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aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland Ausgabe 8-9/2014 August-September 1 Fortsetzung Seite 2 Vom Nachdenken zum Wahrnehmen (an) Eine der besonders auffälligen Neue- rungen auf der diesjährigen Jahrestagung der Landesgesellschaft war es, dass über das Tagungsthema «Wege zum Geist» weni- ger nachgedacht als vielmehr aktuell wahr- genommen werden konnte, wie sich solche Wege tatsächlich gestalten können. Sowohl die Podiumsbeiträge wie die zahlreichen Übgruppen wie auch die gemeinsamen Rund- gespräche im Plenum trugen allesamt dazu bei, dass man sich tatsächlich auf einem Weg begeben, ja spirituelle Erfahrungen vor Ort machen konnte, wenn man denn bereit dazu war. Eine solche Jahrestagung, ausschließlich von jungen Mitgliedern vorbereitet, hat es tatsächlich noch nicht gegeben. Die deut- liche Entwicklung dieser Jahrestagungen in den letzten Jahren lässt hoffen, dass es auch dem neuen Arbeitskollegium in der Zukunft gelingen wird, unsere jährliche Begegnung zu einem geistigen Ereignis werden zu lassen. Viertägige Karma-Übung In der Reihe von Beiträgen zur übersinnlichen Wahrnehmung folgt dieses Mal eine Betrach- tung der großen Karma-Übung Rudolf Steiners durch Steffen Hartmann Seite 3 Berichte von der Jahrestagung Die große Jahrestagung der Landesgesellschaft in Stuttgart wollte «Wege zum Geist» aufzei- gen, ob und auf welche Weise dies gelungen ist, lesen Sie auf Seite 4 und 5 Protokoll der Mitglieder- versammlung und Finanzbericht Den Ausgang der Vorstandswahl, weitere Inhalte der Mitgliederversammlung sowie den ausführlichen Finanzbericht lesen Sie auf Seite 6 bis 12 Anthroposophie und Philosophie Christian Clement, der umstrittene Herausgeber der Kritischen Rudolf Steiner Ausgabe, war zu einem Kolloquium an der Alanus-Hochschule eingeladen. Anna-Katharina Dehmelt berichtet. Seite 13 Zwei rumänische Minuten – mit den Generalsekretären in Bukarest Hartwig Schiller An den Taxifahrern kann es nicht liegen. Die legen sich stets so ins Zeug, dass vor dem Besteigen ihrer Fahrzeuge der Abschluss einer Risikolebensversicherung ratsam erscheint. Vielleicht sollten auch nur Schutzhelme aus- gegeben werden. Jedenfalls holen sie viele der vertrösteten zwei Minuten wieder herein. Das Klima der Donauländer mit ihren heißen Sommertagen und hoher Luftfeuchtigkeit strapaziert die Kondition. In den allgegenwärtigen Taxis versuchen herunter- gelassene Fenster vergeb- lich die fehlenden Klima- anlagen zu ersetzen. Ihre Fahrziele erreichen Fahrer und Passagiere kurz vor dem Garpunkt. Löst sich der Blick vom aktuellen Verkehrsgesche- hen nimmt er eine Vielfalt schöner, erschreckender, stimmungsvoller und erschütternder Eindrücke wahr. Bukarest wirkt aufge- räumter als viele andere Großstädte dieser Breiten. Die Ceaucescu- Ära ist für lange Zeit untilgbar dem Stadtbild eingeschrieben. Gigantische Bauwerke rumä- nischen Zuckerbäckerstils, überdimensionierte Boulevards, welche die Chausseen Berlins kleinstädtisch erscheinen lassen, geben ein Maß vor, das nicht für den Menschen gemacht ist. Der erscheint ameisenhaft auf einem von Gulliver bei den Liliputanern entworfenen Reißbrett. Die unmittelbare Nachbarschaft von Zeugnis- sen des Totalitarismus, rumänischen Jugend- stils, der Hypermoderne sowie Überresten einer alten ländlichen Idylle ruft zuweilen den Ein- druck eines grotesk Unwirklichen hervor. Die früher allgegenwärtigen wilden Hunde sind aus dem Straßenbild gelöscht. Auch Bettler sieht man nur noch selten. Bukarest und seine Bevölkerung wir- ken rastlos, kämpfen um ihre Existenz und leben ein bescheidenes Leben. Nur die Ceaucescu-Bau- ten samt den glitzernden Wirtschaftspalästen west- licher Provenienz sen- den krass gegensätzliche Signale. Den Halt auf dieser Reise nach Rumänien bietet die Anthroposophische Gesell- schaft, die ihr Gebäude in der Strada Vişinilor nr. 17 besitzt. Dieses Gebäude liegt in einem ruhigeren Quartier relativ zentral. Neben den Räumen für die Arbeit der Mitglieder gibt es auf demselben Grundstück Räumlichkeiten für die von Walter Weinzierl und Mariana Marin- cea geleitete Eurythmieschule sowie seminari- stische und festliche Aktivitäten. Eine überaus beeindruckende Eurythmie- aufführung als Mysterienspiel im Zusammen- hang des Isis und Osiriskultes (siehe Foto) bildet dann auch den kulturellen Höhepunkt Nach Bukarest kommt man in zwei Minuten nicht. Ist man aber erst einmal dort, dann lernt man diese zwei Minuten als eine Art Standardmaßeinheit der Zeit kennen. Wenn ein Flug- zeug stundenlange Verspätung hat: «Es dauert noch zwei Minuten.» Wenn sich der Beginn einer Veranstaltung verzögert: «Wir müssen noch zwei Minuten warten.» Wenn der Eintritt eines erwarteten Ereignisses ungewiss ist: «Es kann noch zwei Minuten dauern.»

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a u s d e r a n t h r o p o s o p h i s c h e n A r b e i t i n D e u t s c h l a n d

Ausgabe 8-9/2014 August-September

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Fortsetzung Seite 2

Vom Nachdenkenzum Wahrnehmen

(an) Eine der besonders auffälligen Neue­rungen auf der diesjährigen Jahrestagung der Landesgesellschaft war es, dass über das Tagungs thema «Wege zum Geist» weni­ger nachgedacht als vielmehr aktuell wahr­genommen werden konnte, wie sich solche Wege tatsächlich gestalten können. Sowohl die Podiums beiträge wie die zahlreichen Üb gruppen wie auch die gemeinsamen Rund­gespräche im Plenum trugen allesamt dazu bei, dass man sich tatsächlich auf einem Weg begeben, ja spirituelle Erfahrungen vor Ort machen konnte, wenn man denn bereit dazu war. Eine solche Jahrestagung, ausschließlich von jungen Mitgliedern vorbereitet, hat es tatsächlich noch nicht gegeben. Die deut­liche Entwicklung dieser Jahrestagungen in den letzten Jahren lässt hoffen, dass es auch dem neuen Arbeitskollegium in der Zukunft gelingen wird, unsere jährliche Begegnung zu einem geistigen Ereignis werden zu lassen.

Viertägige Karma-ÜbungIn der Reihe von Beiträgen zur übersinnlichen Wahrnehmung folgt dieses Mal eine Betrach­tung der großen Karma­Übung Rudolf Steiners durch Steffen HartmannSeite 3

Berichte von der JahrestagungDie große Jahrestagung der Landesgesellschaft in Stuttgart wollte «Wege zum Geist» aufzei­gen, ob und auf welche Weise dies gelungen ist, lesen Sie aufSeite 4 und 5

Protokoll der Mitglieder-versammlung und FinanzberichtDen Ausgang der Vorstandswahl, weitere Inhalte der Mitgliederversammlung sowie den ausführlichen Finanzbericht lesen Sie aufSeite 6 bis 12

Anthroposophie und PhilosophieChristian Clement, der umstrittene Herausgeber der Kritischen Rudolf Steiner Ausgabe, war zu einem Kolloquium an der Alanus­Hochschule eingeladen. Anna-Katharina Dehmelt berichtet.Seite 13

Zwei rumänische Minuten – mit den Generalsekretären in Bukarest

Hartwig Schiller

An den Taxifahrern kann es nicht liegen. Die legen sich stets so ins Zeug, dass vor dem Besteigen ihrer Fahrzeuge der Abschluss einer Risikolebensversicherung ratsam erscheint. Vielleicht sollten auch nur Schutzhelme aus­gegeben werden. Jedenfalls holen sie viele der vertrösteten zwei Minuten wieder herein. Das Klima der Donauländer mit ihren heißen Sommertagen und hoher Luftfeuchtigkeit strapaziert die Kondition. In den allgegen wärtigen Taxis versuchen herunter­gelassene Fenster vergeb­lich die fehlenden Klima­anlagen zu ersetzen. Ihre Fahrziele erreichen Fahrer und Passagiere kurz vor dem Garpunkt.Löst sich der Blick vom aktuellen Verkehrsgesche­hen nimmt er eine Vielfalt schöner, erschreckender, stimmungsvoller und erschütternder Eindrücke wahr.Bukarest wirkt aufge­räumter als viele andere Großstädte dieser Breiten. Die Ceaucescu­Ära ist für lange Zeit untilgbar dem Stadtbild eingeschrieben. Gigantische Bauwerke rumä­nischen Zuckerbäckerstils, überdimensionierte Boulevards, welche die Chausseen Berlins kleinstädtisch erscheinen lassen, geben ein Maß vor, das nicht für den Menschen gemacht ist. Der erscheint ameisenhaft auf einem von Gulliver bei den Liliputanern entworfenen Reißbrett.

Die unmittelbare Nachbarschaft von Zeugnis­sen des Totalitarismus, rumänischen Jugend­stils, der Hypermoderne sowie Überresten einer alten ländlichen Idylle ruft zuweilen den Ein­druck eines grotesk Unwirklichen hervor. Die früher allgegenwärtigen wilden Hunde sind aus

dem Straßenbild gelöscht. Auch Bettler sieht man nur noch selten. Bukarest und seine Bevölkerung wir­ken rastlos, kämpfen um ihre Existenz und leben ein bescheidenes Leben. Nur die Ceaucescu­Bau­ten samt den glitzernden Wirtschafts palästen west­licher Provenienz sen­den krass gegensätzliche Signale.Den Halt auf dieser Reise nach Rumänien bietet die Anthropo sophische Gesell­schaft, die ihr Gebäude in der Strada Vişinilor nr. 17 besitzt. Dieses Gebäude liegt in einem ruhigeren Quartier relativ zentral. Neben den Räumen für die Arbeit der Mitglieder gibt

es auf demselben Grundstück Räumlichkeiten für die von Walter Weinzierl und Mariana Marin-cea geleitete Eurythmieschule sowie seminari­stische und festliche Aktivitäten.Eine überaus beeindruckende Eurythmie­aufführung als Mysterienspiel im Zusammen­hang des Isis und Osiriskultes (siehe Foto) bildet dann auch den kulturellen Höhepunkt

Nach Bukarest kommt man in zwei Minuten nicht. Ist man aber erst einmal dort, dann lernt man diese zwei Minuten als eine Art Standardmaßeinheit der Zeit kennen. Wenn ein Flug-zeug stundenlange Verspätung hat: «Es dauert noch zwei Minuten.» Wenn sich der Beginn einer Veranstaltung verzögert: «Wir müssen noch zwei Minuten warten.» Wenn der Eintritt eines erwarteten Ereignisses ungewiss ist: «Es kann noch zwei Minuten dauern.»

Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, August-September 20142

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dieser Konferenz der europäischen Generalse­kretäre Ende Juni 2014.Die rumänischen Freunde sind zahlreich zu dieser Konferenz erschienen, um den Gästen ein Bild ihrer Arbeit und der Geschichte der Anthroposophie in Rumänien zu vermitteln. Die anthroposophische Arbeit in Rumänien begann während und nach dem ersten Welt­krieg – über ein halbes Jahrhundert bildete Viorica Petrescu-Dragalina ihren Mittelpunkt. Mit Stefan Armencchi und Ion Craciunel in Timişoara, bzw. Resita sowie Gruppen in Hermannstadt, Sebes­Alba (unter Leitung von Emil Brestows-ky), Klausenberg und Kischinew gab es schon bald eine bemerkenswerte Verbreitung. Im Herbst 1928 gründeten Gheorge Boian, Nico-lae Don, Viorica Petrescu-Dragalina, D.A. Petro-cici, Nicodim Locusteanu (alle Bukarest) sowie Emil Brestowsky (Letsch­Kirch), Alexandra und Vladimir Leskov (Chișinău) die «Societatea Antroposofică din România». 1947 wurde diese Gesellschaft durch die Kommunisten auf gelöst. Eine anthroposophische Arbeit fand nur noch im Geheimen statt. In dieser Zeit spielte die Kunst eine wichtige Rolle. Anfang der siebziger Jahre fand eine Eurythmie­Aufführung des Else Klink­Ensembles in Timişoara statt. Daraus entstanden folgenreiche Kontakte. Michael Leber pflegte diese Kontakte, aus denen eine auch in den späteren Krisen sich bewährende Kraft entstand. Äußere Entfaltung und inne­re «Golddeckung» lautete das Spannungsfeld nach dem Ende der Verbotszeit. 1999 konnte das Rudolf Steiner­Haus in der Visinilor Straße 17 feierlich eröffnet werden. Seit 2002 arbeitet der Vorstand kollegial ohne «Leitung durch einen Vorsitzenden» zusammen. 2010 entdeckt man durch Forschung im Goetheanum Archiv, dass der ursprüngliche Sitz der Gesellschaft vor dem Verbot in derselben Straße nur einige Häuser entfernt war.Die Sommertreffen von Generalsekretären und Landesvertretern der europäischen Landes­gesellschaften finden immer in den östlichen Ländern der europäischen Mitte statt. Sie haben das Ziel, diesem geographischen Bereich Auf­merksamkeit zu schenken und seine Entwick­lung zu unterstützen. So waren in den letzten Jahren Koberwitz/Breslau (Polen), Bratislava (Slowakei), Sofia (Bulgarien) und eben jetzt Bukarest Orte der Zusammenarbeit. Neben Dr. Gheorge Paxino ist es der 29jährige Dr. Sebastian Stanculescu, der dieses Mal durchgehend an den Beratungen teilnimmt. Auf ihm ruhen manche Zukunftshoffnungen der rumänischen Freunde.Insbesondere durch die Besuche in Bulgarien und Rumänien wurde deutlich, welch alten Kulturboden diese Länder im Werden Europas darstellen und wie sich im Zusammenspiel von Drakern, Illyrern, den Völkerwanderungs­strömen und Römern wichtigste Entwick­lungen vollzogen haben.

Zwei rumänische MinutenFortsetzung von Seite 1

Im Historischen Museum von Bukarest wird ein antiker Goldschatz bewahrt, der in sei­nen Exponaten einen Weg von der persischen Kultur epoche bis ins Mittelalter erkennen lässt. Die Schwarzmeer­Mysterien rücken da in unmittelbare Nähe. Daneben zeugen die Frag­mente einer gigantischen Trajanssäule sowie eine Sammlung römischer Skulpturen von der nachfolgenden kulturellen Entwicklung. Unter den Exponaten ragt eine Mithrasdarstellung heraus, die in archetypischer Schlichtheit die entscheidenden Motive vereinigt und Zeugnis von der kosmischen Wende ihrer Zeit ablegt. Im Zentrum der anthroposophischen Arbeit dieses Treffens stehen

• intensiveLänderberichte,• eine Vertiefungsarbeit im Sinne der All­

gemeinen Sektion und• EntwicklungenamGoetheanum.

