vleh aus anwendungen -...
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1Georg Weitzer
6.5 Aus der Stammzellforschung hervorgehende medizinische Anwendungen
7. Neue Herausforderungen in der Grundlagenforschung zur Stammzellbiologie.
7Dst. / 8 VLEH
6.5. iPSC und ntESC‐Anwendungsmöglichkeiten
• Herstellung von patientenspezifischen PSCs
Erforschung von Ursachen und Therapiemöglichkeiten von
Krankheiten polygenetischen Ursprungs.
• Verwendung dieser Zellen zum Auffinden neuer Krankheits‐ oder
Patienten‐spezifischer Medikamente.
• Grundlage für die Entwicklung von alternative Strategien zur
direkten programmierten Transdifferenzierung von einem
somatischen Zelltyp in einem anderen. z.b. Herzzellen und Leberzellen aus Fibroblasten (siehe Kapitel 6)
Georg Weitzer ESF‐I WS2017
G W it
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Georg Weitzer
6.5.1. Herstellung von Keimzellen und Mäusen aus iPSCs
Reconstitution in vitro of the entire cycle of the mouse female germ line
Orie Hikabe, Nobuhiko Hamazaki1, Go Nagamatsu Yayoi Obata Yuji Hirao3, Norio Hamada So Shimamoto, Takuya Imamura1, Kinichi Nakashima1, MitinoriSaitou& Katsuhiko Hayashi 2016
The female germ line undergoes a unique sequence of differentiationprocesses that confers totipotency to the egg. The reconstitution ofthese events in vitro using pluripotent stem cells is a key achievementin reproductive biology and regenerative medicine. Here we reportsuccessful reconstitution in vitro of the entire process of oogenesisfrom mouse pluripotent stem cells. Fully potent mature oocytes weregenerated in culture from embryonic stem cells and from inducedpluripotent stem cells derived from both embryonic fibroblastsand adult tail tip fibroblasts. Moreover, pluripotent stem celllines were re‐derived from the eggs that were generated in vitro,thereby reconstituting the full female germline cycle in a dish. Thisculture system will provide a platform for elucidating the molecularmechanisms underlying totipotency and the production of oocytesof other mammalian species in culture.https://www.nature.com/articles/nature20104
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Zhou et. Al.Cell Stem Cell Volume 18, Issue 3, 2016, 330–340 http://dx.doi.org/10.1016/j.stem.2016.01.017
Complete Meiosis from Embryonic Stem Cell‐Derived Germ Cells In Vitro
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+ +
Artificial placenta*io9.com
Fibroblasts iPSCs or nt ESCs
OocyteHikabe et al., 2016
SpermZhou et al. 2016
* Experimente mit Schafföten (F105‐111)/147 entsprechend der 28. Schwangerschaftswoche beim Menschen (280 Tage oder 40 Wochen Überlebenschancen ab 23‐25 SSW).
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Kinder ohne Eltern sind möglich?
Sind Kinder ohne Eltern zulässig?
Welche Rechte (nach der Menschenrechtskommission) werden diesen Kindern vorenthalten?
Wer ist verantwortlich für diese Menschen?
Kann Gewährleistung in Anspruch genommen werden?
Wenn ja, gegen wem?
….
6Georg Weitzer
Georg Weitzer ESF‐I WS2017
Reprogrammieren
Somatischer‐Kern Transfer („Klonen“)
Somatische Zellen
Induzierte PluripotenteStammzellen
In vitro Fertilisation
Embryonale Stammzellen
Somatische Zellen
Gentherapie
z. B.: Herzmuskelzellen
Somatische Stammzellen
Zelltherapie
OrganoideOrgane in Tieren
EispendeBiopsie
In vitro Differenzierung
Organspen
de
Isolierung reiner und funktioneller Zellen
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Potential applications of iPSCs. Shown are the potential applications of iPSC technology for cell therapy and disease modeling using SMA as an example. In SMA patients, motor neurons are afflicted and die, causing the devastating symptoms of the disease. SMA‐specific iPSCs could be coaxed into motor neurons in vitro in order to establish a culture model of the disease that may lead to the identification of novel drugs that prevent the abnormal death of motor neurons in patients. Alternatively, if known, the disease‐causing mutation could be repaired (in this case the SMA gene) in iPSCs by gene targeting prior to their differentiation into healthy motor neurons, followed by transplantation into the patient's brain.
