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Vorlesung 11

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Vorlesung 11

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Von ca. 1840-1897Von ca. 1840-1897 Auch „poetischer“ oder „bürgerlicher“ Auch „poetischer“ oder „bürgerlicher“

Realismus genanntRealismus genannt Realismus geprägt durch Scheitern der Realismus geprägt durch Scheitern der

bürgerlichen Revolution (1848)bürgerlichen Revolution (1848) Soll unter Soll unter

Vermeidung alles Übertriebenen und Hässlichen, eine Geschichte erzählen, an die wir , eine Geschichte erzählen, an die wir glauben (realistisch)glauben (realistisch)

Verzicht auf jegliche ParteinahmeVerzicht auf jegliche Parteinahme

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Wichtige Autoren:Wichtige Autoren:

Wichtige Werke:Wichtige Werke:

Theodor Fontane, Theodor Storm und Theodor Fontane, Theodor Storm und Gottfried KellerGottfried Keller

Effi Briest (Fontane), Der Effi Briest (Fontane), Der Schimmelreiter (Storm)Schimmelreiter (Storm)

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„„Was soll ein Roman? Er soll uns, unter Vermeidung alles Was soll ein Roman? Er soll uns, unter Vermeidung alles ÜbertriebenenÜbertriebenenund Hässlichen, eine Geschichte erzählen, und Hässlichen, eine Geschichte erzählen, an die wir glauben […]; an die wir glauben […]; er soll uns eine Welt der Fiktion auf Augenblickeer soll uns eine Welt der Fiktion auf Augenblickeals eine Welt der Wirklichkeit erscheinen lassen […] als eine Welt der Wirklichkeit erscheinen lassen […] Das soll ein Roman“Das soll ein Roman“

(Mit diesen Worten umreißt Theodor Fontane 1875(Mit diesen Worten umreißt Theodor Fontane 1875im Rahmen einer Rezension das Selbstverständnis der Autorenim Rahmen einer Rezension das Selbstverständnis der Autorendes bürgerlichen Realismus.)des bürgerlichen Realismus.)

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Realismus(1850 – 1890) heißt „Wirklichkeit“

NaturDurch die Sinne des Menschen wahrzunehmende Wirklichkeit

Grenzte sich bewusst ab vom Übernatürlichen, z. B. Religion

Dies sah man als Illusion

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Die Rahmentechnik ist entscheidend für den Stil d. Realismus

Erzähler erinnert sich an eine Begebenheit aus seinem Leben

Erzählfigur hat eine eigene Biografie

Bekommen durch den Rahmen den Anstrichs eines Berichts über die Vergangenheit

Soll als Wirklichkeit erscheinen, nicht als phantastische Erfindungen

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Poetischer Realismus

Kritischer Realismus

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Wird auch „bürgerlicher Realismus“ genannt

entstand aber schon im Mittelalter wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts zu

einem eigenen Stil gab es aber schon vorher, da man schon

in mittelalterlichen Dichtungen realistische Züge finden kann.

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Die schlimmsten Aspekte wurden darin ausgelassen und mit Humor gestaltet

Realisten waren gegen Klassik und Romantik

Wollten das Erfahrbare und Überprüfbare darstellen

Die Gefühle des Dichters sollten außerhalb der Darstellung bleiben

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Kritischer RealismusKritischer Realismus

Begann Mitte des 19. Jahrhunderts und geht bis heute

Beschäftigt sich mit sozialen, politischen und wirtschaftlichen Problemen

Man entdeckte somit das Hässliche und das beklemmende Dasein des Menschen

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Kritischer Realismus - Kritischer Realismus - StilStilAuktoriales

ErzählverhaltenNeutrales Erzählverhalten

Erzähler tritt als Vermittler zwischen Geschichte und Leser

auf.

Er stellt einen direkten Kontakt zum Leser her

Erzähler tritt hinter das Geschehen zurück.

Er ist nicht unmittelbar

wahrzunehmen.

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RealismusRealismus NaturalismusNaturalismus

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NaturalismusNaturalismus ExpressionismusExpressionismus

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Darstellungsweise: Entwerfen ein experimentelles Bild der Realität

Darstellungswei

se von akribischen Realitäts-schilderungen geprägt

Darstellungsweise: Entwerfen ein Bild

des inneren Erlebens

Darstellungsweise ist von Weltuntergans-visionen geprägt

Darstellung des

Hässlichen und

Entstellten im

Vordergrund

Bewusstsein der

Entfremdung und

Verlorenheit

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Friedrich Christian Hebbel

1844

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* 13. März 1813 in Wesselburen als Sohn eines Tagelöhners

1827 Botenjunge und Schreiber beim Kirchspielvogt J.J. Mohr

1836 - 39 Studierte Jura, Geschichte, Literatur und Philosophie in Heidelberg und München

1841 erster Erfolg als Dramatiker mit seiner Tragödie „Judith“

1842 erstes Gedichtband Reisestipendium vom dänischen König

(Italien- und Parisreise)1845 Übersiedelung nach Wien dort Hochzeit

mit seiner Frau Christina Enghauser

† 13. Dezember 1863 in Wien an Rheuma

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WesselbureWesselburenn

MünchenMünchen

HeidelbergHeidelberg

KopenhageKopenhagenn

ParisParis

ITALIENITALIEN

WIENWIEN

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1841 Judith (Tragödie) 1844 Maria Magdalena (bürgerliches Trauerspiel) 1850 Herodes und Marianne (Tragödie in

Blankversen) 1852 Mutter und Kind (Epos) 1855 Agnes Bernauer (Prosatragödie) 1855 Erzählungen und Novellen 1856 Gyges und sein Ring (Verstragödie) 1862 Die Nibelungen (Tragödientrilogie, welche

auf der Volkssage des Nibelungenlieds beruht)

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gilt als der einzige deutsche Dramatiker des bürgerlichen Realismus

setzt den Schlussstein einer Entwicklung des klassischen Dramas, die mit Lessing 1755 begann und mit Hebbel ihren Abschluss fand

sein größtes Anliegen war die Verkündung der Menschenwürde und der Menschenrechte

Vorwurf von Kälte, Gegenwartsferne in seinen Werken

Kritiker Paul Heyse: „Warum erwärmt dich`s nie,

Wie er auch flammt und wütet?Er hat eine Phantasie,

Die unterm Eise brütet.“

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neue dramatische Gattung des bürgerlichen Trauerspiels Fehlen von traditionellen Helden und Aufzeigen von Konflikten der bürgerlichen Schicht

geprägt vom poetischen oder auch bürgerlichem Realismus (Hauptströmung deutschsprachiger Literatur in der zweiten Hälft des 19 Jahrhunderts)

Es handelt von dem Mädchen Klara, das aufgrund von Scheinmoral und falschen Ehrvorstellungen in den Selbstmord getrieben wird.

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Ursprüngliche Titel lautete „Klara“ wurde in „Maria Magdalena“ geändert

Spielt auf die biblische Figur der Maria Magdalena, der Büßerin, an

Hebbels Klara ist jedoch keine Sünderin deshalb passt der Titel schlecht

Hebbel wählte, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, es handle sich, wie bei „Judith“, um die Dramatisierung eines biblischen Stoffes, den Untertitel „Ein bürgerliches Trauerspiel“.

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Klara (Tochter) Meister Anton (Vater) Die Mutter Karl (Sohn und Bruder) Leonhard (Kassier) Der Sekretär

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Klara: Zeigt als einziges Familienmitglied wahre Gefühle Geprägt von Fürsorge und Besorgnis :

Während die Mutter über ihre Krankheit und den nahe stehenden Tod redet, meint Klara: „Hör davon auf, liebe Mutter, dich gfreit’s an!“ (I/1, S.38).

Reagiert auch ihrem Vater gegenüber mitfühlend setzt sich liebevoll für ihren Bruder ein und verteidigt ihn

gegenüber den Vater, z.B. als alle glaubten Karl hätte den Diebstahl begonnen: „Er muss unschuldig sein! Er ist ja dein Sohn, er ist ja mein Bruder!“ (I/7, S.60)

Klara folgt den moralischen Ansprüchen ihres Vaters: „O Gott, ich komme nur, weil sonst mein Vater käme!“ (III/8, S.91).

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Tischlermeister Anton: ist sehr autoritär und ungerecht strotzt vor Selbstbewusstsein. ist egozentrisch, pingelig und übergenau nicht das Leben, sondern die Ehre ist der oberste Wert

Die Mutter: Leben dreht sich um die Kirche, die Küche und ihre Kinder sorgt sich um die Familie verteidigt ihren Sohn Karl gegenüber dem Vater: „Er ist

anders als du, muß er darum gleich schlecht sein?“ (I/6, S.57).

Erzieht Klara der Moral entsprechend

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Karl: schwarzes Schaf der Familie steht immer im Konflikt mit

dem Vater nimmt auf niemanden Rücksicht und orientiert sich

ausschließlich an seinem eigenen Glück Er sagt zu Klara kurz vor ihrem Selbstmord nur: „Die

kommt mir ganz sonderbar vor!“ (III/8, S.89).

Leonhard: Ist auf persönliche Erfolge, den Aufstieg und die Karriere

aus Ehre, Religion und Liebe bedeuten ihm nichts sucht lediglich Mittel zum Zweck des gesellschaftlichen

Vorwärtskommens gefühllos, erfolgsorientiert und egoistisch.