Die Vertiefungsarbeit wurde bei diesem Treffen an dem Spruch «Du, meines Erdenraumes Geist» von Rudolf Steiner erreicht. Zwei einleitende Beiträge versuchten ein erlebendes Verständ­nis an diesem Spruch zu erschließen, das bis in Gegenwartsfragen des Zusammenlebens der Völker wirksam wurde. Der erste knüpfte an die altersspezifischen Fähigkeiten des Menschseins und die unterschiedlichen Charakteristika ver­schiedener Völker an, der andere verband die sie­ben Zeilen des Spruches mit den Qualitäten der menschlichen Wesensglieder. Im internationalen Zusammenhang entstand daraus ein fruchtbares Geflecht.Die Länderberichte zeichneten ein vielgestal­tiges Bild. In den holländischen, russischen, irischen und deutschen Landesgesellschaften sind neue Vorstände gewählt worden. Die deutsche Landesgesellschaft hat dies auf einer als sehr gelungen erlebten Mitglieder­versammlung vollzogen (siehe Berichte Seite 4 ff.), die durch eine Gruppe jüngerer Mit­glieder vorbereitet wurde und eine Reihe erfri­schender Elemente enthielt. Die Freude an der Zusammen arbeit von Jung und Alt äußerte sich in einer begeisterten Stimmung.In Österreich wurde zum ersten mal von der einflussreichen Zeitschrift «Wine Advocate» ein österreichischer Wein mit der höchsten vergebenen Bewertung ausgezeichnet, und das war ein Wein aus biologisch­dynamischem Anbau. Die Produktion ist inzwischen restlos ausverkauft. Kostete eine Flasche ursprünglich 80,­ €, müssen inzwischen über 1000,­ € dafür gezahlt werden.In Großbritannien wird an einem Spielfilm­projekt über Rudolf Steiners Leben gearbeitet. Für die Hauptrolle verhandelt man mit einem Academy Award Winner (Oskar­Preisträger).In Bratislava hat man sich besonders mit dem Motiv der «Repräsentanz» für die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft beschäf­tigt. Dabei fiel auf, wie viele Spannungen in den Gesprächen entstanden sind. Immer wie­der wurden Einwände gemacht und auf Dis­krepanzen zwischen Anspruch und Wirklich­keit im Leben der Gesellschaft hingewiesen.

In Norwegen gestaltet sich die Nachfolge Frode Barkveds schwerer als erwartet. Harald Håkstad versucht, die Aufgabe trotz einer Erkrankung zu ergreifen.In Finnland konnte die Ausstellung «Rudolf Steiner – Die Alchimie des Alltags» unter dem Titel «Designer oft the Everyday – Rudolf Stei­ner » im Espoo Museum of Modern Art große Erfolge feiern.Die kürzliche Vorstandsklausur hat die Zusam­menarbeit unter seinen Mitgliedern erheb­lich verbessert. Als Herausforderung für die Zukunft werden die Frage nach dem «Wie wei­ter?» und die Forderungen der Zeit gesehen.Die Freunde des Vorstandes am Goetheanum brachten einen bunten Strauß an Themen ein. Im Wesentlichen waren dies:

• dieNeuinszenierungdesFaust,• dieGestaltungdesGruppenraumes,• ein Projekt des Hochschulkollegiums zur

Darstellung der Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie und was diesbezüglich im Laufe der Jahrzehnte in den Sektionen gelei­stet wurde,

• das Vorhaben einer Michaelikonferenz imJahr 2016,

• die weitere Klärung des Repräsentanz­verständnisses für die Hochschulmitglieder und die Vertreter der Hochschule (Lek­toren),

• der Umgang mit der Außentreppen­gestaltung des Goetheanum,

• dieNeugestaltungdererweitertenVorstands­sitzungen nach dem angekündigten Rück­tritt Marc Desaules und der Einrichtung der Hochschulleitung,

• dieAufgabevonPflegeundVerwaltungdesesoterischen Gutes Rudolf Steiners,

• Einweihung des neuen Bühnenraumes am26. September 2014.

Insbesondere zu den Plänen für einen Umbau des Gruppenraumes gab es an zwei Tagen umfangreiche Gespräche, in denen Beden­ken und Einwände einer größeren Zahl von General sekretären gegen die Pläne vorge­bracht wurden. Es entstand ein sehr ernstes und in die Tiefen gehendes Gespräch, das bei den General sekretären den Eindruck hinter­ließ, dass ihre Bedenken gehört und ernst genommen wurden. Das gewachsene Vertrau­en des Kreises wurde wenig später durch eine entsprechende Mitteilung des Vorstandes in der Wochenschrift bestätigt.Spürt man den Wirkungen des genius loci nach, dann treten die Mithrasdarstellungen hervor, wie sie in persischer Prägung auf einem Helm im Goldschatz des Nationalmuseums und in römischer auf einer Steinmetzarbeit daselbst gezeigt zu sehen waren. Was in die­ser Bild gestalt so lange den Zeitenwechsel vorbereitet und begleitet hat, das wird seine wirksame Nachfolge in jener sich zwischen wider strebenden Kräften haltenden Mittel­punktsgestalt des Menschseins finden, die in der großen Holzplastik des Goetheanum urbildlich für die Gegenwart auftritt.

Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, August September 2014 3

A n t h r o p o s o p h i s c h e G e s e l l s c h a f t

Zur viertägigen Karma-Übung Rudolf Steiners

Es war ein Grundanliegen Rudolf Steiners, wirk­liche Selbsterkenntnis und karmische Schick­salserkenntnis anzuregen. Geist­Erinnern wollte er bei seinen Schülern und Mitarbeitern wecken. In seinem kleinen, aber gewichtigen Aufsatz «Etwas vom Geist­Verstehen und Schicksals­Erleben» heißt es dazu: «Es gibt ein Erleben des Schicksals, in dem man nicht das Selbst verliert. Man kann auch im Schick­sal noch sich selbst als wirksam erleben.»1 Dazu muss man sich allerdings ein «unego­istisches Betrachten des Menschenschicksals» erwerben, wie es weiter heißt. Dann kann der Mensch «das Ich, das wollend das eigene Schicksal gestaltet» finden.In dem Karmavortrag vom 9. Mai 1924 hat Rudolf Steiner ausführlich eine Übung beschrieben, durch die der Übende – ausge­hend von einzelnen Lebenssituationen – zu einem konkreten Durchschauen seines Kar­mas gelangen kann.2 Diese sich über vier Tage erstreckende Übung beginnt damit, dass ein Ereignis des Tages im Nachhinein meditativ vor die Seele gestellt wird: gegenständlich, plastisch, bis in alle Einzelheiten des sinnlichen Erlebens hinein. Eine Menschenbegegnung wird beispielsweise in all ihren Nuancen und scheinbaren Nebensächlichkeiten mit aller Kraft innerlich wachgerufen und angeschaut – Aussehen, Worte, Stimmklang, Gesten, Hand­lungen, Atmosphäre, zeitlicher Ablauf.Dieses Bild prägt sich dem Astralleib des Medi­tierenden ein. In der darauffolgenden Nacht, wenn der Astralleib außer dem physischen und dem Ätherleib sich befindet, gestaltet er das Bild weiter aus. Und: «Der äußere Äther bildet die eigene Substanz dem Bilde ein.» Nun beginnt der zweite Tag; man kommt verwandelt aus der Nacht. «Vom Astralleib wird das Bild dem Ätherleib des Menschen eingeprägt.» Am zweiten Tag gehen von dem ursprünglichen Bild und seiner Verwandlung durch die eigenen Wesensglieder auf subtile Weise Gefühle aus. Ich spüre: «das Bild macht mir ganz bestimmte Gefühle». Auf diesen zweiten Tag folgt die zweite Nacht; in dieser arbeitet nun der Ätherleib das Bild weiter aus. Am nächsten Morgen (es beginnt der dritte Tag) erscheint das Bild «wie ein sehr realer Traum». Aber man bekommt den Eindruck, als ob einem das Bild von «geistigen Mächten» zugetragen wird. An diesem dritten Tag wird nun das Bild vom Ätherleib dem physischen Leib eingeprägt, bis in Nerven­ und Bluts­vorgänge hinein, was sich allerdings weit­gehend im Unbewussten abspielt. Dann folgt die dritte Nacht, in dieser arbeitet der phy­sische Leib das Bild aus; die geistigen Kräfte des physischen Leibes vergeistigen das Bild. Und schließlich kommt der Morgen des vierten Tages: «Und wenn Sie nun aufstehen, dann steht dieses Bild da, in dem Sie eigentlich drinnen schweben, das eigentlich wie eine Art

Wolke ist, in der Sie drinnen sind.» Es ist ein Erlebnis von gefesseltem Willen, ein «Sich­Fühlen wie im Schraubstock». Und dieses Kraft erleben kann karmisches Bilderleben werden. In einer diesbezüglichen Aufzeich­nung für Ita Wegman schreibt Rudolf Steiner: «In diesem so verwandelten Bild kann der Mensch die in einem vorigen Erdendasein für das gegenwärtige Erlebnis wirksame kar­mische Ursache sehen.»3 Diese vielschichtige und komplizierte Karma­Übung gab Rudolf Steiner dafür, dass sie gemacht werde. Er erwartete von den Anthro­posophen, dass sie solchermaßen konkret ihr eigenes Karma erkennen würden. Und er war besorgt und enttäuscht darüber, dass nur weni­ge mit diesem Übungsweg ernst machten. – Ich möchte im Folgenden aus meinem persön­lichen jahrelangen Umgang mit dieser Übung einige spirituell­praktischen Aspekte derselben skizzieren. Zunächst einmal macht man die Erfahrung, dass der bewusste Erlebnisfaden abreißt und sich keine Schauungen einstellen. Dieses Erlebnis des Scheiterns gehört zum Anfang der Übung. Nun bedarf es der Geduld und der Ausdauer, weiter zu machen. Dann kann man bemerken, wie etwas eintritt, was zunächst unerwartet war: das Interesse für das Leben hier und jetzt steigert sich. Man wacht dafür auf, wie unachtsam man für gewöhnlich wahrnimmt und lebt. Um mit der Karma­Übung weiter zu kommen, muss ich mein Interesse an den scheinbaren Nebensächlich­keiten des Lebens unendlich steigern. Als nächstes bemerke ich, wie meine Sensi­bilität für charakteristische Schicksalskonstel­lationen wächst. Es gibt ein Herzens­Gefühl dafür, was für mein Karma bedeutsam ist und was (eher) nicht. Das betrifft auch mein Verhältnis zu verschiedenen Menschen. Bis in meine Träume und mein Lebensgefühl hinein wird mir immer deutlicher, mit welchen Men­schen ich karmisch zusammenhänge.Und schließlich können tatsächlich Bilder und Gefühle auftreten, die nicht Erinnerungen aus diesem Leben sein können, und die man auch von bloßen Phantasievorstellungen unter­scheiden kann. Bilder, die auf ein vergangenes Erdenleben deuten. Und hier tun sich nun gewaltige Abgründe auf. Es entsteht die große Herausforderung, diese Bilder und inneren Erlebnisse rein wahrzunehmen, sie ernst zu nehmen (das heißt nicht gleich wieder zu vergessen) und sie auszuhalten, aber nicht vor­schnell mit der Empfindung oder dem Verstand zu einem Urteil kommen zu wollen. Denn man muss nüchtern der Tatsache gewahr werden, dass in den bloß auftretenden Empfindungs­urteilen Luziferisches wirkt sowie in den schnellen Verstandesurteilen Ahrimanisches wirksam ist. Und es entsteht im inneren Rin­gen die große Frage: wie geht es an diesem Erkenntnis­Abgrund weiter?

Wie komme ich zu wirklichkeitsgemäßen kar­mischen Erkenntnisurteilen? Ich sehe nur den Weg der Mitte, der zunächst darin besteht, Empfindungs­ und Verstandesurteile zurück­zudrängen und abzuwarten. In Ruhe und Gelassenheit, mit Geduld und Nüchternheit weiter üben und das Gnadenmoment, das jeder wirklichen Karma­Erkenntnis inne­wohnt, abwarten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Widersacher mächte das Karma der Men­schen kennen, und aus dieser Kenntnis heraus manipulierend eingreifen wollen. Für Verwirrung und Verirrung auf dem Felde der Karma erkenntnis sorgen – neben reinen Illu­sionen – auch ein Zu­früh und ein Zu­spät im Karma erkennen einzelner Menschen. Dadurch kommt Un ordnung in das Karma und die kar­mischen Verbindungen zwischen Menschen. Die viertägige Karmaübung ist ein großar­tiges spirituelles Instrument, das eigene gegenwärtige Leben in seinen vielschichtigen Zusammenhängen mit früheren Erdenleben zu durchlichten und in Freiheit daran anknüp­fend, in die Zukunft zu schreiten. Durch diese Übung werden Prozesse in das Bewusstsein gehoben, die im Unbewussten bei jedem Men­schen ablaufen.Das karmisches Bild weist eine Richtung durch imaginatives Schauen der Vergangenheit. Die Sprache des Schicksals offenbart sich gegen­wärtigem inspirativ­hörendem Erleben. Intui­tive Gewissheit ergibt sich aus dem Leben, das die Zukunft bringt.

Steffen Hartmann, Hamburg

In unserer Artikelfolge zu Fragen der übersinnlichen Wahrnehmung im Anschluss an die durch Jasmin Mertens veranstalteten Kolloquien der Landesgesellschaft folgt dieses Mal ein Beitrag von Steffen Hartmann.

1 Rudolf Steiner: Anthroposophische Leitsätze, GA 26.2 Rudolf Steiner: Esoterische Betrachtungen karmischer Zusam-

menhänge, Band II, GA 236, Vortrag vom 9.5.1924.3 Emanuel Zeylmans van Emmichoven: Die Erkraftung des

Herzens, 2009, S.290ff.

Geist bewegt –Festtage Anthroposophie

(an) Die Festtage Anthroposophie stehen in diesem Jahr unter dem Motto «GEISTbewegt»: Vom Vortrag, Arbeitsgrupen, Theater, vielen Bei­trägen aus Einrichtungen und den anthropo­sophischen Lebensfeldern bis zur Aufführung des dritten Mysteriendramas am Sonntag soll ein Geist bewegender und Geist bewegter Bogen gespannt werden. Mitwirkende u.a.: Bodo von Plato, Gioia Falk, Tom Tritschel, Alexand-er Schaumann, Marcelo da Veiga, Dirk Kruse, Dörte Abilgaard und Michael Schmock.