Aus Genes Dev. Oct 15, 2010; 24(20): 2239–2263. 7
SMA = spinale Muskelatrophie
7Georg Weitzer
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EizellspendeSamenspende BastozystenverbrauchZygotenverbrauchLeihmütterGewebespenden
Georg Weitzer
Instrumentalisierung des Menschen in der Forschung
Ethische und sozio‐ökonomische Güterabwägung zum SCNT, therapeutischen und reproduktiven Klonens von Menschen
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9Georg Weitzer
Georg Weitzer ESF‐II WS2014
Warum ist Klonen beim Menschen einer ethischen Güterabwägung zu unterziehen?
Weil die künstliche Herstellung von Zygoten potenziell schützenswertes Leben erzeugt.
Weil Klonen Genome teilweise vermischt.Weil Klonen die natürliche Selektion von Genomen aufhebt.Weil bei der Isolierung von humanen embryonalen Stammzellen immer ein
potenziell zum Leben fähiger menschlicher Embryo vernichtet wird.Weil Menschen Instrumentalisiert werden. In vitro Fertilisation: Eispende / Samenspende /
Leihmutter / Präimplantationsdiagnostik etc. Weil es Selbstorganisation von Stammzellen in Aggregaten gibt – wann wird ex vivo
Leben schützenswert?Weil Keimzellen aus hESCs hergestellt werden können – homozygote Kinder ohne
Eltern.Weil das Potenzial von iPSCs die Erzeugung von Menschen ermöglichen wird.
Klärung des moralischer Status der Zygote, des Embryos, des Embryoid bodies, des Organoids und des Genoms von Menschen – sowohl das des Kernspenders, als auchdas der Oozyten Spenderin ist notwendig.
Es besteht die Notwendigkeit einer Güterabwägung !
10Georg Weitzer
6.6. Ethische Probleme
6.6.1. Moral Wie handle ich richtig? Welche Wertesysteme lasse ich zu?
6.6 2. Soziologie Gleichbehandlung und Wertschätzung
6.6.3. Ökonomie Ressourcenverteilung
6.6.4. Jurisdiktion Formulierung positiver allgemeingültiger Regeln
6.6.5. Politik Steuerung der sozio‐ökonomischen Bedürfnisse
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Georg Weitzer ESF‐II WS2014
Ein unverzichtbarer Aspekt dieser Güterabwägung sind die hier geschilderten biologischen Grundlagen.
Aber es bedarf offensichtlich mehr, um folgende Frage zu beantworten.
Haben iPSCs und ntESCs das gleiche Potenzial? – Wenn ja, Sind sie in ethischen Überlegungen gleich zu betrachten!
Darf man oder soll man sogar mit geklonten humanen Stammzellen ‐ und damit auch mit Menschen –Forschungen betreiben?
12Georg Weitzer
Georg Weitzer ESF‐I WS2017
Probleme die bei der Diskussion der Embryonenforschung auftretenliegen auf einer …
ontologischer EbeneWir haben keine einheitlichen Begriffe für Embryo, Leben, Mensch,...
und wir stehen vor dem Phänomen der Kontingenz des Lebens.
ethischer EbeneWas ist die Würde des Menschen ? ‐a priori oder zu erwerbend?
moralischer EbeneKann / Muss ich alles menschliche Leben gleich behandeln?
Konflikt: Sterben lassen oder Heilen (Triage)
rechtlicher EbeneWie läßt sich der moralische Anspruch rechtlich für alle festlegen?
Naturwissenschaftliche Fakten
*
* Unzählige Spielarten zwischen Deontologie (Pfichtenethik) und Utilitarismus (Möglichst größtes Wohl für möglichst viele).
