wissensgesellschaft wird die-sen Trend zunehmend forcieren. Folge-richtig entwickelt sich das Büro mehr und mehr zu einem entscheidenden Erfolgs-faktor. Das Licht wird unter diesem As-pekt und im Zusammenspiel der Kompo-nenten Raum, Objektausstattung, Akus-tik und Kommunikationstechnik zu einem wichtigen Gestaltungsmittel für Planer und Architekten. Optimale Beleuchtung schafft Atmosphäre. Licht wirkt emotio-nal und im Lebensraum Büro gilt es, die daraus folgenden Anforderungen an die Beleuch tung mit intelligenten Lösungen zu bewältigen. Ne ben den lichttechni-schen As pek ten ver stärkt sich besonders bei den Anwendern der Wunsch nach größtmöglicher Na türlichkeit. Welche Kriterien sind demnach anzuset-zen, um sich im Dschun gel der Lichtvaria-tionen noch zurechtzufinden? Keine leich-te Frage, denn wissen schaftlich gestützte Untersuchungen und Analysen haben ge-zeigt, dass es keine pau schalen Lösungen geben kann. Entscheidend sind die indi-viduellen Präferenzen und die Sehleis-tung des Nutzers sowie die Positionie-rung des Arbeitsplatzes im Raum und im Gebäude. Hinzu kommt die Integration der installierten Lichttechnik in das über-greifende Ge samt konzept der Büropla-nung. Um nachhaltige Lösungen zu ent-wickeln, spielen technologische Vorlie-ben keine Rolle. Vielmehr gilt es, ein Ge-samtkonzept anzubieten, das den Inter-

essen von Planern, Investoren, Betreibern und Nutzern gleichzeitig gerecht wird. Das Fraunhofer-Institut IAO bezeichnet in diesem Zusammenhang mit dem Be-griff „Green Office“ eine nachhaltige, glei-chermaßen an öko no mischen, ökologi-schen und sozialen Ziel setzungen ausge-richtete Gestaltung von Arbeits- und Bü-rokonzepten. Die Firma Waldmann stellt hierzu dem Planer modernste Leuchten in Leucht-stofflampen-, Hybrid- oder LED-Technik zur Verfügung. Energieeinsparung, Wirt-schaftlichkeit, Gesundheitsaspekte sowie die Produktivität sind die qualitativen Eck punkte von zukunftsorientierten Kon-zepten. Dazu zählen selbstverständlich auch effiziente Managementsysteme zur tageslichtabhängigen und anwesenheits-gesteuerten Regelung des Lichts am Ar-beitsplatz. Deren Einsparpotenzial wurde in einem einjährigen Energie-Monitoring bei Thyssen Krupp Real Estate in Essen mit 44 Prozent eindrucksvoll bewiesen. Der Dreiklang Leuchtstoff-, Hybrid- oder LED-Technologie wird auch mittelfristig in der Bürobeleuchtung Anwendung fin-den. Mit leistungsstarken LEDs bestückte Leuchten nähern sich zwar mehr und mehr der Effizienz von Leuchtstofflam-pen, sind aber in einer ganzheitlichen Betrachtung der Wirtschaftlichkeit noch nicht in der Lage, Leuchtstofflampen kom-plett zu ersetzen. Man darf gespannt sein, wie schnell dieser Vorsprung der kon -ven tionellen Technologie durch die Dy-namik in der LED-Entwicklung aufgeholt wird. Infos: www.waldmann.com

BELEUCHTUNG Die Ansprüche an Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit sind hoch. Neben moderner LED-Technik bleiben weitere Lichtkonzepte interessant.

Optimales Licht am Arbeitsplatz

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PRODUKTIVITÄT„Intensivierte Zusammenarbeit und vernetzte Leistungserbringung führen zu einer Renaissance des Büroraums“, glaubt Stefan Rief vom Fraunhofer-Institut.

