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VISIER-Special 72 Leseprobe

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Euro € 9,50Schweiz CHF 14,80Österreich: € 10,40Niederlande: € 11,20Luxemburg: € 11,20Belgien: € 11,20

■ Infanteriegewehre & MGs■ Grabendolche & improvisierte Waffen■ Uniformen & Ausrüstung

■ Infanteriegewehre & MGs■ Grabendolche & improvisierte Waffen■ Uniformen & Ausrüstung

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Internationale AuktionenAlte Waffen ✦ Orden ✦ Militärische und Geschichtliche Objekte

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Page 3: VISIER-Special 72 Leseprobe

V ISIER.de | 3

INTRO

VISIER | SPECIAL 72-2014

IMPRESSUM

VISIER - DAS INTERNATIONALE WAFFEN-MAGAZINVERLAGS-/REDAKTIONSANSCHRIFT: WIPSCH 1, 56130 BAD EMSE-MAIL-ADRESSE: [email protected]: 02603-5060-0, FAX: 5060 -100INTERNET: WWW.VISIER.DE

VERLEGER: Peter Grieder

GESCHÄFTSFÜHRER: Dr. Christian Müller, Dirk Schönfeld

CHEFREDAKTEUR: Matthias S. Recktenwald (MSR), verantwortlich gemäß rheinland-pfälzischem Pressegesetz

STELLVERTETENDER CHEFREDAKTEUR: Andreas Wilhelmus (AW)

REDAKTION: Andreas Skrobanek (AS), Thomas Quirin (TQ),Claudia Mullins (CM), Redaktionsassistenz, Durchwahl -201

FREIE AUTOREN DIESER AUSGABE: Dr. Frank Buchholz (FB), Stephan Rudloff (SR)

LAYOUT & PRODUKTION: Fernando Monasterio (E-Mail: mongra�[email protected]), Marianne Lawen, Thomas Jason Wieger

ANZEIGENVERKAUF: Leitung Karola Göth (02603/5060-106), E-Mail: [email protected]

ANZEIGENABWICKLUNG: Hildburg Wagener-Schipp (02603/5060-105, Fax: -107),E-Mail: [email protected]

ANZEIGENSATZ: Sapro GmbH, Gutenacker

TECHNISCHE HERSTELLUNG: VS Medien GmbH

DRUCK: ADV-Augsburger Druck- und Verlagshaus GmbH, D-86167 Augsburg, Tel.: 0821/7904-251

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 18 

LESERSERVICE: VS Medien GmbH, Wipsch 1, D-56130 Bad Ems, Telefon: 02603/5060-101 oder -102, Fax: 02603/5060-103, E-Mail: [email protected]

LESERSERVICE SCHWEIZ: VS Medien GmbH, Wipsch 1, D-56130 Bad Ems, Telefon: +4144 586 97 94,Fax: +49 2603/50 60-103, E-Mail: [email protected]

VERTRIEB ZUM HANDEL: VU Verlagsunion KG, Zeitschriftenvertrieb, Postfach 57 07, D-65047 Wiesbaden.

VISIER erscheint monatlich jeweils am letzten Mittwoch des Vormonats. Preis des Einzelheftes: 5,50 Euro inkl. 7 % MwSt.

VISIER-SPECIAL erscheint viermal im Jahr. Der Preis des Einzelheftes: 9,50 Euro inkl. 7 % MwSt. Im Festbezug: 9,50 Euro bei kostenfreier Anlieferung.ISBN: 978-3-944196-07-7, ISSN: 0948-0528

BANKVERBINDUNG: (im Ausland kein Bankeinzug möglich).Commerzbank AG, Koblenz, BLZ 570 800 70, Konto 06 036 284 00. IBAN DE 61 5708 0070 0603 6284 00, BIC DRESDEFF570

Bei Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages infolge Störungen des Arbeitsfriedens bestehen keine Ansprüche gegen den Verlag.

Copyright VS Medien GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Für unverlangt eingesandte Text- und Bildbeiträge wird keine Haftung übernommen. Mit Überlassung des Manuskriptes überträgt der Autor (Bild/Text) dem Verlag das Recht der urheberrechtlichen Nutzung.

ERSCHEINUNGSTERMIN: März 2014

TITELFOTOS: Dr. David Th. Schiller, VISIER-Archiv

Technik schreibt Geschichte

Als vor 100 Jahren der Ers-te Weltkrieg begann, en-dete damit die „Belle

Époque“ – jedenfalls erschie-nen vielen Zeitgenossen die letzten drei Dekaden vor 1914 als „schöne Epoche“. Selbst Ar-beiterfamilien in den dunklen Mietskasernen der Großstädte und ein Teil der armen Landbe-völkerung mochten diese ro-mantisierende Sichtweise auf die letzten Friedensjahre tei-len. Denn zwischen 1914 und 1918 wurde der Krieg noch grausamer als er je zuvor gewe-sen war. Warum in dieser Zeit Millionen Soldaten starben, lässt sich nur verstehen, wenn man einen Blick auf die damali-gen Waffen und ihre Wirkungen wirft. Darum geht es in diesem Heft. Die Autoren mussten sich dabei auf repräsentative Mo-delle und Ausrüstungsstücke des einfachen Soldaten einiger wichtiger Nationen beschrän-ken – und dabei vor allem auf Repetiergewehre, Maschinen-gewehre, Pistolen und Revol-ver, Grabendolche und improvi-

sierte Waffen. Die Literatur dazu füllt ganze Bibliotheken. Wer sich in das Thema weiter vertiefen will, kommt um Fach-bücher nicht herum. Dieses Special soll kein technisches Detailwissen vermitteln, es hat eine andere Aufgabe: Es soll vor allem Einsteigern einen lesens-werten Überblick über die Waf-fen des Ersten Weltkrieges ge-ben. Denn der „Great War“ zog am Ende nicht nur viele europä-ische Monarchien in den Unter-gang und brachte politische Umwälzungen, die bis zum heu-tigen Tag nachwirken. Die Jahre 1914 bis 1918 stehen auch für eine militärische Zeitenwende. Und für den großen Irrtum von Politikern und Generälen, die 1914 noch immer meinten, der Soldat könne mit gefälltem Ba-jonett im Sturmangriff eine Schlacht entscheiden. Schwere Artilleriegeschütze, Maschi-nengewehre, Flugzeuge, Tanks und Giftgas schrieben eine an-dere Geschichte – die eines in-dustriealisierten Krieges mit Millionenheeren.