Datum: 12. bis 14. September 2014, Ort: Saalbau Witten.Kontakt: Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland,Arbeitszentrum NRW, Oskar-Hoffmann-Str. 25, 44789 BochumTel. 0234 – 333 67 30, [email protected]

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Wie aus einem Guss – Bericht von der Jahrestagung

Ein ganz neuer Stil ist eingezogen und hat der Anthroposophischen Gesellschaft gut getan: außer dem Totengedenken, das Hartwig Schiller hielt, gab es keinen einzigen Vortrag. Sogar die Treffen der Freien Hochschule für Geistes­wissenschaft wurden als Erkenntnisgespräche zu Mantren durchgeführt (mit Wolfgang Kilthau und Hartwig Schiller). Und parallel gesell­ten sich zu ihnen zwei Gruppen von Anke Steinmetz und Elisabeth Krauss, die sich um «meditative Arbeit» bemühten: Gespräch statt Monologe. Zugespitzt wurde dieser Ansatz in den Versu­chen «Soziale Kunst – Wege zur Begegnung» – angeleitet von Eva-Maria Koch und Dan-Felix Müller – im großen Saal, wo der Austausch zu einer Frage in kleinsten Gruppen begann, die sich dann zu größeren zusammen schlossen. In den Podien am Vormittag gab es zwar Dar­stellungen einzelner, aber sie sprachen von ihrem individuellen Schulungsweg. Die Kon­stellation der fünf Beteiligten war so glücklich gewählt, dass verschiedenste Wege zum Vor­schein kamen: begrifflich­mathematisch (Chri-stoph Hueck), sinnlich­seelisch am Menschen (Alexander Schaumann), sinnlich­ätherisch in der Natur (Dorian Schmidt), in der Bewegungs­kunst der Eurythmie (Gioia Falk) und in der den Alltag durchdringenden sozialen Kunst (Gerald Häfner). Die Moderatoren Johanna Tara-ba und Michael Schmock forderten notfalls die Beschreibung des eigenen Erlebten ein. Ansatz beim Individuellen statt bei allgemeinen Idea­len.In schöner Weise konnten so auch fünf der jüngeren Tagungsgestalter zu Beginn erlebt werden. Matthias Niedermann, Sebastian Knust, Sarah Prendergast, Benjamin Kolass und Anke Steinmetz warfen kurze, unterschiedliche Bli­cke auf das Vorhaben der nächsten Tage: über Wege zum Geist untereinander zu kommu­nizieren und neue Formen auszuprobieren. Das Thema «AnthroposoWie» wurde durch jeden Beitrag wie mit einer anderen Farbe angeleuchtet. Deutlich war bei den «Älteren der Jüngeren» das Anliegen, ein Methoden­bewusstsein zu entwickeln, deshalb war dies ein zentrales Motiv der Tagung geworden.Ein Weiteres: In dem großen Angebot der Gesprächs­ oder Arbeitsgruppen gab es zwar Referenten, aber es war klar, dass das, worüber gesprochen wurde, auch konkret vollzogen werden sollte, zumindest anfänglich oder bei­spielhaft: Übungsansätze statt Theoretisieren. Außerdem wurde den Arbeitsgruppen die meiste Zeit eingeräumt und fast alles fand dreimal statt. Die rhythmische Wiederholung ermöglichte Vertiefung und schuf Raum, dass Menschen sich näher kommen konnten: Ver­tiefung statt Events.In den drei Mitgliederversammlungen der deutschen Landesgesellschaft wurden die Berichte reduziert beziehungsweise durch Interviews ersetzt (siehe Protokoll Seite 6ff). Durch gut gestellte Fragen kam man schnell

zu den wesentlichen Punkten. Ich habe noch nie so kurzweilige Regularien erlebt: Fragen statt Berichten. Dazu passte auch, dass in der mittleren Versammlung, in der mehrere kleine Darstellungen gegeben wurden, der Drang der Mitglieder zu Nachfragen, Kritik und Vorschlä­gen groß war. Viele möchten mehr in Prozesse wie die Vorstandsbestellung einbezogen wer­den. Vielleicht kann man den vielfach geäu­ßerten Unmut auch so verstehen, dass die Mitglieder auf der Rechts ebene gleichberechtigt einbezogen werden sollen. Hier wartet eine Gestaltungs­aufgabe der Zukunft.Ganz neu waren die eingebauten Momente der Reflexion: Künstler ließen in neuem Licht erscheinen, was gerade geschehen war. Meisterhaft wurde von den beiden Musi­kern Jörg Schöllhorn und David Bem dies neue Genre jeweils am Schluss einer Mitglieder­versammlungseinheit vollzogen und von der Clown­Frau Dawn Nilo in Spiegelungen der Tagung durch Narretei. Auch der «Raum der Ungeborenen», eine Installation von Matthias Niedermann, gehörte für mich dazu, ergänzte er doch das Toten­gedenken, indem er auf die vorgeburtliche Sphäre verwies. In der schlichten Gestaltung mit weißen Tüchern und Steinen war viel Platz für Phantasie und Aufmerksamkeit eines jeden Eintretenden: Gegenwärtiges statt vorbereitete Gedanken.Eine Steigerung erfuhr dieses Prinzip beim Abschlussplenum, als zum einen sich jeweils über 100 Mitglieder gegenübersaßen und anse­hen konnten, zum anderen stichwortartige Resumées zur Tagung von allen eingebracht werden konnten. Davor gab es Schweige­minuten, in denen sich jeder auf die gestellte Frage besinnen konnte. Ich erlebte das als sozial reinigend und aufschließend zugleich. Es wurden nicht große Parolen zum Schluss geschmettert, sondern die anderen Teilnehmer gehört: Lauschen statt Reden.Die Kunst selbst hatte noch eine ambiva­lente Rolle. Es gab perfekte, fertige Euryth­mie, Schauspiel und Konzerte, aber daneben auch musikalische Hörerlebnisse wie z.B. eine Improvisation mit Klanginstrumenten von Manfred Bleffert am Ende des Totengedenkens (Leitung: Marco Bindelli). Sicher war es gerecht­fertigt und für viele wohltuend, eingeübte Werke aufzuführen, aber manchmal empfand ich es nicht zum Stil der Tagung passend: Improvisation statt Interpretation. Unter dem Gewohnten regen sich schon Formen neuer Kunst.

Das «Campus­Festival» bot Gelegenheit für solche Versuche und die Teilnehmer konn­ten eine gesteigerte innere Aktivität erleben. «Wechselruf» – ein mythisches Musik­Euryth­mie­Geschehen im Freien (konzipiert von Gioia Falk) hatte etwas ungemein Aufweckendes, weil man nicht sofort verstand, was man sah. Es gab mehrere dieser eigenwilligen Inszenierungen an verschiedenen Orten auf dem Gelände.

I n s o f e r n kamen auch die Events nicht zu kurz.Nicht zu ver­gessen: es war auch für Spaß und Entspannung gesorgt, bei den Klängen der CampusA­BigBand, bei Jam­Sessions, im Nachtcafé

oder auf dem Platz davor, wo Menschen sich zwanglos aufhalten, unterhalten und entfal­ten konnten. Ausstellungen zu Tagungsthemen und Führungen ergänzten das reiche Angebot.Ganz besonders möchte ich die äußere Gestal­tung der Tagung erwähnen, die überall eine liebevolle Hand und viel Sorgfalt erkennen ließ. An den Saalwänden hingen große Plakate mit Zitaten zum Tagungsthema – von Rudolf Steiner und anderen Geistesgrößen. Dann das ausführliche Programmheft mit Geländeskizze und wirklich allen erforderlichen Informa­tionen. Die Johannifeuer, die jeden Abend vor dem Nachtcafé entzündet wurden und das Café selbst, von Jugendlichen so betrie­ben, dass es zu einer Oase, zu einem Ort der Begegnung, der Spontanität und des Esprits wurde. Oder als Auftakt des Campus­Festival die Rhythmen der BigBand zu nehmen, die Menschen zusammenriefen.Geradezu zauberhaft war für mich die Über­raschung nach dem Totengedenken. Als wir aus dem Gebäude traten, führte am Boden eine Kette flackernder Lichter ins Dunkel. In Kirchen werden Kerzen für Verstorbene ange­zündet, im Märchen stellen Lichter das Leben der Menschen dar, irdische Gedanken können wie Flammen den Toten leuchten – mehrere Bezüge tauchten sofort in mir auf und ließen mich einfach dastehen und schauen. Es tat sich ein Weg auf und weckte den Wunsch, der flackernden Spur zu folgen, den Lichtern Ehre zu erweisen und mich in dem merkwürdigen Reich zwischen Hell und Dunkel, in dem Wun­der geschehen können, in dem Lebende den Toten begegnen könnten, aufzuhalten.

Barbara Messmer, AZ Frankfurt

Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, August September 2014 5

A n t h r o p o s o p h i s c h e G e s e l l s c h a f t

Entwicklungsprozesse im Fokus

Es sind Momente, die darüber entscheiden, ob ein Konzept «funktioniert» oder nicht. Laut Programmheft sollten «Entwicklungsprozesse» im Fokus stehen. Dass das Konzept der dies­jährigen Mitgliederversammlung funktioniert hat, entschied sich für mich in dem Moment, wo wir zu dritt – drei Frauen, eine japa­nische ältere Heileurythmistin, eine deutsche Eurythmiestudentin und ich – eng zusam­menrückten und über die Frage sprachen: Wie war das, als ich der Anthropo­sophie begeg­nete? Was für Impulse hatte ich damals? Was wollte ich mit der Anthro­posophie tun?Fragen, die einen eher zum Gähnen reizen, wenn man sie so geschrieben liest, vielleicht. Aber wenn da ein Raum des Interesses entsteht, wenn die eigenen Beiträge als Geschenk entgegen genommen werden, sich wirklich ein Gespräch entzündet und man ganz in diesem Augenblick lebt, dann ist da plötzlich Gegenwart. Und der Impuls, den man vor Jahrzehnten fasste, ist plötzlich wieder da,

ganz nah. Wie spannend die Anthropo­sophie doch damals war, als man sich in sie verliebte!Das war das Besondere an dieser Tagung: dass es um den Prozess der Vergegen­wärtigung ging. Aus dem Vorstellungs­leben heraus getrieben zu werden in den lebendigen Moment mit leben­digen Menschen. Dass es kaum jemals gelang, in einem reinen Zuschauermo­

dus zu verblei­ben. Einige alte Hüllen im Tagungsgeschehen sind vielleicht noch abzustreifen, einiges könnte vielleicht noch mutiger sein, aber der Weg hat sich geöffnet.Statt der Vorträge waren Menschen vorne auf dem Podium im Gespräch – Gioia Falk, Alexander Schaumann, Dorian Schmidt, Gerald

Häfner, Christoph Hueck. So ein Podium kann ätzend und krampfhaft sein, wenn Lebendig­keit und Spontaneität nur vorgespielt wird. Hier gelang es meistens. Das Thema war der eigene Übungsweg: die Motive, ihn zu gehen, die Hindernisse, die Früchte. So sprach Dorian Schmidt zum Beispiel über seinen Entschluss,

«In Weltenlicht und Weltenwärme»(an) War es die Johannistimmung, war es das sonnige Wetter, waren es die vielen jungen Menschen – es lag ein ganz besonderer Zauber über dieser Stuttgarter Jahrestagung, den wohl niemand erwartet hatte, der das Stuttgarter anthroposophische Milieu gut kennt. Auch wusste man als Teilnehmer trotz vielfältiger Ankündigungen und ausführlicher Programme nicht so recht, welche «Wege zum Geist» einen bei dieser Jahrestagung eigentlich erwarteten würden. Umso mehr war man dann überrascht von dem jugendlichen Schwung, den offenen Räumen in praktisch allen Abschnitten der Tagung – überall erlebte man, wie die jugend­liche Begeisterung der Vorbereitungsgruppe auf die Teilnehmer übersprang. Mit immensem Aufwand hatten die Vorbereiter unter der Regie von Michael Schmock wirklich an alles gedacht und so zu der die ganze Tagung prägenden herzlichen Wärme entscheidend beigetragen.Besonders auch die künstlerischen Beiträge, beginnend mit dem musikalischen Auftakt durch das Campus A­Orchester unter Lei­tung von Matthias Fuhrmann, dem weitere musikalische Beiträge, vor allem beim Toten­gedenken mit der Musik von Viktor Ullmann folgten, bis hin zu den drei hervorragenden Eurythmie­Aufführungen und dem abschlie­ßenden Schauspiel, trugen zu der durchlich­

teten Wärme dieser Tagung bei. Das Motiv bei den morgendlichen Darbietungen, die den Tag jeweils eröffneten, war der Tierkreis. Euryth­misch vorgetragen zunächst in den 12 Stim­mungen, dann am zweiten Tag mit der Satire zum Tierkreis, schließlich am Sonntag mit der Szene aus dem 4. Mysteriendrama in Ahrimans Reich, war es ein großartiges Erlebnis zu sehen, wie Rudolf Steiner das Urmotiv des Tierkreises variiert hat, wobei die Satire in der durch Michael Leber (mit dem Else­Klink­Ensemble und Studenten des Eurythmeum) inszenierten, aber auf den Urangaben Rudolf Steiners beru­henden Form besonders überraschte, denn wer unter den heutigen Eurythmisten würde es wagen, die hehren Urbilder der Tierkreisbilder so stark zu karikieren? Und dann in Ahrimans Reich: mit wel­chem Hohn und Spott werden hier die Alltags gestalten der Tierkreis charaktere überzogen! Gewaltige Bilder und doch so ganz menschlich (Inszenierung Gioia Falk und Christian Peter, Darsteller der Goetheanum­Bühne).Und dann beim Totengedenken, das Hartwig Schiller in einem großartigen Bogen über neun Persönlichkeiten gestaltete, auch hier am Ende etwas Unerwartetes: Susanne Lin, die lang­

jährige und treue Mitarbeiterin der Deutschen Landesgesellschaft, war am Donnerstag, den 19. Juni, dem Eröffnungstag unserer Tagung, nach langem, schweren Leiden in ihrem Stutt­garter Zuhause gestorben. Hatte sie diese Fügung gesucht? Das Gedenken an ihre her­zenswarme und befeuernde Wesensart, auch das lag mithin über dieser Tagung und trug mit dazu bei, sich am Ende zu sagen: Diese Tagung war ein Geschenk, das uns durch das Zusam­menwirken vieler Menschen, vor allem aber der jungen Vorbereitungsgruppe, die geistige Welt gemacht hat. Nun geht es darum, das Erlebte, den neuen Geist, der hier waltete, wei­ter zu tragen und fruchtbar werden zu lassen.

das Lebendige als eigene Sphäre ernst nehmen und es nicht als Begleiterscheinung der Che­mie herabwürdigen zu lassen. Gerald Häfner erzählte, wie es ist, in einem Gremium zu sprechen, in dem jeder Sprecher eine Redezeit von nur einer Minute hat – im Europäischen Parlament. Alexander Schaumann berichtete, was geschieht, wenn man im Anschauen Inte­resse für den anderen Menschen entwickelt: eine neue Qualität des Lebendigen entwickelt sich, gewissermaßen eine «fünfte Ätherart». Der letzte Beitrag im rückblickenden letzten Plenumsgespräch öffnete große Horizonte, die zumindest als Stimmung während dieser ganzen Tagung auch mitklangen. Die Clownin Nilo Dawn fragte: «Wie können wir als Brüder und Schwestern uns geistig, politisch und öko­nomisch so unterstützen, dass wir unser volles Potenzial als Menschen erreichen?»