Raumgliederungselementen, Akustik und Licht auf den Weg in Richtung kollaborati-ve Arbeitsorte und Wohl fühlambiente. Mal bieten Hersteller die „Geborgenheit einer behaglichen Höhle“ und die Möglichkeit zum „Sitzen, Liegen, Schlafen, Chillen und Loun gen“; mal werden Stühle und Hocker zu „Trainingsgeräten“ und Objekte „für al-le Fälle“; mal Raummodule zu „hybriden“ Alleskönnern; mal integrieren Konferenz-möbel die Kommunikations- und Präsen-tationstechnik – als gelte es, nicht ein Bü-ro, sondern die eigenen vier Wände einzu-richten, die nicht von Beamern, Laptops und Mikrofonen verschandelt werden dür-fen. Selbst im Bereich der Akustiklösun-gen zeigt sich die Branche inzwischen er-finderisch. Während Tische mit schalldäm-menden Oberflächen und Paravents mit reinem Schurwollfilz herkömmliche Er-wartungen erfüllen, dürften Akustikbilder, die den allgemeinen Geräuschpegel sen-ken, die Erwartungen wohl eher sprengen. So ungewöhnlich die Idee, so erfolgreich scheint sie zu sein. Sagt man jedenfalls bei neosart in Köln, einem Full-Service-Anbie-ter für Kunstkonzepte. Be druck te Akustik-elemente verbinden Form und Funktion – Kunst als doppelter Mehrwert und Corpo-rate Identity einmal im Dienste der Stille.

Auch das Thema Nachhaltigkeit ist mit-ten in der Branche angekommen. Stefan Rief spricht bereits davon, dass „die Zeit reif ist für nachhaltige Arbeits- und Büro-konzepte“ und dass „Green Offices eine lo-gische Folge von Megatrends sind“. Grü nes oder nachhaltiges Denken ist nicht mehr die Vorliebe einer Avantgarde, die man am liebsten mit der „Dachlatte“ (Holger Bör-ner) zur Strecke gebracht hätte. Green Be-havior wird laut Rief sogar zum Innovati-onstreiber in Unternehmen. Auch der BSO spricht von einem „explosionsartigen Nach-frageanstieg“ bei Büromöbeln, die Nach-haltigkeitsstandards erfüllen. Der Verband

erarbeitet derzeit im europäischen Dach-verband ein spezifisches Nachhaltigkeits-zeichen für Büromöbel. Am deutlichsten zeigt sich die Entwicklung im Leuchten-sektor. LEDs sind zum Megatrend avan-ciert. Bis zu 75 Prozent der Stromkosten können öffentliche Einrichtungen und Un-ternehmen einsparen, so die Deutsche Ener-gie-Agentur vor drei Jahren. Waldmann schaffte bei ThyssenKrupp Real Estate in Essen 44 Prozent. Es soll erst der Anfang sein. Laut B.A.U.M. haben nur 18 Prozent

der Unternehmen Verhaltensrichtlinien für Energiesparmaßnahmen oder Umweltschutz verankert. Jährlich wandern geschätzte 55 Mio. Tonerpatronen und 8 Mio. Kartuschen vorwiegend in dem Müll. Da ist noch Po-tenzial. Womöglich hebt man das heute am besten irgendwo zwischen Latte Macchia-to im Working Bistro und konzentrierter Synapsenaktivierung im Einzelbüro.

Ulrich Texter

Produktivität hängt im Büroalltag von ver-schiedenen Faktoren ab. Akustik ist hierbei ein wesentlicher, wenngleich häufig unter-schätzter Aspekt. Dabei belastet von hallen-den Räumen und Fluren weitergeleiteter Schall das Wohlgefühl und damit die Kon-zentrationsfähigkeit der Mitarbeiter. Akus-tikbilder schaffen hier Abhilfe. Mit der Ein-führung individuell gestaltbarer Akus tik-bilder, wie sie etwa von dem Kölner Kunst-ausstatter neos art angeboten werden, kommen Akustikelemente nun in der Gestalt von Kunst daher. Neben dem dekorativen Charakter lassen sie sich harmonisch in den gewünschten Gesamtauftritt eines Unterneh-mens integrieren. Individuelle Fotokunst, abstrakte Kunst oder eine auf das Corporate Design des Unternehmens abgestimmte Bild spra che lassen sich auf diese Art umset-zen. Die Akustikbilder glänzen durch einen hohen Absorptionswert, eine hohe Auflö-sung und Brandschutzzertifizierung A2 nach DIN 4102 und sorgen zuverlässig für eine Verbes se rung der Akustik. Diese Erfahrung