Wissenshorizont ‐ veränderlich
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Georg Weitzer ESF‐II WS2014
Rechtliche Lage in Österreich
Es ist untersagt mit Zellen, aus denen Menschen entstehen könnten zu experimentieren, außer wenn das Ziel die Fortpflanzung ist. ( in vitro Fertilisation).
Es ist nicht untersagt mit bereits existierenden embryonalen Stammzellen Experimente zu machen.
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Georg Weitzer ESF‐II WS2014
Positionen der Bioethik Kommission des Bundeskanzler‐amtes der Republik Österreich (März 2009; seither keine Stellungnahme und kein Gesetz)
Position A
Forschung an „überzähligen“ Embryonen und existierenden hESCs soll erlaubt werden.
Der Embryo hat keinen spezifischen verfassungsrechtlichen Schutz.
Grundlagenforschung ist nie aussichtslos und Wissensgewinn auch nicht ethisch bewertbar.
Herstellung von Embryonen für die Forschung soll verboten bleiben.
Position B
Verbot der verbrauchenden und manipulierenden Embryonenforschung.
Vernunft muss sich mit Nichtwissen begnügen.
Fokus der Forschung auf adulte SSCs und iPSCs.
Eventuell Stichtagsregelung, die die Verwendung „alter“ bereits existierenden hESCs zuläßt.
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Georg Weitzer ESF‐II WS2014
Religiöse Ethische Positionen im Bezug auf die Embryonenforschung
•Muslimische Interpretation•Im Koran gibt es keine explizite Angaben über einen normativen Zusammenhang zwischenBeseelung und Schutzwürdigkeit des Blastozysten.
•Was nicht verboten ist, ist erlaubt.
•Jüdische Interpretation•Der Fötus ist erst ab den 40 Tag beseelt.•Was nicht verboten ist, ist erlaubt.•Die Welt ist nicht perfekt, der Mensch muss sie verbessern (Tikkun Olam).
•Evangelische Interpretation•Frühformen des Lebens sind gegenüber der Forschungsfreiheit bzw. dem Gesundheitsschutzauf die Waagschale zu legen.
•Katholische Interpretation•Aus der a‐priori gesetzten Würde des Menschen ergibt sich eine negative Unterlassungspflicht.•Es besteht ein Vorrang der negativen Rechtspflichten vor den positiven Tugendpflichten.•Der Mensch darf in keinen seiner Entwicklungsstadien instrumentalisiert werden.
•Hinduismus – Buddhismus – Daoismus‐ Konfuzianismus – Shintoismus•Instrumentalisierung früher Entwicklungsstadien teilweise erlaubt.
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7. Neue Herausforderungen in der Grundlagenforschung zur Stammzellbiologie
7.1. Quorum Sensing in Stammzellpopulationen und Stammzellklonen
7.2. Stochastische Genexpression in Stammzellklonen und das Kontigenzproblem
7.3. Stammzell‐Nischenzellen Interaktion
7.4. Wie wird der Ruhezustand (Quiescence) aufrecht erhalten?
7.5. Selbstorganisation von differenzierenden Stammzellen
…
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Die richtige Vorhersage des Phänotypus (die Interpretation des experimentellen Ergebnisses) läßtnoch keinen zwingenden Schluss auf die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen zu, weil nicht sicher ist, ob alle Prämissen der zugrundeliegenden Arbeitshypothese zutreffend und richtig sind.
Siehe youtube: „Heliocentrism vs Geocentrism”
Der Phänotyp ist gleich (Anordnung der 8 Planeten nach „einigen“ Jahren). Die Bahnen sind aber total verschieden (molekularen Mechanismen), weil Grundannahme (Geozentrissmus) falsch ist.
Apriori wissen wir nicht, wie wir ein System beobachten sollen, worauf es basiert und ob unsere Beobachtung des Ergebnis beeinflusst.
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Hypothese: Der Expressionsraum von Stammzellen ist unvergleichlich größer als der von somatischen Zellen.
