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Joannes Kantakuzenos - Aristokrat., Staatsmann., Kaiser und Mönch- in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians- Universität zu München vorgelegt von GüNTER WEISS aus München 1969 OTTO HARRASSOWITZ . WIESBADEN

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Page 1: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

Joannes Kantakuzenos

- Aristokrat., Staatsmann., Kaiser und Mönch­

in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz

im 14. Jahrhundert

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades

der Philosophischen Fakultät

der Ludwig-Maximilians-Universität zu München

vorgelegt von

GüNTER WEISS

aus München

1969

OTTO HARRASSOWITZ . WIESBADEN

Page 2: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

Diese Arbeit erscheint als Band 4 der

"Schriften zur Geistesgeschichte des östlichen Europa" .

Referent: Prof. H.-G. Beck

Korreferent: Prof. K. BOBI

Tag der mündlichen Prüfung: 26. 7. 1968

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KOMMISSION FÜR DIE GEISTESGESCHICHTE

DES ÖSTLICHEN EUROPA

- Forschungsplanung - Stand Herbst 1969 -

Die KO:MMISSION FüR DIE GEISTESGESCHICHTE DES ÖSTLICHEN EUROP A an der Universität München kann auf eine nunmehr vierjährige For­schungsarbeit zurückblicken. Sie hatte es von Anfang an als ihre vornehmliche Aufgabe angesehen, nicht nur jüngere bewährte Wissenschaftler zur Bearbeitung fruchtbarer Einzelthemen heranzuziehen oder anerkannte Fachgelehrte zu Zu­sammenfassungen ihrer Forschungsergebnisse anzuregen, sondern ein eigenes, auf bestimmte Schwerpunkte gerichtetes Forschungsprogramm zu entwickeln und durchzuführen. Das Studium von Wesen und Eigenart der Kulturräumedes östlichen Europa und der interessanten Interferenzers1cheinungen und Ausstrahlungen auf umliegende Gebiete ist seiner Natur nach so vielschichtig und umfassend, daß nur eine Beschränkung auf eng umschriebene Teilgebiete in absehbarer Zeit einen wesentlichen und bereits veröffentlichungsreifen Ertrag versprach.

Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen hat sich eine in der Sache begründete Dreiteilung der Thematik ergeben, zu deren Bearbeitung geeignete und bewährte Mitarbeiter gewonnen werden konnten.

1. Die orthodoxe Welt als Gesamtphänomen - als Synthese von Christentum, by­zantinischem Kulturerbe und autochthonem Volkstum und hier insbesondere die Erforschung der die europäische Kultur- und Geistesgeschichte prägenden Wech­selbeziehungen zwischen einer östlich-orthodoxen und einer westlich-abendländi­schen Welt unter Einbeziehung der Rand- und Ausstrahlungsgebiete.

Themen der Forschungsvorhaben :

Politische Metaphysik und Eschatologie in Byzanz

Byzantinisches Erbe und Orthodoxie bei Feofan Prokopovic

Die geistesgeschichtliche Stellung von Skovoroda

Der Hesychasmus bei den Südslaven

Studien zur Rezeption des byzantinischen rhetorischen Stils im mittelalterlichen Serbien

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VI

Die Kiever Metropolie 1459-1589 Die Auseinandersetzung um den lateinischen Ritus bei den orthodoxen Albanern in Kalabrien

Orthodoxie, Autokratie und Judentum zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Ruß­land

Orthodoxie und Katholizismus am Beispiel der russisch-spanischen Beziehungen unter Katharina 11.

Die vermittelnde Funktion der Moldau für den Kulturaustausch zwischen dem Balkan und dem ostslavischen Raum im Hoch- und Spätmittelalter

Die Byzanzvorstellung der russischen Slavophilen

Orthodoxe Wirtschaftsethik und die Anfänge der russischen Industrialisierung

Die christliche Bevölkerung des montenegrinisch-albanisch-epirotischen Küsten­gebietes, die italienischen Staaten und Spanien um die Wende des 16./17. Jahr­hunderts.

2. Enggefaßte Einzelanalysen der Schichtungen und Strukturen, auf denen die orthodoxe Welt des östlichen Europa aufbaut, d. h. also die Beziehungen zu den volkstümlichen Substraten und den vorchristlichen Kulturelementen, die dann in der Orthodoxie weiterwirken.

Themen der Forschungsvorhaben :

Die karpatische Hirtenkultur

V olksreligiosität und byzantinisches Erbe in Brauchtum und Folklore der Rumä­

nen

Untersuchungen zur Sozialgeschichte der byzantinischen Häresie

Untersuchungen zu den griechisch-türkischen Sprach- und Kulturbeziehungen.

3. Vorstudien als Grundlage für spätere Einzelprojekte.

Themen der Forschungsvorhaben :

Novellenindex

Methodologische Grundprobleme der Bogomilen-Forschung

Terminologisches Wörterbuch zur Geschichte Altrußlands

Geschichte des liturgischen Gesanges der russischen Kirche

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VII

Bis jetzt erschienen:

Band 1: VERA VON FALKENHAUSEN, Untersuchungen über die byzantinische Herrschaft in UnteritalieIi vom 9. bis ins 1l. Jahrhundert 1967. XI, 210 Seiten, broschiert DM 34,-

Band 2: VICTOR GLÖTZNER, Die strafrechtliche Terminologie des Ulozenie 1649. Untersuchungen zur russischen Rechtsgeschichte und Gesetzessprache 1967. X, 165 Seiten, broschiert DM 32,-

Band 3: AMBROSIUS K. ESZER, Das abenteuerliche Leben des Johannes Laskaris Kalopheros Forschungen zur Geschichte der ost-westlichen Beziehungen im 14. Jahrhundert 1969. IX, 269 Seiten und 1 Kunstdrucktafel, broschiert DM 48,-

In Vorbereitung Bind:

Band 5: J. VON GARDNER, Geschichte des liturgischen Gesanges der russischen Kirche

Band 6: P. P. J OANNOU, Die Vorstellung von den Dämonen in der byzantinischen Orthodoxie

Band 7: E. HöseR, Häresie und Orthodoxie im alten Rußland

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . XI

Einleitung 1

I. J oannesKantakuzenos als byzantinischer Adeliger. Exkurs: Zu den Zahlen-angaben des J oannes Kantakuzenos über seinen Viehbestand . . . . .. 5

II. Die Gefolgschaft des J oannes Kantakuzenos unter den Kaisern Androni-kos II. und III. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

III. Die Gefolgschaft im Bürgerkrieg in den Jahren 1341-1347 32

IV. Die Gefolgschaft nach 1347 . . . . . . . . . . . . . . 44

V. Soziale Mobilität in der Zeit des Joannes Kantakuzenos 54

VI. Fremdländische Einflüsse in der byzantinischen Gesellschaft. 61

VII. Joannes Kantakuzenos und das Volk 70 1. Die Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Die Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3. Die soziale Lage und die politische Wirksamkeit des Volkes unabhängig

vom Bürgerkrieg 1341-1347 . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4. Die Rolle des Volkes im Bürgerkrieg 1341-1347 . . . . . . . . 78 5. Die Beurteilung der Rolle des Volkes im Bürgerkrieg 1341-1347 . 83

VIII. Joannes Kantakuzenos und das Volk von Thessalonike . . . . . . 86 1. Die Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Die soziale Lage und die politische Wirksamkeit des Volkes von Thessa-

lonike unabhängig vom Bürgerkrieg 1341-1347 . . . . . . . . .. 86 3. Die Rolle des Volkes von Thessalonike in den Jahren 1341-1350 94 4. Die Beurteilung der Rolle des Volkes von Thessalonike in den Jahren

1341-1350 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

IX. Die Bedeutung des palamitischen Streites bis zum Ausbruch des Bürger-krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

X. Der palamitische Streit und die innenpolitische Entwicklung im Bürger-krieg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

XI. J oannes Kantakuzenos und der Sieg der Palamiten 123

XII. Die Struktur der Gefolgschaft . . . . . . . . . . 138 Schlußbetra.chtung ................. 156 Verzeichnis der Quellen, Quellensammlungen und Abkürzungen 159 Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Index der wichtigsten Personennamen, Ortsnamen und Begriffe 165 Index der zitierten Handschriften . . . . . . . . . . . . . 172

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Vorwort

Diese Untersuchung wurde im Sommer 1968 von der philosophischen Fakultät der Universität München als Inauguraldissertation angenommen. Es konnte nur die Literatur eingearbeitet werden, die mir bis Anfang August 1968 zugänglich wurde. Das Buch von D. M. NICOL über die Genealogie der Kantakuzenen war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in meinen Händen. Reiche Anregung und Vergleichsmaterial verdankt die Arbeit meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. KARL BOSL. Mein verehrter Lehrer, Herr Prof. Dr. HANS­GEORG BEcK, hat durch wohlwollenden Rat, stetes Verständnis und sachkundige Kritik mein Arbeiten auch in den letzten zwei Jahren entscheidend gefördert. Durch seine Vermittlung wurde von der Fritz Thyssen Stiftung ein Stipendium gewährt. So konnte ich mich ohne materielle Sorgen ganz meinen Studien widmen. Für diese Hilfe, wie für die Aufnahme der Untersuchung in die "Schriften zur Geistes­geschichte des Östlichen Europa" danke ich der Stiftung sehr herzlich. Zu allen Zeiten der Geschichte werden die geistigen Nachfahren eines Erasmus auf Gedeih und Verderb in gleicher Weise von wohlwollenden Spendern abhängig sein wie der große Humanist des 16. Jh.! Die verständnisvolle Menschlichkeit meiner Lehrer in München, der Herren Prof. Dr. HANs-GEORG BEcK, Dr. KARL BOSL und Dr. PETER ACHT, hat mir Studien­jahre ohne Trüburig und Sorgen gewährt. Meine Erfahrungen widersprechen der Behauptung, daß man heute an deutschen Universitäten nicht mehr gewinn­bringend studieren kann. Durch die Fürsorge meiner Mutter wurden die vergangenen Jahre zu einer glück­lichen Zeit. Meine Mutter hat auch die Korrekturen mitgelesen.

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Einleitung

Die vorliegende Untersuchung ist keine Monographie über J OANNES KANTAKU­ZENOS (1296-1383), wenn sie auch viele Einzelheiten über die Jugend dieses Mannes, seine Tätigkeit als Großdomestikos, über sein Kaisertum (1347-1354) und die nachfolgende Zeit berührt. Seit der wegen einer Fülle von Beobachtungen immer noch wichtigen Monographie von V. PARISOT (1845 geschrieben)1 haben gerade nach dem zweiten Weltkrieg neue Forschungen über das Leben, die politi­sche Tätigkeit und die Genealogie des Hauses des J OANNES KANTAKuzENOS be­deutsame Ergänzungen und Berichtigungen gebracht. Ich nenne hier nur die Ar­beiten von L. POLITIS 2, die Untersuchung von L. MAKSIMovro über die politische Rolle des J OANNES KANTAKUZENOS nach seiner Abdankung und die großange­legte Arbeit von D. M. NroOL über die Genealogie der Kantakuzenen, die leider nicht mehr in dieser Untersuchung verwertet werden konnte. S. KOUROUSSIS hat eine Monographie über JOANNES KANTAKUZENOS angekündigt 3. E. VOORDECKERS (Gent) will sämtliche theologische Schriften des Exkaisers edieren, die mir bisher in den wichtigsten Pariser Hss. vorlagen. Für das Thema dieser Untersuchung waren nur wenige Stellen aus diesen umfangreichen Werken wichtig. Wie der Titel dieser Untersuchung zeigt, will die Arbeit die Erscheinungen in der byzantinischen Gesellschaft des 14. Jh. behandeln, die mit der Gestalt des JOANNES KANTAKUZENOS in Verbindung stehen. Die Untersuchung ist also keine vollständige Sozial- und Gesellschaftsgeschichte des 14. Jh., wenn sie auch wesentliche Faktoren in dieser Zeit beleuchtet. Denn keine Gestalt dieser Epoche ist so geeignet, die byzantinische Gesellschaft zu erfassen, wie J OANNES KANTA­KUZENOS, der nicht nur von seiner Sicht aus die Geschichte seiner Zeit geschrieben hat, sondern als leitender Staatsmann und als Kaiser führend am inneren wie am äußeren Geschehen im byzantinischen Staat beteiligt war. Es seien nur einige Punkte genannt, die unberücksichtigt bleiben, da von der Gestalt des J OANNES KANTAKUZENOS her unmittelbar kein Licht auf sie fällt: die Lage der Bauern, die sozialen Schichten im Bauernstand und ihre Mobilität, das Ehe- und Güterrecht und die sich daraus ergebenden Folgerungen für die Sozialgeschichte, die Gesell­schaftsverhältnisse auf der Peloponnes, vor allem der Einfluß fremdländischer Elemente, der in diesem Bereich einer Sonderbehandlung bedarf. Um die Arbeit möglichst zu kürzen, sind der Verlauf der byzantinischen Geschichte und die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse des Reiches im 14. Jh. nicht näher beschrieben 4. Diese Verhältnisse bilden den Hintergrund für die Gesellschafts­geschichte der Zeit.

1 Ältere Arbeiten zusammengestellt bei G. MORAVOSIK Byzantinoturcica I, Berlin2

1958, 323; K. KRUMBAOHER Geschichte der byz. Litteratur, München ll 1897, 300. 2 Jean-Joasaph CantacuzEme fut-i! copiste? REB 14 (1956) 195-199; ders., Eine Schreiberschule im Kloster 'U.ö'JI·O~1}Yc.ö'JI, BZ 61 (1958) 17-36; 261-287. 8 Zu der Arbeit von MAKSIMOVI6 siehe Verzeichnis der Sekundärliteratur. Zu S. KOUROUSSIS: Bulletin d'Information et de Coordination Nr. II (1965), Athen-Paris (Association Internationale des Etudes Byzantines), 38. t Ich nenne die wichtigsten Gesamt darstellungen : CH. DmHL L'empire byzantin sous les PaIeologues, in Etudes Byzantines, Paris 1905, 217-240 (Eine geistvolle, lebendige,

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2 EINLEITUNG

Von 1321 bis 1357 erschüttern in einer Dauer von über fünfzehn Jahren fünfbluti­ge Bürgerkriege, ausgelöst durch die Thronnachfolgefrage, das Reich. Sie zerstö­ren vor allem die Landwirtschaft des byzantinischen Reiches - der wesentlichste Faktor im Wirtschaftsleben dieses Staates zu allen Zeiten seiner Geschichte 6.

Erdbeben, Überschwemmungen und Hagel fördern den Niedergang 6. Die äußeren Feinde entreißen dem Reich Stück für Stück an Boden: Kleinasien ist nach dem Fall von Nikomedeia (1337) fast ganz in den Händen der Türken, die bald darauf auf das europäische Festland übergreifen. Dem großen Serbenkral STEPHAN DUSAN gelingt es in der Mitte des Jahrhunderts, ganz Makedonien außer der großen Hafenstadt Thessalonike unter seine Gewalt zu bekommen. Die meisten Inseln der Ägäis stehen unter lateinischer Herrschaft. Nur das Reichsgebiet auf der Peloponnes mit dem Mittelpunkt Mistra berechtigt zu einigen Hoffnungen, da sich auch unter den lateinischen Baronen eine byzanzfreundliche Stimmung bemerkbar macht. Dieses byzantinische Kleinreich ist wirtschaftlich von den italienischen Handelsmächten, vor allem Genua und Venedig, völlig abhängig nach einigen vergeblichen Versuchen zu Beginn des Jahrhunderts, wenigstens die Unabhängigkeit der Versorgung der Hauptstadt einigermaßen zu sichern. Die Be­strebungen des J OANNES KANTAKUZENOS in seiner Kaiserzeit, eine Flotte aufzu­stellen, scheitern'. 1343 beginnt das Kaiserhaus (damals wieder in einen Bürger­krieg verwickelt), an Venedig die Kronjuwelen zu verpfänden. Die Schulden wachsen ständig, ohne daß Aussicht besteht, sie zurückzuzahlen. Sogar in Kleinig­keiten macht sich die Finanzlage bemerkbar: Die byzantinische Kaiserkanzlei spart auf offiziellen Dokumenten mit dem teueren Pergament. Wie immer macht sich die Finanznot des Staates in erhöhtem Steuerdruck bemerkbar. Als wäre das Unglück noch nicht voll, beginnt im vierten Jahrzehnt des Jahrhunderts der erbitterte sogenannte Hesychastenstreit um eine be­stimmte Form der religiösen Erfahrung und der Praxis des Mönchslebens 8 und führt Jahrzehnte lang zu schweren kirchenpolitischen Wirren. Die große Pest, die seit 1348 ganz Europa heimsucht, dezimiert Ende 1347 die Bevölkerung des byzantinischen Kleinstaates. Ein Sohn des J OANNES KANTARUZENOS fällt der Seuche zum Opfer. Von länger dauernden Hungersnöten, an denen im 14. Jh. periodisch das übrige Europa zu leiden hat, erfahren wir in Byzanz nichts, aber von einer sprunghaften Verteuerung der Dinge des täglichen Lebens und von Nahrungsmittelknappheit 9 •

Mit einem Wort: die Zeit des J OANNES KANTARUZENOS ist in vieler Beziehung eine Krisenzeit - typisch für dieses "tragische 14. Jahrhundert" (LE GOFF). Wie

leider sehr knappe Charakteristik der Zeit). A. A. V ASILIEV History of the Byzantine Empire, Madison 1952, 580-722. ÜSTROGORSKY Geschichte 394ff.; ders. in The Camb­ridge Medieval History IV, 1 (1966) 331ff. Zur Wirtschaftslage: E. STEIN Untersu­chungen. ZAKYTHINOS Crise. BRATIANU Privileges. 6 Nik. Greg. XV, 1: 747; XV, 2: 751. 8 Nik. Greg. XIV, 2: 695; XIV, 6: 71H. 7 Zu den letzten Versuchen, eine Flotte aufzubauen: H. AHRWEILER Byzance et 1& Mer, Paris 1966, 381-8. B Gesamtdarstellungen durch M. JUGIE DTC XI, 2 (1932) Sp. 1735-1776 (Gregoire Palamas) und Sp. 1777-1818 (Controverae Palamite). MEYENDORll'll' Palamas. BECK Kirche 322-332. 9 Nik. Greg. XXV, 27: Irr, 52; XV, 2: 751, 23f.

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ALLG;EMEINE ZEITLAGE 3

immer in derartigen Zeiten verschärfen sich die Gegensätze zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten. Die Unzufriedenheit macht sich in radikalen Schriften, ja im offenen Kampf gegen Andersdenkende Luft. Es bildet sich eine Vielzahl von Gruppen, nicht nur um irgendwelche Ziele durchzusetzen, sondern um in solchen Notzeiten durch Zusammenschlüsse Schutz und Hilfe zu finden. Diese Erschei­nungen lassen sich häufig in Krisenzeiten beobachten, im 13. und 14. Jh. selbst in den vielen Aufständen und Revolten in Belgien, Frankreich und Italien, in der Zeit der Französischen Revolution, in der Zeit, die nur einige J ahrzebnte hinter uns liegt - die Jahre vor dem Zusammenbruch der Weimarer Republik. In der Feststellung, daß die Zeit des J OANNES KANTAKUZENOS eine Krisenzeit ist, liegt zugleich eine Warnung: Nicht ohne weitere Prüfung sind die Ergebnisse dieser Arbeit über die byzantinische Gesellschaft in dieser Zeit auch auf andere Epochen der byzantinischen Geschichte zu übertragen. Immer ist zu fragen, ob die Er­scheinungen nur durch eine einmalige Notsituation bedingt sind oder ob gerade durch diese Krise Tendenzen in der Gesellschaftsentwicklung zu Tage treten, die sich zwar übersteigert bemerkbar machen, aber auch in anderen Epochen ihre Parallelen haben und so als typisch für die byzantinische Gesellschaft anzuspre­chen sind.

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I. J oannes Kantakuzenos als byzantinischer Adeliger

Eine umfassende Untersuchung über den Adel in Byzanz fehlt. Der Grund für diesen Mangel scheint mir vor allem in der Schwierigkeit der Beantwortung der Frage zu liegen: Gab es in der Vorstellung des Byzantiners den "Adeligen"1 Diese Frage zu stellen heißt zugleich aufmerksam zu machen auf den Sinngehalt, den der Begriff "Adel" im deutschen Sprachgebrauch haben kann. Versteht man unter "Adel" einen genau abgegrenzten Stand, eine bestimmte Anzahl von Fami­lien umfassend, mit festgelegten, vererbbaren Vorrechten innerhalb der Gesell­schaft, dann hat es einen Adel in Byzanz nie gegeben 10. Fassen wir aber den Be­griff "Adel" im Sinne von "Eliteschicht" in der byzantinischen Gesellschaft, als Aristokratie, als die "Honorationen", dann wird das Wort zwar unscharf und ver­schwommen, gibt aber m. E. den Adelsbegriff in Byzanz am besten wieder. Der Historiker begibt sich also mit der Frage nach dem Adel in Byzanz auf das unsichere, schwer faßbare Gebiet der öffentlichen Meinung. Das Urteil der Gesell­schaft bestimmt, ob eine Persönlichkeit oder eine Familie zu dieser Eliteschicht gehört. MIOHAEL PSELLOS, der in seiner Ahnenreihe Patrizier und Konsuln hatte 11, sagt von sich selbst: end c5s !lOt, Aafl,n(!OT:s(!oV ec58-y/(]e (]X~fI,aT:o~ uat ne(!upave(]T:s(!a~ olu{a~ 12. Er rechnet sich also nicht zum "Hochadel". Bei der Besprechung der sozialen Mobilität (Kap. V) wird von Personen die Rede sein, die "aus unbekann­tem Geschlecht" stammen sollen. Bei näherem Zusehen ist aber das Geschlecht durchaus in der Vergangenheit nicht unbekannt gewesen. Der oben zitierte Satz des PSELLOS spricht deutlich aus, daß der Grad der Vor­nehmheit abgestuft wurde. NIKETAS CHONIATES spricht von "herabgewirtschafte­ten" Adeligen 13. Der Adel des NIKEPHOROS BRYENNIOS und der seines Rivalen NIKEPHOROS BOTANEIATES wurde miteinander verglichen 14. Die adelige Stellung wird besonders erhöht durch die Abstammung von kaiserlichem Blut 15. Sie wird weiter betont durch das "Alter" einer Familie. Es gibt in Byzanz Ansätze eines "Uradelsdenkens". Kaiser BASILEIOS I. - ein Kaiser von dunkler Herkunft - soll mütterlicherseits von Konstantin dem Großen abstammen, die Familie der Pho-

10 Von diesem neuzeitlichen Adelsbegriff ausgehend, hat die ältere Forschung auch den Adelsbegriff für die Merowingerzeit abgelehnt: vgl. R. SPRANDEL Struktur u. Ge­schichte des merowingischen Adels, HZ 193 (1961) 34. 11 CH. DIEHL Figures Byzantines I., Paris11 1930, 293. 12 Psellos Chron. (RENAULD) II, 142: Konstantin X. Kap. VII Z. 15 u. 16. 18 Nik. Chon. 76, 18f.: JOANNES VON PUTZE nimmt yvvaixa TWV am:eetpp,evwv xai an1]v{}1]xvtWV wyevwv. 14 Michael Attaleiates 287-288. 1& Nik. Chon. 129,20: J..ap.neol TO yevoe; xal ßaatJ..elq> np.1]{}evTee; aip.an (Kriegsge­fangene); a. a. O. 238, 24f.: xal wiJ..taTa Tmv ex TOV yevove; TqJ ßaatJ..ei xal TOt/TWV ole; noJ..v TO enta1]p.ov. Kinnamos 281,20: TWV eO yeyov6Twv ßaatJ..ei Te xal xa{}' alp.a neOa1]X6VTWV. So auch J o. Kant. I, 2: I, 18, 10 (über SYRGIANNES): p.1]Te68ev p.ev e~ alp.aTwv ßaat­J..txwv. Die Mutter des Statthalters von Thessalonike (MICHEAL PALAIOLOGOS?) war ßaatJ..ewv e~ aip.aTOe; (Timarion Kap. 8 S. 50 ed. ELLISSEN Analekten 4, 1860).

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6 JOANNES KANTAKUZENOS ALS ADELIGER

kas führte sich ebenfalls auf Konstantin den Großen, ja auf Scipio Mricanus zu­rück 16. Die Familie des Philosophen J OSEPH rühmte sich zu Lebzeiten des J O.ANNES KANTAKUZENOS eines Geschlechtes Tfj~ ~ PWflai'Kfj~ ~8 C1cpUJtV cVycvcla~ 8'K

~ta~oxfj~ :1'u:lÄal 7te6Tceov17. Kaiser KONSTANTIN IX. stammte nach den Worten des PSELLOS von den "alten Monomachoi" 18, ROMANos DIOGENES war TO yevo~ aexaiov19. Dieses "Uradelsdenken" war aber nie so stark, um in Byzanz den Auf­stieg neuer Familien zu hindern. Der unten kurz zu schildernde Aufstieg der Kantakuzenen - verglichen mit den Palaiologen - zeigt, daß der soziale Aufstieg dieser Familien nicht richtig zur Geltung kommt, wenn man mit R. GUILLAND von einer "vieille noblesse" spricht 20. Der Aufstieg ist erst relativ spät am Ende des 11. Jh. greifbar. Beide Familien haben es nicht als nötig empfunden, imagi­näre Stammbäume aufzustellen. Sehr wichtig erscheint aber bei beiden Familien gerade in der Frühzeit des Aufstiegs die Verbindung mit dem Kaiserhaus. Für eine Betrachtung des J OANNES KANTAKUZENOS als Adeligen kann eine Erörte­rung der von R. GUILLAND durchgeführten Unterscheidung zwischen "noblesse de race" und "noblesse de titres" unterbleiben. Wichtig erscheint mir nur die Fest­stellung: hohes Amt und Würde werden neben der Geburt von den byzantinischen Historikern betont. PSELLOS hebt von KONST.ANTIN IX. MONOMACHOS hervor: TCp flsV ys",cl V7tSe TOV~ aAAov~ &eAafl7tcv, OV7tW ~s TWV V7tce'YJcpavwv TcTVX~'Kcl aexwv21, NIKETAS CHONIATES spricht von C1VXVOt eTceOl TO yevo~ ael7tec7tci~ 'Kat flcylC1Tol~ 7tcelßAc7tTOl a~uiJfla(]l (313, 2f.) und flaAlC1Ta Toi~ 'KaT' aUWC1l'P 'Kat yevov~ C1cflV6T'YJTl V7tceeXOVC1l (371, 1 f.). Derselbe Sprachgebrauch findet sich auch bei Zeit­genossen des J OANNES KANTAKUZENOS, bei NIKEPHOROS GREGORAS 22. Hoher Rang und Würde hat aber - einzelnen Personen verliehen - auf die adelige Stellung der ganz en Familie entscheidenden Einfluß. NIKETAS CHONIATES rühmt seinen verstor­benen Amtskollegen THEODOROS TROCHOS: "Daher stiegen von dir aus alle, die mit dir eines Geschlechtes sind, wie auf der Leiter Israels auf die höhere Stufe der Nam­haftigkeit und kamen in erneuter Abfolge zu der Startsprosse, zu dir, herab, dem letzten ihrer Reihe und dem höchsten an Glanz 23." NIKEPHOROS CHUMNOS ist stolz auf eine Reihe von Vorfahren im Dienst des Kaisers 24.

Von der Beobachtung her, daß hohe Ämter und Würden in der Familie der Kanta­kuzenen immer wieder bekleidet wurden und entscheidend zum Aufstieg der

18 Dieses Denken ist mit den westl. Vorstellungen von der Heilhaftigkeit des Blutes zu vergleichen, hat aber andere Wurzeln. Spuren eines blutsmäßigen "Heilsdenkens" finden sich auch im byz. Kaisertum, wie in den verschiedenen Ehen der Kaiserin ZOE sichtbar wird. Daneben steht in Byzanz die "electio-Vorstellung". Vgl. KALLFELZ Standesethos 1-18. K. HAueR Geblütsheiligkeit, in: Liber floridus, Festschr. P. Leh­mann, St. Ottilien 1950, 187-240. 17 M. TREU Der Philosoph Joseph, BZ 8 (1899) 5 Z. 17. 18 Psellos Chron. (RENAULD) I, 124. 10 A. a. O. II, 157. Weitere Beispiele bei F. DÖLGER Rom in der Gedankenwelt der Byzantiner, in: Byzanz u. d. europäische Staatenwelt, Darmstadt 1964, 79 A. 18. 20 La noblesse de race a Byzance, BS 9 (1948) 309 = GUILLAND Recherches I, 17. 1Il Psellos Chron. (RENAULD) I, 125. lIS Nik. Greg. XII, 13: 619, 3-8. 18 Reden Nr. 3 in der Übersetzung von F. GRABLER S. 40 (unediert) in: Byz. Ge­schichtsschreiber XI (1966). 114 VERPEAUX Chumnos 28.

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DER; BEGRIFF ,,ADEL" 7

Familie beigetragen haben, möchte ich von einem "Dienstadel" sprechen, einer Bezeichnung, die also durchaus nicht der "noblesse de titres" entspricht. Der Dienstadel setzt sich nach der Definition der westlichen Mediävistik aus Schichten zusammen, "die durch Könjgsdienst und Vasallität zu gehobener sozialer Stellung emporgestiegen sind"26. Streicht man das Element der Vasallität, so ist m. E. das Wort "Dienstadel" durchaus auf byzantinische Verhältnisse anwendbar. Die Zugehörigkeit zum Adel in Byzanz war - wie oben festgestellt - von der öffentlichen Meinung und ihren schwer festlegbaren und schwankenden Urteilen und Definitionen abhängig. Die unscharfe Terminologie, mit der in Byzanz der Adelige gekennzeichnet wird, ist nicht nur durch die Gewohnheit des Byzantiners zu verstehen, eindeutige Begriffe zu vermeiden, sie ist vielmehr auch durch diese unscharfen Gefühlsurteile bedingt. Einige der vielen Adelsprädikate tragen die Subjektivität noch deutlich an sich. R. GUILLAND hat diese Bezeichnungen teil­weise aufgezählt: Ot TW'V e15 yeYO'V6TW'V, a'V~(!e~ eVye'Vei~, Ot np YB'Vel eVye'Vei~, Ot np YB'Vet bda'YJflol, ot ).afl'Jr,(!ol, TO YB'VO~, a'V~(!e~ B-X YB'VOV~ ).afl'Jr,(!oiJ, eV'Jr,aT(!l~'YJ~. Dazu kämen Bezeichnungen wie v1p'YJ)'6~, fleTBW(!O~ (Nik. Chon. 186), YB'VOV~ e15 lxw'V (a. a. O. 125, 7), 8'Jr,lC1'tlflOV alflaTo~ (a. a. O. 697, 8f.), a'V~(!e~ oi5rOl TW'V -xa)')'laTw'V ye'VW'V Ta 'Jr,(!WTa 26, B'Jr,upa'Vlj~ u. a. m. Die Dichtung in der Volks­sprache bevorzugt die Wörter eVye'VIj~, eVye'Vl-x6~ und l'V~O~O~27. Das Geschichts­werk des J OANNES KANTAKUZENOS fügt sich in diese Aufstellung im Blick auf die Vielzahl der Ausdrücke gut ein, doch ist NIKETAs CHONIATES für die Zusammen­stellung byzantinischer Adelsprädikate weit ergiebiger als der Exkaiser. Ich nenne Ausdrücke wie e15 yeYO'V6Te~ 28, TW'V B'Jr,' evye'Velq. ).afl'Jr,(!v'VOflB'VW'V 'VBW'V 29, TO ytvo~ 'Jr,e(!tqJa'VIj~, eVye'VBaTe(!Ol30, B'Jr,tqJa'Vei~31. Auch KANTAKUZENOS macht wie PSELLOS und CHONIATES Unterschiede im Adelsgrad, und zwar in seiner eigenen Gefolgschaft 32. Nach seinen Worten wird ANDRONIKOS 111. nach Chios von Män­nern begleitet ov TW'V TvX6'VTW'V, d).).a TW'V Te eVye'VW'V -xal, fleya).a ~v'Vafltvw'V33. Beachtlich ist, daß die edle Geburt zusammen mit der Größe der Macht hervorge­hoben wird. In der gleichen Richtung liegt es, wenn bei KANTAKUZENOS das Wort a(!laTOl durch den Begriff ~v'VaTol ersetzt wird 34. Einen kleinen Hinweis auf den

26 K. BOSL in: GEBHARDT Handbuch der deutschen Geschichte Bd. I, StuttgartB 1954 (1960), 593. 26 Psellos Chron. (RENAULD) 11, 96: Michael VI. Kap. 24 Z. 14f. 27 Z. B. Pulologos (ed. KRAWCZYNSKI Berliner byz. Arbeiten Bd. 22, 1960) V. 192, 607 (evyevfJc;, lvl5o~oc;). Vierfüßlergeschichte (ed. WAGNER Carmina) V. 297, 491, 878. Belisarlied (ed. WAGNER Carmina) V. 135, 391 (wyevt'KOc;). In der Achilleis (HESSE­LING) begegnet evyevt'KOC; (z. B. V. 25, 50, 281, 605, 611) häufiger als wyevfJc; (V. 272). Unedle Geburt heißt l~ utpa'JIäw YO'JI€W'JI (V. 27). EvyevfJc; im Digenes Akritas - Epos (MAVROGORDATO I, 30; IV, 292) neben evyevt'Koc; (I, 224; 11, 64) und e'JIl5o~oc; (111, 7), unterschieden von nÄ,ovaUfJT:aTOC; (111, 7; IV, 324). 2B Kant. 111, 27: 11, 166, 1. 29 Kant. 111, 13: 11, 84, 8; vgl. I, 2: I, 18, 10 f. (von SYRGIANNES): TtC; TW'JI ln' wyevelq. Ä,apnevvopbw'JI. 30 Kant. 111, 21: 11, 132, 13. Im Gegensatz zum "gesamten Heer". 31 Kant. I, 32: I, 163, 9. I, 33: I, 166, 8. 111, 22: 11, 135, 8. 82 Kant. IV, 7: 111, 43, 4f. : TW'JI ... aV'JIO'JITW'JI OL paÄ,taTa lmtpa'JI€aUeOt neoaeÄ,(}o'JIUC;. 88 Kant. 11, ll: I, 375, 17f. 3' Vgl. Kant. 11, ll: 1,379,4 mit Kant. 111,57: 11,352, 22f. In beiden Stellen ist die Oberschicht dem l5fJpoc; gegenübergestellt und die gesamte Bevölkerung mit beiden

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8 JOANNES KANTAKUZENOS ALS ADELIGER

Adelsbegriff des J OANNES KANTAKUZENOS scheint mir dieser Sprachgebrauch doch zu geben: Entscheidend für die Zugehörigkeit zur Elite ist Macht und Ein­fluß neben der "edlen" Geburt. Beachtlich ist die häufige Verwendung des klassi-schen Ausdru?ks 8vn.a7:el~'YJ~ 36. \ - • •

Es besteht kern Zweifel: J OANNES KANTAKUZENOS war 1\deliger Im besprochenen Sinn des Wortes, d. h. er gehörte zur Aristokratie im Urteil der Gesellschaft seiner Zeit 36. Im Folgenden versuche ich nicht nur die materiellen Grundlagen dieses Adelslebens zu bestimmen, sondern zu den Leitbildern dieses byzantinischen Aristokraten vorzustoßen. Die Kantakuzenen kommen - nach dem Namen zu schließen - aus dem klein­asiatischen Raum. Sie treten erst am Anfang des 12. Jh. in Erscheinung mit einem Feldherrn, dessen Vorname unbekannt bleibt. Kaiser ALEXIOS betraute ihn mit der Bekämpfung des gefährlichen Bohemund und hatte offensichtlich großes Vertrauen zu ihm 37. ANNA KOMNENA, die einzige Quelle über ihn, gibt zu wenig Nachrichten, um Schlüsse über den sozialen Aufstieg dieses homo novus ziehen zu können. So viel ist festzuhalten : am Anfang des Aufstiegs der Familie 38 steht der

Gruppen gekennzeichnet. Sich auf 2 Stellen bei NIKEPHOROS BRYENNIOS stützend, will GUILLAND in den ÜetaTOL im Gegensatz zur noblesse de race die noblesse officielle sehen (La noblesse de race a Byzance, BS 9 [1948] 313 = Recherches I, 19 u. 20). Ich zweifle aber, ob "ÜeLaToL" bzw. "r5vvaTol" bei Jo. Kant. noch den Sinn wie in der Novellengesetzgebung des 10. Jh. hat, nämlich als die hohen Beamten, die durch ihre Stellung Druck ausüben können (vgl. die Definition in der N ov. H des Kaisers ROMA­NOS LAKAPENOS vom Jahr 922: Reg. 595 = ZEPOS Jus graecoromanum I, Athen 1931, 203). 86 Kant. I, 55: I, 279, 20-22; I, 8: I, 37, 15f.; I, 35: I, 168, 17; IV, 31: IH, 230, 16. Zum Ausdruck vgl. Nik. Chon. 186, 10; 334, 22. 86 Das Belisarlied - wohl im 14. Jh. entstanden - zählt die Kantakuzenen zu den großen Geschlechtern (ed. WAGNER Carmina 306 V. 53). Die "edle Geburt" des Jo. Kant. wird öfter von den Briefschreibern erwähnt: Anonymus Florentinus Br. 2, Cod. Monac. 198 fol. 340. Nik. Greg. Br. 41 (GuILLAND) = BEZDEKI 282, 5f.; Philes (MrLLER) I, 323 Z. 4 u. 5. In seinem Geschichtswerk hat sich Jo. Kant. nie seiner edlen Geburt gerühmt, wie bereits P ARISOT (Cantacuzeme 28) mit Recht bemerkt hat. Ist dies auf den Einfluß der Fürstenspiegel zurückzuführen, die das Rühmen der eigenen vor­nehmen Geburt verbieten? 87 Alexiade XI, 9, 3 (ed. B. LEIB, Paris "Les beIles lettres" 1937-1945, IH, 41); XI, 11, 5 (LEIB III, 48); XIII, 5, 4 (LEIB IH, 105f.). 88 Für die Genealogie der Kantakuzenen lag bisher nur die Untersuchung von Du CANGE (die Abhandlung über die "Familiae Augustae Byzantinae" in der "Historia Byzantina") und J. C. FILITTI (Notice sur les Cantacuzenes du Xle aU XVIle siecles, Bukarest 1936) vor. Für das 15. Jh. grundlegend V. LAURENT (Alliances et Filiations des Cantacuzenes au XVe siecle, im Aufsatz "Le Vaticanus Latinus 4789", REB 9 [1951] 64-105). Bemerkungen auch bei PAPADOPULOS Palaiologen, DÖLGER Legitimist und AHRWEILER Smyrne. Über die Herkunft des Namens finde ich bisher in der For­schung nur die Deutung von K. AMANTos KavTaxovC'Y}vor; - KaTaauJ.lßßar;, BZ 28 (1928) 14-16, und die Bemerkungen von ZAKYTHINOS KavTaxovC'Y}vor; - KaTaxovC'Y}vor;, Hellenika 3 (1930) 545/6. Nach AMANTos ist der Name geographische Herkunftsbe­zeichnung: 6 xaTa KovC'Y}vo.v. Es handelt sich um einen Berg TOV KovCwo. im Thema Thrakesion, an dem eine Quelle entsprang (Glykas, Annalen 581, 14) und ein Kloster der Gottesmutter lag (epistola Theodori Ducae Lascaris an den Metropoliten von Philadelphia ed. N. FEsTA, Florenz 1898, 162, 2f.) (vgl. Kedrenos H, 610, 2lf.).

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DER AUFSTJiEG DER KANTAKUZENEN 9

Militärdienst, keine Liebesheirat wie bei den Angeloi. Die Palaiologenfamilie reicht in ihren Anfängen nicht viel weiter zurück wie der erste Kantakuzene. NIKEPHoRos PALAIOLOGOS nimmt unter ROMANos IV. DIOGENES und seinen Nachfolgern hohe HofWÜTden und Militärposten ein. V. LAURENT urteilt 39 : "Au cours des deux premiers siecles de sa vie publique, la mais on des PaIeologues se montre assez pauvre en hommes illustres et la trame de leur ascendance apparait tres simple." Der Aufstieg der Kantakuzenen vollzieht sich rascher. Zwei Männer aus der nächsten (1) Generation nach dem ersten bekannten Kantakuzenen stehen ebenfalls im Militärdienst, ohne daß ihr genauer Rang bekannt wäre. In dieser Generation gehört die Familie ohne Zweifel schon der hohen byzantinischen Aristokratie an. J OANNES KANTAKuzENOS ist mit einer Nichte des Kaisers MA­NUEL verheirateVo, sein Sohn, MANUEL KANTAKUZENOS, wird von NIKETAs CHONIATES neben "anderen vornehmen Rhomäern" genannt 41, alle bekannten Kantakuzenen nehmen neben den Angeloi Partei gegen den adelsfeindlichen ANDRoNlKos 1. In der folgenden Generation ist die Familie schon so mächtig, daß der von ANDRONIKOS I. geblendete J OANNES KANTAKUZENOS (mit einer Schwester der KAISER ISAAK 11. und ALExIOS 111. verheiratet) für seine Kinder die Kaiser­krone erhofft, wenn wir NIKETAs CHONIATES glauben dürfen 42. Charakteristisch für die Familie erscheint mir die Stellung der Mitglieder in hohen Staatsposten, die nicht immer nur militärischer Natur waren: ANDRONIKOS KANTAKUZENOS ist 1175 als ~ov~ ",at dnoyeU(pBV~ des Themas Mylasse und Melanudion bezeugt 43,

ein ANDRONIKOS KANTAKUZENOS ist um 1325 als f1iya~ xaeTOvÄaeLO~, "'BcpaÄij von Boleros, Mosynopolis, Serrai und Strymon genannt 44. Vielleicht ist er iden­tisch mit dem naea",olflwflBYO~ ANDRONIKOS KANTAKUZENOS 46. Der Vater des J OANNES KANTAKUZENOS war Archon auf der Peloponnes. Der Durchblick zeigt, daß die Bezeichnung "Provinzialadel" bei der Nähe der Familie zum Kaiserhof und ihrer Verbundenheit mit der Hauptstadt ebensowenig zutreffend ist wie "Militäraristokratie" , "militärische Feudalaristokratie" usw. Auch als "städtischer Adel" ist die Familie nicht zu bezeichnen. Das Geschlecht war, wie der Besitzstand im 14. Jh. zeigt, stark mit der Provinz verbunden. Der Ausdruck "Dienstadel" wäre m. E. nicht verfehlt. Deutlich hat sich diese Familie durch den Dienst in Militär, Verwaltung und am Kaiserhof ihren Platz in der byzantinischen Aristokratie erobert. Sie hat ihre Stellung auszubauen und zu sichern gewußt durch Heiraten mit der Kaiserfamilie, mit anderen Adelsfamilien, durch den Erwerb großer Besitzungen. Dieser Werdegang der Familie bestimmt wesentlich das Bild des Adeligen JOANNES KANTAKUZENOS. Dieses Bild wird vor allem durch zwei Züge gekennzeichnet: den Dienst in der Nähe des Kaisers und die Hausmacht des Adeligen. J OANNES KANTAKUZENOS ist wohl am Kaiserhof aufgewachsen. Er bezeichnet

89 V. LAURENT La genealogie des premiers PaIeologues, B 8 (1933) 125-149 hier 145. 40 Nik. Chon. 136; 240. Kinnamos IH, 9: 109. 41 Nik. Chon. 255, 3: nov hcl o6~1}~ < Pwpa{wv. 4.2 Nik. Chon. 661. 48 MM IV, 317. 44 Reg. 2484 und 2486. Reg. 2515 (Okt. 1324): ANDRONIKOS KANTAKUZENOS als Protovestiar. 46 Kant. I, 2: I, 17, 18.

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10 JOANNES1 KANTAKUZENOS .ALS ADELIGER

sich als Jugendfreund des ihm gleichaltrigen späteren Kaisers ANDRoNIKos 111. 46 •

Die .Ämterlaufbahn ging schnell und steil bergan. Zur Zeit vor dem Ausbruch des ersten Bürgerkriegs ist er, 25 Jahre alt, mit der Würde des piyar; 7lanlar; ausge­zeichnet 47. Durch .Ämterkauf, den NIKEPHOROS GREGORAS als Bestechung charak­terisiert, bekommt er neben SYRGIANNES die Verwaltung eines Teiles von Thra­kien (um Adrianopel) übertragen 48. Er steht neben anderen mächtigen Adeligen, wie SYNADENOS, in der Gefolgschaft des Mitkaisers MICHAEL IX., des Vaters seines Jugendgefährten ANDRoNIKos 49 • Schon bald, wohl noch unter ANDRONI­KOS 11., wird ihm das Amt des piyar; (jOflUITl'X6r; übertragen 50, des "Generalissi­mus", wie F. DÖLGER interpretiert 51. Das Amt wurde mit Rücksicht auf JOANNES KANTAKUZENOS in der Hierarchie über den Panhypersebastos gestellt, dann unter ANDRONIKOS 111. noch weiter erhöht (hinter den Kaisar) 52. Zudem lastete auf ihm im Bürgerkrieg noch das Amt des Kanzleichefs und des Finanzministers. Er stöhnt über Arbeitsüberlastung 53 •

Unter ANDRoNIKos 111., an dessen Erhebung zum Kaiser er maßgebend beteiligt ist, nimmt er an allen entscheidenden Feldzügen teil, er ist der erste Berater. Er steht nicht allein: neben ihm stehen andere Adelige aus Familien, die teilweise älter sind als die Kantakuzenen. Ich nenne nur den ,,71ly'XeeV'Yjr;" J OANNES ANGE­LOS, MICHAEL MONOMACHOS, den mit der Kaiserfamilie mütterlicherseits ver­wandten SYRGIANNES, Mitglieder aus der Familie der Tarchaneiotes, den Proto­strator THEODOROS SYNADENOS. Machtkämpfe waren unausbleiblich. Der Dienst gilt dem kaiserlichen Gefolgsherrn, mit dem der Adelige zu Felde zieht, mit dem er alle Strapazen erträgt, mit dem er zur Jagd geht, den er vor Gefahren und E71lßoAal schützt, dem er seine eigenen Machtmittel, Geld und Leute, zur Verfügung stellt, mit dem er Rat pflegt 64. Durchaus brauchen dabei die Wünsche und Vorstellungen

48 Kant. I, 2: 1,19,14-16; vgl. Nik. Greg. VIII, 4: 301. 47 Nik. Greg. VIII, 4: 301. Im 14. Jh. ist die Amtsfunktion des f1iya~ 1lanta~ bereits unbekannt (Ps.-Kodinos Kap. III S. 178, 7f. VERPEAUX). In der Rangliste steht er ziemlich weit unten (22. Stelle). Zu dieser Würde siehe R. GUILLAND Fonctions et dignites des eunuques, REB 3 (1945) hier 207f. = Recherches I, 254. <lB Nik. Greg. a. a. O. 302. Seine Amtsfunktionen dürften sich bis Kallipolis erstreckt haben. Dort hielt sich Kantakuzenos meist wegen der Barbareneinfälle auf (Kant. I, 4: I, 24, 16f.). 48 Kant. I, 8: I, 38. 60 Daß J o. Kant. schon unter ANDRONIKOS 11. Großdomestikos wurde, behauptet Ps.-Kodinos (Kap. I S. 135 VERPEAUX). Vgl. R. GUILLAND Le grand domesticat a Byzance, EO 37 (1938) 58 = Recherches I, 412. In seinem Geschichtswerk, das 1321 einsetzt, bezeichnet sich J o. Kant. nur als Großdomestikos. Der Brief des MrOHAEL GABRAS Nr. 345 Cod. Marc. 446 fol. 229-231 an den Großdomestikos ist an ihn als jungen Mann gerichtet. Nik. Chumnos (Br. 129 ed. BOISSONADE Anecdota Nova 1844, 150/1) schreibt an den Großdom. als "cp{).o~", wenn das Lemma den Titel richtig an­gibt. VERPEAUX in der Edition des Ps.-Kodinos (So 26 A. 8) setzt die Erhebung zum Großdom. zw. 1322-1325. Erstes Auftreten des Titels bei Nik. Greg.: VIII, 12: 363. 61 LTKlI V Sp. 1046 (1960). 611 Ps.-Kodinos (VERPEAUX) Kap. I S. 136. 68 Kant. II, 5: I, 338 U. 339. 64 Vgl. die enkomiastische Schilderung bei Nik. Greg. XI, 9: 551/2. Wohl mit Recht hebt KALLFELZ Standesethos 57 hervor, der sich für Byzanz weitgehend a.uf TREI­TINGER Kaiseridee 94f. stützt, daß der Rat und die Mitsprache des "Umsta.ndes" des

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DER ADELIqE IM DIENST DES KAISERS 11

nicht mit denen des Herrn übereinzustimmen. Die Hunde und Jagdfalken seines verstorbenen Herrn, des Kaisers ANDRONIKOS III., hat J OANNES KANTAKUZENOS weggegeben 1i6. Von den Äußerlichkeiten westlichen Rittertums scheint also dieser byzantinische Adelige nicht besonders beeindruckt gewesen zu sein, vor allem aus ganz realen finanzpolitischen Erwägungen. Auch mit der übermäßigen Bautätig­keit des kaiserlichen Herrn war JOANNES KANTAKUZENOS nicht einverstanden 68 •

So, als getreuer Diener seines Kaisers, will der Adelige von seiner eigenen Klientel angesprochen sein: "Du bist ein ,Kaiserlicher' und stehst dem Kaiser in allem zu Diensten 67. "

Ganz anders urteilt KEKAUMENOS, der freiheitlich denkende Adelige an der arme­nischen Grenze im 11. Jh. Nicht oft soll der Sohn vor dem Kaiser erscheinen; denn die Nähe des Kaisers ist gefährlich (Kap. 220, 221). Die Phokaden und die Skleroi haben nie versucht, in Hofränge Eingang zu finden 68. Die grundbesitzenden Fami­lien der Nestongoi und Branas sind in der ersten Hälfte des 14. Jh. weder in der Nähe des Kaisers noch in hohen Ämtern anzutreffen. Soviel ist sicher: Die Nähe zum Kaiserhof, hohe Würden und Ämter, ein Merkmal der adeligen Kantakuzenen­familie, sind nicht immer Zeichen des byzantinischen Adeligen. Zum zweiten Merkmal, das zum Bild des Adeligen J OANNES KANTAKUZENOS ge­hört: die Hausmacht. Sie ist nicht nur der ihm ergebene Anhang von Verwandten, Freunden und Dienern, sondern ebenso der Reichtum an materiellen Gütern als die Voraussetzung für die Bildung dieser Personengruppe. Diese "Gefolgschaft", wie ich sie hier vorläufig nennen möchte, ihre Zusammensetzung, ihre Entwick­lung und ihre Struktur soll unten ausführlich behandelt werden. Wir können solche Personengruppen auch bei anderen Adeligen der Zeit feststellen, so bei den Angeloi, dem Protostrator THEODOROS SYNADENOS und bei SYRGIANNES, bei Emporkömmlingen wie ALEXIOS APOKAUKOS und J OANNES V ATATZES. Wenn auch eine solche Gefolgschaft oft in den Quellen im Zusammenhang mit byzantini­schen Adelsfamilien nicht ausdrücklich erwähnt ist, wie z. B. bei den Asan, so ist doch die Feststellung zu treffen: diese Personengruppe scheint wesentlich zum byzantini­schen Adeligen zu gehören. Wie im Chrysobull von 1342 an JOANNES ANGELOS deutlich zum Ausdruck kommt, wird eine Aaftnea cpaTela (J'vyyev(iw ",at cplAWV 69

als Ausdruck der evIJatft0vla empfunden. Die Schar der Verwandten und Freunde er­höht, wie eine große Dienerschaft, das Sozialprestige und die reale Macht. Im Laufe der Untersuchung wird sich zeigen, daß J OANNES KANTAKuzENos diese Gefolgschaft systematisch zu einer treu ergebenen Elitegruppe aufzubauen suchte. Der Besitzstand der byzantinischen Adeligen ist bisher in der Forschung bereits in

byz. Kaisers nicht ideologisch begründet ist - anders als im Westen, wo "ohne den Rat u. die Zustimmung seiner Aristokratie - bzw. des maßgeblichen Teiles derselben - der König im Grunde nichts verfügen kann und darf" (a. a. O. S. 56). Siehe aber den unten S. 18 zitierten Anspruch der byz. Adeligen des 14. Jh., an der Verwaltung des Reiches teilzuhaben. 66 Nik. Greg. XI, ll: 566. 68 Kant. II, 38: I, 541. 67 MIOHAEL GABRAS Br. 403 Cod. Marc. 446 fol. 268vo-270vo; hier 269 Iv t5e T1/VtUav'r' Q)v ßamÄtuo~ ual ßamÄei V1'tSe TWV üÄÄwv "Otvwvwv "al avyyev6f.levo~ T~V Te üÄÄ1/v 8aVf.laaT~V TqJ övn avvovalav "al t5ta ToilTO avv(J1/eWV av~ Te "al eÄdf/Jov~ ..• 68 Vgl. H.-G. BEOK in BZ 59 (1966) 434. 69 Kant. III, 53: II, 313, 22 u. 23.

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12 JOANNES iKANTAKUZENOS ALS ADELIGER

einigen Studien untersucht worden 60 • Von Besitzungen der Kantakuzenen ist vor dem 14. Jh. keine Nachricht vorhanden. Der Satz von CHARANIS, " ... the vast wealth of J ohn Cantacuzenus had already been in the possession of the familiy by the end of the thirteenth century61," ist nur in Beziehung auf die Mutter des J OANNES zu belegen. Diese besaß landwirtschaftliche Güter und Werkstätten in und um Serrai, von denen wir durch Schenkungen an die Klöster Vatopedi und Kutlumus erfahren62 • Diese Besitzungen am Strymon sind dann auf ihren Sohn übergegangen. Sie wurden ihm im Bürgerkrieg von GUY DE LUSIGNAN abgenom­men 63. Weitere Besitzungen des J OANNES KANTAKUZENOS sind um Traianupolis an der Mündung der Maritza bezeugt 64. Weiter besaß er Liegenschaften in der Hauptstadt selbst, wie aus umfangreichen Schenkungen an das Manganakloster 135066 und an das Charsianitenkloster 66 hervorgeht. Im Haus des Adeligen in Konstantinopel, in dem die Mutter THEODORA residierte, waren große Mengen an Getreide und anderen Feldfrüchten gespeichert. Das Haus lag bezeichnender­weise in der Nähe des Kaiserpalastes (welched). Einen weiteren Speicher besaß die Familie in der Nähe des Gorgoepekouklosters 67, also nahe dem Alp:rJv TWV

, EAeV()eeLov, des großen Kornhafens der Hauptstadt, wenigstens in frühbyzan­tinischer Zeit 68. Trieb die Adelsfamilie auch Export? Es ist anzunehmen, daß diese wohl auf den Provinzgütern erzeugten Lebensmittel sowohl der Versorgung der eigenen Gefolgschaft dienten wie zum Verkauf in der Hauptstadt. Es ist hier ein wichtiger Beleg dafür gegeben, daß die Getreideversorgung der Hauptstadt wenigstens teilweise im 14. Jh. in der Hand des Adels lag. JOANNES KANTAKUZE­NOS behauptet, im Bürgerkrieg habe er 5000 Stück Weidevieh, 1000 Gespanne -der Feldbearbeitung dienend -, 1500 Stuten, 200 Kamele, 300 Muli, 500 Esel, 50000 Schweine und 70000 Schafe verloren 69. Bei näherer Prüfung erscheinen die Zahlen zwar sehr hoch, aber nicht unglaubwürdig. Über die Größe des Besitztums läßt sich aus diesen Zahlen nur so viel entnehmen, daß er ungefähr 500 Einzelhöfe besessen hat, auf denen neben Viehzucht auch Ackerbau getrieben wurde und eine große Zahl von Landarbeitern beschäftigt war (siehe Exkurs).

80 Die Besitzverhältnisse des spätbyzantinischen Adels hat CHARANIS Aristocracy aus­führlich dargestellt. Gute Bemerkungen vor allem für die kleinasiatischen Verhältnisse bei AHRWEILER Smyrne passim. 61 CHARANIS 350. 69 Schenkungen an Kutlumus: Kutlumus (LEMERLE) Nr. 18. Schenkungen an Vato­pedi: Reg. 2746 (Mai 1329). Diese Schenkung nochmals erwähnt in einer Urkunde des MICHAEL SYNADENOS ABTRAS vom Okt. 1366 (ed. GUDAS Byz. Urkunden d. Athos­klosters Vatopedi, EEBS 4 [1927] 246-248). STEPHAN DUSAN bestätigt im Oktober 1345 unter dem Besitz des Prodromosklosters ein CevYrJ),are'iov des Kantakuzenen mit 3 (Winter-)wassermühlen: Prodromos (GUILLOU) Nr. 39 Z. 78f. 68 Kant. III, 31: II, 192. Nik. Greg. XII, 15: 623. Das von LEMERLE herausgegebene Praktikon bestätigt historisch 1. ehemaligen Besitz des J o. Kant. um Zichnai; 2. den Entzug dieser Güter durch GUY DE LUBIGNAN im Jahre 1342. U Nik. Greg. XVI, 1: 797. 86 Reg. 2963. 66 Matthaios (HUNGER) 293f. 67 Kant. III, 27: II, 165. 8B R. J ANIN La geographie ecclesia.stique de I 'Empire byzantin I, 3: Les eglises et les monasteres, Paris 1953, 180/1. Ders. Constantinople byzantine, ParisB 1964, 225-7. 89 Kant. III, 30: II, 185, 3.