machte auch Peter Koken, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter des neu eröff-neten Büros von Traxys in Düsseldorf: „Das Büro hat wie verrückt gehallt. Es hörte sich an wie in einer Bahnhofshalle. Es handelt sich um ein Großraumbüro und wir telefo-nieren den ganzen Tag. Durch den Einsatz der Akustikbebilderung hat sich die Akustik dramatisch verbessert.“ www.neos-art.com

Raumklang | Akustikbilder dämmen Schall

Weniger Hall, mehr Konzentration

MEHRWERT Diese Bilder sind nicht nur deko-rativ. Sie sorgen für eine bessere Akustik und schaffen damit ein angenehmes Arbeitsklima.

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I n den letzten Tagen und Wochen rück-te das Thema IT-Security wieder ein-mal in besonderem Maße ins öffentli-

che Bewusstsein. Meldungen vom mehrfa-chen Datenklau bei Sony und von Hacker-angriffen auf zum Beispiel Lockheed und Nintendo gingen durch die Presse.

Die Gefahr von Datenattacken spiegeln sich in den Ergebnissen der aktuellen Stu-die „Datenklau – Neue Herausforderun-gen für deutsche Unternehmen“ von Ernst & Young wider. Zwar fürchten die Unter-nehmen Da ten attacken und gehen davon aus, dass die Bedrohungen in den nächs-ten Jahren weitaus größer werden. Doch sehen sie sich selbst zumeist auf der siche-ren Seite. Ca. ein Drittel von ihnen geht von einer ge ringen Bedrohung für das eigene Unternehmen aus, etwa die Hälfte fühlt sich „mä ßig“ bedroht. Der Großteil (83 Prozent) setzt auf die Wirksamkeit der eigenen prä-ventiven Maßnahmen, und dass obwohl

nur ein Drittel die Sicherheitskonzepte re-gelmäßig von externen Spezialisten prü-fen lässt. Für Dr. Stefan Heißner, Leiter der Abteilung Fraud Investigation & Dispute Services bei Ernst & Young, ist klar, dass das Thema nach wie vor unterschätzt wird. Generell gelte: „Es gibt heute keine Infor-mation mehr, an die man nicht heran-kommt. Wer das nicht grundsätzlich ak-zeptiert, wiegt sich in falscher Sicherheit.“

Ein neuralgischer Sicherheitspunkt in Unternehmen ist der E-Mail-Verkehr. Täg-lich werden derzeit weltweit rund 15 Mrd. geschäftliche E-Mails verschickt – Tendenz steigend. E-Mails sind schnell und bequem und kosten kein Porto. Doch sie haben Si-cherheitsmängel. Eines der neueren Pro-dukte für die E-Mail-Sicherheit ist Trust-Mail von der Totemo AG. Es ist skalierbar, flexibel und mit einem geringen Aufwand zu verwalten. Gleichermaßen geeignet für kleine, mittlere und große Unternehmen, un terstützt TrustMail alle gängigen E-Mail-Systeme und Verschlüsselungsstandards.

Ein Manko haben herkömmliche E-Mails aber immer noch – sie sind nicht rechts-verbindlich. Aus diesem Grund wird ein

Großteil der geschäftlichen und behördli-chen Kommunikation nach wie vor über den Postweg abgewickelt – mit all den da-mit verbundenen Nachteilen. Mit der De-Mail, deren gesetzliche Grundlage im Mai dieses Jahres in Kraft trat, soll sich das nun ändern. Sie soll für eine verbindliche, rechtssichere und verlässliche Kommuni-kation sorgen. Versand und Empfang der E-Mails sind nachweisbar, die Identität der Kommunikationspartner gesichert. Als De-Mail-Provider haben sich derzeit GMX, Web.de, die Deutsche Telekom und Menta-na vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) akkreditieren lassen. Sie müssen neben den technischen und organisatorischen Anforderungen na-türlich auch die datenschutzrechtlichen An-forderungen erfüllen. Für diese Überprü-fung ist laut De-Mail-Gesetz der Bundes-beauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) zuständig. In seinem Auftrag übernehmen sachverstän-dige Stellen für Datenschutz, zum Beispiel sogenannte Trustcenter, diese Aufgabe und stellen nach erfolgreicher Absolvierung dem Unternehmen ein Zertifikat aus.