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Der Sekretär: Gegenfigur zu Leonhard Zeigt gegenüber Klara Mitgefühl, Verständnis und

Liebe. Fordert Kurz vor Klaras Tod Leonhard zum Duell auf

und tötet ihn gesteht Klara, sie nicht aus Berechnung heiraten zu

wollen, sondern aus Liebe: „Klara, werde mein Weib! Ich kam zu dir, um dir noch einmal auf die alte Weise in die Augen zu sehen.“ (II/5, S.74).

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Stück spielt zu Hebbels Zeit ungefähr in

der Mitte des 19 Jhd. in einer

kleinbürgerlichen Stadt

Handlung streckt sich über 8 Tage.

Stück spielt an zwei Schauplätzen:Meister Antons HausLeonhards Zimmer

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1. Akt: Verlobung von Klara mit Leonhard und Juwelendiebstahl von Karl

2. Akt: Karls Unschuld und Klaras Schande uneheliches Kind

3. Akt: Klaras Selbstmord und Karls Aufbruch zur See Vater bleibt am Schluss alleine über

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Hebbel hielt sich streng an die Regeln des klassischen Dramas.

Aufteilung in 3 Akte Exposition, die Einführung der Personen und des

Konflikts. In diesem Teil erfährt man von der Verlobung und dem Juwelendiebstahl.

Im zweiten Akt nimmt die Handlung einen Umschwung. Dieser handelt von Klaras Schande und Karls Unschuld.

Im letzten Teil erfährt man von Klaras Selbstmord, Leonhards Tod nach dem Duell mit dem Sekretär und den Aufbruch von Karl.

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Viele verschachtelte Sätze besonders bei Meister Antons Reden: „Meine größte Pein war, dass ich so ungeschickt blieb, ich konnte darüber mit mir selbst hadern, als ob’s meine eigene Schuld wäre, als ob ich mich im Mutterleib nur mit Freßzähnen versehen und alle nützlichen Eigenschaften und Fähigkeiten, wie absichtlich, darin zurückgelassen hätte, ich konnte rot werden, wenn mich die Sonne beschien.“ (I/5, S. 53).

Häufige Verwendung von Ausrufezeichen: „Mach mich nicht rasend! Nenne das Wort nicht mehr! Dich! Dich liebe ich! Da! Da!“ (Klara, II/5 , S. 74).

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Zerstückelte Reden mit plötzlichen Übergängen ist besonders bei Klara auffällig: „Bist du zu schwach dazu? So frag dich, ob du stark genug bist, deinen Vater mit abgeschnittener Kehle – (Sie steht auf.) Nein! Nein! – Vater unser, der du bist im Himmel – Geheiligt werde dein Reich – Gott, Gott, mein armer Kopf – ich kann nicht einmal beten –

Bruder! Bruder! – Hilf mir –„ (Klara, III/8, S. 90)

Häufige Verwendung der „er“-Form an, welches für das Distanzieren steht.

Karl zu seinem Vater kurz vor seiner Abreise zur See: „Nur eins. Er sieht mich entweder nie wieder, oder Er wird mich auf die Schulter klopfen und sagen: Du hast recht getan!“ (III/10, S.92)

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Kleinbürgerliche Moral

Vater-Sohn-Konflikt

„Nur eins. Er sieht mich entweder nie wieder, oder Er

wird mich auf die Schulter klopfen und sagen: Du hast

recht getan!“ (III/10, S. 92)

Vater-Tochter-Beziehung

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Hebbel wollte zeigen, wie “das Tragische nicht aus dem Zusammenstoß der bürgerlichen Welt mit der vornehmen, woraus freilich in den meisten Fällen auch nur ein gehaltlos Trauriges hervorgeht, abgeleitet ist, sondern ganz einfach aus der bürgerlichen Welt selbst, aus ihrem zähen und in sich selbst gegründeten Beharren auf den überlieferten patriarchalischen Anschauungen und ihrer Unfähigkeit, sich in verwickelten Lagen zu helfen.“ (F.H.)

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Bürgerliche Scheinmoral(±Was ist Schande?)

Die Zeiten ändern sich.

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Was treibt Klara in den Tod?

(Sie „wird aus der Welt herausgedrängt.“ Hebbel)

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*1819 in Neuruppin Gewerbeschule in Berlin Apothekerlehre 1849: gibt Apothekerberuf

auf wird Journalist 1855-59: Englandaufenthalt † 1898 in Berlin

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Theodor Fontane ist der bedeutendste Vertreter des deutschen Realismus

lange Zeit berichtete er als Journalist über die Zeitgenössischen Kriege

Er schuf sich einen Namen mit Theater-, Kunst- und Literaturkritiken bei verschiedenen Zeitungen, aber erst der "alte Fontane" zwingt der Nachwelt Bewunderung und Begeisterung auf.

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Mit 55 Jahren schafft er es endlich sich als freier Schriftsteller zu etablieren und vielleicht erreichte er durch seine Entwicklung erst im Alter das große Talent

Immer weder beschäftigte ihn der Niedergang des preußischen Landadels angesichts des aufkommenden modernen Industriezeitalters.

Er behandelt in seinen realistischen Romanen Standes- und Ehekonflikte, die Diskrepanz zwischen Gesellschaft und dem einzelnen, sowie politische und soziale Fragen

Fontanes Roman „Irrungen Wirrungen“ von 1887 wird der Epoche des so genannten „ Bürgerlichen Realismus“ zugeordnet

Fontane will nicht die Gesellschaft revolutionieren, sondern auf Probleme des einzelnen in einer Standesgesellschaft hinweisen

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Vor dem Sturm 1878 Grete Minde 1897 L‘Adultera 1880 Unterm Birnbaum 1885 Irrungen, Wirrungen 1888 Frau Jenny Treibel 1892 Meine Kinderjahre 1894 Effi Briest 1895 Der Stechlin 1897

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Erzähl-block

Orte Kapitel Kap.- Anz.

Formale Abschnitte

Seiten Seiten-anzahl

Entwicklungsstatio- nen der Hauptfigur

1

2

3

4

5

Hohen-Cremmen

1-5

5 Exposition 5-45 41 Ende v. Effis unbe-schwerter Jugend im ElternhausKessin 6-14 9 Vorbereitung

d. Wendepunkts

45-131

87 Effis Eheleben in Kessin – Weg in die Isolation

Kessin 15-22

8 Höhepunkt 131-214

84 Der „Schritt vom Wege“ – Effi bricht mit den gesellschaftl. NormenBerlin 23-

319 Katastrophe

u. deren Folgen

214-290

77Verstoßung / Einsam-keit – Versuch eines Neuanfangs

Hohen-Cremmen

32-36

5 Ausklang 291-333

43 Reflexion und Sühne

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Effi ist eine 17-jährige junge Frau die mit der Jugendliebe ihrer Mutter, dem 21 Jahre älteren Baron von Instetten, verheiratet wird. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sie alle Vorzüge des Elternhauses genießen und durfte ihrer fröhlichen Natur freien Lauf lassen. Als sie dann nach der Heirat mit Instetten nach Kessin zieht, ist es ihr nicht mehr möglich ihre lebensfrohe Art auszuleben und muss sich den Normen und Werten ihres Mannes anpassen. Die einzigen Bezugspersonen Effis sind in Kessin der Apotheker Gieshübler und der ihr treuer Begleiter, der Hund Rollo.

Instetten versucht Effi zu beherrschen/unterdrücken mittels einer Geschichte eines verstorbenen Chinesen, welche einen Spuk verbirgt.In ihrem neuen Zuhause fühlt sie sich deswegen nicht besonders wohl, obwohl sich ihr Mann scheinbar rührend um sie kümmert, sie allerdings so von sich abhängig machen und sie an sich binden möchte.

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Nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Anni beginnt Effi eine Affäre mit Major Crampas, durch die sie aus der Ehe mit Instetten flüchtet, da sie durch den Major wieder zu ihrer alten Lebensfreude zurück findet und sich von ihm verstanden fühlt.

Instetten erhält eine Beförderung ins Ministerium, welche einen Umzug nach Berlin mit sich trägt.

Effi reagiert darauf begeistert, da sie auf diese Weise ein neues Leben beginnen kann, ohne die Angst zu haben, dass die Affäre entdeckt werden könnte.

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Einige Jahre später in Berlin entdeckt Instetten durch Zufall alte Liebesbriefe von Crampas in Effis Nähtisch. Somit erfährt er von der Affäre seiner Frau und fordert Major Crampas zu einem Duell heraus und erschießt den ehemaligen Liebhaber seiner Frau.

Effi lebt von da an im gesellschaftlichen Aus. Instetten wirft die unglückliche Effi hinaus und untersagt ihr den Umgang mit der gemeinsamen Tochter Annie.

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Auch ihre Eltern verstoßen Effi, da sie mit der Affäre mit Crampas Schande über die Familie gebracht hat. So zieht Effi mit Roswitha in eine kleine Wohnung in die Königgrätzer Straße in Berlin wo sie zunehmend vereinsamt. Ein Treffen mit der von Instetten dressierten und entfremdeten Tochter zeigt den Höhepunkt der Leidensgeschichte Effis.Bevor Effi stirbt kommt sie ins Reine mit ihrer Familie und Instetten.Sie erlebt ihren letzden Sommer in Hohen-Cremmen, wo sie sich sicher und geborgen fühlt und an einer Nervenkrankheit stirbt.