Angelika Oldenburg, AZ Berlin

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Protokollder ordentlichen Mitgliederversammlung der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland

vom 19. bis 22. Juni 2014 in Stuttgart

Teil I Mitgliederversammlung der Anthroposophischen Gesellschaft

Arbeitsberichte und Mitgliedergespräch19.06.14 11.30 – 13.00Versammlungsleiter: Hartwig SchillerModeration: Sarah Prendergast und Benjamin Kolass

Michael Schmock eröffnete die Mitglieder­versammlung, begrüßte die ca. 170 Anwe­senden und stellte die rechtzeitig und ordnungs gemäß erfolgte Einladung sowie die Beschlussfähigkeit fest. Er erläutert den beson­deren Ansatz, der im Titel der Tagung «Anthro-posoWie? – Wege zum Geist» zum Ausdruck kommt. Jüngere Mitglieder der Gesellschaft haben die Tagung vorbereitet und werden auch den Ablauf aktiv mitgestalten. Das Protokoll übernimmt Gebhard Rehm. Die drei Mitgliederversammlungsteile wurden von David Bern, Geige/Bassklarinette und Jörg Schöllhorn, Klavier, eingeleitet und abgeschlos­sen. Die Improvisationen spiegelten die heran­wogenden Intentionen, Fragen und Anliegen der Anwesenden, den Ablauf der Veranstal­tung. Nachdem die ausführlichen Berichte des Arbeitskollegiums (Vorstand) bereits in den «Mitteilungen, Juni 2014» erschienen waren, befragten S. Prendergast und B. Kolass die ein­zelnen Persönlichkeiten des Kollegiums nach ihren Arbeitsschwerpunkten:Gioia Falk beschreibt den Wechsel von der Bühne mit Reisen ins In­ und Ausland in ein Amt mit vielen Sitzungen und Tagungen als ein sehr konträres Erlebnis. Die sozialen Pro­zesse von dieser Seite zu erleben und dabei zu versuchen, künstlerische Elemente in deren Gestaltung einzubringen, ist für sie eine wich­tige Erfahrung. So möchte sie einiges, was ihr aus der bisherigen Tätigkeit für die Anthropo­sophische Gesellschaft zugeflossen ist, gerne zurückgeben. Hartwig Schiller wurde gefragt, woher er die Kraft nimmt, über Jahre diesen Einsatz für die Anthroposophie aufzubringen? Er beschreibt sein Bemühen, die dazu erforderlichen äthe­rischen Überschusskräfte immer wieder im Astralischen zu entzünden. So ist das Nach­spüren des kosmopolitischen Charakters eines Volkgeistes der Impuls für die häufigen Kon­takte zu ausländischen Landesgesellschaften.Dr. Wolf-Ulrich Klünker blickte auf 12 Jahre Mit­arbeit im Arbeitskollegium zurück. Er beschäf­tigte sich vor allem mit der geistigen Forschung und deren Förderung. Für ihn ist Anthropo­sophie nicht nur eine Alternative, sondern eine Fortentwicklung der Wissenschaft. Dieses Forschungsbewusstsein anzuregen, erlebte er als «Millimeterarbeit».

Kunst und Kunstförderung war der Bereich, dem sich Birgit Ebel und Susanne Lin widme­ten. Es war eine besondere Schicksalsgebärde, als B. Ebel einleitend ihre Grüße an S. Lin sandte, die im letzten Jahr schwer erkrankte und am Abend dieses Versammlungstages verstarb. Sie wird diese wichtige Aufgabe nun von der gei­stigen Welt aus begleiten.Beiden ging es vor allem um den einzelnen Menschen, nicht nur um Institutionen. Wie kann der individuelle Kunstimpuls Quelle eines breiten künstlerischen Schaffens werden?Seit einigen Jahren setzt sich Michael Schmock für den Bereich der Jugend und jüngeren Menschen in und an der Anthroposophischen Gesellschaft ein. Es ist eine wichtige Aufga­be, die Zusammenarbeit zwischen Jugend­lichen und den vielen älteren Menschen in der Anthroposophischen Gesellschaft anzuregen und zu entwickeln. Die Tagung sollte zeigen, dass dies möglich ist und von beiden Seiten als beglückend erlebt wird, wenn es gelingt, offen für Neues zu sein, und den Anderen in seiner Andersartigkeit zu akzeptieren. Übersinnliche Wahrnehmung ist nicht nur in der Anthroposophischen Gesellschaft ein brandaktuelles Thema. Das Tagungsthema ist ganz in diesem Zusammenhang zu sehen. Jas-min Mertens fühlt sich für dieses Feld besonders verantwortlich und führt Menschen, die sich damit intensiv befassen, in Kolloquien zusam­men. Es ist bemerkenswert, wie die Keime wachsen und die Menschen sich bei dieser Arbeit ins Herz schauen lassen.Dr. Peter Krüger sieht seine Aufgabe darin, die wirtschaftliche Grundlage für die Anthropo­sophische Gesellschaft sicher zu stellen. Dazu gehört insbesondere das ganze Beitragswesen, die Verwaltung der Immobilien und der vielfäl­tigen Stiftungen. Ziel ist, das so zu gestalten, dass Freiräume für die Impulse der Anthropo­sophie entstehen. Nach diesem Tagungsabschnitt kam das Ple­num mit Fragen und Beiträgen zu Wort, u. a.: ­ Aspekte der Weiterentwicklung der For­

schung wurden bewegt. Wie kann die Exakt­heit auf dem Gebiet der Technik in den Umgang mit der Natur und der übersinn­lichen Wahrnehmung übertragen werden?

­ Gibt es Alternativen zur klassischen Mit­gliedschaft, in Zeiten der zunehmenden Individualisierung und Scheu vor Bindung?

­ Passt die Vergrößerung des Vorstandes von sieben auf neun Mitglieder zu einer Gesell­schaft, in der die Mitgliedschaft altershalber abnimmt? Die Antwort wurde im Versamm­lungsteil II zu geben versucht.

Nachdem Birgit Ebel und Wolf-Ulrich Klünker aus dem Arbeitskollegium ausscheiden werden, dankte Hartwig Schiller herzlich für ihre frucht­bare Mitarbeit in vergangenen Jahren. Birgit Ebels Wesensart ließ das Kollegium sei­nen Blick immer wieder auf den einzelnen Menschen richten, was wohltuend wirkte. W.­U. Klünker «war etwas anstrengender, aber immer vorwärts strebend…». Seine for­schende Haltung ließ keinen Stillstand zu. Beide Elemente waren wertvoll für die Arbeit des Arbeitskollegiums.Die abschließende Musik versuchte die Aspekte aufzunehmen, die auf weitere Bearbeitung warten.

Teil II Mitgliederversammlung der Anthroposophischen Gesellschaft

Neubildung des Vorstandes; Vorstellung der Kandidaten20.06.14 17.00 – 18.30Versammlungsleitung: Michael SchmockBericht und Moderation: Barbara Messmer

Der musikalische Auftakt spiegelte die erwar­tungsvolle Atmosphäre.B. Messmer schilderte den Findungsprozess für die Kandidaten des Arbeitskollegiums für die nächsten drei Jahre.Die Satzung sagt dazu: «Das Arbeits kollegium besteht aus mindestens drei, höchstens neun Mitgliedern, die von der Konferenz und Arbeits­kollegium (als Gesamtkonferenz) gemeinsam der Mitgliederversammlung zur Einzelwahl vorgeschlagen werden. Jedes Mitglied kann der Konferenz bis spätestens vier Monate vor der Versammlung Kandidaten vorschlagen. Die Amtszeit der Mitglieder des Arbeitskollegiums beträgt 3 Jahre. Wiederwahl ist zulässig.»Die Mitglieder wurden über die «Mitteilungen» rechtzeitig informiert und die Gesamt konferenz, bestehend aus insgesamt 18 Persönlichkeiten, war nun gefordert. Fünf Persönlichkeiten wur­den 1,5 Jahre vor der Wahl beauftragt, den Findungsprozess durchzuführen: Gioia Falk und Dr. Peter Krüger, die seit einem bzw. zwei Jah­ren im Arbeits kollegium mitarbeiteten, Barbara Messmer, Sebastian Bögner und Florian Roder von der Konferenz. Vom bisherigen Kollegium waren Jasmin Mer-tens, Hartwig Schiller und Michael Schmock bereit, sich weiterhin zur Verfügung zu stellen.Die Suche nach neuen Kandidat/innen für die einzelnen Aufgabenbereiche Forschung, Öffentlichkeitsarbeit, Mitgliederangelegen­heiten und Finanzen begann. Von 27 Namen, die genannt wurden, kam es mit vier Damen und sechs Herren zum Gespräch in der Gesamt­konferenz, woraus nach intensiven Beratungen folgende Kandidatenliste entstand:

Anthroposophie Weltweit • Mitteilungen Deutschland, August September 2014 7

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Vom bisherigen Arbeitskollegium: Jasmin Mertens, Hartwig Schiller, Michael SchmockNeue Kandidaten:Prof. Dr. Reinhold Fäth, Benjamin Kolass, Angelika Sandtmann, Falk ZientzAlle warteten nun auf die Kurz­Vorstellung der neuen Kandidaten, die im Vorfeld in den Mitteilungen zu ihren Zielen und zu sich selbst etwas schriftlich veröffentlicht hatten. Falk Zientz, 48 Jahre, geb. in Pfalzgrafenweiler; verheiratet, 2 Kinder; schon früh Engagement in öffentlichen Projekten; ehemals Zivildienst­leistender in einer Camphill­Einrichtung und Mitarbeiter in der GLS. Dort in der Öffent­lichkeitsarbeit und interner Kommunikation tätig und immer auf der Suche nach neuen Formaten oder Konzepten, um die Menschen zu erreichen. Gerne würde er seine vielseitigen Kontakte in die Öffentlichkeitsarbeit für die Anthroposophische Gesellschaft einbringen.Angelika Sandtmann, zwei Kinder und jetzt mit etwas mehr Zeit für Aufgaben außerhalb der Familie; Forschungsaufgaben im Harden­berg­Institut; seit 10 Jahren in der Redak­tion «die Drei». Interessensschwerpunkt ist die Forschungsförderung und zwar überall wo Forschung heute stattfindet und Geld nicht immer im Vordergrund steht, z. B. auch in Netzwerken. Benjamin Kolass, kommt vom Engelberg im Remstal, Studium in Berlin, Projekte in Dor­nach und jetzt wieder in Berlin. Als Selbstän­diger widmet er sich kulturellen Aufgaben – wie z. B. am Tschechow­Theater in Sachsen­Anhalt – und schafft dafür die finanziellen und rechtlichen Grundlagen. Die projekt­zeitung ist sein Werk und das neue Buch über das Werk von Paul Schatz. Es hat ihn gereizt, diese Mit­gliederversammlung spannend zu gestalten, und dafür den grafischen Entwurf zu liefern. Das Tätigkeitsgebiet von Prof. Dr. Reinhold Fäth ist die Bildende Kunst. Durch das Studium Kunst, Kunst­Therapie und Kunstgeschichte in Ottersberg wurde ihm die Anthroposophie eine Grundlage fürs Leben. Seine Disserta tion hatte das Thema: «Rudolf­Steiner­Design», woraus eine Ausstellung und Katalog sich entwickelten. Inzwischen bestehen viele inter­nationale Kontakte. Fragen in diesem Zusam­menhang und die Kommunikation nach innen und außen sind ihm ein Anliegen.Das Übungsfeld der übersinnlichen Wahrneh­mung ist ein großes Anliegen von Jasmin Mer-tens. Ebenso der Initiativenfonds 2, der Arbeits­zentren, Zweigen und Einzelmitgliedern Mut machen kann, eine Initiative zu starten, deren Finanzierung ohne diese Ausfall­Garantie evtl. nicht gewährleistet ist. Hartwig Schiller hat im Sommerurlaub 2013 die innere Gewissheit gefunden, die vielfäl­tigen Aufgaben im Arbeitskollegium und als General sekretär weiterhin wahrzunehmen, sofern die Mitgliedschaft dies wünscht. Für Michael Schmock zeigte der Verlauf die­ser Mitgliederversammlung, dass sich die Anthropo sophische Gesellschaft auf einem guten Weg befindet, sich für die Impulse der

Jugend öffnet. Daran möchte er weiterarbei­ten, dabei die Kontakte zu Gleichgesinnten wie Christengemeinschaft und Jugendsektion ausbauen. Die Frage, warum ein Arbeitskollegium beste­hend aus neun Mitgliedern?, wurde durch die auf allen Gebieten zunehmende Aufgaben­fülle beantwortet, und die Persönlichkeiten alle noch im Beruf stehen, für die Anthropo­sophische Gesellschaft, mit Ausnahme vom einem Teildeputat, ehrenamtlich tätig sind.

Teil III Mitgliederversammlung der Anthroposophischen Gesellschaft

Finanzbericht, Bericht des Wirtschaftsprüfers, Aussprache, Entlastung, Wahlen zum Arbeits­kollegium, Satzungsänderung21.06.14 17.00 – 19.00Versammlungsleitung: Dr. Peter Krüger und Hartwig SchillerBericht: Dr. Peter Krüger und Alexander ThierschModeration: S. Prendergast und B. Kolass

Dr. Peter Krüger eröffnete diesen Teil der Mit­gliederversammlung und begrüßte die Anwe­senden. Er erläu­terte zunächst den erstmalig von der Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft Daiber & Partner, Stuttgart, unter der Leitung Dr. Karlheinz Autenrieths und seinen Mitarbei-terinnen vorgelegten J a h r e s a b s c h l u s s des Gesamtvereins (siehe Seite 9 ff), des­sen Erstellung eine erhebliche Anstrengung für die Geschäfts stelle der Landesgesellschaft, die Arbeits zentren und Zweige erforderte. Alexander Thiersch, der Leiter der Geschäftsstelle, Heidrun Götz und Edwin Fischer haben unter großem Einsatz dafür gesorgt, dass der Abschluss zur Mitglie­derversammlung fertiggestellt und seit einer Woche wie angekündigt im Internet abgerufen werden konnte. Die Mitgliederzahl ging von 14.740 um 1.008 auf 13.732 zurück. Zusätzlich sind in der seit 2013 bestehenden Kategorie Ehrenmitglieder (Voraussetzungen: mind. 10 Jahre aktives Mit­glied und aus gesundheitlichen oder Alters­gründen jetzt nicht mehr in der Lage einen Beitrag zu leisten) noch weitere 323 Mitglieder zu berücksichtigen – insgesamt also ein Rück­gang an Mitgliedern von gut 9 %.Die Beiträge verringerten sich dagegen nur um 1 %, was darauf hindeutet, dass Karteibereini­gungen stattfanden und die jetzt zu Ehrenmit­gliedern Erklärten auch bisher kaum Beiträge bezahlen konnten.Der Allgemeinen Anthroposophischen Gesell­schaft sind seit über 20 Jahren unverändert 125 Franken/Mitglied/Jahr (Währungsabhängig ca. 8,40 Euro/Mitglied/Mon.) zugesagt. Allen internationalen Landesgesellschaften (mit Aus­

nahme der Schweizer) – und in Deutschland 2 Arbeitszentren – fällt es schwer, diesen Betrag aufzubringen. Deshalb wurde mit dem Schatz­meister am Goetheanum für die Jahre 2014 – 2016 vereinbart, den Betrag von mindestens 112,50 Franken (8 Euro/Mitglied/Mon.) zu überweisen. Wenn die Beiträge der Mitglieder ans Goetheanum aber höher sind, geht der gewidmete, höhere Betrag nach Dornach. Es ist zu hoffen, dass einige Arbeits zentren weiterhin in der Lage sind, aus Solidarität auch höhere Beiträge zu leisten.Was die Ausstattung der Förderstiftung Anthropo-sophie mit weiteren Zustiftungen und Zuwen­dungen betrifft, erläuterte Dr. Peter Krüger die dadurch erweiterten Möglichkeiten der Förde­rung von Projekten, als dies durch die AGiD geschehen könnte. Eine gewisse Konzen tra­tion findet dadurch statt, dass die Geschwister Scheider­Stiftung ihre lokale Aufgabe in Ans­bach erfüllt hatte und der noch vorhandene Betrag von ca. EUR 900.000 € an die Förder­stiftung Anthroposophie zugewendet wurde. Die 38 Rudolf Steiner-Häuser (davon 18 im Eigentum der AGiD, der Rest in nahe stehenden Bauvereinen) kommen, bei gleichzeitig

a b n e h m e n d e r Nutzer zahl, in die Jahre und werden zuneh­mend eine Last für die Zweige, Arbeitszentren und die Landes­g e s e l l s c h a f t . Eine Arbeits­gruppe sucht nach Lösungen. In Zukunft sollen die Immobilien

aktuell bewertet werden. Allein der hochge­rechnete, ungefähre Gebäude­Versicherungs­wert der 18 Immobilien bei den verschiedenen Versicherern beträgt 22 Mio. €. Viele der Häu­ser erwirtschaften ein Defizit!Justus Wittich, Schatzmeister am Goetheanum und Teilnehmer der Versammlung, wurde nach seiner Zufriedenheit mit der finanziellen Unterstützung durch die Deutsche Landes­gesellschaft befragt? Seine Antwort: In der Vergangenheit ja! Für die Zukunft besteht die Hoffnung, dass trotz rückläufiger Mitglieder­zahlen die Beiträge nicht wesentlich zurück­gehen. Auf die Frage, wie die Landesgesellschaft mit den 3 Mio. € freien Rücklagen umzugehen gedenkt, antwortete Dr. Peter Krüger, dass diese zum großen Teil in Zweigen liegen, und die Herkunft der Mittel genau zu klären sein wird. Dies wird in der Zusammenarbeit mit den Zweigen und Arbeitszentren in den näch­sten Monaten geschehen. Es wird dann zu entscheiden sein, ob die Rücklagen aufgelöst werden oder durch das Arbeitskollegium per Beschluss neu zu bilden sein werden. Alexander Thiersch teilte mit, dass mit Nach­druck an einer neuen EDV­Lösung gearbei­tet wird, durch deren Einführung die Arbeit