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DIE STELL-pNG DER ADELIGEN FRAU 13

JOANNES KANTAKUZENOS war stolz darauf, daß er immer wieder als Geldgeber seines kaiserlichen Herrn auftreten konnte 70. Dies ist auch die Meinung des T;S:EODOROS METOCHITES: " ... der Staatsmann muß ein reicher Grandseigneur sein, denn seine Aufgabeist es, unter Umständen dem Staatssäckel aus der Ver­legenheit zu helfen. 71 " Der Bürgerkrieg hat den Reichtum des JOANNES KANTA­KUZENOS zum Schwinden gebracht. Den Feldzug nach Bulgarien 1341 soll er noch mit eigenen Mitteln bestritten 72, das Leichenbegängnis des Kaisers ANDRONIK.OS 111. bezahlP3 und die Flotte gegen die Türken teilweise ausgerüstet haben 74, 1347 ist er nicht mehr in der Lage, eigene Mittel zur Verfügung zu stellen 76. Dienst in der Gefolgschaft des Kaisers und Hausmacht gehören zu den äußeren Lebensformen des Adeligen. Seine "geistige Physiognomie" ist damit noch nicht erfaßt. Ist sie überhaupt zu erfassen 1 Bei anderen Adeligen seiner Zeit wie THEO­DOROS SYNADENOS, SYRGIANNES, JOANNES ANGELos, bei den Mitgliedern der Familie Asan ist diese Frage zu verneinen. So menschlich nahe wird uns auch J OANNES KANTAKUZENOS nicht entgegentreten wie der Aristokrat KEKAuMENos in seinem Strategikon. Der kaiserliche Apologet im Mönchsgewand nimmt in seinem Geschichtswerk nie die Maske der Konvention vom Gesicht und urteilt nie offen über Menschliches, Allzumenschliches. Es bleiben einige Streiflichter, die auf den byzantinischen Adeligen ein Licht werfen. Es fehlt weit, daß wir uns aus den Quellen ein befriedigendes Bild über die Per­sönlichkeit der Mutter des J OANNES KANTAKUZENOS, THEODORA, machen könnten. Einige wichtige Züge lassen sich von dieser Frau, vielleicht der Enkelin des großen Generals ALEXIOS PHILANTHROPENOS76, doch festhalten. Zu Beginn des zweiten Bürgerkriegs läßt ANDRONIK.OS 111. seine Gemahlin und THEODORA als seine Stellvertreterinnen in Didymoteichos zurück 77. Die Worte, die J OANNES KANTAKUZENOS dazu schreibt, erscheinen bezeichnend für die Stellung des gebildeten Byzantiners zur Frau: "Sie (die Mutter des JOANNES) war auch er­fahren in der Verwaltung der Staatsgeschäfte und besaß einen schärferen Ver­stand als die weibliche Natur gewöhnlich. 78" Für diese Hochachtung vor der überragenden Einzelpersönlichkeit einer Frau bietet gerade das 14. Jh. viele Beispiele. Ich erinnere an die Töchter des THEODOROS METOCHITES und NIKE­PHOROS CHUMNOS, an die Tochter des JOANNES KANTAKuzENos, HELENA. Die Verachtung der Frau, letztlich ein Erbe der Antike, tritt zurück79. Gerade in den ,sozial hochstehenden und gebildeten Schichten überwiegt deutlich die Hoch­achtung und Anerkennung der Frau, wofür gerade die Stellung des J OANNES

70 Kant. I, 28: I, 137/8; I, 55: I, 279. 71 BECK Metochites 85. 711 Nik. Greg. XII, 6: 595 .. 78 Kant. III, 1: II, 16. 74 Kant. III, 9: II, 68. 76 Kant. IV, 1: III, 9, 3-6; IV, 6: III, 33. 76 PAPADOPULOS Palaiologen Nr. 25 und 26. 77 Dies geschieht nochmals 1327; vgl. BoscH Andronikos III. 45. Die Zeugnisse über den Lebensgang der THEODORA sind gut zusammengestellt in Kutlumus (LEMERLE) 84/5. 78 Kant. I, 25: I, 125, 18-20. So auch Kant. über seine Frau mENE (III, 56: II, 336, 19f.): peU;ov enu5et~apb'YJ r; uanz yvvaLueiov cpe6v'YJpa. 79 Zur Geringschätzung der Frau: BECK Metochites 42-44.

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14 JOANNES ~NTAKUZENOS ALS ADELIGER

KANTAKUZENOS ZU seiner Gemahlin IRENE das beste Beispiel ist. Erinnert sei an die schönen Worte des Adeligen KEKAUMENOS in seinem Strategikon (Kap. 132): "Wer sein Weib zu Grabe tragen mußte, der hat die Hälfte und noch mehr seines Lebens damit verloren, wenn es gut war." Es ist merkwürdig, daß in der bisherigen Forschung viel zu allgemein von "der Frau" in Byzanz gesprochen wurde. Die Unterschiede im sozialen Niveau sind bei der Betrachtung der Stellung der Frau zu berücksichtigen 80.

Wir sehen die Mutter des J OANNES KANTAKUZENOS an den Gesprächen zwischen dem Sohn und dem Kaiser teilnehmen 81 ; nach Gregoras war sie bei den geheimsten Beratungen des Kaisers zugegen 82 • Ihre standhafte Haltung im Gefängnis ist bewundernswürdig 83 • Der große Einfluß, den diese kluge, einflußreiche Politikerin auf J OANNES KANTANKuZENOS ausübte, ist aus seinen bewundernden Schilderun­gen sicher anzunehmen, aber nicht mehr im einzelnen faßbar, höchstens in der religiösen Haltung des Adeligen zum Palamismus (vgl. Kap. XI). Die Gestalt des Vaters des J OANNES KANTAKUZENOS bleibt für uns ganz im Dunkeln. Wir kennen nicht einmal seinen Vornamen. Er starb als Statthalter auf der Peloponnes, als JOANNES 21 Jahre alt war84.. Es ist kein Zufall, daß wir nur den Erzieher im Kriegshandwerk kennen, den Großstratopedarchen J OANNES ANGELOS, als großer Feldherr vom Kantakuzenen gerühmt 8Ö

• Die Erinnerung an die große strategische Kunst der Römer ist noch in diesem spätbyzantinischen Adel lebendig 86. Als große Vorbilder der Feldherrnkunst nennt JOANNES KANTA­KUZENOS Scipio Mricanus, Pompeius magnus und Sulla. Den Adeligen J OANNES ANGELOS hat J OANNES wiederum selbst im Kriegshandwerk erzogen, und der Kantakuzene konnte in kritischer Situation auf seinen Dank rechnen 87. Feldherrn­kunst wie Klugheit in der Diplomatie, von J OANNES KANTANKUZENOS immer wieder bewiesen, ruht nicht nur auf persönlichen Gaben. Es ist alte Tradition des byzantinischen Adels, die vom Vater auf den Sohn (wie bei dem byzantinischen Aristokraten KEKAUMENos) und vom erfahrenen adeligen General auf die Ver­wandten übergeht. Das Kriegshandwerk im Dienst eines noch mächtigeren Gefolgsherrn, hier des Mitkaisers MIOHAEL IX., dann des Kaisers ANDRONIKOS 111., bestimmt das Bild dieses byzantinischen Adeligen J OANNES KANTAKUZENOS. "Er verstand es, eher

80 So betrachtet ist der Satz von L. BREmER La civilisation byzantine, Paris 1950, 11 verständlich: "Sans doute on est frappe de l'allure tres !ibre des imperatrices et des princesses du sang a toutes les epoques." Die Rolle der adeligen Frau in der byz. Ge­sellschaft betont mit Recht eH. DIEHL La societe byzantine, in: Etudes byzantines, 1905, 140. 81 Kant. I, 28: I, 137f. 89 Nik. Greg. XII, 13: 619, 3-8. 88 Nik. Greg. XII, 13: 618. Kant. IU, 36: U, 220-222. 84 Kant. I, 17: I, 85, 4. 85 Kant. U, 4: I, 334, 5. PAPADOPULOS PalaiologenNr. 25 S. 16. BINON Prostagma 151/2. Er ist der Gemahl der Gründerin des Klosters der hl. Jungfrau der beständigen Hoff­nung. Vgl. H. DELEHAYE Deux typica byzantins de l'epoque des PaIeologues, Acad. Roy. de Belgique. Classe des Lettres (Memoires) 2. sero tom. 18, fasc. 4, Brüssel 1920, 144/5. 88 Kant. IU, 59: U, 364, 13 U. 14. 87 Kant. I, 54: I, 274, 4.

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D~S BILDUNGS GUT 15

als Soldat und Kamerad als in der Rolle des Feldherrn die Strapazen mit zu tragen88." Seine Fähigkeit ist die Kriegskunst 89. "Der Mann (JOANNES KANTA­KUZENOS) war mit vielen Vorzügen ausgestattet, die die Natur gewährt und die eine tiefe Einsicht in edler Weise lenkt und schmückt. Vom ganzen Heer wurde er geliebt90." Die Tapferkeit des JOANNES KANTAKUZENOS ist hervorragend 91. Viele Kämpfe mutig durchstanden zu haben, ist der Stolz dieses byzantinischen Adeligen. Nach einer unerwarteten Rettung vor einer türkischen Streifschar, einer Rettung, die auch von seiner Klientel verherrlicht wurde, soll J OANNES selbst gesagt haben: "Viele und große Kämpfe habe ich von früher Jugend an durchstanden, aber noch nie bin ich in eine solche Gefahr gekommen 91l." Den gleichen Geist atmet das Wort des KEKAUMENOS (Kap. 127, vgl. 27): "Als Soldat sei tapfer in der Schlacht, auch wenn es sterben heißt." Einer unerschütterlichen Gesundheit rühmt sich der Adelige. Nur einmal war er kurz in der Jugend an Fieber erkrankt. Erst als 53jähriger Mann holt er sich nach dem Kampf eine Erkältung und darauf ein einjähriges Nervenfieber 93. Eine literarische Bildung tritt hinter diesem kriegerischen Bild des Adeligen in den Hintergrund. Natürlich ist anzunehmen, daß JOANNES KANTAKuzENos, am Kaiser hof aufgewachsen, wenigstens in die Kenntnisse eingeweiht wurde, die damals zur "ly",v"'Äto~ nat~ela" gehörten. Er tadelt an dem Thronprädententen MICHAEL KATHAROS ausdrücklich, diesen Bildungsgang nicht durchlaufen zu haben 94. Aber selbst das Geschichtswerk des Kantakuzenen, ein Alterswerk in mönchischer Muse geschrieben, enthält nur wenige Reminiszenzen an die klassische antike Literatur. Dabei ist immer zu fragen, ob er die Werke, die er zitiert, selbst ge­lesen hat oder ob er aus Exzerptensammlungen schöpft, etwa aus den Samm­lungen seines Zeitgenossen MAKARIOS CHRYSOKEPHALOS. So zitiert er Appian 96 und Euripides 96 , ebenso eine Nachricht aus der Solonvita Plutarchs 97 und eine Fabel Aesops98 ohne Namensnennung. Einzig der Name Homers ist im Geschichts­werk einmal im Zusammenhang mit einer Redewendung genannt 99 . Weiter sind dem adeligen Exkaiser und Mönch einige Mythen und Sprichwörter bekannt 100,

88 Nik. Greg. XII, 5: 586. 89 Nik. Greg. XIII, 8: 662, 18 u. 664, 2 u. 3 in der fingierten Rede an APOKAUKOS. Das Zeugnis ist hier besonders wichtig, da Gregoras hier Ethopoiie versucht. So wollte J o. Kant. seinen Zeitgenossen erscheinen. 80 Nik. Greg. XI, 9: 552, 10-12. 81 A. a. O. X, 44: 486. 82 Kant. I, 42: I, 207, 15-18. 88 Nik. Greg. XVI, 7: 835; Kant. IV, 10: III, 67. Die Datierung GUILLANDS von Br. 22 (1325-1330!) ist sehr fragwürdig. Hier wird von einer Krankheit des Jo. Kant. be­richtet. Die Datierung des Briefes nach 1347 hätte weittragende Konsequenzen für die Beurteilung des Verhältnisses zwischen beiden Männern. 84 Kant. I, 1: I, 14, 25f. 86 Kant. IV, 5: III, 33, 13 u. 14 = Appian bellum civile 4, 99. 88 Kant. I, 4: I, 24, 23 = Euripides Hekuba V. 606/7. 87 Kant. IV, 13: In, 86, 23f.: Plutarch vita Solonis Kap. 20. 88 Kant. IH, 57: II, 351, 5 = Aesop fabula Nr. 155 (ed. HAusRATH). Woher stammt die Fabel vom weissagenden Sperling (Kant. IH, 59: H, 367) ? Ich finde sie weder bei Aesop, noch bei Phaedrus u. Babrius. 89 Kant. I, 2: I, 18, 7: vgl. z. B. Odyssee X, 379. 100 Kant. I1, 19: I, 417, 14f.: Athene als Schiedsrichterin (kannte Jo. Kant. Aischylos

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16 JOANNES KANTAKUZENOS ALS ADELIGER I

außerdem wohl der Pestbericht des Thukydides 101 • Die JOANNES KANTAKUZENOS­J OASAPH zugeschriebene Paraphrase des Heliodor zur Nikomachischen Ethik, die aus dem Rahmen seiner theologischen Werke fallen würde, stammt gewiß nicht vom Exkaiser. Wichtig ist, daß sich der Adelige als Mönch mit dem Werk befaßt hat und im Jahre 1366 eine Abschrift auf eigene Kosten anfertigen ließ 102. Die anderen bekannten Codices, die der Exkaiser an Klöster stiftete, enthalten theologische Werke 103. Es ist wohl nicht zufällig, daß der Kopist MANUEL TZYKANDYLES, der J OANNES KANTAKUZENOS, DEMETRIOS KYDONES und NIKOLAOS KABASILAS nahe steht, nicht nur die theologischen Schriften des P ALAMAS und des Mönches J OANNES-KANTAKUZENOS-J OASAPH abschreibt, sondern u. a. auch die Parallelviten Plutarchs, die auch der Exkaiser in seinem Geschichtswerk zitiert. Die Sprache des Geschichtswerks des Adeligen und Ex­kaisers ist schmucklos, ohne die Kunstgriffe und die Überladenheit byzantinischer Rhetorik, obwohl die Rede nach alter Tradition einen breiten Raum einnimmt. Ohne Zweifel stammen die in den umfangreichen, unedierten theologischen Werken ausgebreiteten Kenntnisse, die die "weltliche" Literatur fast nie bei­ziehen, erst aus der Mönchszeit. Zudem ist bei vielen Väterzitaten im einzelnen zu prüfen, inwieweit palamitische Florilegien ausgeschöpft wurden. Die Gegner sprechen offen aus, daß JOANNES KANTAKUZENOS zwar etwas von der Feldherrn­kunst und vom Herrschen verstünde. Von der Theologie, die er nicht gelernt hat, soll er die Hände lassen 104.

Dieser Adelige ist aufgeschlossen für die geistigen Fragen seiner Zeit mehr als der Aristokrat KEKAUMENos im 11. Jh., dem es bei der Lektüre, die er seinem Sohn empfiehlt, vor allem auf praktische Lebensweisheit ankommt (Kap. 54). J OANNES KANTAKUZENOS hat den mit westlicher Philosophie vertrauten Mönch BARLAAM in seine Klientel aufgenommen und sich von ihm unterrichten lassen. GREGORAS behauptet in diesem Zusammenhang, der Kantakuzene sei ein Biblio-

Eum. 68lf. 1). Kant. IV, 24: UI, 175, 22f. (Mythos vom Atlas). Kant. IU, 75: 469, 5 = Diogenian Nr. 61 (LEUTSCH-SCHNEIDEWIN Corpus Paroemiographorum Graecorum U, 10); Gregorios Cyprios a. a. O. S. 85 (unter Nr. 98). 101 Kant. IV, 8. Vgl. J. DRÄSEKE Thukydides' Pestbericht (U, 47-53) und dessen Fort­leben, in: Jahresber. philol. Ver., Berlin 40 (1914) 181-189. 8 Beziehungen zu Thuky­dides bei Jo. Kant. 102 Siehe die in der praefatio zur Edition der Paraphrase Heliodors (Commentaria in Aristotelem Graeca XIX, 2 ed. HEYLBUT pag. V u. VI) abgedruckte subscriptio des Cod. Laur. 80, 3; sie erscheint öfter in den Hss., die alle auf das Exemplar des Ex­kaisers zurückgehen. Dazu jetzt ausführlich D. M. NICOL A paraphrase of the Nico­machean Ethics attributed to the emperor John VI. Cantacuzene, BS 29 (1968) 1-16. 103 Vgl. L. POLITIS in REB 14 (1956) 198/9. 104 Mahnrede an Jo. Kant. in Cod. Vat. 1111 pars IV fol. 235vo/236: el P.fw yae f] a"bpu; :neel ßaatÄt"wv :neayp.u:r:wv 7j 0rJp.oa{wv xerJp.arwv otot,,~aew~ 7j :noeov dveveeaew~ "ai rovrwv av~~aew~ :neov"etro 7j :noÄ8p.ov :neet "al p.aXrJ~, ö:nw~ av ra ra"it"a axo{rJ "ara rov :neoa~"ovra rfi arearrJY{g. evOp.ov, :nee{ re :neeaßewv 7j :nep.:nop.evwv, 7j dqn"vovp.evwv, :nw~ av ro "oLVfi avp.qJeeov rovrot~ xerJp.aitaOe{rJ, 7j [ree' ärra rotavra ep.eÄeraro, rax'äv it~ :noeew p.ep.tpew~ EarLV aot p.ovcp ro rfj~ a"etpew~ "iieo~ :neoaavaOep.evo~, öre o-Y} roi~ rOtovrot~ 8vrJa"fjaOat OO"OVVit. ooyp.arwv p.8vrOt aaqJ~vetav "al :naeaooaLV ovaeqJ{"rwv ovrw "alovaeep.rJvevrwv, p.-Y} ört roi~ eaxoÄa"oatv "ara ae :neet äÄÄa, dÄÄa "al avroi~ roi~ ß{ov "at äa"rJatv ra rotavra :ne:notrJ­P.8vot~, ovre it~ äÄÄo~ - eV taOt - rwv oeOw~ "e{veLV elOorwv Oaee~aetev äv aot :nw:nore, our' avrol :noÄÄql p.aÄÄov f]p.ei~.

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DAS SELBSfVERSTÄNDNIS DES ADELS 17

phile gewesen 105. Dieses Urteil bestätigt DEMETRIOS KYDONES für die Kaiserzeit des JOANNES 106 • Von Jugend an besaß der Aristokrat Kontakt mit Männern aus dem Westen. Der Genuese JUAN DE SPINOLA war sein cplAOC; aexaioc;107. JOANNES hat wohl einigermaßen die italienische (lateinische?) Sprache beherrscht, vielleicht sogar Türkisch gesprochen 108.

Eine zufällig überlieferte Begebenheit offenbart einen liebenswürdigen Zug, sich um kleine ästhetische Fragen zu kümmern: Durch ein eigenes Handschreiben ließ er den Balkon am Zimmer des Charsianitenklosters, in das er einzuziehen gedachte, erweitern, den Raum neu verputzen und grün anstreichen 109. Die kleinen Streiflichter, die auf die Religiosität dieses Adeligen fallen, geben ein undeutliches Bild. KEKAUMENOS hatte im 11. Jh. vor der Wahrsagerei gewarnt (Kap. 141). Die Kritiklosigkeit, mit der KANTAKuzENos Prodigien llO , Träume 111

und Wahrsagungen meist als Propaganda für seine kaiserliche Legitimation erzählt, ist auffallend. J OANNES muß sich gegen den Vorwurf seines Gegners GREGORAS wehren, er habe auf dem Athos um eine Prophezeihung (für sein künftiges Kaisertum) nachgesucht 112•

K. BosL hat "körperliche Tüchtigkeit" als "selbstverständlichen Bestandteil des adeligen Mannesideals" im westlichen hohen Mittelalter bezeichnet 113.

"Draufgängertum und ungebändigte Vitalität, aber auch die auf seelisch-geistige Einstellung gerichtete Tapferkeit, Mut, Kühnheit, Unerschrockenheit, Ausdauer, Beständigkeit, Vorsicht, kluges Ratfinden in Gefahr gehören dazu. Wesentlich für das adelige Leitbild und charakteristisch zugleich ist die constantia, der Ab­scheu vor dem Schwanken, der Schwachheit gegenüber allen Einflüssen, die Abneigung gegen Neuerung und Wechsel". Fast alle diese westlichen Leitbilder können wir in den vielfältigen Enkomien, ob im Gedicht, im Brief oder im neO(]­cpw'V'YJTtUOC; A6yoc; an den byzantinischen Adeligen wiederfinden und zwar aus der Zeit, in der er das Großdomestikat bekleidete. Die Ähnlichkeit der Leitbilder im Westen und in Byzanz hat wohl nicht ihren Grund in einer gemeinsam antiken Wurzel, aus der sich ein "Tugendsystem" entwickelt hat, so sehr in beiden Kultur­kreisen heidnische wie christliche Gedanken als Erbe aufgenommen werden 114.

106 Nik. Greg. XIX, 1: II, 919, 20f. 106 Dem. Kyd. Apologie: MERCATI Notizie 364 Z. 49f.: ... (J(p66ea yd(! 6 ßaatJ..eV~ nt)v ßtßJ..lwv eewv ... 107 Kant. II, 30: I, 484, 15. Vgl. BoscH Andronikos III. 131. 108 Vgl. die Erörterungen, die PONTANUS in seinen Prolegomena anstellt (PG 153 Sp. 31/2 = Bonner Corpus Jo. Kant. 1. S. XXV). Die Schlüsse auf die Sprachkenntnisse des Jo. Kant. sind sehr unsicher. Jo. Kant. (IV, 41: III, 303, 11) behauptet, er habe gut italienisch gesprochen. 100 Matthaios (HUNGER): Kap. 8 des Testaments. 110 Das zu enge Kaisergewand: Kant. III, 27: II, 168. 111 Kant. III, 70: II, 429f. III, 90: II, 555. 112 Kant. IV, 24: III, 176, 12f. 113 K. BOSL Die Gesellschaft in der Geschichte des MA, Göttingen 1966, 37. Die Er­forschung der Leitbilder des westlichen ma. Adels hat erst begonnen: KALLFELZ Standesethos passim. K. BOSL Der Adelsheilige, in: "Speculum Historiale ", Festschr. J. Spörl, Mü. 1965, 167ff. W. BERGES Die Fürstenspiegel des hohen und späten MA' Leipzig 1938 (Vor allem der erste Abschnitt: Grundlagen). 114 Gegen ein starres, aus der Antike sich herleitendes Tugendsystem hat sich R.

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18 JOANNES :JrANTAKUZENOS ALS .ADELIGER

Vielmehr entwickelt die Aristokratie in verschiedenen Kulturen durch ihre Stellung in der Gesellschaft zwangsläufig ähnliche Lebensformen. Nach Meinung des JOANNES KANTAKUZENOS (er legt die Worte dem Kaiser ANDRONIKOS 111. in den Mund) sollen die E7ucpaPEaTBf20vr; flJi).}..oP TWP apbf2wp uat nf2om7uoPTar; ßaalAEvm "verständig und gesittet (u6aflLOr;) und zu jeder Tugend geschickt sein und vor allem in gutem Ruf stehen, da sie den sozial niedriger Stehenden (vnobEEaTBf20lr;) als allgemeine Beispiele und Vorbilder gesetzt sind, auf die die Menge (Ol nOAAol) schauen und sich zum Besseren einstellen kann 116".

Nirgends ist besser das adelige Leitbild des J OANNES KANTAKUZENOS ausgespro­chen: Der Adel, von der großen Menge deutlich unterschieden, soll lebendiges Vorbild in der Gesellschaft sein, Lehrer und Beispiel. Voraussetzung dafür ist, daß er selbst alle af2ETal in sich vereinigt und sich seiner Stellung als af2laTOr; als würdig erweist. Gleichzeitig kommt hier das Standesbewußtsein des byzantini­schen Adels, sein Bewußtsein seiner Sonderstellung und seiner Verantwortung in der Gesellschaft deutlich zum Ausdruck. Die EvyePEir; sind freie Männer (sAev­()Ef2ot), die eine bovAela, eine Knechtschaft durch einen ihrer Standesgenossen, nicht dulden können. Sie haben Anrecht auf die t5tolu'Y}alr; des Reiches. Diese Gedanken, die einen weiteren Beitrag zum Standesbewußtsein des byzantinischen Adeligen liefern, sind nach der Darstellung des J OANNES KANTAKuzENos selbst zu großer innenpolitischer Wirksamkeit zu Beginn des Bürgerkrieges im Jahre 1341 gelangt 116.

Von fast allen literarisch tätigen Männern seiner Zeit wurde J OANNES KANTAKU­ZENOS angesprochen: vom ANONYMUS FLORENTINUS, von MICHAEL GAB RAS , MATTHAIOS VON EPHESOS, THEODOROS HYRTAKENOS, NIKEPHOROS CHUMNOS, MANUEL PHILES, THOMAS MAGISTROS und NIKEPHOROS GREGORAS. DEMETRIOS KYDONES und MANUEL RAUL haben erst an JOANNES KANTAKuzENos als Kaiser ihre Briefe gerichtet. Diese literarischen Werke sind nicht nur als sozialgeschicht­liche Dokumente, als Elemente des byzantinischen Gefolgschaftswesens zu be­trachten, wie dies unten geschehen soll. Auch die so oft gerügte "Inhaltslosigkeit" und "Leere an konkreten Nachrichten" der Briefe ist wichtig. Der Klient spricht hier in vielfältiger Variation das gleiche Grundthema durch: das Idealbild des byzan­tinischen Adeligen. Es ist eine überhöhte Wirklichkeit, aber es ist doch noch Wirklichkeit, die hier verherrlicht wird. Niemals wird etwa die wissenschaftliche Leistung und die literarische Betätigung des J OANNES KANTAKuzENos gerühmt wie etwa bei THEODOROS METOCHITES 117. Die mangelnde wissenschaftliche Aus­bildung wird durch einen Kunstgriff überspielt. Der Lobredner sagt, daß der Aristokrat ja gar keiner Lehrer bedürfe 118. Er trägt die Lehren Platons und des Aristoteles in sich, sie sind ihm angeboren. Ähnliches wird von Kaiser ANDRONIKOS

CURTIUS Europäische Literatur und Lateinisches MA, MünchenS 1961, 506-21 ge­wandt im Exkurs: "Das ritterliche Tugendsystem" . Dagegen F. MAURER Das ritter­liche Tugendsystem, in: Dichtung und Sprache des MA, Bern u. Mü. 1963, 23ff. S. 33: "Aber trotz aller Freiheit hat es das ritter!. "Tugendsystem" auch als "System" ge­geben, nicht nur dem Inhalte nach als freie Gruppierung einer Anzahl sich überall findender Werte ... " 11& Kant. I, 43: I, 213, 8-14. 116 Kant. III, 19: II, 116f. 117 Z. B. Nik. Greg. (GUILLAND) Br. 14. 118 Nik. Greg. Br. 22 (GUILLAND) = BEZDEKI 315, 34f.: a{J1:oMoa"7:o~.

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I?IE ENKOMIEN 19

Ir. gesagt 119. Auch die Rednergabe ist J OANNES KANTAKUZENOS nach Meinung der Lobredner angeboren. Natürlich werden auch am byzantinischen Adeligen körperliche Schönheit und Tüchtigkeit gerühmt, ein. alter Bestandteil des ßa(]f,Al'}(,o~ A6yo~120. Daneben stehen die übrigen Eigenschaften wie Mut, Tapferkeit, taktisches Können usw., die den Großdomestikos zum vollendeten Feldherrn machen 121. Vielleicht gehört es zu einem Unterscheidungsmerkmal zwischen byzantinischem und westlichem Adelsideal, daß die constantia, die Abneigung gegen Neuerung und Wechsel, im Leitbild nicht stark hervortritt. Gewiß, die Versicherung, daß der Aristokrat zu seinem Wort steht, die Menschen durchschaut, nur die Wahrheit, aber keine Lüge kennt, findet sich auch hier 122. Aber in den Enkomien an JOANNES KANTA­KUZENOS ist dabei die constantia weniger als Lebensideal, sondern als soziales Verhalten vor allem gegen seine cplAOl verstanden. Dem unten noch näher zu charakterisierenden Zweck der Enkomien als Ausdruck des Klientelverhältnisses entspricht es, daß der byzantinische Adelige immer wie­der an sein enges Verhältnis zu seinen cplAOl, an seine Milde und Freigebigkeit, mit einem Wort: an seine cplAav()(!())'llla erinnert wird 123 - ein Bestandteil auch des westlichen mittelalterlichen Adelsideals l24• Der Adelige soll also die Eigen­schaft besitzen, die eine Kardinaltugend des Kaisers ist 126. Nicht weniger als der Kaiser 126 wird auch der Adelige J OANNES KANTAKUZENOS wie ArOKAUKOS und THEoDoRos METocHITEs als Förderer und Freund der Wissenschaften ge­priesen. Durch diese hochgestellten Herren empfangen sie neues Leben 127. Wichtig ist, daß die Größe des Reichtums nie für sich allein als Besitz des Adeligen gerühmt wird, sondern nur die daraus entspringenden Wohltaten. Der Adelige ist - wie der Kaiser - unentbehrlicher Schirmer und Bewahrer des Staates. Dabei wird durchaus nicht immer betont, daß er sein Amt als Untergebener des Kaisers ausübt 128. J OANNES KANTAKUZENOS ist - gleich dem Kaiser - v6flO~ lfl1pvxo~ für

119 BEZDEKI 366, 13-15; 371, 6. 120 BACHMANN - DÖLGER Rede 357 u. 371. 121 AnonYIIlUs Florentinus Cod. Monac. 198 fol. 340: der Vergleich mit den Marathon­kämpfern. Nik. Greg. Br. 39 (GUILLAND) = BEZDEKI 296, 6f.: eneu5~ ae nea.~LV OeWf.lBV änaaav on6a1J aTeaT1Jyt'X-y] 'Xal on6a1J nOAtTt'X-Y] Tq) A6ycp 'Xal Tfi f.leTd A6yov 'Xelaet &~tWt; ola'XlCovTa. Das Prosphonema an den Großdomestikos des Thomas Magistros (LENZ) passim. 122 Nik. Greg. Br. 56 (GUILLAND) = BEZDEKI 288, 2: YAWTT1Jt; dA~OBLa. 128 V gl. den Brief des Anonymus Florentinus, in dem die f.leyaAet6T1Jt;, eVvota, eVf.lbeta gepriesen wird. Nik. Greg. Br. 18 (GUILLAND) unediert: Cod. Monac. 10 p. 412: dAAd av ye 0 navTat; gnAavOewnlq. Vt'Xwv. So in fast jedem Brief des Nik. Greg. und der übrigen Briefschreiber . 124 KALLFELZ Standesethos 23 f. 126 H. HUNGER f])tAavOewnla, Österr. Akad. d. Wiss. 1963 (mir Sonderdruck vorlie­gend). 126 Nik. Greg. an ANnRONIKOS H. Br. 2 (GUILLAND) = BEZDEKI 336f. TREITINGER Kaiseridee 230: "Der Kaiser ist eben der große und einzige Wohltäter seines Volkes, der auch immer und überall spendet." 127 Nik. Greg. an APOKAUKOS Br. 17 (GUILLAND); an THEODOROS METocHITEs Br. 143 (GUILLAND); an Jo. Kant. Br. 41 (GUILLAND) = BEZDEKI 282; Br. 76 (GUILLAND) = BEZDEKI 328, 14f. 128 Nik. Greg. Br. 22 (GUILLAND) = BEZDEKI 314: wie der Nil für Ägypten, 80 ist Jo.

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20 JOANNE~ KANTAKUZENOS ALS ADELIGER

seine eigenes Haus und für "sämtliche Bewohner der Städte 129". Das alte helle­nistische Prädikat für den König als Heilsbringer, (]WT1Je, wird auch JOANNES KANTAKUZENOS als Großdomestikos verliehen. Die Soldaten sehen in ihm den (]w-rne 130• Auch die oft auf den byzantinischen Kaiser bezogene Lichtsymbolik wird unbedenklich auf den Adeligen angewendet131• KANTAKUZENOS bekommt wie der Kaiser göttliche Prädikate (Ocior;) verliehen. Freilich geschieht dies selten 132. Selbst in diesem Punkt rückt so der Adelige in der Anrede in die Nähe des Kaisers. Der Grund, daß sich die Grenzen zwischen der Anrede an den Kaiser und an den Adeligen verwischen, scheint weniger im Charakter der literarischen Genera zu liegen 133 als in der sozialen Stellung des Adeligen. Von seinem Reichtum und seinem Einfluß kann sich der Literat genausoviel, wenn nicht mehr erwarten wie vom Kaiser, der dauernd in Geldschwierigkeiten ist. Der reale Einfluß des Ade­ligen auf die Politik erscheint fast gleichbedeutend neben dem kaiserlichen Befehl. J OANNES KANTAKUZENOS ist Geldgeber des Kaisers, Führer einer mächti­gen Gefolgschaft. Von der Stellung des Adeligen in der Gesellschaft betrachtet, einer Stellung, die ihren Ausdruck in der Anrede an den Aristokraten findet, erscheint der Übergang vom Adeligen zur kaiserlichen Würde gering. Die Dar­stellung der Entwicklung der Gefolgschaft wird zeigen, daß die Schwierigkeiten für diese Erhebung bei J OANNES KANTAKUZENOS an anderen Punkten lagen. Es ist durchaus möglich, etwa vom bayerischen Adel in der Barockzeit gewisse Züge festzulegen, die auf viele Mitglieder dieses Standes zutreffen. Ob dies beim byzantinischen Adel gelingt, ist erst zu entscheiden, wenn noch eine größere Zahl von Einzeluntersuchungen über bestimmte Familien und Persönlichkeiten vorliegen. Ich habe hier nur versucht, eine Einzelgestalt weniger als individuelle Persönlichkeit, sondern als Vertreter eines Standes zu kennzeichnen.

Kant. für das Reich wic.htig. Magistros Prosphonema (LENZ) 70: fJp.iv <5e GcfJCeL~ Td~ nOAeL~. 120 Nik. Greg. Br. 22 (GUILLAND) = BEZDEKI 315, 20. Zum Gedanken vgl. H. HUNGER Prooimion, Wien 1964, 117-122. 180 MICHAEL GABRAS Br. 365 Cod. Marc. 446 fol. 241: ~v <5ij vrJGTeVWV öGa <5~noTe vrJGTeVeL~. ov yde Toiho vn6(Jef1L~ Toi~ yeap.p.aGLV, eneLTa Toi~ fJp.eTeeOL~ el~ 'l'(1~LV dTeXvw~ GWTi}eo~ eVee(Jel~ "al dAe~l"a"o~ a'ljToi~ yeyevrJp.bo~ enl TWV neayp.aTwv ... Br. 382 fol. 257 wird J o. Kant. als eveeyeTrJ~ und GWT~e bezeichnet. Nik. Greg. XI, 9: 552, 19. 181 Jo. Kant. als Sonne, die alle erwärmt: Anonymus Florentinus Br. 2 fol. 341. Philes (MILLER) I, 143f. Z. 463 u. 477: Jo. Kant. als AVXVO~, rpw~, ijALO~. Zum Sonnen­vergleich : BACHMANN - DÖLGER Rede 381 zu Z. 21. 182 MICHAEL GABRAS Br. 403 (Cod. Marc. 446 fol. 268vO). Zum Kaiser als Abbild Gottes: BACHMANN-DöLGER Rede 366 zu Z. 3. Im Brief des MATTHAIOS VON EpHESOS an den Großdomestikos häufen sich die hellenistischen Königsprädikate (ed. TREU S. 58): <5e~m <5ij TO p.eya Tovrl <5weov, rpLAan6GiOAe "al rpLAevGeße~ äv(Jewne, "al "a(J'avio p.ev iGw~ p.eya, p.aALara <5'öu e" yfj~ ee~p.ov "al dßaiov naed <56~av <5e<5weOrp6erJ1:aL, Te"p.meop.evov olp.m "al neoa"rJeVTTOV iijV eaop.brJv a'Ü(JL~ fJyep.ovlav ii}~ xwea~ "al iijV öaov ovnw aijv ev(Ja<5' eAevaLV p.erd iOiJ p.eyaAov "al (JeLOia-rov P.OL ßaaLUw~· "al yevOtro, (Jee aWTee· "al ybOL1:O, (JeB rpLAav(JeW1le. 188 Mit dem Prosphonema wurden sowohl Archonten wie Könige angesprochen.

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BESITZVERHÄLTNISSE

Exkurs: Zu den Zahlenangaben des Joannes Kantakuzenos über seinen Viehbestand

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Von den Besitzaufzählungen der Grundbesitzer der mittelbyzantinischen Zeit erscheint mir bisher nur ein Beispiel zum Vergleich mit der Aufzählung des J OANNES KANTAKUZENOS geeignet 134, denn meist sind in ihnen gerade die Stück­zahlen für das Vieh nicht angegeben. Im Juli 1085 erhält das neugegründete Theotokos-Eleusakloster bei Palaiokastro 500 modioi (ungefähr 20 ha) Land vom Kaiser geschenkt (Reg.1124). Diese Ländereien liegen in einer Gegend, die nicht weit nördlich von den Besitzungen zu suchen sind, die JOANNES KANTAKUZENOS 3 Jahrhunderte später sein eigen nannte. Durch ein Chrysobull vom August 1106 (Reg.1231) erfahren wir, daß diese 20 ha von 12 Paröken mit 6 Ccvyaeta bewirtschaftet wurden und 150 Schafe, 10 Zuchtpferde (cpoeßa{)a), 40 Rinder und 2 Muli ({)vo ""vAot = Mühlen 1) er­nährten 136. Multipliziert man diese Zahlen mit 160 so nähern sie sich überraschend dem Viehbestand des JOANNES KANTAKUZENOS (6400 Weidevieh; J. Kant.: 5000. 1600 Zuchtpferde; Jo. Kant.: 1500.960 Ccvyaeta; Jo. Kant.: 1000 CevYrJ. 320 Muli; Jo. Kant.: 300. Nur die Zahlen für Kleinvieh weisen erhebliche Differenzen auf: 24000 Schafe; Jo. Kant. 70000). Wichtig an dieser Rechnung erscheint, daß dadurch ungefähr die Zahl der Landarbeiter auf den Gütern der JOANNES KANTA­KUZENOS geschätzt werden kann. Sie dürften um 1900 Mann umfaßt haben -ein kleines Privatheer. Die durch J OANNES KANTAKUZENOS überlieferten Zahlen sind weiter mit dem Besitz des Großgrundbesitzers aus Paphlagonien aus der zweiten Hälfte des 8. Jh., des h1. PmLARET, zu vergleichen 136. Er besaß auf 50 (oder 48) Einzelhöfen 600 Rinder (Jo. Kant.: 5000), 100 Gespanne (Jo. Kant.: 1000), 800 Pferde und 12000 Schafe. Dabei kämen auf einen Hof zwei Gespanne, eine Zahl, die auch für das 13. Jh. üblich isV37 • Beim Vergleich mit dem Besitz des Heiligen möchte man die Zahlen, die J OANNES KANTAKUZENOS angibt, als zu hoch beurteilen. Einmal aber müssen wir für die damalige Zeit mit einem großen Viehbestand im Norden Griechenlands rechnen: Beim Albanerfeldzug 1337 wurden 30000 Rinder, 120000 Schafe und 5000 Pferde erbeutet 138.

Zweitens sind an dieser Stelle mit Vorsicht die modernen Zahlenangaben über die Kleinviehbestände im Norden Griechenlands heranzuziehen, also in Gebieten, in denen der Besitz des J OANNES KANTAKUZENOS zu suchen ist. Dieses Kleinvieh, vor allem Schafe und Ziegen, wird in freier Weidewirtschaft in den kargen, wasser­armen Gebirgsgegenden gehalten, in denen kein Ackerbau möglich ist. Die Ver-

134 Vgl. die Zusammenstellung bei SP. VRYONIS The will of a provincial magnate Eustathius Boilas, DOP II (1957) 263f. 136 L. PETIT Le monastere de Notre-Dame de pitie en Macedoine. Extrait du "Bulletin de l'Institut Archeologique Russe a Constantinople" tom. VI, Sofia 1900, 1-153; hier 29. 136 Die von VASILJEV msg. Version, Izvest. Russ. Arch. Inst. V (1900) 64 gibt 50, die Version ed. M.-H. FOURMY - M. LEROY, B 9 (1934) 113, die Zahl 48 für die Einzel. höfe an. 137 V gl. die Schenkung des GEORGIOS MELISSENOS an Lembos MM IV 266/7. 138 Kant. H, 32: I, 497.

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22 JOANNES KANTAKUZENOS ALB ADELIGER

hältnisse dürften sich in dieser Beziehung im Laufe der Jahrhunderte kaum gewandelt haben. Auf diesen Böden werden z. B. in der Eparchie Drama auf 1493,3 qkm Weidefläche (mehr als 38 km im Quadrat) 82558 Schafe und 82210 Ziegen gehalten, in der Eparchie Serrai auf 423,7 qkm Weidefläche (über 21 km im. Quadrat) 56706 Schafe und 28267 Ziegen 139. Diese Vergleichszahlen zeigen, daß die scheinbar große Zahl von 70000 Schafen in diesen Gebieten durchaus. möglich ist. Für die Schweinezucht lassen die modernen Verhältnisse keine Rück­schlüsse auf das 14. Jh. zu, da die Schweinezucht seit der Türkenherrschaft in Griechenland stark zurückgegangen ist. Leider sind auch die modernen Zahlen­angaben über die Großviehhaltung fast nicht als Vergleichsmaterial verwertbar und zwar aus folgendem Grund: Im modernen Griechenland wird das Großvieh nicht auf der Weide, sondern in Ställen gehalten und mit Abfallprodukten (Baum­wollabfälle !) und auf meliorisierten Böden erzeugtem Futter ernährt. Die oft sehr hohen neuzeitlichen Zahlen für Großvieh auf geringer Ackerfläche stehen also mit der im 20. Jh. stark voranschreitenden Meliorisierung des Bodens (Dün­gung, Ent- und Bewässerung), der Intensivierung des Anbaus und der Verbesse­rung der Fütterungsmethoden im Zusammenhang. So lassen sich auch keine Größenrelationen zwischen Großviehhaltung und Größe des Weidelandes an­geben, wie dies bei anders liegenden Agrarverhältnissen Bayerns zum Beispiel durchaus möglich ist. Auch das errechnete mittelalterliche "Mustergut" im mecklenburgischen Raum ist nicht als Vergleich heranzuziehen 140.

Ich sehe also keine Möglichkeit, aus dem Vieh besitz des J OANNES KANTAKUZENOS

wenigstens annähernd die absolute Größe seines Besitzes flächenmäßig zu errech­nen, höchstens aus der Zahl der 1000 CeVY'YI im Besitz des Adeligen. Legt man wieder die Verhältnisse des Theotokosklosters zugrunde, dann würden diesen 1000 Gespannen 100 qkm entsprechen, weniger als einem Zehntel der heutigen Eparchie Serrai, ein Ergebnis, das durchaus im Bereich des Möglichen liegt.

1811 Die Zahlen vom Jahre 1961 in: Economic and Social Atlas of Greece, Athen 1964, vor allem die Karten 319-323. UD W. ABEL Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jh., Stuttgart 1962, 98.

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ll. Die Gefolgschaft des Joannes Kantakuzenos unter den Kaisern Andronikos ll. und ill.

Im vorangehenden ::paragraphen wurde im Zusammenhang mit der Besprechung der Hausmacht des Adeligen die Gefolgschaft vorläufig als "der J OANNES KANTA­KUZENOS ergebene Anhang von Verwandten, Freunden und Dienern" bestimmt. Im XII. Kapitel wird diese Definition weiter untersucht werden. Die Problematik dieses Begriffs, die Struktur dieser Personengruppe ist erst dann näher faßbar, wenn die geschichtliche Entwicklung dieser Gefolgschaft und der gleichzeitigen politischen Zusammenschlüsse dargestellt wird. Dabei ist es unvermeidlich, daß die Geschichte der Bürgerkriege und der außenpolitischen Beziehungen zum Teil ziemlich ausführlich besprochen werden, obwohl eine derartige Darstellung nicht im Sinne dieser Arbeit liegt. JOANNES KANTAKuzENos gehörte in jungen Jahren zum Kreise MICHAELS IX., dem Sohn und Mitkaiser des Kaisers ANDRONIKOS 11. Er war Jugendfreund des Sohnes des Mitkaisers MICHAELS IX., des späteren Kaisers ANDRONIKOS 111 141•

Wir erfahren, daß sich während des Aufenthaltes des J OANNES KANTAKUZENOS am Hofe MICHAELS IX. eine lC1XV(!a qJtAta mit dem jungen THEODOROS SYNADENOS entwickelt hatte 142. Dieser Aufenthalt war offensichtlich von langer Dauer. Adrian­opel war neben Thessalonike der Wohnsitz MICHAELS IX. Dort saßen viele obu:iol uat cptAot MICHAELS IX. 143

J OANNES KANTAKUZENOS geriet durch diese Verbindung mit dem byzantinischen Mitkaiser früh in die Spannungen und Streitigkeiten des Palaiologenhauses. MICHAEL IX., ein tapferer Krieger, der mit seinem Vater immer wieder in Zwie­spalt geriet über Fragen der Strategie 144, paßt im Wesen viel besser zu dem jungen, kriegerischen Adeligen J OANNES KANTAKUZENOS als der zögernde, fried­liebende Kaiser ANDRONIKOS 11. Aus diesen Bindungen ergab sich folgerichtig, daß der junge Adelige die Partei desANDRoNIKOS 111. ergriff, als nach dem Tod MICHAELS IX. im Oktober 1320 der Kampf um die Thronnachfolge ausbrach. Die Vorgänge zu Beginn dieses Kampfes geben wichtige Aufschlüsse über das byzantinische Gefolgschaftswesen. Die Erhebung des ANDRONIKOS 111. gegen seinen Großvater wurde wesentlich ermöglicht durch die heimliche Hinwendung des SYRGIANNES an den Thron­anwärter. Das Bild, das uns die Überlieferung bewahrt, macht uns diese Persön­lichkeit nicht sehr anziehend. Er war ein Sohn des Großdomestikos Sire JEAN LUSIGNAN 146 und mütterlicherseits sowohl mit dem Kaiserhaus wie mit den

141 Z. B. Kant. I, 2: I, 19, 13f. 1411 Kant. I, 8: 1,38, 8; Nik. Greg. VIII, 4: 301, 15-21. 148 Kant. I, 4: I, 23, 25 und 24, 1 f. lU Vgl. Reg. 2618 und 2619; 2278. 146 BINON Prostagma 138ff. (grundlegend); R. GUILLAND Fonctions et digniMs des eunuques, REB 3 (1945) 197-200 = Recherches I, 247-249. OSTROGORSKY History of the Byzantine State, Oxford 1956, 445 A. 1 (nicht mehr deutsche Ausgabe) bestreitet die Ansicht von BIN ON , SYRGIANNEB sei mongolischer Herkunft.

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24 DIE GEFOLGSCHAFT UNTER ANDRONIKOS H. UND IH.

Kantakuzenen verwandt und besaß in dem Großstratopedarchen ANGELOS den gleichen Erzieher wie JOANNES KANTAKUZENOS. Sein "Adel" ist also durchaus dem des jungen Kantakuzenen ebenbürtig. Bereits im Alter von 25 Jahren hatte er vor 1320 als "Feldherr und Verwalter" (C1rear'l}Yo~ ~al ~LOl~er'l}~) die der serbi­schen Grenze am nächsten gelegene Eparchie inne 146. Er plant eine Ablösung seines Gebietes vom byzantinischen Reich, nachdem andere außenpolitische Pläne fehlgeschlagen waren. Durch List wird der Kaiser ANDRONIKOS Ir. seiner habhaft; SYRGIANNES wird aber bald auf die Bitten seiner Mutter hin wieder freigelassen. Es kennzeichnet das geringe politische Gespür des Kaisers ANDRONI­KOS 11., daß er gerade diesen unsicheren politischen Emporkömmling mit der heimlichen Überwachung des ANDRONIKOS 111. betraut. Der junge Glücksritter wendet sich dem Thronanwärter zu, zu dem er heimlich bei Nacht kommt und ihm seine Dienste mit den formelhaften Schlußworten anbietet: "Ich werde mich bereitwilligst allen Befehlen beugen und willig nicht nur Gut und Vermögen zur Verfügung stellen, sondern sogar mein Leben für deine Ehre dahingeben 147."

J OANNES KANTAKUZENOS überliefert nur das Versprechen des SYRGIANNES und verschweigt, daß der neue Gefolgsmann auch Gegenleistungen gefordert hat. Die Rede, die NIKEPHoRos GREGORAS dem SYRGIANNES in den Mund legt, dürfte auf geringem Nachrichtenmaterial über die streng vertraulichen Verhandlungen beruhen. Ein Kern Wahrheit ist aber möglicherweise doch in den Sätzen ent­halten, daß SYRGIANNES glänzende Würden (a~lwflarw'll Äaflne67:'l}re~) und viele, ertragreiche Ländereien ( xweta noÄÄa ~al noÄÄ~'II r~'II enereLO'II naeeXeC1()at ~v'IIafle'Va ne6C10~O'll) und die erste BeratersteIle gefordert hat 148. Darnach wurden nach GREGORAS vom Thronanwärter schriftliche Zusicherungen und Eide gegeben. ANDRONIKOS rechnet damit, J OANNES KANTAKUZENOS in die Verbindung -GREGORAS sagt q;areta 149 - einzubeziehen, da dieser einmal dem SYRGIANNES gegenüber "in ganz enger, freundschaftlichen Bindung" ( ol~elw~ ~UI~elral na'llv ~al q;lÄl~W~) steht, mit ANDRONIKOS aber mit den" unzerreißbaren Ketten" der Freund­schaft (q;lÄta) von Jugend auf verbunden ist. SYRGIANNES stellt die Verbindung zu J OANNES KANTAKUZENOS her, der seinerseits verspricht: "Bereitwillig stelle ich den Gefahren um deinetwillen nicht nur Geld und Gut, Diener und Freunde, sondern auch mich selbst zur Verfügung, so daß dir zur Verfügung steht, was du brauchen willst 160." Sinngemäß gleicht diese Formel ganz den Worten des SYR­GIANNES, sie ist aber erweitert um die Erwähnung der "Diener und Freunde". Von einer Verpflichtung auf Gegenleistungen durch ANDRONIKOS ist nichts überliefert. JOANNES KANTAKUZENOS kann seinerseits die Verbindung zu THEODOROS SYNA­DENOS, damals dem enlreono~ von Prilepllil, herstellen im Vertrauen auf die oben erwähnte "starke Freundschaft", die sie vom Aufenthalt am Hofe MrCHAELS IX. her verband. THEODOROS SYNADENOS' Mutter war die Tochter eines Bruders des ersten Palaiologenkaisers 152. J OANNES KANTAKUZENOS rechnet THEODOROS zum

146 Nik. Greg. VIII, 4: 297, 5f. i47 Kant. I, 2: I, 19, 7-10. 148 Nik. Greg. VIII, 4: 300, 12-14. 149 A. a. O. 301, 2l. 160 Kant. I, 7: I, 34, 19-2l. 151 Gute Bemerkungen über seinen Lebenslauf: Kutlumus (LEMERLE) 68/9 zu Nr. 14. 161 P APADOPULOS Palaiologen Nr. 13.

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DIE EIDE IM JAHRE 1320 25

byzantinischen Adel im oben besprochenen Sinn (E~ dm;aTet~ä)'JI uat TO 'Ybo~ neeUpa'/l"~) 163. Einige Mitglieder der Familie sind bereits in der Komnenenzeit bezeugtt64, zu geschichtlicher Bedeutung gelangt das Geschlecht aber erst in der Palaiologenzeit. Wie die Kantakuzenen sind sie eng mit dem Kaiserhaus und anderen Adelsfamilien verwandt und bekleiden wichtige Posten. Der Vater des THEODOROS war ft8'Ya~ (1TeaTOne~aex'YJ~' Ebenso wie die Kantakuzenen besitzen die Synadenoi eine· beachtliche Hausmacht. THEODOROS SYNADENOS besaß in Bizye reiche Besitzungen. Dort saßen seine olue'iot und cpO.Ot, die die Stadt be­herrschten 166. Weiter wissen wir von einem Besitz bei Ezova, der ihm wohl 1328 von ANDRONIKOS II!. als Gegenleistung für getreue Gefolgschaftsdienste gegeben wurde 166. Die Zuweisung einer Wassermühle bei Zichnai durch kaiserliches Chryso­bull 167 läßt darauf schließen, daß THEODOROS in dieser Gegend weitere Besitzun­gen hatte. Seine Tochter vermachte vor 1351 Ländereien in der Gegend von Serrai, in der ja auch die Besitzungen der Kantakuzenen lagen, an das Ivironkloster. Auch ein anderes (?) Mitglied der Familie war in dieser Gegend begütert 168.

Die Verschwörung vom November 1320, die mit Recht als "Triumvirat" be­zeichnet wurde 169, war eine politische Verbindung von mächtigen Adeligen. Die politisch gefährliche Lage zwang aber die Verschwörer, einen Bundesgenossen aufzunehmen, der durchaus nicht zu dieser Schicht zählte: ALEXIOS APOKAUKOS 160.

Er stammt aus den Niederschichten, Bithynien war seine Heimatprovinz, der Geburtsort ist unbekannt 161. Es wäre wichtig, zu erfahren, wann er dem Schwieger­vater des J OANNESKANTAKuzENOS,ANDRONIKosAsAN ,gedienthat( Eftt(1()Ocp6e'YJ(1e'/l ) und in welcher Funktion 162. Zu Beginn des Bürgerkrieges im Herbst 1341 er­innert ApOKAUKOS den Adeligen an seine "alte Dienstbarkeit" (aexala ~ovÄda) 163.

Eine Kombination zweier Berichte des J OANNES KANTAKUZENOS macht wahr­scheinlich, daß APOKAUKOS zuerst als untergeordneter, schlechtbezahlter Beamter bei verschiedenen Steuereinnehmern tätig war. Einen dieser Steuereinnehmer kennen wir mit Namen: MAKRENOS, der wohl nicht mit dem erst 1333 auftreten­den Domestikos KONSTANTINOS MAKRENOS identisch istt64 • Trat APOKAUKOS daraufhin in den Dienst des ANDRONIKOS ASAN noch vor der Zeit, als ANDRONI-

168 Kant. I, 8: I, 37, 15f. 164 SCHLUMBERGER Sigillographie 704/5. Anna Komnena H 2, 1 (LEIB I, 66). 166 Kant. IH, 79: H, 491, 19f. 168 Reg. 2719. 167 Reg. 2804 vgl. 2811. 168 Prodromos (GUILLOU) 35, 19 u. 67; 9, 19; 10, 21. Vgl. Xeropotamu (BoMPAIRE) 99/100. 169 P ARISOT CantacuzEme 40. BoscH Andronikos IH. 16 geht zu wenig auf die innere Struktur des Zusammenschlusses ein. 180 R. GUILLAND Alexios Apokaukos, in: Revue du Lyonnais 1921, 523-541; vgl. ders. Nik. Greg. Correspondance, 299-301; ders., Les chefs de la marine byzantine ... BZ 44 (1951) 232 = Recherches I, 550. 181 Kant. IH, 14: H, 89, 2; Nik. Greg. XH, 2: 577,20. Vgl. Kant. I, 4: I, 25, 4f. 182 Kant. IH, 14: H, 89, 5. 188 Kant. IH, 18: H, 112, 19 f. 184 Zu dem Mitarbeiterstab der Steuereinnehmer: F. DÖLGER Beiträge zur Finanzver­waltung, Darmstadt ll 1960, 77. MAKRENOS wird von J o. Kant. als ein Mann bezeichnet, "der von gewissen Bauern Geld eintrieb": Kant. IH, 46: H, 279, 1 f. Vielleicht ist daraus zu schließen, daß MAKRENOS selbst nur eine untergeordnete Funktion innehatte.

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26 DIE GEFOLGSOHAFT UNTER ANDRONIKOS U. UND ur.

KOS (1316) Gouverneur auf der Peloponnes wurde 165 ? Jedenfalls quittierte er auch diesen Dienst und trat "dann" bei zwei Beamten in Stellung, nach J OANNES KANTAKUZENOS bei dem "Archon" NIKOLAOS und bei STRATEGOS, Domestikos der westlichen Themata. Diese beiden Beamten werden mit dem ~opia7:tuor; TW'V ~VTtuw'V OBflaTw'V STEPHANOS (Georgios?) STRATEGOS und NIKOLAOS THEOLO­GITES gleichzusetzen sein, die 1312 und 1317 auftreten, 1317 ausdrücklich mit der Steuerverwaltung des Themas Boleros, Mosynopolis, Serrai und Strymon betraut 166. Durch das Versprechen, das Doppelte an Steuern als STRATEGOS herauszuschlagen, soll APOKAUKOS den Kaiser ANDRONIKOS 11. bewogen haben, ihm die Verwaltung der Salinen (nur dieser?) zu überlassen. Er bekommt die Stellung eines ~ofleaTtUOr; TW'V ~VTtuw'V OBflaTW'V 167. In solcher Funktion wird er 1320 in das Triumvirat aufgenommen. J OANNES KANTAKUZENOS versucht nun, das Zustandekommen dieser Verbindung so darzustellen, als sei die Initiative zu diesem Schritt allein von APOKAUKOS ausgegangen aus Furcht vor drohender Schuldhaft. APOKAUKOS war cptJ..or; des SYRGIANNES 168, der den Emporkömmling dem JOANNES KANTAKUZENOS empfiehlt. Dieser bringt ihn dem Thronanwärter nah (7r:(!OaOlUBlwaar; Ti(> ßaalABi) 169. Doch diese Darstellung versucht offensichtlich, die Vorgänge zu beschönigen. Das Triumvirat hätte gewiß nicht diesen gefähr­lichen Mitwisser eingeweiht, wenn er nicht dringend benötigt worden wäre. Wozu, das sagen die Worte des SYRGIANNES ganz deutlich, die JOANNES KANTA­KUZENOS ihm in den Mund legt: "Apokaukos ist nicht nur gut zum Eintreiben der Steuern geeignet, sondern ist auch reich an Geldmitteln, womit er sich gerade in Kriegszeiten als nützlich erweisen wird 170." Der adelige Dreierbund brauchte einen finanzkräftigen Bankier und war so gezwungen, den unsympathischen Emporkömmling aufzunehmen. Dies mag auch der Grund gewesen sein, weshalb SYRGIANNES ihn in den Kreis seiner cplAOl aufnahm. Schienen die Mittel des JOAN­NES KANTAKUZENOS und des SYNADENOS für den kommenden Krieg nicht aus­reichend? APOKAUKOS wird Tafllar; TW'V ßaC1lAluw'V X(!'YJflaTw'Vl71. Die Adeligen der politischen Verschwörung suchen den Abstand zu dem sozial tiefer Stehenden zu wahren, indem sie ihn nicht an der ßovAf] teilnehmen lassen 172. Der Neuling muß seine Meinung dem SYRGIANNES mitteilen. Die niedere Herkunft wird von J 0-

ANNES KANTAKUZENOS, aber auch von NIKEPHOROS GREGORAS immer wieder abfällig betont; sie soll den Anstoß des Kaisers ANDRONIKOS 11. beim Zustande­kommen des Vertrages von Rhegion im Juni 1321 erregt haben, als APOKAUKOS als Gesandter auftrat173 •

Beim Zustandekommen des Triumvirats hat die Suche nach Geldquellen die sozialen Vorurteile zurücktreten lassen, die bei diesen Vorgängen als Element des sozialen Denkens in der byzantinischen Gesellschaft klar in Erscheinung treten.