BEDROHUNG Viele mittelständische Unternehmen gehen immer noch zu sorglos mit der Sicherheit ihrer IT-Systeme um. Eine fatale Fehleinschätzung, denn die Gefahr aus dem Netz wächst.

Schutz vor dem digitalen Feind

EINSCHÄTZUNG Für Dr. Holger Mühlbauer liegt die Zukunft der Mobile Security in Versch lüs se-lungs techniken und der Authentifizierung.

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Weitaus umfassender stellen sich die IT-Security-Aufgaben für Unified-Com-munications-Systeme (UC) dar. Hier laufen die unterschiedlichsten Medien in einer An-wendung zusammen: neben der schon er-wähnten E-Mail die Fest- und mobile Tele-fonie, Fax, Internet und die neuen sozialen Medien. Weitere Sicherheitsrisiken bringt die Einbindung mobiler Geräte in das UC-System mit sich, insbesondere dann, wenn die Mitarbeiter auch mit ihren privaten Mo-bilgeräten im Unternehmensnetz arbeiten

und auf Daten zugreifen wollen. Die Ein-richtung einer leistungsfähigen Un ter neh-mens-Firewall und eines ständig zu aktua-lisierenden Antivirensystems stellen dabei die Sicherheitsgrundpfeiler dar. Es müssen sichere Tunnel für die betriebliche Kom-munikation eingerichtet werden, das Intra-net vor unberechtigten Zugriffen geschützt werden. Ein modernes Gerätemanagement hilft, den Überblick und die Kon trolle über die eingesetzten Geräte, auch die mobilen, und Softwareversionen zu behalten. Nicht

zu vernachlässigen sind die Authentifizie-rung der Mitarbeiter und Geräte sowie die Verschlüsselung der Datenübertragung. Nur flexible, mehrfache Schutzsysteme, die sich an den aktuellen Standards orientieren, trotzdem aber an die jeweiligen Anfor de-rungen im Unternehmen angepasst wer den können, bieten hier ausreichend Sicherheit. Bei all diesen Maßnahmen darf aber auch nicht das darunter liegende Netz werk selbst vergessen werden. Nur eine einzige Sicher-heitsschwachstelle kann einem Hacker ei-

Andreas Seum, Vice President Converged Networks & Security bei Siemens Enterprise Communications (SEN), erläutert im Gespräch mehrschichtige Schutzsysteme und ihre Kos ten einsparpotenziale. SEN ist Mitglied im IT-Sicherheitsverband TeleTrusT.

Wie sicher sind Netzwerke angesichts heutiger Sicherheitsbedrohungen?Heute muss man von der Prämisse ausgehen: Kein Netzwerk ist sicher. An dieser Prämisse müssen sich auch Sicherheitsrichtlinien von Unternehmen orientieren.Welchen Herausforderungen begegnen UC-Sicherheitslösungen heute?Endbenutzer sind zunehmend mobil und arbei-ten mit einer stetig zunehmenden Anzahl von Geräten. Dadurch entstehen neue Endpunkte im Netzwerk, die möglicherweise ungetestete Technologien beinhalten. Gleichzeitig intensi-vieren sich Zusammenarbeit und die gemein-same Nutzung von Technologien in Unterneh-