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auf allen Ebenen der Gesellschaft erleichtert würde. Anschließend folgte der Bericht des Rechnungs­prüfers Dr. Karlheinz Autenrieth, der den vorge­legten Jahresabschluss erläuterte. Der einheit­liche Kontenrahmen wird noch nicht überall eingesetzt. Die Art der Rücklagen ist besonders in den Zweigen exakter zu dokumentieren. Dort wird es zusätzliche Prüfungen geben. Den Finanzverantwortlichen auf allen Ebenen wurde herzlich gedankt.Im Namen des Arbeitskollegiums bittet der Schatzmeister, die Mitgliederversammlung möge den Rechenschaftsbericht des Arbeits­kollegiums und die Jahresrechnung zum 31. Dezember 2013 genehmigen.Die Abstimmung erfolgte durch Handzeichen und ergab die einstimmig genehmigte Ent­lastung für Rechenschaftsbericht und Jahres­rechnung bei 9 Enthaltungen.Thomas Wiehl dankt dem Arbeitskollegium für seine Arbeit und bittet die Mitgliedschaft um Entlastung des Vorstands. Dr. Peter Krüger erläutert den Anwesenden die rechtlichen Fol­gen der Entlastung.Die Abstimmung erfolgte durch Handzeichen und ergab: bei drei Enthaltungen wird der Vorstand ein­stimmig entlastet. Im Namen aller Mitglieder des Arbeitskollegiums dankte Herr Dr. Krüger den Anwesenden für das Vertrauen.Der Schatzmeister bittet die Mitglieder­versammlung, Daiber & Partner mit Dr-. Karlheinz Autenrieth an der Spitze als Rechnungsprüfer für die Jahresrechnung 2014 zu bestellen.Die Abstimmung erfolgte wiederum durch Handzeichen und ergab: Dr. Autenrieth wird einstimmig als Rechnungsprüfer für die Jahres­rechnung 2014 des Gesamtvereins bestellt. Herr Dr. Autenrieth erklärte dazu die An nahme der Wahl und bedankte sich für das Vertrauen. Nun folgten die Wahl neuer Vorstands­mitglieder und die Bestätigung von Gioia Falk als Generalsekretärin, Versammlungs­leitung: Hartwig Schiller. Auf Befragen erklärte eine Vielzahl von Mit­gliedern, dass die Wahl der neuen Vorstands­mitglieder bzw. die Wiederwahl geheim durch­zuführen sei. Dr. Peter Krüger erläuterte den Wahlvorgang anhand der beim Eintritt in den Versammlungssaal ausgegebenen Stimm zettel. Die Auszählung werde durch die Mitarbeiter­innen der Landesgeschäftsstelle und Helfer­Innen nach der Abgabe der Stimmzettel erfol­gen und das Ergebnis am Abend schriftlich per Aushang mitgeteilt sowie am nächsten Vormittag im Plenum verkündet. Eingeleitet wurde der Vorgang mit der Bestätigung von Gioia Falk als zweite Generalsekretärin mit großer Mehrheit, keine Gegenstimmen, 4 Enthaltungen.

Es wurde festgestellt, dass 230 Mitglieder an der Vorstandswahl teilgenommen haben. Das Ergebnis lautet:

Ja Nein Enthaltung

Reinhold Fäth 202 6 22Benjamin Kolass 210 7 13Jasmin Mertens 208 4 18Angel. Sandtmann 214 2 14Hartwig Schiller 208 9 13Michael Schmock 219 4 7Falk Zientz 209 5 16

Durch Michael Schmock einzeln befragt, nah­men alle Gewählten die Wahl unter großem Beifall der Versammlung an.Hartwig Schiller bittet sodann die Mitglie­derversammlung, Gioia Falk als weitere General sekretärin zu bestätigen. Er erläu­tert den Antrag und erinnert zunächst daran, dass Gioia Falk im letzten Jahr in Berlin von der Mitgliederversammlung auf Vorschlag der Gesamtkonferenz als Mitglied des Arbeits­kollegiums gewählt wurde. Auf Wunsch der Konferenz sei die gleichzeitige Bestellung und Bestätigung als Generalsekretärin zurück­gestellt worden. Jetzt, nach Ablauf eines Jahres sei auch die Konferenz davon überzeugt, dass die Zeit reif sei für die Bestätigung. Er bittet die anwesenden Mitglieder um das Hand­zeichen für die Zustimmung und stellt nach der Auszählung fest, dass Gioia Falk einstimmig, bei 4 Enthaltungen, als zwei­te Generalsekretärin bestätigt worden ist. Gioia Falk dankt den Mitgliedern für das mit der Bestätigung entgegengebrachte Vertrauen und erklärt, dass sie das Amt gerne annehme.Sebastian Boegner, Arbeitszentrumsvertreter aus Berlin, erläuterte den Antrag auf Ände­rung der Satzung, der in den «Mitteilungen» gleichzeitig mit der Einladung zur Mitglieder­versammlung bekannt gegeben worden war. Er bittet die Mitgliederversammlung, dem Vor­schlag zur Änderung der Satzung in Bezug auf die Willensbildung in der Gesamt konferenz als Satzungsorgan und die Frist für Vorschlä­ge zur Wahl der Mitglieder des Arbeits­kollegiums zuzustimmen.Der Versammlungsleiter wies darauf hin, dass gemäß der Satzung (Paragraph Nr. 8.8) für Beschlüsse über die Änderung der Sat­zung eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder erforderlich sei. Er stellte die Anwesenheit von 240 stimmbe­rechtigten Mitgliedern fest und erklärte, dass demnach 160 Stimmen für die Satzungsän­derung erforderlich seien. Auf Wunsch einiger Mitglieder wurde geheim unter Verwendung der beim Eintritt in den Versammlungssaal ausgegebenen Stimmzettel abgestimmt. Der Versammlungs leiter erklärte ferner, dass die Auszählung der Stimmen nach der Mitglieder­versammlung durch die Mitarbeiterinnen der Landesgeschäftsstelle erfolgen werde.Die Auszählung ergab: Es wurden 228 Stimm­zettel abgegeben. Es stimmten 212 Mitglieder (92,98 %) für die Satzungsänderung, Gegen­stimmen 5, Enthaltungen 11. Damit ist die Satzung gemäß dem mit der Einladung zur Mitgliederversammlung bekannt gegebenen Entwurf geändert.

Zum Abschluss teilte Hartwig Schiller mit: Die Mitgliederversammlung 2014 fin­det vom 19. – 21.06.2015 in Kassel statt. Die erkennbare Mehrheit der Anwesenden begrüßte den Vorschlag des Arbeitskollegiums. Damit schloss er die Versammlung, dankte den Vorbereitern und allen Mitwirkenden für ihren Einsatz sowie den Mitgliedern für ihre kon­struktiven Voten und wünschte einen guten Nachhauseweg. Zum Abschluss konnten die Teilnehmer den Klavier­Improvisationen von Manfred Bleffert lauschen, der das Geschehen im Teil III der Versammlung aufgriff. Dabei entwickelte sich das anfängliche Grummeln zu musikalischen Lichtblicken.

Stuttgart, am 28. Juni 2014

Die Versammlungsleiter:Hartwig Schiller, Michael Schmock, Dr. Peter Krüger

Der Protokollführer:Gebhard Rehm

Zur Eröffnung der Tagung «AnthroposoWie?» durften wir den strahlenden Klang des Cam­pus­A­Orchesters (CAO) mit den Werken «Adagio» von Samuel Barber und «Ulysses» von Rainer Fabich erleben.Dieses Studentenorchester gehört zu den semi­narübergreifenden Initiativen auf der Uhlands­höhe und besteht inzwischen seit 2 Jahren. Die Seminaristen der verschiedenen anthropo­sophischen Einrichtungen musizierten regel­mäßig unter der Leitung von Herrn Matthias Fuhrmann und realisierten mit ihrem Programm klassischer Musik bereits etliche Aufführungen, Sommer­ und Weihnachts konzerte an ver­schiedenen Schulen und Ausbildungsträgern und öffentlichen Bühnen.Ein Beispiel der Zusammenarbeit nahmen wir wahr, als Studenten des dritten Jahres der Ausbildung am Eurythmeum eindrucksvoll das «Adagio» von Samuel Barber begleiteten.Zudem hat sich noch eine Campus­A­Big­Band (CABB) gebildet, in der Dozenten, Stu­denten und Freunde des Jazz miteinander auf­treten. Bei herrlichem Sommerwetter ertönte während der Tagung der heitere Klang der Big Band am Abend vor dem Saalbau und sorgte noch einmal für gute Stimmung bei Jung und Alt im Nachtcafé, wo außerdem junge Teilnehmer geplante und spontane Beiträge aufführten.Die Arbeit von CAO und CABB wird weiter fortgesetzt und gibt damit Studenten der ver­schiedenen anthroposophischen Ausbildungs­träger Begegnungsräume zum Austausch in der nationenübergreifenden Sprache der Musik und leistet darüber hinaus einen überaus wert­vollen Beitrag in der Öffentlichkeitsarbeit des Campus A, dessen gedeihliche Entwicklung somit auch in dieser Jahrestagung spürbar wurde.

Arnhild Beysiegel, Stuttgart

Das CampusA-Orchester

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A n t h r o p o s o p h i s c h e G e s e l l s c h a f t

Jahresrechnung 2013Bericht des Schatzmeisters und Geschäftsführers für das Jahr 2013

Liebe Mitglieder,

bereits vor drei Jahren wurde dem Rechnungs­wesen der AGiD ein einheitlicher Konten­rahmen zugrunde gelegt. Auf dieser einheit­lichen Grundlage liegen die Buchhaltungen der Zweige, Arbeitszentren und der Landesge­schäftsstelle in der zusammengefassten Dar­stellung der Jahresrechnung des Gesamtver­eins zum 31.12.2013 jetzt mit dem Bericht unserer Steuerberater über die Aufstellung der Jahresrechnung vor. Mit der Jahresrech­nung des Gesamtvereins legen wir ferner die Jahresrechnung und das Budget der Landes­geschäftsstelle, sowie eine zusammenfassende Darstellung der Stiftungstätigkeit vor. Hier ist der Ort, allen Beteiligten, den Finanzverant­wortlichen der Zweige und Arbeitszentren, den Mitarbeiterinnen der Landesgeschäftsstel­le und auch Edwin Fischer, der – wie seit Jah­ren – die Ergebnisse der Arbeitszentren konso­lidiert hat, für ihre großen Anstrengungen sehr herzlich zu danken. Uns ist bewusst, dass die Arbeit vor allem durch steuerrechtliche Vorga­ben, aber auch wegen der örtlich sehr unter­schiedlichen Bedürfnisse immer komplexer und umfangreicher wird, und wir wiederholen gerne unser Angebot, jederzeit technische und inhaltliche Hilfe durch die Landesgeschäfts­stelle zu leisten. Im Folgenden berichten wir über wesentliche Vorgänge im Berichtsjahr, die sich im Jahresab­schluss niedergeschlagen haben: Zunächst ist wahrzunehmen, dass der Rück­gang unserer Mitgliederzahlen sich von Jahr zu Jahr verstetigt. Im vergangenen Jahr sind die Mitgliederlisten nach tiefgreifenden Klä­rungen der Mitgliedschaften in den Zweigen, Arbeitszentren und in der Landesgeschäfts­stelle auf den neuesten Stand gebracht wor­den. Danach stellen wir fest, dass die Mitglie­derzahl im Berichtsjahr von 14.740 um 1.008 auf 13.732 zurückgegangen ist, das sind fast 6,9 %. Außerdem sind weitere 323 Mitglieder von der Beitragspflicht befreit worden (sog. Ehrenmitglieder1). Die Summe der Beiträge ist gegenüber dem Vorjahr dennoch nur geringfügig gesunken, so dass wir annehmen dürfen, dass die Bei­tragsfrage wieder stärker ins Bewusstsein der Mitgliedschaft gerückt ist. Die Spenden sind allerdings erheblich niedriger ausgefallen und bleien 40 % hinter dem Vorjahresaufkommen zurück; sie erreichen auch bei Weitem nicht das Spendenaufkommen der Jahre 2011 und 2010. Dieser Umstand ist u. a. darauf zurückzufüh­ren, dass sich die WELEDA AG entschlossen hat, die bisher der AGiD zugeflossenen Spen­

den jetzt der Förderstiftung Anthroposophie zuzuwenden, und zwar mit der konkreten Auflage, diese Spenden zur Förderung der Hochschule für Geisteswissenschaft einzuset­zen. Der Spendenaufruf im Herbst hat seine Wirkung nicht verfehlt und mehr als € 100.000 eingebracht. Dafür bedanken wir uns bei allen Spendern sehr herzlich. Die Zuwendungen aus Erbschaften und Vermächtnissen erreich­ten einen Betrag in Höhe von € 1.227.000 und bleiben damit etwa 25 % hinter dem außeror­dentlichen Ergebnis des Vorjahres zurück. Auf der Ausgabenseite treten nach wie vor die Beiträge in Höhe von € 1,5 Mio. und sonstige Zuwendungen für Dornach in Höhe von € 0,5 Mio. besonders hervor. Darüber hinaus hat die AGiD ihre Zuwendungen zur Erfül­

1 Ehrenmitglieder in der Anthroposophischen Gesellschaft sind solche, die über mindestens ein Jahrzehnt treu mitgearbeitet und ihre Beiträge geleistet haben, aus Altersgründen oder anderen Gründen heute keinen Beitrag mehr leisten können. Fortsetzung Seite 10

Im «Ideellen Bereich» wird die eigentliche Vereinstätigkeit dargestellt, durch die die intendierten Zwecke der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland e. V. steuerbefreit umgesetzt werden. Im steuerbegünstigten Zweckbetrieb werden Vorgänge abgebildet, die dazu beitra­gen, unsere gemeinnützigen Satzungsziele zu erreichen – diese Vorgänge wären sonst dem sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen. Im steuerpflichtigen Wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind Geschäftsvorgänge zu verbuchen, in denen wir in Konkurrenz mit anderen Wirtschaftstreibenden treten. Schließlich tauchen in der Vermögensverwaltung Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit bestehendem Vermögen auf.