186 Nik. Greg. VIII, 12: 362-363. ZAKYTHINOS Despotat 70-74. 166 Reg. 2338; 2393/4. 167 Nik. Greg. VIII, 4: 301. Br. 190 des MIOHAEL GABRAS ist an 'Up ~ope(]rtucp avaroÄtuwv ()epurwv adressiert. Hier scheint ein Fehler im Lemma vorzuliegen. 188 Kant. I, 9: I, 43, 10; vgl. III, 14: II, 89, 23. 169 Kant. I, 4: I, 25, 7 f. 170 Kant. III, 14: II, 90, 3-5. 171 A. a. O. 90, II f. 1711 Kant. I, 9: I, 43, 9f. 178 Kant. I, 23: I, 116, 20f. Vgl. Reg. 2660 und BOSOR Andronikos III. 24f.

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DIE GEFO~GSCHAFT IM APRIL 1321 27

Die Gefolgschaft des J OANNES KANTAKUZENOS tritt im Rahmen dieser politischen Adelsverschwörung zum ersten Male im April 1321 als geschlossener Personenver­band in Erscheinung. ANDRONIKOS II!. wird von seinem Großvater vor ein Ge­richt weltlicher und geistlicher Würdenträger geforderV74 • Von den Mitgliedern des Triumvirats weilen nur SYNADENOS und J OANNES KANTAKUZENOS in der Hauptstadt. Dieser nimmt unglücklicherweise am Gerichtstag am Leichenbe­gängnis eines Verwandten teil. SYRGIANNES ist in Thrakien, die Rolle des APo­KAUKOS bei diesen Vorgängen ist unbekannt; er war aber eingeweiht. Der Kanta­kuzene, der endlich in der Hauptstadt eintrifft, tadelt SYNADENOS, daß er seine Gefolgschaft und die "Diener" des jungen ANDRONIKOS (mv ßaalAüm; Ol"'STW'V 1} ",at TW'V aw'V Tl'VSC;) aus Furcht heimgeschickt hat 175. Schleunigst soll SYNADENOS möglichst viele seiner eigenen ol",eTal und cplAOl versammeln, J OANNES KANTA­KUZENOS wird seine eigenen Leute und die Leute des Thronfolgers zusammen­bringen. 100 Mann waren in Kürze zur Stelle. JOANNES KANTAKUZENOS konnte ANDRONIKOS melden, daß sich die Zahl auf 300 erhöhen werde 176. Nimmt man an, daß der Anteil der drei Personengruppen an der Gesamtzahl dieses politischen Stoßtrupps ungefähr gleich war, so ergibt sich, daß 1321 in der Hauptstadt rund 100, dem Adeligen J OANNES KANTAKuzENos treu ergebene Männer sich aufhiel­ten, teilweise wohl immer dort seßhaft, die in kürzester Zeit für politische Aktionen einsatzfähig waren. Die große Bedeutung einer numerisch relativ kleinen Gefolg­schaft in der Hauptstadt als ein politischer Stoßtrupp, der durch sein schnelles Auftreten politische Wendungen herbeiführen konnte, ist im April 1321 gut greifbar. Das weitere Schicksal des "Trimp.virats" ist in diesem Rahmen nur soweit zu be­handeln, als der Verlauf Einblicke in politische Gruppenbildungen in Byzanz und in das Gefolgschaftswesen gewährt. SYNADENOS ist ANDRONIKOS 111. bis zum Tod des Kaisers treu geblieben. Er spielte eine wichtige Rolle im Bürgerkrieg 177, nach 1328 ist er bdTeonoc; der Hauptstadt 178, wenig später, wohl nur durch die Kriegsereignisse bedingt, fun­giert er als "Archon" von Mesembria im Kampf gegen IVAN STRATZIMIR179. Wann er die Verwaltung Thessalonikes und der umliegenden Gebiete übertragen erhielt, ist unbekannt, jedenfalls noch unter ANDRONIKOS II!. Bis 1341 sind keine An­zeichen für Machtkämpfe und Streitigkeiten zwischen den beiden Adeligen J OAN­NES KANTAKUZENOS und THEoDoRos SYNADENOS zu erkennen. APOKAUKOS wird nach dem Sieg des Triumvirats weiter mit der Verwaltung der Finanzen betraut,. gegen den Willen des jungen Kaisers, wie der Großdomestikos behauptet. JOANNES KANTAKUZENOS betont ausdrücklich, sich die wichtigeren Entscheidungen vorbehalten zu haben. Es kommt also zu einer Teilung des Fi-

174 BosCH Andronikos III. 17f. 176 Kant. I, 12: I, 59. 176 Kant. I, 13: I, 64, 7. Der Darstellung des NIKEPHOROS GREGORAS (VIII, 6: 312-314) ist anzumerken, daß er keine genaueren Nachrichten der damaligen Vorgänge besitzt. Er spricht von einer Schar von Bewaffneten, die ANDRONIKOS mitbringt und ihm wegen der Aussöhnung mit dem Großvater heftige Vorwürfe macht. 177 BOSCH Andronikos III. 45. Kant. I, 52: I, 259, 20 (als lnlTeono~ von Thrakien); Nik. Greg. VIII, 11: 355. 178 Kant. I1, I: I, 312, 9f. Nik. Greg. IX, 8: 432, 4f. 179 Kant. I1, 26: I, 459. BoscH Andronikos III. 78/9.

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28 DIE GEFOLGSCHAFT UNTER .ANDRONIKOS rr. UND rrI.

nanzressorts, sicher nicht ganz ohne eigennützige Hintergedanken. Wie der adelige Kantakuzene, so stärkt auch ArOKAUKOS seine Hausmacht. Durch Heiraten ge­winnt er Verbindung zu den sozial höher stehenden Familien: In erster Ehe ist er mit einer Tochter eines Dishypatos verheiratet, der zum Klerus der Hagia Sophia gehörte, in zweiter Ehe mit einer Kusine des späteren Großstratopedarchen GEORGIOS CHUMNOS. Er konnte diese Verbindung nur eingehen, als "er bereits be- ' rühmt war und den adeligen Kreisen ebenbürtig" (fj~'Y) J..ap:l'l(!or; Wp "at #~ dna~l­oV/-lspor; n(!Or; rwp svyspsare(!wp )180. Dieser Satz aus der Feder des adeligen Kantakuzenen ist ein weiterer Beleg für das Standes denken des Adels in der byzantinischen Gesellschaft, in der es eine Art von "Ebenbürtigkeit" bereits gab. Die Teilung der Finanzverwaltung konnte nicht verhindern, daß "viele ihm dienten" 181. ArOKAUKOS erregt zwar öfters den Unwillen des Kaisers, aber gerade JOANNES KANTAKUZENOS schützt ihn vor der Gefangennahme und vor der Kon­fiskation seiner Reichtümer. Dies berichtet nicht nur der Kantakuzene selbst, sondern sogar noch ausführlicher NIKEPHOROS GREGORAS 182. Der Großdomestikos hat auch merkwürdigerweise, trotz des Drängens des Kaisers, nicht verhindert, daß APOKAUKOS am Meer vor den Toren der Hauptstadt eine feste Burg errichtete, die das Staunen der Zeitgenossen erregte 183. Sie war auf Belagerung eingerichtet. Hier war der Sitz seiner Gefolgschaft, seiner avyysps'ir; und ol"storarot 184,. Es liefen die wildesten Gerüchte über ArOKAUKOS um. GREGORAS berichtet, ohne Zweifel anzumelden, der Emporkömmling habe "oft" geplant, den Kaiser und JOANNES KANTAKuzENos zu beseitigen 186• Die Erklärung des NIKEPHOROS GRE­GORAS genügt nicht, die Schonung des ALExIOS APOKAUKOS durch den mächtigen Kantakuzenen mit dessen "Milde und Sanftmut" zu entschuldigen. Besaßen der Großdomestikos und der Kaiser nicht mehr genügend Stärke, der Hausmacht des APoKAUKOS entgegenzutreten 1 Es ist nicht ausgeschlossen, daß J OANNES KANTA­KUZENOS den Emporkömmling als künftigen Parteigänger schützte. Er hat ihm noch im Frühjahr 1340 den Oberbefehl der Flotte gegen die Türken verschafft 186 •

Eine befriedigende Aufklärung der letzten Beweggründe der Haltung des Groß- . domestikos wird wohl nie mehr zu erreichen sein. Die dem Kaiser ANDRONIKOS 111. von SYRGIANNES gegebene Versprechung Ende 1320 war schnell vergessen. Er schließt sich wieder dem alten Kaiser an 187. Als beide Kaiser durch den Vertrag von Epibatai Ende Juli 1322 Frieden schließen 188,

wird die Lage des politischen Abenteurers sehr unsicher. Es ging das Gerücht, der junge Kaiser habe von seinem Großvater dauernde Kerkerhaft des SYRGIAN­NES gefordert. Das Gerede, ob wahr oder nicht, kennzeichnet die unsichere Stel­lung des Adeligen. Er bringt wohl bald nach dem Vertrag von Epibatai eine "Ver-,

180 Kant. III, 19: II, 120, 10f. 181 Kant. III, 14: II, 90, 21. 18B Nur ganz kurz, daß er APOKAUKOS vom Zorn des Kaisers bewahrt habe: Kant. IU, 14: II, 90, 23f. Nik. Greg. XII, 9: 603. 188 Nik. Greg. a. a. O. 602. Zu Epibates: S. EYICE Alexis Apocauque et l'eglise de Selymbria, B 34 (1964) 87. 184 Kant. III, 10: II, 71, 3 186 Nik. Greg. XII, 2: 577, 7 f. 188 Reg. 2842. 187 BosOR Andronikos III. 26/7. 188 Reg. 2479.

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, SYRGIANNES 29

schwörung nicht vieler Rhomaier" (av'J)wfloala äfla 'Pwflalw'J) ov nOAAoi~)189zu­sammen, um den alten Kaiser zu ermorden und dadurch offensichtlich ANDRONI­KOS 111. zu Diensten zu sein. Leider wissen wir nichts über die Mitglieder und das Zustandekommen dieser politischen Gruppenbildung. Inwieweit J OANNES KANTA­KUZENOS an der Aussöhnung zwischen ANDRONIKOS 111. und SYRGIANNES wirk­lich mitgewirkt hat, bleibt dahingestellt. Jedenfalls trägt SYRGIANNES als "kaiser­licher Schwager" inl September 1328 und im Oktober 1330 den offiziellen Titel "Ueq.JaA~ TCO'J) uaTa c')Vat'JJ UUaT(!w'J) uat XW(!W'J)" 190 und ist Verwalter von Thessalo­nike 191. Die Witwe MrCHAELS IX., RITA-MARIA-XENE, als Nonne schon im Bürger­krieg nach 1321 in die politischen Wirren hineingezogen, fühlt sich bei der testa­mentarischen Verfügung des schwererkrankten ANDRONIKOS 111. im Jahre 1330 192

übergangen. Sie fürchtet um ihre Sicherheit und läßt Bürger von Thessalonike (GREGORAS sagt übertreibend: "die unter SYRGIANNES stehenden Bürger von Thessalonike") schwören, sie "als Herrin und Gebieterin zu betrachten und für sie bis zum Tod einzutreten 193" • Weitere Bestimmungen sind für die Thronnachfolge getroffen. Sie sammelt also eine Gruppe um sich, um in erster Linie sich selbst zu schützen. NIKEPHoRos GREGORAS, der offensichtlich über diese Vorgänge nur sehr wenig Nachrichten zur Verfügung hat, behauptet, daß SYRGIANNES der Gruppe die Eide abnahm und deshalb später verdächtig wurde 194,. JOANNES KAN­TAKUZENOS schweigt in seinem Geschichtswerk aus guten Gründen über die Rolle der RITA-MARlA-XENE. Auch nach seiner Darstellung begann SYRGIANNES eine eTat(!ela nach dem Bekanntwerden des politischen Testaments des Kaisers ANDRONIKOS 111. zu Beginn des Jahres 1330 zu bilden, und zwar als Schutztruppe und Gegengewicht gegen den Großdomestikos. Sie setzt sich zusammen aus mög­lichst vielen q;lAot und OiUETat 196. Die Gruppenmitglieder sollten enger gebunden werden durch Eide, die sowohl vom Führer wie von den Gliedern gegeben wur­den 196. Als q;lAOt versprachen sie, einander nicht zu verraten und im Falle des Todes des Kaisers die Entscheidungen des SYRGIANNES anzuerkennen. Die Geschichte des Unterganges des SYRGIANNES 197 zeigt, daß sich der Führer selbBt nicht auf seine Gruppe verlassen wollte. Er flieht nicht zurück nach Thessa­lonike. JOANNES KANTAKUZENOS gibt ihn preis, nicht aber denApoKAuKos. Die Gefolgschaft des SYRGIANNES war zu klein und zu wenig gefestigt, um in den poli­tischen Plänen des Großdomestikos zu zählen 198.

189 Kant. I, 35: I, 171, 13f. 190 DÖLGER Schatzkammern Nr. 39 (vgl. Reg. 2720). Reg. 2764, 2766. 191 Dies sagt ausdrücklich nur Nik. Greg. IX, 10: 440, 19: ... elmr.oteiTat (sc. MARIA-RITA) TOV Ev(!yu1.vvrJV eV()v~ Tf}V bUT(!On~V Tij~ eeaaaÄovt'X'YJ~ T'YJvt'XaiiT:a &eCwapi:vov. Unrichtig die Deutung von BosaR Andronikos ill. 92: "Sie (d. h. Rita-Maria­Xene) setzt Syrgiannes als Erben ein und gibt ihm Thessalonike als eigenen Herr­schaftsbereich. " Die Darstellung von BosaR beruht auf einer Fehldeutung der Versuche der Kaiserinwitwe, eine Schutztruppe um sich zu bilden. So ist hier auch nicht von einem dritten Lösungsversuch der Stadt Thessalonike vom Reich die Rede. 192 Reg. 2755. 198 Nik. Greg. IX, 10: 440, 2lf. 184 Nik. Greg. X, 5: 488, 24f. 196 Kant. II, 22: I, 436, 18f. 196 a. a. O. 437, 9f. 439, 20f. 197 BosaR Andronikos II!. 93-96. 108 In diesem hochpolitischen Spiel J o. Kant. deshalb jede Humanität absprechen zu

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30 DIE GEFOLGSCHAFT UNTER ANDRONIKOS II. UND III.

Seit 1321 bis zum Tod des Kaisers ANDRoNIKos 111. im Jahre 1341 tritt die Ge­folgschaft des J OANNES KANTAKUZENOS nicht mehr als geschlossene Personen­gruppe in Erscheinung. Wir dürfen sie als einen Bestandteil des Heeres des ANDRONIKOS im Bürgerkrieg vermuten und unter ihr die q;lAOt suchen, die von der Hauptstadt aus die Absichten des kaiserlichen Großvaters nach Didymotei­chos melden 199• Aber über Vermutungen gehen unsere Kenntnisse nicht hinaus. Dies hat seinen Grund im Charakter der erzählenden Quellen, die meist nur das Außerordentliche, das Neue berichten. Der Großdomestikos konnte in der Zeit bis 1341, in der höchsten Gunst des Kaisers stehend, ungestört und in der Stille seine Gefolgschaft erweitern und festigen. Es fällt auf, daß J OANNES KANTAKuzENos keine verwandtschaftlichen Bindungen zu den Mitgliedern des Triumvirats durch Heirat seiner Kinder angestrebt hat. Von den vor 1341 eingegangenen Ehebindungen waren in der Folgezeit nur die vor 1321 geschlossene Ehe des Kantakuzenen mit IRENE ASAN 200, die Ehe seiner Tochter MAmA mit dem jungen NIKEPHOROS ORSINI 201 und die Verlobung MA­NUELS KANTAKUZENOS mit der Tochter GUYS von Armenien 202 von sichtbarer politischer Bedeutung. Durch IRENE gewinnt J OANNES nicht nur eine tatkräftige Lebensgefährtin auch in den politischen Kämpfen, sondern durch ihre Hilfe auch ihre beiden Brüder als treue Parteigänger nach 1341. Auch NIKEPHOROS ORSINI bleibt dem Adeligen bis 1354 treu. In die Zeit der Regierung des Kaisers ANDRONIKOS III. sind die Bemühungen des JOANNES KANTAKuzENos zu setzen, auf lange Sicht eine ihm ergebene Gefolg­schaft, zugleich eine Elitegruppe mit besonderen Fähigkeiten aufzubauen. Wir besitzen zwei Berichte: Dem Adeligen fiel ein fl8t(2a:XtDf; namens APELMENES, der aus den Niederschichten stammte (B'X flt'X(2oV 'Xat TOV TvX6'PTOf;) , durch seine guten Anlagen auf203 • Der Großdomestikos ließ den Jüngling sorgfältig in Wissenschaft und Kriegswesen er­ziehen. Er rechnet ihn zu den ol'XBTat. In der Gunst des Adeligen gelangt APEL­MENES zu Ansehen und Reichtum. Eine weitere Nachricht über diesen Mann be­sitzen wir, wenn der bei der Flucht der Anhänger des Großdomestikos im Oktober 1341 als Anführer auftretende APELMENES, der damals zu den Vertrautesten des Großdomestikos zählte 204, mit dem geförderten Jüngling gleichzusetzen ist. Die Bemühungen um APELMENES hatten keinen Erfolg: In der großen Krise im Som­mer 1342 fällt er von J OANNES KANTAKuzENos ab. J OANNES wirft ihm vor, die Güte (8vflB'P8ta) seines Herrn durch Treulosigkeit mit Undank vergolten zu haben.

wollen, wie BoscR a. a. O. 185 andeutet, ist sehr bedenklich. Dies rührt an die Grund­satzfrage, ob der Historiker an die politischen Vorgänge überhaupt derartige Maßstäbe anlegen darf. 100 Kant. I, 42: I, 208, 6; vgl. I, 51: I, 255, 4f. I, 24: I, 119, 18 und 122, 18 (über SYRGIANNES). zoo Kant. I, 4: I, 24, 7 spricht schon im Herbst 1321 von seiner Gattin, die er in Kalli­polis zurückläßt. 201 Kant. III, 32: 11, 195,6. Zu seiner Vorgeschichte: OSTROGORSKY Geschichte 418f. 202 MANUEL heiratete ISABELLA nach 1348 trotz der Feindschaft GUYs gegen Jo. Kant.: BINoN Guy 136/7. 203 Kant. III, 40: II, 247, 3f. 204 Kant. III, 22: 11, 138, 8f. Sicher ist dieser AI'ELMENES nicht identisch mit AI'EL­MENES, der von MOMcILo gefangen wird (Kant. III, 70: II, 432, 1).

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KALEKAS· UND APELMENES 31

Viel wichtiger erscheint der Aufstieg des Patriarchen JOANNES XIV. KALEKAS. Auch er entstammt den Niederschichten (s~ Ctaf}flwv) aus der Provinzstadt Apros 206. Wie APOKAUKOS kommt er also aus der Provinz. Sein Talent fällt JOANNES KANTAKUZENOS auf und er gliedert ihn seinen olxeiol ein (evsyempe Toi~ olxelol~). Er wird eine Art Hauskaplan des Großdomestikos, findet dann im Palastklerus Aufnahme und die Klugheit des J OANNES KANTAKUZENOS weiß schließlich alle kanoIDschen Hindernisse aus dem Wege zu räumen und ihn auf den Patriarchenstuhl zu bringen (1334). Die Bemühungen, an höchster kirchlicher Stelle sich einen Gefolgsmann zu sichern, waren auch in diesem Fall ohne Erfolg: Der Patriarch wird ein Hauptgegner des Adeligen nach dem Tod des Kaisers ANDRoNIKos 111.

105 Kaut. II, 21: I, 432, 3. Vgl. J. GOUILLARD Art. CaIecas (Jean XIV) DHGE XI Sp. 378-380 (1949).

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ID. Die Gefolgschaft im Bürgerkrieg in den Jahren 1341-1347

Die den Bürgerkrieg vorbereitende Periode, vom Tod des Kaisers ANDRONIKOS III. am 15.6.1341 bis zum Auszug der Gefolgschaft des JOANNES KANTAKuzENos am 16. Oktober dauernd, begann mit einer politischen Demonstration: 500 Mann, "Kaiserliche" (ßaatAluol) und OlUelOl des Großdomestikos, hielten neun Tage lang nach dem frühen Tod des Kaisers den Palast besetzt. Leider wissen wir den Anteil nicht, den die Gruppe des Kantakuzenen an dieser, im Vergleich zur Stärke des politischen Stoßtrupps im Jahre 1321 sehr starken Mannschaft ausmachte 206 •

Diese "Kaiserlichen" waren Angehörige der Armee, die ANDRONIKOS 111. beson­ders treu ergeben waren 207, die erwähnten OlUelOl waren treue olub:al des Großdomestikos 208. Dieser zeigte so unmißverständlich, daß er durch seine Ge­folgschaft die Macht des Staates in den Händen hatte, daß er das Heer als sein eigenes Machtinstrument benutzte. Er beschreibt seine Gefolgschaft in der Haupt­stadt durch eine fingierte Rede des JOANNES K.ALEKAs: Es sind die "Freunde" (cplAOl) und eine "große Dienerschaft" (noAA~ ()eeanela) 209. Zu diesem festen Bestand werden die Mitglieder der sozial gehobenen Schichten (evyeyeaUeOl) durch "Geschenke und Wohltaten" (~weeal und eveeyealal) und das Heer durch Geldspenden hinzugewonnen. Gerade diese "Unentschiedenen" galt es in der Vorphase des Bürgerkrieges zur Parteinahme zu bewegen. Diese Gruppe, vor allem die Gouverneure der Provinz, bringen sich selbst in Erinnerung und verlangen vom Großdomestikos Mitsprache­recht bei künftigen Entscheidungen. Eine endgültige Parteinahme ist dadurch noch nicht ausgesprochen 210. Einzelne Vornehme begnügten sich damit, dem Großdomestikos gegenüber ihre Abneigung offen zu zeigen, wie z. B. GEORGIOS ÜHUMNOS, der leider erst im Jahre 1341 ins Licht der Geschichte tritt 211. Politisches Gewicht gewannen erst die Aktionen des ALEXIOS APOKAUKOS und des Patriarchen JOANNES KALEKAs. Die irateela avyuA'Yj7:tu(iw, die der Patriarch um sich sam­melt, war nicht fähig, machtvoll gegen den Großdomestikos aufzutreten (vgl. Kap. IX). APOKAUKOS versucht zuerst mit einem Handstreich, die Lage für sich zu klären und das Kind J OANNES, den Sohn des verstorbenen Kaisers, als Faust­pfand auf seiner Zwingburg Epibates zu internieren 212. Einer der Mitwisser verrät den Plan, der dadurch mißlingt. Es wäre wichtig, zu wissen, ob die "Mittäter" (avyeauevau6re~) an diesem Plan nur die avyyeye;;~ und oluel6rarol des

1106 Kant. III, 1: II, 14, 10f. Nik. Greg. XII, 2: 576/7 spricht nur davon, daß Jo. Kant. eine ~oevrpoela aufgestellt hat, um den Palast nach allen Seiten hin zu schützen. 1107 Kant. II, 40: 1,560, 9f.: ... of)~ /-U1.Atara fjOet eVvovardrov~ np paatAei, ~al rwv ol~e.wv rov~ :nta.o.d.ov~ .wv Mlwv ... 208 Vgl. die beiden Nachrichten des Jo. Kant. in A. 206 u. 207. 1109 Kant. III, 21: 11, 132, 10f. 1110 Kant. III, 11: II, 77/8. Von der Gesandtschaft der Provinzkommandeure nehmen nur J OANNES ANGELOS und ALEXIOS TZAMrLAKON dauernd im Bürgerkrieg für J o. Kant. Partei. 1111 Kant. III, 2: II, 20f. VERPEAUX Notes 261 Nr. 18. 1112 Karrt.III, 10: II, 71.

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GRUPPENBILDUNG UM APOKAUKOS 33

APOKAUKOS waren, die auf der Zwingburg saßen 1113. Wahrscheinlich ist, daß APo­KAUKOS diesen raschen Handstreich mit seiner engeren Gefolgschaft durchzu­führen suchte und damals die "Unentschiedenen" noch nicht heranzog. Die starke Position des politischen Emporkömmlings, der in seinen Burgen eine gesicherte Ausgangsbasis besaß, wird· dadurch deutlich, daß der Großdomestikos gegen ihn nichts Entscheidendes unternehmen kann. Erst nach dem Fehlschlag des Hand­streichs beginnt APOKAUKOS, systematisch die "Unentschiedenen" für sich zu ge­winnen. Die Vorgänge haben große Ähnlichkeit mit der im vorigen Abschnitt be­schriebenen Entstehung des Adelstriumvirats im November 1320. Das Gefolge der Kaiserinwitwe ANNA, vor allem der Sohn der Hofdame ISABELLA, wird beigezogen, die OLx,BilfJat der Kaiserin werden für Spionagedienst besto­chen 2u. Der Großdrungar JOANNES GABALAS, der - aus einer sozial gehobenen Familie stammend - 1341 zum ersten Mal wie GEORGIOS CHUMNOS in Erscheinung tritt, soll aus Furcht vor dem Zorn des Großdomestikos wegen angeblichen Ver­rats von APOKAUKOS für seine Partei gewonnen worden sein, also aus persönlichen Gründen. GABALAS wurde bis zum Auszug der Anhänger des Großdomestikos im Oktober 1341 zu den qJO.Ol des Adeligen gerechnet 216. APOKAUKOS bindet ihn an sich, indem er ihm seine Tochter eidlich als Gattin verspricht 216 • Auch der oben erwähnte GEORGIOS CHUMNOS, mit APOKAUKOS verschwägert, soll sich ebenfalls aus Furcht vor der Rache des Kantakuzenen seinem Verwandten angeschlossen haben 217. Haben beide Männer nur aus persönlichen Gründen sich der Gruppe ge­gen den Großdomestikos angeschlossen 1 Beide werden durch ihre Friedensbe­mühungen im Verlaufe des Bürgerkrieges dem Megas Dux verdächtig und kaltge­stellt. Es ist wahrscheinlich, daß sie sich 1341 aus echtem Patriotismus und An­hänglichkeit an das Palaiologengeschlecht der Gruppe des APOKAUKOS anschlos­sen 218.

Der Versuch des APOKAUKOS, die drei Brüder ASAN, KONSTANTIN, ISAAK und ANDRONIKOS für sich zu gewinnen, war für die Geschichte des Bürgerkrieges sehr folgenreich. APOKAUKOS trägt den sozial höher stehenden Brüdern seine uneinge­schränkte Gefolgschaft an, wie SYRGIANNES und JOANNES KANTAKUZENOS gegen­über dem jungen ANDRONIKOS im Jahre 1320. APOKAUKOS soll eidlich versprochen haben, "sich bereitwilligst in den Kämpfen zu zeigen, Geldmittel, Waffen und

213 Kant. UI, 15: U, 95, 11 vgl. mit Kant. IU, 10: U, 71, 3. ApOKAUKOS hatte eine weitere Zwingburg im Manganaviertel: Kant. IU, 80: U, 495, 21 f. 214 Kant. IU, 19: U, 124/5; IU, 34: U, 208, 12f. GAY Clement 46. 1116 Kant. IU, 22: II, 138, 21. 218 Kant. IU, 19: II, 119/20. Häufige Erwähnung der GABALAS, einer Gouverneur­familie auf Rhodos im 13. Jh.: AHRWEILER Smyrne 169. SOHLUMBERGER Sigillo­graphie 664/5: ein EusTATHIos GABALAS als lla-,;(}l'Xto~ (12.-13. s.). Die von R.-J. LOENERTZ vorgeschlagene Gleichsetzung des J OANNES GABALAS mit dem in 4 Athos­urkunden belegten JOANNES RAUL scheint gesichert: OCP 23 (1957) 128/9. Vgl. ders., Le Chancelier imp. a Byzance au XIVe et au XIUe siecle, OCP 26 (1960) 284. R. GUILLAND Le drongaire ... BZ 43 (1950) 355 = Recherches I, 579. lI17 Kant. IU, 19: U, 120-3. 218 Zum Schicksal des GEORGIOS CHUMNOS: Kant. IU, 55: U, 336. Vielleicht ist er identisch mit dem im Antipalamitenverzeichnis auftretenden GERA8IMOS CHUMNOS (Nr. 31; Nr. 32: KASIANOS Chumnos sein Sohn 1). Zum Schicksal des JOANNES GABA­LAS: Kant. IU, 72/3: H, 437-444; IU, 80: U, 493-498.

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34 DIE GEFOLGSCHAFT 1341-1347

Diener (olueTal) beizusteuern und nach der Vernichtung jenes Mannes alle eure Befehle auszuführen und das gesamte Leben im Gehorsamsverhältnis (sv (m;'YJu6ov floleq.) zu bleiben und sich keiner Nachlässigkeit gegen euch zuschulden kommen zu lassen 219." Bei ANDRONIKOS ASAN kam hinzu, daß Apokaukos vor Jahren in einem Dienstverhältnis zu ihm stand (vgl. Kap. 11 u. V). An dieses wird erinnert; es wird durch Eid bekräftigt und erneuert: "Er bekräftigte durch Eide, daß er nun aufs bereitwilligste mitkämpfen werde und, wenn Andronikos zur Herrschaft ge­langt sei, im Stand des Dieners bleiben werde (lv vTC'YJeb:ov TeAeeJel flolf2q.) 220. "

Für das Denken des byzantinischen Adels sind die Worte aufschlußreich, die der Adelige J OANNES KANTAKUZENOS dem APOK.AUKOS in den Mund legt, um die Brüder zu gewinnen: Auf den Adelsstolz des ANDRONIKOS ASAN wird angespielt. Nicht nur durch die Kriegskunst, auch durch die "Herrlichkeit seines Geschlech­tes" sei er der geeignete Mann, die Regierung zu übernehmen 221. Der Geschichts­schreiber J OANNES KANTAKUZENOS weiß: Die Herrschaftsgelüste des byzantini­schen Adeligen waren ein mächtiger Beweggrund im Denken und Handeln. Dazu kam die Furcht, durch einen anderen Adeligen die Freiheit (SASVOSela) zu ver­lieren und in Knechtschaft (fJOvAela) zu fallen. Auch daran soll APOKAUKOS die Brüder ASAN erinnert haben 222.

Das Verhältnis des J OANNES KANTAKUZENOS zu seinen Verwandten war schwierig. Die Brüder seiner Gemahlin, die an einer Verschwörung gegen den Kaiser ANDRo­NIKOS 111. beteiligt waren und seit 1335 als gefährliche Gegner im Gefängnis saßen 223, konnte er aus Rücksicht auf die Palaiologenpartei nicht freilassen. Dies erbitterte wiederum seinen Schwiegervater, der zur Gegenpartei übergeht. Erst nach dem offenen Ausbruch des Bürgerkrieges kann der Kantakuzene die beiden Brüder seiner Gemahlin, MANUEL und J OANNES, befreien. Sie werden im Bürger­krieg seine getreuesten Anhänger 224. Nach 1341 wird der Vater von seinen Söhnen bekämpft, der Schwiegervater tritt gegen den Schwiegersohn an. Verwandtschaft­liche Bindungen treten in den Hintergrund, wenn es gilt, eigene politische Ziele zu verfolgen.

1119 Kant. III, 19: II, 118, 14-19. 220 a. a. O. 116, 12-14. 221 Kant. In, 18: H, 115, 17f. 1122 Ka,nt. IH, 18: H, 115, 8 und IH, 19: H, 117, 12. 1128 BOSCH Andronikos III. übergeht die Rolle der beiden Brüder bei einer der vielen Revolten, die gegen ANDRONIKOS IH. ausbrechen. Auch der Despot DEMETRIOS war daran beteiligt: Nik. Greg. XI, 3: 530-534. J o. Kant. schweigt aus verständlichen Gründen. 1124 Kant. III, 26: H, 161, 18f. So gleicht das politische Schicksal des Schwiegervaters des J o. Kant. einer Odyssee: Als Anhänger des ANnRONIKOS H. wurde er wohl im Zuge der Versöhnung zwischen ANDRONIKOS H. u. UI. seines Amtes als Statthalter auf der Peloponnes 1321 entsetzt (Nik. Greg. VIII, 12: 362-3; Aragon. Version der Chronik von Morea ed. MOREL-FATIO, Genf 1885, §§ 641-654; franz. Version ed. LONGNON, Paris 1911, V. 404--405; ZAKYTHINOS Despotat 70-74). Dann verrät er SYRGIANNES. Seine weitere Rolle im Bürgerkrieg ist undurchsichtig (er ist nicht zu verwechseln mit seinem Bruder MICHAEL, dem eifrigen Parteigänger des alten Kai­sers). 1329 bietet er auf Veranlassung des ANDRONIKOS IH. dem Großdomestikos Jo. Kant. den Purpur an (Kant. II, 9: I, 367, 20f.). Er stand in Geldgeschäften mit den Venezianern (Reg. 2787: 1332). 1338 ist er militär. Berater des ANDRONIKOS IH. neben seinem Schwiegersohn (Kant. H, 28: I, 471, 15f.). APOKAUKOS bringt ihn zum

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DIE GEFOLGSCHAFT IM OKTOBER 1341 35

Die politische Gruppe, die APOKAUKOS um sich bildete, war viel weniger gefestigt und einheitlich als das Triumvirat im Jahre 1320. Damals bildeten drei Adelige, mit dem Thronfolger an der Spitze einen Zusammenschluß von Mitgliedern, die -auf sozial gleicher Ebene standen. Nur ALEXIOS APOKAUKOS war ein Außenseiter. 1341 ist das Verhältnis umgekehrt: APOKAUKOS, der Emporkömmling, wird Füh­rer einer Gruppe, deren Glieder sozial viel höher stehen als ihr Führer. So kommt es zu dem merkwürd,igen Umstand, daß der Gründer und politische Führer des Zusammenschlusses dem neuen Mitglied ANDRONIKOS ASAN Unterordnung und "Dienerschaft" schwört. APOKAUKOS war sich seiner Anhänger, die aus einer anderen sozialen Schicht kamen als er selbst, nicht sicher. Immer war zu fürchten, daß diese Adeligen mit dem Gegenkaiser, ihrem Standesgenossen, konspirierten. So wird die adelsfeindliche Haltung des APOKAUKOS, die von 1341 bis 1345 immer mehr zutage tritt, verständlich. Die Gattin M!CHAELS ASAN wandert ins Gefäng­nis 226 • Nach dem 25. März 1342 erleben KONSTANTINOS ASAN und GEORGIOS CHUMNOS das gleiche Schicksal, beide erst vor wenigen Monaten von APOKAUKOS mit Mühe gewonnen 226. J OANNES GABALAS muß ins Kloster gehen, da er sich nicht mehr sicher fühlt. THEoDoRos SYNADENOS, nach seinem Abfall im Sommer 1342 zuerst "unter die ersten CP{}..Ol" des APOKAUKOS eingereiht, wird wenig später zusammen mit seinem Anhang (rote; äll.lI.ole; 0flotwe; cp{}..ote;) unter Hausarrest gestellt 227. Das Verhältnis des Megas Dux ALEXlOS APOKAUKOS zum Patriarchen war ebenfalls nicht ohne Spannungen (vgl. Kap. X), obwohl APOKAUKOS auch hier, wie bei anderen Parteigängern, die Bindungen durch Verwandtschaftspolitik zu festigen suchte 228. APOKAUKOS konnte am besten seine Macht behaupten, indem er sich auf das Volk von Konstantinopel stützte und die Gruppe von 1341 aus­einanderfallen ließ. J OANNES KANTAKuzENos kannte die ihm feindliche Haltung des J OANNES KALE­KAS, die Gesinnung des APOKAUKOS war nicht weniger deutlich. Der Feldzug auf die Peloponnes war erst im Frühjahr 1342 geplant 229. Weshalb überläßt der sonst so schlaue Großdomestikos Ende September 1341 seinem Gegner APOKAUKOS in der Hauptstadt das Feld, ungehindert eine politische Gruppe aufzubauen? Die Auskunft befriedigt nicht, daß er "von den Umständen getrieben wurde, Byzanz zu verlassen" 230. Er wollte in Didymoteichos für den Feldzug nach dem Westen

Abfall von seinem Schwiegersohn, gegen den er zu Felde zieht, wirft ihn aber 1343 ins Gefängnis (Kant. III, 68: II, 421), woraus ihn Jo. Kant. erst 1347 befreit (Kant. III, 100: II, 614). Von diesem Zeitpunkt an bleibt er seinem Schwiegersohn treu, solange wir von ihm wissen. Zu ihm: GUILLAND Nik. Greg. Correspondance 302/3. Philes (MARTINI) 88-90. 226 Kant. III, 50: II, 299. 228 Kant. III, 55: II, 336. Am 25. März 1342 unterzeichnen beide noch den Vertrag mit Venedig (Reg. 2876). 227 Kant. III, 79: II, 491, 24f. 228 Siehe das Versprechen des APOKAUKOS an J OANNES GABALAS. Der Protostrator ANDRONIKOS P ALAIOLOGOS war mit einer Tochter des APOKAUKOS verheiratet: Kant. III, 52: II, 305, 2 u. 3 und III, 55: II, 329, 5. Der Sohn des Patriarchen sollte eine Tochter des APOKAUKOS heiraten: Kant. III, 17: II, 108, 11. Ob dieser Heiratsplan verwirklicht wurde, ist unbekannt. 2lID Kant. IIl, 12: II, 80, 17. lI80 Kant. III, 16: II, 103, 11 f.

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36 DIE GEFOLGSCHAFT 1341-1347

rüsten. In der bedenklichen innenpolitischen Situation des Herbstes 1341 Kon­stantinopel zu verlassen, war ein nicht wieder gutzumachender Fehler des Groß­domestikos. APOKAUXOS schlägt zu: Die Mutter des J OANNES KANTAKUZENOS, THEODORA, und die Gattin seines Sohnes MATTHAIOS werden gefangengenommen und die An­hänger des Großdomestikos mit Hilfe des Volkes so unter Druck gesetzt, daß 42 Mann (nach GREGORAS sind es über 60 Leute) die Stadt verlassen müssen 231.

Diese relativ kleine Gruppe werden wir als die "engere Gefolgschaft" des Adeligen bezeichnen dürfen, die als solche sofort angegriffen wurde 232. Wie der Verlauf des

___ Bürgerkrieges zeigt, blieben noch eine Reihe von cp{Aot, des Großdomestikos in der -Hauptstadt trotz weiterer Verfolgung wirklicher oder vermeintlicher Anhänger 233.

Mit der Sammlung der Flüchtlinge in Didymoteichos und der Krönung des Groß­domestikos zum Kaiseram __ 26. Oktober 1341 beginnt die erste Phase des Bürger­krieges, die mit der Flucht des neuen Kaisers zum Serbenkral im Sommer 1342 endet. In dieser Zeit formieren sich die politischen Gruppen endgültig. Die Zusammensetzung seiner Anhängerschaft zeigt, wie das Kaisertum des Adeli­gen in der byzantinischen Gesellschaft beurteilt wurde. Nur drei Männer sind bei der Krönung ausdrücklich genannt 234: die beiden Brüder der Gemahlin des neuen Kaisers und der :n;ly~ee'V'YJ~ JOANNES ANGELOS. Leider ist die genaue Herkunft dieser für die Erforschung des byzantinischen Gefolgschaftswesens wichtigen Per­sönlichkeit bisher nicht feststell bar 236. Die Angeloi waren bedeutende Grundbe­sitzer in dem strategisch wichtigen Rhodopegebiet 236. J OANNES ANGELOS gehört zu den wenigen Persönlichkeiten, die bereits im Dienst des Kaisers ANDRONIKOS 111. standen und nun an der Seite des JOANNES KANTAKUZENOS anzutreffen sind. Die Gründe dafür lassen sich nur vermuten. Wenn der e:n;lreo:n;o~ des stark befestigten Kastoria 237 mit dem :n;ly~ee'V'YJ~ J OANNES ANGELOS identisch ist, dann wurde er von J OANNES KANTAKuzENos erzogen und in der Kriegskunst unterwiesen. Der Groß­domestikos konnte damals, im Jahre 1328, auf die Unterstützung des e:n;lreo:n;o~ rechnen, obwohl dieser noch zur Gegenpartei gehörte und ein Schwiegersohn des Protovestiars ANDRONIKOS PALAIOLOGOS war. Wirkten diese alten Bindungen 1341 nach~ Wie J OANNES ANGELOS, so stand auch der einflußreiche fliya~ :n;a:n;{a~ ALEXlOS TZAMPLAKON im Dienst des Kaisers ANDRONIKOS 111. 238. Nach 1341 galt er als treuer Anhänger des neuen Kaisers, wurde aber 1342 gefangengenommen. 1349

1181 Kant. III, 22: II, 137-9; Nik. Greg. XII, 11: 608. B811 Kant. nennt sie einmal oi enti'Y/ljelwr; exovur; ii[J p,syaÄcp ljop,SGitui[J, einmal f{JtÄm. 1188 Vor allem Kant. III, 50: II, 298/9; III, 36: II, 219. 1184 Kant. III, 27: II, 167. 118& R. GUILLAND Fonctions et dignites des eunuques, REB 3 (1945) 201 = Recherches I, 249. BINON Prostagma 149f. B88 Kant. I, 54: I, 274, 17 f. 1187 Kant. I, 54: I, 274, 2f. BOSCH Andronikos III. 46. BSB Vgl. A. 606. Zum curriculum vitae: GUILLAND Dignitaires 188/9 = Recherches I, 599. F. DÖLGER, BZ 31 (1931) 450-452 zum Aufsatz von N. BANEBCU Peut-on identifier le ZamblacUB des documents ragusains? Mel. Oh. DIEHL 1 (1930) 31-35. BIN ON Prostagma 383. LEMERLE Sire Guy 283. Praktikon (LEMERLE) 293f. THEo­CHARIDES Tzamplakones, Makedonika 5 (1959) 16lf. unterscheidet ALEXIOS TZAM­PLAKON, Großtsausios, dann Großpapias (1327) mit dem Mönchsnamen Antonios von

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PARTEIG~GER UND GEGNER 37

treffen wir ihn als einen der Kommandanten des wichtigen Didymoteichos 239. 1356 ist er Mönch. In diesem Schicksal sind die Gründe der Parteinahme für JOANNES KANTAKUZENOS noch weniger greifbar als bei JOANNES ANGELOS. Nicht eigentlich als Gefolgsmann des Kaisers ANDRONIKOS II!. ist LEON KALo­THETOS aus der ursprünglich aus Ephesos stammenden und auf Ohios mächtigen Familie der Kalothetoi zu bezeichnen 24o • Sein Vater und der Vater des JOANNES KANTAKUZENOS waren q;[AOt "at ol"siot, ein Verhältnis, das sich auf die Söhne übertrug 241. Durch diese Beziehung tritt er auch in den Kämpfen um Ohios in Verbindung mit dem Kaiser ANDRONIKOS 111. 242 • Im Bürgerkrieg aus Ohios ver­trieben 243, tritt er am Ausgang des Bürgerkrieges in wichtiger Mission für J OANNES KANTAKUZENOS in Erscheinung. Nach 1347 wird er Verwalter von Alt-Phokaia 2u. Damit sind bereits die wichtigsten Persönlichkeiten unter den Anhängern des Palaiologen ANDRONIKOS II!. aufgezählt, die auch dem neuen Kaiser die Treue hielten. Vielleicht ist noch DEMETRIOS TORNIKES 246 und GEORGIOS PHARMAKES 246

zu ihnen zu rechnen. Einige ol"b:at, wie KOMITOPULOS und V ATATZES, gingen zur neuen Partei über, waren aber nicht unverdächtig 247 • Andere " Diener " des Andronikos II!., wie HIERAX, MAGKAPHAS und PARASPONDYLOS, blieben JOANNES KANTAKUZENOS gegenüber feindlich, was nicht ausschloß, daß sie einander ver­rieten 248.

In der Vorbereitung und der ersten Phase des Bürgerkrieges sah es so aus, als ob noch drei weitere unter ANDRONIKOS 111. einflußreiche Männer, GUY DE LUSIGNAN, Verwalter von Serrai und Ohristupolis, MICHAEL MONOMACHOS, hch:eono~ von Thessalien, und THEODOROS SYNADENOS, Archon von Thessalonike, zur neuen Partei übergehen würden. Doch fallen sie alle früher oder später zur Palaiologen­partei ab. Dabei ist zu fragen, ob nur egoistische Gründe sie zu diesem Schritt

ARSENIOS TZAMPLAKON, dessen Sohn, der erst 1333 in Erscheinung trat. ARSENIOS ist der Mönchsname, der Laienname ist unbekannt. In diesem Zusammenhang ist der Dienst bei ANDRONIKOS IH. wichtig. Weitere Einzelheiten lasse ich hier unerörtert. 28D Kant. IV, 32: IH, 237, 10. Reg. 3059 (1356). 240 AHRWEILER Smyrne 146/7. F. DÖLGER Chronologisches und Prosopographisches zur byz. Geschichte des 13. Jh., BZ 27 (1927) 310. Ders., Schatzkammern zu Nr. 94. 1141 Kant. H, 10: I, 371, 15f. 2411 BosOH Andronikos IH. 113-115. P. ARGENTI The occupation of Chios I, Cambridge 1958, 61ff., 123. BosoH nennt ihn im Register JOHANNES KALOTHETOS. 248 Kant. IV. 12: HI, 84, 15f. 1144 Kant IH, 90: H, 553; IV, 44: IH, 320, 24. Dem. Kyd. schreibt an ihn zwei Briefe (Nr. 26/7). Zu dem gespannten Verhältnis zu JOANNES V.: Reg. 3055; 3057. 246 Leider wissen wir nicht, wie sich der Großdrungar DEMETRIOs TORNIKEs, der kurz nach dem Tod des Andronikos IH. für den Großdomestikos eintrat (Kant. IH, 2: H, 21) weiter verhielt. Er tritt 1332 als eeio~ des ANnRONIKOS IH. (Reg. 2787) und 1324 (Reg. 2515) als dVB1pL6~ des ANDRONIKOS H. in Erscheinung (vgl. P APADOPULOS Palaio­logen Nr. 3). 1558 unterschreibt er in einer Schenkung seiner Gemahlin Anua: Panto­krator Nr. 3. 248 Ihm werden 1342 als treuen Anhänger des Kantakuzenen die Güter weggenommen (Reg. 2884). Er tritt schon 1339 in Erscheinung unter ANDRONIKOS IH. (Chilandar 130, 17). Als äv(Jewno~ el&!J~ bei einer Grenzstreitigkeit wird er beigezogen. Wer ist in dieser (unechten?) Urkunde der Aussteller? 1147 Kant. IH, 46: H, 282. 248 Kant. IH, 85: H, 526f.

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38 DIE GEFOLGSCHAFT 1341-1347

veranlaßten oder Treue zu den Palaiologen und Abneigung gegen den adeligen Kantakuzenen. Um alle drei Männer hatte sich der neue Kaiser durch eigene Schreiben bemüht. Den Prinzen von Kleinarmenien hatte der Adelige noch zu Lebzeiten des Kaisers ANDRONIKOS 111. näher an sich binden wollen durch die Verlobung seines Sohnes mit einer Tochter des Prinzen. Doch dieser geht zur Gegenseite über aus Furcht, künftig keine bedeutende Rolle zu spielen, wie J OANNES KANTAKUZENOS ver­mutet 249. THEODOROS SYNADENOS hat noch im Frühjahr 1342 mit dem neuen Kaiser paktiert, in kritischer Lage fällt er zu APOKAUKOS ab 260. MICHAEL MONo­MACHOS nimmt die Apologie des J OANNES KANTAKUZENOS zwar nicht an, zögert aber mit offenen Kampfhandlungen, eine Haltung, die ihm wohl den Verlust einiger Güter eingebracht hat. Die Verstimmung war schnell vergessen: 1343 wird er Archon von Thessalonike 251.

Daß nur wenige Angehörige des Palaiologenhauses zur Partei des neuen Kaisers übergehen, ist verständlich. Zu nennen sind der Hofprimikerios J OANNES P ALAIO­LOGOS, der nur beim Auszug aus Didymoteichos am 5. März 1342 erwähnt wird 262,

und ein nur bei einer Gesandtschaft zum Serbenkral im Dienst des Kantakuzenen auftretender Protosebastos KONSTANTINOS P ALAIOLOGOS 263, der nicht zu ver­wechseln ist mit KONSTANTINOS P ALAIOLOGOS, dem Sohn des MICHAEL KUTRULEs. Von diesem hatte sich JOANNES KANTAKuzENos im März 1342 Dienst und Gefolg­schaft erhofft. Er fällt aber zu GUY DE LUSIGNAN ab 264. Er war später Komman­dant von Serrai 265 und engster cpO.o~ und Vertrauter des APOKAUKOS, dessen Tochter sein Sohn heiratete. Auffallend wenig treten Mitglieder des Kantakuzenenhauses an der Seite des J OANNES VI. in Erscheinung. Einzelne Mitglieder stehen sogar auf der Gegenseite wie MANUEL KANTAKuzENos, der Schwiegervater des GEORGIOS CHUMNOS 266.

Alle sonst für den neuen Kaiser eintretenden wichtigen Persönlichkeiten wie

1149 Kant. UI, 32: U, 192, H. Zum curriculum vitae: LEMERLE Philippes 233. BINON Guy passim. 260 LEMERLE Philippes 196 bezeichnet ihn 1342 bereits als heimlichen Parteigänger des GUY DE LUSIGNAN. 261 Kant. IU, 31: H, 191, 16-18. Reg. 2872 (1342). OSTROGORSKY FeodaliM 122. BOGIATZIDES Chronikon 164. SOLOVJEV Archonten 163f. 262 Kant. IU, 32: U, 195, 12f. Berechtigte Kritik an PAPADOPULOS Palaiologen Nr. 136 bei DÖLGER Reg. 2514. 263 Kant. IU, 42: U, 256, 10f. 2640 Kant. IU, 32: U, 196, 3f. Es gibt keine Beweise, diesen KONSTANTINOS Pa!. mit dem f.dyar; nanlar; KONSTANTINOS Pa!. zu identifizieren, der die Kaiserinmutter nach Konstantinopel holte. BoscH Andronikos IU. 31 A. 8 ohne Kritik an P APADOPULOS Palaiologen Nr. 48. 266 Kant. IH, 55: H, 329, 2f. 266 Kant. IU, 20: Il, 126,15 u. 16. MANUEL ist schlecht in die Genealogie einzuordnen. Der Sebastokrator NlKEPHOROS Kant. (Belar; des MATTHAIOS) tritt erst in Verbindung mit MATTHAIOS in Erscheinung (Kant. IV, 33: IU, 242, 22f. IV, 42: IU, 310, 9). Würde Belar; hier nicht streng "Onkel" bedeuten, so wäre eine Identifizierung mit dem e~a&J..rp6r; des Jo. VI. Kant., namens NIKEPHOROS Kant. möglich (Kant. IU, 22: H, 139, 17). Ist dieser der ungetreue NlKEPHOROS Kant., dessen Güter KYR GEORGIOS bekonunt (Reg. 2884)? So identifiziert F. DÖLGER.

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P ARTEIG;ÄNGER UND GEGNER 39

MANUEL TARCHANEIOTES 257, DEMETRIOS KASANDRENOS258, GEORGIOS PHAKRA­SES 259 und GEORGIOS GLABAS 260 treten erst 1341 oder 1342 ins Licht der Geschichte. Dies besagt freilich nicht, daß sie vielleicht nicht doch schon dem Palaiologen ANDRONIKOS II!. dienten; doch haben sie vor 1341 keine große, erwähnenswerte Bedeutung erlangt. Aus diesem Durchblick über die Anhänger des J OANNES KANTAKUZENOS im Bür­gerkrieg läßt sich der Schluß ziehen, daß das Kaisertum des Adeligen in der byzan­tinischen Gesellschaft gerade bei den einflußreichen Männern auf Ablehnung stieß, die vorher im Dienst der Palaiologen standen. J OANNES KANTAKUZENOS wurde von einem großen Teil der gehobenen Schichten als Usurpator empfunden. Es gibt Ausnahmen wie JOANNES ANGELos. Die übrigen Parteigänger, wie die beiden Brüder ASAN und NIKEPHOROS METocHITES 26\ standen vor 1341 dem Palaiologen­haus bereits feindselig oder wenigstens kühl gegenüber, teilweise sind sie "homines novi". Gerade bei diesen Männern aber ist nur mit Vorsicht ein Urteil zu fällen, da unsere prosopographischen Kenntnisse sehr lückenhaft sind. Der weitere Ver­lauf des Bürgerkrieges ist in diesem Rahmen nur soweit zu schildern, als in den Ereignissen Einzelheiten über das Gefolgschaftswesen und die politischen Gruppen­bildungen sichtbar werden. Die Anhängerschaft des J OANNES KANTAKUZENOS, unter der sich - wie in der ersten Phase des Bürgerkrieges deutlich wird - noch viele unsichere Parteigänger befanden, setzte sich einmal aus 42 (601) aus der Hauptstadt geflohenen Partei­gängern zusammen, der "engeren Gefolgschaft." Sie hatten ihrerseits ihre ge­treueste Dienerschaft mitgebracht. Dieselbe Gruppe tritt beim Auszug aus dem "Hauptquartier" Didymoteichos am 5. März 1342 als "Edle und Blutsverwandte" (TW'V eVye'VW'V uat ua()' alf-la n(]Oa'YjuO'VTW'V) 262 in Erscheinung. Ihre Zahl, die Die­nerschaft mitgerechnet, betrug nach NIKEPHOROS GREGORAS 500 Mann. Jeder

267 Mit Jo. Kant. verwandt. Kant. III, 10: II, 71, 16f. (Sept. 1341: soll APOKAUKOS in Epibatai belagern); Nik. Greg. XII, 16: 627; XIII, 4: 653; Kant. III, 54: II, 322; III, 70: II, 430; IV, 26: III, 196 (1351 Trierarch gegen Genua; ohne Vornamen; Protostrator); IV, 32: III, 237 (wieder ohne Vornamen; Protostrator; Archon von Didymoteichos) . 268 Dieser DEMETRIOS KASANDRENOS ist wohl im Gedicht des Cod. Ambros. 539 info gemeint. Er folgte Jo. Kant. auf die PelopOIUles (beim ersten Aufenthalt?). Er stirbt dort als Mönch DANIEL (S. LAMPROS, NE 4 [1907] 168f.). Kant. III, 16: II, 103; III, 31: II, 192 (von GUY DE LUSIGNAN gefangen). Ein ALEXIOS KASANDRENOS stand mit Dem. Kyd. in Briefwechsel (Br. 49 und 50). Zu den Besitzungen der Familie in Kalamaria : Reg. 3059 (1356). Vgl. auch zur Familie: DÖLGER Schatzkammern Nr. 125 (Bemer­kungen). 269 Nik. Greg. XII, 16: 627; Kant. III, 32: II, 195. Kant. IV, 26: III, 196 (Protostrator gegen Genua 1351). Ein Primikerios PHAKRASES hält 1372 Thessalonike gegen die Türken (Dem. Kyd. Br. 77; DENNIS Manuel 33). Zu MATTHAIOS PHAKRASES, Bischof von Serrai: DENNIS Manuel 75 A. 61. 260 GEORGIOS GLABAS nimmt am Auszug aus Didymoteichos teil (J O. Kant. III, 32: II, 195). Während des Aufenthalts des Jo. Kant. in Serbien war er in Didymoteichos stationiert (Jo. Kant. III, 65: II, 401, 20f.). Jo. Kant.lobt seine Anhänglichkeit. (III, 69: II, 426, 16-18). Er ist nicht zu verwechseln mit dem peyac; OLOlXb:'fJC; GLABAS: LEMERLE Juge 309. 261 Zu ihm: GUILLAND Nik. Greg. Correspondance 358. BoseH Andronikos III. 40. 262 Kant. III, 32: II, 195,23; Nik. Greg. XII, 16: 628, 2f.