men. Dadurch nimmt die Anzahl der Verbindun-gen innerhalb des Unternehmens zu, für die jeweils unterschiedliche Zugriffsregeln gelten. Dies sind die neuen Herausforderungen an die Unternehmenssicherheit, die Organisationen dazu zwingen, ihr Sicherheits konzept von ein-facher Perimeter-Sicherheit auf ein flexibles und mehrschichtiges Schutzsystem umzustellen.Wie sehen diese mehrschichtigen Schutz-systeme in der Praxis aus?Wir haben für Unified Communications meh-rere Sicherheitsservices, -anwendungen und -lösungen entwickelt, die auf die individuel-len Anforderungen abgestimmt werden. Jede Lösung dient zur Beschleunigung der Inte-gration, damit jedes Unternehmen moderne Kommunikationstechnologien nutzen kann. Konkret heißt das unter anderem: Sicherung der Kommunikationsinfrastruktur bei gleich-zeitiger Senkung der Betriebskosten, gerin-gerer Aufwand bei der Integration durch vor-konfigurierte Anwendungen und Lösungspa-

kete. Außerdem lassen sich mehrschichtige Sicher heits systeme in offenen Umgebungen mit mehreren Gerätetypen verwalten. Das Re-sultat: maximale Sicherheit bei niedrigeren Kosten – auch in der Cloud. Weitere Infos: www.siemens-enterprise.com/uc-security

Maximale Sicherheit bei niedrigen Kosten

Schutzsysteme | Netzwerke für Unified Communications (UC) sicher verwalten

BEDROHUNG „Kein Netzwerk ist sicher“, warnt IT-Spezialist Andreas Seum von Siemens Enterprise Communications.

GEFAHRBSI-Präsident Michael Han-

ge mahnt: „Unternehmen müssen sich zunehmend

mit Sabotageversuchen durch IT-gestützte Angriffe

beschäftigen.“

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nen Ausgangspunkt für Angriffe liefern. Hier ist die Durch führung regelmäßiger Netz scans zu empfehlen.

Nie aber darf man sich auf der sicheren Seite wähnen. Die Bedrohung wächst wei-ter. Besonders mobile Endgeräte öffnen Eindringlingen Tür und Tor. Waren bis vor kurzem iPhones und Android-basierte Smart phones für Viren- und Malware-Pro- grammierer noch uninteressant, geraten sie durch ihre mittlerweile massenhafte Ver- breitung immer mehr in den Angriffsfokus. Für den Ge schäfts führer des IT-Sicher-heitsverbands TeleTrusT in Deutsch land, Dr. Holger Mühlbauer, liegt die Zukunft der Mobile Security in Verschlüsselungs-techniken und der Authentifizierung. Die Möglichkeit zur Datenlöschung per Fern-zugriff gewährleis te ebenfalls einen prakti-kablen Datenschutz, betont Mühlbauer, des sen Verband mehr als 100 Mitglieder aus Industrie, Wis senschaft und Forschung so-wie öffentlichen Institutionen vertritt und zu den bekanntesten Kompetenznetzwer-ken für IT-Sicherheit zählt. Eines haben die Schlagzeilen um Sony, Nintendo und Co. klar gemacht: Der wirksame Datenschutz ist zu einem echten Wettbewerbsfaktor ge-worden. In den Unternehmen muss sich end lich eine positive Grundhaltung zum Datenschutz durchsetzen. Die Politik hilft. So bietet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik etwa mit dem IT-Grund schutz schon seit über 15 Jahren Me-thoden zur Umsetzung von IT-Sicherheit an.

BSI-Präsident Michael Hange betont, „Werkzeuge wie die BSI-Standards zum In-formationssicherheitsmanagement, die IT-Grundschutz-Kataloge, aber auch die ISO 27001-Zertifizierung lassen sich modular zu einem kompletten Sicherheitsgerüst zu-sammenfügen“. Neben der Installation der technischen Grundlagen müssen ebenso die Mitarbeiter für den Datenschutz und die dafür erforderlichen Maßnahmen sen-sibilisiert werden. Dr. Holger Mühlbauer empfiehlt die Einführung „wiederkehren-der Schulungsmaßnahmen, um eine ge-wisse Sensibilität vor allem im Umgang mit Sozialen Netzwerken zu gewährleisten.“ Es gibt zwar kein hundertprozentig si che-res Netz, man kann sich ihm aber so weit wie möglich annähern.