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Effi Briest Geert von Instetten Major von Crampas Mutter Vater Alonzo Gieshübler Roswitha

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17 Jahre (beim ersten Auftreten) → kindlich, verspielt, naiv

unbeschwerte Kindheit in Hohen-Cremmen naturverbunden übermütig, leichtsinnig „Tochter der Luft“→ träumerisch,

abenteuerlustig ehrgeizig→ Heirat mit Innstetten Lebensfreude, Natürlichkeit → fühlt sich

nicht wohl in adliger Gesellschaft; wird nicht akzeptiert/respektiert

Im Laufe des Romans: zunehmende Reife In Kessin: gelangweilt, wird von Innstetten

dominiert leidenschaftlich→ Affäre mit Crampas nachdem sie verstoßen wurde: verliert

Lebensmut/- freude und Kraft→ Krankheit→ Tod 

Kindliches, lebendiges Mädchen

TodWandel zur Frau

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38 Jahre Landrat von Kessin, später

Ministerialrat Typischer Vertreter der Adelsschicht →

Pflichtbewusstsein, Ehre Hört mehr auf Verstand als auf Gefühle Angepasst an Gesellschaft → neigt sich

gesellschaftlichen Zwängen (→ Duell mit Crampas)

„Mann von Prinzipien“ „schmückt“ sich mit Effi will Effi erziehen/einschüchtern (Spuk),

autoritär gegenüber Effi: eher kühl, zeigt keine

Gefühle/Leidenschaft Karrieremann Familie an 2. Stelle Kaum Freizeit, viel auf Reisen → Effi

fühlt sich vernachlässigt + fehlende Leidenschaft  →Effis Affäre mit Crampas 

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Verheiratet + 2 Kinder Ruf als Frauenheld, Damenmann Äußerlich gekennzeichnet als

Ehebrecher Gegenteil von Innstetten: Kavalier, Charmeur Spontan, unterhaltsam Einfühlsam → verwickelt sie in die Affäre → Er spielt mit Effi gibt Effi das Gefühl begehrenswert zu

sein → Effis Fluchtweg aus tristem Alltagsleben

nachdem die Affäre aufgedeckt wird: übernimmt Verantwortung für sein Handeln;

ruhig, gefasst 

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38 Jahre war früher mit Innstetten

zusammen, entschied sich aber für Briest  → höheres  gesellschaftliches Ansehen

erfüllt sich mit Effis Ehe eigenen Jugendtraum

ehrgeizig, fester Wille materielle Sicherheit und

gesellschaftliche Stellung Effis sind ihr wichtig

inniges, vertrautes Verhältnis zu Effi (Briefe)

sehr auf Äußeres und öffentliche Anerkennung bedacht → verstößt Effi, nachdem ihre Affäre  aufgedeckt wird, wegen der gesellschaftlichen Etikette

weniger Herzenswärme und Güte als Vater

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50Jahre Ritterschaftsrat Humorvoll, gütig,

großzügig, bodenständig Nicht so sehr der

Etikette verpflichtet wie seine Frau

Sieht Dinge klar (Zweifel an Effis Ehe; bezeichnet Effi als  „Naturkind“)

Liebt Effi → ist dafür verantwortlich, dass Effi zum Schluss wieder in Hohen-Cremmen aufgenommen wird 

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Apotheker Wahrer Freund

und Verehrer Effis → warmherzig, gütig, tolerant, zeigt menschliche Größe

Aufmerksam-keiten und kleine Überraschungen Effi gegenüber (Blumen)  

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Bedienstete Effis Effi treu bis zum Tod Güte, Herzenswärme Steht hinter Effi und stärkt ihr den Rücken  Stärkt Effi den Rücken mit selbstloser

Loyalität Mutter eines unehelichen Kindes, was ihr

nach der Geburt weggenommen wurde Wurde vom eigenen Vater verprügelt

Dankbar für jegliche Form von Anerkennung und Liebe – gibt dies gerne und in vollem Maße zurück

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Effi InstettenAnnie

Ehe

Rollo

Crampas

Hulda

Hertha

Bertha

Pastor Nie-meyer

Gieshübler

Tripelli

Wüllersdorf

Johanna

Roswitha

Cousin Dagobert

Mutter Luise

Vater Briest

Freunde

Affäre

Freun-dinnen

Bedienstete, Vertraute

Verehrer

Bedienstete

Herrchen

Treuer Gefährte

Freundin

Verehrer/ Freund

Figurenkonstellation

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Chronologischer Aufbau Beginn: Verlobung Effis mit Instetten Einzelne Lebensstationen sind durch

verschiedene Orte abgegrenzt(Hohen-Cremmen, Kessin, Berlin – Wohnung in der Keithstraße, Berlin- Wohnung in der Königgrätzer Straße, Hohen Cremmen)

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Auktorialer Erzähler Äußere Handlung gekürzt Hervorhebung von Reflexionen,

Seelenzuständen, Beschreibung von Menschen und Räumen, Stimmungen

Dialoge Bewusste Lenkung des Lesers (Mittel

des auktorialen Erzählers)

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Fontane folgt der Chronologie des Lebens der Protagonistin Effi

Hervorhebung bestimmter Ereignisse (zeitdeckend / zeitdehnend)

Zurückstellung wichtiger Ereignisse (zeitraffend)

Bsp. S. 294

Hochzeit, Schwangerschaft, Geburt von Annie, Duell

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Frühzeitige Verweise auf das tragische Romanende

Untreuemotiv (S. 16)

Theaterstück „Ein Schritt vom Wege“ (S. 167)

Krankheit

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1. Raumgestaltung

2. Figurenkonstellation und -gestaltung

3. Zeitgestaltung

4. Der Erzähler als Vermittlungsinstanz

5. Irrationale und Naturphänomene

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1. Raumgestaltung

„Eine Sonne auf- oder untergehen, ein Mühlwasser über das Wehr fallen, einen Baum rauschen zu lassen, ist die billigste literarische Beschäftigung, die gedacht werden kann […] Die Landschaftsschilderung hat nur noch Wert, wenn sie als künstlerische Folie für einen Stein auftritt, der dadurch doppelt leuchtend wird, wenn sie den Zweck verfolgt, Stimmungen vorzubereiten oder zu steigern“

Theodor Fontane: Literarische Essays und Studien I. München 1963. S. 206 f.

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1.1 Eine typische Schauplatzexposition:Effis Zuhause - Das adlige Herrenhaus zu Hohen-Cremmen

In Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herren-hauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mit-tagsstille Dorfstraße…

In Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herren-hauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mit-tagsstille Dorfstraße, während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügel einen breiten Schat-ten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang…

In Front des schon seit Kurfürst Georg Wilhelm von der Familie von Briest bewohnten Herren-hauses zu Hohen-Cremmen fiel heller Sonnenschein auf die mit-tagsstille Dorfstraße, während nach der Park- und Gartenseite hin ein rechtwinklig angebauter Seitenflügel einen breiten Schat-ten erst auf einen weiß und grün quadrierten Fliesengang und dann über diesen hinaus auf ein großes, in seiner Mitte mit einer Sonnenuhr und an seinem Rande mit Canna indica und Rhabarber-stauden besetztes Rondell warf.

Einige zwanzig Schritte weiter, in Richtung und Lage genau dem Seitenflügel entsprechend, lief eine ganz in kleinblättrigem Efeu stehende, nur an einer Stelle von einer kleinen weißgestriche-nen Eisentür unterbrochene Kirchhofsmauer, hinter der der Hohen-Cremmener Schindelturm mit seinem blitzenden, weil neu-erdings erst wieder vergoldeten Wetterhahn aufragte.

Fronthaus, Seitenflügel und Kirchhofsmauer bildeten ein ei-nen kleinen Ziergarten umschlie-ßendes Hufeisen, an dessen offe-ner Seite man eines Teiches mit Wassersteg und angeketteltem Boot und dicht daneben einer Schaukel gewahr wurde, deren horizontal gelegtes Brett zu Häupten und Füßen an je zwei Stricken hing - die Pfosten der Balkenlage schon etwas schief stehend. Zwischen Teich und Rondell aber und die Schaukel halb versteckend standen ein paar mächtige alte Platanen.

Auch die Front des Herrenhauses - eine mit Aloekübeln und ein paar Gartenstühlen besetzte Rampe - gewährte bei bewölktem Himmel einen angenehmen und zugleich allerlei Zerstreuung bie-tenden Aufenthalt; an Tagen aber, wo die Sonne niederbrannte, wurde die Gartenseite ganz entschieden bevorzugt, besonders von Frau und Tochter des Hau-ses, die denn auch heute wieder auf dem im vollen Schatten lie-genden Fliesengang saßen, in ih-rem Rücken ein paar offene, von wildem Wein umrankte Fenster, neben sich eine vorspringende kleine Treppe, deren vier Stein-stufen vom Garten aus in das Hochparterre des Seitenflügels hinaufführten.