lung der Satzungszwecke im vergangenen Jahr nochmals erheblich gesteigert, nachdem die Zuwendungen zur Förderung und Pflege der Anthroposophie in Deutschland bereits im Jahre 2012 stark angehoben wurden. Die Mitarbeitereinkommen sind im Berichtsjahr geringfügig zurückgegangen, was u. a. darauf zurückzuführen ist, dass eine freie Stelle in der Landesgeschäftsstelle vorübergehend nicht besetzt werden konnte. Auch im Berichtsjahr konnten die Reisekosten weiter gesenkt wer­den, während die allgemeinen Verwaltungsko­sten nach erheblichen Einsparungen im Jahre 2012 im Berichtsjahr auf demselben Niveau geblieben sind. Die Ausgaben der Zweige, Arbeitszentren und der Landesgeschäftsstelle für wissenschaftliche und künstlerische Veran­

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staltungen konnten im Berichtsjahr um mehr als € 120.000 auf ca. € 650.000 gesteigert werden. Darin zeigt sich eine Belebung der Kulturarbeit, die auch darauf zurückzuführen ist, dass Zweige und Arbeitszentren aus dem Initiativenfonds 1 Mittel für die Kulturarbeit in Höhe von ca. € 54.000 öffentlichkeitswirksam eingesetzt haben. Über unsere Stiftungen haben wir weitere För­derungen im Sinne der jeweiligen Stiftungs­zwecke in Höhe von insgesamt ca. € 460.000 vorgenommen. Im Berichtsjahr haben wir die im letzten Geschäftsbericht angekündigten Schritte zur Konsolidierung unserer Stiftungen umgesetzt. Da die Geschwister­Scheider­Stif­tung in Ansbach ihre örtlich begrenzten Ziele erfüllt hatte, und damit die weitere Tätigkeit dieser rechtlichen unselbständigen Stiftung nicht mehr erforderlich war, ist die Stiftung mit Wirkung zum 11. September 2013 aufgelöst worden. Das Vermögen in Höhe von ca. € 900.000 ist nach Maßgabe der Stiftungssatzung der AGiD zugeflossen. Das Arbeitskollegium und der Stiftungsrat der Förderstiftung Anthro­posophie haben beschlossen, einen Teilbetrag aus dem Vermögen der Geschwister­Scheider­Stiftung in Höhe von € 700.000 auf dem Wege der Zustiftung in das Grundstockvermö­gen der rechtlich selbständigen Förderstiftung Anthroposophie einzubringen. Ein Betrag in Höhe von ca. € 36.000 wird der Förderstiftung zur Finanzierung von Fördermaßnahmen als weitere Spende zugewendet und restliche € 100.000 bleiben als zweckgebundene Rückla­gen im Vermögen der AGiD, die daraus dann in den Jahren 2014 und 2015 jeweils € 50.000 für die Forschungsförderung ausgeben wird. Das Arbeitskollegium hat ferner Zuwendungen aus dem Vermögen der Gesellschaft in die freien Rücklagen der Förderstiftung Anthroposophie in Höhe von € 1.000.000 beschlossen. Diese Zuwendungen sind mit der Auflage verbunden, in den nächsten fünf Jahren jeweils € 200.000 für die Projektförderung zu verwenden. Die Projekte werden von den in der Stiftungssat­zung beschriebenen Stiftungsbeiräten entwi­ckelt und durchgeführt. Mit weiteren Schritten zur Konsolidierung unserer Stiftungen gehen wir auf die rechtlich unselbständige Stiftung zur Forschungsförderung (Dr. SchmidtSagody­Stiftung) zu. Wir erwarten als Ergebnis der finanziellen und personellen Neustrukturie­rung unserer Stiftungen eine Aktivierung und Belebung der Fördertätigkeit auf allen Gebie­ten der Anthroposophie. Seit Jahren beschäftigt uns die Immobilien­frage. In den Jahresabschlüssen wird Jahr für Jahr ein Fehlbetrag ausgewiesen, weil die Ein­nahmen aus unseren Liegenschaften nicht ausreichen, um die Ausgaben zu decken. Diese Lücke muss zwangsläufig aus dem Vermögen der Gesellschaft geschlossen werden, das aber dazu bestimmt ist, unsere ideellen Zwecke zu verwirklichen. Auf diese Weise wird von den Mitgliedern, die den Vorzug genießen, für ihre örtliche Zweigarbeit Liegenschaften der Gesellschaft zu nutzen, ohne die finanziellen

Lasten allein tragen zu können, die Solida­rität der Mitgliedschaft in ihrer Gesamtheit herausgefordert. Nicht alle Zweighäuser tra­gen zum Verlust bei. Einige befinden sich in gutem Zustand und werden so verwaltet und wirtschaftlich genutzt, dass sie Erträge abwer­fen und die Verwaltungs­ und Erhaltungsko­sten getragen werden können. Das gilt aber bei Weitem nicht für die Mehrzahl unserer Zweighäuser. Vor diesem Hintergrund hat die Gesamtkonferenz im März 2013 beschlossen, einen Instandhaltungsfonds einzurichten, der aus den vorhandenen Rücklagen der Zweige und aus Mitteln der Landesgeschäftsstelle gebildet werden soll. Der Beschluss ist im Jahre 2013 noch nicht umgesetzt worden, seine Folgen sind deshalb auch im vorliegenden Jah­resabschluss noch nicht erkennbar. Wir haben es für richtig gehalten, die Umsetzung des Beschlusses zurückzustellen und zunächst die

Frage zu klären, ob alle unsere Zweighäuser tatsächlich gebraucht werden, um «die von Rudolf Steiner begründete Anthroposophie zu pflegen und weiter zu entwickeln und die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft zu fördern», wie es in unserer Satzung heißt. Die Frage kann nicht am Grünen Tisch beant­wortet werden. Wir wollen jeden Einzelfall betrachten und haben bereits damit begonnen, Gespräche mit den verantwortlichen und inte­ressierten Mitgliedern zu führen. Dazu besteht auch Gelegenheit während der nächsten Mit­gliederversammlung im Arbeitskreis mit Udo Herrmannstorfer. Wir müssen alle Anstren­gungen darauf richten, das wertvolle Immo­bilienvermögen der Gesellschaft, möglichst im Einklang mit den örtlichen Bauvereinen, so zu verwalten, dass nicht nur die Kosten von

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Erhaltung und Verwaltung gedeckt werden, sondern sich darüber hinaus möglichst noch Gewinne ergeben, aus denen das Geistesle­ben zusätzlich gefördert werden kann. Da der Sachverhalt sehr komplex ist, und sich für die Darstellung innerhalb des Geschäftsberichts nicht eignet, werden wir noch in diesem Jahr eine differenzierte Darstellung für die Mit­gliedschaft veröffentlichen. Einen Ausblick auf das Jahr 2014 gewährt das veröffentlichte Budget der Landesgeschäfts­stelle mit einem Fehlbetrag von T€ 126. Die Planung für das laufende Geschäftsjahr und die beiden folgenden berücksichtigt die zu

erwartenden sinkenden Mitgliederzahlen und den daraus folgenden Rückgang der Beiträ­ge. Durch mehr Mitarbeitende im Arbeitskol­legium und die Besetzung aller Planstellen steigen die Mitarbeitereinkommen an. Hier zeichnet sich zudem eine Entwicklung ab, die von manchen als «Professionalisierung» bezeichnet wird, was den Umstand positiv beschreibt, dass die Möglichkeiten der ehren­amtlichen Mitarbeit in der Verwaltung unserer Gesellschaft mit dem fortschreitenden Alter unserer Mitglieder, aber auch aus anderen Gründen immer geringer werden. Wir sind davon überzeugt, dass wir der Entwicklung entgegentreten müssen, indem wir einerseits das Interesse an der ehrenamtlichen Mitarbeit

in der Gesellschaft fördern, und andererseits die Mitgliederverwaltung und die Finanzver­waltung stärker konzentrieren und unter den Arbeitszentren und der Landesgeschäftsstelle stärker kooperieren. Allen unsren Mitgliedern, die uns auch im vergangenen Jahr mit ihren Beiträgen, Spen­den mit Rat und Tat unterstützt haben, danken wir sehr herzlich und schließen diesen Bericht mit der Bitte, nicht nachzulassen, die Anthro­posophische Gesellschaft in Deutschland zu stützen und zu fördern.

Leipzig, Stuttgart den 16.05.2014 Dr. Peter Krüger Alexander Thiersch

Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland e.V.

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Sergej Olegovitch Prokofieff †In der ersten Stunde des Samstags am 26. Juli 2014 ist Sergej Olegovitch Prokofieff über die Schwelle gegangen.Am 16. Januar 1954 geboren, fasste er bei einem Kindheitsbesuch im «Haus des Dich­ters» mit einer riesigen Bibliothek, das der Maler, Schriftsteller und Theosoph Maximilian Woloschin in Koktebel auf der Ostkrim gebaut hatte, einen lebensweisenden Entschluss. Hier begegnete er den Schriften Rudolf Steiners, die ihm ein unmittelbares Wahrheits­ und Schönheitsempfinden vermittelten und seine Zukunft bestimmen sollten.Eine Jugend in der Sowjetunion ermöglich­te ihm trotz äußerer Schwierigkeiten, eine immense Werkkenntnis Rudolf Steiners auf­zubauen.Hier begann ein Leben mit und für die Anthropo sophie, das ihn in die Verantwor­tungen als Generalsekretär und Vorstand am Goetheanum führte.Er fühlte sich insbesondere dem geistigen Kern der Gesellschaft, der Anthroposophie und ihrem Begründer Rudolf Steiner verbun­den. Daraus schöpfte er die Kraft als Vortrags­redner und Verfasser umfassender Schriften. Seine Kernthemen waren die geisteswissen­schaftlichen Fundamente und christologischen Grundlagen der Anthroposophie.In den letzten Jahren arbeitete er an Kommentar bänden zu den von Rudolf Steiner gegebenen Klassenstunden der Freien Hoch­schule für Geisteswissenschaft.Trotz seiner schweren Erkrankung gelang es ihm, diese Arbeit abzuschließen.Mit derselben Energie, mit der er sich seinem Lebenswerk widmete, verfolgte Sergej Pro­kofieff das Leben in und um die Anthropo­sophische Gesellschaft. Die ihm eigene Gewissen haftigkeit und Absolutheit war ihm Maßstab auch für andere, besonders jene Men­schen, die sich dem Werk Rudolf Steiners verbunden fühlten. Dabei hatte er ein klares Unterscheidungsbedürfnis zwischen Schein und Sein, zwischen Vorgeblichkeit und Wahr­heit. Wo er die Wertigkeiten verschoben sah, griff er energisch ein. Gegensätze wurden dabei manchmal zu Feindschaften.Begegnete man ihm privat, traf man den freundlichsten, liebenswürdigsten Menschen. Bei anderer Gelegenheit erlebte man den umfassend gebildeten und scharfsinnigen Gesprächsteilnehmer, der sich durch intellek­tuelle Brillanz nicht ins Bockshorn jagen ließ.Sein Erdenabschied war unmittelbar vor einer Tagung am Goetheanum, in der die 19 Klassen­stunden in freier Gestaltung gehalten wurden. Dadurch konnten zahlreiche seiner Freunde anwesend sein, welche seine Aufbahrung in der Schreinerei, die anschließende Totenfeier und die spätere Gedenkfeier miterlebten.Sie alle fühlten sich in der Verehrung eines hochgeschätzten Freundes tief verbunden.

Hartwig Schiller

Beim Expertenkolloquium »Philosophie und Anthroposophie« an der Alanus Hochschule in Alfter, das zweimal jährlich stattfindet, geht es in irgendeiner Weise immer um den Über­gang des philosophischen zum esoterischen Rudolf Steiner an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Kompetente Beiträge gibt es dort zu hören, oft ist aber zu wenig Zeit fürs Gespräch; aber immer ist es interessant. So war es auch am 24. Mai 2014. Im Rahmen dieses Kolloquiums gab es diesmal Gelegenheit, Chri-stian Clement, den Herausgeber der Kritischen Ausgabe von Werken Steiners (SKA), kennen­zulernen. Er referierte «Zum Einfluss der Spät­philosophie Schellings auf die Ausbildung des Esoterischen bei Rudolf Steiner». Ähnlich wie Steiner von der Philosophie zur Theosophie Blavatskys und Besants hat auch Schelling in seiner Spätphilosophie einen von der Theo­sophie Jakob Böhmes und Franz von Baaders inspirierten Umschwung vollzogen. Zwar hatte sich Steiner auch schon vor der Jahrhundert­wende auf Schelling bezogen, aber Schellings theosophisch geprägte Spätphilosophie trat für ihn wohl erst in den Vordergrund, als er auch selbst in die Theosophie einbog.Man kann sich vorstellen, dass Schelling für Steiner in dieser Zeit ein wichtiger Orien­tierungspunkt war. Clement zeigte das an verschiedenen Textstellen auf, in denen Steiner sich implizit auf Schelling bezieht, und stellte dar, inwiefern Steiner mit Schelling über die intellektuelle Anschauung hinausging und wie sich für ihn im sich selbst erfahrenden Selbst­bewusstsein die ganze Welt entfaltet. Das Ich war und ist bei der Schöpfung immer schon dabei und ebenso in aller Welt – der mensch­liche Geist ist in den Dingen. Clement ging damit über seine Einleitung zum bereits vor­liegenden 5. Band der SKA1 und – nach seiner Aussage – auch über diejenige zum demnächst erscheinenden Band 7 hinaus, wo er die Konti­nuität zwischen Idealismus und der Erkenntnis höherer Welten noch nicht in dieser Konkret­heit herausarbeiten konnte.Anschließend ergänzte der Philosoph Terje Sparby Gesichtspunkte der Beziehung zwi­schen Steiner und Hegel. Das sich auf beide Beiträge beziehende sachliche und kon­struktive Gespräch drehte sich vor allem um bewusstseinsphilosophische Fragen und das geistesgeschichtliche Scheitern des Idealismus, um die Erweiterung, die Steiner gegenüber dem Idealismus vornahm und auch um die Frage, wie man sich eigentlich den viele Meter philosophische Literatur lesenden Steiner vor­zustellen habe, und welche Rolle dabei philo­sophische Handbücher gespielt haben mögen. Von verschiedenen Seiten wurde auch betont, dass nicht nur der Idealismus für Steiner, son­dern Steiner auch für die heutige Idealismus­Forschung bedeutsam sei.Nachmittags rezensierte Hartmut Traub – Fichte­Spezialist und Autor der umfangreichen Arbeit «Philosophie und Anthroposophie» und als solcher regelmäßig Beitragender des Kollo­

quiums – dann ausführlich Band 5 der SKA. Neben großem Lob für die kritische Ausgabe des Steiner­Textes und für den Stellenkommen­tar und einem vernichtenden Urteil über das Vorwort des Schweizer Mystikforschers Alois Haas vermisste Traub in der grundsätzlich mit Zustimmung beurteilten Einleitung von Cle­ment – unter anderem und vor dem Hinter­grund seiner Profession – die Bedeutung Fichtes für Steiners Esoterik. Leider waren sein und die noch folgenden Beiträge so lang, dass es zu dem sicherlich von vielen erwarteten Gespräch über Band 5 der SKA gar nicht mehr kam. Allerdings wäre auch dieses Gespräch sicherlich wieder philosophisch und konstruktiv verlaufen. Von der mancherorts extrem aufgeladenen Diskussi­on über die von Christian Clement herausgege­bene SKA war in der 25­köpfigen Forscherrun­de jedenfalls nichts zu spüren.Christian Clement hat sich als kompetenter und begeisterter Erforscher der geistigen Welt Steiners gezeigt, der aus innerer Kenntnis und Verbindung mit dem Werk Steiners spricht. Auf den voraussichtlich im August erschei­nenden Band 7 der SKA, der «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» und «Die Stufen der höheren Erkenntnis» enthalten und kommentieren wird, darf man gespannt sein.