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40 DIE GEFOLGSCHAFT 1341-1347

Vornehme der engeren Gefolgschaft des Kantakuzenen hatte demnach die durch­aus glaubwürdige Zahl von ungefähr 10 "Dienern" um sich. Bei der Krönung nennt J OANNES KANTAKUZENOS neben dem Militär auch "Sena­toren" (0;' . .. Tij~ aVYUA~TOV) 263. Gerade unter diesen avyuA'YJTluol befanden sich Abtrünnige, die bereits im Winter 1341/2 in kritischer Lage nach dem vergeb­lichen Versuch, Adrianopel zu erobern, das Lager wechseln 264,. Sind diese Sena­toren unter den 42 Flüchtlingen aus der Hauptstadt zu suchen 1 Kommen sie aus der Provinz 1 Gehören sie nicht zur "engeren", sondern nur zur "politischen" Ge­folgschaft1 Nennt der Kantakuzene seine Anhänger so, um zu betonen, daß auch er von Senat, Volk und Heer zum Kaiser ausgerufen wurde 1 Das Heer selbst mußte in den kommenden kriegerischen Ereignissen den Aus­schlag geben. NIKEPHoRos GREGORAS scheint darüber keine genauen Nachrichten zur Verfügung zu haben. Er spricht von einer gutausgebildeten Elitetruppe von Schwerbewaffneten und 2000 Reitern, alle ihrem Herrn auf Tod und Leben erge­ben, dann noch von einer doppelt so großen Zahl einfacher Soldaten 265. J OANNES KANTAKUZENOS selbst behauptet, 1000 Reiter und 8000 Bogenschützen in Didymo­teichos und Umgebung zurückgelassen zu haben 266. Die Stärke des ausziehenden Heeres ist leider nicht angegeben. Im Heer befanden sich auch lateinische Truppen­kontingente, deren Führer der Kantakuzene vor seiner byzantinischen Gefolg­schaft nicht zurücksetzen durfte: Die vornehmsten lateinischen Söldner ziehen dem neuen Kaiser den linken roten Schuh an 267.

Diese Gefolgschaft und dieses Heeresaufgebot war dem Adeligen nicht nur Stütze und Rückhalt. Er spricht davon, daß er in Didymoteichos am 26. Oktober 1341 von seinen Anhängern zur Annahme der Kaiserwürde gedrängt wurde, und auch später betont er seinen Anhängern gegenüber diesen Umstand. NIKEPHoRos GREGORAS redet von handfesten Drohungen 268. Es dürfte berechtigt sein, an dieser Stelle von einem, ,Diktat der Gefolgschaft" zu reden. Hinzu kommen die materiellen Forderungen, die der Adelige mit Schweigen übergeht. "Mit freigebiger Hand" hat die Gemahlin des JOANNES KANTAKuzENos, IRENE, unter den Exulanten Geld ver­teilt 269. Bei der großen Zahl der Anhänger und Soldaten mußte das bare Geld bald ausgehen und NIKEPHoRos GREGORAS, der hier aus einer Sonderquelle zu schöpfen scheint, sagt, daß der neue Kaiser im Sommer 1342, als vor Thessalonike THEo­DOROS SYNADENOS zu ihm stieß, nur noch Schmuck,aber keine Geldmittel mehr zu bieten hatte 270.

Verständlicherweise rechneten sich die Anhänger die Erfolgsaussichten des neuen Kaisers genau aus. Diese Aussichten wurden von Monat zu Monat schlechter. Nicht nur die Geldmittel fehlten; dazu kam ein strenger Winter, der Mißerfolg bei Adrianopel, die Feindschaft der Städte Thrakiens. Nur Melnik wird durch die cplAOl des JOANNES KANTAKUZENOS übergeben 271.

268 Kant. III, 27: II, 167, 2. 264 Kant. III, 29: II, 180, 10. 1165 Was heißt OL p.e7:'aln:ov~ T:an6p.EVoL Nik. Greg. XII, 12: 614, 20f. ? 266 Kant. III, 32: II, 195/6. 267 Kant. III, 27: II, 166, 7. lI68 Nik. Greg. XII, 11: 610, 17f. 260 Nik. Greg. XII, 16: 625, 20f. 270 Nik. Greg. XIII, 2: 634, 20. m Kant. III, 38: II, 232.

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DIE ZWEITE P;aASE DES BÜRGERKRIEGES 41

Im Winter sind es nur ungenannte "Senatoren" und Soldaten, die am Schwarz­fluß die Partei wechseln 272. Unter ihnen ist der frühere dnoyempsv~ JOANNES V ATATZES, ein Emporkömmling und Glücksritter, den es bei keiner Partei lange hält (siehe Kap. V). Bedenklich wird der Abfall der Gefolgschaft im Sommer 1342 vor Thessalonike: Nicht nur das Heer geht zur Gegenseite über, auch "Edle" (svysvsiC;) kehren dem Kaiser den Rücken, also wohl auch Flüchtlinge, die im Oktober 1341 aus der Hauptstadt geflohen waren, Glieder der engeren Gefolg­schaft. War es ihnen überhaupt möglich, zur Palaiologenpartei überzugehen 1 Hier bleiben manche wichtige Fragen aus Mangel an Nachrichten ungelöst. Auch auf viele seiner obdTat kann sich JOANNES KANTAKUZENOS nicht mehr verlassen. Zu ihnen gehört der oben (Kap. 11) erwähnte APELMENES. Schließlich beläuft sich die Zahl der Soldaten, einschließlich ihrer Führer, die mit dem Kantakuzenen den Weg nach Serbien antreten, auf 2000 Mann 273. Die wichtige Frage bleibt offen, ob dazu schon die Vornehmen mit ihrer Dienerschaft zu zählen sind, die in Didymotei­chos zusammenkamen. Dazu kommt ein weiterer Faktor: In keiner der bisher auf­geführten Zahlen sind die Dienerschaft und die Landarbeiter des Adeligen als eigene Größe genannt. Im Anhang von Kapitel I habe ich versucht, zu zeigen, daß wir auf den Gütern des Aristokraten mit einer Zahl von rund 1900 Landarbeitern rechnen können. Es ist wahrscheinlich, daß sie der Kantakuzene teilweise zum Heeresdienst mit heranzog. Man muß berücksichtigen, daß die Güter des Adeligen im Jahre 1342 von der Gegenseite konfisziert wurden, die Arbeiter also "abkömm­lich" waren. Sie werden einen großen Anteil an dem kleinen nach Serbien ziehenden Heerhaufen gebildet haben. Eine Tatsache steht fest: Die Anhängerschaft des Kaisers war auf ein· Minimum zusammengeschrumpft, als mit dem Auszug nach Serbien die zweite Phase des Bürgerkrieges begann, die mit dem Erscheinen UMURS im Sommer 1343 endet. STEPHAN DusAN hat dem schwachen Gegenkaiser nur deshalb Hilfe gewährt und ihn nicht ausgeliefert, um die Palaiologendynastie weiter zu schwächen 274. Ein Erstarken des früheren Großdomestikos war ihm äußerst unerwünscht. Die letzten Stützpunkte gehen an die Palaiologenpartei verloren: Melnik, Rhen­tina, Polystylos. Die Eroberung von Serrai mißlingt, in Didymoteichos, dem letz­ten festen Sitz der Anhänger des J OANNES KANTAKuzENos, erhebt sich das Volk. APOKAUKOS kann von der See aus schnell operieren und besetzt das wichtige Christupolis. Nur 500 Getreue kann JOANNES KANTAKUZENOS noch zählen 275,

eine Zahl, die merkwürdig der Zahl der Edlen und ihrer Dienerschaft entspricht, die den neuen Kaiser in Didymoteichos im März 1342 umgaben. Weitere Schlüsse will ich nicht ziehen. Zwei Ereignisse haben den früheren Großdomestikos vor dem Untergang gerettet: Die Haltung Thessaliens und das Erscheinen des türkischen Emirs UMUR. Im Herbst 1342 erklären sich die Bewohner von Thessalien - es waren wohl vor allem die ~vvaTot - für den neuen Kaiser und vertreiben den Gouverneur MIOHAEL MONoMAoHos 276. J OANNES KANTAKUZENOS kann seinen getreuen Gefolgsmann

272 Kant. IU, 29: U, 180, 10. m Kant. IU, 41: U, 253, 10. 274 Über die Bemühungen der Palaiologenpartei um den Serbenkral : Reg. 2879; 2880; 2888. 276 Kant. IU, 49: II, 296, 2. 278 Kant. IU, 53: U, 309 f. Die Vertreibung des MICHAEL MONOMAOHOS ist zu erschließen.

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42 DIE GEFOLGSCHAFT 1341-1347

JOANNES ANGELOS in Thessalien einsetzen. Mit diesem Umschwung im Zusammen­hang steht der Übertritt von Mjf-l0~ und aelarol von Berrhoia zum neuen Kaiser im Frühjahr 1343 277 • Die Kräfte des Kantakuzenen waren trotz allem noch schwach. Er muß bei einem Angriff auf Thessalonike vor den Truppen des MI­CHAEL MONOMACHOS und denen des Serbenkrals zurückweichen. Wichtig ist, daß ihm in dieser schwierigen Situation J OANNES ANGELOS mit einem thessalischen Reiterheer Gefolgschaftsdienste leistet 278. So ist der Schluß berechtigt, daß der Adelige, auf seine eigene byzantinische Gefolgschaft allein angewiesen, den Sieg über die Palaiologenpartei nicht errungen hätte, wäre ihm nicht UMUR zu Hilfe gekommen. Hatte dessen Erscheinen im Winter 1342/2 den Kantakuzenosan­hängern in Didymoteichos vor dem bulgarischen Druck schon einige Erleichterung gebracht, so bedeutet das zweite Erscheinen UMURS im Herbst 1343 das Ende der zweiten Phase des Bürgerkrieges und den Beginn des stetigen Siegeszuges des neuen Kaisers 279.

Nicht die Stärke der byzantinischen Gefolgschaft hat dem Kantakuzenen den Sieg gebracht, sondern der rücksichtslose Einsatz türkischer Truppen nicht nur UMURS, sondern später auch UROHANS, in dessen Harem eine Tochter des Kantakuzenen als Gegenleistung gesandt wird. Nicht aus Wohlwollen kommt eine Stadt nach der anderen in die Gewalt des früheren Großdomestikos, sondern die Übermacht zwingt sie zur Übergabe. Zwei Beispiele stehen für viele: Im Winter 1344 zieht J OANNES KANTAKUZENOS vor Bizye und verwüstet die Umgebung. Einer ersten Aufforderung zur Übergabe, in der J OANNES KANTAKUZENOS ausdrücklich auf die Schädigung der Äcker hinweist, kommen die Bewohner nicht nach, beim zweiten drohenden Feldzug beschließt eine Volksversammlung die Übergabe, um weiteres Unheil zu verhüten 280. Das kleine, immerhin mehr als 300 Häuser zählende Land­städtchen Chora weigert dem neuen Kaiser die Übergabe. Ein Erdbeben, das die Mauern zerstört, zwingt die Bewohner, um Gnade zu bitten. Kaum sind die Mauern wieder aufgebaut, so vertreiben die Bewohner die Besatzung. Sie bleiben in Opposition bis nach dem Endsieg des Kaisers 281.

Das Heer des JOANNES KANTAKUZENOS zusammen mit den türkischen Truppen verwüstet ohne Gnade das Umland von Thessalonike und der Hauptstadt 282.

Türken versklaven Angehörige des byzantinischen Reiches. Im Winter 1344 wird der Druck auf Konstantinopel immer größer . Noch vor der Ermordung des Megas Dux im Juli 1345 geben dem Gegenkaiser "viele aus Byzanz Bericht" 283. Die "cptAOl" des JOANNES KANTAKuzENos, von denen wir nur die Glieder der Gruppe um ISIDOR VON MONEMVASIA näher greifen können (siehe Kap. X), sind offen­sichtlich zu schwach, die Stadt in die Hände des neuen Kaisers zu spielen, auch als nach dem Tod des ALEXIOS APOKAUKOS, über den sie genau Bericht geben, Umur vor der Hauptstadt erscheint 284. Noch im Sommer 1346 kann JOANNES

277 Kant. III, 57-58: II, 353-355; Nik. Greg. XIII, 5: 654f. 278 Kant. III, 58: II, 355, 12. 279 Zur Chronologie: P. LEMERLE L'emirat d'Aydin ... , Paris 1957, 144-179. 280 Kant. III, 79: II, 489-49l. 281 Kant. IU, 76: II, 477/8. 282 Kant. III, 64: II, 391; III, 81: II, 50l. 283 Kant. III, 84: II, 518, 15f. 284 Kant. III, 88: II, 545, 22ff.

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UMUR UND DER BEGINN DES SIEGESZUGES 43

KANT.A.KUZENOS, der sich in Selymbria aufhält, "um mit den cplJ...ot in der Haupt­stadt zu verhandeln", keine Erfolge erzielen 286 • Die Lage ändert sich erst, als die Umgebung der Kaiserin ANNA untreu wird. Der genuesische Flottenführer der Kaiserin ANNA, FAZZOLATl, hatte seinen Landsleuten einige Schäden zugefügt, ohne freilich den Kampf um Ohios entscheidend beeinflussen zu können 286. Die Genuesen wollen den gefährlichen Landsmann beseitigen und ANNA gesteht ihm eine Leibwache zu 287. Dadurch verstärkt sie ungewollt die Mannschaft des Ab­trünnigen, der heimlich mit dem in Selymbria stehenden Gegenkaiser konspiriert. Er dürfte auch die anderen Generäle der ANNA, vor allem KINNAMOS, mit dem er verschwägert war, beeinflußt haben. Ihm schloß sich ein oluh:'Yjt; der ANNA, namens TZYR.A.KEs, an 288.

Die Gefolgschaft des Genuesen (NIKEPHoRos GREGORAS spricht unter anderem von den "vertrautesten seiner Verwandten", die mithalfen: TW'V eJVYYB'VW'V TOVt; oluBWTaTOVt;) in einer Stärke von über 100 Mann hat dem Kantakuzenen den Zu­gang zur Hauptstadt erzwungen 289. Wieder wird sichtbar, welche Bedeutung eine kleine entschlossene politische Gruppe haben konnte. Wie ein hochgestellter Byzantiner hatte der Genuese einen Familienclan um sich gesammelt, der ihm in entscheidender Stunde dienen konnte. Nicht nur gegen den Ausländer, der die Hauptstadt dem verhaßten Kaiser in die Hände spielte, richtet sich deshalb die Volkswut im November 1354, sondern auch gegen die Häuser seiner Verwandten 290

(TW'V UaTa ye'Vot; 7C(}oeJ'Yju6'VTW'V). Das Kaisertum des J OANNES KANTAKUZENOS stand, wie sich abschließend auf Grund der Entwicklung seiner Gefolgschaft im Bürgerkrieg feststellen läßt, auf schwacher Grundlage. Weite Kreise des Adels lehnten ihn ab, auf das Heer konnte er sich in kritischen Situationen nicht verlassen, die Anhängerschaft vor allem in den beiden größten Städten des Reiches war durch Verfolgung und Unterdrückung stark geschwächt, in der engsten Gefolgschaft des Adeligen waren Abtrünnige zu finden. Dazu kam der Haß des Volkes. Fremdstämmige "Freunde", Genuesen und vor allem Türken, über deren Reichsfeindlichkeit damals nicht mehr der geringste Zweifel bestehen konnte, haben dem Kantakuzenen das Kaisertum erobert.

285 Kant. III, 97: II, 598, 20; vgl. III, 95: II, 582, 14f. Die "Freunde" warnen J o. Kant. vor einem gewissen MONoMAcHos : Kant. III, 97: II, 598, 9. 286 Kant. III, 95: II, 584. P. ARGENTI The occupation of Chios I, Cambridge 1958 95 f. Zu F AZZOLATI: R. GUILLAND Etudes de titulature et de prosopographie byzantines. Le protostrator, REB 7 (1950) 170 = Recherches I, 486f. 287 Weder Kant. (III, 97: II, 600, H.) noch Nik. Greg. (XV, 7: 767, 8) geben die Stärke dieser bewaffneten Mannschaft an. 288 Er tritt schon zu Beginn des Bürgerkrieges in Erscheinung: Kant. III, 24: II, 144, 2f. IU, 97: II, 598, 2H. 289 Nik. Greg. XV, 8: 774, 8f. 290 Kant. IV, 39: III, 290, 9f.

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IV. Die Gefolgschaft nach 1347

Die Lage vom Mai 1328, als ANDRoNIKos 111. endgültig die Alleinherrschaft an­tritt, wiederholt sich in auffallender Weise im Februar 1347, als JOANNES KANTA­KUZENOS die Hauptstadt in den Händen hat. Die 19 Jahre auseinanderliegenden Bestimmungen über geraubte Güter gleichen sich fast völlig 291. J OANNES KANTA­KUZENOS erläßt ausdrücklich eine Amnestie für die Ereignisse im Bürgerkrieg, eine Maßnahme, die Andronikos unterlassen hat. Aber auch dieser Kaiser hat weitgehend Gnade walten lassen, ausgenommen bei THEODOROS METooHITEs. Beamte des Kaisers ANDRONIKOS 11. nehmen auch unter ANDRONIKOS 111 .

. wichtige Stellungen ein, so der Dikaiophylax GREGORIOS KLEIDAS 292, der im Verlauf des Bürgerkrieges erwähnte Hyparch MICHAEL MONoMAoHos 293, der Großstratopedarch MANUEL TAGARIS 294. Von den Anhängern der Palaiologen­partei stehen nach 1347 nur wenige im Dienst des Kantakuzenen: ANDRONIKOS ASAN, der Schwiegervater des Kaisers, vielleicht der Großoikonomiastes MANuEL KINNAMOS 296, der genuesische Flottenführer F AZZOLATI, dem der Kantakuzene die Einnahme der Hauptstadt zu danken hatte. Der Sakelliu MICHAEL KABASILAS stand im Bürgerkrieg auf der Seite der Palaiologen, 1351 unterschreibt er den Tomos der Synode, 1354 vertraut ihm J OANNES KANTAKUZENOS eine wichtige Gesandtschaft zum Patriarchen KALLrSTOS an 296. Sind die Identifizierungsversu­che von F. DÖLGER richtig, so hat JOANNES V. seinem 1342 auftretenden Beamten JOANNES MARGARITES 1348 Güter zuweisen können 297. In diesem Zusammenhang gehört die Umwandlung eines Rentengutes in erblichen Besitz zu Gunsten von GEORGIOS KATZARAS, einem treuen Anhänger (im Bürgerkrieg?), durch JOANNES V.298. Der junge Palaiologenkaiser hatte also vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Sommer 1352 so viel Bewegungsfreiheit, durch Vergünstigungen seine eigenen Anhänger an sich zu binden und damit seinem Schwiegervater indirekt zu schaden. Viele Namen der Palaiologenpartei treten ab 1347 nicht mehr in Erschei-

291 Reg. 2716 (1328) und 2915/6 (1347). Kant. IH, 100: H, 614,8: näaav dp,vrw-rlav naeexea(}at rwv neneayp,evwv. m Kant. I, 44: I, 215, 20 (als Gesandter des ANDRONIKOS H.) und Reg. 2784 (1332) und 2787 (1332). LEMERLE Juge 302, 308. 298 Nicht JOANNES MONoMAcHos wie BOSCH im Register und S. 134. Er ist Feldherr des alten Kaisers: Kant. I, 52: I, 260, 24 (vgl. Reg. 2695). Als Hyparchos ist er enheonof; von Thessalonike: Kant. H, 28: I, 473, 16. 1333 tritt er als needxovaa -xeq;aJ..-Yj riff; (geaaaJ..{af; in Erscheinung: Reg. 2791. F. DÖLGER Die Mühle von Chantax, in: Byzan­tinische Diplomatik, Ettal 1956, 199f. 294 Kant. I, 18: I, 91 und H, 6: I, 349. 206 Vgl. Reg. 2891 (1343) mit Reg. 2952 (1349). Seine Stellung im Bürgerkrieg: Kant. IH, 36: H, 223, 21; IH, 97: H, 599, 17 f.; HI, 89: H, 549, 17. 298 Kant. IV, 37: IH, 270, 18; vgl. A. 306. 297 Vgl. Reg. 2882 mit Reg. 2938. Die Familie Margarites scheint kantakuzenosfeind­lich gewesen zu sein: GEORGIOS MARGARITES erhält Land von Abtrünnigen (Reg. 2884: 1342). Ebenso JOANNES MARGARITES 1342: Praktikon (LEMERLE) passim. 298 Reg. 2968.

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DER .. ~EICHE" KURS 1347 45

nung 299, SO zum Beispiel ISAAK ASAN, der noch 1346 zu den Generälen der Kaiserin­mutter Anna zählt und den "Säuberungsaktionen" des ALEXIOS APOKAUKOS nicht zum Opfer gefallen war 300. Hat der Kantakuzene die alten Anhänger der Gegenpartei absichtlich ausgeschaltet oder stellten sie sich nicht in seinen Dienst 1 Diese wichtige Frage muß nach dem Stand unserer Kenntnisse offen bleiben. Weshalb ließ der Kantakuzene im Februar 1347 solche Milde walten und erließ eine allgemeine Amnestie 1 Das Volk in der Provinz wie in der Hauptstadt war ihm feindlich gesinnt, die eigene Macht war begrenzt und war nicht im Stande gewesen, allein den Sieg zu erkämpfen, die Reichtümer des Adeligen waren zusammengeschrumpft. Ein "harter Kurs" gegen die besiegte Partei und eine Beseitigung des jungen Palaio­logen hätten die heimliche und offene Gegnerschaft von Senatoren und Volk nur vergrößert. MICHAEL VIII. hatte nach der Beseitigung der letzten Laskariden vor einem Jahrhundert die Opposition nur mit Mühe niederkämpfen können. J OANNES KANTAKUZENOS war dazu zu schwach. So sah er sich in der Zwangslage, durch einen "weichen Kurs" seine eigenen Anhänger vor den Kopf zu stoßen und damit die Grundlagen seiner Position zu untergraben. Es war eine Zumutung, daß JOANNES KANTAKUZENOS von seiner, noch vor den Toren der Hauptstadt stehenden Gefolgschaft Treueide gegenüber dem Palaiolo­gen und seiner Mutter verlangte 301, gegen die sie jahrelang unter großen Opfern gekämpft hatten. Die Mehrzahl verweigerte den Eid. Wie die Opposition in den eigenen Reihen zum Schweigen gebracht wurde, ist nicht überliefert. Später wurde davon gesprochen, sie seien zur Eidesleistung gezwungen worden 302. Die üblichen Rangerhöhungen 303 für treue Anhängerschaft waren ein schwacher Ersatz für die ausgebliebene Rache. Neben den Söhnen des Kaisers selbst werden der junge NIKEPHOROS ORSINI, die beiden Asansöhne JOANNES und MANUEL und NIKE­PHOROS METocillTES mit neuen Würden bedacht. J OANNES ANGELOS ist nicht mehr erwähnt und greift auch nach 1347 nicht mehr in das politische Geschehen ein. Er war wohl damals schon verstorben 304.

Nur wenig ist von "Wohltaten" für treue Anhängerschaft im Jahre 1347 bekannt. Mit DEMETRIOS DUKAs KABAsILAs können wir einen in der Geschichtsschreibung ungenannten Gefolgsmann greifen, der den ganzen Bürgerkrieg hindurch mit seinem Anhang (fip,a naull ual (]vyyevec1l ual TO'i~ olUet07:(fTol~ aVTov) (Z. 18) dem Kantakuzenen die Treue hielt 306, und Gefangenschaft, Verbannung und Vermö­gensentzug auf sich genommen hat. War er schon 1342 bei den 1000 Verbannten aus Thessalonike dabei 1 Mitglieder der Familie Kabasilas finden wir in beiden Lagern im Bürgerkrieg. Der junge NIKoLAos KABASILAS aus Thessalonike hatte für die Sache des J OANNES KANTAKUZENOS im Bürgerkrieg sein Leben aufs Spiel

299 Vgl. die Namen in Reg. 2876 (1342) und Reg. 2891 (1343) mit den nach 1347 auf­tretenden Personen. 300 Kant. III, 89: II, 549, 15f.; III, 97: II, 599, 17f. 301 Kant. IV, 1: III, 9, 23: 7:0V~ avnp O'vv6vm~ Uw BvCav7:tov. 302 Kant. IV, 7: III, 43, 6. 303 Kant. IV, 5: III, 33; III, 90: II, 554, 15 (die "später" erfolgte Erhebung des NlKEPHOROS METocmTE8 zum Großlogotheten). 304 Kant. IV, 20: Irr, 147, 22f. wird er in einer fingierten Rede an den Serbenkral (1349) bereits als verstorben bezeichnet. 306 Reg. 2932/3. Zur Person: THEOCHARIDE8 Kabasilas 14f.

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46 DIE GEFOLGSCHAFT NACH 1347

gesetzt und war später engster Vertrauter des Adeligen, der Sakelliu MICHAEL

KABASILAS stand im Bürgerkrieg auf der Seite der Palaiologen 306.

Die nachgiebige Politik des Kantakuzenen konnte die Senatskreise nicht gewinnen. Leider nicht näher genannte Männer bilden eine b:at(!ela, die sogar über den Kreis der alten Palaiologenanhänger hinausging 307. Sie wollten den jungen Palaiologen nach Galata bringen, offensichtlich um einen neuen Bürgerkrieg zu entfesseln. Der junge J OANNES, der damals zum ersten Male Regungen zum Widerstand gegen den Kantakuzenen zeigte, scheint sich aktiv an der Verschwörung beteiligt zu haben 308. J OANNES KANTAKUZENOS läßt die Verschwörer zum größten Unmut seiner Anhänger straffrei ausgehen. Unter diesen Umständen konnten sich die alten Anhänger des J OANNES KANTA­KUZENOS fragen, ob ein weiteres Zusammengehen mit ihm sinnvoll und gewinn­bringend war. Es gab für sie zwei Möglichkeiten: zum Palaiologen überzugehen oder den Sohn des J OANNES VI. KANTAKUZENOS zu der Politik aufzurufen, die sie beim Vater vermißten. So treffen wir in der Umgebung des jungen Palaiologen Männer, die "beim Kaiser Kantakuzenos viele Wohltaten empfangen haben und besonders treue "Eigenleute" zu sein schienen" (oE nOAA:1]~ eVfle'Vela~ na(!a Ka'V­Ta'KOvC'Yj'Vi[> Ti[> ßaatAe"i Tvyxa'VO'V7:8~ 'Kat 7:lß'V eV'VW'V 'Kat Ol'Kelw'V p,aAU:lTa l50'KOV'VTe~ el'Vat) 309. Auch nach dem Schlichtungsversuch im Frühjahr 1352 310 sind vor allem die Männer der Umgebung des Palaiologen, die "früher die Partei des Kantaku­zenenkaisers ergriffen hatten", die Kriegstreiber 311. Diese Abtrünnigen hielt J OANNES KANTAKUZENOS für besonders gefährlich und verlangte ihre Entfer­nung 312 •

Es ist J OANNES KANTAKUZENOS nicht gelungen, zu verhindern, daß der nunmehr zwanzigjährige Palaiologe eine eigene Gefolgschaft um sich aufbaute. Um ihn dem Kreis der Senatoren in Konstantinopel zu entziehen, hat er ihn im Herbst 1350 nach Thessalonike mitgenommen, nicht wie er selbst angibt, um ihn vor Mordanschlägen der türkischen Bundesgenossen zu schützen 313. Weshalb er ihn dann in der kantakuzenosfeindlichen Stadt mit ANDRoNIKos ASAN zurückläßt, bleibt ein Rätsel. Die Überwachung durch "q;lAot" genügte nichta14• Hier ent­gleitet der junge Kaiser endgültig den Händen des Schwiegervaters. Der neue Bürgerkrieg beginnt. MATTHAIOS KANTAKUZENOS war die andere Hoffnung der Gefolgschaft des J OANNES. Dieser verschweigt in seinem Geschichtswerk, daß einer seiner treuesten Anhänger, JOANNES ASAN, sich MATTHAIOS zuwendet. Der Kern der Rede, die NIKEPHOROS GREGORAS dem JOANNES ASAN in den Mund legt 316, deckt sich mit

306 Kant. III, 73: II, 445, 3 (= Reg. 2901); III, 99: II, 609, 12f. Bereits Reg. 2743 (nach 1329)? vgl. MM I, 323f. 307 Kant. IV, 6: III, 42, 15f.: TWV yae avy'XÄrrr:t'Xwv Tt'ver; €'X TWV :rt(!67:8(!OV :rtoÄep0VvTwv

ßaatÄe'i 'Xal äÄÄovr; Tijr; aVTijr; 'Xe(!apelar; :rt(!oaerat(!taa.pevot. 308 Kant. IV, 7: III, 44, 5-7. 309 Kant. IV, 27: III, 200, 18f. 310 Reg. 2989. 311 Kant. IV, 33: III, 242, 2-4 Ta KavTa'Xovt;'Yjvofi Tofi ßaatÄewr; fI(!WtEvot :rt(!6Te(!oV ••..•• 312 Kant. IV, 34: III, 252. 313 Kant. IV, 17: III, 114. 314 Kant. IV, 27: Irr, 204, 16f. 316 Nik. Greg. XVI, 2: 798-801.

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AUSLÄ;-NDISCHE TRUPPEN 47

den knappen Nachrichten im Geschichtswerk des Kaisers über die Stimmung seiner Gefolgschaft: Sie fürchtet sich vor der Rache der Palaiologenpartei, wenn diese an die Macht kommt. In einem eigenen Herrschaftsgebiet (die Gegend um Didymoteichos und Adrianopel ist in Aussicht genommen) suchen sie für sich, für ihre Verwandten und Freunde Schutz und Sicherheit 316. MATTHAIOS soll an ihrer Spitze stehen. Es sind die gleichen Forderungen, die die Gefolgschaft des Kantakuzenen im Oktober 1341 gestellt hat: Sicherheit durch eine eindeutige Politik. Man wollte wissen, für wen und gegen wen man kämpfte, man erstrebte eine "sichere Hoffnung für die Zukunft" ( 8J..nlfJa Tlya ßeßalay fJeoy n(!of; Ta Il,8AAOYTa na(!eXe(]()at) 317. Schon während des Bürgerkrieges wurde MATTHAIOS von Heer und Senat die Kaiserkrone angeboten 318. In den Augen der Gefolgschaft wäre damals die Lage eindeutig geklärt gewesen: Die Palaiologen werden beseitigt, ihre Partei unterdrückt (dies fürchten die Kantakuzenosanhänger nun für sich selbst), KANTAKUZENOS, Vater und Sohn, werden Kaiser als Anfang einer neuen Dynastie, die Gefolgschaft genießt uneingeschränkt den Sieg. 1347 war dem Kaiser JOANNES KANTAKUZENOS dieser "harte Kurs" unmöglich. Der Vater hat trotz aller Versöhnungsversuche im Grunde die Politik des Sohnes gebilligt, klare Fronten zu schaffen und eine eigene Herrschaft aufzubauen. Er kommt seinem Sohn so rasch wie möglich nach Adrianopel zu Hilfe 319, als der Kampf mit dem Palaiologen beginnt, und setzt der Erhebung seines Sohnes MATTHAIOS zum Kaiser keinen erkennbaren Widerstand entgegen. Auffallend ist, daß diese Erhebung nicht schon zu Beginn des Bürgerkrieges im Sommer 1352, sondern erst nach langen Kämpfen im Frühjahr 1353 stattfindet. J OANNES KANTAKUZENOS gibt in seinem Geschichtswerk selbst zu, daß er seinem Sohn einen Teil des Reiches als unabhängiges Herrschaftsgebiet zugedacht hat, freilich - wie er versichert - ohne Nachfolger 320. Es ist der gleiche Plan, der den Anhängern des MATTHAIOS vorschwebte. In wichtigen Punkten wiederholen sich vom Jahre 1352 an die Ereignisse des ersten Bürgerkrieges: Die Kantakuzenen sind unbeliebt. Vom Volk ist bei der Ausrufung des MATTHAIOS zum Kaiser nicht die Rede 321, das Volk von Adrianopel leistet erbitterten Widerstand gegen MATTHAIOS, die übrigen Städte Thrakiens gehen "bereitwillig" zum Palaiologen über 322. Wie im ersten Bürgerkrieg wird der Kampf ohne jede Rücksicht auf die Bevölkerung und nationale Interessen mit fremden Truppen auf beiden Seiten geführt. Daß diese bei dem Geldmangel in beiden Lagern noch einigermaßen regulär besoldet werden konnten, ist undenk­bar. Die Raubzüge dieser türkischen und serbischen Truppen haben das Letzte geplündert, das der vergangene Bürgerkrieg noch übrig gelassen hatte. Von den Türken wurde die Bevölkerung versklavt. Mit diesen Horden wurde rücksichts­loser Druck ausgeübt. Zu Beginn des Krieges soll J OANNES KANTAKUZENOS der

316 Nik. Greg. a. a. O. 801, 23 spricht ausdrücklich von avyyeveat "al cplJ.,ou;. 317 Kant. IV, 35: IU, 257, 14. 318 Kant. UI, 92: U, 564/5. 319 Kant. IV, 33: IU, 243. 320 Kant. IV, 39: IU, 280, 21 f. 321 Nik. Greg. XXVIU, 43: UI, 204 macht keine näheren Angaben über den Krö­nungsvorgang. Kant. IV, 36: IU, 260, 16f. spricht nur von aVY"ArJu"ol, evyeveareeot, ÖClot TOV aTeauwu"ov "aTaA6yov. 822 Kant. IV, 33: IH, 242, 14.

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48 DIE GEFOLGSCHAFT NACH 1347

Bevölkerung der Hauptstadt gedroht haben, er werde sie dem Wüten seiner türki­schen Verbündeten preisgeben, falls sie die Hauptstadt dem Palaiologen über­geben würden 323.

Überblickt man die Zahlenangaben der auf beiden Seiten kämpfenden Truppen, so wird deutlich, daß der byzantinische Anteil am Heerespotential, geschweige denn die engere Gefolgschaft des Kantakuzenen und des Palaiologen überhaupt nicht ins Gewicht fiel. J OANNES KANTAKUZENOS war mit einem Heer von 600 byzantinischen Soldaten und 1000 Katalanen und Türken seinem Sohn im Sommer 1352 zu Hilfe geeilt 324. Wenige Monate später bittet er seinen Schwiegersohn UROHAN um 20000 Schwerbewaffnete 325. Ist diese Zahlenangabe von NIKEPHoRos GREGOR.AS auch wohl übertrieben, sie zeigt die Stärke der fremden Truppen aufbyzan­tinischem Gebiet. Der Gegenseite schickt der Serbenkral 7000 Reiter 326 • Die Stärke der vom Bulgarenzaren dem Palaiologen gesandten Mannschaft ist unbekannt 327 •

Nicht die Feldschlacht hat den Bürgerkrieg entschieden, sondern die Kühn­heit des jungen Palaiologen und die Abneigung und Feindschaft der haupt­städtischen Bevölkerung gegen die Kantakuzenen. Der erste Versuch des Palaiologen, im März 1353 heimlich in die Hauptstadt zu gelangen und mit Hilfe seiner qytAOl, die das Volk aktivieren sollten, die Macht zu übernehmen, scheiterte am entschlossenen Vorgehen der Kaiserin IRENE. Sie setzte im rechten Moment "die zuverlässigsten Leute unter den Verwandten und Freunden und deren engsten Anhang" (TWY Te O'vyyeYWY ",at qytAWY TOV~ nlO'TOT(lTOV~ ",al TOV~ O'qytO't ftaAlO'Ta neoO'eXOYTa~) ein, die die Stadt bewachen und das Volk einschüchtern sollten 328.

Die Freunde des Palaiologen wagten keinen Widerstand. Die Mannschaft des jungen Kaisers, die er auf einer Triere und 18 Kähnen, Einruderern und Zwei­ruderern mitbrachte, dürfte nicht allzu groß gewesen sein 329 • Wie im Jahre 1321 klärte der rasche Einsatz der Gefolgschaft die Lage. Die Gefolgschaft des Kanta­kuzenen war im März 1353 also noch in der Lage, sich in der Stadt zu behaupten. Warum gelingt dies beim zweiten Erscheinen des Palaiologen im November 1354 vor der Stadt nicht mehr, als er bei Nacht mit zwei Trieren und 16 Einruderern erscheint 330 1 War die Gefolgschaft des Kantakuzenen in den eineinhalb Jahren so zusammengeschmolzen, daß sie keinen Widerstand mehr bieten konnte 1 Die Erklärung für den Erfolg des Palaiologen liegt m. E. an einem anderen Punkt: Es gelang dem Palaiologen vollständig überraschend, mit List bei Nacht in die Stadt zu kommen, nach DuK.AS mit der ansehnlichen Mannschaft von 500 Mann 331.

823 Reg. 2996. 824 Kant. IV, 33: III, 243, 18f. (ohne Zahlenangaben); die Zahlen bei Nik. Greg. XXVIII, 2: III, 177. 826 Reg. 3000. Wohl identisch mit Reg. 2998. 826 Kant. IV, 34: III, 246, 2lf. Vgl. Reg. 2992. 827 Der Zar hatte seine Hilfe zugesichert: vgl. Reg. 2997. 828 Kant. IV, 35: In, 255, 14f. 829 Die Anzahl der Schiffe nur bei Nik. Greg. XXVIII, 18: IIl, 187, 22f. Die Schiffe stammten wohl schon von FRANCESCO GATTILUSro. 830 Wieder hat Nik. Greg. die genaueren Zahlen: XXIX, 27: UI, 241, 20f. Kant. IV, 39: III, 284, 19f. spricht nur von einer Triere und einigen Einruderern. 831 Dukas XI, 4 (ed. V. GRECU, Rumän. Akademie der Wiss. 1958,69, 13). Die hübsche Anekdote, die Dukas wohl aus einer Sonderquelle erzählt, läßt sich mit den Nach­richten bei Jo. Kant. und Nik. Greg. vereinen.

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DIE AlJDANKUNG 1354 49

Nach MATTEO VILLANI hat JOANNES "mit einigen seiner Barone" (con certi de'suoi Baroni) vor der Einnahme der Stadt verhandelt 332• Sie sichern ihm ihren Gehorsam zu. Die Nachricht könnte wahr sein. Dagegen spricht, daß J OANNES durch diese Verhandlungen, mit den "Baroni" (es sind die q;lJ..Ol von 1353) die Aussicht auf den Überraschungserfolg vermindert hätte. Jedenfalls konnte die Gefolgschaft des J OANNES KANTAKUZENOS nicht mehr rechtzeitig eingesetzt werden. Die Indizien sprechen dafür, daß der Kantakuzene nicht sofort aufgab. Er mobili­sierte alle Anhänger (namentlich genannt sind sein Schwiegersohn NIKEPHOROS ORSINI, ANDRoNIKos ASAN und sein Sohn MATTHAIOS), auch die in Thrakien stehenden türkischen Truppen 333. Ob er diesen Schritt nur "seiner Umgebung willen" (rwv (J'vv6v7:wV lvc~a) getan hat, wie er behauptet, also unter Druck, ist zweifelhaft 334. In diesem Zusammenhang erfahren wir, daß nicht nur meist wohl seit dem genuesischen Krieg angeworbene Katalanen die Gefolgschaft des Kanta­kuzenen verstärkten, sondern alterprobte lateinische Söldner, die seit 1342 beim Abzug nach Serbien auf der Seite des Adeligen standen und nun die starke Be­festigung am goldenen Tor bewachten. NIKEPHOROS GREGORAS berichtet, der Kantakuzene habe ,,100 vornehmste Senatoren" (o/' 7:ifc; (J'vy~J..1}7:0V n(2ovxov7:cC;) mehr oder weniger gezwungen im Palast versammelt, um Mitstreiter zu haben 336.

Aus Nahrungsmittelknappheit war JOANNES KANTAKUZENOS nach drei Tagen zum Nachgeben gezwungen. Nach dem Vertragstext vom 24. November 336 war noch keineswegs an einen Rückzug ins Kloster gedacht. Die Kostenfrage der beiden Hofhaltungen wird geregelt. Erst am 10. Dezember zieht sich der Kanta­kuzene zurück 337. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß es dem Kaiser durch den Druck des Volkes und der Palaiologenpartei unmöglich war, eine eigene Hofhal­tung aufzubauen. NIKEPHOROS GREGORAS spricht von Mordandrohungen 338. Der Eintritt ins Manganakloster war ein durch die innenpolitischen Verhältnisse notwendiger Schritt, der J OANNES KANTAKUZENOS für seine Person einigermaßen Sicherheit bot. Wie die Folgezeit zeigt, war für den adeligen Exkaiser das ideelle Motiv der "Weltentsagung" nicht bestimmend 339.

Der Bürgerkrieg zwischen MATTHAIOS und dem Palaiologen ging nach einer kurzen Pause im Winter 1354/5 unvermindert weiter. Wieder soll die Umgebung des Palaiologen zum Krieg geschürt haben 340. Verständlicherweise gehen weitere

382 Villani VIII, 46: Muratori RIS 14 Sp. 268/9. 833 Reg. 3027. 884 Kant. IV, 39: III, 288, 8. 886 Nik. Greg. XXIX, 28: III, 242. 386 Reg. 3032. 887 Kurzchronik ed. LAMPROS, NE 7 (1910) Nr. 64 S. 143. 838 Nik. Greg. XXIX, 30: III, 243. Daß J o. Kant. mit allen Mitteln versuchte, am Ruder zu bleiben, betont mit Recht FRANZES Volksbewegung 143. Man braucht gerade von der Entwicklung der Gefolgschaft her J o. Kant. nicht den Vorwurf zu machen, sein Rückzug ins Kloster sei ein "unbegreiflicher Schritt" gewesen, er habe sich die Ab­dankung "zu schwer und zu leicht" gemacht. PARISOT Cantacuzene 298. Vgl. J. DRÄsEKE, BZ 9 (1900) 75. 889 Gegen F. DÖLGER Kaiser und Mönch auf dem Athos, in: Le Millenaire du Mont Athos I, 1963, 147. 340 Kant. IV, 42: III, 309, 23.

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50 DIE GEFOLGSCHAFT NACH 1347

Anhänger der immer schwächer werdenden Kantakuzenenpartei zum Gegner über; so NIKEPHoRos ORSINI 341 und JO.ANNES As.AN, der von JO.ANNES V. P.AL.AIO­LOGOS als Kommandant von Peritheorion eingesetzt wird 342. Treu bleibt für einige Zeit noch der Despot MANUEL AS.AN, der Bruder des JO.ANNES, als Komman­dant von Bizye. MANUEL bittet im Frühherbst 1355 den Palaiologen - angeblich von Geldnot geplagt - um Verzeihung und um Bestätigung seiner Kommando­steIle in Bizye 343• LEON K.ALOTHETOS, der alte Vertraute des JO.ANNES K.ANT.A­KUZENOS, leistet aus der Ferne seinem alten Freund einen Dienst, indem er bei der Herausgabe des Sohnes des Emirs URCH.AN Schwierigkeiten macht 3u.

Im Sommer 1357 ist "die eigene Macht" des M.ATTH.AIos, also wohl nicht nur die ihm verbliebenen Soldaten, sondern auch ein Teil seiner engeren Gefolgschaft, in der allgemeinen Notlage nicht mehr zuverlässig 345. So beschließt er, nur mit seiner ihn umgebenden Dienerschaft (äp,a obdTat~ TOl~ O'vpovat) auszuziehen. Diese Gruppe der engeren Gefolgschaft erscheint also noch in dieser bedrängten Lage am zuverlässigsten. Über die türkische, immerhin 5000 Mann starke Armee hat er keine Autorität mehr. So endet die so verheißungsvoll begonnene Expedition in das serbische Ge biet mit seiner Gefangennahme durch CES.AR V OJN.A 346.

Der Traum eines langdauernden Kaisertums des Kantakuzenenhauses war aus­geträumt. Nicht war der Einfluß des Adelshauses gebrochen. Wie in den Jahren 1328 und 1347 wird im November 1354 allgemeine Amnestie gewährt; ausdrück­lich wird eine Streichung der Einkünfte und Zurücksetzung im Rang verboten 347.

Ob diese Bestimmung die Furcht derer, die "ihm (d. h. J O.ANNES K.ANT.AKUZENOS) be­sonders treu anhingen" (TWP ~6 ns(!1, aVToP p,aAtO'Ta Ot svpw~ uat ob,elw~ exoPTs~) 348,

nach den Tagen der schweren Verfolgungen wirklich nehmen konnte, bleibt fraglich. JO.ANNES V. hat jedenfalls wie seine Vorgänger einen "weichen Kurs" eingeschlagen. Warum 1 Die Gefolgschaft des Exkaisers hatte im März 1353 be­wiesen, daß sie - richtig eingesetzt - stark genug war, die Hauptstadt zu halten. Kantakuzenenfreundliche Söldnertruppen standen in der Stadt und draußen in der Provinz. Von 1354-1357 war der Sohn des Exkaisers noch im unentschiedenen Krieg mit dem Palaiologen verwickelt. Noch am Ende des Bürgerkrieges 1357 sollen von "vielen" Byzantinern aus der Hauptstadt Briefe an M.ATTH.AIOS ab­gegangen sein, in denen sie ihre Liebe zu ihm bezeugten und seinen Widerstand stärkten 349. Der etwas phantastische Plan des olueT'YJ~ SEJ.AN, M.ATTH.AIOS zu befreien, bezieht auch die "eplAot" der IRENE, nach 1354 der Nonne EUGENI.A, mit

841 A. a. O. 310. 842 A. a. 0.314, 9f. Vgl. Nik. Greg. XIX, 38: III, 249. 848 Nik. Greg. XXXVI, 18: III, 510/1. Es scheint, daß MANUEL das Kommando seines Vaters in Bizye angetreten hat. 1354 wird ANDRONIKOS von Jo. Kant. aus Bizye her­beigerufen; vgl. Reg. 3027 und Kant. IV, 40: III, 293, 25. Im Frühjahr 1355 kommt MATTHAlOS zu MANUEL ASAN nach Bizye: Kaut. IV, 44: III, 320, 1 f. 844 Kant. IV, 44: III, 322; vgl. Reg. 3057. 846 Kant. IV, 44: III, 325, 2f. .,. p~ .~v olxelav bWPEv1]V lXew ~vvaptv lvopd;ev ovx UmpaA8(; ... 846 Zu ihm: Kutlumus (LEMERLE) 112. G. OSTROGORSKY Das serbische Gebiet nach DusANs Tod (serbokr.), Belgrad 1965, 15-17. 847 Reg. 3032. Kant. IV, 40: III, 292, 14f. 848 Kant. IV, 42: III, 307, 13f. 849 Nik. Greg. XXXVII, 66: IU, 565.

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DIE KANTAK'1ZENENPARTEI NACH 1354 51

ein. Daraus ist zu schließen, daß diese in beachtlicher Zahl in der Hauptstadt saßen, der Nonne jederzeit erreichbar. Bis 1383 gelingt es den Palaiologen nicht, die Kantakuzenen aus der Führerstellung auf der Peloponnes zu verdrängen, obwohl der Palaiologe schon 1352 die Söhne des alten Kantakuzenosgegners IsAAK. ASAN nach dem Süden geschickt hatte, um MANUEL KANTAKUZENOS zu verdrängen 360. Alle diese Überlegungen mußten J OANNES V. P AL.AIOLOGOS zu einem "weichen Kurs" gegenüber der unterlegenen Partei im Jahre 1354 drängen. L. MAKSIMOVIC meint 361, daß "John V. was not a kind of person who would insist on Cantacuzenus' complete ejection from public life". Die politische Klugheit, die geschickte Verhandlungskunst, das militärische Können des Exkaisers mögen den jungen Palaiologen wichtig gewesen sein. M. E. geben aber weniger psycholo­gische Erklärungen, für die unsere Quellen eine zu schmale Grundlage bieten, eine Lösung als vielmehr die innenpolitischen Verhältnisse, denen sich J OANNES V. gegenüber sah. In einer großen, von JOANNES V. einberufenen politischen Versammlung gibt der Exkaiser noch vor seinem Eintritt ins Kloster am 10. Dezember sein Votum. Gerade die jüngeren Teilnehmer tadeln die Osmanenpolitik des Kantakuzenen 362.

Unter diesen "Jüngeren", die von JOANNES KANTAKUZENOS als "Unverständige" bezeichnet werden, ist die Opposition zu suchen, die den Exkaiser zum Eintritt ins Kloster veranlaßte. Die Regelung über die Hofhaltungskosten scheint damit hinfällig geworden zu sein. J OANNES KANTAKUZENOS hielt sich schadlos, indem er beim Einzug ins Manganakloster nicht nur das Lebensnotwendige mitnahm, sondern "der ganze gerade in den kaiserlichen Schatzkammern gesammelte Reich­tum, kurzgesagt alles, was nicht niet- und nagelfest war, folgte ihnen; und der Palaiologe ließ es zu aus Scheu vor seinem Schwiegervater 363".

Soweit wir das Itinerar des Exkaisers verfolgen können, wechselt sein Aufenthalt zwischen der Hauptstadt und Mistra. Dort auf der Peloponnes war der letzte Stützpunkt der politischen Macht des Adelshauses. In einem einjährigen Aufent­halt wohl vom Jahr 1360 ab versucht er das Mißtrauen der beiden Brüder MAT­TH.AIOS und MANUEL zu beseitigen 364. Vom Jahre 1369 bis 1371 ist ein zweiter Aufenthalt dort zu erschließen. In seinem letzten Aufenthalt vom Jahre 1381 bis 1383 erlebte er den Niedergang der Herrschaft seiner Familie im Süden Griechen­lands durch Zwistigkeiten zwischen MATTHAIOS KANTAKUZENOS und seinem Sohn, der sich mit lokalen ~v'Va7:ol verbunden hatte, und durch den Druck der Palaio­logen 366. J OANNES KANTAKUZENOS, dessen politische Rolle in Griechenland leider weitgehend im Dunkeln bleibt, konnte diesen Niedergang nicht aufhalten.

850 Kant. IV, 13: III, 89. ZAKYTHINOS Despotat 99 setzt dieses Ereignis erst auf 1355, also in die Zeit des Kampfes zwischen MATTHAIOS und J OANNES. 851 Abdication 189. 852 Kant. IV, 40: III, 295f. Vgl. BECK Volk 70. 858 Nik. Greg. XXIX, 30: IH, 243/4. Das Kloster wurde schon zu seiner Kaiserzeit mit Schenkungen bedacht: Reg. 2963 (1350). 854 MAKSIMOvro Abdication 155/6 mit weiterer Lit. 855 Hauptquelle : MANUEL P ALAIOLOGOS Epitaphios ed. LAMPROS lIaÄawÄ6yeLa xal lIeÄono'V'V'YJataxd III, Athen 1926, 34f. MAKSIMovro Abdication 181-186. DENNIs Manuel 114f. R.-J. LOENERTZ Pour l'histoire du Pelopones au XIVe siecle, REB 1 (1943) 161-166.

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52 DIE GEFOLGSCHAFT NACH 1347

Von DEMETRIOS KYDONES ist der Exkaiser gepriesen, daß er den Sohn "die not­wendigen Maßnahmen durchführen ließ" (ßaO'lAeW~ TOV naTeO~ ela'Y}yovp's'JIOV Ta ~eO'JITa) 368.

Es bestehen Anzeichen, daß JOANNES V. PALAIOLOGOS besonders nach dem Ver­schwinden des MATTHAIOS KANTAKUZENOS als Rivalen versuchte, die alten Kantakuzenosanhänger immer mehr auszuschalten; doch sind unsere prosopo­graphischen Kenntnisse zu gering, um eindeutige Schlüsse zu ziehen. Gerade nach 1358 tauchen viele neue Namen auf, wenn man die Kaiserregesten verfolgt. NIKEPHoRos METocHITEs signiert 1357 zum letzten Mal einen Staats­vertrag 367, DEMETRIOS DUKAS KABASILAS, der oben erwähnte Anhänger des J O.ANNES KANTAKUZENOS, tritt 1369 als ~OVAO~ und ol"eio~ des Palaiologen in der Stellung eines p'sya~ äexw'JI in Thessalonike auf 36S, vielleicht ist MANUEL TARCHANEIOTES, der in derselben Urkunde 1369 ebenfalls als ol"eio~ des Palaio­logen auftritt und der 1378 von ANDRoNIKos IV. Besitzrechte erhält 359 , mit dem Protostrator, einem getreuen Anhänger des Kantakuzenen im Bürgerkrieg, identisch. Es ist möglich, daß der "katholische Richter" MANUEL ANGELOS, der 1352 und 1354 auftritt, nochmals 1369 als Zeuge signierta60 • Die drei letztgenann­ten Männer können als Anzeichen gelten, daß eine Kontinuität im Personenkreis der Regierung des Kantakuzenen und Palaiologen bestand. Das beste Beispiel ist DEMETRIOS KYDONES, der erste Mann im Staat zur Zeit des Kaisertums des J O.ANNES VI. KANTAKUZENOS. Rückblickend erinnert KYDONES 361: "Da es auch dir, mein Kaiser (JO.ANNES V.), richtig erschienen war, dem Urteil des voran­gegangenen Kaisers (JO.ANNES VI. K.ANTAKUZENOS) zu folgen und du darauf ver­trautest, daß meine Meinung dir zur Erledigung der Staatsaufgaben nützen werde - ich weiß nicht, woher du zu dieser Meinung kamst - da beriefst du mich ehren­voll ... " 1355 holt sich ein junger Herrscher den erfahrenen Ratgeber seines Vor­gängers an seine Seite - ein Vorgang, der sich noch oft in der Geschichte wieder­holen sollte. Ein Anhänger des Kantakuzenen war aber der Minister bald nicht mehr. Die palamitische Frage, vor allem die ungerechte Behandlung des Bruders, PROCHOROS KYDONES, die Stellung zur römischen Kirche, bewirkten eine tiefe Trennung. Alte Kantakuzenosanhänger wie PmLOTHEOS KOKKINOS haben die enge Ver­bundenheit zwischen J O.ANNES VI. KANTAKUZENOS und J OANNES V. P ALAIOLOGOS mit hohen Tönen gepriesen 362. Zurückblickend wird man diesen Worten nur halben Glauben schenken können. Gewiß, der Exkaiser gehörte als "ßaO'lAeV~" zu den Honorationen, an die sich die Päpste wandten. Er wird von JOANNES V. zum Wortführer der Diskussion mit dem Legaten P AUL bestimmt. Offiziell spricht JOANNES KANTAKUZENOS noch 1368/9 in einem Brief an den Patriarchen P AUL von, ,seinem Kaisertum" (~ ßaalAela ftOV) 363. Auch den Brief an den Bischof

858 Dem. Kyd. Br. 241, 42f. 867 Reg. 3070. 858 Zographu Nr. 44. 859 Reg. 3158. Zu ihm A. 257. 880 Reg. 2989 (1352); MM I, 345 (wohl 1354); Reg. 3122 (1369). LEMERLE Juge 311 vollzieht diese GleichsetzWlg nicht. 881 Rede an Joannes V. ed. LOENERTZ Dem. Cyd. Correspondance I, 11, 29f. Kap. 3. 8811 Contra Gregoram PG 151 Sp. 1129/30. 888 Cod. Paris. 1242 fol. 81 r.

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DIE HALTUNG VON JOANNES V. NACH 1354 53 I

von Karpasia unterschreibt J OANNES KANT.AKUZENOS mit der vollen Kaiser­titulatur 364.

Aber derselbe J OANNES V. anulliert Verfügungen des Vorgängers 365, macht eine Politik mit dem Westen, die der politischen Konzeption des Vorgängers konträr gegenübersteht, er verhindert hartnäckig die Ehe des J OANNES LASKARIS KALO­

PHEROS mit einer Kantakuzenin, so daß sich sogar der Papst einschalten muß 366.

Hier macht sich deutlich eine Abneigung gegen die rivalisierende Adelsfamilie bemerkbar. Eine damnatio memoriae der Familie hat es nie gegeben. THEoDoRos KANT.AKUZENOS zum Beispiel, der Urenkel des Exkaisers, findet sich in der Um­gebung des Kaisers MANUEL PALAIOLOGOS 1383 367 , 1423 unterzeichnet DEMETRlos P ALAIOLOGOS KANT.AKUZENOS als 8;a~8}.fP6r; des Kaisers den Vertrag mit Vene­dig 368 , 1447 nimmt ANDRoNIKos PALAIOLOGOS KANTAKuzENOS als Großdomesti­kos die gleiche Stellung ein, die einst sein Vorfahre innehatte 369. Nicht einmal auf der Peloponnes wurden die Kantakuzenen restlos verdrängt. 1431 finden wir einen GEORGIOS P ALAIOLOGOS KANT.AKUZENOS als Gesandten des Despoten KONSTANTINOS PALAIOLOGOS nach Ragusa 370 •

Die Anhängerschaft des Exkaisers tritt politisch nach 1354 nicht mehr in Er­scheinung, wenn man von einer recht unglaubwürdigen Nachricht des MATTEO VILLANI absieht, daß die Türken den Palaiologen JOANNES V. 1360 durch An­hänger des JOANNES VI. KANT.AKUZENOS ermorden wollten 371.

Hat sich die Gefolgschaft auf die Peloponnes zurückgezogen 1 1379 ist J OANNES KANTAKUZENOS und seine Familie schutzlos dem Kaiser ANDRoNIKos IV. aus­geliefert, der sie nach Pera mitnimmt und von den Genuesen gefangen halten läßt 372. So verschwindet die noch 1353 politisch so wirksame Personengruppe durch die Dürftigkeit der Quellen plötzlich unserem Gesichtsfeld. Gerade die Auflösung der "engeren Gefolgschaft", die nach dem Klostereintritt des J OANNES KANT.AKUZENOS als sicher anzunehmen ist, würde ein Licht auf diesen Personen­kreis werfen.

864 REB 17 (1959) 21. 866 Reg. 3048. Matthaio8 (HUNGER) Kap. 7 S. 298. 866 HALECKI Empereur 93. In Dem. Kyd. Br. 73, 46 sind die Kantakuzenen als TCOV

'Z'fj~ dexfj~ bu(Jv/-lovv'Z'wv bezeichnet. 367 Dem. Kyd. Br. 254. 368 Reg. 3408. 869 Reg. 3516. 370 MM IV, S. XI, XII. ZAKYTHINOS Despotat 221. 371 VILLANI in: Muratori RIS 14 Sp. 649/50. 872 DENNIS Manuel 41 mit Belegen. Vor allem Dem. Kyd. Br. 222, 92-125.