Effi

Frau v. Briest

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1.1 Eine typische Schauplatzexposition:Effis Zuhause - Das adlige Herrenhaus zu Hohen-Cremmen

Effi

Frau v. Briest

Geschützter (beschatteter) Bereich von Effis Kindheit und Jugend, begrenzt durch das Elternhaus ( privater, unantastbarer Bereich der alten adligen Familie), durch den Kirchhof ( Religion, Tod) und durch den Weiher ( unwägbare Natur, Gefahr)

Öffentlicher (hell von der Sonne beschienener) Bereich des gesell-schaftlichen Lebens, in dem man sich bewähren muss

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2. Figurenkonstellation und -gestaltung

2.1 Einführung von Mutter und Tochter Briest im schattigen, durch Haupt- und Seitenflügel geschützten Garten:

„Rasch und sicher ging die Wollnadel der Damen hin und her, aber während die Mutter kein Auge von der Arbeit ließ, legte die Tochter, die den Rufnamen Effi führte, von Zeit zu Zeit die Nadel nieder und erhob sich, um unter allerlei kunstgerechten Bewegungen und Streckungen den ganzen Kursus der Heil- und Zimmer-gymnastik durchzumachen. Es war ersichtlich, daß sie sich diesen absichtlich ein wenig ins Lächerliche ge-zogenen Übungen mit ganz besonderer Liebe hingab […]“ (S. 6)

Direkte Charakterisierung durch den Erzähler: Unterschied zw. Mutter u. Tochter in der Arbeit

Abschweifen Effis in spielerische gymnastische Übungen, die ebenso wenig ernst genommen werden

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„[…] und wenn sie dann so dastand und, langsam die Arme he-bend, die Handflächen hoch über dem Kopf zusammenlegte, so sah auch wohl die Mama von ihrer Handarbeit auf, aber immer nur flüchtig und verstohlen, weil sie nicht zeigen wollte, wie entzückend sie ihr eigenes Kind finde, zu welcher Regung müt-terlichen Stolzes sie voll berechtigt war. […]“ (S. 6)

Charakterisierung des Verhältnis-ses zw. Mutter und Tochter durch den Erzähler: verstohlener Stolz der Mutter

„[…] Effi trug ein blau und weiß gestreiftes, halb kittelartiges Leinwandkleid, dem erst ein fest zusammengezogener, bron-zefarbener Ledergürtel die Taille gab; der Hals war frei, und über Schulter und Nacken fiel ein breiter Matrosenkragen. In allem, was sie tat, paarte sich Übermut und Grazie, während ihre lachenden braunen Augen eine große, natürliche Klug-heit und viel Lebenslust und Herzensgüte verrieten. Man nannte sie die »Kleine«, was sie sich nur gefallen lassen mußte, weil die schöne, schlanke Mama noch um eine Hand-breit höher war. […]“ (S. 6)

Dir. Charakt. Effis (von außen nach innen):

•Kindliche Kleidung

•Neigung zu Übermut und Lebens-freude

„[…] Eben hatte sich Effi wieder erhoben, um abwechselnd nach links und rechts ihre turnerischen Drehungen zu ma-chen, als die von ihrer Stickerei gerade wieder aufblickende Mama ihr zurief: »Effi, eigentlich hättest du doch wohl Kunstreiterin werden müssen. Immer am Trapez, immer Tochter der Luft. Ich glaube beinah, daß du so was möch-test.« »Vielleicht, Mama. Aber wenn es so wäre, wer wäre schuld? Von wem hab ich es? Doch nur von dir. […]“ (S. 6)

Charakt. Effis im Gespräch:

•Unstetigkeit, Risikobereitschaft („Tochter der Luft“)

•Erstes Ansprechen der Schuldfrage!

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3. Zeitgestaltung

3.1 Erzählzeit und erzählte Zeit in der Exposition

Ort Seiten im Roman

Zeitangabedes

Erzählers

Erzählter Zeitraum

Seitenzahl Durch-schnittl.

Seitenzahl/ Monat

Elternhaus in Hohen-Cremmen

47 Juli – 7. Okt. 3 Monate 41 14

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4. Der Erzähler als Vermittlungsinstanz

4.1 Der auktoriale Erzähler stellt Ort und Figuren vor

„[…] und wenn sie dann so dastand und, langsam die Arme he-bend, die Handflächen hoch über dem Kopf zusammenlegte, so sah auch wohl die Mama von ihrer Handarbeit auf, aber immer nur flüchtig und verstohlen, weil sie nicht zeigen wollte, wie entzückend sie ihr eigenes Kind finde, zu welcher Regung müt-terlichen Stolzes sie voll berechtigt war. […]“ (S. 6)

Charakterisierung der Figuren und ihres Verhältnisses zueinander durch einen sich stark zurückneh-menden Erzähler, durch differen-zierte Wiedergabe von Handlungs-motiven und Gedanken der Figuren

„[…] Eben hatte sich Effi wieder erhoben, um abwechselnd nach links und rechts ihre turnerischen Drehungen zu ma-chen, als die von ihrer Stickerei gerade wieder aufblickende Mama ihr zurief: »Effi, eigentlich hättest du doch wohl Kunstreiterin werden müssen. Immer am Trapez, immer Tochter der Luft. Ich glaube beinah, daß du so was möch-test.« »Vielleicht, Mama. Aber wenn es so wäre, wer wäre schuld? Von wem hab ich es? Doch nur von dir. […]“ (S. 6)

Der Erzähler führt zunächst aus seiner Überblicksperspektive (auktorial) Ort und Figuren ein (s.o.), nähert sich bei beginnender Handlung den Figuren und lässt diese sich selbst im Gespräch charakterisieren.

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5. Irrationale und Naturphänomene

5.1 Natur in Hohen-Cremmen

„[…] Fronthaus, Seitenflügel und Kirchhofsmauer bildeten ein einen kleinen Ziergarten umschließendes Hufeisen, an dessen offener Seite man eines Teiches mit Wassersteg und angeket-teltem Boot und dicht daneben einer Schaukel gewahr wurde, deren horizontal gelegtes Brett zu Häupten und Füßen an je zwei Stricken hing - die Pfosten der Balkenlage schon etwas schief stehend. Zwischen Teich und Rondell aber und die Schaukel halb versteckend standen ein paar mächtige alte Platanen. […]“ (S. 6)

Gezähmte Natur im sorgfältig angelegten Garten als geschütztem Raum, begrenzt an einer Seite durch den Teich, dessen Tiefe Un-wägbarkeit und mögliche Gefahr symbolisiert

„[…] Auch die Front des Herrenhauses - eine mit Aloekübeln und ein paar Gartenstühlen besetzte Rampe - gewährte bei bewölktem Himmel einen angenehmen und zugleich allerlei Zerstreuung bietenden Aufenthalt; an Tagen aber, wo die Sonne niederbrannte, wurde die Gartenseite ganz entschieden bevorzugt […]“ (S. 6)

Schatten als wichtige Vorausset-zung für annehmliches Leben, i. Ggs. zur niederbrennenden Sonne der Frontseite

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Theodor Fontane

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Grete Minde wächst bei ihrem Halbbruder Gerdt und dessen Frau Trud auf, die das Mädchen aufgrund ihrer Abstammung von einer spanischen Katholikin ablehnt. Gretes einziger Freund ist Nachbar Valtin, mit dem sie flieht, als Truds Feindseligkeiten unerträglich werden.Drei Jahre lang leben sie bei Puppenspielern, dann stirbt Valtin. Grete kehrt nach Hause zurück und bittet ihren Bruder um Vergebung; Gerdt will sie jedoch nicht aufnehmen und verweigert ihr sogar ihr Erbe. Auch vor dem Stadtrat findet Grete kein Gehör.Wütend über das ihr widerfahrene Unrecht legt sie in der Stadt Tangermünde Feuer.

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20 Kapitel

Drei Abschnitte in Gretes Leben:Kindheit und Jugend in TangermündeFluchtTod Valtins, Gretes Rückkehr nach

Tangermünde Katastrophe

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Realistische Dialoge – nahe an gesprochener Sprache

Weglassen von Satzteilen:

„Weißt du, Grete, wir haben ein Nest in unserem Garten, und ganz niedrig, und zwei Junge drin.“

Wortverkürzung:

„Valtin ist sechzehn oder wird‘s, und Gret ist über ihre Jahr und hat‘s von der Mutter.“

„Das ist dein Sach.“

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Wortausfall am Wortende:

„Nun merk ich erst; ich soll dich bewundern. Hatt es ganz vergessen.“

Dialekt:

„Süh, Kersten, doa sinn se all. Awers hüt wahrd et nix mihr.“

„Das Leutvolk lasst uns ka Ruh nit.“

Sprunghafte Themenwechsel Nachzeichnung der Gedankengänge

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Grete

Valtin

Trud

Gerdt

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Fontane besuchtTangermünde und erfährt von der Geschichte der Stadt

Historische Begebenheit:Tangermünde wurde am 13. September 1617 zu 80 Prozent durch einen Brand vernichtet

Angebliche Brandstifterin: Margarete von Minden (Motiv: Erbstreitigkeiten)

Die Novelle „Grete Minde“ erscheint 1880 und ist ein Erfolg, obwohl drei Jahre nach Veröffentlichung die Unschuld der Margarete von Minden bewiesen wird

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Vorausdeutungen: Puppenspieler – Brand Vision Gretes Nonne sieht Gretes Schicksal voraus

Gretes Drang nach Freiheit: Wasser Vögel – Fliegen

„[…] Denn ich hatte wieder einen Traum gehabt, wieder von Flucht, und es war, als flög ich, und mir war im Fliegen so wohl und so leicht.“

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Religionskonflikt Grete als Fremde in ihrer eigenen Heimat

Liebesdefizit

„Und so leb ich. In meines Vaters Haus ohne Heimat! Unter Bruder und Schwester und ohne Liebe! Es tötet mich, dass mich niemand liebt. Ach wie‘s mich danach verlangt! Nur ein Wort, nur ein einzig Wort“.