Anna-Katharina Dehmelt, Alfter

1 Rudolf Steiner: Schriften – Kritische Ausgabe, herausgegeben von Christian Clement: Band 5: Schriften über Mystik, Mysteri-enwesen und Religionsgeschichte: Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung – Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums, Verlag Frommann-Holzboog, Stuttgart 2013. Vgl. auch David Marc Hoffmann: Eine zuver-lässige Forschungsgrundlage. Rudolf-Steiner-Schriften als kritische Ausgabe, in DIE DREI 10/2013

Anthroposophie und Philosophie

Die Edition Widar(an) Die Edition Widar trägt den Namen eines Engelwesens: Widar. Widar ist der große Schweiger. Mit der Kraft seines Schweigens hält er die Zukunft offen. Widar stellt seinen Schuh in den Rachen des Drachens – so kann der Drache nicht das Maul alles ver­schlingend zuschlagen. Im Hintergrund wirkt Widar mit Michael zusammen. Michael, der führende Zeitgeist, weist den Menschen Wege zum Geist, auch Wege zu Christus. Aber der Mensch muß sie schon selber gehen. Widar hilft hier, indem wir standhalten den finsteren Widersachermächten – und das immer wieder und wieder. Die Edition Widar wird heraus­gegeben von Steffen Hartmann und Torben Maiwald. In diesem Sommer ist erschienen:Anton Kimpfler/Torben Maiwald/Steffen Hartmann (Herausgeber): Aus Widars Wirken Sammelband.Dieser Band wird erstmals eine größere Anzahl an – zum Teil eigens für diese Ausgabe ver­faßten – Aufsätzen und Zitaten zum Erzengel Widar, dem großen Geist des Nordens und entscheidendem Wegbereiter des Christus im Ätherischen, versammeln.

Bestellungen über: WEGE – Buchhandel und Verlag, Scheffelstra-ße 53, 79102 Freiburg.

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Nun sind wir angekommen beim hundertsten Jahrestag des Kriegsausbruches von 1914, und es lässt sich manches daraus lernen – wenn man will. Auffällig ist schon die Präsenz im öffentlichen Bewusstsein für dieses Thema, obwohl vielen Menschen gar nicht danach zumute ist. Was verfolgt uns da? Daran, dass so kurze Zeit nach diesem millionenschweren Menschenopfer sich noch riesigere Abgrün­de des Menschenmöglichen auftun konnten, ist ablesbar, dass es nicht mehr ‚nur‘ auf das Verwandeln durch den Tod ankommt. Das Ver­wandeln im wachen Bewusstsein, der freie Entschluss, alte Bahnen zu verlassen, das Sich­Umbequemen aus freien Stücken sind Bedin­gung geworden für wirklich freies Mitarbeiten an der Welt. Trotz aller Gräuel war dieser Krieg kein reinigendes Gewitter, nichts zum nachher so Fort­Trotten wie zuvor. Markus Osterrieders ‚Welt im Umbruch‘, im Mai gerade zur rechten Zeit erschienen, macht Rudolf Steiners Kern­aussagen zur sozialen Frage vor der öffentlich anerkannten Wissenschaft stichhaltig. Das ist Markus Osterrieder hoch anzurechnen! Man darf also behaupten: Nationales Bewusstsein war für Mittel­ und Osteuropa nicht recht geeignet schon vor 1914. Den Einheitsstaat nicht zu entwirren ab 1918/19 führte Mitteleu­ropa ins furchtbar Perverse, was uns Menschen in Deutschland ins historische Gewissen einge­brannt bleibt. Wie gehen wir 2014 damit um?Diese Frage bewegte mich dazu, in diesem Jahr irgendwo in Deutschland eine Zusam­menkunft zustande zu bringen zur dreimal dreiunddreißig­und­etwas­jährigen Einholung durch die sogenannte Ur­Katastrophe nach Ablauf des Kali Yuga. Eine Zusammenkunft mit beteiligten Menschen aus damals in Mitleiden­schaft gezogenen Ländern sollte es werden. Franziska Bücklers ergänzte das Vorhaben mit der Idee, auch Jugendliche ins Geschehen einzubeziehen. Eine einzige Waldorfschu­le bewarb sich für die in ganz Deutschland ausgeschriebene Tagung. Diese eine, Sorsum, idyllische Dorf­Waldorfschule 15 km süd­westlich von Hannover, erwies sich als genau die Richtige. Trotz örtlicher Distanz zwischen Köln/Bonn und Sorsum kam es zu einer sehr, sehr angenehmen Zusammenarbeit zwischen Weißdornzweig und Schule. Letztlich brach­te die Schule eine Menge Idealismus in die Unternehmung ein, was sich auch in Gast­freundlichkeit und beim Budget erwies.Übernational geschwisterlich sollte es zugehen bei dieser Drei­Tage­Tagung ab Himmelfahrt – mit Elftklass­Schülern, Auszubildenden und Studierenden der Uni Leipzig, Hildesheim und Lüneburg, mit hie und da Studieren­den von Anthroposophie. Helmuth von Moltkes tragischer Schicksalserfüllung, seinen geläu­terten post­mortem­Reflexionen und ­visi­onen wurde die Lebens­Leidens­Aufbauarbeit von Edith Maryon und Christian Morgenstern beigemischt, zur Aufdeckung noch immer ver­

borgener geschichtlicher Werdegänge hinzu kamen Schüler­Eurythmie und Merz­Theater­Eurythmie, gab es Musik. Beiträge in franzö­sischer und russischer Sprache gesellten sich zu englischem Akzent, zu schweizerisch und österreichisch tingierter Sprache und zu mit flandrischem Deutsch vorgetragenen Morgen­stern­Zeilen. Irgendwie wurde das Ganze zu einer kleinen ‚Sterntaler‘­Tagung, gelang doch letztlich Vieles von dem Intendierten, bis hin zum vagen Gelde.Bei Veröffentlichung des Vorhabens noch Wag­nis, stellten bald der Initiativenfonds Nord­rhein­Westfalen, später auch die Anthropo­sophische Gesellschaft in Deutschland Geld bereit; an der Tagung Teilnehmende und die Tagung für unterstützenswert haltende Men­schen machten einen Teil der Gesellschafts­mittel überflüssig. Dafür sind wir sehr dankbar. Insgesamt etwa zweihundert Menschen nah­men an dem Geschehen ganz oder zeitweise teil und bei einzelnen Teilnehmenden entstand

der Wille, andernorts in der Welt fortzufahren mit dieser Art menschlicher Verständigung. Der Pressevertreter der ‚Hannoverschen All­gemeinen‘ fragte kritisch, wirkte skeptisch, doch titelte dann ‚Zimmern an gemeinsamer Welt – Anthroposophen arbeiten bei Konfe­renz in Sorsum an Überwindung des Natio­nalismus‘. Aus dem Dauerregen einen Tag vor Himmelfahrt entwickelte sich bald ein bis zum Schluss anhaltendes strahlendes Vorsommer­wetter. Das alles ist geeignet, Mut zu machen. Schaffen wir es im 21. Jahrhundert, dem Chaos des Einheitsstaates, auch des europäischen Einheitsstaates, zu entrinnen? Bringen wir den Willen auf, menschliche Gesellschaft ganz wirklichkeitsgetreu zu imaginieren ohne Über­fordern des Staates als Für­ und Versorger, ohne Parteien, ohne nationales Empfinden, ohne bürgerliche Bequemlichkeit? Das wäre wahrlich ein Schritt in Richtung Vollmensch Werden oder Weltenbürger!

Rüdiger Krey, Köln

Zweigwerk – Treffen zu MichaeliLiebe tätig sein wollende Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft,

im April diesen Jahres hatten wir am Goethea­num eine Zusammenkunft mit der Inten­tion, der Anthroposophischen Gesellschaft aus Zweigen und Gruppen heraus stärkende Lebenskräfte zuzuführen – man kann auch sagen: von der Peripherie her. Hintergrund der Intention ist die geisteswissenschaftliche Erkenntnis, dass der Blutkreislauf eines Orga­nismus das Ursprüngliche ist und das Herz den Widerklang dessen gibt. (Rudolf Steiner in Den Haag, 21. März 1913) Entsprechende gesellschaftliche Begriffe prägte Rudolf Steiner in den Mitgliederbriefen – insbesondere in dem vom 10. Februar 1924 –, wo ‚große Ver­antwortlichkeit und ein ernster Pflichtenkreis‘ der tätigen Mitglieder genannt werden. Auf diesen Zusammenhang zielt das ‚Zweigwerk‘; nicht abgesonderte konspirative Gespräche sind gemeint, sondern ein eigenverantwort­liches Mithelfen inklusive Rückmelden an die Leitung des Goetheanums. Unsere Ansprech­partnerin dort ist Seija Zimmermann.Nach einem ersten Ertasten und Probieren im vergangenen April sehen wir nun einem weiteren Treffen vor der Michaelitagung 2014 am Goetheanum entgegen, von Donnerstag, 25. September 2014, 15.00 Uhr bis Freitag, 26. September, 12.30 Uhr.Auf der Erfahrung von der ersten Zusammen­kunft aufbauend, schlage ich eine etwas struk­turiertere Form vor, mit aufeinander folgenden Gesprächsinhalten ganz gemäß dem Mitglie­derbrief vom 10. Februar 1924: Die geistige Lage der Menschheit heute, Mitglieder­Aufga­ben an Anthroposophie und Gesellschaft.

Insgesamt haben wir fünf Einheiten à einein­halb Stunden zur Verfügung. Es beginnt – nach Begrüßung und Einleitungs­Miniatur – mit einer Themen­Exposition, in der alle Teilneh­menden vorstellen, was sie zur Tagung ein­bringen oder zur Sprache bringen wollen. Die nächsten drei Blöcke stehen dann für Schutz der Anthroposophie, Gesellschaftsaufgaben und Anthroposophie­Themen zur Verfügung und im fünften Block können Anregungen zur Weiterentwicklung dieser Art von Treffen zusammengetragen werden.Der ganze Charakter einer solchen Zusammen­kunft sollte dabei nicht die Pflege des gesell­schaftlichen Zusammenlebens vernachlässi­gen: das Einander­Kennenlernen, das Bericht Erstatten, das Austauschen von Themen. Zuhör­ und Gesprächskultur – zuweilen ist das auch Verzichtkultur – möglichst weit gehend im Plenum und ohne ‚Dirigenten‘ – mit nicht aufgedrängten künstlerischen Intermezzi – so etwa lässt sich das Herausforderungspaket beschreiben, das die Teilnehmenden erwartet.Wieder wurde seitens der Goetheanum­Lei­tung das Holzhaus (ein gutes Stück oberhalb der Schreinerei) für uns reserviert – Nachsatz: Wir nennen die Initiative weiterhin ‚ZWEIG­WERK‘ – nach ausgiebigem Darüber­Nach­denken und Besprechen soll der Name für die deutsche Sprache beibehalten werden; mit Kundigen anderer Sprachen treten Franziska Bücklers und ich in Verbindung, um nach und nach möglichst vielfältige weltweite Aus­drucksmöglichkeiten zu finden. In erwartungs­voller Voraussicht auf diese nächste Zusam­menkunft.

Rüdiger Krey, Köln

Den Krieg ‚abgehandelt‘? Ein Nachruf zur Tagung ‚1914 – Niedergangskräfte und Aufbauideen‘

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Seit Anfang Juli eskaliert die Gewalt zwischen israelischem Militär und Palästinensern aus dem Gazastreifen dramatisch. Leidtragende der Gewalt sind häufig Zivilisten, vor allem Kinder und Jugendliche tragen neben körper­lichen Wunden auch schwere seelische Verlet­zungen davon. Die Freunde der Erziehungs­kunst Rudolf Steiners e.V., die bereits von 2009 bis 2013 im Gazastreifen traumapädagogisch aktiv waren, unterstützen nun eine Partner­organisation beim Aufbau mehrerer Kinder­schutzzentren in Gaza.Die Freunde der Erziehungskunst stehen nach wie vor in engem Austausch mit Reem Abu Jaber, der Leiterin der lokalen Partnerorgani­sation NAWA Centre for Culture and Arts in Gaza. Mit ihr hat die Organisation bereits von 2009 bis 2013 zusammengearbeitet. In dieser Zeit konnten bereits tausende Kinder und Jugendliche bei der Verarbeitung ihrer trauma­tischen Erfahrungen notfallpädagogisch unter­stützt werden. Reem Abu Jaber schildert, dass das Leid im Gazastreifen unermesslich ist. Viele Kinder und Jugendliche werden durch das Miterleben schwerer Bombardierungen, des Todes naher Angehöriger und der Zer­störung ihres Lebensraumes erneut schwer traumatisiert.«Nach solchen schockierenden Erlebnissen sind die ersten Wochen entscheidend» erklärt Lukas Mall, der zwischen 2009 und 2013 als Koordinator der Notfallpädagogik für die Freunde der Erziehungskunst im Gazastreifen tätig war «in dieser Zeit entscheidet sich, ob die traumatischen Erfahrungen aus eigener Kraft verarbeitet werden können. Eine notfall­pädagogische Begleitung kann in dieser Phase entscheidend dazu beitragen, langfristige Bela­stungsstörungen und Persönlichkeitsverände­rungen zu vermeiden.» Angesichts dieses offenkundigen Bedarfs an «seelischer Erster Hilfe» planen die Freunde der Erziehungskunst eine notfallpädagogische Akuthilfe. Um den Kindern und Jugendlichen im aktuellen Krisenfall schnellst möglich beizu­stehen, wird Reem Abu Jaber mit dem NAWA Centre for Culture and Arts baldmöglichst mit der notfallpädagogischen Hilfe beginnen. In einem ersten Schritt werden ehemalige lokale PädagogInnen, die bereits an früheren Projekten der Freunde der Erziehungskunst mitgewirkt haben, als MultiplikatorInnen ihr traumpädagogisches Wissen an neue Mitarbeiter Innen weitergeben. So können – möglichst zeitnah – mehrere Kinderschutz­zentren im Norden und Süden des Gaza­streifens aufgebaut werden – an Orten, die von den Bombardierungen besonders betrof­fen sind. Eine große Zahl traumatisierte Kin­der und Jugendliche können in den Zentren täglich notfallpädagogisch betreut werden. Stabilisierende Maßnahmen auf Grundlage der Waldorfpädagogik wie Mal­ und Kunst­therapie oder Erlebnispädagogik sollen die Kinder bei der Verarbeitung ihrer schrecklichen Erlebnisse unterstützen. Für diese Tätigkeiten

möchte die Partnerorganisation insgesamt 30 lokale PädagogInnen und SozialarbeiterInnen einstellen.Aber nicht nur bei Kindern, auch bei den Erwachsenen hinterlässt die andauernde Gewalt tiefe seelische Wunden. Deshalb sind in jedem Kinderschutzzentrum auch Beratungen und künstlerische Aktivitäten für die Eltern geplant. Diese Angebote sollen sie einerseits in der Verarbeitung ihrer eigenen Traumatisierung unterstützen und andererseits im Umgang mit ihren traumatisierten Kindern schulen. Sobald es die Sicherheitslage zulässt, ist der Einsatz eines ehrenamtlichen deutschen Teams von NotfallpädagogInnen geplant, um die lokalen Mitarbeitenden durch vertiefen­de Fortbildungen in Psychotraumatologie und Psychoedukation zu unterstützen.