Thomas QuirinAndreas Skrobanek

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INHALT

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Kurzinformationen

• Mobilmachungen& S.10 Kriegserklärungen

• DasMaxim-MG S.27

• Flugzeug-Maschinengewehre S.30

• Tanks–Panzer S.66

• DieOktoberrevolution S.81

• Undsonst?–AndereUS-Waffen S.91

• PatenteundDollars S.93

• MesseroderDolch? S.97

• Na,Keule? S.101

• DerleiseTod S.102

• Sturmtruppen S.104

• Danksagung S.108

• DerTrenchcoat S.109

• LesenswerteLiteratur S.111

• Museen S.113

• ÜberschwereArtillerie S.114

Pour la RépubliqueBuntuniformiertwieanno1870/71tratendieFranzosen1914zumKampfan.WasblutigeSchlachtenandieserunzeitgemäßenFarbwahländerten,lesenSieabSeite44.

Tödlicher AutomatismusKaumeinanderesGeräuschbeherrschtedieSchlachtfeldersosehrwiedasTackernderMaschinengewehre.AbSeite24lesenSie,welcheKonstruktionendieGräbendominierten.

Rule Britannia ...1914wardasbritischeHeerdiemodernsteundprofessionellsteTruppeEuropas.WieesdazukamundwomitdieSoldatendesEmpirekämpften,lesenSieabSeite54.

Stählerne Giganten: TanksGroßbritannienmachteesmitdemMarkIvor:WerdieFrontliniendurchbrechenwollte,brauchtePanzerung.MehrüberdieWKI-UngeheuergibtsabSeite66.

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INHALT

Einführung

Welt in Flammen 6WodurchderErsteWeltkriegbegannundwelcheFolgenerfürdieEntwicklungderWaffentechnikhatte.

Waffenübersicht

Grundbegriffe 20Zylinderverschluss,MittelschaftmagazinundKadenz.HierdiewichtigstenGrund-begriffezudenWaffendesI.Weltkrieges

Maschinengewehre

Tödlicher Automatismus 24WarumdasMaschinengewehrfürdasFestfressenderFrontensorgteundwiesichdieWaffenderNationenunterschieden.

Deutschland

Des Kaisers Soldaten 34PräziseMauser-GewehreundlegendärePistolen:DieTruppendesdeutschenKaiserreiches.

Frankreich

Pour la République 44DerFeindimeigenenLandundeineveralteteAusrüstungzwangenFrankreichsFührungzumUmdenken.

England und das Empire

Rule Britannia ... 54Klein,aberoho:DieTruppendesEmpirekämpftenmitmodernerAusrüstungvonderWestfrontbisMesopotamien.

Dankeschön!Ein jedes Special ist für die beteiligten Redakteure eine echte Mammutaufgabe

– ohne die Hilfe vieler Hände kaum zu stemmen. Viel Unterstützung für das vor-

liegende Heft kam von Dr. Frank Buchholz; er lieferte Bilder, schrieb das Einfüh-

rungskapitel sowie die Beiträge über Tanks, Gaskrieg, Sturmtruppen und über-

schwere Artillerie. Ein weiterer unverzichtbarer Helfer war Stephan Rudloff. Er

versorgte die VISIER-Redaktion mit einer umfangreichen Übersicht über die

Handfeuerwaffen. Und der österreichische Militaria Verlag (www.militaria.at)

unterstützte die Redaktion großzügigst mit einem Riesen-Fundus an Literatur

und Bildern. Ihnen und allen weiteren Helfern ein herzliches Dankeschön!

Österreich-Ungarn

Kaiserlich und Königlich 68DieTruppendesVielvölkerstaateskämpftenmiteinemMaterialmixauseinheimischenunddeutschenWaffen.

Russisches Zarenreich

Für Glauben, Zar 74 und Vaterland EinSammelsuriumanWaffenundKalibernmachtenausderriesigenArmeeRusslandseinenrelativ„zahnlosenBären“.

Vereinigte Staaten von Amerika

Aus der Neuen Welt 82GewehreausEnglandunddenUSA,britischeHelmeundfranzösischeFlug-zeuge:HierkommendieDoughboys.

Grabendolche & improvisierte Waffen

Zum Hauen und Stechen 94AngeschliffeneStacheldrahtpfosten,StoßdolcheundGrabenkeulenbrachtendasMittelalterindenGrabenkrieg.

Anhang & Adressen

Letzter Marsch 106AdressenvonHändlern,HerstellernundMuseenmitWKI-Bezug.

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Page 6: VISIER-Special 72 Leseprobe

Welt in FlammenEINFÜHRUNG

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Page 7: VISIER-Special 72 Leseprobe

Für die Bewohner des ostbelgischen Dorfes Hombourg begann der Erste Weltkrieg am Dienstagmorgen des

4. August 1914 kurz nach neun Uhr mit einer Szene, wie sie auch in vorherigen Kriegen typisch war: mit dem Hufschlag deutscher Kavalleriepferde. Doch wenige Wochen spä-ter stellte sich heraus, dass mit dem Über-fall auf das neutrale Belgien ein neues Zeitalter in der Kriegsführung begonnen hatte. Neuartige Waffentechniken in den Händen von Millionen Soldaten warfen alle Pläne für schnelle Siege über den Haufen.