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v. Soziale Mobilität in der Zeit des Joannes Kantakuzenos

Die Betrachtung der sozialen Mobilität in der spätbyzantinischen Gesellschaft kann einen schwierigen Fragenkomplex ausklammern, der bei der Erörterung der sozialen Mobilität im westlichen Mittelalter im Vordergrund stehen muß: das Problem der persönlichen Freiheit in ihren verschiedenen Abstufungen 373. Alle Personen, bei denen der steile Aufstieg von "niederen" zu "höheren" Schichten im 14. Jh. überliefert ist (dieses Phänomen soll hier in erster Linie als "soziale Mobilität" verstanden werden), waren in ihrer Freiheit, sowohl in ihrer Frei­zügigkeit wie in ihrer Rechtsfähigkeit, nicht eingeschränkt 874. Bei der Betrachtung der sozialen Mobilität in der spätbyzantinischen Gesellschaft geht es also nicht um eine Entwicklung der persönlichen Freiheitsrechte, auch nicht um eine Be­trachtungsweise, die erst der neuzeitliche Historiker einführt. Das Phänomen der sozialen Mobilität hat der Byzantiner immer wieder selbst beobachtet und darauf hingewiesen. Die Terminologie, mit der der Byzantiner die Bevölkerungsschichten beschreibt, die nach seinem Gesellschaftsdenken "niedrig" sind, ist ebenso unscharf und verschwommen und bietet die gleichen Schwierigkeiten wie der Adelsbegriff. Der Kaiser BASlLEIOS I., aus ärmlichen Verhältnissen hervorgegangen, stammte nach den Worten des ZONARAS be na7:s(!w'V Ua17ftW'V 376. PSELLOS nennt den aus bäuerlichen Kreisen Paphlagoniens stammenden einfiußreichen Eunuchen J OANNES ÜRPHANOTROPHOS 7:-fJ'V 7:VX'f}'V gyavAoc; "at "a7:anBn7:W"WC; 376, ein Empor­kömmling zur Zeit KONSTANTINS IX. wird von demselben Geschichtsschreiber als 7:0 YS'VOC; aa'f}ftoc;, uYB'Vsa7:a7:oc; und gyavA67:a7:oc; disqualifiziert 377. THoMAs, ein Vertrauensmann des Kaisers JOANNES 11. KOMNENos stammte nach der An­gabe des J OANNES KINNAMOS e~ ualjftw'V; er hatte sich in der Kanzlei des Kaisers "von Jugend an" hochgedient 378. Auffallend ähnlich ist der Aufstieg des BASI­LEIOS, aus "unbedeutender Familie" stammend (ol"lac; ugya'Vovc; YBYO'VWC;) 379.

878 V gl. BOSL Über soziale Mobilität in der mittelalterl. Gesellsch. in: Frühformen d. Gesellsch. im ma. Europa, München 1964, 156-179. Ders. Soziale Mobilität in der ma. Gesellsch. in: D. Gesellsch. in d. Gesch. d. MA, Göttingen 1966, 44-60. 874 Es fragt sich, ob es Unfreiheit im späten Byzanz überhaupt gab. D. Sklaverei ver­schwindet weitgehend (vgl. Kap. XII). Auch OSTROGORSKY FeodaliM 328, der die Bindung an die Scholle bei den Paröken für "indiscutable" hält, gibt für die Spätzeit zu, daß die Bauern sich "das Recht herausgenommen haben", den Grundherrn zu wechseln. Es wird nicht abzustreiten sein, daß die Söhne der Paröken das Recht hatten, in der Stadt sich anzusiedeln. Die Frage verdient erneut auf breiter Basis verhandelt zu werden. Auf soziale Verschiebungen im Bauernstand zur Palaiologenzeit gehe ich im Rahmen dieser Arbeit nicht näher ein (siehe Einleitung). 875 V gl. BEcK Gefolgschaft 6. Keine andere erzählende Quelle charakterisiert die nied­rige Herkunft des Kaisers so scharf wie Zonaras III, 407, 16. 878 I, 44 (RENAULD) (Romanos !II. Kap. XVIII). 877 II, 36. 878 Kinnamos I, 8: 19, 13. 878 Kinnamos III, 19: 132, 4.

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DIE .,NIEDEREN" ,SOmOHTEN: TERMINOLOGIE 55

Auch er war Kanzleibeamter und wurde von Kaiser MANUEL KOMNENOS mit wich­tigen militärischen Missionen betraut. Nach NIKETAs ÜHONIATES war der Kypriote SPYRIDAN.AKES ein Handwerker aus "niedrigem Stand" (T~'V TVxr;'V X(J6'Vto~)380, ein Diener des Kaisers ALEnos 111. (vnr;e8TOVfl8'VO~); unter anderem ist dieser Mann ein Beispiel für soziale Mobilität in Byzanz am Ende des 12. Jh. In allen diesen Fällen läßt sich' meist nicht nachweisen, welche Schichten und Familien als "niedrig" disqualifiziert werden. Bei J OANNES ÜRPHANOTROPHOS ist die bäuer­liche Herkunft aus der Provinz so gekennzeichnet, bei dem Kyprioten SPYRI­DAN.AKES wohl das Handwerk, vielleicht auch die Herkunft aus Zypern. Schwierig wird der Begriff der "Niedrigkeit" bei GEORGIOS MUZALON, dem ersten Ratgeber des Kaisers THEODOROS II. LASKARIS. Nach der Aussage der byzanti­nischen Historiker war GEORGIOS niederer Herkunft 381 und nur seine Geistes­gaben und sein gutes Benehmen haben ihm Eingang zum Kaiserhof verschafft, wo er mit den kaiserlichen Prinzen erzogen wurde. In diesem Fall ist der Name der Familie durchaus nicht unbekannt: Ein Mann mit diesem Familiennamen saß um die Mitte des 12. Jh. auf dem Patriarchenstuhl 382 •

Ebenso trugen den Namen "Apokaukos" einige bekannte Persönlichkeiten wie der Protospatharios und Strategos LEON APOKAUKOS, dessen Siegel aus dem 10. oder 11. Jh. erhalten ist 383 , weiter der Metropolit von Naupaktos JOANNES APo­KAUKOS im 13. Jh. Ein Sebastopanhypertatos J OANNES APOKAUKOS unterschreibt den Vertrag mit Venedig im Jahre 1277 384• Trotzdem nennt JOANNES KANTA­KUZENOS ALEXIOS APOKAUKOS a(]r;flO~, b, qJaVAQ)'JI qJV~, a'V~ea 'Ye'Vov~ aqJa'Vov~; ähnlich sagt NIKEPHOROS GREGORAS, ALEXIOS stamme 'Ye'Vov~ TW'V a~6~w'V385. JOANNES V ATATzEswird von NIKEPHoRos GREGORAS am7flov 'Ye'Vov~ vnaexw'V bezeichnet 386. Ein J OANNES V ATATZES ist bereits Mitstreiter des GEORGIOS MANIAKES gegen KONSTANTIN IX. MONOMACHOS 387. Seitdem treten verschiedene Mitglieder der Familie in der Komnenenzeit in hohen MilitärsteIlen in Erschei­nung 388. Mit dem Kaiserhaus verwandt, gehören die Vatatzes schon zu dieser Zeit zum "Adel", bis ein Mitglied des Hauses, JOANNES DUKAs V ATATZES, in Nikaia über 30 Jahre lang den Kaiserthron einnimmt. Es gibt eine Erklärung dafür, daß die Abstammung des ALEXIOS APOKAUKOS, GEORGIOS MUZALON und J OANNES V ATATZES von den byzantinischen Historikern als "niedrig" bezeichnet wird, obwohl Träger dieser Familiennamen in der Ver­gangenheit zu hohem Ansehen gelangt sind: Wie in unserer modernen Namen­gebung deutet im Denken des Byzantiners Namengleichheit durchaus nicht auf Verwandtschaft hin. Beginnt der Byzantiner an diesem Punkte, das Sippen­denken zu überwinden, bedingt durch die immer stärker differenzierte Namen-

880 Nik. Chon. 708, 10. 881 Nik. Greg. III, 3: 62, 4f.: "bov~ WV ov Aap,neov. Akropolites Kap. 60: 124, 10 (HEISENBERG) nennt GEORGIOS MUZALON, seinen Bruder ANnRONIKOS und JOANNES AlmELos dvc5edeta f.l'YJc5evo~ 1j retWV oßoAwv ä~ta. 882 NIKOLAOS IV. MUZALON 1147-115l. 38S SOHLUMBERGER Sigillographie 363. 384 Reg. 2026. 886 Kant. I, 4: I, 25, 4; I, 23: I, 117, 24f.; III, 14: II, 89, 2. Nik. Greg. XII, 2: 577,20. 386 Nik. Greg. XIV, 11: 741, 6f. 387 Psellos Chron. II, 28 (RENAULD). 888 Du CANGE Historia 222 f.

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56 SOZIALE MOBILITÄT

gebung ~ Dieses Sippendenken ist andererseits aber noch so stark, daß die Glieder der Adelsfamilien in ihre Namen oft die ganze Reihe aller der Geschlechter ein­fügen, mit denen sie irgendwie verwandt sind. Offensichtlich erhöht eine solche Aufzählung das Sozialprestige. . Die Bezeichnung der Niederschichten durch den Geschichtsschreiber J OANNES KANT.AK.uZENOS unterscheidet sich nicht von seinen Zeitgenossen und Vorgängern (er gebraucht vor allem die Adjektiva äarJ/J,or;, cpavÄor;, acpavr]r;). Bemerkenswert ist die Wendung be fJ,l'KeOV 'Kat Tvx6vTOr;, die er in Bezug auf seinen "Diener" APEL­MENES gebraucht 389. Hier klingt die Vorstellung einer "Größenordnung" in der Gesellschaft an. Auch der Volksdichtung des 14. Jh. ist dieser Gedanke geläufig. So spricht das Belisarlied von zwei Mitgliedern der Familie der Petraliphai, daß "sie von kleinem Geschlecht aus Didymoteichos abstammten" (Uno fl,l'Ker] TB YBVBa i]ToV L1lfl,OTBlx'iTal) 390. Schwierig ist wieder an dieser Stelle die Benennung der vor allem in Epirus im 13. Jh. häufig hervortretenden Familie als "klein". Eine Beobachtung läßt sich aus der Terminologie machen, mit der J OANNES KANT.AK.UZENOS wie sein Zeitgenosse NIKEPHOROS GREGORAS und die Geschichts­schreiber vor ihnen die Niederschichten bezeichnen: Wie die Adelsprädikate tragen die Bezeichnungen der Unterschichten das Merkmal der Subjektivität noch deutlich an sich. Die Zugehörigkeit zu diesen Bevölkerungsschichten ist wie die Zugehörigkeit zum Adel von der öffentlichen Meinung und ihren schwer festlegbaren und schwankenden Urteilen und Definitionen abhängig. Diese un­scharfen, gefühlsbetonten Meinungen waren aber kein Hinderungsgrund, daß sich ein Standesdenken ausbilden konnte, wofür die oben S. 28 angeführte Be­merkung des J OANNES KANT.AK.uZENOS über die Heirat des ALEXIos APOKAUKOS mit der Kusine des Großstratopedarchen CHUMNOS der beste Beweis ist. Er konnte diese Verbindung nur eingehen, als "er bereits berühmt war und den adeligen Kreisen ebenbürtig". Die Ehe des MANuEL TAGARIS mit THEoDoRA ASANINA gehört hierher (siehe unten). Erst nach sozialem Aufstieg zum ersten Kanzlei­beamten des Kaisers kann MANUEL HOLOBOLOS - inzwischen reich und angesehen - . daran denken, "eine adelige Dame" (TWV BvnaTel~WV p,{av) zu heiraten 391.

Gerade dieses Standesdenken erscheint neben den wirtschaftlichen Schwierig­keiten der größte Hinderungsgrund für den sozialen Aufstieg. Mit dieser Ein­schränkung gilt auch für die spätbyzantinische Zeit wie für das 9. Jh. der Satz, daß "eine völlig offene byzantinische Gesellschaft" dem rückschauenden Histo­riker entgegentritt, "in der es keine durch Herkunft bestimmte abgeschlossene Klüngel gibt 392" •

Gerade in der Umgebung des Adeligen J OANNES KANT.AK.uZENOS sind mehrere teilweise schon behandelte Beispiele für sozialen Aufstieg einzelner Personen greifbar, deren Emporkommen einiges Licht auf die wirkenden Kräfte in der byzantinischen Gesellschaft des 14. Jh. werfen.

889 Kant. IU, 40: U, 247, 3f. 800 WAGNER Carrnina S. 310 Z. 214. Statt ÖfJp07:vx'irat im Cod. ist nach HEISENBERG

(Belisar und Ptocholeon, in: Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1903 Nr. 268 [24. Nov.] S. 372) LJtpoutx'irat zu lesen. 801 Fahrt des Mazaris in die Unterwelt, ed. A. ELLISSEN, Analekten der mittel- u. neugriech. Literatur IV, Leipzig 1860, 195. 8911 BEOK Gefolgschaft 10.

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AUFSTIEG DURCH VE~w ALTUNGS- UND MILITÄRDIENST 57

Wenn in der früh- und mittel byzantinischen Zeit das Kaisertum "die Ursache der ständigen Unruhe in den horizontalen Schichten" war, so fällt dieser Grund im 14. Jh. weitgehend weg, da die Kaiser aus politischen Gründen einen "weichen Kurs" gegenüber den Anhängern des Vorgängers einschlagen mußten (siehe Kap. 111 u. IV) 393. Dies bedeutet nicht, daß die unruhigen Zeiten der zahlreichen Bürgerkriege nicht für tüchtige und zugleich skrupellose Elemente willkommene Gelegenheit boten, zu' Macht und Einfluß zu gelangen. ALEXIOS APOKAUKOS ver­dankte der politischen Notlage vor dem ersten Bürgerkrieg zwischen ANDRONIKOS 11. und 111., daß er in das Adelstriumvirat aufgenommen wurde. Der Empor­kömmling J OANNES V ATATZES konnte im Bürgerkrieg nach 1341 - von beiden Seiten umworben - seine gesellschaftliche Stellung bedeutend verbessern. Die Heirat seines Sohnes mit der Tochter des Patriarchen KALEKAS und die Ver­bindung seiner Tochter mit einem Sohn des ALEXIOS APOKAUKOS 394 zeigte, daß er den höchsten Kreisen der Partei der Kß,iserin ANNA "ebenbürtig" war; durch die Wendung zu J OANNES KANTAKuzENos verschaffte er seinem Familienclan, dessen Größe ausdrücklich hervorgehoben wird 395, Ehrenstellungen und jährliche Einkünfte (r:tp,ar; . .. :neo0'6f5ovr; b:'YJO'lovr;). Freilich bedeuten die Bürgerkriege für APOKAUKOS und V ATATZES nur die Krönung ihres Aufstieges. Mir ist kein Schicksal bekannt, für das die Bürgerkriege der erste Anstoß für den sozialen Aufstieg gewesen wären. Auch bei APOKAUKOS und V ATATZES liegen die Anfänge ihres Emporkommens viel weiter zurück. Beide Männer verdanken ihren Aufstieg dem Dienst in der byzantinischen Verwaltung, vorzüglich in der Finanzverwaltung. In dieser Tätigkeit konnte ein tüchtiger und zugleich verschlagener Mann aus niederem Stand im 14. Jh. verhältnismäßig leicht zu Macht und Ansehen gelangen. Diese Tatsache wirft kein gutes Licht auf die byzantinische Beamtenschaft der Spätzeit, da der Reichtum nicht auf legalem Wege in die Hände der Beamten kam. "Das Merkwürdigste aber an diesen Dingen ist," bemerkt F. DÖLGER, "daß die byzantinische Öffentlichkeit an solchem Treiben der :neaxTOeer; offenbar keinen Anstoß genommen, sondern sie als eine Art erlaubter Spekulation betrachtet haben muß 396". P ATRIKIOTES, der lange Zeit als Apographeus tätig war, konnte J OANNES KANTAKUZENOS 100000 Hyperpyra (xeVO'la) und einen Schatz im Wert von 40000 Hyperpyra zur Verfügung stellen 397. Dies ist zusammen fast fünfmal soviel wie die jährliche Zolleinnahme in der Hauptstadt, die sich auf 30000 Hyperpyra belief398 • Gleich einem Adeligen zeigte sich PATRIKIOTES als Gönner von Literaten (vgl. S. 149). ALEXIOS MAKREMBOLITEs bezeichnete sich als sein (}eea:nwv. Wie PATRIKIOTES ist JOANNES VATATZES nach den Worten des NIKEPHOROS GREGORAS durch die Apographeustätigkeit reich geworden (:nAOVO'Wr; s~ d:no­yeacplXWV syey6vel sp,:noelWV) 399. Wie die Urkunden beweisen 400, war V ATATZES noch

393 H.-G. BECK Konstantinopel. Zur Sozialgeschichte einer frühmittelalterlichen Hauptstadt, BZ 58 (1965) 14. 394 Kant. IIl, 76: Il, 475, 22f. 896 A. a. O. 475, 3. 896 F. DÖLGER Beiträge zur Geschichte der byzantinischen Finanzverwaltung, Darm­stadt2 1960, 76. 397 Kant. III, 8: Il, 62, 20f. 398 Nik. Greg. XVII, 1: 842,4. Weitere Vergleichszahlen bei ZAKYTHINOS Crise 83. 899 Nik. Greg. XIV, 11: 741, 7 u. 8. 400 Vor allem das Praktikonfür Iviron vom April 1341 : DÖLGER Schatzkammern Nr. 72/3.

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58 SOZIALE MOBILITÄT

bis kurz vor dem Tode des Kaisers ANDRONIKOS 111. als Apographeus tätig im Rang eines neWTO"'V'V1'Jyo~401. Da er 1341 zu Beginn des Bürgerkrieges in die militärischen Operationen verstrickt ist (er ist Führer der Truppenabteilung der 'Axveai:r:oL) 4O'J., dürfte er in dieser Zeit keine Verwaltungsfunktion mehr inne­gehabt haben 403.

Von untergeordneten Stellungen in der Finanzverwaltung hatte sich ALEXIOS APOKAUKOS durch List und Verschlagenheit bis zum Verwalter der Salinen und zum ~op,e(]Tt"'o~ TW'V ~VTt"'w'V ()8p,aTw'V emporgearbeitet. Nicht immer waren üble Eigenschaften der Grund für den Aufstieg in der Beam­tenlaufbahn. Mannhaftigkeit und Wagemut in den Türkenkämpfen und militäri­sche Erfahrung sollen nach den Worten des J OANNES KANTAKUZENOS 404 den Grund gelegt haben für den Aufstieg des MANUEL TAGARIS noch in der Zeit des Kaisers ANDRONIKOS 11. Er stammte aus "niederem und unbekanntem Ge­schlecht" (e", ye'Vov~ <pavÄov ",at a<pa'Vofj~). Er hatte es fertiggebracht, "daß er deshalb bewundert wurde und eine Ehe mit hohen Kreisen (yap,ov TVX8i'V b"lt<pa­'Vofj~) eingehen konnte". Es war THEODORA ASANINA, eine Kusine des Kaisers ANDRONIKOS 11. 406 • Wie bei ALExIOS APOKAUKOS ist die "Berühmtheit", d. h. die schwer faßbare, gefühlsbetonte Meinung der Gesellschaft, der Grund, daß ein Mann aus niedrigen Schichten dem Adel ebenbürtig wird. Die Familie der Tagaris erscheint nach MANUEL TAGARIS im 14. Jh. in hohen Stellungen: Der Großstrato­pedarch GEORGIOS TAGARIS ist Gesandter der Kaiserin ANNA 1346 406 • Der Mönch PAULOS TAGARIS, dessen Verwandtschaftsverhältnis zu MANuEL TAGARIS nicht feststellbar ist, bezeichnet um 1395 seine Eltern bereits als 8VY8'Vei~ e", neoyo'Vw'V 407.

Er ist mit den Palaiologen verwandt. Unwillkürlich muß man beim Aufstieg des MANUEL TAGARIS an den Aufstieg des Bauernsohnes ROMANos LAKAl'ENOS denken, der im Militärdienst emporstieg und die Adelsgeschlechter überspielte. Er gelangte zur Kaiserwürde (920-944). Auch an Jus TIN I. (518-527), LEo 111. (717-741) und MIOHAEL 11. (820-829) ist zu erinnern. Der Militärdienst erscheint gerade in mittelbyzantinischer Zeit als. der entscheidende Faktor für den Aufstieg einzelner Familien. Die Phokas, die Dukas und die halb armenische Familie der Skleroi gehören hierher. Die Laufbahn des ALEXIOS APOKAUKOS zeigt, daß nicht nur Stellungen im Staats­dienst seinen Lebensweg bestimmten, sondern ebenso der Dienst bei einem Adeli­gen, ANDRONIKOS ASAN . War er Ol",eT1'J~ und gehörte er zur engeren Gefolgschaft,

401 Gute Zusammenstellung der Urkunden und Lebensdaten : GUILLAND Dignitaires 194/5 = Recherches 1, 602/3. 402 Kant. III, 29: II, 180, 13. 408 Deshalb datiert F. DÖLGER Die Urkunden d. J ohannes-Prodromosldosters bei Serrai, SB Bayer. Akad. Wisse phil.-hist. Kl. 1935, 9, S. 30, d. Prodromosurk. Nr. 36 (GUILLOU) auf 1327 und nicht auf 1342, wie dies GUILLOU, GUILLAND u. OSTROGORSKY FeodaliM 107 A. 1 tun. In dieser Urkunde ist VATATZES als ",eya~ xae'l"OV).deLO~ be­zeichnet. 404 Kant. I, 18: I, 91, Iff. 405 Vgl. PAPADOPULOS Palaiologen Nr. 44 S. 28. 406 Reg. 2912; Papst Innozenz VI. schreibt an ihn 1356 (Acta 92a). 407 MM II, 225. Alle Dokumente des abenteuerl. Lebens dieses Hochstaplers hat R.-J. LOENERTZ zusammengestellt: Cardinale Morosini et Paul Paleologue Tagaris . . . REB 24 (1966) vor allem S. 228-230.

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DIE ROLLE DE,S GEFOLGSCHAFTSWESENS 59

worauf der Ausdruck Bp,UJ(JOcp6e'YJuev hindeutet, den J oannes Kantakuzenos ge­braucht 408 1 Hat ihm gerade dieses Dienstverhältnis den weiteren Aufstieg im Dienst bei STEPHANOS STRATEGOS und NIKOLAOS THEOLOGITES ermöglicht 1 Bei ALEXIOS APOKAUKOS bleibt die Rolle des byzantinischen Gefolgschaftswesens für seinen sozialen Aufstieg undeutlich, anders beim Emporkommen des APEL­MENES, des ol')(,b:'YJc; des Adeligen J OANNES KANTAKUZENOS, und von J OANNES KALEKAS, des späteren Patriarchen. Ihre Lebenswege wurden bereits beschrieben (Kap. 11). Sie verdanken allein ihren Aufstieg dem adeligen Kantakuzenen, der sie in seine engere Gefolgschaft aufnimmt und fördert. J OANNES KANTAKUZENOS hat sich für KALEKAS, als kanonische Hindernisse für sein Patriarchat auftraten, mit seiner ganzen Beredsamkeit und Verschlagenheit eingesetzt. Wie in mittel­byzantinischer Zeit 4D9 ist im 14. Jh. die Gefolgschaft, genauer die engere Gefolg­schaft, der Boden für soziale Mobilität. Es sind nur wenige Personen, deren Auf­stieg im Dienst eines großen Herren oder einer Herrin wir durch besondere Um­stände genauer kennen. In Wirklichkeit verdankt eine ungezählte Schar ihren Aufstieg oder wenigstens ihre wirtschaftliche Sicherung der Zugehörigkeit zu einer (Jeeaneta. NIKEPHoRos GREGORAS preist in einem Brief zuerst allgemein die Freigebigkeit der ßaulÄtc;, die sowohl die Kaiserin ANNA wie die Gemahlin des J OANNES KANTAKUZENOS, IRENE, sein kann, von deren Tätigkeit zum Nutzen der Gefolgschaft ihres Gemahls wir einige Kenntnis besitzen. Wörtlich fährt GREGORAS fort: "Du sammelst nicht Männer um dich mit Ehre und Reichtum und bildest dir so eine (Jeeaneta - ganz im Gegenteil bist du nämlich der Meinung, das sei Sklaverei (~ovÄeLa) und eine Art Ehrengefangenschaft -, sondern die Kinder der Kriegsgefangenen und Armen bringst du in Scharen zusammen und spendest ihnen mit freigebiger Hand das Notwendigste. Du ziehst sie vor aller Augen zur Freiheit auf und machst nicht aus geachteten Männern Ehrlose und Sklaven (~ovÄovC;), sondern im Gegenteil aus Ehrlosen geachtete Männer und aus nicht Vornehmen VornehmeuD." Der Dienerschaft am Kaiserhof wie im Adels­haus ist also eine soziale Aufgabe zugewiesen, wie vor allem in der Andeutung des GREGORAS zum Ausdruck kommt, daß Kinder von Kriegsgefangenen, also unversorgte Waisen, in die (Jeeaneta aufgenommen werden. In dieser (JeeaneLa vollzieht sich der Aufstieg von ov')(, evyeveic; zu evyeveic;. Wie die Fürsorge einer adeligen Dame für einen minderbemittelten Schützling aussah, zeigt ein Synodalakt aus den Jahren zwischen 1315 bis 1319 411 : Vor der "Endemusa" wurde der Fall der Adeligen (evyeveuT(J:r'Yj) EUDoKIA NESTONGO­NISSA entschieden. Sie hatte ein siebenjähriges Mädchen wie ihr eigenes Kind aufgenommen und sorgfältig erzogen, ihr nicht geringe Mittel hinterlegt, teilweise als Mitgift im Falle der Heirat. Nun hat das Mädchen gegen den Willen der hohen Dame einen Mann genommen und diese verlangt ihr Geld zurück. Wie der Adelige J OANNES KANTAKUZ.ENOS seinen Diener ApELMENEs vor allem durch eine gedie­gene Erziehung und reichliche finanzielle Zuwendungen gefördert hat, so beruht

408 Kant. IH, 14: II, 89, 5. 409 Siehe BECK Gefolgschaft passim. 4010 Br. 161 (GUILLAND) = BEZDEKI N r. XIII S. 347 Z. 17 f. Der am klassischen Grie­chisch gebildete Humanist gebraucht hier <5ovÄo~ durchaus abwertend im Sinne von " Sklave" . 411 MM I, 17/18.

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die Hilfeleistung der Adeligen für das junge Mädchen auf den gleichen Faktoren. In beiden Fällen wird für die Förderung eine Gegenleistung verlangt: Dienst und Gehorsam. Der Patriarch Pm::r..OTHEOS war geringer, vielleicht jüdischer Abstammung. DEMETRIOS KYDONES nennt ihn verächtlich "einen Sklaven, in schlimmsten Verhältnissen lebend, dem jeder ein Feind ist, der an seine Eltern erinnert", (av(jeano(jov uat TVxn (]vftßeßuJ)uw~ fPaVAoTO.-rn uat cl> n{i~ Tt~ BxOeO~ TWV yovswv vnofttftvrjO'uwv) 412. KYDONES spielt hier wohl auf die besondere RechtsteIlung der Juden an 413. Im vorausgehenden Satz hebt er ausdrücklich seine eigene Freiheit (BAevOeela) hervor. Bei dem berühmten Philologen und Rhetoren THOMAS MAGI­STROS hat PmLOTHEOS seine Ausbildung genossen, die Grundlage für seinen späte­ren Aufstieg, der ihn bis zur höchsten kirchlichen Würde brachte. Als Gegenlei­stung versah der sicher gänzlich Inittellose junge Mann die Dienste eines Kochs. Er war ein OlUST'YJ~ seines Lehrmeisters 414. Diese "Privatschulen" bei einem großen Gelehrten, die im 14. Jh. die höhere Bildung verInitteln 416 , schaffen die Voraus­setzung für den weiteren Aufstieg. Der Großlogothet THEODOROS METocIDTEs ist für den aus der Provinz stammenden NIKEPHoRos GREGORAS, der aus einer viel angeseheneren Familie kommt als Philotheos, nicht nur Lehrer, sondern auch Protektor. Er ebnet ihm den Weg zum Kaiser (vgl. S. 151). In vielen Fällen kann ein Bittbrief, aus dem sich ein Schutzverhältnis entwickelte, den Grund für sozia­len Aufstieg gegeben haben. Aber die Schicksale der Schützlinge, für die die Bitt­briefe eintreten, bleiben im dunkeln der Vergangenheit. Neben den Möglichkeiten, die eine Laufbahn als Staatsbeamter im Finanz- und Militärdienst bot, eröffneten also die vielfältigen personalen Bindungen, die die byzantinische Gesellschaft des 14. Jh. durchziehen, vor allem die "engere" Ge­folgschaft, den Weg zum sozialen Aufstieg. Darin liegt neben der kulturellen und politischen Bedeutung das Gewicht dieser Bindungen für die byzantinische Ge­schichte.

412 MERCATI Notizie 328 Z. 24/5 (editio) vgl. 248/9. Vgl. V. LAURENT Art. Philothee Kokkinos, in: DTC XII, 2 Sp. 1498-1509. 4113 V gl. P. CHARANIS The J ews in the Byzantine Empire under the first Paleologi, Speculum 22 (1947) 75-77. J. STARR The Jewries of the Levant after the fourth crusade, Paris 1949, vor allem S. 25ff. 414 MERCATI Notizie 302 Z. 205. 416 Vgl. F. FUCHS Die höheren Schulen von Konstantinopel im MA, Byz. Archiv 9 (1926) 62.

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VI. Fremdländische Einflüsse in der byzantinischen Gesellschaft

Es ist m. W. jn der bisherigen Forschung noch nicht betont worden, daß das Ge­schichtswerk des J OANNES KANTAKUZENOS nicht nur eine Apologie seines Kaiser­tums und seiner Türkenpolitik darstellt. Es ist an einigen Punkten ein Manifest der alten großbyzantinischen Reichsidee, die über ein national-griechisches Den­ken hinausgeht 416 • Nicht zu entscheiden ist dabei die Frage, ob sich hinter den Äußerungen des Mönches und Exkaisers ein echtes Leitbild verbirgt, das der by­zantinische Adelige trotz der Ausweglosigkeit der damaligen Lage mit über­zeugung bewahrt, oder eine leere politische Propaganda. Glaubte er an eine wenig­stens bescheidene Verwirklichung seines Leitbildes? "Da wir glauben, die Nachkommen der alten Römer zu sein, so laßt uns ihre Tugend nachahmen", heißt es in einem Aufruf an die Soldaten 417. Die Römer haben "fast" einst den Erdkreis erobert 418 ! Arta ist seit Caesars Zeiten römisches Gebiet, deshalb gehört es unter byzantinische Oberhoheit 419 ! JOANNES KANTAKU­ZENOS hofft, "wie in alten Zeiten von der Peloponnes bis nach Byzanz" die byzan­tinische Herrschaft auszudehnen 420. Römische Feldherrn sind die Vorbilder des byzantinischen Adeligen (vgl. S. 14). Auch NIKEPHoRos GREGORAS macht sich über die schwindende Größe von Byzanz Gedanken und kommt zu dem verstie­genen Schluß, daß Byzanz auch noch in der Gegenwart eine ähnliche weltumspan­nende Macht wie das alte Römerreich behaupten könne, würden nicht die Bürger­kriege alle Kräfte lähmen 421.

Von diesen universal-römischen Gedanken her erscheint die Stellung des byzanti­nischen Adeligen zum Westen in einem neuen Licht. Bei einer Kritik an der Über­lieferung ergibt sich, daß es nicht sicher ist, ob JOANNES KANTAKUZENOS wirklich den Papstprimat anerkannt hat. Die lateinische Zusammenfassung des Gesprächs des Kaisers J OANNES KANTAKUZENOS mit BARTHOLMÄus DE ROMA nach dem 1. September 1347 gibt den Inhalt eines Kaiserbriefs mit Goldbulle wieder in einer Formulierung, die durchaus im Rahmen byzantinischen Staatsdenkens ver­ständlich ist, an der Kurie freilich einen anderen Klang bekommt: '" reeognos­eens primatum et universalitatem Romane eeelesie, et sie profitetur et intendit semper et in perpetuum profiteri et seribere 422 • Es stimmt gegenüber dem Wert dieses Be­richtes bedenklich, daß der lateinisch erhaltene Kaiserbrief eine solche Inhalts­angabe keineswegs rechtfertigt 423. Nicht nachprüfbar ist die Angabe, JOANNES

416 Die Gedankengänge in K. LECHNERS Diss. Hellenen und Barbaren im Weltbild der Byzantiner, München 1954, 64f. sind an diesem Punkt zu erweitern und zu ergänzen. m Kant. III, 41: II, 251, 18f. 416 Kant. III, 40: II, 244, 19. m Kant. II, 36: I, 520, 1 ff. 420 Kant. III, 12: 11, 80, 8f. 421 Nik. Greg. XII, 7: 598/9. ua LOENERTZ Ambassadeurs 181 Z. 35/6. Reg. 2930. 428 Höchstens der Nachsatz (a. a. O. 184 Z. 10f.) erwähnt den Universalitätsa,nspruch: ... predecessores vestri quos opijex omnium deus ad curam universi gregis dominici in pastores elegit.

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62 FREMDLÄNDISCHE EINFLÜSSE

KANTAKUZENOS habe sich zu einem freiwilligen Gehorsam dem Papst gegenüber verpflichtet, wie ihn der König von Frankreich dem Papst gegenüber entgegen­bringe 424. Der Brief des Papstes INNozENZ VI. vom 27. Oktober 1353 behauptet, JOANNES KANTAKUZENOS habe sich bereit erklärt, "nach Beseitigung des schänd­lichen Schismas" (inveterati scismatis purgata rubigine) mit dem ihm untergebenen Volk zur katholischen Kirche zurückzukehren 426. Der Zusatz über die "Beseiti­gung des Schismas" ist ein Hinweis auf die Bedingungen, die der Kantakuzene für die Rückkehr zur röm.-kath. Kirche gestellt hat, die aber der Brief übergeht. Nach dem Brief des Papstes GREGORS XI. vom 28.1. 1375 habe der Exkaiser in einer Disputation im Oktober 1374 bekannt: contessU8 es te credere et tenere sanc­tam Romanam ecclesiam, quae mater est omnium fidelium et magistra, super omnes orbis ecclesias obtinere primatum 426 • Es ist sehr zweifelhaft, ob der Papstbrief die ganze Meinung des Mönches J OASAPH getreu wiedergibt. Von seiner gesamtrömisch­byzantinischen Anschauung her lag J OANNES KANTAKUZENOS die Anerkennung der Universalität der Kirche nahe, vielleicht auch verbunden mit der Anerken­nung des Papstprimates in einer nicht näher bestimmbaren Form 427. Jedenfalls sind die durchweg westlichen Nachrichten über die Anerkennung des Primats durch J OANNES KANTAKUZENOS mit großer Vorsicht zu betrachten. Eingeschränkt hat der Adelige seine Anerkennung des Primats sicher durch drei Forderungen, die sich durch seine gesamten Äußerungen ziehen: Voraussetzung für eine Kircheneinigung ist ein allgemeines Konzil, das in Konstantinopel, aber vielleicht auch auf Rhodos oder Euboia stattfinden könnte, jedenfalls in der öst­lichen Hemisphäre des Mittelmeerraumes 428 • Zweite Voraussetzung ist eine genaue Prüfung der Streitpunkte in gegenseitiger brüderlicher Anerkennung. Der Adelige tadelt heftig die Versuche, die orthodoxe Kirche nicht als gleichberechtigt neben der römischen anzuerkennen. Die Union ist zu vollziehen ohne Zwang 429. Drit­tens: J OANNES KANTAKUZENOS trennt in offenem Gegensatz zum Papsttum die Kreuzzugspläne von Unionsplänen. Deutlich mischen sich in diesen drei Forderungen universalistische Ideen mit partikular-orthodoxen Gedanken, die in der Überzeugung gipfeln, daß "unsere Kirche recht glaubt" (w~ ij ijp,eTS(!a b,,,J.:rJC1la O(!(jw~ cp(!o'Ve'i) 430. Wie konnte der Kantakuzene annehmen, daß bei einer solchen GrundeinsteIlung dogmatische Gespräche Aussicht auf Erfolg haben würden 1 War es J OANNES KANTAKUZENOS

4.24 A. a. O. 181/2 Z. 37-44. 425 Reg. 3010. 428 RAYNALDUS Annales ecclesiastici tom. 26 (Ausg. Luccae 1738) ad annum 1375 lI/lII; ohne Kritik HALEOKI Empereur 309 f. 4117 Nicht alle späteren Byzantiner haben den Primat grundsätzlich abgelehnt. So er­kennt z. B. MAXIMOS PLANUDES eine Vorrangstellung des Papstes an. BEcK Kirche 34; M. JUGIE Theologia dogmatica Christianorum orientalium IV, Paris 1931, 325ff. Auch das unten zitierte Gespräch des Mönches ATHANASIOS befürwortet die Vorrangstellung des Papstes. 4.28 Instruktion an die Gesandten vom Sept. 1347: LOENERTZ Ambassadeurs 182 Z. 55ff. Das Memoriale vom 5.3. 1348 a.a. O. 187 Z. 37ff. besonders deutlich: coniunctio predicti ecclesie corpori8 . .. ni8i per 80lam synodum. Kant. IV, 9: IlI, 59, 20f. (vgl. Reg. 2937) (erst 13501). MEYENDORFF Projets (1367) § 10. m Kant. IV, 9: III, 59, 12f. MEYENDORFF Projets 172 Z. 106f. ( § 8); § 11; 13; 25. 480 A. a. O. 172 Z. 93.

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LATEINERFREUNDLIOHE KREISE 63 I

mit seinen Konzilsplänen nicht ernst 43Q Auch die ablehnende Haltung des Papst­tums gegenüber Konzilsplänen mußte ihm bekannt sein 432.

Die kirchenpolitische Konzeption des J OANNES KANTAKUZENOS vor allem in der Forderung eines ökumenischen Konzils stand im Einklang Init N EILOS K.AB.ASIL.AS und NIKEPHOROS GREGOR.AS, fand aber sonst kaum Anhänger in der byzantini­schen Gesellschaft. Sein früherer "qJtAo~" B.ARLAAM trat für ein Konzil ein, war aber dogmatischen Streitgesprächen gegenüber viel skeptischer wie sein Gefolgs­herr 433 • War er der Lehrmeister des Adeligen auch in Konzilsfragen ~ Die lateinerfreundlichen Kreise sind durchwegs in den Laienkreisen der gehobenen Schichten zu suchen. H.ALECKIS Meinung 434, daß die Unionsfreundlichkeit in allen Bevölkerungsschichten zu finden gewesen sei, findet in den Quellen keine Bestäti­gung. Wieder wie im palaInitischen Streit beteiligen sich nur wenige politisch aktive Männer an Unionsfragen. Die Adressatenliste der päpstlichen Kanzlei kann nur wenige lateinerfreundliche Personen aus dem byzantinischen Adel nennen. Aus den Adressen der Papstbriefe ist die Lateinerfreundlichkeit der drei Metochi­tessöhne ALEXIOS, NIKEPHOROS und DEMETRIOs vielleicht zu erschließen. Zu diesem Kreis zählt auch der Großstratopedarch GEORGIOS T.AG.ARIS und die Brü­der J O.ANNES und M.AXIMOS K.ALOPHERos. 1350 sind auch ANDRoNIKos AS.AN und seine beiden Söhne MANUEL und J OANNES vom Papst CLEMENS VI. angespro­chen 436 • Nach der Meinung des Palaiologenkaisers soll sich der Papst durch Ver­leihung von Auszeichnungen gerade um die Großen des Reiches bemühen 436.

1357 hat PETER THOM.AS sehr viele "baronum Graecorum" bekehrt 437 • Der Bericht­erstatter PHILIPPE DE MEZI:ERES muß aber in seiner Lebensbeschreibung gleich darauf hinzusetzen: "Quidam male loquebantur et alii bene." In der Umgebung des Palaiologen machte sich also Widerstand gegen seine religiöse Haltung bemerkbar. Leider sind von der röInisch-katholischen Umgebung der Kaiserin ANN.A VON S.A VOYEN nur die Hofdame IS.ABELL.A DE L.A ROCHETTE und ihr Sohn durch einige Papstbriefe als aktive Fürsprecherin für den katholischen Glauben bekannt. Der Einfluß dieser Hofkreise auf J O.ANNES V. ist sicher anzunehmen. Er vollzieht 1355 seine erstaunliche Wendung zum Katholizismus. Sein "cancellarius" GEORGIOS M.ANlKAITES ist katholisch 438. Die Gemahlin des Palaiologenkaisers, HELEN.A, die

431 So fragt mit Recht GAY Clement 111. Auch W. DE VRIES Rom und die Patriarchate des Ostens, München 1963 (Orbis Akademicus III/4), 55 läßt die Frage offen. 482 DE VRIES a. a. O. 52-64 gibt einen ausgezeichnet klaren und historisch objek­tiven Überblick über die Unionsversuche im 14. Jh. 483 M. VILLER L'union des eglises entre Grecs et Latins, RHE 18 (1922) 23ff. BARLA..AM will in seinem avpßovÄ,evn"or; Ä,6yor; durch ein Gesetz den dogmat. Streit überhaupt verbieten. Denn niemand wird die Gegenpartei überzeugen können. Die Zeit hat die verschiedenen Meinungen glaubwürdig gemacht (ed. GIANNELLI 188 u. 193 in: Miscellanea G. Mercat,i Irr, Studi e Testi 123) (1946). 484 Empereur 156. 485 Vgl. die Adressen bei E. DEPREz - G. MOLLAT Clement VI (1342-1352). Lettres cioses, patentes et curiales interessant les pays autres que la France. Paris 1960/1, Reg. 2233 (28. 6. 1350); Acta Innocentii VI. Nr. 92a (18. 8. 1356); Acta Urbani V. Nr. 125-131 (6. 11. 1367). 488 Reg. 3052 = Acta Innocentii VI. Nr. 84. 487 The life of Saint Peter Thomas by Philippe de Mezieres ed. J. SMET, Rom 1954, 75. 488 Er tritt vor allem 1366 in Erscheinung: Rag. 3107; HALEOKI Empereur 113 A. 2.

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64 FREMDLÄNDISCHE EINFLÜSSE

Tochter des J OANNES KANTAKUZENOS, wird vom Papst wegen ihres Glaubens­eifers, d. h. ihrer Lateinerfreundlichkeit, gelobt 439. DEMETRIOS KYDONES bildete um sich eine Gruppe bildungsbefiissener Italiener. Vor allem Dominikaner zählten zu diesem Kreis, ein Orden, der sich damals eifrig der Inquisition widmete, auch in Pera. "Für letztere (die Italiener) wurde mein Haus zum täglich überfüllten Stelldichein, besonders für die Ordensleute des Thomas ... "440. Die Gruppe ist geprägt vom Geist des religiösen Wahrheitssuchers und hat weder politischen noch sozialen, aber einen ausgesprochen übernationalen Charakter. Der Kreis be­leuchtet die gesellschaftlich verworrene Lage: Der Kanzler des orthodoxen byzantinischen Kaisers J OANNES VI. KANTAKUZENOS schart um sich Angehörige eines Ordens, denen es unter anderem zur Aufgabe gestellt ist, mit den Mitteln der Inquisition die Orthodoxie zu unterdrücken und damit auch Byzantiner den lateinischen weltlichen Behörden auszuliefern; der Kaiser selbst nennt die Domi­nikaner (unter dem Einfluß des DEMETRIOs KYDONEs1) cpl)..ol (siehe unten)44!. Ein entscheidender Einfluß ist von den katholisch gesinnten Kreisen nicht ausge­gangen, auch wenn der Palaiologenkaiser selbst zu ihnen gehörte. Weder 1355 noch 1371 wird der Versuch gemacht, die Union allgemein durchzuführen. Die Opposition war zu mächtig. Zwei von T. KAEPPELI zum ersten Mal veröffentlichte Stellen aus dem Werk "de oboedientia Ecclesiae Romanae debita" (geschrieben 1358/9) des Dominikaner­inquisitors PHIT.IPP DE BINDO INCONTRI, also eines Kenners der Verhältnisse, zeigen, woher der Widerstand kam 442. PHILIPP sagt, er habe in seiner Missions­praxis viele heimliche Katholiken getroffen. Offen haben sie aber ihre Meinung nicht bekannt: timebant enim plebem. Der Metropolit von Dyrrhachion hält nach der Mitteilung PHILIPPS eine Union nur für möglich " ... nisi talis violentia sit, quod non timeamus plebem, aut quod imperator sua potentia hoc faciat, vel ecclesia Romana mittat exercitum contra civitatem, quo timore non audeat populus consurgere". Der Verfasser des Prologs der 1365 geschriebenen "Vierfüßlergeschichte" inter­pretiert das Werk vom grundsätzlichen Mißtrauen her gegen "die Völker, die mit uns trügerische Freundschaft schließen und es wagen, uns mit aller Kraft gänz­lich zu vernichten 443". Vielleicht will das Gedicht in der Tat nicht nur die sozialen Unterschiede aufdecken. Ob das Mißtrauen sich allgemein gegen einen Bund mit den Lateinern oder gegen Kreuzzugspläne und Unionsversuche richtet, geht aus dem weitschweifigen Elaborat nicht hervor.

439 Acta Urbani V. Nr. 124 (6. 11. 1367 )= RAYNALDUS 1367, VIII. 440 Dem. Kyd. Apologie ed. MERCATI Notizie 364 Z. 33; übs. H.-G. BEcK in: OstkirchI. Studien I (1952) 212. 441 Wie die Inquisition arbeitete, zeigt das Schicksal des Arztes und "Philosophen" GEORGIOS, eines Freundes und Landsmannes (1) des DEMETRIOS KYDONES. Zuerst Antipalamit, schloß er sich der lateinischen Kirche an, machte aber während seines Aufenthaltes auf Zypern eine Kehrtwendung. Tatsache ist, daß er gefangengesetzt wurde. DEMETRIOS KYDONES warnt in einem Brief, GEORGIOS solle sich vor dem Feuer­tod hüten (Br. 31 Z. 50f.). Ist der Passus wirklich mit R.-J. LOENERTz, Arch. Praed. 18 (1948) 278 zu verharmlosen, der interpretiert: "Ce dernier danger, a vrai dire, ne semble pas tres serieux, car Demetrius en parle sur un ton de plaisanterie." 442 Th. KAEpPELI Deux nouveaux ouvrages de fr. Philippe Incontri de Pera O. P., Arch. Praed. 23 (1953) hier S. 174. 448 WAGNER Carmina 141 Z. 7/8 öTav Ta eOvrJ ",sO' ~"'WV nOWV(JLV tpsv~aydnrJv/ vnsr}ßaeeOVV7:er;

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DIE HALTUNG DES VOLKES UND DER MÖNCHE 65

Schließlich sei an die Mahnungen BARLAAMs, eines Kenners der Spannungen zwischen Ost und West, erinnert. Er schreibt 1339 an Papst BEN EDIKT XII.: Scitote etiam hoc vere, quia non tantum differentia dogmatum separat corda Graeco­rum a vobis, quantum odi1J,m, quod intravit in animas eorum contra Latinos, ex multis et magnis malis, quae per diversa tempora pass i sunt Graeci a Latinis et adhuc patiuntur per singulos dies; quod odium, nisi prius abiciatur ab eis, non poterit unio fieri 444 •.

Die Belege gehören zu den wenigen Zeugnissen, die ein Bindeglied darstellen von der Zeit MICHAELS VIII. bis zum Florentiner Konzil. Sie lassen erkennen, daß sich die unionsfeindliche Stimmung des byzantinischen Volkes im Laufe von zwei Jahrhunderten nicht gewandelt hat. Die Unionsfeindschaft läßt sich weitgehend mit Lateinerfeindschaft gleichsetzen. L. HALPHEN ist in seinem wichtigen Aufsatz über die Rolle der Lateiner am Ende des 12. Jh. leider der Frage nicht weiter nachgegangen, inwieweit diese Ausländer m die unteren Schichten der hauptstädtischen Bevölkerung eingedrungen sind 446.

Aus der allgemeinen Überlegung, daß die ungeheure wirtschaftliche überlegen­heit der italienischen Seestädte vor allem die niederen Schichten bedrücken mußte, ebenso wie aus den Zeugnissen über die Unionsfeindlichkeit des Volkes ist der Schluß zu ziehen, daß der westliche Einfluß auf die niederen Schichten gering geblieben ist. Gerade die niederen Schichten des Volkes stellen 1348 die Armee gegen die Genuesen 446.

Bestärkt wurde das Volk in seiner Haltung durch weite Kreise des Mönchtums. Die unnachgiebige Stellung der antilateinischen Schriften des Mönches GREGORIOS P ALAMAS sind dafür Beweis, ebenso die Werke des Mönches MATTHAIOS BLAsTAREs. Noch aufschlußreicher ist das Gespräch, das im Jahre 1357 der Legat des Papstes INNozENz VI. mit dem Diakon ATHANAsIOs des Pantokratorklosters führte 447.

Volk (Aa6~) und einige Senatoren waren zugegen. reat'Xol werden nicht nur die orthodoxen Griechen, sondern die Byzantiner als Staatsvolk bezeichnet 448,

'Pwp,aiof, sind die römischen Katholiken, in hergebrachter, fester Verbindung kön­nen auch immer noch die Byzantiner so heißen 449. Die "Nationalisierung" des byzantinischen Staatsbegriffs ist verbunden mit dem Bewußtsein von der Größe der byzantinischen Geschichte in der Vergangenheit, vor allem dem Kampf gegen Araber und Türken, aber auch gegen die Franken. Der Zusammenhalt mit dem Westen ist keine Gewähr für die Rettung vor den Barbaren! Die Schwäche des Papsttums im 14. Jh. ist klar empfunden: "Wir können heute beobachten, daß viele Inseln, die dem Papst unterstehen, doch von ihm keine Hilfe bekommen, sondern von den Feinden des Kreuzes Christi versklavt

el~ laxvv äer5rJV f}flä~ dUaat. Die Geschichte von den Vierfüßlern ist bestimmt keine "Kindergeschichte" (vgl. K. KRUMBACHER Geschichte der byz. Litteratur, Münchens 1897,877-9). Das Datum gibt einen deutlichen Anhaltspunkt für die Absicht des Ge­dichts: 1364 beginnt J OANNES P ALAlOLOGOS wieder Verhandlungen mit dem Papsttum, diesmal freilich viel zurückhaltender als 1355 (vgl. HALECKI Empereur 86). 444 Acta Benedicti XII S. 90 = PG 151 Sp. 1336 C. 446 Mel. Diehl I (1930) 141-5. ·446 SEVCENKO Supposed colony 614 mit Belegen. 447 Ed. J. DARROUZES, REB 19 (1961) 86-109. ·448 Besonders deutlich S. 90 Kap. 6 (Anfang). 449 S. 86 Kap. 1: 'Iwavvov TOU IIaJ... T~V ßaatJ..elav 'Pwflalwv lf)vvoVTO~.

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66 FREMDLÄNDISOHE EINFLÜSSE

werden ... " 450. Dem Papst wird höchstens der Ehrenprimat vor den anderen Patri­archen zugestanden 451.

Allgemein von einer Lateinerfeindlichkeit des Mönchtums zur Zeit des J OANNES KANTAKUZENOS zu sprechen, wäre voreilig. Im Blick auf die UnionsbemühWlgen MrCH.A.ELS VIII. hat H. EVERT-KAPPESOVA mit Recht darauf hingewiesen, wie schlecht der Einfluß und die Stellung dieses sozial Wleinheitlichen Standes zu fassen sei 462. Unter den sozial hochstehenden antipalamitischen Mönchen dürfte sich mancher "latinophron" befWlden haben. Die Haltung des hohen Klerus in der Zeit des J OANNES KANTAKUZENOS ist durch­aus unions- und lateinerfeindlich. Die Patriarchen von Konstantinopel bean­spruchen für sich den Primat 463 und suchen die BeziehWlgen zu den Patriarchen von Antiochien und Alexandrien zur Stärkung der orthodoxen Partei zu festigen. Kein Vertreter des byzantinischen Klerus begleitete den Kaiser J OANNES V. 1369 nach Rom. Bei UnionsverhandlWlgen ist der hohe Klerus überzeugt, daß sich die orthodoxe MeinWlg durchsetzen werde (64.

Prüft man in den Patriarchalakten die Reihe der Personen, die dem lateinischen Glauben abschwören, so ergibt sich, daß die meisten and rw'V Aart'V(()'JI kommen, d. h. aus dem Westen 466. Wichtig an diesem Personenkreis ist, daß sie sich durch dieses offizielle Bekenntnis stärker an die byzantinische Gesellschaft assimilieren wollen, zu der sie offensichtlich als "Lateiner" schlecht Zugang finden. In welchen Schichten der byzantinischen Gesellschaft des 14. Jh. macht sich der westliche Einfluß geltend 1 Die "Lateiner" dringen im 14. Jh. in die gleichen Gesellschaftsschichten ein wie im 12. Jh.: Es sind die höchsten Kreise der byzanti­nischen Gesellschaft, angefangen vom Kaiserhaus, und das Heerwesen, in dem westliche Kontingente in der gesamten byzantinischen Geschichte eine wesentliche Rolle gespielt haben 456.

1321 würdigt das "Triumvirat" keinen Byzantiner der Mitwisserschaft an den Plänen des ANDRONIKOS 111., wohl aber drei vornehme und reiche Genuesen, RAFFO DORIA, RAFFO DE MARI und FREDERIGO SPINOLA als cptAOt 457. Im Zusam­menhang mit einer Papstgesandtschaft, die J OANNES KANTAKUZENOS in seinem Geschichtswerk zeitlich falsch ansetzt, spricht er von seinen in Galata lebenden "Freunden" (rw'V s'V raAai{j. &aif2tß6'ViO)'JI cptAW'V) 458. BeziehWlgen gehen von den

4.50 S. 90 Kap. 6 (Ende). 451 S. 106 (Kap. 25). 452 La societe byzantine et l'Union de Lyon, BS 10 (1949) 29 u. 30. 458 BEOK Kirche 35. 454 MM I, 491-3. HALEOKI Empereur 152, der den Klerus "en principe ... favorables" für eine Union bezeichnet, vergißt die starre GrundeinsteIlung, die gerade aus diesem Dokument spricht. 455 Eindeutig in MM H, 8f., 84, 159, 192, 200, 344, 449, 454, 488, 490. Auch MM I, 50lf., 550f. (aus türk. Gebiet). Herkunft unbekannt: MM I, 365/6, 506/7; H, 343; nur ein byz. Adelsname befindet sich unter den Namen der Konvertiten: ALEXIOS PALAIo. LOGOS (zusammen mit ANTONIUS LOMBARDUS), über dessen Schicksal aber nichts Näheres bekannt ist (MM H, 266) (PAPADOPULOS Palaiologen Nr. 161; Zuweisung berechtigt?). 456 Vgl. R. JANIN Les Francs au service des Byzantines, EO 29 (1930) 61-72 (für die Spätzeit unergiebig). 457 Kant. I, 8: I, 38, 20f. Vgl. BOSOR Andronikos III. 16. m Kant. IV, 9: IH, 62, 12; vgl. zur Chronologie LOENERTZ Ambassadeurs 178 A. 3.

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EINDRINGEN LATEINISCHER ELEMENTE 67

Dominikanern in Pera zur Kaiserin ANNA VON SA VOYEN. Der Guardian der Fran­ziskaner in Pera, HEINRICH, stammte wie die Kaiserin selbst aus Savoyen 469 • Von dem "lateinischen" Kreis des DEMETRIOs KYDONES wurde bereits gesprochen. Ritter aus dem Westen stehen im Dienst des Kaisers. Der 'XaßaAAaetO~ O've MANUEL MESOPOTAMITES erscheint im März 1343 (Reg. 2887) als treuer Anhänger der Palaiologenpartei. Aus dem Namen läßt sich eine Latinisierung der alten byzan­tinischen Familie erschließen. FRANQOIS "DE PERTUXO" aus der Diözese Saint­Flour in der Auvergne "hatte bereits dem Kaiser lange Zeit gedient" (JtOAVV 1jt51] xeovov t5et50VAeV'XoTa ßaO'LAe'i) 460. JOANNES KANTAKUZENOS spricht davon im Zu­sammenhang mit dem Jahre 1348, und so ist es wahrscheinlich, daß der Ritter im Bürgerkrieg als treuer Anhänger des Kantakuzenen auf dessen Seite stand und der engeren Gefolgschaft angehörte. Der Philosoph BARLAAM, ebenfalls zur enge­ren Gefolgschaft des Kantakuzenen zählend, stammte aus Süditalien. Auf die aus­ländischen Elemente in der Dienerschaft des J OANNES KANTAKUZENOS wird noch hinzuweisen sein (vgl. S. 147). Der ol'XiT1]~ des ALEXlOS APOKAUKOS, TCecpei, trägt einen französischen Namen (GEOFFROY) 461. Das lateinische Truppenkontingent im Heer des Adeligen und Gegenkaisers war bedeutend. Die vornehmen lateini­schen Söldnerführer stehen nicht hinter der byzantinischen Gefolgschaft des Ade­ligen zurück: Sie dürfen 1341 dem neuen Kaiser den linken roten Schuh anziehen (vgl. S. 40). Alterprobte lateinische Söldner nehmen am Rückzug des JOANNES KANTAKUZENOS nach Serbien teil und bewachen später wichtige Stützpunkte in der Hauptstadt. Der Genuese FAZZOLATI wird Flottengeneral der Kaiserin ANNA. An dieser Ge­stalt wird die Bedeutung fremdländischer Elemente in der byzantinischen Gesell­schaft besonders deutlich: Der Genuese sammelt um sich eine Gefolgschaft wie ein byzantinischer Adeliger und führt die Wendung im Bürgerkrieg herbei (vgl. Kap. III). Sieben Jahre später ist es wieder ein Genuese, der Korsar FRANCESCO GATTILUSIO, der dem Palaiologen JOANNES V. zum Sieg über den Kantakuzenen verhilft. Der Kaiser verspricht ihm die Hand seiner Schwester. Bis in die engere Adelsgefolgschaft dringen also fremdländische Elemente in die byzantinische Gesellschaft, wobei es auffällt, wie wenig Venezianer dabei in Er­scheinung treten. Leider geben unsere Quellen zu wenig Aufschluß, inwieweit diese Ausländer auch durch Heiraten sich an die byzantinische Gesellschaft assi­miliert haben. Noch eine zweite Beobachtung ist erstaunlich: Die "Freundschaft" des J OANNES KANTAKUZENOS mit dem türkischen Emir UMUR, den der Adelige selbst als seinen besten Freund (cptAo~ wv e~ Ta p,aAtO'Ta KavTa'XovC1]vi[» 462 bezeichnet, hat dem Bürgerkrieg eine entscheidende Wende gegeben. Der türkische Emir URCHAN wird

Ist dieser JOANNES mit JOANNES DE FONTffiUS gleichzusetzen? Vgl. R.-J. LOENERTZ

J oannis de Fontibus ord. Praedicatorum epistula ad abbatem et conventum monasterii nescio cuius constantinopolitani, Arch. Praed. 30 (1960) hier S. 164. m Kant. Ill, 82: II, 503, 8f. Vgl. B. ALTANER Die Kenntnisse des Griechischen in den Missionsorden ... ZKG 53 (1934) 459. <160 Kant. IV, 9: In, 53, 6. Acta Clementis V. Nr. 162. GAY Clement 102 A. 2; 109 A. 2. <161 Kurzchronik 1352 Nr. 45 u. d. Bemerkungen von P. SOHREINER OCP 31 (1965) 360 A. 1. Kant. In, 88: II, 544, 22. <1611 Kant. III, 56: II, 344, 13.