Um diese Maßnahmen umsetzen zu können, sind die Freunde der Erziehungskunst auf die Unterstützung durch private Spender ange­wiesen. Bitte helfen auch Sie!

SpendenkontoGLS Bank Bochum, BLZ 430 609 67, Konto 800 800 700IBAN DE06 4306 0967 0800 8007 00, BIC GENODEM1GLSStichwort «Notfallpädagogik»

Clara KrugPresse- und Öffentlichkeitsarbeit für Notfallpädagogik

Gaza: Das seelische Leid der Kinder lindern

(an) Hier eine Auswahl aktueller anthropo-sophischer Neuerscheinungen.

Rudolf Steiner-VerlagRudolf Steiner: Herzdenken – Über inspiratives Erkennen. Hrsg. und eingeleitet von Martina Maria Sam.Der Begriff des Herzdenkens wird heutzutage oft verwendet, meist im Zusammenhang mit einer Gegenposition zum intellektuellen Den­ken. Bei Rudolf Steiner findet sich dieser Begriff explizit nur an einer Stelle. Die Heraus geberin ist seiner Verwendung und den dahinter ste­henden Überlegungen nachgegangen und zeigt in einer Zusammenschau weiterer Texte, dass es dabei um Übungen zur Erlangung der Inspiration geht. In sieben Kapiteln werden verschiedene Übungsreihen vornehmlich aus Vorträgen Rudolf Steiners vorgestellt. Es sind zwei Grundgesten, die diese Übungen verbin­den. Die erste ist die Geste des Verzichts, die in verschiedenen Anleitungen vom Auslöschen der in der Meditation erzeugten Bilder über das innere Schweigen bis hin zum bewussten Wegschaffen der sinnlichen Anschauung reicht. Die zweite ist die Geste der Ausbildung neuer Gefühle gegenüber Naturphänomenen und geisteswissenschaftlichen Schilderungen. Mit ihrer Hilfe kann man über die Entwicklung des Fühlens zu einem neuen Denken gelangen, das dem Wesen des zu Erkennenden und sei­ner geistigen Wirklichkeit entspricht.

Rudolf Steiner: Intuition – Brennpunkt des Den-kens. Hrsg. und eingeleitet von Edward de Boer.Intuition wird als Allerweltsbegriff behandelt, der mehr oder weniger auf kreatives Denken reduziert ist. Rudolf Steiner hat die Intuition in einen erkenntnistheoretischen Zusammen­hang gestellt: Die Stufen der Imagination, Inspiration und Intuition bezeichnen Zustände des Denkens und Wahrnehmens, die die Kluft zwischen Ich und Welt überwinden und dem Menschen ein Drinstehen in der geistigen Welt ermöglichen. Wer sich Steiners Ausfüh­rungen zum Thema Intuition nähert, wie sie in dem vorliegenden Bändchen gesammelt sind, wird feststellen, dass es sich hier um eine Tatsache handelt, die nicht definitorisch fixiert werden kann, sondern in immer neuen Anläu­fen erarbeitet werden muss. Der Herausgeber verfolgt die Entwicklung des Intuitionsbegriffs bei Steiner und ermöglicht so, in einen Verste­hensprozess einzusteigen, bei dem das Den­ken sich nicht auf etwas außer ihm Liegendes bezieht, sondern sich selbst als Wesenskern der Inhalte erlebt. Gerade an der Intuition lässt sich zeigen, wie Rudolf Steiners Entwicklungs­weg des Bewusstseins die Trennung von phi­losophischer Theorie und spiritueller Praxis aufhebt.

Rudolf Steiner: Stichwort Freiheit. Zusammenge-stellt und herausgegeben von Philip Kovce.Die Reihe der «Spirituellen Perspektiven» versammelt kurze Texte aus Rudolf Steiners Gesamtwerk zu zentralen und aktuellen The­men. «Stichwort Freiheit» zeigt die Band­breite auf, die dieser umstrittene Begriff im Denken Rudolf Steiners einnimmt. Was er in seiner «Philosophie der Freiheit» im Gewand eines erkenntnistheoretischen Meditations­buchs entwickelt hat, wurde von ihm in den folgenden Jahren fortwährend präzisiert und nach allen Richtungen hin differenziert.Gerade am Freiheitsbegriff zeigt sich, wie Stei­ner die konsequente Entfaltung eines Ideen­zusammenhanges verbindet mit einem pro­zessualen Umgang mit Begriffen, die er so beweglich erhält. Die zahlreichen Zitate bilden in ihren Denkformen und gegenseitigen Bezü­gen einen Begriffsorganismus, in dem das Ich des Menschen lebt. Ein anregendes Büchlein mit weitreichenden Folgen.

Zbinden VerlagHans Stauffer: Die Offenbarung des Karmas in Rudolf Steiners vier Mysteriendramen. Schritt für Schritt leitet der Autor durch die vier Mysteriendramen Rudolf Steiners und verfolgt die Entwicklung der Hauptfiguren unter dem Aspekt ihrer karmischen Beziehungen. Dieser Fokus führt ins Zentrum von Rudolf Steiners Intention, wollte er doch mit den Mysterien­dramen ein Beispiel für das konkrete Wirken reinkarnatorischer Gesetzmäßigkeiten aufzei­gen. Das Buch beginnt mit kurzen Inhalts­angaben zu jeder Szene, geht über zur Dar­stellung der einzelnen Personen und entfaltet

Buchhinweise

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A n t h r o p o s o p h i s c h e B e w e g u n g

ImpressumDie «Mitteilungen aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland» sind Bestandteil der Zeitschrift «Anthroposophie weltweit». Herausgeber ist die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland e. V., Zur Uhlandshöhe 10, 70188 Stuttgart. Redaktion: (an) Andreas Neider (verantwortlich), Sylvain Coiplet.Zur Uhlandshöhe 10, 70188 Stuttgart., Tel.: 0711/248 50 97, Fax: 248 50 99, e­Mail Redaktion: [email protected]. Adress­änderungen und Administration: [email protected]. Gestaltung: Sabine Gasser, Hamburg. Der Bezug ist sowohl durch ein Abonnement der Wochenschrift «Das Goetheanum» als auch durch gesonderte Bestellungen beim Verlag möglich. Jahres kostenbeitrag Nicht­Mitglieder: 40 €. Verlag: mercurial­Publikations gesellschaft, Alt­Niederursel 45, 60439 Frankfurt/M., Tel: 069/58 23 54, Konto Nr. 101 670 901 bei der GLS Gemein­schaftsbank eG, BLZ 430 609 67.Beilagen: Veranstaltungskalender Goetheanum

Schlössli Ins geschlossen(nna) Die Schweizer Jugendhilfeeinrichtung Schlössli Ins, die auf der Basis der Waldorf­pädagogik gearbeitet hat, ist in der ersten Juli­woche aufgrund einer Anordnung des zustän­digen kantonalen Jugendamts (KJA) in Bern geschlossen worden. Über die Grenzen der Schweiz hinaus war das Schlössli, an dem auch Erzieher ausgebildet worden sind, bekannt für seine Fähigkeiten im Umgang mit Kindern, mit denen anderen Einrichtungen nicht mehr zurechtkamen. In den idyllischen alten Häusern des Schlössli in der Nähe von Bern fanden sie seit mehr als 60 Jahren eine neue Heimat. Rund 40 Kinder und Jugendliche sind von der Schlie­ßung der Einrichtung betroffen. Ursache der Schließung ist ein lang anhaltender interner Konflikt über den Kurs der Einrichtung. 2013 war die Jugendhilfe in der Schweiz auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt worden, die auch erhöhte fachliche Anforderungen mit sich gebracht hat. Seit 2007 seien diese Änderungen vorhersehbar gewesen, Einrichtungen hätten Zeit gehabt, sich darauf einzustellen, erläuterte ein Schweizer Jugendhilfeexperte gegenüber NNA. Auf diese «Zeiterfordernisse» habe man auch im Schlössli reagieren müssen. Dabei sei man sich offensichtlich nicht einig geworden aufgrund der inneren Differenzen. Bei dem eskalie renden Konflikt standen sich Vorstand und Heimleitung auf der einen und die Vertreter der Seiler­Stiftung auf der anderen Seite gegenüber, der die Gebäu­de des Schlössli gehören und die die Gründer­familie repräsentiert. Schlössli Ins bot Jugendlichen auch berufliche Ausbildungen an, u.a. im Bereich Handel, Schrei­nerei, Land­ und Hauswirtschaft. Durch eine Vorlehre wurden dabei Voraussetzungen für eine berufliche Ausbildung geschaffen. Außer­dem konnten Jugendliche internen zusätzlichen Berufsschulunterricht erhalten, der ihren indivi­duellen Ressourcen entsprach. Nicht betroffen von der Schließung ist die vor zwei Jahren gegründete Anker­Schule, eine Waldorf schule mit Kindergarten, die in Gebäu­den der Einrichtung untergebracht ist. Stiftungs­präsident Seiler sucht jetzt Initiativen, die die rund 20 leerstehenden Gebäude des Schlössli mit neuem Leben erfüllen.

Heileurythmie absetzbar(nna) Aufwendungen für heileurythmische Behandlungen können als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden. Auf ein entsprechendes Urteil des Bundesfinanz­hofs (BFH) hat der Dachverband der anthropo­sophischen Medizin in Deutschland (DAMiD) jetzt hingewiesen. Das Urteil wurde am 26. Februar 2014 (Az. VI R 27/13) gefällt und erst Ende Juni veröffentlicht. Besonders interessant an der Entscheidung sei, so DAMiD, dass der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden habe, dass für den Nachweis der «Zwangsläufigkeit» (vgl. § 33 EStG) der Aufwendungen eine Verordnung eines Arztes ausreichend ist. Ein amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Beschei­

nigung eines Medizinischen Dienstes der Kran­kenversicherung (MDK) sei somit nicht erfor­derlich. DAMiD unterstreicht weiter, dass die Finanzgerichtsbarkeit damit der Argumentation gefolgt sei, dass es sich bei der Heileurythmie als Heilmittel der gesetzlich anerkannten Besonde­ren Therapierichtung Anthroposophische Medi­zin nicht um eine «wissenschaftlich nicht aner­kannte Behandlungsmethode» handele, für die ein qualifizierter Nachweis in Gestalt eines amts­ärztlichen Gutachtens oder einer MDK­ Beschei­nigung erforderlich wäre. Die Aussagen des Urteils gelten aus der Sicht des Verbandes auch für andere Heilmittel der Anthroposophischen Medizin wie Kunsttherapie oder Rhythmische Massage, wenn diese ärztlich verordnet sind. Bevor man allerdings eine außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend machen kann, muss die Grenze der «zumutbaren Belastung» erreicht sein. Diese hängt prozentual vom Ein­kommen ab (1–7 Prozent der Gesamteinkünfte). Bei der Klägerin war diese Grenze bereits durch andere Heilmaßnahmen erreicht worden.

Krebstherapie(an) Unter dem Titel «Die notwendige Therapie­vielfalt bei der Behandlung von Krebskranken – Welche Aufgabe haben die Betroffenen, welche die Ärzte und Therapeuten?» findet am Samstag, den 20. September 2014 von 10.00 bis 17.00 Uhr im Rudolf Steiner­Haus Stuttgart ein Tagessemi­nar mit Dr. med. Broder von Laue / Öschelbronn statt. Die Leitlinien der offiziellen Krebs therapien sind auf der Grundlage von wissenschaftlich­kritischen Analysen der Verläufe von vielen Pati­enten entstanden. Der /die einzelne Patient/in muss der Anwendung zwar zustimmen, der Ablauf ist dann aber von kollektiven Regeln bestimmt. Die Not der Betroffenen fordert immer eindeutiger, dass in einer «integrativen Krebs­therapie» auch der individuelle Patient in seiner leiblichen, seelischen und geistigen Einmaligkeit gefördert und gefordert wird. Die anthroposo­phische Medizin hat diese Erweiterung als Ziel. In der Krebstherapie werden hierfür neben der Misteltherapie und der Hyperthermie künst­lerisch­übende Therapien eingesetzt. All diese Therapieformen wecken den Gesundungswillen des Erkrankten und verbessern damit den Verlauf der Erkrankung. Die Grundlagen dieser Therapie werden erläutert und vorläufige Ergebnisse einer Interventionsstudie dargestellt.

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dann in Form einer Analyse das schicksalhafte Beziehungs geflecht. Damit ergeben sich viel­fältige Einsichten, wie Karma und Reinkarna­tion wirken und im Sinne praktischer Karma­übungen fruchtbar gemacht werden können. Auch wer die Mysteriendramen noch nicht kennt, wird von diesem Buch viel profitieren und sich anschließend gut vorbereitet an die Lektüre machen können.

Verlag am GoetheanumMartina Maria Sam: Eurythmie – Entstehungs-geschichte und Porträts ihrer Pioniere. Das vorliegende Buch stellt die ersten Euryth­misten in Wort und Bild in über 90 biogra­phischen Porträts vor. Ergänzt werden die Bio­graphien mit Schilderungen der wichtigsten Stationen der frühen Eurythmiegeschichte von 1912 bis 1925 in 22 Kapiteln. Diese ersten Entwicklungsschritte der Eurythmie werden nach dem aktuellen Forschungsstand kurz dar­gestellt und mit fotografischen Dokumenten sowie Erinnerungsliteratur aus zum Teil neu aufgefundenen Quellen ergänzt.

Schneider EditionenRolf Wettstein: Die Kathedrale von Chartres als Monument hoher Spiritualität und ihr Umfeld. 3 Bände. Band 1: Grundlagen und Entstehung. Band 2: Die platonische Philosophie-Schule von Chartres. Band 3: Baugheimnisse und spirituelles Christentum.Diese Publikation in drei Bänden ist Ergebnis, Zusammenfassung und Ergänzung der seit dem Jahre 1996 im Rahmen des Studien­hauses Rüspe durchgeführten sechzehn Kurse in Chartres. Die Kathedrale von Chartres ist ein Bau ohnegleichen, ein Mysterium, ja, ein Wun­der, wie es der Historiker Karl Heyer in seinem Werk «Das Wunder von Chartres» nennt. Die vorliegende Publikation soll ein Beitrag zum Verständnis der Bau­ und Bildgeheimnisse und der Harmonie der Kathedrale mit ihren wie gebaute Musik gestalteten Architekturformen und der vollkommenen Schönheit der mehr als 800 Jahre alten Skulpturen sowie des Farb­ und Lichtmysteriums der Farbfenster sein. Die wundervollen Kunstwerke sind auf Grundlage des tief verstandenen Johannes­Evangeliums und der Offenbarung des Johannes entstanden, wie in Band 1 dargestellt wird. Es wird zudem gezeigt, wie die Licht­Kunst der Gotik, welche eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte eingeleitet hat, durch Pioniere wie Suger von St. Denis auf Grund der Licht­Philosophie und Lehre der Engelhierarchien des Dionysios Areopagita ihren Anfang nahm.