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Frage der Gerechtigkeit

„Joseph und Maria floh. Und auch Petrus floh aus seinem Gefängnis.“„Aber ein Engel des Herrn führte sie“, sagte Valtin. „Und sie flohen um Gott und Glaubens willen.“ […]„Ja, um Gott und Glaubens willen. Aber auch um Lebens und Rechtes willen. Ich mag kein Unrecht sehen und auch keines leiden.“

„Vor den Rat will ich es bringen; der soll mich aufrichten… Nein, nicht aufrichten. Richten soll er. Ich will nicht Trost und Gnade von Menschenmund und Menschenhand, aber mein Recht will ich, mein Recht gegen ihn, der sich und seiner Seelen Seligkeit dem Teufen verschrieben hat.“

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www.fontane.de (Biographie, Historisches)

www.fontaneseite.de (Biographie)

http://gutenberg.spiegel.de/autoren/fontane.htm (Werke online)

http://www.mdr.de/geschichte/personen/136266.html (Margarete von Minden)

http://www.mdr.de/geschichte/personen/133049-hintergrund-136266.html (Geschichte der Stadt Tangermünde)

http://www.tangermuende.de/tangermuende.html (Homepage von Tangermünde)

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Theodor Fontane

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gesellschaftliche Standesunterschiede Lene und Botho können keine Ehe führen ,da sie unterschiedlichen Schichten angehören

Lebensweise des Adels : Prunksucht und Verschwendung Herren – und Damenfeten, treffen mit Bothos Onkel und die Wohnungseinrichtung bei Botho und Käthe

Mentalität des Bürgertums: legen Wert auf Arbeitsamkeit und Fleiß Lenes Lebenswelt ist davon geprägt (waschen etc.)

Stellung von Mann und Frau in der Gesellschaft und die Bedeutung von Ehe und Familie:

Frauen waren den Männern untergeordnet die Ehen zwischen Botho und Käthe bzw. zwischen Lene und Gideon sind arrangierte bzw. Versorgungsehen. Jungen Frauen bleib nur die passive Rolle, sie mussten drauf warten, bis sie umworben wurden: wer all zu oft ablehnte, lief Gefahr als alte Jungfer zu enden

Sexualität war tabu, ließ sich eine junge Frau trotzdem darauf ein, musste sie damit rechnen, evt. von ihren Liebhaber verlassen, nicht mehr geheiratet zu werden Lene ist ein „Objekt“ des Heiratsmarktes da sie eine voreheliche Beziehung zu Botho eingegangen ist und noch wenige Chancen auf den Heiratsmarkt besitzt

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Fontane beschreibt die Irrungen / Wirrungen einer Gesellschaft, die sich vom Gebot der Menschlichkeit entfernte und an dem das Liebesverhältnis eines Adligen und einer kleinen Plätterin scheitern muss. Allein in deren Gedächtnis dauert die Herzensbindung an. Die Handlung spielt in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts (Ende der 1870er Jahre). Es wird dabei die Liebesbeziehung zwischen Lene Nimptsch und dem Baron Botho von Rienäcker geschildert, von deren geheim gehaltenem Verhältnis lediglich die Mutter Lenes und deren beste Freundin und Nachbarin, die geschwätzige Frau Dörr, wissen. Das Paar hat sich auf einer Segelpartie kennen gelernt, als das Boot, auf dem sich Lene befand, zu kentern drohte und sie und ihre Begleitung durch Botho und seinen Freund „gerettet“ wurden. Nach dem anschließenden Spaziergang nach Hause bat Botho, Lene wieder treffen zu dürfen. Das Liebespaar trifft sich nun mehrmals wöchentlich heimlich in der Wohnung von Lene und deren Mutter, unternimmt einige Ausflüge durch die Gärten in der Nähe der Nimptschen Hütte und später einen Ausflug in eine abgelegene Pension, wo beide ein Wochenende zu zweit verbringen; allerdings werden beide am Sonntag von den Freunden Bothos überrascht, die ebenfalls mit Bekannten einen Tag in der Natur verbringen wollen. Somit findet die Zweisamkeit ein jähes Ende.

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Durch Bothos verschwenderischen Lebenswandel und den seiner Mutter befindet sich die Familie in finanziellen Engpässen, die Botho (Premierleutnant im kaiserlichen Regiment) durch eine Hochzeit mit der wohlhabenden Käthe von Sellenthin ausgleichen soll. Die Erwartungen der Gesellschaft erklärt Bothos Onkel Kurt Anton diesem bei einem Essen (sowohl im Hinblick auf weitere finanzielle Verluste, da sich der Onkel nicht zur Unterstützung bereit erklärt, als auch durch die Anforderungen der Gesellschaft). Nicht zuletzt durch das Drängen seiner Mutter erklärt sich Botho nach kurzem Zögern (und einem Ausflug mit dem Pferd in die Natur) zur Hochzeit bereit, die bereits seine Eltern nach seiner Geburt mit der Familie von Sellenthin verabredeten. Er teilt Lene das Ende der Beziehung brieflich mit, die darauf vorbereitet war, da sie die ständischen Anforderungen richtig einschätzte und eine dauerhafte Bindung an Botho nicht erwartete. Es kommt zu einem letzten kurzen Treffen zwischen beiden im Hause der Nimptschs.

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Nach der Hochzeit zieht sich Lene völlig zurück, sie trifft Botho noch einmal mit seiner Frau auf der Straße, gibt sich allerdings nicht zu erkennen; daraufhin zieht sie mit ihrer Mutter in einen anderen Bezirk, da sich herausstellte, dass Botho nur unweit von ihrem alten Haus eine Wohnung bezogen hat. Botho findet keine richtige Erfüllung in der Beziehung zu Käthe, da diese ihm zu oberflächlich und kindisch erscheint. Käthe unternimmt im Jahre 1878 eine mehrwöchige Kur. Kurze Zeit nach dem Umzug stirbt Lenes Mutter. Botho erfährt drei Wochen später davon und erfüllt sein Versprechen gegenüber der alten Frau, indem er ihr auf deren Grab einen Kranz legt.Lenes neuer Nachbar Gideon Franke macht ihr einen Heiratsantrag, woraufhin Lene ihm die Affäre mit Botho gesteht. Gideon stellt daraufhin Botho zur Rede, um etwas über Lene zu erfahren. Dieser bestätigt die Version Lenes und gratuliert Gideon zu dieser Frau. Somit heiraten die beiden, Botho erfährt durch eine Zeitungsanzeige, die seine Frau Käthe liest, von der erfolgten Hochzeit. Botho und Lene sahen sich nach der Trennung vor Bothos Hochzeit nicht wieder, bis auf ein Treffen, bei dem Lene sich nicht zu erkennen gab.

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Orte und Ortsbeschreibungen haben häufig einen symbolischen Charakter

Bsp.: Dörrsche Gärtnerei im 1. Kapitel mit seinem verborgenen Garten zeigt Heimlichkeit der Beziehung zwischen Lene und Botho

Bsp. 2) : Kapitel 16 offener Balkon, auf dem Käthe und Botho stehen zeigt die nicht mehr heimliche Beziehung

Bsp. 3) : Vergleich Kamin in der neuen Wohnung, mit dem Herd der Frau Nimptsch

=> Hauptthema; Kontrast zwischen Öffentlichem und Verborgenen

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Lene Nimptsch Pflegetochter von Frau

Nimptsch lebt in der Gärtnerei fleißig, hübsch gutes Kind, das alles

ernsthaft nimmt (auf Botho bezogen)

steht für Ordnung und das Reelle

einfache Umwelt, ärmliche Verhältnisse

ungebildet gutmütig, hilfsbereit,

menschenfreundlich

Botho v. Rienäcker Baron Parterrewohnung Kunstliebhaber interessiert sich für

Politik und Klatsch Hang zum Bürgerlichen Ansehen ist ihm nicht

so wichtig liebt das Natürliche weich und herzensgut

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=>Die Personen des Romans lassen sich klar zu Lenes oder Bothos Welt zuordnen. Bis auf Botho, der die Standesgrenzen bewusst durchbricht, haben sie keinen Kontakt zueinander. Bei Lene gibt es 2 Ausnahmen. Sie begegnet zweimal Käthe von Sellenthin, aber ohne mit ihr zu sprechen. Das Zusammentreffen mit Bothos Freunden und deren „Bekanntschaften“ führt zum Ende der Beziehung.