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68 FREMDLÄNDISCHE EINFLÜSSE

der Ehre gewürdigt, die Tochter des JOANNES KANTAKUZENOS zu heiraten. Auf beiden Seiten stehen im Bürgerkrieg starke türkische Truppenkontingente 463•

Ein Eindringen türkischer Elemente in die byzantinische Gesellschaft, das dem Ein­dringen westlicher Elemente vergleichbar wäre, ist trotz allem in einem Staat nicht nachzuweisen, der immerhin schon nach 1371 den Türken tributpflichtig wird 464.

Auch J OANNES KANTAKUZENOS ist nie so weit gegangen, wie E. WERNER richtig bemerkt, daß er "seinem Freund Umur eine Stadt oder einen Landstrich als Äquivalent für dessen Hilfe angeboten hätte 465". Gerade die byzantinische Ober­schicht wie THEODOROS METOCHITES, NIKEPHoRos GREGORAS, DEMETRIOS Ky­DONES und - zu spät - auch J OANNES KANTAKUZENOS selbst erkennt die türkische Gefahr. Einen Verrat des "Feudaladels" hat es nicht gegeben, wohl aber eine unheilvolle Nachwirkung der byzantinischen Tradition, daß bei innerem Zwist die Parteien ausländische Hilfe herbeiriefen ohne Rücksicht auf die Zukunft des byzantinischen Staates 466.

Es gibt nur wenige Anzeichen, daß sich türkisches Blut in der ersten Hälfte des 14. Jh. im Bereich des byzantinischen Staates 467 mit griechischem Volkstum mischt. Die Assimilierung des seldschukisch-türkischen Elementes an die byzan­tinische Gesellschaft macht sich seit dem 12. Jh. nicht nur in der hohen Stellung von Einzelpersonen (z. B. der Großdomestikos AxucH unter Kaiser MANUEL I.), sondern auch im Aufkommen byzantinischer Personennamen türkischer Herkunft wie lleOC1OVx und l:aflovx'YJ~ bemerkbar. Auffallend ist das Auftauchen des Namens Karaman 1333 im Kasandriagebiet entweder als Familien- oder Flurnamen 468.

Die türkische Familie der Melikes hat sich im 14. Jh. mit dem alten byzantini­schen Geschlecht der Raul, dann sogar mit einer mit den Asan verwandten Palaio­login verbunden 469. T've6.",'YJ~, der ol",eT'YJ~ der Kaiserin ANNA, der 1347 mithalf, die Hauptstadt J OANNES KANTAKUZENOS in die Hände zu spielen und offenbar großen Einfluß besaß, war vielleicht türkischer Herkunft 470 •

Hier wäre das Eindringen des türkischen Elements in eine byzantinische engere Gefolgschaft greifbar. So unruhige und entwurzelte Gruppen wie die zahlenmäßig nicht bedeutenden "Turkopuli" wurden auf die Dauer nicht auf byzantinischem Boden seßhaft 471.

488 Seit der Zeit des Kaisers NlKEPHOROS BOTANEIATES (1078-1081) sind türkische (vor allem seldschukische) Söldnertruppen im byz. Heer eine immer wiederkehrende Erscheinung. 464 Vgl. G. OSTROGORSKY Byzance, etat tributaire da l'empire turc, ZRVI 5 (1958) 49ff. 465 WERNER Umur 261. 466 Es übersteigt den Rahmen dieser Untersuchung, die Abhandlung von E. FRANCES La feodaliM byzantine et la conquete turque, Studia et acta orientalia 4, Bukarest 1962, 69-90 im einzelnen zu widerlegen. 467 Dies ist natürlich grundlegend anders in Gebieten, die von den Türken erobert sind. Hier kommt es bald zur Völkervermischung; vgl. G. G. ARN.AKES Die ersten Os­manen (ngr.), Athen 1947, 124/5. 468 Xenophon Nr. 9 vgl. Reg. 2789. 469 V. LAURE NT Une familIe turque au service de Byzance, BZ 49 (1956) vor allem S.360-367. 470 G. MORAVCSIK Byzantinoturcica II, Berlin2 1958, 315. m P. MUTAFCIEV Die angebliche Einwanderung von Seldschuktürken in die Do­brudscha im XIII. Jh., Bulgar. Akad. Wiss. 66, I, 2, Sofia 1943 hier S. 84-89.

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EINDRINGEN TÜRKISCHER ELEMENTE 69

Sie waren zeitweise dem byzantinischen Heer eingegliedert. Wann entstand die Palastgarde der flover6:r:Ol, die sich wohl aus türkischen christianisierten Gefange­nen rekrutierte und bei Pseudo-Kodin in der Mitte des 14. Jh. zuerst näher be­schrieben wird 472~ Nach einem nicht ganz sicheren Zeugnis stammte SIMON ATUMANOS von einem türkischen Vater und einer griechischen, aber nicht ortho­doxen Mutter 473. Ist nur der Charakter der erzählenden Quellen und Urkunden dafür verantwortlich, daß wir über diese türkischen Elemente so wenig wissen, oder wehrte sich die byzantinische Gesellschaft bewußt gegen diese Eindringlinge, die kulturell viel tiefer standen als die "Lateiner" und in ihrem Glauben nach dem Urteil der Byzantiner Heiden waren ~

472 Vgl. STEIN Untersuchungen 55. V. LAURE NT in: Hellenika 5 (1932) 142. m G. FEDALTO Per una biografia di Simone Atumano, in: Aevum 40 (1966) 445f. hier S. 446 A. 5: "ipse de Oonstantinopoli ortus est paterque fuit turcus et mater eius cismati­ca ... " nach RUBIO I LLUCH Diplomatari de l'orient Catala, Barcelona 1947, 492.

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VB. Joannes Kantakuzenos und das Volk

1. Die Fragestellung

Die Haltung des Volkes hat weitgehend das politische Schicksal des J OANNES KANTAKUZENOS nach dem Tode des Kaisers ANDRONIKOS 111. bestimmt. Es wäre zu erwarten, daß der reiche Aristokrat in seinem Geschichtswerk, d. h. der Apolo­gie seines Wirkens, mit Haß und Verachtung vom Volk spricht und etwa wie NIKETAS CHONIATES eine "Pathologie der Volksseele" vor dem Leser entrollt. Zu solchen Gefühlsausbrüchen läßt sich der Adelige niemals hinreißen, abgesehen von gelegentlichen negativen Bemerkungen. Die wenigen Stellen, an denen er über das Verhalten des Volkes reflektiert, berühren sich wie die gelehrten Aus­führungen des Gregoras mit antiken politischen Lehrmeinungen. J OANNES KANTAKUZENOS versucht die Haltung des Volkes zu erklären und zu ent­schuldigen einmal durch den Einfluß von Demagogen, in Thessalonike von den "Zeloten", zum anderen durch den immer wiederkehrenden Hinweis auf den sozialen Gegensatz zwischen Volk und "Mächtigen" in den Städten. Diese Darstellung gilt es im Folgenden kritisch zu betrachten. War das Volk nur durch einzelne wenige Männer verführt, oder stieß J OANNES KANTAKUZENOS auf Ablehnung in weiten Bevölkerungskreisen ~ Wie groß war die Macht dieser Männer wirklich ~ Ist das Verhalten des Volkes nicht auch durch andere Faktoren als nur durch den sozialen Gegensatz bedingt, vor allem durch einen Kampf um politische Rechte und Einflußnahme und durch die Situation des Bürgerkriegs, ausgelöst durch die Thronnachfolgefrage ~ Zu schnell scheint mir die Forschung mit so ge­wichtigen Begriffen wie "Volkskommune" , "Volksaufstand", "Revolution" ge­arbeitet zu haben.

2. Die Terminologie

Die vielfältige Bedeutung des Wortes ,,~ijflo~" im klassischen Sprachgebrauch 474

wirkt auch im Geschichtswerk des J OANNES KANTAKUZENOS noch nach 476. Aus

474 RE V, 1 "Demos" (v. SCHOEFFER) (1903) Sp. 153-161 vor allem Sp. 154. ARNOLD A. T. EHRHARDT Politische Metaphysik von Solon bis Augustin I, Tübingen 1959 106f. (die verschiedenen Bedeutungen von "Mjp.o~"). m LJfjp.o~ als die in einer Stadt lebenden Bewohner: Kant. 1I, 36: I, 518, 20 1eal 0 ofjp.o~ EVOetq. 1eLVOVVeVeL UnoAeaOat. Kant. IV, 38: IH, 277, 16f.: Ol oe Ofjp.ot TWV n6,lewv, öaoL p.~ oLerp0ele1Jaav. Als Steuergemeinde (hier Chios) : Kant. H, 11: I, 379, 11 f.: Tav ofjp.ovoe TWV o1Jp.oalwv avfj1eev elarpoewv. Eine Stelle könnte geradezu als eine Übersetzung des klas­sischen Ausdrucks "senatus populusque Romanus" aufgefaßt werden: Kant. 1I, 29: I, 476, 20: die Genuesen haben gehandelt naea Ta avyxetp.eva ·Pwp.aloL~ 1eal aVTwv Tfi ßov,lfi 1eal Tip o"p.cp.

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ANSÄTZE S~ÄNDISCHEN DENKENS 71

dem Zusammenhang ist meist der Sinn mit einiger Sicherheit zu erschließen, so daß die Unschärfe der Terminologie dem Historiker keine Schwierigkeiten macht. Schwer hingegen ist die Frage zu beantworten: Wer gehörte zum ~fjf'0;'76 nach der Meinung des kaiserlichen Geschichtsschreibers1 ;BRANOS (mv &7f'0v el;), der später in Adrianopel Volksführer ist, war Erdarbei­ter 477. Der Beruf seiner beiden Mitstreiter ist leider nicht genannt. In der ,,0/'vT] E""Ä'YJC1la, die J OANNES KANTAKUZENOS 1347 als Kaiser einberuft, werden zuerst als Teilnehmer die Kaufleute, Soldaten und Handwerker aufgezählt. Erst dann sind "auch nicht wenige aus dem Volk" ("at TOV ~~f'0v ov" oÄlyo/') und die Kloster­vorsteher erwähnt 478. Rechnet der kaiserliche Geschichtsschreiber die Kaufleute und Handwerker nicht zum "Volk"1 Die an der Küste wohnenden Matrosen in Thessalonike und die Seeleute von Konstantinopel sind eindeutig dem ~fjf'0; zu­gezählt '79.

Deutlich unterscheidet J OANNES KANTAKUZENOS auch die f'ÜlO/, 'so vom ~fjf'O;, ohne daß an einer Stelle sichtbar würde, wen er konkret mit dieser Mittelschicht meint. EusTATHIos umschreibt im 12. Jh. die ganze Bevölkerung (n6:VTa;) , die sich ANDRONIKOS 1. zuwendet, als oE f'syaÄOt, oE f'/',,(!ol, oE f'ÜJO/,'Sl. Der Gesprächs­partner (nÄovO'lO;) des "Armen" im Dialog des ALEXIOS MAKREMBOLITES rechnet sich der "Mittelschicht" (f'e0'6T'YJ;) zu 'S2. Der Herausgeber stellt mit Recht fest: "It is important to realize that Makrembolites' Rich do not belong to the very highest strata of Byzantine society." Der Reiche gehört also durch sein Vermögen noch nicht dem "Adel" an. THoMAs MAGISTROS spricht an keiner Stelle von den "Mittleren", auch nicht NIKEPHOROS GREGORAS. PHILOTHEOS redet an einer Stelle von der f'sO''YJ f'o'i(!a 'S3. Zweifellos sind also die "Mittleren" ein Bestandteil des gesellschaftlichen Denkens der Byzantiner, wenigstens der Spätzeit, doch ent­steht der Eindruck, als lege J OANNES KANTAKUZENOS auf diesen Begriff besonderen Wert, um den Eindruck abzuschwächen, daß das ihm feindliche Volk einen weiten Kreis der Bevölkerung umfaßte.

m Wenn Jo. Kant. die Unbildung und Kritiklosigkeit des Volkes besonders hervor­heben will, verwendet er ÖXAO~ undnAfj(Jo~. Kant. III, 1: II, 16, 3f.: ovc5e yd~ äf1T}p,6~ 'l't~e~T}­~oveTo (Jeov~, olov note;;v cptAe;; TO nAfj(Jo~. Kant. III, 1: II, 12, 22: öf1a rj ÖXAO~ <5

c5T}p,(MT}~ c5te(JeVAAet Ti 'l't'Jle~ freeoL dn~yyeAAov. Merkwürdigerweise wird das Wort Aa6~ von Jo. Kant. nicht verwendet, das von allen Termini für "Volk" am meisten neu­tral ist. V gl. aber J o. Kant. Contra Mahomet PG 154 Sp. 460 B. '77 Kant. III, 28: II, 176, lOf.: ... m,andvn neOf1exwv. 478 Kant. IV, 5: III, 34, 7f. 470 Kant. III, 94: Il, 576, 8f. Kant. IIl, 88: II, 545, 2f. 480 Gute Zusammenstellung der Stellen über die p,eaOL bei J o. Kant. bei SEVÖENKO in Einleitung zu MAKREMBOLlTES Dialog 200/201. Es sind vor allem vier Stellen: Kant. III, 29: II, 179, 5f. (die Stellung der "Mittleren"; allgemeine Betrachtung des Jo. Kaut.); Kant. III, 38: Il, 235, 5-8 (die Zeloten zwingen die "Mittleren", gegen J o. Kant. Stellung zu nehmen); Kant. III, 55: II, 334 (die schlimme Lage der "Mittleren" in Didymoteichos); Kant. III, 64: II, 393/4 (das Schicksal des GABALAS, eines "Mitt­leren"). Zu den "Mittleren" auch stark hypothetisch TAFRALI Thessalonique 27-30. m EUSTATHIOS Eroberung von Thessalonike (Bonner Ausg. 393, 1) (ed. KYRIAKIDES 32,8). 482 Dialog 210, 17-20. 483 Vita SABAE Kap. 2 S. 193.

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Wir dürfen annehmen, daß auch die Handwerker, Soldaten und Kaufleute die Sprecher und Gesandten des ,,~ijflO<;" als ihr e Vertretung betrachteten. Im Bürger­krieg ist immer wieder vom Gegensatz zwischen ~v1Ja7:ol und ~ijflo<; die Rede. Weitere Bevölkerungsgruppen sind meist nicht genannt. Dies weist darauf hin, daß ,,~ijfl0<;" eine breite Bevölkerungsschicht umgreift. Sie umfaßt, von den ärm­sten Gliedern der Bevölkerung beginnend, Matrosen, Bauern, Handwerker, Kaufleute und Literaten. Allen, die dem Volk angehören, ist nicht ein bestimmter Beruf gemeinsam, sondern eine bestimmte Höhe des Einkommens und Ver­mögens 484• Die Frage nach der Abgrenzung der fleC10t vom ~ijflo<; bleibt. JOANNES KANTAKUZENOS scheint nämlich auch die "Mittleren" nach dem Beruf vom Volk zu trennen. In Didymoteichos hätten das Heer durch seine Raubzüge und "die Handwerker und alle, die mit der Hände Arbeit ihr Leben fristen" 486 im Gegensatz zu den fleC10t keinen Mangel gelitten - so berichtet er. Gehörte der Bürger den "Mittleren" an, wenn der Besitz eine gewisse Größe überschritten hatte~ Es ist bedauerlich, daß wir hier die Grenze nicht feststellen können. Zählten die fleC10t zum ~ijfl0<;' wenn er als politisch wirksame Gruppe in Erscheinung trat~ Diese Frage läßt sich bei den unten zu erörternden Gesandtschaften der ~v1Ja7:ol, des Klerus und des ~ijflO<; stellen.

3. Die soziale Lage und die politische Wirksamkeit des Volkes unabhängig vom Bürgerkrieg 1341-1347

Die oben versuchte Begriffsbestimmung von ,,~ijflo<;" mußte notwendig von dem soziologischen Aspekt ausgehen, den das Wort seit der Antike hat. Dieser Blick­winkel wird deutlich in der Gegenüberstellung ~v1Ja7:ol, bzw. a(!tC17:ot zu ~ijflO<;. Das Volk wird also der besitzenden, fest abgegrenzten Oberschicht einer Stadt gegen­übergestellt, die zugleich eine Stadt führen kann wie die Gefolgschaft des SYNA­DENOS in Bizye 486 • Mit ~ijflO<; und ~v1Ja7:ol bzw. a(!tC17:ot kann die gesamte Bevölke­rung einer Stadt und einer Insel umschrieben werden 487. Das Volk erfährt seinem sozialen Status und seiner Zahl entsprechend eine andere Behandlung als die kleine Schicht der Mächtigen. 1337 ergeben sich die Städte Akarnaniens dem Kaiser ANDRoNlKos III. freiwillig. Die ~ijflot der Städte werden zum Dank mit "Wohltaten" bedacht, die Mächtigen erhalten 7:tflal und :n;(!6C10~Ot488. Der Kreis der Mächtigen war also abgegrenzt und offenbar genau bekannt.

484 Im Dialog des ALEXIOS MAKREMBOLITES sind die Bauern und Handwerker zu den ntvrrre~ gezählt: S. 210 Z. 8-10. 486 Kant. III, 55: Ir, 334, 5-11. 488 Kant. III, 79: II, 491, 22: ... vrp'mv 1jyero axec50v fJ noÄt~. Der Protostrator hatte in der Stadt reiche Besitzungen. 487 Kant. II, 11: I, 379, 4: ... ",at rwv Xtwv rov~ c5vvarov~ ",at rov c5ijfLov. Kant. III, 57: Ir, 352, 22f.: Beeeotwrat c5e ",atneoreeOt fLeV Ta ßaatÄew~ ne1JfLeVOt oi re Ü(!tarot 6fLOlw~ ",al 6 MjfLo~ ijaav ... 488 BoseH Andronikos III. 136. Kant. Ir, 33: I, 503, 2f. Ähnlich (ebenfalls in Akarna­nien) belohnt ANGELOS •.. rov~ fLeV rwv äÄÄwv .:n:oÄewv c5fJfLov~ ",at rov~ c5vvarov~ (Kant. Ir, 34: 1,511, 14f.). Nicht so deutlich, da hier nicht derc5ijfLo~denc5vvarol, sondern den Sol-

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Im 14. Jh. konnte die Bevölkerung aber auch nach anderen Gesichtspunkten ge­gliedert werden. Diese Gliederung kam sogar im politischen Geschehen zum Aus­druck: In drei verschiedenen Städten sind die Vertreter der ~vvarol, des Klerus und des ~ijttO~ an einer Gesandtschaft beteiligt. Die Aufgliederung ist beachtlich. Hier ist eine durch Bildung und Beruf charakterisierte Gesellschaftsgruppe, ein "Stand", der ohne Zweifel wenigstens in der Provinz gerade in der Zeit der Bürger­kriege politische Bedeutung besaß 489, in der politischen Gesamtvertretung einer Stadt zusammen genannt mit zwei Bevölkerungsgruppen, die nicht durch den Beruf, sondern durch Besitz und vielleicht Herkunft als "Klassen" in Erschei­nung treten. Im Frühjahr 1342 zieht J OANNES KANTAKUZENOS in Didymoteichos das gesamte Volk, nach q;arelat geordnet, und den gesamten Klerus zu Erdarbeiten heran 490.

In den Predigten des Patriarchen PHILOTHEOS und einige Jahrzehnte später in denen des Erzbischofs von Thessalonike, ISIDOR, wird die Bevölkerung nach anderen Gesichtspunkten ständisch gegliedert. In der Schlußparainese einer Predigt spricht PHILOTHEOS nacheinander den Bischof, die Priester ('ieesi~), die Laien (Ot rij~ teew(JVV1')~ E~r6~), die Mönche, die Ehegatten (so die Reihenfolge I), den Magistrat (Ot aexovre~), die Soldaten, die Richter, die Steuereinnehmer, die Honorationen (Ot rij~ nOAlrela~ ne6~elrol), die Bürger ohne Amtsfunktion (so möchte ich Ot l&wrat übersetzen) und die Reichen (Ot nAovrovvre~) an 491. ISIDOR unterscheidet den nOAv~ av()ewno~, zu dem er Leute zählt, die mit Hacke, Pflug, Zimmermanns axt, Säge und Hammer umzugehen wissen, von solchen, die den Staat verwalten (noAlrelav ~lOl~ei(J()al)492. Handwerker und Bauern sind nach Meinung ISIDORS für eine solche Aufgabe nicht geeignet. Die Auf teilung der Bevölkerung wird in diesen zwei Quellen nach ganz verschiede­nen Gesichtspunkten vorgenommen. Die Personen werden sowohl nach ihrer Bil­dung und ihrem Beruf, ihrer Stellung im Leben der Bürgerschaft wie nach ihrem Besitzstand geschieden, wobei die Betrachtungsweisen fließend ineinander über­gehen. Diese Texte sind mit den Quellen aus mittelbyzantinischer Zeit zu ver­gleichen, in denen bereits deutlich ein ständisches Denken zum Ausdruck kommt. KEKAuMENos gibt in den ersten 23 Kapiteln seines sogenannten "Strategikon" Anweisungen, wie man sich im Dienst des Kaisers, im Dienst eines anderen Herrn, als Themenrichter und als Grammatiker oder Philosoph verhalten soll. NIKETAS CHONIATES 493 spricht zuerst den Kaiser als Krieger an, dann die Priester ( 0 t teesi~),

daten und Vertrauten des Kaisers gegenübergestellt wird: Kant. II, 2: I, 322, 23f. Vgl. Reg. 2717. Auch hier geht es um "Wohltaten", konkret um Steuererleichterung. 4S9 Es scheint, daß der Klerus in der Provinz im 14. Jh. größere Bedeutung hatte, als ihm sonst im staatl. Leben von Byzanz zukommt. V gl. H.-G. BEcK Kirche und Klerus im staatl. Leben von Byzanz, REB 24 (1966) 1-24. 490 KaIit. III, 48: II, 289, 13-15. 491 Predigt zum Fest der Rechtgläubigkeit ed. C. TRIANTAPHYLLIS-A. GRAPPUTO Anec­dota Graeca, Venedig 1874, 47-61 hier S. 55-61. Den langen Text kann ich hier nicht ausführlicher zitieren. 402 Exzerpt aus der Predigt auf den hl. DEMETRIOs bei TAFRALI Thessalonique 32 A. 8. Der ganze Predigttext (als Nr. 5) ed. LAURDAs Predigten Isidors, Erzbischofs von Thessalonike auf die Feste des hl. Demetrios, Hellenika Beilage 5 (1964) 1-84 (ngr.). 498 K. SATHAS Bibliotheca medii aevi I, Venedig 1872, 102/3. Übs. F. GRABLER, in: Byz. Geschichtsschreiber XI 1966, 212/3.

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die "aus der Abteilung des Mönchtums" (oE Tfj~ p.ova~lufj~ p.eel~o~), zum Schluß "die Leute des restlichen Standes und die Scharen des gewöhnlichen Volkes" (oE Tfj~ Ta~ew~ Tfj~ ÄOtnfj~ uat TOV Äaw~ov~ d()eol(]p.aTo~). "Die Menge in der Stadt", (nach der Eroberung von Thessalonike im Jahre 1185) sagt EUSTATHIOS, "nicht nur der Militärstand, sondern auch die übrigen, der Weltklerus und der Laienstand : wer könnte angemessene Tränen vergießen~" 494. EUSTATHIOS nimmt also eine Vier­teilung der Bevölkerung vor. Das "Volk" wird nicht genannt. In der mittel- und spätbyzantinischen Dichtung wie z. B. bei HAPLucHErn., PTOCHOPRODROMOS, TZETZES und in der spätbyzantinischen Sozialsatire ist ohne Zweifel ein "Standes­bewußtsein" erkennbar, das den Gelehrten dem Handwerker und Bauern, die gebil­deten Schichten den ungebildeten gegenüberstellt. Stark von antiken, vor allem platonischen Vorstellungen ist das Standesdenken im 5. Buch der CPV(]lU~ uowwvla des Kaisers THEODOROS 11. LASKA.RIS in der ersten Hälfte des 13. Jh. beeinflußt. Dies gilt vor allem für GEORGIOS GEMISTOS PLETHON nach der Zeit des J OANNES KANTAKuzENos. Den Soldaten stehen die Steuerzahler gegenüber, die in zwei Grup­pen eingeteilt sind: die Arbeiter (Bauern, Winzer, Hirten) und die Besitzer der Produktionsmittel. Priester höheren Ranges (Toi~ bd Tfj~ p.elCovo~ Eeew(]vv'YJ~) haben Anspruch auf staatliche Unterstützung, nicht aber die Mönche (Toi~ cplAO­(]ocpeiv cpa(]UOV(]l), die nichts für den Staat leisten. Zum Staatsvolk zählen natürlich auch die Staatsbeamten (oE aexOvTe~ uat bCl(]TaTOVvTe~) mit dem ßa(]lAeV~ an der Spitze. Auch PLETHON spricht nicht allgemein vom "Volk" 496.

Diese Belege sind Beweis, daß Ansätze eines "ordo-Denkens", das im westlichen Mittelalter eine entscheidende Rolle spielt, auch im gesellschaftlichen Denken des Byzantiners greifbar sind. Der allgemeine Begriff "Volk" beginnt sich zu diffe­renzieren. Der ,,~fjp.o~" ist im 14. Jh. in der Verfassungswirklichkeit der byzantinischen Städte eine politisch wirksame Personengruppe 496. Welche konkreten Punkte lassen sich für diese politische Funktion des Volkes anführen ~ Zuerst die Volksversammlungen (8UUA'YJ(]lat). Diese können informativen Charak­ter tragen 497, vor allem aber werden sie bei wichtigen Entscheidungen in der Außen-

494 EUSTATHIOS Eroberung von Thessalonike (Bonner Ausg. 369, 17-19; ed. KYRIAKI­DES S. 6, 12f.) To <5e Bv Til nOAet nA.ij()o~, ov povov TO O'TeaTtWTt~ov, aAAd ~al TO Aomov, öO'ov Bv Leeg. nOAtTelq. Til ~aTd ~oO'pov ~al ÖO'ov <58 Aai'~ov, Tl~ (iv e~ ä~wv <5a~evO'ete; m S. LAMPROS IIaAawAoyeta ~al IIeAono'V1J'YJO'ta~d III, Athen 1926: Denkschrift an Manuel S. 253f. Vgl. F. MASAI PIethon et le Platonisme de Mistra, Paris 1956, 89f. 496 E. KmsTEN Die byz. Stadt, in: Berichte zum XI. Intern. Byz.kongreß, Mü. 1958, 39: "Die byz. Stadt ist auch in der Spätzeit in der Theorie eine Demokratie ... " Nur in der Theorie? Der Satz von E. WERNER Volksbewegung 54, daß "erst die Zeloten daraus (aus den e~~A'YJO'lat) wieder echte Volksversammlungen, an denen alle Bürger teilnahmen und in denen jeder sprechen durfte, machten", ist gegenüber den Quellen unhaltbar. 497 Dazu möchte ich die aus politischen und religiösen Gründen einberufenen Volks­versammlungen unter ANDRONIKOS H. zählen: Stellen bei BECK Volk 67. Pachymeres H, 245, 12f. spricht von einer Zusammenkunft von OL TOV ~Ä.1]eOv ~al povaxol ~al Aao~. APOKAUKOS läßt 1340 naed TOV nA~()ov~ die yeap,para ßaO'tÄ.t~d in der e~~A'YJO'la (Kant. II, 38: I, 540, 9) verlesen. Setzte sich die Versammlung in Didymoteichos (Kant. IU, 24: II, 145, 10f.) nur aus den Anhängern und dem Heer des Jo. Kant. zusammen? Wohl erst nach Beendigung des Krieges mit Genua (Frühjahr 1349) wird KONSTANTIN

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VOLKSVERTRETPNG UND VOLKSFÜHRUNG 75

und Innenpolitik einberufen 498. Die Entscheidungen werden nach Mehrheitsbe­schluß ge faßt 499. Über Einzelheiten der Stimmabgabe, vor allem darüber, ob einzelne Bevölkerungsgruppen Sonderrechte besaßen, finde ich keine Quellen. Wichtig erscheinen folgende Beobachtungen : Die Volksversammlungen gehören zu den festen Einrichtungen im städtischen Leben des byzantinischen Reiches im 14. Jh. nicht nur in der Hauptstadt und in den großen Städten wie Thessalonike und Adrianopel, sondern auch in kleineren Provinz städten (Bizye)60o. Diese Ver­sammlungen haben nicht nur beratende Funktion, sondern fassen wichtige Be­schlüsse. Das Volk hat Mitspracherecht, das die "Mächtigen" zwar zu schmälern suchen, wie die Vorgänge in Adrianopel 1342 zeigen, doch gibt es keinen Beleg, daß die Versammlungen jemals unterdrückt wurden. Gerade das Beispiel der Provinzstadt Bizye macht deutlich, daß der Mjp,o~ nicht nur in der Volksver­sammlung mit entscheidet, sondern auch paritätisch neben Vertretern der aeUl1:Ol

und des Klerus die Ausführung der Beschlüsse übernimmt 601. Diese Rolle spielt der ~fjp,o~ in einer Stadt, die nach der Aussage des JOANNES KANTAKUZENOS von den (]vyye'Vei~ und OlUeiOl des SYNADENOS geführt wurde 602. In Berrhoia wiederholt sich die Abfolge der Geschehnisse in ähnlicher politischer Situation wie in Bizye: Volksversammlung, dann Auswahl von je einem Gesandten aus Volk, Klerus und Üel(]7:0l (JOANNES KANTAKUZENOS nennt sogar die Namen) 603. Nochmals bei der

TAROHANEIOTE8 vor einer be'XA'Y/ala nav~'Y/p,o~ zur Rechnungsablage aufgefordert: Kant. IV, 12: III, 80. Der Patriarch ATHANASI08 droht Kaiser ANnRONIK08 11.: avvaOeolaat ßOVAop,at T(JV Aaov, dqJoetap,ov dn' dp,ßwvo~ 'Xai dvaO'Y/p,a B'XqJwvijaat GLT:o'Xam7Acp navT:l. (R. GUILLAND La correspondance inedite d'Athanase, in: Melanges Oh. Diehl I, 1930, 139). O. P. KYRRI8 betont scharf den sozialen Unterschied zwischen ßOVATJ, der Versamm­lung der Stadthonorationen, und der Volksversammlung in: The political organis8.tion of the Byzantine urban cl8.sses between 1204 and 1341. Liber memorialis Antonio Era. Studies presented to the International Oommission for the history of representa­tive and parliamentary institutions XXVI, Oagliari 1961 (1963), 21-31. Nicht zu­gänglich war mir die Londoner Diss. desselben Verf.: "Urban and rural conditions in the Byzantine empire from the end of the XIII. to the middle of the XIV. cen­tury." 498 V gl. die unten angeführten Versammlungen in Adrianopel, Bizye, Berrhoia und im· Krieg gegen Genua. Dazu die beiden von BEOK Volk 69 angeführten Versamm­lungen über Steuererhöhungen : Kant. IV, 5: III, 34-39 und Nik. Greg. XVII, 4: 854f. 499 Von der durch IRENE einberufenen Versammlung über den Krieg mit Genua sagt ALExI08 MAKREMBOLlTE8: dAAd Vt'Xfj. T:WV nAetOVWv f} V'ijqJo~. Kap. 6, S. 150 ed. P Al'A­

DOPULOS-KERAMEUS, in: Analekta Hierosolymitikis Stachilogias I, Petersburg 1891. Nik. Greg. sagt, IRENE habe neben Senatoren öaot T:OV BvCavT:twv ~TJp,ov avveufJT:eeot elvat B~o'Xovveinberufen (XVII, 1: 846). Dagegen A. MAKREMBOLlTE8: dAAd T:OV~ uno xeiea naVT:a~ aVT:I'Xa B'X'XA'Y/ataaaaa. 600 Ganz anders wie zu LIBANTUS' Zeiten! "Le peuple n'a pas de moyen legal d'exprimer son opinion depuis la disparition des assembIees". P. PETIT Libanius et la vie munici­pale a Antioche au IVe siecle apres J.-O., Paris 1955,220. 601 Kant. III, 79: 11, 490, 10f. (es sind je zwei Vertreter des ~ijp,o~, des Klerus und der lietaT:Ot). 6011 Siehe A. 486. 608 Kant. 111, 57: 11, 353, 7f. Die Botschaft des Serbenkrals wird in der Volksver­sammlung verlesen, die wohl auch die Gesandten ausgewählt hat. St. KYRIAKIDE8 Byz. Meletai, Thessalonike 1937, 202 weist darauf hin, daß in Berrhoia von Archonten nicht gesprochen wird.

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übergabe von Peritheorion sind dvvaTol, Klerus und dfjp,of; in einer Gesandtschaft der Stadt nebeneinander genannt, hier freilich ohne Erwähnung der Parität in der Gesandtschaft 504• Diese drei überlieferten Vorgänge aus verschiedenen byzantini­schen Provinz städten lassen den Schluß zu, daß in den übrigen Städten ähnliche Verhältnisse herrschten. iJfjp,of;, Klerus und aeU1TO/, bzw. dvvaTol vertreten im 14. Jh. eine Stadt in politischen Fragen. Der dfjp,Of; steht in der Verfassungswirk­lichkeit dieser Städte paritätisch neben den übrigen Bevölkerungsgruppen, was noch nichts über die tatsächlichen Machtverhältnisse aussagt. Die Ereignisse in Berrhoia, Bizye und Peritheorion sind nicht denkbar, wenn der dfjp,of; keine Führung oder wenigstens Sprecher gehabt hat. Die erwählten Ge­sandten haben wir uns als solche bevorzugte Persönlichkeiten vorzustellen. Wenn J OANNES KANTAKUZENOS behauptet, daß vor der Volksbewegung in Adrianopel im Herbst 1341 in der Stadt keine Demagogen aufgetreten seien, so heißt das nicht, daß das Volk vorher keine Führer besessen hat. Die TtVSf;, die sich gegen J OANNES KANTAKUZENOS aussprechen und von den dvvaTol körperlich gezüchtigt werden, haben wir uns als Sprecher des Volkes zu denken. Die späteren Volks­führer (der Erdarbeiter BRANOS neben MUGDill'HES und PHRANGOPULOS, ANGE­LITZES in Gratianupolis) dürften schon vorher eine einflußreiche Rolle gespielt haben. Die Demarchen, Bezeichnung der Führer der Zirkusparteien in früh- und mittelbyzantinischer Zeit, sind für das Jahr 1351 in der Hauptstadt als Verbin­dungsmänner zwischen Volk und Kaiser bezeugt 505 , ebenso schon in der Zeit des Patriarchen ATHANASIOS zu Anfang des 14. Jh. 606 • Der nealTwe TOV d~flov, der vV"'TsnaeXof; in der Zeit vor der justinianeischen Gesetzgebung, ist im 14. Jh. reiner Titel ohne Amtsfunktion, der noch von prominenten Persönlichkeiten getragen wird, wie die Gestalt des Nrn:oLAos SIGEROS zeigt 507 • Seiner uns greifbaren Tätig­keit nach zu schließen, dürfte er sich nur wenig mit den Belangen des Volkes befaßt haben. In welcher Lage befand sich nun das Volk im 14. Jh., das wir als eine politisch wirksame, organisierte Klasse in der Hauptstadt wie in den Provinz städten ken­nengelernt haben 1 Konkrete Nachrichten über die Lage des Volkes besitzen wir recht wenig. Der Literat ALEXIOS MAKREMBOLITES beschreibt die Lage der nsv'YjTBf; in den schwärze­sten Farben. Aber seine Schilderung ist von der Rhetorik gefärbt und übersteigert, um Unterstützung zu erbetteln. Die nev'YjTBf;, für die NIKEPHOROS GREGORAS bittet, scheinen in drückenden Verhältnissen gelebt zu haben. Ein Schützling wird ge­schildert, dem es "sogar am Lebensnotwendigen mangelt" (öf; ",at aVTwv ivderJf;

604. Kant. III, 35: II, 214, 22f. 606 Vgl. die auf S. 134 wiedergegebene Stelle aus dem Projekt einer antipalamitischen Synode im Cod. Vat. 2335 über die Demarchen. 606 Nach den wenigen Exzerpten von R. GUILLAND (siehe A. 497) und N. BANESOU (Le patriarche Athanase Ier et Andronic Ir. Paleoloque, in: Academie Roumaine Bull. de la Section Hist. tom. 23, 1, 1942, 23f.) gibt es mehrere 6fJ/-laeXOt, von denen zwei für die Überwachung der Ernährungslage ausgewählt werden sollen. 607 Just. Nov. XIII, 1. Pseudokodin PG 157 Kap. 2 Sp. 32 D und 44 C. Kap. 5 Sp. 57 C: 0 nealt:we TOV 6fJ/-loV ov6' OVTO~ exEt vn'YJeeatav TWel. (VERPEAUX 182, 22f.). Zu SIGE­ROS: Kant. IV, 9: III, 53, 15. MM I, 279-283. Vgl. A. PERTUSI L'omero inviato al Petrarca da Nicola Sigero ambasciatore e letterato Bizantino, in: Melanges Eugene Tisserant Vol. III (Studi e Testi 233), Vatikanstadt 1964, 113-139.

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BEDRÜpKUNG DES VOLKES 77

TWV o.vay"alo.w TVYXavwv 508). PHILOTHEOS spricht nach 1347 von TWV -un' b~elar; 80'xaT'Y/r; "a~ TOV Tifr; Cwijr; ijvay"aO'()at, die sich an den Patriarchen ISIDOR wen­den 609. Sie scheinen aus allen Schichten der Bevölkerung zu kommen. Nicht alle sind wohl nur Opfer des Bürgerkrieges gewesen. Den Wucher der Geldverleiher, gegen die NIKoLAos KABASILAS Stellung nimmt, dürften vor allem die kleinen Gewerbetreibenden zu spüren bekommen haben. JOANNES KANTAKUZENOS be­tont ausdrücklich, daß die Geldverleiher im Bürgerkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die Schuldner suchten sich dieser Blutsauger zu befreien 610.

Der Erdarbeiter BRANos, der Volksführer in Adrianopel, lebte nach der Nachricht des J OANNES KANTAKUZENOS am Rand des Existenzminimums. KASDAN ver­mutet 61l, daß BRANos Knecht war ohne Land- und Viehbesitz. Es ist zweifel­haft, ob der kaiserliche Aristokrat bei der Wahrheit bleibt. Die ~vvaTol fanden immerhin Ende 1344 das Haus des BRANos der Plünderung wert fi12 • GREGORAS kennt eine Bevölkerungsschicht, der die Armut ein ständiger Begleiterist( ijAt"twTtr;) , und J OANNES KANTAKUZENOS spricht von einer Schicht der Habenichtse, die ge­zwungen sind zur Plünderung und Raub (von Adrianopel gesagt) 613. Ergänzt wer­den diese Nachrichten durch Hinweise auf die Armut des Klerus, der - wie ge­zeigt - nicht ohne weiteres mit dem Volk gleichzusetzen ist 614 • Die Bedrängnis des Volkes von Konstantinopel, die in den Briefen des Patriarchen ATHANASIOS am Anfang des 14. Jh. deutlich wird, dürfte sich im Laufe der Zeit eher verschlech-tert als verbessert haben. . Die Haltung der ~vvaTol hat die Lage des Volkes nicht erträglicher gemacht. "Die Großen (oL fleyaAot) besonders (wenden sich) desto mehr (gegen die katholi­schen Richter), je größere Macht und Einfluß sie über die Geringeren (0 L flt"e6Teeot) besitzen. Sie machen sich wenig Gedanken über unrechtmäßigen Besitz 616."

PHILOTHEOS beschreibt die Verhältnisse in Herakleia: " ... er empfand (als neu­gewählter Bischof) sein Amt und die Geschäfte als eine drückende Last, da er täglich ankämpfen mußte gegen den jeweiligen Stadtmagistrat (exovTer; T~V ijye­flovlav), zugleich aber auch gegen diejenigen, die öffentliche Steuern eintrieben; sie freuten sich über die übervorteilung der Armen und über räuberische Machen­schaften gegenüber jedermann, der sich den Führern der Unterdrückten (Tolr; TWV o.~t"ovflevwv neol,O'TaflBvotr;) anschloß, und griffen sie offen und heimlich an. Das Schlimmste aber war, daß der Bischof zusehen mußte, wie die ersten Bürger der Stadt mit ihnen zusammenarbeiteten und den Ehrgeiz hatten, die übervortei­lung und die Machenschaften, die dazu gut waren, noch heftiger zu entfachen;

608 GUILLAND Br. 100 = BEZDEKI XVI bis S. 316. 509 Vita ISIDORI 124, 14. 610 Kant. III, 38: II, 177, 4. 511 Agrarverhältnisse 185. 612 Kant. III, 28: II, 176, 10f. u. Kant. III, 78: II, 485, 22f. 518 Kant. III, 28: II, 177, 22. Nik. Greg. XIII, 10: 673, 24. 614 Vgl. das Testament ISIDoRs MM I, 293. A. a. O. 475: der bei einem Diebstahl ertappte Priester. SEVCENKO Einleitung zu MAKREMBOLITES Dialog 201 nimmt die Gleichsetzung Klerus - f5fJpo~ mit Vorbehalten an. 616 G. J. THEOCHARIDES Die Apologie der verurteilten höchsten Richter der Römer, BZ 56 (1963) 81 Z. 60-62: o[ f5e peya).ot ",al pa).una öacp ",alnUov .wv pt"'eo.eewv MO n6etWnfJ~ ",al f5vvapew~ exovTe~ d).tya .0 e~ dM",wv ",.üa()m f5ta cpeoVTtf5o~ exovaw. Die in der Paraphrase von THEOCHARIDES gegebene Übersetzung halte ich nicht richtig.

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78 KANTAKUZENOS UND DAS VOLK.

diesen nun schloß sich eine andere Gruppe noch üblerer Elemente der Bürger­schaft an, täglich das Unrecht mehrend. Sie gingen mit Gewalttat und Schlägen gegen die Armen vor 616." Den Zwiespalt zwischen ~V'PaTot und MjflO(; vor dem Bürgerkrieg charakterisiert J OANNES KANT.AK.UZENOS selbst: "Das Volk hegte auch schon vorher in Friedenszeiten gegen die äeUITOt große Feindschaft, da es von ihnen hierhin und dorthin gestoßen wurde ... 517." Mit diesen Worten ist weni­ger eine soziale Unzufriedenheit ausgedrückt wie der Unmut, in der politischen Mitbestimmung vernachlässigt zu sein. In Adrianopel kommt der Versuch der ~V'PaTot, den ~fj",o~ seiner Mitspracherechte zu berauben, sehr drastisch zum Aus­druck: Die Andersdenkenden müssen die Peitsche fühlen. Es ist bezeichnend, daß die Mächtigen sich solche Auftritte erlauben konnten. Ich nehme an, daß die ~V'PaTot öfter im Frieden so ihre Macht zeigten. Vergleicht man die hier zusammengestellten Quellenangaben über die Lage des Volkes im byzantinischen Reich etwa mit dem reichen Quellenmaterial, das der Historiker über die Lage des Volkes vor der französischen Revolution zur Hand hat, so wird die Dürftigkeit der Nachrichten über die sozialen Zustände im byzan­tinischen Reich deutlich. Einige Punkte sind aber doch quellenmäßig faßba;r und grundlegend für die Beurteilung der Ereignisse nach 1341: Es bestehen Gegensätze zwischem dem Volk und den Mächtigen, nicht nur wegen der Armut des Volkes, sondern durch. den Kampf für politische Rechte, die das organisierte Volk im Laufe des 14. Jh. immer mehr und mehr erlangt hatte, vor 1341 offensichtlich kampflos. Diese Gegensätze können verschieden stark ausge­prägt sein, je nachdem die Mächtigen dem Volk bestimmte Rechte gewähren, wie in Bizye, oder das Volk unterdrücken, wie in Adrianopel.

4. Die Rolle des Volkes im Bürgerkrieg 1341-1347

Im Bürgerkrieg 1321-1328 tritt der Gegensatz zwischen ~V'PaTot und ~fj",o~ nicht in Erscheinung. überhaupt tritt das Volk in diesen wechselvollen Kriegen nur wenig aktiv hervor. Im Dezember 1327 nimmt das Volk von Thessalonike für ANDRONIKOS 111. Partei und greift so in den Verlauf des Bürgerkriegs ein 518• Die Rolle des dakischen Hirten SIRE BAN bleibt Episode 619, ist aber ein Zeichen, zu welch großer politischer Aktivität die Bewohner des flachen Landes fähig waren, wofür sonst nur noch wenige Beispiele aus der langen Geschichte des byzantini­schen Reiches bekannt sind 620.

616 Ich versuche eine Übersetzung aus der Schilderung der Eroberung von Herakleia ed. C. TRIANT.AFILLIS-A. GRAPPUTO Anecdota Graeca, Venedig 1874, 1 u. 2. Aus der Stelle geht unter anderem die oben behandelte Organisation des Volkes hervor. li17 Kant. IIl, 28: II, 177, 16f.: "al oi TB öfjpm "al :n(!6TB(!ov:n(!o!;' rou!;' u(!larov!;' 8" rov:na(!' avrwv äyeaOaL "al cpe(!eaOaL 8V rfj!;' el(!f]vTJ!;, roi!;' "at(!oi!;' :noÄ.Ä~v exovTB!;' d:nexOetav. 618 Kant. I, 53: I, 271. m Karrt. I, 30: I, 146. 680 Ich zähle dazu die Vorgänge in Didymoteichos. Gestalten wie der Volksführer IVAJLO (vgl. OSTROGORSKY Geschichte 382) gehören der bulgar. Geschichte an.

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DAS VOLK I,N DEN PROVINZSTÄDTEN 79

Ein anderes Bild bieten die Jahre nach 1341: Im Augenblick, als JOANNES KANTA­KUZENOS die Kaiserwürde annimmt und mit roter Tinte unterschreibt, kommt es zu einem Zustand, den er selbst umschreibt: 8(J1:mllaCov at n6A8t' naaat 'Xowfj neo, 7:0-0, aela7:0V,621. Fast sieht es so aus, als habe hier der kaiserliche Aristo­krat unbewußt n6At, mit ~fjp.o, gleichgesetzt. Dieser Satz ist durch die eigene Angabe des J OANNES KANTAKUZENOS einzuschränken, daß westlich von Thessa­lonike sowohl die ~vva7:ol wie der ~fjp.o, auf der Seite des J OANNES KANTAKUZENOS standen 622. Die großen Grundbesitzer scheinen das Land in ihrer Hand gehabt zu haben. Im Herbst 1342, noch in bedenklicher Lage für J OANNES KANTAKUZENOS, schicken sie eine Botschaft an den neuen Kaiser ~86p.8VOt äex8tv a({)(ßv 623. In den Städten, die sich nicht dem Usurpator anschlossen, bleibt das Volk ruhig, so in Bizye und Peritheorion, aber vor allem auch in der Hauptstadt selbst. Jedenfalls ist festzuhalten : Mit d~m Auftreten des J OANNES KANTAKUZENOS als Gegen­kaiser tritt der ~p.o, im Bürgerkrieg aktiv in Erscheinung. Wir können nur in sechs Fällen (von Thessalonike abgesehen) die Angaben des kaiserlichen Geschichtsschreibers durch seine eigenen Nachrichten überprüfen. Die Vorgänge in Skopelos, einer Stadt, über deren politisches Schicksal im Bürger­krieg nichts weiteres bekannt ist, scheinen nicht mit dem Bürgerkrieg im Zusam­menhang zu stehen. Wir wissen nur, daß der ~fjp.o, den Archon (Name unbekannt) gezwungen hat, gegen die Tataren zu Felde zu ziehen 624.

In Rhentina, das sich dem neuen Kaiser im Frühsommer 1342 freiwillig ergeben hatte, war von dem Kantakuzenen eine 200 Mann starke Garnison zurückgelassen worden 626. Als er zu den Serben flüchten mußte, stellt sich der ~fjp.o, - vom Heer des GUY DE LUSIGNAN unterstützt - dieser Garnison entgegen 626.

In Didymoteichos erhebt sich der ~fjp.o, außerhalb der Stadt gegen J OANNES KANTAKUZENOS 627. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß das Volk im Innern der Stadt dazu nicht in der Lage war, da ein zu großes, kanta­kuzenosfreundliches Militärkontingent in der Stadt, dem "Hauptquartier" des neuen Kaisers, stationiert war. Diese Soldaten gehen dann auch gegen das Volk außerhalb der Stadt vor. Wieder, wie vor einigen Jahrzehnten der Daker SIRE BAN und seine Hirten, tritt das Volk des flachen Landes politisch in Erscheinung. Zu Beginn des Bürgerkrieges ergreift das Volk von Pamphilos die erste, beste Gelegenheit, um die vom Anhänger des J OANNES KANTAKuzENos, J OANNES ANGELOS, befestigte Akropolis einzunehmen und den von J OANNES KANTAKUZENOS eingesetzten Archon, MIOHAEL BRYENNIOS, mit drei militärischen Führern ge­fangenzunehmen und nach Konstantinopel zu schicken 628. Von innerstädtischen Auseinandersetzungen ist nichts überliefert.

6111 Kant. UI, 28: 11, 178, 11. 622 Kant. UI, 50: U, 297, 15f. Berrhoia (aas heutige Verria) ist dafür konkretes Bei­spiel (Kant. IU, 57: U, 352, 22f.). 6118 Kant. IU, 53: U, 309, 21. 6114 Kant. IU, 51: U, 303f. 626 Kant. IU, 39: TI, 236, 5f. 626 Kant. IU, 46: TI, 277. 627 Kant. IU, 48: H, 287f. 598 Kant. UI, 30: U, 187 ergänzt durch Kant. IU, 56: TI, 343; vgl. auch Nik. Greg. XU, 14: 621.

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80 KANT.AKUZENOS UND DAS VOLK

Wie dürftig die Berichte über die Rolle des Volkes im Bürgerkrieg sind, zeigt das Beispiel von Gratianupolis: Erst bei der Schilderung der Einnahme der Stadt durch den Kantakuzenen im Frühjahr 1344 erfahren wir, daß sich dort folgende wichtige Vorgänge (schon zu Beginn des Bürgerkriegs 1) abgespielt haben 629:

Die a(!l(l'tOt wurden vom Volk vertrieben bzw. auf der Akropolis gefangengesetzt. ANGELITZES, ein Mann aus den Niederschichten (be rw'V cpaVAQW uat aG~ftw'V) wird von der Palaiologenpartei in Konstantinopel als Archon eingesetzt. Für die Um­kehrung der Verhältnisse nach der Vertreibung der a(!tGrot ist bezeichnend, daß ANGELITZES, wohl der Volksführer in Gratianopel schon vor 1341, seinen Reich­tum, den er durch Fund erworben hat, jetzt offen zur Schau trägt. Wäre er ihm vor 1341 einfach abgenommen worden 1 Wohlhabenheit einzelner Angehöriger des Volkes konnte jedenfalls erst nach 1341 gezeigt werden. Fiel der Reichtum eines Einzelnen nicht mehr stark auf, da das Volk allgemein durch die Güter der a(!tGrot, die man sich angeeignet hatte, in größerem Wohlstand lebte 1 Wuchsen die Volksführer schon selbst in die Rolle der a(!tGrot hinein 1 Von Tötung einzelner "Mächtiger" weiß J OANNES KANTAKUZENOS nichts. Er hätte davon gewiß be­richtet, wenn wirklich Grausamkeiten vorgekommen wären. Die Entwicklung in Gratianopel ist den Vorgängen in Adrianopel sehr ähnlich. über diese bedeutende Stadt, die schon NIKETAS CHONIATES als "eine der reich­sten und mächtigsten makedonischen Landstädte" bezeichnet wird 630, besitzen wir die meisten Nachrichten. Eine Volksversammlung soll Anfang November 1341 über die grundsätzliche Frage entscheiden: Wird J OANNES KANTAKUZENOS als rechtmäßiger Kaiser aner­kannt 1 Es findet also eine Volksversammlung statt, die - wie gezeigt - in dieser Zeit durchaus nicht ungewöhnlich ist. Die ~v'Va'tot sind für den Kantakuzenen, rwer; aus dem Volk - offensichtlich die Volkssprecher - sprechen sich klar dagegen aus. Sie machen von ihrem guten Recht in der Volksversammlung Gebrauch, das das Volk in anderen Städten ungehindert ausübte. Daraufhin werden sie von den "Mächtigen" körperlich gezüchtigt. Der Zwiespalt in der Stadt entzündet sich also nicht wegen sozialer Fragen, geschweige daß sozialrevolutionäre Parolen den Anlaß zum Aufruhr gaben. Solche Parolen treten erst im Laufe der Ausein­andersetzungen hervor. BRANOS ruft dazu auf, die ~v'Va'tot der Güter zu berau­ben 631. Der Anlaß zur Unruhe wird von außen durch die strittige Kaiserfrage, die den Bürgerkrieg entfacht, in die Stadt hineingetragen. Die weitere Darstellung der Vorgänge durch J OANNES KANTAKUZENOS läßt viele Fragen offen. Die drei na­mentlich genannten Volksführer, die in der Nacht nach der Volksversammlung zum Gegenschlag aufrufen, dürften schon vorher zu den Volkssprechern gezählt haben. Nun behauptet der Kantakuzene, daß fast alle ~v'Varot (nA1}'V oAtyW'V) ge­fangengenommen und ihrer Häuser beraubt wurden. Es wäre aber m. E. falsch, den Vorgang zu dramatisieren. Von Blutvergießen berichtet J OANNES wie in Gratianopel nichts 632 • Man plünderte die Häuser der Gegner, die als gefährliche

529 Kant. III, 69: II, 425f.; vgl. Nik. Greg. XIV, 4: 703, der keine Einzelheiten weiß. 530 Nik. Chon. 9. 581 Kant. III, 28: II, 176, 17. 582 WERNER Volks bewegung 53 A. 82 (Hinweis auf Kant. III, 28: 11, 179) behauptet, einige "Mittelbfuger" seien in Adrianopel ermordet worden. Die Stelle steht aber in einer allgemeinen Erörterung (179, 2 f.).

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DAS VO~K VON ADRIANOPEL 81

personi ingrati, die jederzeit die Stadt verraten konnten, nach Konstantinopel abgeschoben wurden 633. Weitere Nachrichten lassen daran zweifeln, daß fast alle "Mächtigen" exiliert wurden. In dem Augenblick, als sich die Stadt bereits in den Händen der Volkspartei befindet, kann J OANNES KANTAKUZENOS heimlich mit den aexO'VTSf; über die übergabe der Stadt beraten. Wen meint der Kantakuzene hier mit diesem Ausdruck 534? GREGORAS spricht von einer 8Tateela der ne oVX0'VTSf; , die die Tore öffnen wollten 535. Die Maßnahme, die Anhänger der anderen Partei aus der Stadt zu entfernen, war also durchaus berechtigt. Was hatte sich nach der Plünderung einiger Häuser geändert, was war erreicht? 600 Soldaten aus der Hauptstadt haben im letzten Augenblick durch günstige Umstände die Stadt für die Palaiologenpartei erhalten können 636. BRANOS, der Erdarbeiter, der die Volkspartei zum Sieg führte, war von ANNA mit der Bewa­chung der Stadt betraut worden; der Archon aber kommt von der Zentralregie­rung : Es ist ein Sohn des ALEXIOS APOKAUKOS, MANUEL. In der Zeit vor seiner Einsetzung kurz nach dem Aufstand gegen die Mächtigen werden Verhandlungen mit dem Bulgarenzaren ALEXANDER aufgenommen 637. Hier zeigt sich, wie konse­quent die Volksführer handeln: ALEXANDER wurde nur gerufen, um die Stadt vom militärischen Druck des Kantakuzenen zu entlasten. Vom byzantinischen Reich abzufallen, war nicht beabsichtigt. Dem Zaren bleiben die Tore der Stadt verschlossen. Nur eines hatte die Volkspartei versäumt: Unter den Anhängern des Kantaku­zenen etwas gründlicher aufzuräumen und ihre Macht wirklich zu brechen. Dies rächt sich Ende 1344 638. Wieder bespricht sich J OANNES mit seinen cpLAOt wie im Winter 1341/2. Diesmal gelingt es ihnen, vielleicht in der Tat durch die Gleich­gültigkeit des Volkes, das durch den langen Krieg zermürbt war, der Volkspartei, BRANos an der Spitze, Herr zu werden. Die ~v'VaToL gebärden sich nun um keinen Deut besser als das Volk, das sich bereichern will und lüstern ist auf Raub, wie J OANNES KANTAKUZENOS betont. Die hohen Herren plündern die Häuser der Anhänger der Volkspartei. Dann begehen sie nur den einen Fehler, sich im un­rechten Augenblick im voreiligen Siegestaumel sinnlos zu betrinken. Sie werden überrumpelt. Daß es nun zu Blutvergießen kommt, ist verständlich. Aber nicht einmal zu diesem Zeitpunkt wird allzu streng mit den "Mächtigen" verfahren. Einige werden gefangengesetzt, einige werden vertrieben. J OANNES KANTAKUZENOS schließt den Bericht mit dem bezeichnenden Satz: "Die Stadt war wieder in der Hand des Branos und der Anhänger der Kaiserin" (TOrf; neClr:TOVO't Ta ßa(1tAL~of;). Im nächsten Jahr muß sich dann die Stadt unter dem Druck der Kriegsläufte dem Usurpator ergeben 539. Es bleibt, die Rolle des hauptstädtischen Volkes im Bürgerkrieg zu behandeln. Hier ist es wichtig, über das Jahr 1347 hinauszugreifen. Denn erst in dieser Zeit,

688 Kant. III, 29: H, 179. U4 Kant. IH, 30: H, 187, 8f. Wir müssen annehm.en, daß der "Magistrat", womit "aexovur;" zu übersetzen wäre, vom Volk eingesetzt war. Jo. Kant. hat schwerlich geglaubt, bei ihnen Erfolge zu erzielen. 686 Nik. Greg. XII, 14: 620. 686 Kant. IH, 30: II, 188, 9f. 637 Kant. IH, 29: H, 179/80. 688 Die folgenden Ereignisse: Kant. IH, 78. !j8ß Kant. IH, 85: H, 525-529.