Pläne und Gegenpläne: Die französi-sche Kriegsplanung beruhte auf dem Plan XVII, einer schnellen Offensive aus der französischen Festungsfront zwischen Verdun und Belfort heraus und nach El-sass-Lothringen hinein mit dem Ziel, die Gebiete zurückzugewinnen, die Frank-reich im Krieg von 1870/71 an Deutsch-land verloren hatte. Frankreichs Verbün-deter Russland sollte gleichzeitig aus dem Osten angreifen und Deutschland in einen tödlichen Zweifrontenkrieg verwickeln. Die relativ kleine britische Berufsarmee sollte als „British Expeditionary Force“ (BEF) an der Seite der Franzosen kämpfen. Und der – den deutschen Seestreitkräften hoch überlegenen – britischen Flotte kam die Aufgabe zu, die Nordsee abzuriegeln und Deutschland von sämtlichen Liefe-rungen abzuschneiden.

Auf der deutschen Seite basierte die Kriegsplanung auf dem „Schlieffenplan“. Dieses Angriffskonzept versuchte das Pro-blem des Zweifrontenkriegs zwischen Frankreich und Russland dadurch zu lösen,

Welt in Flammendass sieben deutsche Armeen Frankreich binnen sechs Wochen besiegen. Die achte Armee sollte derweil in Ostpreußen hinhal-tenden Widerstand gegen die erwartete langsame, aber gefährliche „russische Dampfwalze“ leisten. Sobald Frankreich besiegt war, würde man dann die Armeen von der Westfront mit der Eisenbahn nach Osten verlegen und gemeinsam mit dem österreichischen Verbündeten die russi-schen Armeen schlagen. Dieser Plan war höchst riskant. Er setzte die vollständige Vernichtung der französischen Armeen in einem Blitzfeldzug voraus. Der deutsche Generalstab wusste, dass das Vorhaben nicht gelingen konnte, wenn die deutschen Armeen sich frontal durch die französische Festungsfront entlang der Maas und der Mosel westlich der deutschen Grenze kämpfen müssen. Der Plan konnte nur funktionieren, wenn die deutschen Kräfte die französische Festungsfront umgingen, wie eine große Drehtür mit dem Scharnier in der deutschen Festung Metz in Lothrin-gen nördlich durch Belgien und Frankreich und um Paris herum schwingen und die französischen Armeen von Norden kom-mend vernichten. Für beide Seiten waren deshalb eine überraschende Mobilma-chung und ein schneller Aufmarsch ent-scheidend. Politik und Diplomatie besaßen so kaum eine Chance, den Kriegsausbruch noch in letzter Sekunde zu verhindern.

Der Flaschenhals: Der Schlieffenplan erforderte die Verletzung der belgischen Neutralität, um von Norden aus nach Frankreich eindringen zu können. Um nicht auch noch die Niederlande beset-zen zu müssen und sich dadurch einen

EINFÜHRUNG

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Tödlicher Au tomatismusTödlicher Au tomatismusTödlicher Au tomatismusTödlicher Au tomatismusTödlicher Au tomatismusTödlicher Au tomatismusMASCHINENGEWEHRE

VISIER | SPECIAL 72-201424 | V ISIER.de

In Willy Plancks Gemälde verteidigt deutsche Infanterie ihren Graben vor anstürmenden Engländern. Neben den fl iegenden Handgranaten dient vor allem das MG 08 als Angelpunkt der Verteidigung.

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Ein Maschinengewehr kläfft, wird aber durch eine Handgranate erledigt. Im-merhin haben die paar Sekunden für

fünf Bauchschüsse bei uns ausgereicht. Kat schlägt einem der unverwundet gebliebe-nen Maschinengewehrschützen mit dem Kolben das Gesicht zu Brei. Die anderen er-stechen wir, ehe sie ihre Handgranaten her-aushaben. Dann saufen wir durstig das Kühlwasser aus.“ Dieses Zitat aus Erich Ma-ria Remarques berühmtem Roman „Im Westen nichts Neues“ beschreibt zwar „nur“ eine ganz alltägliche Szene im Ge-metzel der Westfront. Aber in diesen we-nigen Zeilen treten schon Bedeutung und Dominanz des Maschinengewehrs (kurz: MG, Plural: MGs), aber auch die Ressenti-ments der Soldaten gegenüber gegneri-schen MG-Besatzungen zutage. Nach dem Krieg zeigten Studien, dass die Artillerie fraglos einen Großteil der Verwundungen verursachte. Aber die meisten Bauch-, Be-cken-, und Hodenschüsse stammten aus den Läufen der MGs, die pro Minute bis zu

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MASCHINENGEWEHRE

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Ein britisches Vickers Mk. I in späterer Ausführung mit glattem Laufmantel in Feuerstellung. Durch das stabile Dreibein Mk. IV konnte der Schütze das MG fast ruckelfrei schießen.

1916: Britische Aufklärer auf ihren Maschinen. Die Vickers-MGs befi nden sich auf dem Beiwagen. Auf den Köpfen der Männer sitzen ein paar Souvenirs von der „anderen Feldpostnummer“.

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Des Kaisers SoldatenDes Kaisers SoldatenDes Kaisers SoldatenManchmal genügt ein Blick auf

die Uniform und die Ausrüs-tung, um eine militärische Zei-

tenwende zu erkennen. Ihre bunten Uniformen hatten die deutschen Sol-daten und Of� ziere schon 1907 gegen solche mit möglichst unauffälligen Farben getauscht. Für das im Heer ab 1914 überwiegend verwendete Feld-grau (sogenannte Jäger trugen dage-gen Graugrün) gab es Gründe: Zunächst waren das die modernen Repetier-gewehre, mit denen gute Schützen Gegner auf mehrere hundert Meter treffen konnten, also eine hohe effektive Reichweite erzielten. Und das auch noch in im Vergleich zur bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts andauernden Vorderladerära in relativ schneller Feuerfolge. Denn die neuen Gewehre waren Hinterlader, die in ei-nem Magazin gleich mehrere Patronen aufnahmen und sich so schnell nachla-den ließen. Zudem ermöglichten Ma-schinengewehre massives und genaues Feuer auf eine sich über das offene Ge-lände bewegende Truppe. Die ver-schwand nämlich nicht mehr in buch-stäblich dichten Nebelschwaden aus verbranntem Schwarzpulver wie in den Jahrhunderten davor. Die modernen Treibladungen, welche nach der Zün-dung die Geschosse aus Pistolen, Ge-wehren und Geschützen aus den Läufen trieben, bestanden nun aus Nitrozellu-loseverbindungen und hießen damals aus gutem Grund rauchschwache Pul-ver. Wer sich gegnerischen Stellungen nähern wollte, musste aus all diesen Gründen möglichst lange unentdeckt bleiben, wenn ihm sein Leben lieb war.