Brigitte Kasper

Daten sind von geschäftskritischer Be-deutung. Ihr Bestand verdoppelt sich jährlich. So liegt es auf der Hand, dass das Bedürfnis nach kontrollierten Daten-transfers stetig steigt. Noch verläuft der Austausch von betriebswirtschaftlichen Daten in den Unternehmen jedoch weit-gehend unkontrolliert. Die Anhänge in E-Mails, die immer größer werden, bil-den eine weitere Sicherheitslücke. Will man alle Zugänge für Daten absolut si-cher gestalten, wird das sehr schnell zu einer komplexen und arbeitsintensiven Angelegenheit. Daten bilden das Kerngeschäft der Schufa. In diesem Geschäftsumfeld ist die sichere und verschlüsselte Übertragung personen-bezogener und höchst sensitiver Daten ein Muss. Denn die Schufa stellt ihren rund 5.000 Vertragspartnern – dazu zählen unter anderem Banken, Sparkassen, Ver-sandhandels- und Telekommunikations-unternehmen – tagtäglich kreditrelevante Informationen bereit. Pro Tag gelangen über 250.000 Anfragen an die Schufa. Die geforderten Informationen sind Teil des Geschäftsablaufs der Partner und werden unmittelbar benötigt. Beim Datenmanagement setzt die Schufa auf die Plattform TrustDEX des Schwei-zer Software-Unternehmens Totemo. „TrustDEX ist die strategische Plattform zur Abwicklung aller File Transfers zu unseren Kernprozessen“, erklärt Ralph Trottmann, Teamleiter des Integrations-management bei der Schu fa Holding AG. „Als Dienstleister sind wir sehr stark in die Geschäftsprozesse der Kun den einge-bunden. Fehlen die bei uns angeforderten Informationen, steht der Ge schäftsablauf beim Kunden vorerst still.“ Bei der Schufa wurden die Daten vor Einführung von TrustDEX über eine Vielzahl verschiede-ner Zugangssysteme übermittelt. Das

führte zu einer komplexen und schwer zu verwalten den Systemumgebung. Um den hohen Pfle ge auf wand und eine lückenlose Nach voll zieh barkeit der Datenströme zu erreichen, hat sich die Schufa entschie-den, die Systeme zum Datenaustausch auf einer übersicht lichen Plattform zu zentrali-sie ren. Bei der Wahl von Totemo zur Kon-solidie rung der Zugangssysteme der 5.000 Part ner auf nur ein Gateway war neben den hohen Sicher heits an forderungen nicht zuletzt auch die Hoch verfügbarkeit ein ausschlaggebender Entscheidungspunkt. Schließlich läuft ein wichtiger Teil der Lei-stungserbringung und Wert schöpf ung der Schufa direkt über dieses Gate way. TrustDEX liess sich mit überschaubarem Aufwand in die bestehende Infrastruktur integrieren. Die Gesamtprojektlaufzeit inkl. Evaluierung, Projektplanung, In-stallation, Testen bis hin zur Aufschal-tung der ersten Kunden dauerte lediglich sechs Monate. Bereits nach der Einfüh-rungsphase darf das Projekt als Erfolg gewertet werden. Wie erwartet, führt die Anbindung der Partner auf TrustDEX zu vereinfachten Verwaltungsprozessen und somit auch zu den gewünschten Kosten-einsparungen. Infos: www.totemo.ch

DATEN Das Bedürfnis nach sicheren Transfers hochsensitiver In formatio nen steigt. Auf welche Datenmanagementlösungen sollten Unternehmen setzen?

Kontrollierter Austausch

VERLÄSSLICH Ralph Trottmann setzt auf TrustDEX als strategische Plattform zur Abwicklung von Datentransfers.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat im Juni das Natio-nale Cyber-Abwehrzentrum er-öffnet. Die gemeinsame Plattform des Bundesamtes für Sich er heit in der Informationstechnik (BSI) und verschiedener anderer Be-hörden ist Bestandteil der Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutsch-land, welche die Bundesregie-rung im Februar beschlossen hat. Mit dem Abwehrzentrum mit Sitz in Bonn rüsten sich Deutschlands Behörden gegen die steigende Zahl an Hackerat-tacken und Malware aus dem Internet. Es dient dem schnellen Informationsaustausch sowie der besseren Koordinierung von Schutz- und Abwehrmaßnahmen gegen IT-Sicherheitsvorfälle.