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als J O.ANNES KANTAKUZENOS die Stadt in der Hand hat, wird deutlich, daß das Volk von Konstantinopel nicht anders reagiert als der MjfJ,or; in den übrigen Städten. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß in keiner Stadt, die dem neuen Kaiser nicht die Tore öffnen wollte, eine Volksbewegung erkennbar ist. So auch in der Hauptstadt. JOANNES K.ANTAKUZENOS wie NIKEPHOROS GREGORAS spricht davon, daß APo­KAUKOS den MjfJ,or; durch Demagogen mobilisiert habe 640. Das Ziel war, Stim­mung für den jungen Palaiologen zu machen und die "Freunde" des Kantaku­zenen zu terrorisieren. Vor allem die Matrosen (TO "avnx6,,) sind zu Mord und Totschlag bereit und beseitigen die Mörder des APOKAUKOS6U. Das Volk der Hauptstadt war leicht erregbar und bis 1347 nützte die Regierung diese Eigen­schaft für ihre politischen Zwecke. Pm:r.OTHEOS behauptet, daß 1341 Gefahr be­stand, daß BARLAAM vom MjfJ,or; getötet wurde 642. Die Rolle des Volkes bei der August synode 1341 und bei der Synode 1351 wird noch ausführlicher zu behan­deln sein (Kap. IX u. XI). Wer es wagte, die Stadt dem Kantakuzenen in die Hände zu spielen, riskierte seine Haut. Ein Angehöriger aus der Gefolgschaft ISIDORS, des späteren Patriarchen, konspirierte heimlich mit J O.ANNES K.ANTA­KUZENOS, der vor der Hauptstadt stand. Von oben gelenkt, gefährdet eine OeaC1eia OefJ,,,, TOV tJ~fJ,ov das Haus des Verräters 643. Wie dieser wirklich gerettet wurde, verrät die hagiographische Darstellung nicht. Ein offener Aufstand des Volkes gegen JOANNES nach Februar 1347 war zwecklos. Der neue Kaiser hatte die Stadt mit seinen Truppen in der Hand. Aber überall machte sich offener und heimlicher Widerstand bemerkbar: in der Volksversammlung, die eine Steuererhöhung be­rät, sogar in höchster Gefahr im Krieg gegen Genua, in der Synode von 135pu. 1354 war es dann so weit, daß die Kaiserin befehlen mußte: "Männer mit Militär­begleitung sollen herumgehen, um das Volk einzuschüchtern 646." Bei der ersten Gelegenheit, die sich bot, erhob sich dann das Volk, als die Nach­richt durchdrang, der Palaiologe J OANNES sei in der Stadt. J OANNES K.ANTAKU­ZENOS mußte schließlich nachgeben, bezeichnenderweise erst am dritten Tag 646. Er scheint doch noch auf militärische Verstärkung gehofft zu haben, um der Volkswut Herr zu werden. Es wurden die Häuser der Anhänger des J OANNES KANTAKUZENOS geplündert; gegen FAZZOLATI, der 1347 wesentlich dazu beigetragen hatte, die Stadt dem Kantakuzenen in die Hände zu spielen, richtete sich der Haß besonders. Die Kanta­kuzenosfreunde mußten für ihr Leben fürchten, z. B. der Hegumene des von J OANNES geförderten Charsianitenklosters 547. Diese Vorgänge sind m. E. durchaus mit den Ereignissen bei der Vertreibung der tJv"aTo[ in den Provinz städten zu vergleichen. Der Unterschied liegt darin, daß

640 Kant. III, 22: II, 137. Mit ähnlichen Worten: Kant. III, 35: II, 212, Uf. Nik. Greg. XII, 11: 608. 54.l Kant. III, 88: II, 545. 542 Enkomion auf GREGORIOS PALAMAS PG 151 Sp. 599D. 548 Vita ISIDORI Kap. 42 S. 104/5. 5U Kant. IV, 6: III, 39. Zur Volksversammlung im Krieg gegen Genua siehe A. 499. 54ö Kant. IV, 35: III, 255, 16f. 6<16 Kant. IV, 39: III, 284. Vgl. zu diesen Vorgängen Kap. IV. ö47 Matthaios (HUNGER) 298, 29f.

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DIE VOLKSAUFS;rÄNDE ALS .. KLASSENKAMPF"? 83

in Konstantinopel ein Kaiser aus der Schicht der ~v'IJa7:ol mit seinem Anhang ver­trieben wird zugunsten eines anderen Kaisers, für dessen Dynastie sich das Volk nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch der Provinz seit 1341 entschieden hat.

5. Die Beurteilung der Rolle des Volkes im Bürgerkrieg 1341-1347

Die verschiedene Rolle des Volkes in den Bürgerkriegen 1321-1328 im Vergleich zum Krieg 1341-1347 halte ich für den Schlüssel zum Verständnis für die Vor­gänge nach 1341: Nach 1321 stehen sich zwei Kaiser aus derselben Dynastie gegenüber, 1341 ist zu entscheiden zwischen JO.ANNES K.ANTAKUZENos, einem Vertreter der grundbesitzenden Aristokratie, wie ich ihn in Kap. I zu zeichnen versuchte, und einem unmündigen Thronanwärter aus einer Dynastie, die immer­hin schon fast ein Jahrhundert das Reich regierte. Die oben geschilderte Lage des Volkes dürfte sich in den 20 Jahren wenig grund­sätzlich gewandelt haben. Aber erst 1341 erhebt sich das Volk. Nicht der Bürger­krieg als solcher war also zündender Funke für lange schwelende Spannungen, sondern der sozialpolitische Aspekt des Krieges nach 1341. Der Thronanwärter J OANNES K.ANTAKUZENOS ist hervorragender Vertreter der besitzenden Klasse. Wird der Bürgerkrieg deshalb zum "Klassenkampf" 1 Es lag nahe, daß die ~v'lJa7:ol in J OANNES einen Vertreter ihrer Interessen erblicken konnten, sobald er die Macht erlangen würde. Trotzdem schließen sich viele ~v'lJa7:ol dem Adeligen nicht an 64.8. Leider ist die kurze Zeit seiner Regierung zu wenig profiliert, um zu erkennen, daß er eindeutig die besitzende Klasse bevorzugt hat. Die Steuererhöhungen, die so böses Blut verursachten, waren nicht gegen das Volk gerichtet, sondern waren wegen der finanziellen Notlage des Reiches erforderlich 64.9.

Die Gegenpartei kam dem Volk entgegen, soweit es ging. Eine "Volkspartei" ist sie nie geworden. Die Kaiserinmutter war eine Ausländerin, ebenso stammten einige Generäle aus dem Ausland wie F AZZOLATI. Andere führende Mitglieder der Partei gehörten zu den äeU17:0l wie J O.ANNES KANTAKUZENOS selbst. Der leitende Staats­mann ALEXIOS APOKAUKOS war ein reicher Emporkömmling. Zu der Partei zähl­ten Personen, die auf Kosten des Volkes ihr Glück gemacht hatten wie JO.ANNES VATATZES. Man kam dem Volk entgegen, indem man das Volk die Häuser der Gegner plündern ließ und Volksführer Posten erhielten. Bezeichnenderweise wird aber in dem wichtigen Adrianopel BR.ANOS nicht Archon wie ANGELITZES in Gratianupolis, sondern nur Führer der städtischen Verteidigung. In Adrianopel kommt der Archon von der Hauptstadt selbst. Mit sozialpolitischen Ideen, die immerhin in Ansätzen in den Köpfen einiger Literaten herumspukten, konnte oder wollte man das Volk nicht gewinnen. Es gab kein soziales Programm der Palaio-

548 Vgl. Kap. III. So steht auch das von der Gefolgschaft des SYNADENOS beherrschte Bizye J 0 Kant. ablehnend gegenüber. 64.9 FRANOES Volksbewegung 146 beurteilt die Kant. IV, 12: III, 80/1 erwähnten Steuern auf "von auswärts" eingeführtes Getreide und auf Wein als Versuch, "den Absatzmarkt der Produkte der Feudalgüter zu schützen".

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84 KANTAKUZENOS UND DAS VOLK

logenpartei 560. Nicht einmal eine Steuererleichterung wurde diesmal in Aussicht gestellt wie 1327 551• "Demagogen" machten für den jungen Palaiologen Stim­mung und hetzten gegen die Freunde des Adeligen. Gewisse Züge eines Klassenkampfes bekommt der Bürgerkrieg erst in den Städten selbst: In dem Augenblick, in dem der Mj/1,or; sich für den Palaiologen entscheidet, wird aus einer sozialen Schicht eine kriegführende Partei im Bürgerkrieg. Zu den sozialen Spannungen, zu dem Kampf um Mitspracherecht in der städtischen Politik tritt die Furcht, die Gegenpartei der aeU17:Ol könnte die Stadt ausliefern. Es ist nun im einzelnen nicht mehr auseinanderzuhalten, ob man die aeU17:Ol ge­fangensetzte und vertrieb, um die Macht der oberen Schicht zu brechen und die Besitzverhältnisse zu ändern, oder ob die Notwendigkeit des Bürgerkriegs die Gewaltmaßnahmen veranlaßte. Immer ist zu beachten, daß die ~v'Va7:ol nur in den Städten vom Mjflo~ angegriffen werden, in denen Gefahr bestand, daß die Stadt J OANNES KANTAKUZENOS ausgeliefert würde. So viel ist aber doch zuzugeben: Durch die Situation des Bürgerkrieges kommt es zu einem "governmental change through violence" 552 d. h. einer Revolution im landläufigen Sinn mit starkem sozialem Akzent innerhalb einer Stadt 553. Das Verhältnis zum Reich und zur Hauptstadt wird nicht angetastet, ja gestaltet sich vielleicht noch enger als früher. Die Administration (gelenkt von der Zentralregierung) bleibt bestehen. Es fehlen die Schlagworte, die moderne Revolutionen kennzeichnen, es fehlt das sozialrevo­lutionäre Programm. Es fehlen jede Anzeichen, daß das Eigentum der aeU:17:0l grundsätzlich in Frage gestellt wird. Plünderungen kommen in jedem Krieg vor und wurden von den ~v'Va7:ol in Adrianopel in gleicher Weise durchgeführt wie vom Volk. Auffallend ist weiter die milde Behandlung, die die aeurrol in den Städten erfahren und die dem Volk dann zum Verderben wird. So scheint mir keine Bezeichnung für die Rolle des Volkes nach 1341 voll zutreffend: weder der Begriff "soziale Unruhe", noch die Worte "Revolution", "Aufstand", "Klassen­kampf" 654.

660 Ob jemals ein solches in Byzanz entwickelt wurde, ist zu fragen. G. G. PLETRON greift auf Platon zurück. Inwieweit haben die Gedanken des NIKOLAOS KABASILAS und des ALEXIOS MAKREMBOLITES weitere Kreise erfaßt? Bei der Erhebung des TROMAS handelt es sich wohl um kein eigentliches Sozialprogramm (vgl. zusammen­fassend P. LEMERLE Thomas le slave, in: Travaux et Memoires 1 [1965] 255-297). Auch die beabsichtigte Neuverteilung der Soldatengäter (Pachymeres H, 258, 13-18) ist kein umfassendes "Programm". 651 BoseR Andronikos IH. 42; Reg. 2689. 658 P. A. R. CALVERT Revolution: The politics of violence, Political Studies 15 (1967) 1-11 hier S. 2. Zur Entwicklung des Begriffs "Revolution": H. ARENDT Über die Revolution, München 1965, 33f. Vgl. auch K. GRmWANK Der neuzeitliche Revolutions­begriff, Jena 1955. 668 Mit verschieden gesetzten Akzenten betonen das Zusammenwirken von sozialem Aspekt und der Frage der Thronnachfolge ebenfalls: CHARANlS Strife 221. YAKOVENKO in der Bespr. von TAFRALI VV 21 (1914) 184. A. A. VAsILmv History of the Byzantine Empire H, Madison 1929, 397. 664. Die moderne Forschung ist auch mit der Anwendung des Begriffes "Revolution" für die Entwicklung der antiken griechischen Geschichte sehr zurückhaltend. V. EHRENBURG Der Staat der Griechen 1. Der hellenische Staat, Darmstadt 1960, 37/38: "Es ist bezeichnend, daß trotz Tyrannis und Bürgerkrieg von einer eigentlichen Revo­lution im archaischen Griechentum nicht gesprochen werden kann. Die Demokratie

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DIE ABNEIG-m;;rG GEGEN KANTAKUZENOS 85

Die Volksbewegung nach 1341 stellt m. E. ein völliges Novum nicht nur in der byzantinischen Geschichte, sondern in der des Mittelalters überhaupt dar. (Die gleichzeitige "Kommune" in Genua stand nicht in einem Reichsverband und beruht auf anderen geschichtlichen Voraussetzungen.) Die Revolten vor allem in der Hauptstadt waren immer nur kurzzeitig. Wenn ein governmental change beabsichtigt wurde, so nur im Wechsel der Kaiser. Das gemäßigte Volksregiment in verschiedenen Städten nach 1341 überdauerte Jahre und fand sein Ende nur durch die Militärmacht des Kantakuzenen. Grundlegend für alle Vorgänge im Bürgerkrieg ist die Abneigung des Volkes gegen J OANNES KANTAKUZENOS. Die Behauptung des kaiserlichen Geschichts­schreibers, diese Abneigung sei nur östlich von Thessalonike zu beobachten ge­wesen, läßt sich nicht mehr kontrollieren. Diese Abneigung, ja geradezu dieser Haß blieb nicht auf den Bürgerkrieg beschränkt. Im September 1351 kommt es in Adrianopel zu Straßenkämpfen, da das Volk dem Kaiser J OANNES KANTAKuzENOS und seinem Sohn den Zutritt zur Stadt verweigern will, während JOANNES V. freudig aufgenommen wird 655. Die starke Ablehnung des Volkes der Hauptstadt gegen KANTAKUZENOS nach 1347 ist oben dargelegt. Die Gründe für diese Abneigung sind nur noch zu erschließen, da offensichtlich Gefühlsmomente eine starke Rolle gespielt haben. JOANNES KANTAKUZENOS ent­behrte der "Legitimität der Familie ... welche das byzantinische Volk von seinen Kaisern spätestens seit dem 9. Jh. zu fordern pflegte" 566. Demagogen hetzten das Volk gegen den Adeligen auf und behaupteten, er trachte dem jungen Palaio­logen nach dem Leben. Vor allem aber war der Kantakuzene der Exponent einer Oberschicht, die im Gegensatz zum Volk stand. Ob auch der Unmut des Volkes eine Rolle spielte, bei der Kaiserwahl übergangen zu sein, wie P. CHARANIS an­nimmt 567, ist fraglich. Das Volk hatte unter den türkischen Hilfstruppen, die J OANNES KANTAKUZENOS zur Seite standen, schwer zu leiden. Sie plünderten, brandschatzten und versklavten die Bevölkerung. Eine Zuneigung des Volkes zum Adeligen war so nicht zu gewinnen. Mit Waffengewalt hat der Kantakuzene die Herrschaft des Volkes in den Städten gebrochen. Rückwärts blickend möchte ich modernen östlichen Historikern zu­stimmen, die in dieser Reaktion ein Unglück für das byzantinische Reich sehen. Durch die - sehr gemäßigte - Herrschaft des Volkes in den Städten wäre eine Umwandlung der Besitz- und Machtverhältnisse eingeleitet worden, auch wenn keine sozialen Theorien ausdrücklich im Hintergrund standen. Vertreter der alten Ordnung haben diesen Wandel mit Recht gespürt und ihn als Unrecht verur­teilt 568. Die Regierung in Konstantinopel war anerkannt, das Kaisertum aber wäre gezwungen gewesen, je länger je mehr auf den Machtfaktor "Volk" in der Provinz und in der Hauptstadt Rücksicht zu nehmen vor allem in sozialer Hinsicht. Stärkere föderative Züge in der Verfassung des Reiches wären die Folge gewesen.

entwickelt sich organisch (was na,türlich Widerstände und Kämpfe nicht ausschloß) aus dem AdelBBtaat und die radikale Demokratie organisch aus den gemäßigten Formen." 565 Kant. IV, 32: III, 238f. 558 DÖLGER Legitimist 203. 667 CHARANIS Strife 220. 658 Dem. Kyd. 2. oratio ad Cantacuzenum ed. CAMMELLI in: BNJ 4 (1923) 79, 15f.

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Vill. Joannes Kantakuzenos.und das Volk von Thessalonike

1. Die Fragestellung

Mit Recht hat I. SEVCENKO betont 669, daß die Forschung vorerst Einzelaspekte der sogenannten "Zelotenherrschaft" in Thessalonike untersuchen muß, bis neue Quellen für die Vorgänge von 1342-1350 vorliegen. Die Fragen, die ich über das Verhältnis des reichen Aristokraten zum Volk ge­stellt habe, sollen nun am Fall der Stadt Thessalonike gesondert behandelt wer­den, da hier besonders viele Nachrichten vorliegen und die Vorgänge sehr viel­schichtig sind. Ich gebe hier also keine ausführliche Schilderung der Geschichte der Stadt von 1341 an, sondern greife vor allem die Vorgänge heraus, die das Ver­halten des Volkes und die Stellung der Stadt zum Reich charakterisieren und An­haltspunkte für eine von der bisherigen Forschung abweichende Beurteilung bieten.

2. Die soziale Lage und die politische Wirksamkeit des Volkes von Thessalonike unabhängig vom Bürgerkrieg 1341-1347

über Bevölkerungszahl, Handel und Gewerbe in Thessalonike, ohne Zweifel der bedeutendsten Stadt im byzantinischen Reich neben Konstantinopel im 14. Jh., sind wir schlecht unterrichtet 660. Entscheidend für die Fragestellung dieser Unter­suchung ist, daß nach neueren Forschungen wohl eindeutig feststeht, daß die Stadt als Handelsplatz sowohl für die Genuesen wie für die Venezianer keine her­vorragende Bedeutung im 14. Jh. besaß. Noch wichtiger ist, daß keine direkten Einflüsse der politischen Vorgänge in Genua auf Thessalonike im Bürgerkrieg nach 1341 bestehen 661. Die politischen und sozialen Verhältnisse beider Städte sind in ihrer Struktur verschieden 662. Thessalonike besaß bereits in der Komnenenzeit Vorrechte und Privilegien, die 1205 von BALDUIN VON FLANDERN663 und 1246 bei der Rückkehr der Stadt ins nizänische Reich von Kaiser J OANNES DUKAs V ATATZES bestätigt und erweitert werden 664. Im Laufe des 14. Jh. wird die Stadt mit weiteren Privilegien bedacht.

660 Supposed colony 603/4. 680 TAFRALI Thessalonique 15-17; 117-129. 681 F. THIRIET Les Venitiens a Thessalonique dans la premiere moitie du XIVe siecle, B 22 (1952) 323-332. SEVOENKO Supposed colony passim. HROOHOVA Zeloten passim. 682 V. VITALE Storia di Genova I, Genua 1955 131ff. Aufschlußreiche Bemerkungen zur Sozialstruktur auch des XIV. Jhs. bei J. HEERS Genes au XVe siecle, Ecole prati­que des hautes etudes - VIe section. Affaires et gens d'affaires XXIV, 1961, 511 ff. 688 BRATIANU Privileges 108. 684 ÜSTROGORSKY Geschichte 363. Reg. 1790. TAFRALI Thessalonique 67.

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"AUTONOM1E" VON THESSALONIKE 87

Vor 1316 .bestimmt ein kaiserliches Chrysobull, daß die Liegenschaften der Bür­ger in der Umgebung der Stadt steuerfrei sein sollen 565 • Die Gesandten, die 1345 mit J OANNES KANTAKUZENOS über die Übergabe der Stadt verhandeln, verlangen außer Sonderrechten für Einzelpersonen für die Stadt "allgemeine Steuerfrei­heit" (a-re.ABlav 'Kowfj 7:fj n6ABl) 666. Leider kennen wir die Bestimmungen der Privilegien nicht, die 1350 den Bewohnern von Thessalonike gewährt wurden 667.

Der Satz von TAFRALI ist trotz aller dieser Nachrichten berechtigt: "Toutefois il est bien difficile d'etablir quels etaient au juste ces privileges de Thessalonique 668 ."

Dabei ist die Kenntnis der "Autonomie" von Thessalonike, von der NIKEPHoRos GREGORAS für die Zeit vor 1342 spricht 569 , für die Beurteilung der Stellung des Volkes im Bürgerkrieg nach 1341 wie der Stellung der Stadt zum byzantinischen Reich von entscheidender Bedeutung. Um diese "Autonomie" näher zu fassen, kann als Analogie auf die Privilegien verwiesen werden, die 1319 der epirotischen Stadt Joannina bei der Rückkehr ins byzantinische Reich verliehen werden 670.

Vor allem Punkt vier ist hier wichtig: Neben dem kaiserlichen Statthalter sollen Bürger der Stadt als "Richter" ('Kel7:at) über alle Angelegenheiten entscheiden außer den kirchlichen 671. Auch für Thessalonike dürfte feststehen: Neben dem kaiserlichen Statthalter besteht bereits vor 1341 eine Behörde der städtischen Selbstverwaltung. Von hier aus erscheint der im Bürgerkrieg sichtbare Vorgang, daß zwei Archonten an der Spitze der Stadt erscheinen, weniger auffällig. Sind auch die Gegner des NIKOLAOS KABAsILAs in seinem sogenannten "Antizeloten­dialog" Vertreter dieser städtischen Selbstverwaltung in der zweiten Hälfte des 14. Jh.1 Diese Hypothese findet im Text ihre Bestätigung: Die angegriffenen Behörden pochen auf das Gewohnheitsrecht, ihre Maßnahmen treffen sie zum Wohle des Gemeinwesens, zur Sicherheit und zur Verteidigung, auch wenn sie dabei alte kaiserliche wie kirchliche Gesetze verletzen. Vor 1341 sind zwar mehrere Versuche nachweisbar, Thessalonike vom byzanti­nischen Reich abzutrennen. Aber sowohl die Pläne der Kaiserin IRENE, die Thes­salonike als eine Art westliches Lehen auffaßte 672, wie die Versuche des Panhy­persebastos JOANNES PALAIOLOGOS 673, die Stadt vom Reich abzuspalten, gehen von einzelnen Großen aus und finden keinen Widerhall im Volk. Im Bürgerkrieg zwischen den beiden Palaiologen ANDRONIKOS 11. und ANDRoNIKos 111. nimmt das Volk für den jungen Thronprätendenten Partei und belagert im Dezember 1327 für ihn die Akropolis. Die Geschichte des Kaisers ANDRoNIKos 111. zeigt, wie eng seine Regierung mit der Stadt Thessalonike verbunden ist. Schon vor 1341 wird also das Verhältnis der Stadt zum Reich von zwei scheinbar sich widersprechenden Merkmalen geprägt: einer weitgehenden Autonomie und

565 Reg. 2369. 566 Kant. III, 94: II, 574, 8 f. 567 Reg. 2962 (Quelle: Kant. IV, 15: III, 105, 16). 568 Thessalonique 68. 669 Auf die Stelle Nik. Greg. XIII, 10: 674, 8 hat TAFRALI a. a. Ü. S. 68 mit Recht hingewiesen. 570 ÜSTROGORSKY Geschichte 410f. Reg. 2412. 671 MM V, 81 Z. 6-10. 672 BECK Metochites 9f. 678 ÜSTROGORSKY Geschichte 413. BoscR Andronikos III. 39-41. TAFRALI Thessalo­nique 214.

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88 DAS VOLK VON THESSALONIKE

der Bindung zum Reich, die sich vor allem in der Einsetzung" kaiserlicher Archon­ten und der Parteinahme für einzelne Mitglieder des Palaiologenhauses zeigt. Dieses "Doppelgesicht" der Stadt ist bei der Beurteilung der Stellung der Stadt im Reich nach 1341 immer zu berücksichtigen. Wie in den übrigen Städten des byzantinischen Reiches ist auch das Volk von Thessalonike eine politisch wirksame, organisierte Klasse. Volksversammlungen in Thessalonike erscheinen als selbstverständliche Ein­richtungen in der Verfassungswirklichkeit der Stadt, wenn auch die überlieferung nicht oft über sie berichtet. Nach der entscheidenden Wende im Herbst 1350 rechtfertigt J OANNES KANTAKUZENOS seine Haltung im Bürgerkrieg vor einer beH,Ä'YjC1la :rca"'~'YJI-wr; 674. In kritischer außenpolitischer Lage drängt MANUEL um 1383 vor einer ft8yaÄ'Yj BH,H,Ä'YjC1la, doch wohl einer Volksversammlung, zum Handeln 676.

Auch die Versammlung, zu der J OANNES APOKAUKOS im Sommer 1345 aufruft, scheint eine allgemeine Volksversammlung gewesen zu sein, trotz der Einschrän­kungen, die J OANNES KANTAKUZENOS macht 678. Es wird öffentlich beraten, ob man zum Kantakuzenen übergehen solle. KASDAN vermutet, daß das kaiserliche Schreiben im Jahre 1349 vor einer öffentlichen Versammlung verbrannt wurde 677.

Eine zünftische Gliederung des Volkes von Thessalonike ist höchstens bei den :rcaea()aÄa(](Jtot, dem Baugewerbe und den Notaren bezeugt, sonst - soviel ich sehe­aber nicht nachweisbar 578.

Wer waren die Volks sprecher und Volksführer in Thessalonike, die - wie gezeigt -in anderen byzantinischen Städten in Erscheinung treten 1 Nahmen die viel­erörterten "Zeloten" bereits vor dem Bürgerkrieg diese Rolle ein 1 Unter diesem Namen, der nach einer langen Vorgeschichte in dieser Zeit durchaus positive Be­deutung haben konnte 579, tritt diese Gruppe zuerst im Bürgerkrieg im Jahre 1342 als Palaiologenpartei in Erscheinung 580. Sowohl J OANNES KANTAKUZENOS wie NIKEPHOROS GREGORAS unterscheiden sie vom ~fjft0r;581. Beide rechnen die "Ei-

674 Kant. IV, 17: III, 117, 12. Zu den Volksversammlungen: T.AFRALI Thessalonique 74/5. 676 LAURDAS bezweifelt (gegen T.AFRALI Thessalonique 74), ob MANuEL im (]Vp,ßov­Äevn"o!;' Äoyo!;' (um 1383) vor einer Versammlung von Senatoren oder einer f""Ä1](]la 'WÜ 6~p,ov gesprochen hat (Bemerkungen zur Edition in: Makedonika 3 [1953/5] 304). Die Versammlung wird als p,eyaÄ1] f""Ä1](]la (ed. a. a. O. 295, 2), einmal als (]vÄÄoyo!;' bezeichnet (296, 25). Nach dem Zusammenhang und dem Wortlaut ist an eine Ver­sammlung des Volkes zu denken. Vorsichtig DENNIS Manuel 80: " ... he (Manuel) called together an assembly which represented more or less faithfully the poeple of Thessalonica. " 676 Kant. III, 93: II, 573, 10f.: i""Ä1](]lav epaveew!;' (]vvayaywv l" Te TWV ael(]TWV "al (]Teanä!;, "al TWV üÄÄwv noÄLTwv TWV p,aÄL(]Ta iv ÄOyep. 677 Agrarverhältnisse 188. 678 Kant. lII, 94: II, 575. Zur Zunft der Bauhandwerker: DÖLGER Schatzkammern Nr. 112 (S. 306) Privaturkunde von 1326. 679 Z. B. Akindynos Br. 8 ed. LOENERTZ EEBS 27 (1957) Z. 7: GEORGIOS LAPITHES C1]ÄWT~!;' e1J(]eßela!;'. THOMAS MAGISTROS IIeei noÄLula!;' (PG 145 Sp. 544 DK. 24). Über die lange Vorgeschichte des Begriffes: P. K. CHRESTU Artikel ,,0 L C1]Äwml", in: ee1](]". "al i](JL"~ fy"v"Äonat6ela 6 (1965) Sp. 461-464. 680 Kant. III, 37: II, 227. 681 Darauf hat G. 1. BRATIANU "Democratie" dans le lexique byzantin a l'epoque

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ORGANISATIPN DES VOLKES VOR 1341 89

ferer" den nevrJ1:e~ zu 682, wobei NIKEPHoRos GREGORAS in einer abgewandelten antiken Dreiständelehre die "Armen" den Besitzenden, aber auch der (Jveq;eTwd'YJ~ p,o"iea, dem ungerechten Pöbel, gegenüberstellt 583. Die Kennzeichnung, die der Kantakuzene von den "Eiferern" gibt, ähnelt der Beschreibung über die Dema­gogen, die APOKAUKOS in der Hauptstadt für seine Interessen einsetzt. Auch diese werden vom kaiserlichen Geschichtsschreiber vom dijflo~ unterschieden und sind anOeOl684.. Nach der Darstellung des JOANNES KANTAKU~ENOS haben diese "Eife­rer" schnell Einfluß auf das Volk gewonnen, was auf eine Wirksamkeit dieser Gruppe schon vor dem Bürgerkrieg schließen läßt. Weitere Folgerungen lassen m. E. die Quellen nicht zu. Eine Organisation des Volkes ist bei der politischen Wirksamkeit des dijflo~ von Thessalonike im 13. und 14. Jh. unbedingt vorauszusetzen. Wie erwähnt, tritt vor 1341 in den Bürgerkriegen von 1321 bis 1328 nur das Volk von Thessalonike in Erscheinung. Es ist möglich, daß die (JTa(Jl~ im Frühjahr 1322 mit der gewalt­samen Entführung der beim Volk beliebten RITA-MARIA-XENE zusammen­hängt 686. Die Berichte decken sich nicht ganz: Nach JOANNES KANTAKUZENOS haben die Anhänger des ANDRONIKOS 111. die Stadt unter seine Botmäßigkeit gebracht und den Despoten KONSTANTINOS PALAIOLOGOS gefangengesetzt 686 •

Nach GREGORAS dürfen wir eine längere Zeit dauernde Agi ta tion einer Gruppe von 25 Mann annehmen (TOV~ TOV dijp,ov vewTeelCuv nel()ovTa~), deren Wirksam­keit bis in die Hauptstadt bekannt war. Der Despot soll sie gefangennehmen, aber sie kommen ihm zuvor 687. Hier wird deutlich, wie klein wir uns die Zahl der politischen Agitatoren, wohl auch später der Zeloten, vorzustellen haben. Im Dezember 1327 belagert der dijp,o~ für ANDRONIKOS 111. die Akropolis der Stadt 688.

Wie ist dieses Verhalten des Volkes von Thessalonike mit den Nachrichten des THOMAS MAGISTROS in Einklang zu bringen, eines Anhängers des Kaisers ANDRO­NIKOS 11. 1 In der Rede über die Eintracht, die er an die Bewohner von Thessalo­nike richtet 689, spricht er von widergesetzlicher Plünderung, von Mord und Blut­vergießen (fol. 128 Z. 12f.). Am Schluß mahnt er die neOVxOVTe~, das Volk nicht zu

des Paleologues (Memorial L. Petit, Bucarest 1948, 36) mit Recht aufmerksam ge­macht. 682 Kant. IIr, 38: II, 235, 4f.: oL ZrJÄco-r:al av-r:l"a e,., nevea-r:a-r:cov "ai d-r:tp,cov nÄovatot "al neeL(pavei~ yeyevrJp,evot . .. "ai -r:ov~ p,Baov~ p,e-r:fJeaav. Nik. Greg. XIII, 10: 674, 2lf.: oE nÄov-r:ov "ai (j6~rJ~ erpdp,evot nevrJT:e~ nennen sich Zeloten. 688 Anders Euripides Suppl. 238f.: hier sind die Reichen und Armen den "Mittleren", der eigentlich staatserhaltenden Schicht, gegenübergestellt. 684. Kant. III, 22: II, 137, 7f. 685 Nik. Greg. VIII, ll: 354, 16f.; Kant. I, 26: I, 129f. TAFRALI Thessalonique 211f. Hier scheint bei DÖLGER ein Regest zu fehlen über den Befehl an den Despoten KON­STANTIN, RITA nach Konstantinopel zu bringen (nicht Reg. 24751). 588 Kant. I, 31: I, 149f. .J o. Kant. bringt die a-r:aat~ nicht in unmittelbarem Zus.hang mit der Gefangennahme der Kaiserinmutter. BosoR Andronikos III. 31 geht auf die Unterschiede in den Quellen leider nicht ein. 587 Nik. Greg. VIII, ll: 356, 10f. Reg. 2475. 588 Kant. I, 53: I, 271. Nik. Greg. IX, 4: 409-410 sagt hier nichts vom Volk. BosoR Andronikos III. 45; TAFRALI Thessalonique 215f. 689 Mir vorliegend Cod. Paris. 2629 fol. 127-130vo.

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90 DAS VOLK VON THESSALONIKE

reizen, vielmehr sich um seine Belange zu kümmern, das Volk hingegen soll ihnen willfährig sein. Die Erörterungen sind so allgemein, daß offen bleibt, welche Ereignisse eingetreten sind, welche im Bereich des Möglichen liegen. Die Inter­pretation von Tafrali, hier sei von "troubles" gesprochen, "qui amenerent l'avlme­ment d'une administration municipale democratique", halte ich für zu weit­gehend 590. In einem Brief an THEODOROS METOCHITES spricht THOMAS MAGISTROS von nächtlichen Kämpfen, von Diebstahl und Raub 591 • Die Nachrichten lassen sich ohne weiteres als eine tendenziöse Darstellung der Vorgänge. entweder von 1322 oder 1327 von einem Anhänger des alten Kaisers verstehen. Da die Lebens­zeit des THOMAS MAGISTROS aber in die Hauptzeit des palamitischen Streites hereinreicht 592, ist es durchaus möglich, daß THOMAS hier die Ereignisse nach 1342 meint. Weitere Aufschlüsse und Nachrichten als die Monodie des DEMETRIOS KYDONES über die Opfer von 1345 bietet die Rede nicht. Geben die Quellen bei kritischer Beleuchtung auch keinen Anlaß, von sozialen Unruhen vor 1341 zu sprechen, soziale Spannungen zwischen ~vva7:ol und ~fjftOt; sind in Thessalonike ebenso spürbar wie in anderen byzantinischen Städten 593.

Die Darlegungen des aus Thessalonike stammenden THOMAS MAGISTROS spiegeln die sozialen Verhältnisse dieser Stadt wider. Die Anklänge an IsoKRATEs sind "plus superficielles que profondes" , wie GUILLAND mit Recht betont 594. MAGI­STROS teilt die Bevölkerung in zwei Gruppen: die bwpaveit; und die nOAAol 595. An anderer Stelle unterscheidet er zwischen nb'YJ7:et; und nAOVO"lOl, 596 und verlangt von den Begüterten "möglichste Fürsorge für die mittellosen und von der Armut be­drängten Bürger" 597. Die nip'YJ7:et; sind durch ihre Armut gezwungen, neben den ~OVAOI, zu arbeiten, doch die Herren wollen die Armen um ihren Lohn prellen 598.

Der gelehrte Philologe will zwar niemand ~l,a 7:0 yepot; abgewertet wissen 599,

trotzdem schließt er die Armen, die keinen Häuserbesitz vorweisen können und ihre Tüchtigkeit nicht unter Beweis gestellt haben, vom Wächterdienst (oE qJvAa7:7:eW AaX6P7:et;) aus 600. In den Ausführungen geht der Gegensatz zwischen reich - arm in den Gegensatz vornehm - große Menge über. Dem Sinn nach umschreibt hier THOMAS MAGISTROS die gleichen Schichten, die J OANNES KANTA­KUZENOS als Mjftot; und ~vpa7:ol bezeichnet.

590 TAFRALI Thessalonique S. VII. Ähnlich ZAKYTHINOS Crise 118. 591 PG 145 Sp. 403-410; hier vor allem Sp. 409 Au. C. 692 Dies betont mit Recht MEYENDORFF Palamas 124 A. 138 gegenüber GUILLAND, gestützt auf die Akindynosbriefe und auf den Brief des THOMAS an den Palamiten HIEROTHEOS. SEVCENKO setzt die Rede noch in die Zeit des Bürgerkrieges 1321-1328. 693 Vgl. CHARANIS Strife 221-223; TAFRALI Thessalonique 104f. 694 GUILLAND Nik. Greg. Correspondance 351. Vor allem die Rede an Nikokles und die fingierte Ansprache des N ikokles an die Zyprier, die hier vor allem zum Vergleich heranzuziehen sind, enthalten gerade die Gedanken nicht, die die Rede des THOMAS MAGISTROS hier wichtig erscheinen lassen. 696 De subditorum officiis PG 145 Sp. 501 C (Kap. 4). 596 ebd. Sp. 540 A (Kap. 23). 697 ebd. Sp. 501 C (Kap. 4) ... a.Ä.Aa xal TO TOV~ an6eov~ TWV noÄ.LTwv xui nLeCof1ivov~ evöe{q. nÄ.ela1:'YJ~ öa'YJ~ vno TWV dmoewv a;wva(}at neovolu~ (vgl. ad Niphonem 393 C/D). 698 ebd. Sp. 533 D (Kap. 20). 699 ebd. Sp. 529 A (Kap. 17). 600 ebd. Sp. 521 B (Kap. 14).

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BESITZVERHÄLTNISSE IN THESSALONIKE 91 ,

Die drückende Armut einzelner Bevölkerungsgruppen ist jedenfalls durch die SchilderUng des THOMAS hindurch spürbar. Er möchte sie lindern durch die Warnung vor neuen Steuern 601, vor .Ämterkauf602 und - wie ALEXIOS MAKREl\:I­BOLITES - durch Hilfe für die Armen. Die langen Warnungen des NIKEPHOROS CHUMNOS in seiner Mahnrede an die Bewohner von Thessalonike vor der nÄeo"e~la und vor Bestechung 608 fügen sich dem Bild, das THOMAS MAGISTROS zeichnet, gut ein. Die harte Bedrängnis durch hohe Zinsen, die NIKOLAOS KABASILAS wohl in Thessalonike, seiner Heimatstadt, beobachtet hat, gehört zur Kennzeichnung der allgemeinen Lage der Bevölkerung in Thessalonike und ist nicht mit den Ereignissen nach 1341 in Verbindung zu bringen, da klare Beweise für diesen Zusammenhang fehlen 604.

Einige politisch wichtige Familien, die zu den ~v"a"'Col von Thessalonike zu rechnen sind und nachweislich in der Stadt selbst oder in der Umgebung begütert waren, sind bekannt. Die Chumnoi hatten Besitz in der Umgebung von Thessalonike 606. Ein Mitglied der Familie, der Großstratopedarch GEORGIOS ÜHUMNOS, war der Gegner des Kantakuzenen. ALEXIOS TZAMPLAKON, aVflne"Oee6f; des Kantakuzenen, besaß Häuser und reiche Besitzungen in der Stadt 606. In ihm möchte man einen typi­schen Vertreter eines ~v"a"'C6f; erblicken, der für den Adeligen in der Stadtpolitik Stellung nahm, doch erfahren wir aus den Quellen gerade darüber nichts, während der übrige Lebensweg des ALEXIOS wenigstens einigermaßen bekannt ist. In den für Thessalonike entscheidenden Jahren von 1342 bis 1347 war ALEXIOS in Kon­stantinopel gefangengehalten. Für die Familie der Phakrases, die sowohl im Klerus der Stadt 607 zu finden ist, wie auch im Bürgerkrieg auf der Seite des J OANNES KANTAKuzENos 608 und später in der Abwehr der Türken 609 in Thessalo-

601 de regis officiis PG 145 Sp. 481 A (Kap. 21). 60a ebd. Sp. 476 (Kap. 19). 608 ed. BOISSONADE Anecdota Graeca Vol. II, Paris 1830 (1962), 155f. und 17lf. 604 R.-J. LOENERTz Chronologie de Nicolas Cabasilas, OCP 21 (1955), 220f. setzt die Rede an ANNA über den Zins mit gutem Grund in das Jahr 1351 gegen den Heraus­geber GUILLAND. Vorsichtig I. SEVCENKO Nicolaus Cabasilas' correspondance and the treatment of late byzantine literary texts, BZ 47 (1954), 56: "The terminus post quem of the treatise "on usury" is 1341 (1345), because of the references to civil war (or perhaps to the social struggle of the forties) in it." 606 VERPEAUX Chumnos 45 A. 4. V. LAURENT Une nouvelle fondation monastique des Choumnos: La N ea Moni de Thessalonique, REB 13 (1955), 117 führt die Güter, mit denen M.AK.A.RIOS sein neugegründetes Kloster ausstattete, auf den reichen Besitz des Kanz­lers NlKEPHOROS CHUMNOS zurück. Zur Zeit der Gründung hatte M.AK.A.RIOS bereits nicht mehr so viele Güter, um das Kloster so reich auszustatten, wie er es gewünscht hätte. 606 Kant. III, 42: II, 256, 19f. In einem ChryBobull des SerbenkralB STEPHAN DUSAN (April 1348) wird dem Kloster Iviron ein Platz innerhalb (nicht außerhalb wie DÖLGER Schatzkammern Nr. 125 S. 338) Thessalonikes geschenkt, der früher dem Megas Papias ARSENIOS TZAMPLAKON gehörte (SOLOVJEV-MoSIN 144 Z. 84: bro!,; rov "aareov r6nov, OV E"eanJG8v cO!,; Ol"8iov 6 !liya!,; nanla!,; 6 Tl;,.). G. THEOOHARIDES. Die Tzamplakonen (ngr.), Makedonika 5 (1959) 125ff. 607 Der Mönch MOSES PHAKRASES als OLOL"Br7J!,; der Kirche von Thessalonike: MM I, 566/7 (1371); vgl. 572/3. 608 GEORGIOS PHAKRASES : Nik. Greg. XII, 16 : 627; Kant. III, 32: II, 195; IV, 26 : III, 196. 609 Der Großprimikerios PHAKRASES: DENNIS Manuel 33.

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nike eine Rolle spielt, ist für 1326 Häuser besitz in Thessalonike 610 bezeugt. Auch bei dieser Familie ist man versucht, sie zu den t3vvaTol zu zählen, die in Thessalonike für JOANNES KANTAKUZENOS arbeiteten. Wieder schweigen die Quellen. Wahrschein­lich besaß GUY DE LUSIGNAN, der Gegner des JOANNES im Bürgerkrieg, in der Stadt ein Hofgut, das später dem Kloster Nea Moni vermacht wird 611. Privat­besitz der Palaiologen ist ebenfalls in unmittelbarer Umgebung der Stadt anzu­nehmen, wie vor allem aus der Stiftung des Megas Domestikos DEMETRIOs P A­LAIOLOGOS hervorgeht, worauf das Kloster Akapniu in Thessalonike Vorverkaufs­rechte anmeldete 612. Über den Besitz der Kabasilas, der Argyropuloi und der Kydones in der Stadt 613 finde ich keine näheren Nachrichten. Ein Kabasilas (NIKOLAos~), MANKOS ANGELOS (BARDALEs) und ISARIS (GEORGIOS) sind Stifter für das Kloster Vatopedi 614. GEORGIOS ISARIS, als olueio~ des Kantakuzenen 1350 bezeugt 616 , war ebenfalls Gönner des Klosters Nea Moni in Thessalonike 616 • Wie groß war das Erbe des ISARIS, worüber sich seine Erben mit dem Kloster Chilan­dar einigten ~ 617 War J OANNES KANTAKUZENOS selbst t3vvaT6~ in Thessalonike ~ Aus der Zusammenstellung seines Besitzes in Kap. I geht hervor, daß Besitztümer der Kantakuzenen in unmittelbarer Nähe der Stadt nicht zu suchen sind. Es gibt also keinen Hinweis, daß die großen Liegenschaften des Aristokraten für die sozialen Verhältnisse der Stadt unmittelbar belastend geworden wären und die Spannungen zum Volk sich dadurch verschärft hätten. Die großen Besitzungen der Athosklöster erstreckten sich selbstverständlich auch ins Stadtgebiet von Thessalonike. Esphigmenu besaß dort eine Dependance 618,

ebenso Zographu 619 und Karakallu 620. Das Russenkloster Panteleemonos besaß

610 DÖLGER Schatzkammern Nr. 112 Z. 25. 611 Reg. 3180a. Ob der im Text genannte .Eveyfj~ mit GUY DE LUSIGNAN gleichzusetzen ist, erscheint nicht ganz gesichert (vgl. LEMERLE Sire Guy 285). 6111 Reg. 3145 (1375). Von den spärlichen Nachrichten über den Privatbesitz der Palai­ologenfamilie wäre hier vielleicht ein 1leeLOetafl6~ des LEo KALo GNOMON (1317-1334) heranzuziehen, in dem es heißt, daß die Besitzungen von Xeropotamu im Norden und Osten an die Güter des KONSTANTINOS P ALAIOLOGOS angrenzen (BoMPAIRE Xeropo­tamu Nr. 22 S. 175/6). 818 DEMETRIOS KYDONES beklagt im 9. Kap. der ersten Rede an Jo. Kant. (ed. in Dem. Kyd. Correspondance I) die Plünderung seines Hauses und im 7. Kap. spricht er vom Ertrag "unserer" Landwirtschaft, den die Barbaren ernten. 614 SOLOVJEV-MoSIN 142 Z. 46, 49, 57 (Chrysobull STEPHAN DusANs 1348). 616 MM I, 298. 616 Hellenika 14 (1955) 68 Z. 260f. (Typikon der "Nea Moni" ed. V. LAURENT). 617 Chilandar Nr. 154. Das Kloster löst die Forderung der Verwandten mit c5ov"unnv ovyyta~ c5La"oata~ ab. 618 Reg. 2078 (1282) = Esphigmenu Nr. 12, 39f. In einem Chrysobull STEPHAN DusANs von 1347 (1) wird das Metochion des hl. Prodromos in Thessalonike dem Kloster bestätigt (Esphigmenu Nr. 14 Z. 27). 81D Von Vatopedi gekauft (Zographu Nr.9). Reg. 2136 (= Zographu Nr. 11, 52f.) (1289). Die in Nr. 24 (vgl. Reg. 2194) aufgeführten 2 Dependancen beziehen sich wohl auf den gleichen Komplex H. Nikolaos. Die Dependance H. Nikolaos wird im Prakti­kon des Konstantinos Pepagomenos (1320) auf 26 Hyperpyra veranschlagt (Nr. 17, 79f.). Durch Käufe wird der Besitz der Dependance vergrößert (Hausbesitz) (Nr. 25) (1327). 6aO Reg. 2169 = DÖLGER Schatzkammern Nr. 38 Z. 39 (1294).

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BESITZVER:ff~TNISSE IN THESSALONIKE 93

in der Stadt eine Dependance mit Liegenschaften, die 1353 bestätigt wird 621.

Philotheu gehörten zwei Zweigklöster im Stadtbereich mit 8 Modioi Weinland, Gärten, Mietshäusern und einem Jahrmarkt 622. Das Kloster Xenophon hatte eine Dependance im Dorfe Paliron nahe bei Thessalonike mit einer Größe von 12 Mo­dioi, eine Dependance in der Stadt mit Hof und Mietshäusern, drei weitere Höfe und drei Werkstätten, weiter beträchtliche Besitzungen im Katepanikion Kala­maria 623 • Vatopedi besaß nach einem Chrysobullos Logos vom Juli 1301 624 die Muttergotteskirche mit den dazugehörigen Häusern. Wie aus einem unedierten Prostagma vom Februar 1321 hervorgeht, waren Güter des Klosters in der Nähe von Thessalonike vorhanden 625. Merkwürdigerweise wird 1356 der Besitz der Muttergotteskirche nicht mehr erwähnt, aber eine De­pendance in der Stadt und der Pachtzinsgenuß von Weingärten 626. Besonders ausgedehnt scheinen die Besitzungen der Klöster I viron und Chilandar in Thessa­lonike gewesen zu sein. Vor allem der Besitz an Weinland des Klosters Chilandar war beträchtlich. Merkwürdig ist, daß das 1316 und 1317 erwähnte Metochion Chilandars in Thessalonike 627 in der Besitzaufzählung vom Juli 1351 nicht er­wähnt wird 628. Daraus auf Konfiskationen in der Zeit der sogenannten "Zeloten­herrschaft" schließen zu wollen, wäre voreilig: Für das Kloster I viron erscheinen 1351 (bzw. 1357) Dependancen in der Stadt, die früher noch nicht im Besitz­stand des Klosters aufgeführt waren 629. Tatsache bleibt, daß sich aus den Ur­kunden Besitzkonfiskationen der Klösterliegenschaften in Thessalonike nach 1342 nicht eindeutig nachweisen lassen 630. Zu diesen Besitzungen der Athosklöster in der Stadt kommen natürlich die Güter der in der Stadt liegenden Klöster selbst, die noch im 14. Jh. an Zahl zunehmen 631.

Alle Angaben über den Klosterbesitz und die Liegenschaften einzelner Familien reichen nicht aus, um die Größe der Güter im Plan der Stadt und ihrer Umgebung einzuzeichnen, wie dies bei westlichen spätmittelalterlichen Städten teilweise möglich ist. Dadurch ließe sich ein Bild gewinnen, wieweit das Besitztum der übrigen Bürger eingeschränkt war durch die Expansion von Klöstern und ~v'JIaTol im Stadtgebiet. Den allgemeinen Schluß lassen die Urkunden wenigstens zu, daß Klöster und ~v'JIaTol einen beträchtlichen Teil des Bodens in ihrer Hand gehabt

8111 Reg. 2333 (1311). Reg. 3011. 8\1a Philotheu Nr. 6, 53 (Reg. 2559) (1326). Bestätigt 1346 in einem Chrysobull STEPHAN DUSANS Nr. 9, 36f. 8118 Reg. 2473 (ca. 1322) = Xenophon Nr. 8, 95. 6114 Unediert. Zu den weiteren Abschriften und Fälschungen: Reg. 2239. 8116 Reg. 2448. 828 Reg. 3059 = EEBS 4 (1927) Nr. 15 Z. llf. (ed. GUDAS). 827 Chilandar Nr. 31 Z. 3 (vgl. Reg. 2376) und Nr. 32 Z. 94 (Reg. 2390). 828 Reg. 2979 = Chilandar Nr. 138. 629 Reg. 2980 (dort die Teilausgaben verzeichnet); Reg. 3068 = DÖLGER Schatzkam­mern Nr. 9 Z. 3lf. Vgl. mit Reg. 2095 (1283) und Reg. 2320 (1310). 880 Mit Recht stellt P. CHARANIS The monastic properties and the state in the byzanti­ne empire, DOP 4 (1948) 114 fest: "To what extent the zealots had carried out their program of confiacations and redistribution cannot be determined." Ob ein solches "Programm" feststellbar ist, siehe unten I 881 G. THEOCHARlDES Topographie und politische Geschichte von Thesswonike im 14. Jh. (ngr.), Thessalonike 1959, 18ff.

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haben und daß die Spannungen des Volkes zur Oberschicht dadurch verschärft wurden.

3. Die Rolle des Volkes von Thessalonike in den Jahren 1341-1350

Nach anfänglichem Zögern erklärt Ende März 1342 der Archon von Thessalonike, THEODOROS SYNADENOS, J OANNES KANTAKUZENOS solle möglichst schnell kom­men, da zur übergabe der Stadt alles bereit sei 632. Nach kurzer Zeit - der Kanta­kuzene hat die Belagerung von Peritheorion aufgegeben, Polystylos befestigt und befindet sich in der Gegend von Drama - meldet SYNADENOS, es sei nun nicht mög­lich, die Stadt zu übergeben 633. Als Grund für das Zögern gibt der adelige Ge­schichtsschreiber die Furcht des SYNADENOS vor der R.egierung in der Haupt­stadt (nicht vor dem Volk von Thessalonike!) und sein Vertrauen auf die über­legenheit seiner Soldaten und der tJvvarol an, die auch hier die Partei des Kanta­kuzenen ergriffen hatten 634. Durch dieses Zögern erst wächst nach der eigenen Angabe des J OANNES KANTAKUZENOS die Partei der Zeloten (av;avof1,evov~ "ara ftl"eov: 11,233, 13 f). Sie reizen das Volk gegen die tJvvarol, "greifen zusammen an und verjagen ungefähr 1000 Mann". Darunter sind die Soldaten und die Gefolg­schaft des SYNADENOS, weiter einige tJvvarol zu rechnen, durchaus nicht alle An­hänger des Kantakuzenen, wie die folgende Zeit zeigt 636. "Es gab aber noch Per­sonen," sagt JOANNES selbst, "die für den Kaiser (d. h. für Jo. Kant.) Partei nahmen, aber aus Furcht den Zeloten folgten 636." Wie undeutlich die Schilderung ist, liegt auf der Hand. J OANNES KANTAKUZENOS weiß nur von der Verwundung einiger Diener des SYNADENOS, GREGORAS spricht schon von einem "zahlreichen Mord" (cpovo~ (]Vxvo~) 637. Daß es zur Plünderung der Häuser der Exulierten kommt und die Zeloten sich bereichern, ist den Umständen entsprechend. Wenn JOANNES KANTAKUZENOS sagt, die Zeloten hätten die Stadt in ihre Hand gebracht, so heißt das: Die Stadt bleibt in der Hand der Palaiologenpartei mit ihrem Zentrum in Konstantinopel. Dies geht aus den folgenden Ereignissen klar hervor. Kurz nach der Vertreibung des SYNADENOS landet ALEXIOS APOKAUKOS mit 70 Schiffen im Hafen der Stadt. Diese hatte schon vorher den Feldherren der Palaio­logenpartei, MICHAEL MONOMACHOS, GUY DE LUSIGNAN, ANDRONIKOS und THO­MAS PALAIOLOGOS, die Tore geöffnet 638. Für ein halbes Jahr kennen wir den Archon von Thessalonike nicht, doch scheint MICHAEL MONOMACHOS bereits

632 Kant. III, 35: II, 214, H. 633 Kant. III, 37: II, 227. 634 Kant. III, 38: II, 233. 636 WERNER Volksbewegung 53 behauptet, die Zeloten hätten sich bemüht, die Wut der plündernden Armen zu beruhigen und sie zu bändigen. Der Quellenbeleg für eine solche Behauptung fehlt. Ebenso fehlt er für die Behauptung (S. 55; 60), nach 1342 sei die Stadt in der Herrschaft der reichen Händler, Handwerker und Unternehmer gewesen. 636 Kant. III, 38: U, 235, 20f. 687 Nik. Greg. XIII, 1: 634, 1. 688 Kant. III, 38: II, 236; vgl. IU, 39: II, 237, 19 f.