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Des Kaisers SoldatenDes Kaisers SoldatenDes Kaisers SoldatenKopfsache: Das galt auch, wenn man seinen Kopf zum Beobachten oder Schießen aus dem Graben streckte. Deshalb gab es für die ledernen, vorn mit glänzendem Metall beschlagenen „Pickelhauben“ schon vor Kriegsbe-ginn Überzüge aus Stoff; selbst der Kaiser zeigte sich immer wieder einmal mit dem schmucklosen Überzug. Die Spitze auf dem Helm erwies sich wäh-rend des Krieges allerdings immer noch als zu verräterisch. Daher führte zum Beispiel Preußen im Juni 1915 einen Manschaftshelm mit abnehmbarer Spitze ein. Doch trotz all dieser Verbes-serungen sollte es nicht mehr lange dauern, bis die Lederhelme nur noch ein Symbol für die Soldaten des deut-schen Kaisers waren. Auch im Graben-krieg führten selbst kleinste Splitter von Artilleriegeschossen zu schweren und oft tödlichen Kopfverletzungen. Weder der Lederhelm noch Ersatzkon-struktionen aus Filz oder dünnem Stahlblech boten einen ausreichenden Schutz. Die Lösung lag auf der Hand: ein Stahlhelm. Das deutsche Modell 1916 bestand aus Chromnickelstahl, hatte eine Wandstärke von einem Milli-meter und wog größenabhängig zirka 950 bis 1350 Gramm. Außen erhielten die Nachfahren der Ritterhelme entwe-der einen grüngrauen oder einen mehr-farbigen Tarnanstrich. Nieten hielten den ledernen Inneneinsatz. Anders als die französische und die britische Vari-ante bedeckte der M 1916 vollständig den Kopf und reichte bis an die Ohren – ein guter Schutz also. Aber das Ge-wicht war lästig, bei sommerlichen Tem-peraturen staute sich schnell die Hitze

DEUTSCHLAND

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Page 12: VISIER-Special 72 Leseprobe

Kurz vor Kriegsbeginn: Wie aus einer anderen Zeit wirken diese Soldaten des 7. Kürassier-Regiments mit ihren bunt schillernden Uniformen. Ein großer Teil der französischen Verluste im Jahr 1914 ging auf diese total veraltete Farbwahl zurück.

Pour la Rép ubliqueFRANKREICH

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Page 13: VISIER-Special 72 Leseprobe

Das Elsass und Lothringen zurückho-len, Rache für die Schmach von 1870/71, dem „Erbfeind“ einen sol-

chen Schlag versetzen, dass er sich nie mehr gegen die „Grande Nation“ erhebt: Als der Krieg begann, war die Wiederher-stellung der Nationalehre wohl einer der Hauptgründe, warum sich Tausende Fran-zosen zu den Fahnen meldeten. Wie Groß-britannien konnte sich auch Frankreich auf viele Erfahrungen durch Scharmützel in seinen Kolonien stützen. Doch die Ar-mée de Terre (= Heer) musste viele Irrtü-mer und Versäumnisse in Ausrüstung und Taktik mit einem hohen Blutzoll bezahlen.

Der Opfergang der Franzosen zwischen 1914 und 1918 beweist jedoch: Im Zwei-felsfall ließen die Poilus (= Spitzname für französische Soldaten) die ihnen hämisch angedichtete weiße Fahne im Keller und zogen stattdessen dem Gegner die Fah-nenstange über den Schädel.

Farbenfroh: Dabei waren die 173 Infan-terie-Regimenter, 89 Kavallerie-Regi-menter und 87 Artillerie-Regimenter der französischen Friedensarmee 1914 vor al-lem eines – nämlich ziemlich rückständig ausgerüstet. Man kann Frankreichs Füh-rung hier schon extreme Blindheit vor den

Entwicklungen anderer Länder vorwer-fen. Sowohl bei der Ausrüstung als auch bei der Bewaffnung entsprach die Armée de Terre nicht der Zeit. Als etwa Deutsch-land auf Feldgrau und England auf Khaki setzten, traten die Franzosen noch mit strahlend blauen Capotes Mle 1877 und knallroten Pantalons wie zu Napoleons Zeiten zur Schlacht an. Natürlich gab es auch innerhalb der französischen Armee Änderungsbestrebungen. Diese wurden jedoch von vielen Politikern schroff zu-rückgewiesen: „Die roten Hosen sind Frankreich!“, so äußerte sich ein erregter Minister noch kurz vor dem Krieg.

Zum Jahreswechsel 1914/15 trennten sich die Franzosen endlich vom Knallbunten: Dieser Feldmusiker trägt einen brandneuen Mantel Mle 1915. Seine Coulotte-Hose ist ein Übergangsmodell aus Cord – hier nicht zu erkennen ist die Farbe: braun oder blau.

L‘infanterie française dans la bataille – die französische Infanteriein der Schlacht: Mit diesen Werbe-plakaten versuchte man in Frankreich, die Bevölkerung positiv gegenüber der Wehrpfl icht einzustellen.

Aus einer Dienstvorschrift: die Gewehr- und Karabiner-Varianten von Lebel und Berthier. Die Kurzgewehre waren für Artillerie und berittene Truppen reserviert – obwohl die Infanterie sie im Graben-krieg gut gebrauchen konnte.

Pour la Rép ubliqueFRANKREICH

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ENGLAND UND DAS EMPIRE

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ENGLAND UND DAS EMPIRE

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Rule Brit annia ...Rule Brit annia ...Rule Brit annia ...