Zeit
Ausm
ass der Expression eines Gen
s
Differenzierung
Expressionsraum in einer Stammzelle
7.2. Stochastische Genexpression in Stammzellklonen
Läßt das Modell sich testen und quantitative darstellen (Zustandsgleichung)?
Gen A
Gen B
Gen C
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Zeit
Ausm
assder Expression eines Gen
s
Differenzierung
„Expressionsraum“ in einer Stammzelle
Expression in einer somatischen ausdifferenzierten Zelleoder Anschalten eines anderen Genes
(Modell basiert auf Überlegungen von Dov Zipori)
z.B.: Cdx2 im Trophectoderm
* Trophektoderm
Oct4
„Expressionsraum“ in einer somatischen Zelle
Mesoderm
Brachyury
Oct4
Eine neue Dimension der Kontingenz in der Natur
• Genexpression fluktuiert in Zellen
• Die Fluktuation ist maximal in Stammzellen
• Die Fluktuation nimmt ab während der Differenzierung
• Die Fluktuation ist minimal, aber nicht null, in ausdifferenzierten somatischen Zellen.
• Die Möglichkeit zur Transformation und Re‐ bzw. Transdifferenzierung bleibt.
Ist Biologie keine exakte Naturwissenschaft?Wo sind ihre Grenzen in der Beschreibung und Erklärung der Natur?
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Figure 5 | Transcription factor cross‐antagonisms in a cascading landscape of unstable and stable cell states. The territory, represented as a mountain range, depicts all possible solutions of a single regulatory network that specifies cell identity. Robust network states correspond to stably differentiated cell types (deep basins in the low‐lying plains) whereas unstable solutions correspond to ridges and slopes in the landscape. The latter are only fleetingly occupied during development and thus unlikely to correspond to observable cell types. ES cells, embryonic stem cells; HSCs, haematopoietic stem cells.
Gerichtete in vitro Differenzierung von Stammzellen
Ohne Beeinflussung …………………… entstehen alle Zelltypen.
Nach Konrad H. Waddington
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Waddington´s landscape
PSC PSC
http://jeb.biologists.org/content/218/6/816
SomaticCells
Anything goes Alles geht Alles ist erlaubt Nichts ist verboten
Ist das das Ende der Kausalität?
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Lehrziel:Das grundlegendes Verständnis der Eigenschaften von Stammzellen, ihre Abgrenzung von somatischen Zellen und deren Anwendungsmöglichkeiten in der Grundlagenforschung, Biotechnologie und Medizin.
Prüfungsfagen:
Was konnte die Stammzellforschung bisher zur Zellbiologie, Entwicklungsbiologie und Biochemie des Lebens beitragen?
Welche technische Möglichkeiten eröffnen sich dadurch, die es erlauben könnten, die Qualität des Lebens der Menschen zu verbessern?
Welche neuen biologischen, aber auch ethischen, ökonomischen, politischen und philosophische Herausforderungen ergeben sich aus dem neuen Wissen über die Biologie der Stammzellen?
Diese drei Grundthemen haben die gesamte Vorlesung durchzogen und werden in 5, auf einen bestimmten Aspekt des vorgetragenen Inhalts konkretisierte Fragen, zu beantworten sein.
24Georg Weitzer
Was Sie sich über das Detailwissen hinaus merken sollten:
• Es hat den Anschein, dass Pluripotenz eine dynamische und metastabile Eigenschaft von Zellen im Grundzustand ist.
• Makroskopische Phänomene können konstant sein, das heißt aber nicht notwendiger Weise, dass ihre mikroskopischen Bedingungen immer die selben bleiben müssen.
• Es gibt eine Grenze wo „Exaktheit“ aufhört! Biologie, sowie andere Naturwissenschaften wahrscheinlich auch, sind keine exakte Wissenschaften. ( siehe Kontingenzproblem in den Geisteswissenschaften)
• All das vorgetragene, ist weder wahr noch unbedingt richtig, es ist bloß die derzeit bestmögliche Sichtweise der Dinge.
• Es gibt neben technischen Einschränkungen der Forschung und ihrer Anwendung immer auch ökonomische und ethische Rahmenbedingungen die zu beachten sind.