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Lene ist sachlich, sieht

das Ende der Beziehung

genießt den Augenblick

weiß, das Botho sie liebt

würde gerne die Verhältnisse ändern, tut es aber nicht

leidet unter dem drohenden Ende

ist eifersüchtig

Botho wehrt Gedanken

über die Zukunft ab genießt die Zeit mit

Lene empfindet Liebe,

Sorgen und Furcht lebt in den Tag

hinein

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Handlung/ Ereignisse Zugfahrt und Ankunft erster Ausflug (binden

des Straußes) Lenes Unpässlichkeit

(Gespräch mit Wirtin- Lene Schwanger?) –

Aufenthalt im Giebelzimmer

nächster Morgen Ankunft der Freude

Botho's mit „Damen“ und Spaziergang

Rückkehr

Lenes Gefühle glücklich ernsthaft („Haar bindet“)

glücklich /nachdenklich angegriffen /verlegen traurig (Bildungskluft)

glücklich (Ausblick aus dem Fenster)

glücklich (sah die Welt in einem rosigen Blick)

nachdenklich (schweigt, gehorcht) „herabgestimmt“ & traurig

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=> der Ausflug nach Hankels Ablage ist Höhepunkt und Wendepunkt der Beziehung. Die Idylle ist trügerisch. Das Erscheinen der Kameraden symbolisiert den Einbruch der Öffentlichkeit in die Beziehung und bewirkt das Ende

Lene und Botho fügen sich beide in die bestehenden Verhältnisse:

Botho folgt dem gesellschaftlichen Druck, dem er als verarmter Adeliger ausgesetzt ist

Lene akzeptiert, wenn auch resignierend, das Ende der Beziehung

=> Fontane zeigt weder eine Verteidigung der bestehenden Gesellschaftsordnung noch eine revolutionäre Ablehnung der bestehenden Verhältnisse.

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Lene traurig über die

Trennung verkraftet es nicht

Botho zu sehen zieht um, nachdem sie Botho & Käthe gesehen hat

der Schmerz war zu groß, um ihn zu unterdrücken

heiratet Gideon Franke, einen weitaus älteren Mann

Botho Hochzeit mit Käthe

nicht die geeignete Frau für ihn, er schämt sich für ihre Schwatzhaftigkeit

normales Eheleben Verbrennung von

Lenes Briefen versucht sein Glück

mit Käthe zu genießen, aber er muss ständig an Lene denken

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=> Beide Beziehungen sind nicht aus Liebe (Leidenschaft)

repräsentieren geordnete Verhältnisse Botho und Lene ziehen sich beide in ein

belangloses Leben zurück

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/ \ Man folgt der Gesellschaft Man folgt der

eigenen Natur

/ \ / \

bietet dem Menschen keine bietet keinen Halt, weil

Lebensgrundlage der Mensch zu Schwach ist

\ / Ausweglosigkeit

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9911.04.23

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When shall we three meet again? Macbeth

»Wann treffen wir drei wieder zusamm'?«        »Um die siebente Stund', am Brückendamm.«

»Am Mittelpfeiler.« »Ich lösche die Flamm'.«»Ich mit.«        »Ich komme von Norden her.«

»Und ich von Süden.« »Und ich vom Meer.«»Hei, das gibt ein Ringelreihn,

Und die Brücke muss in den Grund hinein.«        »Und der Zug, der in die Brücke tritt

       Um die siebente Stund'?« »Ei der muss mit.«»Muss mit.« »Tand, Tand,

Ist das Gebilde von Menschenhand.«

Auf der Norderseite, das Brückenhaus - Alle Fenster sehen nach Süden aus,

Und die Brücknersleut', ohne Rast und Ruh Und in Bangen sehen nach Süden zu, Sehen und warten, ob nicht ein Licht

Übers Wasser hin »ich komme« spricht, »Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,

Ich, der Edinburger Zug.«

Und der Brückner jetzt: »Ich seh einen Schein Am anderen Ufer. Das muss er sein.

Nun Mutter, weg mit dem bangen Traum, Unser Johnie kommt und will seinen Baum, Und was noch am Baume von Lichtern ist,

Zünd' alles an wie zum heiligen Christ, Der will heuer zweimal mit uns sein, -

Und in elf Minuten ist er herein.«

Und es war der Zug. Am Süderturm Keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm, Und Johnie spricht: »Die Brücke noch! Aber was tut es, wir zwingen es doch.

Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf, Die bleiben Sieger in solchem Kampf,

Und wie's auch rast und ringt und rennt, Wir kriegen es unter, das Element.«

»Und unser Stolz ist unsre Brück'; Ich lache, denk ich an früher zurück,

An all den Jammer und all die Not Mit dem elend alten Schifferboot; Wie manche liebe Christfestnacht Hab ich im Fährhaus zugebracht,

Und sah unsrer Fenster lichten Schein, Und zählte, und konnte nicht drüben sein.«

Auf der Norderseite, das Brückenhaus - Alle Fenster sehen nach Süden aus,

Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh Und in Bangen sehen nach Süden zu;

Denn wütender wurde der Winde Spiel, Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel', Erglüht es in niederschießender Pracht

Überm Wasser unten ... Und wieder ist Nacht.

»Wann treffen wir drei wieder zusamm'?«        »Um Mitternacht, am Bergeskamm.«

»Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.«»Ich komme.«        »Ich mit.«

»Ich nenn euch die Zahl.«»Und ich die Namen.« »Und ich die Qual.«»Hei!

       Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.« »Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand.“

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• am 30.12.1819 als Henri Théodore Fontane in Neuruppin geboren

• 1827-32 Kindheit in Swinemünde, Schule • 1836 Apothekerlehrling • 1843 Gehilfe in Apotheke des Vaters in Letschin;• 1845 Verlobung mit Emilie Rouanet • 1849 Oktober: Aufgabe der Apothekerlaufbahn, freier

Schriftsteller, zuerst Erfolg als Kritiker von Romanen, Reden, ect., später erst erfolgreicher Dichter

• 1850 16. Oktober: Heirat: Emilie Rouanet• am 20. September 1898 Tod in Berliner Wohnung

Vier Kinder:Sohn Georges Emile, Sohn Theodore Henry, Tochter Martha(genannt Mete), Sohn Friedrich (genannt Frieder)

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Thema:Überlegenheit der Natur über die

Technik1.Strophe Die „Stürme“ sprechen Sie vereinbaren einen Treffpunkt Etwas Ähnliches findet man auch in

Shakespears „Macbeth“, in dem drei Hexen vorkommen

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2. Strophe Aus der Sicht der Brücknersleut

erzählt Die Brücknersleut erwaten den Zug,

mit dem ihr Sohn kommt Der Zug erscheint Alles wird für die Ankunft

vorbereitet

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3.+4. Strophe Aus der Sicht de Sohnes Johnie

erzählt Der Zug kämpft gegen den Sturm Sohn Johnie erinnert sich an die Zeit

ohne Brücke und ist froh, dass es nun eine gibt

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5. Strophe Aus der Sicht der Brücknersleut

erzählt Kurze Wiederholung er 2. Strophe Höhepunkt: die Brücke stürzt ein,

Mutter und Vater sehen nur einen Feuerball und können es gar nicht glauben

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6. Strophe Wieder sprechen die drei „Stürme“ Sie vereinbaren einen neuen

Treffpunkt Wieder besteht Verbindung zu

Shakespears „Macbeth“

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1.und letzte Strophe Die Zeilen sind unregelmäßig lang Meist liegen Paar- oder Kreuzreime

vor Auch Versausgänge sowie die

Betonungen sind unregelmäßig Dies deutet auf die

Unberechenbarkeit der Stürme hin

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2.-5. Strophe Die Zeilen bestehen in der Regel aus

acht bis zehn Silben Meist liegen Paarreime vor Weibliche und männliche Versausgänge

sowie Trochäus und Jambus wechseln sich ab

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Theodor Fontane möchte zeigen, dass die Natur der Technik des Menschen

überlegen ist, Man z.B. Stürme oder Unwetter nicht

immer voraussagen kann, er zeigt die Unberechenbarkeit der Natur

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Fontane, der Schottland bereiste, wurde durch ein tragisches Ereignis zu diesem Gedicht (das er 1880 schrieb) angeregt:Die über drei Kilometer lange Eisenbahnbrücke über den Mündungsfjord der Tay (bei Dundee, Ostschottland, Erbaut 1878) stürzte am 28. Dezember 1879 (19 Monate nach ihrer Einweihung) während eines schweren Wintersturms ein. Der Zug aus Edinburgh versank im Tay. Alle Zuginsassen (ca.150) fanden den Tod.

Über dieses Ereignis schrieb auch der schottische Über dieses Ereignis schrieb auch der schottische Dichter William Topaz McGonagall das Gedicht The Dichter William Topaz McGonagall das Gedicht The Tay Bridge Disaster.Tay Bridge Disaster.

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Züricher Freitagszeitung2. Januar 1880England.Während eines furchtbaren Wintersturms brach am 28.nachts die große große Eisenbahnbrücke über den TaystromIn Schottland zusammen, im Moment als der Zug darüberfuhr. 90Personen, nach anderen 300, kamen dabei ums Leben; der verunglückte Zug hatte nämlichsieben Wagen, die fast alle voll waren,und er stürzte über 100 Fuß(ca.30m) hoch ins Wasser hinunter. Alle 13 Bückenspannungen sind samt den Säulen, worauf sie standen, verschwunden. Die Öffnung der Brücke ist eine halbe englische Meile lang. Der Bau der Brücke hat seinerzeit 350 000 Pfund Sterlinge gekostet, und sie wurde im Frühjahr 1878 auf ihre Festigkeit hin geprüft. Bis jetzt waren alle Versuche zur Auffindung der Leichen oder des Trains vergeblich.