In der verschlammten Mondlandschaft von Flandern machen diese drei Engländer Rast. Die Enfi eld-Gewehre auf ihren Rücken sind durch das Bolt Cover aus Web-Stoff vor Matsch geschützt. Der linke Soldat hat auf der Mündung die Flanders Flap, also eine federgestützte Klappe, die den Lauf vor dem allgegenwärtigen Schlamm schützte.

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Am 25. Juli 2009 verstarb Henry John Patch im englischen Wells. Zum Zeitpunkt des Todes war der

in Combe Down geborene Patch 111 Jah-re und 38 Tage alt und galt als der ältes-te Mensch Europas. Neben diesem Titel war der gelernte Klempner einer breiten britischen Öffentlichkeit vor allem als „The last � ghting Tommy“ bekannt – also als der letzte kämpfende Englän-der: Wells war 2009 nicht nur der letzte überlebende britische Soldat des Ersten

Weltkrieges, sondern auch dessen letz-ter bekannter Teilnehmer. Am Tag seiner Beerdigung läuteten die Glocken der Wells Kathedrale 111-mal, Dutzende Nachrichtenteams wohnten dem Ereig-nis bei. Im Vereinigten Königreich hält man auch 100 Jahre nach Kriegsbeginn das Andenken an den „Great War“ (= Großen Krieg) hoch.

Kein Wunder, für England und sein Em-pire war es der blutigste und teuerste

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Rechts: Beim Engländer des Jahres 1917 hat sich einiges geändert: Auf dem Kopf sitzt der Brodie-Helm, das Gesicht wird von einer Corrected English Mask geschützt. Vor der Brust hängtdie Tasche mitdem Filter derGasmaske.

Oben: Der Sergeant-Major der Grenadier Guards aus dem Jahr 1914 zeigt sich mit seiner Ausrüstung feldmarschmäßig. Er trägt Pattern 1902 Feldbluse und -hose. Sein Equipment hängt am 1908 Pattern Webbing. Dienstmütze Pattern 1905.

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Vor allem der Grabenkrieg im Wes-ten prägt bis heute die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg. Aber der

Gebirgskrieg, den die Soldaten der kai-serlich-königlichen Doppelmonarchie im Südosten vor allem gegen die italie-nischen Alpini führten, war nicht weni-ger hart und grausam. Doch schon vor 1914 hatte die k.u.k.-Armee mit ganz eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das stellten Christian Ortner und Her-mann Hinterstoisser mit Blick auf die Entwicklung der militärischen Struktu-ren und die politischen Hintergründe detailliert in ihrem beim Militaria Verlag erschienenen Werk „Die k.u.k. Armee“ dar: Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn war – anders als das zaristische Russland – kein Einheitsstaat, sondern bestand aus den zwei Reichshälften Ös-terreich und Ungarn, die sich ihrerseits aus vielen Völkern zusammensetzten. Es existierte nicht einmal eine einheitli-che Staatsbürgerschaft. Innenpoliti-sche Spannungen, politische Kompro-misse zwischen den Reichsteilen Österreich und Ungarn, unterschiedli-che administrative Strukturen, ver-schiedene Kulturen und Sprachen – all das spiegelte sich in der Armee. So gab es zum Beispiel eine österreichische und eine ungarische Landwehr.

Von Blau bis Grau: Auch die Unifor-men der verschiedenen Nationalitäten spiegelten zum Teil landsmannschaftli-che Zugehörigkeiten wider. Die bosni-

schen Soldaten, die auf Seiten der Dop-pelmonarchie kämpften, wurden zum Beispiel berühmt für ihren Fez – die mit einer Quaste verzierte, kegelstumpf-artige Kopfbedeckung aus Filz. Trotz solcher Spezialitäten entwickelten sich die k.u.k.-Truppen von der Jahrhundert-wende bis 1914 in ihrer Uniformierung ähnlich wie andere Armeen Europas: Weg von kräftigen Farben, lautete auch in Wien das Motto. Die nach 1866 einge-führte blaue Feldbluse war einer moder-neren in sogenanntem Hechtgrau gewi-chen. Auch die Hosen, Mäntel und Kappen gab es 1914 in dieser grau-blau-en Farbe. Abgesehen von Spezialkräften wie der Kraftfahrertruppe durfte sich lediglich ein Teil der Kavallerie dem Trend zu besserer Tarnung verweigern, sie ritt noch bunt ins Feld. Mit dem Mo-dell 1915 verschwand während des Krie-ges allerdings der Blaustich – kurz vor dem Tod von Kaiser Franz Joseph I. er-schienen die ersten Soldaten seines rie-sigen Reiches in Feldgrau auf den Schlachtfeldern. Das galt allerdings nur mit Einschränkungen. Denn die Groß-macht kämpfte während des gesamten Krieges mit einem eklatanten Material-mangel. Deshalb streckte man den Woll-stoff mit Baumwolle oder mit aus alten Kleidern gewonnenen Fasern und ver-wendete andere Stoffe wie Cord in den unterschiedlichsten Stärken und Farb-tönungen. Leder war so knapp, dass praktisch alle Reste nach Möglichkeit wiederverwendet wurden. Patronenta-

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schen und „Leibriemen“ (Koppel) fer-tigte man teilweise aus imprägniertem und lackiertem Karton. Versuche mit Schuhwerk aus Pappe markierten 1918 die Grenzen des Machbaren – und zeig-ten, wie schlimm die Rohstof� age sich für Österreich-Ungarn darstellte. Chris-tian Ortner und Hermann Hinterstoisser sehen in ihrem erwähnten Buch nicht nur die erfolgreiche Seeblockade der Al-liierten, sondern auch die mangelhafte Vorsorge der Armee als Grund dafür.