Hackerattacken

Nationale Abwehr

Kontaminierte E-Mails, Spam und Co.: Die Datenflut von Mails mit unerwünschtem In-halt wächst. Um ihrer Herr zu werden, steigt die Nachfrage nach sogenannten Managed E-Mail Security-Lösungen. Sie filtern die verdächtigen Mails heraus und gewährleis ten so kontinuierliche Sicherheit. Dies geht aus einer Umfrage des E-Mail-Sicherheitsanbie-ters eleven und des ITK-Distri-butors Actebis Peacock hervor, für die im April dieses Jahres diverse Sys temhäuser und Fach handels partner in Deutsch land befragt wurden.So gehen 88,7 Prozent der Be-fragten davon aus, dass Ma-naged E-Mail Security zum Wachstumstrend werden wird. Die Reseller machen dies an der gesteigerten Nachfrage

nach Sicherheitslösungen für E-Mail-Programme fest. Wich-tige Kriterien zur Implementie-rung von Managed-Service-Lösungen sind laut Herstellern neben dem Preis vor allem die Ausfallsicherheit sowie ein ge-ringerer Administrationsauf-wand und ein lokaler Support.Jedoch hat mit 25,4 Prozent auch ein Viertel der Befragten noch kein gesteigertes Interes-se seiner Kunden an Managed Services beobachten können. Das liegt an der Angst vor Einschränkungen im Daten-schutz (84,5 Prozent) oder vor dem Verlust der Kontrolle über die eigenen IT-Aufgaben (69 Prozent). Diese Sorge erweist sich meist als unbegründet: Schlechte Erfahrungen mit Managed Services haben bis-lang nur 3,4 Prozent gemacht.

Studie | Wachstumstrend E-Mail Security

Mit dem Innovationspreis 2010 hat der IT-Se-curity-Verband TeleTrusT das Fraunhofer-Insti-tut für offene Kommunikationssysteme ausge-zeichnet. Damit hat der Verband die Entwicklung einer Technologie zum Schutze personenbezo-gener Daten im Internet prämiert. Der Branchen-verband TeleTrusT Deutschland e.V. blieb damit einmal mehr seinem Anspruch treu, seine seit 1999 jährlich ausgelobte Auszeichnung an Ins-ti tutionen oder Unternehmen zu ver geben, die sich um die Entwicklung oder die Verbreitung zukunftsweisender IT-Sicherheitstechnologien verdient gemacht haben.Ist das Sicherheitslevel für eine Informations-technik, eine Softwarelösung oder einen Online-Service dem jeweiligen Schutzbedarf der An -wendung angepasst? Sind die Sicherheitsfunk-tionen integierter Bestandteil des Produkts und zugleich für den Anwender transparent und be-dienerfreundlich gestaltet? Und trägt die Anwen-dung zur wirtschaftlichen Stabilität des Un ter-nehmens bei? Anhand dieser Kriterien wird die unabhängige internationale Jury den Preisträ-ger bestimmen. Dabei ist auch wichtig, über den Tellerrand der IT-Branche zu schauen und den effektiven Nutzen der Technolgie auch für Wis-

senschaft, Daten- und Verbraucherschutz im Au-ge zu behalten. Unternehmen und Institu tio nen, die innovative und zugleich vertrauenswürdige IT-Sicherheitslösungen entweder für die Verwen-dung in Wirtschaft und Verwaltung entwickelt haben oder aber selbst zukunftsweisende Lösun-gen nutzen, können sich noch bis zum 15. Sep-tember für die begehrte Auszeichung be werben. Der oder die Gewinner werden dann im Novem-ber auf der IT-Sicherheitskonferenz „Informa-tion Security Solutions Europe“ prämiert.

Preisgekrönte IT-Sicherheit

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VISAVIS ECONOMY 03/11

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