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Theodor Storm

Der Schimmelreiter

Novelle

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Lebenslauf von

Theodor Storm

Theodor Storm wurde 1817 in Husum in Schleswig-Holstein geboren und studierte Jura. Er schrieb stimmungsvolle Gedichte und Novellen, in denen er die Menschen seiner Heimat mit ihrer grüblerischen Phantasie und ihrer oft verschlossenen Tiefe des Gefühls schildert.Storm starb 1888 mit 71 Jahren.Seine bekanntesten Erzählungen sind “Pole Poppenspäler” und “Der Schimmelreiter”

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Hauke Haien

Vater von Hauke

Der alte Deichgraf

Elke Volkers

Knecht Ole Peters

Die Hauptpersonen

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Ein Junge, namens Hauke Haien, der an der Nordseeküste lebt, interessiert sich schon früh für Mathematik. Als er aus der Schule kommt, macht er eine Lehre beim alten Deichgrafen der Gegend. Schon bald übernimmt er dessen Aufgaben. Er verliebt sich in die Tochter Elke. Der Tradition nach darf Deichgraf nur werden, wer auch Grundbesitz hat. Als Elke ihr Erbe schon vor der Hochzeit an Hauke überschreibt, wird Hauke der neue Deichgraf. Er kennt genau die Schwächen des alten Deiches und lässt ihn unter großer Anstrengung der Bauern, die als Arbeiter herangezogen werden, verbessern. Hauke verfeindet sich mit den Bauern, als er einen kleinen Hund rettet, der einem Aberglauben nach, lebendig im Deich vergraben werden soll, um dem Deich mehr Halt zu geben.

Um sich nicht weiter mit den Bauern streiten zu müssen, verzichtet er auf die Reparatur eines Deichstückes. Als eine Sturmflut kommt, bricht der alte Deich und das Land wird überflutet.

Als er sieht, wie Elke und sein Kind ertrinken, stürzt er sich selbst in die Fluten. Sein neuer Deich übersteht die Flut. Hauke wird in der Nachwelt zur gespenstischen Sagengestalt.

Inhaltsangabe

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Marsch - angeschwemmtes Land

Fennen - sumpfiges Weideland

Deich - Schutzwall vor Sturmfluten

Husum - Stadt an der Nordsee

Koog - eingedeichtes Land

Watt - Meeresboden bei Ebbe

Priele - Kleine oder größere

Wasserläufe im Wattenmeer

Werfte - Hügel

Wörter der Region

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-Literarische Kunstform, romanhafte, kürzere

Erzählung

-Die Novelle ist länger als eine Kurzgeschichte,

aber kürzer als ein Roman

-Sie hat oft ein ungewöhnliches Ereignis zum

Inhalt, meist mit einem Wendepunkt.

Die Novelle

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Poetischer Realismus

In der Geschichte der Literatur gibt es einen Zeitraum, den man „Poetischer Realismus“ nennt.

Die Dichter in dieser Zeit, zu denen auch Theodor Storm zählte, benutzten aufklärerische Themen.

Die Wirklichkeit, die von jederman überprüft werden kann, wird ins Verhältnis gesetzt zum Aberglauben.

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Aberglaube

Im 15. Jhdt. prägte die christliche Kirche das Wort „Aberglaube“ als Bezeichnung einer religiösen Haltung, die im Gegensatz zur kirchlichen Lehre an ein Walten geheimer Naturmächte und magischer Kräfte glaubt. Die alten Götter der Griechen und Römer wurden mit Dämonen und Teufeln gleichgesetzt.

Den schärfsten Kampf gegen den Aberglauben führte die Aufklärung im 18. Jhdt. In ihrer Sicht ist jeder Glaube an Geschehnisse übernatürlicher Art, die der allgemeinen Erfahrung widersprechen und sich nicht mit den Naturgesetzen vereinbaren lassen, Aberglaube.

Auch heute ist der Aberglaube noch überall lebendig. Mehr Menschen als allgemein bekannt, lassen sich von Hellsehern, Astrologen, Pendlern, Wünschelrutengängern beraten und behandeln.

Maskottchen und Unglückstage bedeuten vielen Menschen mehr, als sie offen zugeben.

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Der Autor Seine wichtigsten

Werke Der Inhalt Die Hauptpersonen Zum Buch:

Entstehung/Rezeption Zum historischen

Hintergrund Aufbau und Struktur Sprache und Stil

Interpretation

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„„So sehr mir das Leben entglitt, So sehr mir das Leben entglitt, desto mehr wurde ich Dichter"desto mehr wurde ich Dichter" Neben Theodor Storm war er Neben Theodor Storm war er

der bedeutendste Vertreter des der bedeutendste Vertreter des poetischen Realismus innerhalb poetischen Realismus innerhalb der deutschen Literatur des der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts.19. Jahrhunderts.

3 Schaffensperioden:3 Schaffensperioden:

• frühe Romanefrühe Romane• die "Stuttgarter Trilogie" die "Stuttgarter Trilogie" • AltersromaneAltersromane

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Romane

1856 Die Chronik der Sperlingsgasse 1864 Der Hungerpastor 1867 Abu Telfan 1870 Der Schüdderump 1879 Alte Nester 1887 Im alten Eisen 1891 Stopfkuchen 1896 Die Akten des Vogelsangs

Erzählungen

1861 Die schwarze Galeere 1865 Else von der Tanne 1866 Die Gänse von Bützow 1875 Frau Salome

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In der Novelle wird von den Erinnerungen des Pfarrers

Dominus Magister Friedemann Leutenbacher an diejunge, der Hexerei beschuldigten Else zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1648 erzählt.

Else und ihr Vater lassen sich 1636 als Flüchtlinge im Wald nahe der Heimatgemeinde des Pfarrers Wallrode nieder. Im Dorf wird vermutet, dass das junge Mädchen aus dem Wald eine Hexe sei. Bei einem Aufstand der Dorfgemeinde wird sie angegriffen und schließlich getötet. Als der Pfarrer von ihrem Tod erfährt, begibt er sich verzweifelt auf die Spitze eines Berges, wo er ebenfalls stirbt.

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Dominus Magister Friedemann Leutenbacher: Pfarrer der Gemeinde Wallrode

Else: Beiname „von der Tanne“ aufgrund der Hütte neben der hohen Tanne, in der sie gemeinsam mit ihrem Vater wohnt.

Magister Konradus: Vater von Else

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geschichtliche Novelle verfasst in den Jahren 1862 bis 1864 1865 erstmals veröffentlicht in der Zeitschrift

„Freya“ 1869 erschien die Novelle noch einmal in

einer gesammelten Ausgabe realistisches Werk:

der dreißigjährige Krieg bildet die Rahmenhandlung

Hexenverfolgung bestimmt die Handlung

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Der Dreißigjährige Krieg:1618-1648, ein Religions-, Stände- und Staatenkonflikt, der in Deutschland und Böhmen ausgetragen wurde. Österreichs Gebiete waren 1618-20, 1645/46 und 1647 betroffen. Der Gegensatz zwischen protestantischer Union und katholischer Liga seit 1608/09 war eine der Ursachen, der Aufstand der böhmischen Stände gegen die Habsburger der Anlass.

Hexenverfolgung:Hexenverfolgungen fanden fast ausschließlich in Mitteleuropa während der Frühen Neuzeit statt. Grundlage für die massenhafte Verfolgung von Frauen (teilweise auch Kindern und Männern) durch die kirchliche und vor allem die weltliche Justiz war die von Theologen und Juristen verbreitete Vorstellung von einer vom Teufel geleiteten konspirativen Verschwörung gegen das Christentum, deren meist weibliche Mitglieder man Hexen nannte.

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Einstieg mit einer kurzen Umwelt- und Wetterbeschreibung (Es schneiete heftig…; das Gestäube und Gewirbel um die Hütten des Dorfes schien nimmer ein Ende nehmen zu wollen…;)

Pfarrherr Friedemann Leutenbacher und das vom Dreißigjährigen Krieg schwer gebeutelte Dorf Wallrode im Elend werden am Weihnachtsvorabend, dem 24.12.1648 vorgestellt.

Es folgen Gedanken des Pfarrers zum Krieg, bis er schließlich zu Else abschweift.

Eine kurze, prägnante, gedankliche Zusammenfassung der Geschehnisse um Else von der Tanne vom Pfarrer in einem Absatz

Rückblende: Die Geschichte von Else von der Tanne und ihrem Vater wird ausführlich durch die Gedanken und Erinnerungen des Pfarrers erzählt (Die Erzählform bleibt aus der Sicht einer 3. Person!)

Wiedereinstieg am Weihnachtsabend 1648: Pfarrer erfährt vom Tod Elses; Pfarrer stirbt selbst im Wald vor Erschöpfung.