Mangelwirtschaft: Engpässe gab es nicht nur bei den eigentlichen Uniform-teilen, sondern auch in der Ausrüstung der Infanterie. Deshalb sprang der Bünd-nispartner Deutschland in die Bresche, etwa beim Kopfschutz. Denn zunächst behalfen sich die k.u.k.-Frontsoldatenmit Beutestücken: Sie sammelten auf dem Schlachtfeld die nach Vorbild des französischen Adrian-Modells gefertig-ten M 15-Helme toter Italiener ein. Um „friendly � re“ zu vermeiden, gingen die-se „bügelfreien Hüte“ aber meist an die Männer in der zweiten Linie. Die öster-reichische Firma Berndorf schuf ein ei-genes Helmmodell und verbesserte es in mehreren Varianten – doch gab es davon schlicht zu wenig. Daher erhielten die k.u.k.-Truppen massenhaft deutsche M 16-Helme, jedoch mit der Bezeich-nung M.17. Nur ein Teil kam aus Deutsch-land. Nachdem man die benötigten Ma-schinen angeschafft hatte, fertigte die Doppelmonarchie den M.17 auch selbst.

Die Fertigungszahlen belegen, welchen Aufwand die Versorgung der Truppen er-forderte: Deutschland lieferte von No-vember 1916 bis Januar 1918 nach An-gaben von Ortner und Hinterstoisser 416 000 Stück, Österreich-Ungarn pro-duzierte etwa 534 000 M.17- und knapp 140 000 Berndorf-Helme.

Ähnliche Dimensionen erreichte im Reich der Habsburger der Bedarf an In-fanteriegewehren beziehungsweise -ka-rabinern. Auch da halfen die Verbünde-ten, allerdings nicht mit dem Mauser 98, sondern mit dem 88er System. Zudem erhielten die Soldaten ein österreichi-sches System, welches 1914 eigentlich schon ausgedient hatte: das vom späte-ren Generalartillerie-Inspekteur Alfred Kropatschek entwickelte Modell 1886 im Kaliber 8 x 60 mm Rand. Das von der Österreichischen Waffenfabriks-Gesell-schaft in Steyr (OEWG) produzierte Ge-wehr war Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur in Österreich-Ungarn ein Er-folg, auch die portugiesische Armee führte den Hinterlader damals ein. Doch knapp drei Jahrzehnte später war die Waffenentwicklung weiter: Die Tech-niker setzten nun nicht mehr wie beim Kropatschek-Modell auf Röhren-, son-dern auf Mittelschaftmagazine, welche meist mit Ladestreifen oder Laderah-men aufmunitioniert wurden. Das be-schleunigte das Nachladen. Zudem konnte der Nachschub schon in den rich-tigen „Portionen“ an die Front gehen.

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Für Glauben, ZarFür Glauben, ZarFür Glauben, Zarund Vaterlandund Vaterlandund Vaterland

RUSSISCHES ZARENREICH

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Dieses originale Mosin-Nagant-Infanteriegewehr M 91 ist eine echte Seltenheit, denn es stammt aus der US-Produktion von Remington.

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Quantität ist nicht gleichbedeutend mit Qualität. Dieser Spruch passt – trotz der in diesem Zusammenhang

mitschwingenden Boshaftigkeit – wie kein zweiter auf die russische Armee des Ersten Weltkrieges. 1914 besaß das Za-renreich die zahlenmäßig größte Armee der Welt, zumindest auf dem Papier. Da konnten die 50 Armeekorps und Dutzen-de Divisionen von Kavallerie und Kosa-kenverbänden durchaus Eindruck schin-den. Doch die Realität sah für die Soldaten des Zaren leider anders aus.

Während des Russisch-Japanischen Krie-ges (1904/05) hatte das Riesenreich von der kleinen, aber extrem professionellen Armee Japans eine herbe „Klatsche“ erhal-ten – erstmals in der neueren Geschichte konnte eine asiatische Armee eine europä-ische Großmacht schlagen. Auf russischer Seite begann man nach Ende der Kampf-handlungen und der Revolution von 1905 � eberhaft mit der Aufarbeitung der Erfah-rungen. Dabei musste sich die Führung gleich mehrerer Probleme annehmen, die von der desolaten Wirtschaftslage bis zu den inneren Zerwürfnissen in der Armee und der Zivilbevölkerung reichten. Spar-diktat und eine chaotische Führung mach-ten aber aus der gewaltigen russischen Armee quasi einen recht zahnlosen Bären.

Praktisch, praktisch: Bei der Unifor-mierung hatte man bis 1914 die richti-gen Schlüsse aus den Erfahrungen des Krieges gegen Japan gezogen: Mit Bree-ches-Hosen M 1907 und dem „Gym nas-tiorka“-Schlupfhemd in Sommer- und Winterausführung verpasste man den Soldaten eine bequeme und vor allem praktische Uniformierung. Auch auf Tar-nung legte man Wert: Hose und Gymnas-tiorka waren in einem Braun-Olivton gehalten. Lediglich höhere Of� ziere be-kamen dunkelblaue Breeches. Auf dem Kopf trug der russische Soldat eine Schirmmütze in der Ausführung M 1907. Im Gegensatz zu anderen Nationen führ-te Russland keine Stahlhelme während des Krieges ein. Lediglich die ab 1916 in Frankreich in Brigadestärke eingesetz-ten russischen Expeditionstruppen (im Tausch gegen Waffen für das Zarenreich) bekamen Stahlhelme nach französi-schem Vorbild. Die Füße der Soldaten steckten in fast kniehohen Lederstie-feln. Zudem konnte die russische Armee auch auf eine angemessene Winter-bekleidung zurückgreifen, als sie 1914 mobil machte. Dazu gehörte ein dicker wollener Mantel im gleichen Ton wie Hemd und Hose sowie eine Pelzmütze ähnlich der nach dem Krieg eingeführ-ten typisch russischen „Uschanka“.

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Diese Zeichnung beweist, wie lang und unhandlich der Mosin-Nagant mit dem aufgepfl anzten Bajonett war.

Russische Infanterie mit voller Ausrüstung. Auf dem Kopf: Schirmmütze M 1907. Um die Brust schlang man die Decke. Das Tüllenbajonett blieb immer aufgepfl anzt.

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Aus der Neuen Welt

The Charge, der Angriff, so nannte US-Maler Charlie Dye das Bild eines berittenen US-Soldaten mit Brodie-Helm und Pistole M 1911.