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Die Novelle ist in wenigen Worten wiederzugeben Verlagerung des Interesses des Lesers auf die Darstellung und Kunstfertigkeit der Texte

Poetische Beschreibungen („Das zahme Reh begleitete die schöne Herrin mit fröhlichen Sprüngen und schmeichelndem Anschmiegen durch den Forst...“)

Realistische Beschreibungen der Grausamkeiten und psychischen sowie physischen Gewalt des Krieges („…die roten Narben um die Handgelenke des Pfarrherrn von Wallrode…“)

viele mythische Motive heidnischen und christlichen Ursprungs sowie metaphorische Vergleiche, die sich auf Religion und den christlichen Glauben beziehen Friedemann trägt um seine Handgelenke blutigrote Spuren

und Striemen. Das erinnert an die Wundmale des gekreuzigten Jesus. Sein Schicksal und seine Wunden stehen damit metaphorisch für das deutsche Volk zur Zeit des Krieges („Er war sehr betrübt und dachte, während er so stand, wie das deutsche Volk gleich ihm mit gefesselten Händen, zerschlagen und blutig, herausgeschleppt sei und niedergeworfen.") und für Jesus und dessen Wundmale.

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Zur Aktualität Kritik an der Bürgergesellschaft Kritik an der Kirche Paradoxon Kritik am christlichen Glauben? Mythische Motive

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Zur Aktualität:Auch heute noch ist die Zuwanderung fremder Menschen oder Familien „unbeliebt“

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Kritik an der Bürgergesellschaft:Protagonisten sind Außenseiter, die ihr

Glück in Einfachheit und Entsagung suchen

durch die Abneigung der Dorfbewohner gegenüber den Sonderlingen und den Hexenwahn, der sich schließlich daraus entwickelt,

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Kritik an der Kirche:

Else wird von Raabe annähernd als eine heilige, unfehlbare Person dargestellt. Die frommen Kirchgänger steinigen also eine Art Heilige!

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Paradoxon:Die Dorfbewohner streuen die Erde eines frischen Grabes auf die Stiegen des Gotteshauses und ein junger Mann legt einen Zweig des Baumes dazu, um die beiden nicht aus der Kirche entkommen zu lassen. Dies kann als eine Art Zauber gedeutet werden.Die gläubigen Christen versuchen also Hexe und Hexenmeister mit einem Zauber zu bannen.

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Kritik am christlichen Glauben?vier Erzählteile handeln vom Weihnachtsabend:nie mit Feiern, sondern jedes Mal mit Dunkelheit, schwerem Schneefall und Tod verbunden

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Mythische Motive:Verhältnis der Hauptpersonen zur Natur

Pfarrer lernt durch Else über die NaturEr erfährt in der Gestalt Elses eine

Sinngebung des Lebens, allerdings auch gleichermaßen eine Sinnlosigkeit

Wesensgleichheit von Else und Friedemannvorausahnende Episoden

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Wilhelm Raabe (Kurzbiographie & Werke):

http://gutenberg.spiegel.de/autoren/raabe.htm Wilhelm Raabe (ausführliche Biographie):

http://www.klaus-seehafer.de/html/rabe.htm über Else von der Tanne (in Bezug auf den dreißigjährigen

Krieg):

http://brisbane.t-online.de/toi/html/de/kundenhomepages_old.html

Else von der Tanne (gesamte Erzählung online):

http://gutenberg.spiegel.de/raabe/elsetann/elsetann.htm Mythische Motive in Else von der Tanne:

http://www.lesekost.de/klassik/HHLKL10M.htm

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GOTTFRIED GOTTFRIED KELLERKELLER

ROMEO UND JULIA AUF DEM DORFE ROMEO UND JULIA AUF DEM DORFE (1856)(1856)

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Geboren am 19.7.1819

Studierte von 1848 – 50 Literatur

Wird in Zürich freier Schriftsteller

Starb am 16.7.1890

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Manz und Marti, zwei Bauern, bringen einen Wandermusikanten, den schwarzen Geiger, um sein Erbe, zerstreiten sich wegen eines Ackergrundstücks und ruinieren sich gegenseitig in langwierigen Prozessen. Die durch diese Umstände zerstörte Liebe ihrer Kinder endet im Selbstmord. (Die erzählte Zeit erstreckt sich über 12 Jahre, Sali und Vrenchen sind am Ende 19 und 17 Jahre alt)

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Die Novelle zerfällt in zwei große Teile:

Die erste Hälfte umfasst den ökonomischen Niedergang der Eltern

Die zweite Hälfte schildert den Weg in den Selbstmord der Jugendlichen.

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Mischung aus realistischer Alltagssprache und märchenhaften Anklängen

Vergleiche überwiegen, wenig Metaphern

Symbolisierung der Schauplätze Durchgehend hypotaktischer Satzbau Ernster Grundton

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Hier sollen von dir selbst gefundene Textstellen anhand einiger Stilfiguren analysiert werden. (Einen Überblick über sprachliche Stilmittel findest du auf dieser Website der Laptopklasse)

„…die schimmernden Mützen (Adjektivmetapher)… züngelten (Verbalmetapher) wie zwei weiße Flammen (Vergleich) gen Himmel“

„So pflügten beide ruhevoll…, bis beide wie zwei untergehende Gestirne (Vergleich und Vorausdeutung) hinter die Wölbung des Himmels hinab gingen…“

„.. .und wie sie nun auf dem harten Grund ihres Elends (Nominalmetapher) saßen, verdunkelte sich das heitere Lebenslicht und ihre Gemüter wurden so schwer wie Steine (sprachliches Bild, Vergleich und Vorausdeutung).“

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Manz Marti Sali Vrenchen Geiger

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Die Novelle erschien 1856 gemeinsam mit vier anderen Novellen des Zyklus „Die Leute von Seldwyla“ (Band 1).

Zugrunde liegt eine Notiz vom 3. 9. 1847 in der Züricher Tageszeitung: „Im Dorfe Altsellerhausen, bei Leipzig, liebten sich ein Jüngling von 19 Jahren und ein Mädchen von 17 Jahren, beide Kinder armer Leute, die aber in einer tödlichen Feindschaft lebten und nicht in eine Vereinigung des Paares willigen wollten. Am 15. August begaben sich die Verliebten in eine Wirtschaft, wo sich arme Leute vergnügten, tanzten daselbst bis 1 Uhr und entfernten sich hierauf. Am Morgen fand man die Leichen beider Liebenden auf dem Felde liegen; sie hatten sich durch den Kopf geschossen.“

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Versuche deiner Interpretation einen Titel zu geben, die aus deiner Einschätzung des Werkes hervorgeht (z.B. „Märchen oder Realismus?“ oder ein passendes Zitat aus dem Text „Sind wir schuld an dem, was sie (die Erwachsenen) getan haben und geworden sind?“ (Sali zu Vreni)

Beim Interpretieren sind mehrere Kriterien zu beachten (siehe „Leitfaden zur Interpretation“ )

Vor allem sollte hier eine knappe Zusammenfassung über deine eigene Auseinandersetzung mit Werk stehen

An die Interpretation schließt sich ein längerer Textauszug an, der für die Thematik des Werkes tragende Bedeutung hat (nächste Folie)

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„Die meisten Menschen sind fähig oder bereit, ein in den Lüften umgehendes Unrecht zu verüben, wenn sie mit der Nase darauf stoßen; sowie es aber von einem begangen ist, sind die übrigen froh, dass sie es doch nicht gewesen sind, dass die Versuchung nicht sie betroffen hat, und sie machen nun den Auserwählten zu dem Schlechtigkeitsmesser ihrer Eigenschaften und behandeln ihn mit zarter Scheu als einen Ableiter des Übels, der von den Göttern gezeichnet ist, während ihnen zugleich noch der Mund wässert nach den Vorteilen, die er dabei genossen (hat).“ (Reclamausgabe, S. 13)

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Links über Autor, Werk, Zeit, Personen, literarische Epoche und Gattung, Vorbilder, vergleichbare Autoren oder Themen, …

http://www.gottfriedkeller.ch/index.html http://www.ub.fu-berlin.de/internetquellen/fachinformation/

germanistik/autoren/multi_ijk/keller.html http://www.brockhaus.de/index2.html?nachschlagen/infothek/

artikel/11041.html http://www.festspielfreunde.at/deutsch/frames/200112/

gf_200112_06.htm http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/

epik/novelle.htm

Zwei Übungen (Quiz und Lückentext) zur Wissenskontrolle

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Strapinski: arm , edles Aussehen , passiver Mensch und sehr schüchtern

Nettchen: Tochter des Goldacher Amtsrates, redet viel und ist modern gekleidet

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Ankunft in Goldach Einladung beim Amtsrat Die Wahrheit über Strapinski Hochzeit mit Nettchen

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Conrad Ferdinand Meyer

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Aufsteigt der Strahl…

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und fallend giesst

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Aufsteigt der Strahl, und fallend giesstEr voll der Marmorschale Rund,Die, sich verschleiernd, überfliesstIn einer zweiten Schale Grund;Die zweite gibt, sie wird zu reich,Der dritten wallend ihre Flut,Und jede nimmt und gibt zugleichUnd strömt und ruht.

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Wilhelm Busch war Dichter und Künstler, bekannt durch seine Karrikaturen und Satiren

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Geboren am 15. April 1832 Gestorben 9. Januar 1908

                                              

              

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Die bekanntesten waren“Max and Moritz” und “Die Fromme Helene”

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http://en.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Busch

http://en.wikipedia.org/wiki/Max_and_Moritz

http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_poetry_awards

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DANKE FÜR AUFMERKSAMKEIT!