Aus der Neuen Welt

The Charge, der Angriff, so nannte US-Maler Charlie Dye das Bild eines berittenen US-Soldaten mit Brodie-Helm und Pistole M 1911.

Der Schlossbereich eines bei Winchester gefertigten Enfi eld M 1917-Repetierers.

VEREINIGTE STAATEN VON AMERIKA

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Aus der Neuen Welt

Als die Amerika-ner am 6. April anno 1917 in

den I. Weltkrieg eintraten, er-nannten sie mit John Joseph Per-

shing (1860-1948) einen Veteranen zum Oberkommandierenden der American

Expeditionary Forces (AEF, Amerikanisches Ex-peditionskorps). Und der nahm kein Blatt vor den

Mund, was den Zustand der Armee seines Landes anbe-traf: Die US-Soldaten seien für den europäischen Kriegs-schauplatz weder hinlänglich trainiert noch optimal aus-gerüstet. Der in Missouri geborene General Pershing war nun nicht das, was Frontsoldaten in ihrer unverblümten Art Etappenhengst oder Sesselfurzer nennen würden. Mit ihm setzte die US-Armee ihren wohl erfahrensten Of� zier ein: Er hatte in den Kämpfen gegen die Apache-Indianer als Kommandeur einer Einheit von „Buffalo Soldiers“ (Büffelsoldaten) gedient, also eines aus Farbigen beste-henden Kavalleristen-Verbands (genauer: des 10th Caval-ry Regiment). Das trug ihm den Spottnamen „Nigger Jack“ ein – der sich alsbald zum politisch unbedenklicheren und ehrenhafter gemeinten „Black Jack“ wandelte. Pershing war auf dem Weg nach oben, wegen seines herausragen-den Könnens, seines unbedingten persönlichen Einsatzes und seiner vorbildlichen Courage. Der als brillanter Schüt-

ze bekannte Of� zier und seine farbigen Soldaten zeichne-ten sich im Spanisch-Amerikanischen Krieg (1898) aus. Auch beim Moro-Aufstand auf den Philippinen (1899-1913) kämpfte er, so wie er 1916/17 „South of the Border“ (= im Norden Mexikos) die Kampagne der US-Kavallerie gegen den mexikanischen Revolutionär José Doroteo Arango Arámbula alias Pancho Villa (1878-1923) leitete. Und Europa kannte er von der Zeit um 1908, in der er als Militärbeobachter auf dem Balkan weilte.

Wenn sich also ein derart versierter Mann äußerte, dann hatte dessen Kritik Hand und Fuß. Beim Material fehlte es an allem. Zwar hatten die bis 1917 ihrer Politik des Isolati-onismus verhafteten Amerikaner zwischen 1885 und 1911 in Sachen Lang- und Kurzwaffen auf das allgemeine west-liche Niveau aufgeschlossen, auch hatte man seit 1914 Waffen für Engländer und Russen produziert. Was aber nicht hieß, dass die US-Industrie auf den gefräßigen Ver-schleiß im Feld und damit die benötigten Fertigungsmen-gen für die eigenen Truppen eingestellt war. So sollte die Armeestärke einmal vier Millionen Mann betragen – es gab aber vom Ordonnanzgewehr Spring� eld M 1903 allenfalls genug für (je nach Quelle) 300 000 bis 850 000 Soldaten. Noch übler verhielt es sich bei den Maschinengewehren, von denen das Land der Freien und die Heimat der Tapferen nur zirka 1100 Stück hatte, während man bei den Feld-

Juni 1918: Zwei Aufnahmen eines US-Soldaten des AEF in voller Ausrüstung. Auf dem Kopf die Overseas Cap, am Körper die olivgrüne Uniform samt Gurtzeug aus Webmaterial („webbing equipment“), an den Waden Wickelgamaschen anstelle der Drillichgamaschen („canvas leggings“). Er hält ein Springfi eld M 1903. Auf dem Rücken der wegen seiner Ausmaße unge liebte lange Tornister („long pack“), daran befestigt Brodie-Helm, Spaten, Mantel und Decke.

ze bekannte Of� zier und seine farbigen Soldaten zeichne-ten sich im Spanisch-Amerikanischen Krieg (1898) aus. Auch beim Moro-Aufstand auf den Philippinen (1899-1913) kämpfte er, so wie er 1916/17 „South of the Border“ (= im Norden Mexikos) die Kampagne der US-Kavallerie gegen den mexikanischen Revolutionär José Doroteo Arango Arámbula alias Pancho Villa (1878-1923) leitete. Und Europa kannte er von der Zeit um 1908, in der er als Militärbeobachter auf dem Balkan weilte.

Wenn sich also ein derart versierter Mann äußerte, dann hatte dessen Kritik Hand und Fuß. Beim Material fehlte es an allem. Zwar hatten die bis 1917 ihrer Politik des Isolati-onismus verhafteten Amerikaner zwischen 1885 und 1911 in Sachen Lang- und Kurzwaffen auf das allgemeine west-liche Niveau aufgeschlossen, auch hatte man seit 1914 Waffen für Engländer und Russen produziert. Was aber nicht hieß, dass die US-Industrie auf den gefräßigen Ver-schleiß im Feld und damit die benötigten Fertigungsmen-gen für die eigenen Truppen eingestellt war. So sollte die Armeestärke einmal vier Millionen Mann betragen – es gab aber vom Ordonnanzgewehr Spring� eld M 1903 allenfalls genug für (je nach Quelle) 300 000 bis 850 000 Soldaten. Noch übler verhielt es sich bei den Maschinengewehren, von denen das Land der Freien und die Heimat der Tapferen nur zirka 1100 Stück hatte, während man bei den Feld-

Als die Amerika-Als die Amerika-Aner am 6. April Aner am 6. April A anno 1917 in A anno 1917 in Aden I. Weltkrieg eintraten, er-

nannten sie mit John Joseph Per-shing (1860-1948) einen Veteranen

zum Oberkommandierenden der American Expeditionary Forces (AEF, Amerikanisches Ex-

peditionskorps). Und der nahm kein Blatt vor den Mund, was den Zustand der Armee seines Landes anbe-

traf: Die US-Soldaten seien für den europäischen Kriegs-schauplatz weder hinlänglich trainiert noch optimal aus-gerüstet. Der in Missouri geborene General Pershing war nun nicht das, was Frontsoldaten in ihrer unverblümten Art Etappenhengst oder Sesselfurzer nennen würden. Mit ihm setzte die US-Armee ihren wohl erfahrensten Of� zier ein: Er hatte in den Kämpfen gegen die Apache-Indianer als Kommandeur einer Einheit von „Buffalo Soldiers“ (Büffelsoldaten) gedient, also eines aus Farbigen beste-henden Kavalleristen-Verbands (genauer: des 10th Caval-ry Regiment). Das trug ihm den Spottnamen „Nigger Jack“ ein – der sich alsbald zum politisch unbedenklicheren und ehrenhafter gemeinten „Black Jack“ wandelte. Pershing war auf dem Weg nach oben, wegen seines herausragen-den Könnens, seines unbedingten persönlichen Einsatzes und seiner vorbildlichen Courage. Der als brillanter Schüt-

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Zum Hauen und StechenZum Hauen und Stechen

MESSER, GRABENDOLCHE UND IMPROVISIERTE WAFFEN

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Vorteile beim Gegner wieder zunichte zu machen. Handgranaten, Flammenwer-fer, Mörser und Maschinengewehre spielten so für Infanteristen eine zuneh-mend wichtige Rolle.

Doch direkt an der Front erkannte der Soldat � ugs, dass bei dem elenden Ge-würge des „Klein-Klein“ alle modernen, fortschrittlichen Militär-Produkte des technischen Er� ndungsgeistes erst ein-mal wenig nutzten. Denn das erbitterte Ringen um ein paar Fußbreit Schlamm hier und da war oft genau das – ein bluti-ger, zäher Kampf Mann gegen Mann, aus-getragen bei nächtlichen Patrouillen-gängen, Stoßtrupp-Unternehmen oder Sturmangriffen und bestimmt von der Enge der Gefechtsgräben, Unterstände, Sappen und Bombentrichter. Und da er-wiesen sich alle fürs offene Feld erson-nenen Waffen wie das gut 1250 mm lange Gewehr 98 als ebenso sperrig, wie es sich nicht für möglichst leise durchzuführen-de Überraschungsangriffe eignete. Auch

die bereits ausgegebenen Blankwaffen taugten meist nicht für solche Kämpfe in Manier eines Piratenüberfalls oder einer Kneipenschlägerei. Schon 1915 gaben die unteren Of� ziere in den niederen Rängen ihre Säbel und Degen ab. Und ab 1917 ersetzte das Seitengewehr die alten Modelle. Also mussten andere Waffen her. Das führte zu einem Rückgriff auf Hieb-, Stich- und Schutzwaffen, die man längst als historisch erachtete: Mancher Grabenposten schützte sich mit einem Brustpanzer, der an die Rüstung mittel-alterlicher Recken denken ließ. Stahlhel-me kamen wieder en vogue. Und an Nah-kampfwaffen nutzte man alles vom Jagdnicker über die Hippe bis hin zur Kriegskeule.

Der Grabenkrieg brachte diesen Sinnes-wandel binnen kürzester Zeit bei allen Kombattanten, vor allem an der West-front. Begrei� icherweise wollte man „vorn“ nicht warten, bis „die ganz hinten“ sich eine Lösung einfallen ließen. Also

Vorteile beim Gegner wieder zunichte zu machen. Handgranaten, Flammenwer-fer, Mörser und Maschinengewehre spielten so für Infanteristen eine zuneh-mend wichtige Rolle.

Doch direkt an der Front erkannte der Soldat � ugs, dass bei dem elenden Ge-würge des „Klein-Klein“ alle modernen, fortschrittlichen Militär-Produkte des technischen Er� ndungsgeistes erst ein-mal wenig nutzten. Denn das erbitterte Ringen um ein paar Fußbreit Schlamm hier und da war oft genau das – ein bluti-ger, zäher Kampf Mann gegen Mann, aus-getragen bei nächtlichen Patrouillen-gängen, Stoßtrupp-Unternehmen oder Sturmangriffen und bestimmt von der Enge der Gefechtsgräben, Unterstände, Sappen und Bombentrichter. Und da er-wiesen sich alle fürs offene Feld erson-nenen Waffen wie das gut 1250 mm lange Gewehr 98 als ebenso sperrig, wie es sich nicht für möglichst leise durchzuführen-de Überraschungsangriffe eignete. Auch

Erstarrung statt Bewe-gung – nach noch nicht einmal einem halben

Jahr wandelte sich das Tempo des I. Weltkriegs von dem sei-

tens des deutschen Generalstabs ge-planten blitzschnellen, kühnen Vorstoß rapide zum verbissenen Stellungskrieg. Statt im Nu ganze Landstriche zu er-obern, kämpfte man nunmehr darum, den Frontverlauf hier und da meterweise zu verschieben. Wie in der Einführung zu diesem Sonderheft ausgeführt, sorgte unter anderem die Kombination neuer taktischer Elemente vom Stacheldraht über das Maschinengewehr bis hin zum massierten und oft indirekten Schnell-feuer der Artillerie für diese Lage. Und

damit auch dafür, dass alle Betei-ligten in rasender Eile ver-

suchten, das Patt durch (mitunter arg inhumane) technische Neuheiten vom Giftgas bis zum Tank

aufzubrechen respektive

MESSER, GRABENDOLCHE UND IMPROVISIERTE WAFFEN

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Mitglieder der „Sturm-Gruppe des Batallion I/223“ – zu sehen sind neben einigen Gewehren 98 auch diverse Grabendolche in schwarz lackierten Metallscheiden, Atemschutzmasken des Typs Gummimaske 15 (GM-15), Stahlhelme M 1916 sowie die wohl bekannteste deutsche Infanteriewaffe des blutigen Weltenbrandes: die Stielhandgranate, hier M 1917 mit Schraubverschluss.

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