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Dm EREiIGNISSE 1342 UND 1343 95

Anfang 1343 nach der Vertreibung als Statthalter von Thessalien Archon von Thessalonike geworden zu sein 639. Er nimmt diese Stellung ein, als APOKAUKOS im Sommer 1343 zum zweiten Mal in die Stadt kommt 640. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wird MONoMAcHos von J OANNES V ATATZES abgelöst. Nur NIKEPHoRos GREGORAS bietet die hochwichtige, von der Forschung viel zu wenig beachtete Nachricht von einer kurzzeitigen Statthalterschaft dieses Emporkömmlings, der in Kapitel V näher behandelt wurde 6u. Er hat seine Stellung mit hohen Geld­summen erkauft und wurde von ANNA nach Thessalonike entsandt. Bald darauf wurde er von ALExIOS APOKAUKOS durch dessen Sohn JOANNES verdrängt, "ehe er die Geldkatze so richtig prall füllen konnte". Immerhin wäre es merkwürdig, daß ein angeblich "demokratisches Regiment der Zeloten" einen solchen Glücks­ritter geduldet hätte. Immer bestand die Gefahr, daß die Stadt durch die Machenschaften der Anhänger des J OANNES KANTAKuzENos in die Hände des Gegners fiel. J OANNES gibt offen zu und wird von GREGORAS bestätigt, daß er heimlich mit seinen "Freunden" ver­handelt hat. Nur die Wachsamkeit der Zeloten und des ~fjp,o~ (nach Jo. Kant.) hat den Anschlag verhindert 6411. Als kurz nach der Abfahrt der Flotte des ALExIOS APOKAUKOS im Sommer 1343 J OANNES KANTAKUZENOS und UMUR mehrere Tage lang die Stadt belagern,. war die Furcht vor den Kantakuzenosanhängern be­sonders groß. Die Belagerung traf zwei Bevölkerungsgruppen besonders hart. Sehr allgemein spricht GREGORAS 643, der - man kann es nicht oft genug betonen -seine Nachrichten aus zweiter und dritter Hand hat, von dell Landbewohnern, die mit ihren Herden in die Stadt gekommen waren, nun ihre Viehherden zu­grunde gehen sehen und gegen die noÄi'l'at, die Stadtbewohner, sich offen er­heben (Äap,new~ a'l'aaui' Bt'V ). Die zweite Gruppe ist unter den landbesitzenden Stadt­bewohnern selbst zu suchen, deren Besitz vernichtet wurde. Es bleibt sehr frag­lich, ob diese, durch die Belagerung bedingte Notlage nachhaltigen Einfluß auf die späteren Machtverhältnisse innerhalb der Stadt ausgeübt hat. In der Zeit der Be­lagerung kommt es zu Grausamkeiten, denen ein GABALAS, dessen Verbindung zum Mesazon JOANNES GABALAS nicht nachweisbar ist, und ein IIaÄatOÄ6yo~ 'l't~ zum Opfer fällt 644• Die Nachricht, schon die undeutliche Namensnennung ist ver­dächtig: Den Zeloten, der Palaiologenpartei, wird ein Mord an einem Palaiologen in die Schuhe geschoben. Der adelige Geschichtsschreiber bemüht sich ja auch an anderer Stelle, die Palaiologenfreundlichkeit der Zeloten als vn6'Xet(Jt~ zu bezeich-

639 BOGIATZIDES Chronikon 164. 640 Kant. III, 58. 641 Nik. Greg. XIV, 11: 741. 642 Kant. III, 58: II, 355, 14f. Nik. Greg. XIII, 7: 658. 643 Nik. Greg. XIII, 10: 673. Die Stelle 673, 24 ol~ <5'7]ÄL"LW'l't~ ~v 7] nevla "al .0 "oiJq;ov .0iJ ßlov .0 "'-YJ ßOVÄ6",EVOV lax'/)ew~ e",da'l't~e .ij~ 'ljJvxij~ übersetzt WERNER Volksbewe­gung S. 54: "Als sie so in gleiche Armut hineinwuchsen und das Wenige, das sie zum Leben besaßen, die Seele hart peinigte ... " Ich übersetze: "Denen (eine neue Personen­gruppe ist gemeint!) die Armut und die Dürftigkeit der Lebensweise ein ständiger Begleiter war, diese peinigte die ungewollte Lage hart ... " BROWNING Kommune 520 betont, gestützt auf GREGORAS, vor allem die Rolle der Bauern 1343, auf die sich die Zeloten vor allem verlassen konnten. 1346 (sic I) seien dagegen die Bauern während des Kampfes gegen J OANNES APOKAUKOS nicht in der Stadt gewesen. 644 Kant. III, 64: II, 393.

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nen 645. Seit 1343 scheint die Macht einzelner Zeloten gerade durch den Kampf gegen die Kantakuzenosanhänger so gewachsen zu sein, daß von der Regierung in Konstan­tinopel der Führer der Zeloten, MICHAEL P ALAIOLOGOS, zum Mitarchon eingesetzt wird (wann?) - eine ungewöhnliche Erscheinung in der Verwaltungsgeschichte der Stadt. Dieses Auftreten zweier Archonten ist aber von der "Autonomie" der Stadt, wovon oben gesprochen wurde, besser verständlich. Der Archon aus der Reihe der Zeloten ist Repräsentant der städtischen Selbstverwaltung. E. WERNER hat wohl recht mit der Behauptung, daß nach 1343 der Einfluß der Zeloten - oder besser einiger Zeloten -, von denen uns nur MICHAEL P ALAIOLOGOS einigermaßen greifbar ist, zunahm. J OANNES KANTAKUZENOS behauptet nun, daß die Herrschaft des JOANNES APOKAUKOS neben den Zeloten nur eine Scheinherrschaft gewesen sei. Die beiläufigen Angaben des J OANNES KANTAKUZENOS selbst in der Schilderung ~er Ereignisse im Sommer 1345 lassen an der Richtigkeit dieser Behauptung zweifeln: AI'OKAUKOS besaß eine Gefolgschaft, die freilich nicht so groß war, um sie bewaffnet in der Öffentlichkeit zu zeigen 646. Diese Gefolgschaft, zusammen mit einer dem APOKAUKOS unterstehenden Miliz, die - wie die Ereignisse zeigen­hauptsächlich aus der Stadt selbst stammte und deshalb nicht zuverlässig war, und mit "anderen Bürgern", die wohl den ~v"aTol zuzurechnen sind, zählte immer­hin über 800 Mann 647. Außerdem unterstand dem APOKAUKOS die stark be­festigte Akropolis, die ihm auch bei der Belagerung durch das Volk zur Rettung geworden wäre, hätten sich die Soldaten bereit gefunden, ihre Mitbürger zu be­kämpfen. Hinter JOANNES AI'OKAUKOS stand - wie JOANNES KANTAKUZENOS zu­geben muß - zu Lebzeiten seines Vaters die Militärmacht der Palaiologenpartei der Hauptstadt. Liest man die Nachrichten des JOANNES KANTAKUZENOS über die Rolle des Volkes im Sommer 1341;> kritisch, so fallen sofort viele Inkonsequenzen auf: ,,(Apokaukos) fürchtete die Menge der Zeloten und das Volk, das von jenen geführt wurde 648"

(569, 5f.). Die Ermordung des MICHAEL PALAIOLOGOS versetzt aber das Volk nicht in Wut: "Es war aber (sc. das Volk) schon vorher nicht gut auf die Zeloten zu sprechen" (570, 16). "Das Volk war offensichtlich froh über die Beseitigung der Zeloten" (571, 14f.). Aufgebracht über die areligiöse Haltung der Zeloten er­mordet das Volk einige Angehörige dieser Gruppe. Offensichtlich hat J OANNES KANTAKUZENOS die Zeloten mit häretischen Gruppen gleichgesetzt. Entspricht diese Verbindung der historischen Wahrheit? Es gibt m. W. nur zwei Quellenstellen in der gesamten Überlieferung, aus denen eine religiöse Haltung der Zeloten abgeleitet werden kann, da der Antizelotendia­log des NIKoLAos KABASILAS als Quelle nicht heranzuziehen ist. Diese Stellen stehen bei JOANNES KANTAKUZENOS. Nach der ersten Nachricht 649 benützten die Zeloten aus den Kirchen geraubte Kreuze bei ihren Plünderungen "gleichsam als Feldzeichen" (wC1nee C1'YJftalq.). Das Kreuzeszeichen wird also zum vorangetrage­nem Emblem; keine Spur einer häretischen Ablehnung des Kreuzes wird sicht-

846 Kant. IV, 16: III, 109, 18. 848 Karrt. III, 93: II, 569, 2f. 847 Kant. III, 94: II, 576, 6. 848 Alle folgenden Belege aus Kant. III, 93 und 94. 849 Kant. III, 38: II, 234, 6-17.

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HÄRE,SIE DER .. ZELOTEN"? 97

bar 660. Zur zweiten Nachricht 651: "In den Straßen füllten sie Wasserbehälter , zündeten Kerzen an und bemächtigten sich einiger Leute aus dem Volke, die die Partei des Kantakuzenos zu ergreifen schienen und tauften sie nochmals, gleich­sam als hätten sie der Taufe abgeschworen durch ihre Anhängerschaft an Kanta­kuzenos. Die Vorübergehenden mußten eine bestimmte Summe für das Schauspiel entrichten. Man mußte sich ihrem Willen fügen oder man kam gleich in den Ver­dacht, auf der Seite des Kantakuzenos zu stehen und über den Unsinn unwillig zu sein. Danach betranken sie sich in Kneipen und verspotteten die übrigen Mysterien." E. WERNER hat zwar mit Recht betont 662 , daß hier kein Sakrament einer Wiedertaufe beschrieben ist, sondern eher ein Ordal. "Nichts deutet auf Sektenideologie. " Trotzdem bleibt die Aufnahme religiöser Symbole für eine poli­tische Demonstration auffällig. Auch eine "rationale" Theologie läßt sich aus den Nachrichten nicht erschließen, die von BARLAAM beeinfiußt sein soll 663. Wollte man wirklich in der Weise der Bogomilen die christlichen Sakramente verspotten 1 J OANNES KANTAKUZENOS beabsichtigt eindeutig, die Zeloten in diesem Licht dar­zustellen. Aber verspotteten die Zeloten mit ihrem "politischen Ordal" nicht auch die bogomilischen Initiationsriten 1 Mit unserer Quellenkenntnis ist der kaiserliche Geschichtsschreiber m. E. nicht sicher zu widerlegen, auch nicht durch die sehr hypothetischen allgemeinen überlegungen von E. WERNER. Der Verdacht be­steht, daß J OANNES KANTAKUZENOS die Zeloten mit häretischen Gruppen in Thessalonike in Verbindung gebracht hat, um seine Gegner zu diffamieren. Gegen diese Gruppen hat das Volk von Thessalonike Stellung genommen. Aus einem Brief des AKINDYNOS wissen wir nämlich, daß der dijflo~ (so im Brief) den Bogo­milen GEORGIOS von LARISSA tätlich angegriffen hat, ö~ qJwea()ek beei 7:67:e ßAa­aqJTJflö)'J! el~ 7:a ()eia 664.

Kehren wir zurück zu den Vorgängen im Sommer 1345, wie sie J OANNES KANTA­KUZENOS schildert! Nach einer von JOANNES APOKAUKOS einberufenen Volksversammlung und der Gesandtschaft an MANUEL KANTAKUZENOS "huldigte bereits die ganze Stadt dem Kaiser (Jo. Kant.)" (574, 22f.). ANDREAS PALAIOLOGOS ruft die von JOANNES APOKAUKOS verbannten Zeloten zurück: "Sofort erschienen sie und das ganze Volk wurde von ihnen in Aufruhr versetzt, und es war offensichtlich, daß sie wieder gegen die aeta7:0t zu Felde ziehen würden" (576, 3-5). APOKAUKOS zögert, die naea()aAaaatOt anzugreifen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich "noch nicht das ga n z e V 0 I k mit ihnen (den Zeloten und den naea()aAaaatOt) verbunden" (576,20 f.). Am nächsten Tag führt der Zelot KOKALAS "den dijflo~ ihnen (den Soldaten und den Anhängern des Apokaukos) entgegen; bis dahin war es noch nicht deutlich, ob der dijflo~ kämpfen würde" (578,7-9). Ohne weitere Erklärung behauptet der kaiserliche Geschichtsschreiber, nach der Erstürmung der Akropolis habe "Ko­kalas und Palaiologos den dijflo~ aus der Akra vertrieben" (579, 23f.). War dies

660 Das Kreuz wurde von den Bogomilen, z. B. CYRILL abgelehnt. Vgl. St. RUNCIMAN Le manicheisme medieval, Paris 1949, 88. 861 Kant. III, 93: H, 570, 14-571, 8 übersetzt ab 570, 21. 862 Volks bewegung 65 u. 66. 863 Gegen HROCHOVA Zeloten 13. Auch BROWNING Kommune 524 betont die antihesy­chastische Ideologie der Zeloten ohne Beweise. 864 AKINDYN08 Br. 2 Z. 52f. ed. LOENERTZ, EEBS 27 (1957) 91.

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so leicht möglich ~ Welche Machtmittel wurden eingesetzt ~ Auf die Nachricht hin, ein Heer aus Berrhoia sei im Anrücken, ergreift das Volk wieder die Waffen, und es kommt zur grauenhaften Ermordung des APOKAUKOS und seiner Leute, zu Raub und Plünderung. Aus diesen widersprüchlichen und undeutlichen Angaben des J OANNES KANTAKU­ZENOS, die von NIKEPHOROS GREGORAS nicht ergänzt werden, ist m. E. der wahre Einfluß der Zeloten auf das Volk, worüber aus dem Jahre 1345 noch die meisten Angaben vorhanden sind, nicht mehr zu erkennen. Deshalb ist auch nicht mehr sicher zu entscheiden, inwieweit die Feindschaft gegen den Kantakuzenen im Volk von Thessalonike selbst verwurzelt war, inwieweit erst die Zeloten den Haß schürten. Die Tendenz in der Darstellung des J OANNES KANTAKUZENOS ist sehr deutlich, die Feindschaft des Volkes gegen ihn zu verdecken durch den Hinweis auf die Volksversammlung, die beschließt, ihn herbeizurufen, auf die Bereitschaft der Stadt, ihm zu huldigen, auf das Zögern des ganzen Volkes, zu den Waffen zu greifen. Daß das Volk aber gerade erst durch die Nachricht vom Heranrücken eines Heeres, das die Stadt in die Hände des Kantakuzenenkaisers bringen sollte, zu radikalen Ausschreitungen sich verleiten ließ, spricht doch eine allzu deutliche Sprache. Der Vergleich mit der Einstellung des Volkes in den übrigen Städten zum Adeligen - im vorigen Kapitel besprochen - mahnt gegenüber seiner eigenen Darstellung zur Vorsicht. Nach diesen Tumulten wird nach der Absetzung oder dem Tod des Erzbischofs MAKARIOS655 HYAKINTHOS in die Stadt aufgenommen, ohne daß wir von einem Widerspruch gegen einen Kandidaten des hauptstädtischen Patriarchen etwas erfahren. Anders bei P ALAMAS, der nach dem von den Antipalamiten beklagten frühen Tod des HYAKINTHOS vom Patriarchen ISIDOR, dessen enge Verbindung zu J OANNES KANTAKUZENOS die Kapitel IX und X behandeln, eingesetzt wurde. Daß der Grund für die Ablehnung des P ALAMAS "essentiellement sa fideliM a Canta­cuzene" gewesen ist, behauptet MEYENDORFF wohl zu Recht 656. Die Frage bleibt aber, ob die Zeloten oder das Volk den neuen Hirten ferngehalten haben 657. Daß die Ablehnung durch die Zelotenpartei als Ablehnung der Hesychasten, "der Ideologen der feudalen Reaktion" und der Bogomilen, "die in GREGORIOS P ALAMAS einen Geistesverwandten verehrten" , aufzufassen ist, wie E. W ERNER 658 meint, ist eine un­beweisbare Hy1Jothese, die auf allzu vereinfachten Voraussetzungen beruht. Wir wissen nicht, wann die Haltung des ANDREAs PALAIOLOGOS, die ohne Zweifel die Stadt der Partei der Palaiologen erhalten hat, mit dem Archontenamt belohnt wurde. Wir finden ihn in dieser Stellung im Sommer 1349 neben ALEXIOS METOCHITES 659.

666 MEYENDORFF Palamas 106 A. 53 und 116 A. 97. Über die Chronologie des HYAKIN­TROS: C. P. KYRRIS Hyakinthos aus Zypern, Erzbischof von Thessalonike (1345-6) und seine Rolle im antipalamitischen Streit (ngr.), Kvnetaxal Enovoal 25 (1961) 91-122. 666 MEYENDORFF Palamas 136. 667 Die Darstellung des NEILOS (PG 151 Sp. 672B-673A) scheint gegenüber PHILO­THEOS (Enkomion Sp. 616B) glaubwürdiger, daß von PALAMAS nur verlangt wurde, den Kantakuzenen nicht im Kirchengebet zu erwähnen. NEILOS sagt, daß der Mjfl.DI; den aiuc1Laaral (vor allem an die Archonten ist gedacht, die ausdrücklich erwähnt wer­den) die e01l17 für ihre "Schlechtigkeit" gegeben haben. 668 WERNER Volksbewegung 67. 669 Kant. IV, 15: III, 104 (vgl. Reg. 2951). KASDAN Agrarverhältnisse 196 sieht in ALEXIOS METOOHITES den Führer der ovvaiol. Dafür fehlen die Beweise.

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MACHTVER;HÄLTNISSE NACH 1345 99

ANDREAS besaß den ihm vom Kaiser verliehenen Rang eines 0 bd, 7:eaneC'Y}t;. Aus den jüngst edierten Briefen des MANUEL RAUL ist bekannt 660, daß ALEXIOS METOCHITES vor seinem Amtsantritt als Archon in Thessalonike Statt­halter auf der Peloponnes war. In der Zeit der sogenannten "Zelotenherrschaft" wird er dann Archon in Thessalonike, sicher von J OANNES V. P ALAIOLOGOS und nicht von J OANNES KANTAKUZENOS eingesetzt. Dies ist wieder ein Hinweis für die Verbindung zwischen der angeblich "unabhängigen" Stadtrepublik und der Regierung in der Hauptstadt. Während der Kantakuzene also trotz seiner Ver­suche, den Klerus auf seine Seite zu ziehen 661, mit seinem Kandidaten auf den Erzbischofsstuhl nicht durchdrang und weiterhin mit seinen Versprechungen für die gesamte Stadt und für Einzelpersonen keinen Erfolg hatte 662, konnte JOANNES V. in der gleichen Zeit ohne Widerspruch einen Archonten in Thessalonike ein­setzen. Beide Archonten lehnen 1349 P ALAMAS mit der Begründung ab, "sie stünden auf der Seite des Palaiologen und würden deshalb den Kaiser Kantaku­zenos bekämpfen, da er jenem die Herrschaft entrissen habe" 663. JOANNES KANTA­KUZENOS fügt hinzu: "In Wahrheit aber (handelten sie so), um für sich selbst die Herrschaft in Thessalonike zu sichern". Diese Deutung ist wenigstens bei ALEXIOS METocHITEs weniger wahrscheinlich als die abgegebene Erklärung, wenn die Ein­setzung des ALEXIOS durch den Palaiologen JOANNES V. berücksichtigt wird. Daß die Macht des "kaiserlichen Archonten" durchaus nicht gering gegenüber den Zeloten war, zeigen die Vorgänge im Sommer 1350: ALEXIOS METocHITEs macht die serbenfreundliche Haltung der Zeloten nicht mit und hat das Heer auf seiner Seite. Als ANDREAS P ALAIOLOGOS das Spiel von 1345 wiederholen will und die naea()aAaO'O'lOt gegen den Mitarchon zu Felde ziehen läßt, handelt ALExIOS rasch entschlossen und wirft die naea()aAaO'O'lOt zurück 664. Dieser Erfolg wirft nochmals ein Licht auf das Jahr 1345: Nicht die Machtlosigkeit des JOANNES APOKAUKOS ge­genüber den Zeloten brachte ihm den Untergang, sondern sein Zögern, gegen die naea()aAaO'O'lOt schnell durchzugreifen. Glauben wir J OANNES KANTAKUZENOS, so bot sich 1350 das merkwürdige Schauspiel, daß der Mjp,ot; nicht nur das Haus des ANDREAS P ALAIOLOGOS, sondern auch der naea()aAaO'O'lOt plündert. Die Raubgier richtet sich also nicht nur gegen die fJvva7:ot, sondern gegen die eigenen Standes­genossen, wenn sich Gelegenheit bietet. Die Zeloten waren plötzlich in ähnlicher Lage, in der sich 1342 und 1345 die Anhänger des JOANNES KANTAKUZENOS be­fanden. Sie ,ersuchen die Stadt einer Macht zu übergeben, die vor den Toren der Stadt steht. Die Furcht vor ihren Machenschaften und vor dem Unmut des fJfjp,Ot; wegen der langen Belagerung zwingt ALExIOS, J OANNES KANTAKUZENOS zu Hilfe zu rufen 665. Als er anlangt, findet er folgende Lage vor: "Er fand das Volk und die

660 Brief Nr. 7 ed. LOENERTZ, EEBS 26 (1956) hier S. 154. An dieser Stelle die ersten Nachrichten über ALEXIOS, die F. DÖLGER N eues zu Alexios Metochites. .. in: Byz. Diplomatik, Ettal 1956, 328f. noch nicht verwerten konnte. Der Bruder des ALEXIOS, NnrEPHoRoS, war treuer Anhänger des Ja. Kant. 661 Reg. 2924 (Aug. 1347). 6611 Kant. IV, 16: In, 105, 18f. 668 Kant. IV, 15: In, 104,15-17. 664 Kant. IV, 16: In, 109. 666 Daraus mit WERNER Volksbewegullg 59 zu schließen, daß "die Macht der Zeloten noch nicht gebrochen war", ist voreilig. Eine Gruppe, die eine Stadt dem nahen Feind in die Hände spielen will, ist deshalb noch nicht mächtig.

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Zeloten im Zwiespalt zu den ÜeUY7:0t." 666 Der Satz besagt, daß diese Oberschicht trotz der neun vergangenen Jahre immer noch mächtig war, daß sie eine andere Politik. trieb, als der ~ijfto~. Bezeichnend ist, daß JOANNES KANTAKUZENOS nach seiner Ankunft nichts Eiligeres zu tun hat, als sich vor dem Volk zu rechtfertigen, das offensichtlich ihm auch zu diesem Zeitpunkt feindlich gegenübersteht 667 •

4. Die Beurteilung der Rolle des Volkes von Thessalonike in den Jahren 1341-1350

Wie in den übrigen Städten Thrakiens und Mazedoniens entzünden sich die Un­ruhen in Thessalonike an der Frage nach der Haltung zu J OANNES KANTAKUZENOS. Hier wie dort stehen die ~V'J1a7:ot zu ihm. Während aber in den übrigen Städten der ~ijfto~ mit den Volksführern an der Spitze sich dem Kantakuzenen gegenüber feindlich zeigt, bemüht sich die Darstellung des Exkaisers, in Thessalonike diese Feindschaft von den Zeloten ausgehen zu lassen. Haben die Zeloten erst das Volk beeinflußt1 Vor allem die Vorgänge im Jahre 1345, als das Heranrücken eines Heeres des J OANNES KANTAKUZENOS gemeldet wurde, ebenso das Bemühen des Adeligen, sich im Jahre 1350 vor dem Volke zu rechtfertigen und seine Gunst zu gewinnen, zeigen auch in Thessalonike die Abneigung des Volkes gegen den neuen Regenten, die keiner Beeinflussung bedurfte. Wie in den übrigen Städten ist am Anfang auch in Thessalonike nur ein zögerndes Vorgehen gegen die Freunde des Kantakuzenen zu beobachten. Wie in Adrianopel wurde zu Beginn des Bürgerkrieges nicht der Versuch gemacht, diese Gruppe wirksam auszuschalten, so daß 1343 und 1345 wie in Adrianopel1344 die Gefahr bestand, daß dieser Kreis die Stadt dem neuen Kaiser in die Hände spielte. Der Mord auf der Akropolis, wie Raub und Plünderung, werden von J OANNES KANTAKUZENOS und DEMETRIOS KYDONES vor allem in der "Monodie" stark her­vorgehoben. Bei der Beurteilung dieser schlimmen Wendung ist die Situation im Bürgerkrieg nicht zu übersehen. Es bestand äußerste Gefahr, daß die Stadt dem Kantakuzenen in die Hände fiel. Der Terror scheint nicht lange gewährt zu haben. Die Brüder des DEMETRIOS KYDONES werden gegen Lösegeld freigelassen 668, seine Mutter wie auch seine Brüder bleiben in der Stadt. Im September 1346 setzt KYDONES in der Stadt normale Verhältnisse voraus, die er sich in der Hochstim­mung des Neujahrsfestes vorstellt 669. Vor dem Einzug des J OANNES KANTAKuzENOS in die Stadt ist sein Verwandter KONSTANTINOS HARMENoPULos als Richter in der Stadt tätig 670. Vielleicht nahm NIKOLAOS KABASILAS bereits 1347 wieder in seiner Heimatstadt Wohnung.

666 Kant. IV, 17: UI, 117, 5-7. 667 KASDAN Agrarverhältniase 196 behauptet, die ~vvaT:ot seien 1347 nach der Ver­söhnung der beiden Kaiser zurückgekehrt. Davon wissen die Quellen nichts. 668 1. Rede an J o. Kant. ed. LOENERTZ in Dem. Kyd. Correspondance I, Kap. 9 S. 5 vgl. Kap. 13. 669 Dem. Kyd. Br. 5 vor allem Z. 25. 670 N. PANTAZOPULOS Konstantinos Harmenopulos (ngr.), in: Tomos K. Harmenopulu, Thessalonike 1951, 484 und 494.

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DEMOKRATISCHES REGIMENT DER ZELOTEN? 101

Stand Thessalonike je unter "einem demokratischen Regiment der Zeloten" 671 1 Die Forschung hat sich bisher m. E. allzu schnell durch die Darstellung des J OANNES KANTAKUZENOS zu diesem Schluß verleiten lassen. Bei näherem Zusehen bleibt der wirkliche Einfluß der Zeloten auf das Volk sehr wenig durchsichtig und in der Darstellung des Exkaisers widersprüchlich. Wir haben uns die Zeloten als eine kleine Agitationsgruppe vorzustellen. Wie die Geschichte der Volksaufstände nicht nur in Konstantinopel zeigt, ist freilich die Wirkung solcher Gruppen nicht zu unterschätzen. Soviel dürfte an den Nachrichten des adeligen Geschichtsschrei­bers wahr sein, daß sich Zeloten wie MICHAEL P ALAIOLOGOS auf gewisse Kreise des 15fjflor; verlassen konnten. Neben den Zeloten steht fast ununterbrochen kennt­lich die Reihe der von der Regierung in Konstantinopel eingesetzten Archonten, die keine so geringe Macht besaßen, wie der Kantakuzene bei J OANNES APOKAU -KOS und ALKllOS METOCHITES glaubhaft machen will. Die Stadt war in keinem Zeitabschnitt zwischen 1341 bis 1350 von Konstantinopel unabhängig. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Tatsache, daß sowohl das Volk wie die Archonten J OANNES KANTAKUZENOS als Kaiser nicht anerkannten. Auch ist immer zu berück­sichtigen, daß die Stadt schon vor 1341 eine Art Autonomie besaß. J OANNES KANTAKUZENOS hat es durch seine Darstellung fertiggebracht, die Zelo­ten so undeutlich und tendenziös zu zeichnen, daß wir über die Gruppe wohl nie mehr zu einem gesicherten historischen Urteil kommen werden, wenn sich nicht neue Quellen finden. Alle Anzeichen sprechen dagegen, daß der sogenannte "Antizelotendialog" und die Traktate des NIKoLAos KABASILAS gegen den Wu­cher sich auf die Zeloten beziehen - Quellen, aus denen die ältere Forschung ein "Programm' der Zeloten ableitete 672 •

Es ist unmöglich, den Raub und die Plünderungen, die im Bürgerkrieg vorkamen, als Wirkung eines durchdachten Programms und sozialer Parolen zu verstehen. Hier kam spontan die Wut gegen d~n politischen Gegner (auch die naea(}aAamnol wurden geplündert!) und gegen den sozial höher Stehenden, wie auch die Not durch die Belagerung, die die bäuerliche Existenzgrundlage der Stadtbewohner vernichtete, zum Durchbruch. Nachhaltig wurden dadurch die sozialen Unter­schiede in der Stadt nicht beseitigt, wie die folgende Zeit zeigt. Wie in den übrigen Städten kommt es auch in Thessalonike durch die Situation des Bürgerkrieges zu einem "governmental change through voilence" innerhalb der Stadt, als SYNADENOS vertrieben und JOANNES APOKAUKOS ermordet wird. Ein starker sozialer Akzent, der auch in Thessalonike durch die Parteinahme der 15vyaro{ für JOANNES KANTAKUZENOS gesetzt wird, ist unverkennbar. Aber die großen Parolen der Revolutionen, "salut public et liberte", die CHARLES DIEHL schon im 14. Jh. in Thessalonike heraushören wollte, sind in den Quellen nicht

671 TAFRALI Thessalonique 233; Oh. DIEHL Les journees revolutionaires byzantines, in: Revue de Paris 35. Jhg. Nov. 1928, 151-172; S. 156. OSTROGORSKY Geschichte 425, der aber in A. 1 bereits Bedenken an der herkömmlichen Meinung anmeldet, vor allem über das "Programm" der Zeloten. OHARANIS Strife 216. m Dies scheint mir die Diskussion um den "Antizelotendialog" zu zeigen. Vgl. zu­letzt 1. SEVCENKO A postscript of Nicolas Oabasilas' "Anti-Zealot" Discourse, DOP 16 (1962) 403-408. Die Meinungen der modernen Forschung über die Zeloten hat 1. SEVCENKO Nicolas Oabasilas' "Anti-Zealot" Discourse : aReinterpretation, DOP 11 (1957) 81-83 zusammengestellt.

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nachzuweisen. So ist auch für die Ereignisse in Thessalonike weder der Begriff "soziale Unruhe", noch "Revolution", "Volksaufstand", "Klassenkampf" voll zutreffend. Der Satz des J OANNES KANTAKUZENOS, er habe bei seinem Eintreffen in Thessa­lonike den ~fjft0~ in Aufruhr gegen die ~v'Va'r:ol gefunden, beleuchtet die Lage. Die sozialen Spannungen waren trotz der Ereignisse im Bürgerkrieg nicht beseitigt. Die noch unedierten Predigten des Erzbischofs ISIDOR dürften dafür weitere Be­lege geben 673. Welche Bedeutung der Kantakuzene selbst der Rolle des Volkes beimaß, zeigt die von ihm einberufene Volksversammlung, vor der er sich recht­fertigte. Es fragt sich, ob selbst seine Rednergabe und Diplomatie das Volk von der Meinung abbringen konnte, daß sein Auftreten in den letzten Jahren für die Stadt nur Unruhe und Wirren gebracht hatte, ohne die Lage irgendwie zu bessern. Kurz darauf wird Thessalonike wieder der Herd des Widerstandes gegen J OANNES KANTAKUZENOS, als J OANNES V. in der Stadt weilt. In Thessalonike fand der Palaiologe Zuflucht 6?'.

678 Schon die von B. LAURDAS als Nr. 5 herausgegebene Rede (Die Predigten Isidors, Erzbischofs von Thessalonike auf die Feste des hl. Demetrios (ngr.), Hellenika Beilage 5 [1954] hier S. 60-65) 'Op,tÄla ön rpeeew xen TOV~ TWV "otVWV :neofaTaI'.evov~ "al :neoVXOVTa~ ev :nO)'LUÜ,. TOV~ TWV :no),),wv "al eVu),wv av()ew:nwv yoyyvap,ov~ ist Beleg für solche Spannun­gen. Ein Vergleich mit der Rede des THOMAS MAGISTROS über die Einigkeit wäre reiz­voll. m Kant. IV, 35: III, 256; IV, 38: III, 276.

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IX. Die Bedeutung des palamitischen Streites bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges

Die Tendenz, daß religiös-dogmatische Streitigkeiten auf die innere und äußere politische Entwicklung der Staaten übergreifen, ist oftmals in der Geschichte zu erkennen. In Byzanz ist diese Erscheinung besonders gut im ikonoklastischen und arsenitischen Streit zu beobachten, von den großen christologischen Streitig­keiten der frühbyzantinischen Geschichte zu schweigen. Gruppen mit ursprüng­lich religiöser Zielsetzung werden "profanisiert", ja können den Charakter von politischen Parteien annehmen. Nur dieser Gesichtspunkt am Streit um den sogenannten "Hesychasmus" ist in dieser Abhandlung wichtig. Welchen Einfiuß hatte der Streit auf die innere, vor allem gesellschaftliche Entwicklung des spätbyzantinischen Staates 1 Welchen Charakter trugen die streitenden Parteien 1 Wie standen die Gruppen zu J OANNES KANTAKUZENOS 1 Welche Rolle spielte er in diesem Streit 1 Für die innere Entwicklung des byzantinischen Reiches wird m. E. der Streit erst zu Beginn des Jahres 1341 wichtig. Die 1335 mit dem ersten Brief des GREGO­mos PALAMAS an den aus Kalabrien stammenden Mönch BARLAAM beginnende Vorgeschichte des Streites gehört der byzantinischen Philosophie- und Religions­geschichte, aber auch der Geschichte des byzantinisch-griechischen National­gefühls an. Nur BARLAAM tritt vor 1341 auch als politisch wichtige Figur in Er­scheinung. Er genoß die eVfliveta des ANDRONIKOS 111. 676

Weder die angebliche Niederlage des BARLAAM bei einer Disputation im Jahre 1331 mit NIKEPHoRos GREGORAS 676 hat den Kaiser gehindert, den Mönch 1334 mit Unionsverhandlungen zu betrauen, noch war die - in Hofkreisen sicher noch un­bekannte 677 - Kontroverse mit GREGORIOS P ALAMAS ein Hinderungsgrund, ihn 1339 mit - freilich sehr vagen - Vollmachten mit dem Papst verhandeln zu lassen, vor allem aber, den französischen König um Türkenhilfe zu bitten 678.

676 Nik. Greg. XI, 10: 555. PALAMAS gibt später zu (Brief an BESSARION) Cod. Cois!. 99 fol. 177 0: 1] ~e ~v (sc. das Haupt der Ketzerei) 0 Bae.Äadp. navTax60ev exaw TO ~VvaaOat "al yUe "al T:fj f""ÄrjGlq. p.eyar; f~6"et "al T:fj nOÄ.tT:elq. "al "aTa T:OV ßaatÄewr; "al T:WV fv T:eÄet noÄÄijr; hvyxave vnor5oxijr;. 876 Vgl. SCHIRO Epistole 29. 677 PHILOTHEOS Enkomion sagt ausdrücklich, der Kaiser habe vom Streit bis 1341 nichts gewußt: PG 151 Sp. 599B. 678 BOSCR Andronikos III. 143 hat die Frage leider zu wenig eingehend behandelt. Ganz abwegig ist die Meinung von HALECKI (Empereur 17) nicht, BARLAAM habe keine Vollmachten für Unionsverhandlungen gehabt. Im Brief Benedikts XII. an den französischen König (9. Sept. 1339) (Acta Benedicti XII. Nr. 42 S. SI) schildert der Papst: " ... licet se protinus respondentibus (Barlaam auf die Fragen des Papstes) litteras vel mandatum huiusmodi non habere. " So auch im Bericht des BARLAAM selbst (a. a. O. S. S6): " .. . finaliter Barlaam et miles responderunt praedicti, se nequaquam habere huiusmodi litteras vel mandatum. " Als eigentliches Ziel der Legation erscheint die Bitte um Türkenhilfe an den franz. König (a. a. O. S. SS): "Imperator vero, non confidendo in sola sua gente, misit n08 ad christianissimum regem Franeorum, quaerens

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104 DER P ALAMITISCHE STREIT BIS 1341

Inwieweit dieses Vertrauen von J OANNES KANTAKUZENOS beeinflußt ist, läßt sich nur vermuten. Eines steht fest: BARLAAM und sein Kreis gehörten zur Klientel die­ses byzantinischen Adeligen, die --: wie diese Untersuchung zeigt - nicht nur poli­tische Klientel ist. Er war sein q;tAor;. J OANNES wehrt sich gegen den Vorwurf, P ALAMAS bevorzugt zu haben, ein parteiischer Richter zu sein: "Ich selbst war BARLAAM, von dem dieser Streit ausging, anfangs mehr zugetan; ja er durfte in meinem Haus wohnen und die Brüder (TOVr; (MsAq;ovr;) würdigte ich großer V or­sorge und zählte sie zu den besten q;tAOl, er genoß eine Vorrangstellung bei mir. Er war dauernd mit mir zusammen, legte seine eigenen Angelegenheiten aufs ge­naueste dar und war ständig mein Lehrer 679." Genau dies bestätigt GREGORAS, der betont, daß gerade die humanistischen Studien den Adeligen und den Mönch zusammenführten 680. J OANNES KANTAKUZENOS fährt fort: "Niemand kann be­haupten, daß ich die Anschauungen des Palamas kenne, daß mir die Gegenseite aber unbekannt ist. Aber wenn ich die Wahrheit sagen soll: mit jenen hatte ich eher Verbindung ... 681." Hier ist die grundlegende, für J OANNES KANTAKUZENOS durchaus nicht angenehme Tatsache angedeutet, daß vor 1341 keine Verbindung zwischen dem Adeligen und dem Mönch P ALAMAS bestand. Ich kenne keine Be­lege. Es könnte sein, daß JOANNES als Jugendgefährte des ANDRoNIKos 111. 682,

dessen Erzieher der Vater des GREGORIOS PALAMAS war, mit Gregor selbst be­kannt wurde. Eng war dieser Kontakt jedenfalls nicht und hinterließ keine Spur in den Quellen. Auch als BARLAAM Ende 1340 nach Konstantinopel kommt 683 ,

ist das Mönchsgezänk noch keine bedeutende innenpolitische Streitfrage. Die un­sichere Haltung des Patriarchen J OANNES KALEKAS wirft bereits ein Licht auf den späteren Gegenspieler des J OANNES KANTAKUZENOS. Aus der Darstellung des AKINDYNOS geht hervor, daß der Patriarch, die Streitschrift des BARLAAM "gegen die Messalianer" in den Händen, zuerst einmal gar nichts unternehmen wollte 684.

Mit AKINDYNOS war er sich einig, daß die Anschuldigungen gegen die Mönche aus Streitsucht geschrieben wurden 685.

Es kommt nun zu der für die byzantinische Gesellschaft bezeichnenden Erschei­nung: BARLAAM bildet eine Partei. Es kommt zur Gruppenbildung. AKINDYNOS und J OSEPH KALOTHETOS 686 nennen leider die Personen nicht, an die sich BAR-

propter hoc ,auxilium." Der franz. König hat BARLAAM zum Papst geschickt " ... ut discat quid !Vobis de isto placet." Von diesen Voraussetzungen aus ist der von BOSCH zitierte Satz im Bericht BARLAAMs zu verstehen: (acta S. 90): "scitote etiam hoc, quia nunc non communis populus Graecorum misit me ut quaeram a vobis auxilium et unionem, sed imperator solus, secrete, qui, nisi prius mittatur auxilium ad partes illas, non poterit se manifestare plebi suae, quod vult vestram unionem." 679 Kant. IV, 24: III, 179. 680 Nik. Greg. XIX, 1: 919. 681 J o. Kant. geht dann gleich in einem Sprung auf die Ereignisse des Bürgerkriegs und seine Verhandlungen mit KALEKAS und AKrNDYNOS über. 682 MEYENDORFF Palamas 45. 683 Über den sieben Monate langen Aufenthalt des Barlaam in Konstantinopel: PALAMAS Theophanes PG 150 Sp. 9130 vgl. MEYENDORFF Palamas 79. 684 AKrNDYNOS Bericht 86. 885 Diese Eigenschaft wirft AKrNDYNOS BARLAAM auch in dem Brief Ood. Ambros. E 64 sup. fol. 67-73 V O vor. Vgl. R. LOENERTZ Regest 2, OOP 23 (1957) 120/1. 886 AKrNDYNOS Bericht 87 Z. 3ff. JOSEPH KALOTHETOS an KALEKAS (über BARLAAM)

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JOANNES :JLU:l'TAKUZENOS UND BARLAAM 105

LAAM wandte. PHILOTHEOS sagt, BARLAAM sei nach Konstantinopel gekommen "im Vertrauen auf die Freundschaft (rplAla) mit dem damaligen Oberhaupt der Gläubigen und nicht wenigen Personen (ov", oAlyou; 7teet aV7:ov) um ihn, weil jene schon seit langem nicht gut auf die Hesychasten zu sprechen waren 687" •

Der Satz bietet einen wichtigen Hinweis auf den Zwiespalt Patriarchalklerus­Mönchtum. Hier erfahren wir zum ersten Mal, daß BARLAAM zur rplAla des Patri­archen gehörte. Es sei daran erinnert, daß der Mönch ebenso zur rplAla des JOAN­NES KANTAKuzENos zählte, wie der Patriarch selbst. Wieder ist das verzweigte Netz der personalen Bindungen in der byzantinischen Gesellschaft greifbar. Ob diese Beziehungen oder der Druck der Partei des BARLAAM den Patriarchen zu dem scharfen "Auslieferungsbefehl" an den Erzbischof von Thessalonike, GRE­GORlOS P ALAMAS in die Hauptstadt zu entsenden, Veranlassung gab, bleibt unge­klärt 688. Auf die Vorstellungen des AKrnDYNOS hin ändert der Patriarch seine schroffe Haltung PALAMAS gegenüber. Ob in schroffer oder milder Form: die Tat­sache bleibt, daß der Patriarch PALAMAS holen ließ und dadurch den Streit äu­ßerst verschärfte gegen seine eigene ursprüngliche Absicht. Denn nun beginnt die Gegenpartei ebenfalls in der Hauptstadt Propaganda zu machen und - typisch byzantinisch - eine Gruppe zu bilden. Die einflußreichste Person der Hesychastenpartei in der Hauptstadt war im Früh­jahr 1341 durchaus nicht P ALAMAS, sondern eindeutig AKrnDYNOS. Der Patriarch hört auf ihn, er sammelt "Verstärkung" für die schwache Hesychastenpartei, indem er DAVID DISHYPATOS, der Einfluß auf Hofkreise hatte, nach Konstanti­nopel ruft 689, Gutachten ausfertigt und BARLAAM immer noch zur Mäßigung ruft. Der Anhang des P ALAMAS war gering: ISIDOR, das Haupt der religiösen Gruppe :iJ;l Thessalonike, war noch nicht die politische Figur, zu der er im Bürgerkrieg in der Hauptstadt werden sollte. Keine Gefolgsleute des J OANNES KANTAKuzENos oder des Kaisers stehen der Hesychastenpartei nahe, die Umgebung des Patri­archen ist ihnen offensichtlich feindlich. Aber der Schein trügt: Hinter P ALAMAS und ISIDOR stehen ungezählte Mönche des heiligen Berges; P ALAMAS wird nicht müde, dies stolz zu betonen, besonders im Blick auf den "tomos hagioreitikos" 690.

Die Häupter beider Parteien waren in der Hauptstadt anwesend. Jetzt fordert auch die Hesychastengruppe eine Synodalentscheidung 691 • Die Dinge hätten sich bestimmt nicht so zugespitzt, wären deli Kaiser und sein erster Minister in der

Cod. Angel. 66 fol. 132 O'vve~v~a yde ~al O'vveT:cIeane näv T:eflevo~, näv fee6v, cpeovnO'T:~eWV, näO'av dyvtäv, näO'av Äewcp6eov, näO'av 1}Ät~lav veav -r:e ~al d~fluCovO'av . .. 687 PHILOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 592B. 888 Die Angaben im "Bericht" des AKrnDYNOS S. 87 werden bestätigt vom Brief des AKINDYNOS an PALAMAS Cod. Ambros. E 64 sup. fol. 73 yO-74 = R. LOENERTZ Regest 3, GCP 23 (1957) 122. 889 Ed. V. LAURE NT L'assaut ayorte de Ia horde d'or contre l'empire byzantin (prin­ternps 1341), REB 18 (1960) 157-160 = R. Loenertz Regest 4, OCP 23 (1957) 122-124. 890 So z. B. oft in der Widerlegung des Tomos des Patriarchen KALEKAS (unediert) Cod. Coisl. 99 fol. 126-143. 891 JOSEPH KALOTHETOS an KALEKAS (Cod. Angel. 66 fol. 132 yO): ~al fl-YJV 1}fleewvoe nvwv Ötayevoflevwv O'vvooov iJT:~O'aflev yeveO'Oat T:-YJv O'-YJv Oet6T:'YJT:a, ecp' ol~ 1}fliv BaeÄadfl eve~uÄet· b"evevO'a~ T:oi~ Ä6yot~ 1}flwv' neoae~Ä~O'YJ 0 "aT:~yoeo~ naeeivat np ot~aO'T:'YJel4!' 0 0' dvave-vet "alO'aea em~e"Ä'YJflevo~. annet neo~ "alO'aea. "al T:ij~ O'ij~ T:oih' evoovO''YJ~ Oet6T:'YJT:o~ ~al ov noÄv ev fleO'4! "al T:OV evO'eßeO'T:uT:ov ßaO'tUw~ e"eiOev enaveÄ06vT:o~ O'vy~eo-r:eiT:at O'vvooo~.

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106 DER PALAMITISCKE STREIT BIS 1341

Hauptstadt gewesen. Aber sie waren zum Ausbau der Grenzverteidigung im Norden des Landes 692.

Als Kaiser ANDRONIKOS 111., der zuvor noch nichts von dem Streit gehört hatte 693,

in die Hauptstadt zurückkommt, war eine Synode wohl nicht mehr zu umgehen. Weshalb aber tagte die öffentliche Sitzung mit einem solchen Aufwand, der ge­eignet war, immer weitere Kreise, also vor allem "das Volk", auf den Streit auf­merksam zu machen 1 Nicht nur hohe Staatsbeamte waren vertreten, schon 1341 ist ein ~'YJfu.fJ~'YJC; öXÄOC; ov e(j.(l1:a ael{}fl'YJTOC;694 zugegen. Die Bedeutung des Volkes tritt im palamitischen Streit immer wieder hervor. Nichts berechtigt aber, von einem "veritable con­cile" zu sprechen 695. Es ist eine Lokalsynode. Die Beteiligung des Kaisers ist in Byzanz dabei nichts Außergewöhnliches. Wie wenig Bischöfe daran teilnahmen, zeigt die Tatsache, daß bei der Bestätigung des Tomos "enawBT6c;" nur sieben Unterschriften sogleich gesammelt werden konnten nach der Augustsynode, die nach der Angabe des J OSEPH KALOTHETOS die gleiche Besetzung hatte wie die Junisynode. Hinter den Kulissen spielten sich Verhandlungen ab, in denen JOANNES KANTAKu­ZENOS die Hauptrolle spielt. Der öffentliche Streit eines Mitglieds seiner Klientel mit den Athosmönchen mußte ihm sehr peinlich sein. Weshalb er den Philo­sophen nicht schon früher in seiner Streitsucht gebremst hat, bleibt ungeklärt 696.

Der um 1370, also 30 Jahre nach diesen Ereignissen geschriebene Entwurf eines Synodalentscheids gibt neben dem Bericht des J OANNES KANTAKUZENOS selbst wertvolle Aufschlüsse 697. "Der Kaiser und der Patriarch ... trafen im Beisein hervorragender Senatoren die Entscheidung, in der Sache weitmöglichst ol'Xo'l'0flla walten zu lassen und den angeblichen Streitfall in Frieden beizulegen. Dies taten sie auch und brachten BARLAAM dazu, als die Synode bereits versammelt war, keine Anklagen zu erheben, um so die Parteien zum Frieden zu bringen. Dies be­sagte: sie sollten künftig aufhören, über dogmatische Dinge zu reden ... ce.

89\1 Kant. II, 38: I, 540-542. 698 Siehe A. 677. m Nik. Greg. XI, 11: 558, l. 896 Gegen MEYENDORFF Palamas 82. 898 Es ist zu berücksichtigen, daß Jo. Kant. im Winter 1340/1 in Thessalonike weilte, als BARLAAM sich zur Abfahrt nach Konstantinopel bereit machte. 897 MEYENDORFF (Palamas) hat einen leider zu kleinen Ausschnitt aus dem hier wichtigen Teil des Entwurfs (Cod. Vat. 2335) mit Fehlern ediert (S. 80 A. 62). Auf die Stelle hat auch JUGIE DHGE VI Sp. 824 Art. "Barlaam" und DTC XI, 2 Sp. 1780 Art. "Contro­verse Palamite" aufmerksam gemacht. Bis zur vollständigen Edition gebe ich hier im Zusammenhang den Text des ganzen Abschnitts (fol. 1). II(}a X(}OVWV (j'eyyvt; TWV T(}UZUOVTa povaxot; TLt; BTS(}Ot; Ba(}Aaap uaAovpCVOt; eu KaAaß(}tat; 15' O(}WVPCVOt; ual TT,v voaov Tija(js Tijt; dasßelat; cpw(}aaat; udv ÖTL paAtaTa u(}vnTetv aVT-YJv ol e(}yaTat TavT1]t; eanov(jaCov. (usque ad hoc editio MERCATI Notizie 210 A. 2) ensl uaTaaTat; sit; AOYOVt; T({J Tijt; dasßelat; e~ciexep IIaAap{j. ual sl(}1Jvtuwt; OptAf]aat; pSTaßaAsiv Tat; dasßelat; ovu 'taxvas uaLToL noJ..J..ait; dno(js{~saLV lu Te TWV Ostwv y(}acpwv ual eu Tijt; AOYLUijt; nat&tat; X(}1]aapcvot; sit; TT,v eUUA1]atav KwvamvTL­vovnoASWt; dVaT(}eXSL TOVt; ns(!l Tav IIaAapäv 15tOetat; UaT1]YO(}WV. ual aVvo(jot; aVYU(}OTeiTat TOVTOV xa(}LV ev T({J navaenTep UalnS(}Lßof]Tep va({J Tijt; TOV Osov aocptat; TOV dm(j{pov ualpaua(}hov ßaatUwt; UV(} 'Av(j(}ovtuov TOV IIaAawAoyov lTL T({J ßtep nS(}LOVTOt; ual Tijt; avvo(jov euelv1]t; n(}OUa01]pEvov apa T({J T1]VtUavTa Tav Tijt; KwvamvTLVOVnoAswt; 15tenovTl O(}OVOV T({J a1'LwTaTep naT(}tciexn ual pauU(}LTep euelvcp UV(} 'Iwavvn ual Tfi vn' aVTov Oslg .ual ls(}{j. avvo(jep ual Tfi

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DIE HALTl;rNG DES PATRIARCHEN 107

J OANNES KANTAKUZENOS schiebt sich im eigenen Bericht ganz in den Mittelpunkt, bestätigt aber im Wesentlichen den Entwurf von 1370 698 : BARLAAM, in der Syno­dalverhandlung in die Enge getrieben, bittet seinen Patron um schnellen Rat und Hilfe. Dieser versichert, ihm auch in diesem Fall das Richtige zu raten und für ihn zu tun. J OANNES rät BARLAAM, mit den Mönchen Frieden zu schließen; er werde seine Autorität einsetzen, daß BARLAAM nicht der a:r:tp,la verfalle. Der Schritt des BARLAAMim Juni 1341 ist bezeichnend: Immer noch sieht er im Groß­domestikos den mächtigen Freund und Ratgeber, seinen Schutzherrn, keines-

, wegs einen Befürworter seines Feindes P ALAMAS. Die Person des BARLAAM wurde wirklich, wie J OANNES KANTAKuzENos verspro­chen hatte, weitmöglichst geschont. Er wurde nicht mit dem Anathem belegt. Dem Mönch aus Kalabrien wird Verzeihung gewährt, wenn er von weiteren An­klagen abstehe 699 • Die beiden, die Athosmönche betreffenden Fragen, die Frage nach der Göttlichkeit des Thaborlichtes (d. h. mit anderen Worten: nach der Legitimität der hesychastischen Gottesschau) und die Frage nach dem Jesus­gebet (d. h. nach der hesychastischen Methode) werden in ihrem Sinne entschie­den 700. So scheinen auch die Mönche beruhigt. Die "ol'Xo"op,la" ist vollkommen, von Kaiser, Großdomestikos und Patriarchen erstrebt. Drei Tage nach der Synodalsitzung stirbt der Kaiser. Sein Tod zu diesem Zeit­punkt war tragisch für die innere Entwicklung des byzantinischen Reiches. Der Streit - schon beinahe beigelegt - verwickelt sich im politischen Kräftespiel zwi­schen J OANNES KANTAKUZENOS und dem Patriarchen im Thronnachfolgestreit. Von diesem politischen Gesichtspunkt, vor allem im Blick auf die wirkenden Kräfte in der byzantinischen Gesellschaft, will ich den Streit hier weiter betrachten. Nach der Darstellung des JOANNES KANTAKUZENOS hat sich der Patriarch nach dem Tod des Kaisers als echter Byzantiner verhalten: Er bringt eine e:rateela aVY'XArj1:t",w" zusammen, er bildet also eine politische Gruppe um sich, deren Größe

ßaatJ..tufj avyuJ..1}'Up. dJ..J..d :neiv TavTr/V avyueo.1J(}ijvat T-Y]V avvo!5ov eTt Tij~ a[eeaew~ oiJa1J~ 8V :neOOtptOt~ ual !5td Toiho :naed :naVTWV dyvoovpev1J~ w~ :nOtutJ..1J~ oiJa1J~ ual :noJ..vpe(}ov~ ual :naaa~ opov Td~ :neoyeyovvta~ v:ne(}ßaJ..J..ova1J~' ol1J(}ek 0 dot&po~ ßa(JtJ..eV~ 8ueivo~ äpa Ti[> :naTetaeXT/ T1}V UaT1Jyoetav :neOqJaatv piv exew daeßela~, äJ..J..w~ 15' 8etaTtu-Y]v elvat ual ua(}'öÄ1J~ Tij~ TWV povaxwv :noÄtuta~ uaTa!5eOp-Y]v ßovÄ-Y]v ßovÄwov.at avp:naeOVTWV av.oi~ ual TtVWV TWV .ij~ avyuÄ1}iov v:ne(}exov.wv oluovopijaat paÄtaTa Td TOV :neaypaTo~ ual .-Y]v v:novoovpeV1Jv eew !5taÄvaaa(}at !5t' ele1}v'f}~. Ö !5-Y] ual :ne:neaxaat ual 7:()V pev BaeÄadp :naeeueOvaavTo p-Y] ua.'f}yo(}eiv Tij~ avvot5ov i]!5'f} avyueOT'f}(}ela1J~, TO !5i ual :neo~ ele1}v1JV aVTov~ dyayeiv' iJt5e (Cod.: 1/ t5i) 1}v TO :navaat aVTov~ p'f}!5apij TOV ÄOt:nov t5oypaTtuw~ &aUyea(}at, Tew~ dvaßaÄopevot :neo~ t5evdeav aVvo!5ov yevea(}at ual TOVTO :naee:neptpav. ual1}v (lv oflTw :neoßaa'f}~ Tij~ v:no(}eaew~ el~ uaÄov :neea~ ua.av.ijaat .0 :neäypa, ei ye uaTd T-Y]V 8UetVWV oluovoptav ual :naed (}80V avyuexwe'f}.o uÄea(}ijvat. dAJ..' ev(}v~ pe.d T-Y]V avvo!5ov 8UetV'f}V ola.d TOV (}eov uetpa.a uaaaewv povw'V &eÄ(}ovawv 1/pe(}wv 0 do{t5tpo~ ßaatÄeV~ dpetßet T-Y]V 8:ntU'f}eOv Tav.1JV CW1}v . .. 698 Kant.lI, 40: I, 552f. J. BOIS Le synode hesychaste de 1341, EO 6 (1903) 55 urteilt richtig: Les details de cette scene peuvent etre suspectes ... Der Kern der Nachrichten kann aber nicht in Zweifel gezogen werden. 699 MM I, 216. 700 Auch im Synodaltomos ,,8:nawe.o~" sind nur diese zwei Fragen behandelt. Soweit ist der Tomos bestimmt historisch glaubwürdig. KALEKAS hat ausdrücklich betont und bestätigt, daß diese zwei Fragen behandelt wurden (PG 150 Sp. 900D und 901A). Dies wurde auch von der Gegenseite nicht bezweifelt.

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108 DER P .ALAMITISCHE STREIT BIS 1341

und Zusammensetzung uns leider freilich unbekannt bleibt701. Außerdem ist er in den Kaiserpalast übergesiedelt. Er mußte aber in der Zeit der Anwesenheit des Großdomestikos in der Hauptstadt seine politischen Pläne begraben und zweimal einen Treueid schwören 702. Dabei hat J OANNES KANTAKUZENOS nicht versäumt, seinen früheren Gefolgsmann nachdrücklich auf sein früheres Verhältnis zu ihm hinzuweisen. Auch NIKEPHOROS GREGORAS hatte den Eindruck, daß die reale Macht des Patriarchen nicht groß war, wie er ihn in einer fingierten Rede sagen läßt 703. Erst als J OANNES KANTAKUZENOS Ende September die Hauptstadt ver­läßt, kann KALEKAS und seine avvwfloala - zusammen mit APOKAUKOS - gegen die Anhänger des Kantakuzenen vorgehen 704. KALEKAS hat in den entscheidenden Wochen zwischen Mitte Juni und Ende September in der hesychastischen Frage keinen oder nur geringen Widerstand gegen den Adeligen geleistet. Verkannte er die Rolle des PALAMAS, wurde er ge­täuscht, stand er unter Druck der Macht des Großdomestikos 1 Vor der Veröffent­lichung des Tomos "bwl'Peror;"705 erließ er ein Patriarchalschreiben (keinen Erlaß der "Endemusa"), das bestimmte 706 : Die Schriften BARLAAMS, soweit sie den Streit mit den Mönchen betreffen, sind abzuliefern und fallen der Vernichtung anheim. Das Schreiben ist noch ganz im Sinne der ol'Xo'P0flla der Juniverhandlung zu verstehen. Die Mönche werden geschützt, die Person BARLAAMS weitmöglichst geschont. Palamasfreundlich ist das Schreiben höchstens indirekt. Mit den Mön­chen wird gleichzeitig auch P ALAMAS persönlich geschützt. Im August wird dann der Tomos "bwwer6r;" veröffentlicht. Die Diskussion um die historische Glaubwürdigkeit des Schriftstückes soll hier nicht wiederholt werden 707. Ein Punkt ist sicher: Zwischen den Juniverhandlungen und der Unterzeichnung des Tomos durch den Patriarchen liegen zwei Monate. Es sieht so aus, als ob im Juni die Abfassung eines Tomos überhaupt nicht geplant gewesen ist. JOANNES KANTAKUZENOS drängt nun darauf, und zwar nach der Synode gegen AKINDYNOS im August - so KALEKAS selbst: "Dann aber drängte er (d. h. Jo. Kant.) und zwang uns, für die Mönche eine Schrift abzufassen im Hinblick auf die vorhergegangenen Verhandlungen und wir stimmten dem zu. Deshalb wurde auch der Tomos ver­öffentlicht, der vom Anfang bis zum Ende nichts anderes enthielt als die in ihm enthaltenen zwei Hauptpunkte, nämlich über das göttliche Licht bei der Verklä­rung und über das Gebet, wie bereits ausgeführt"708.

701 Kant. IH, 2: H, 19, 3. Gegen die Ansicht von P. JOANNOU, Kalekas sei nicht von politischen Erwägungen geleitet worden (OCP 27 [1961] 42) wendet sich mit Recht WERNER Osmanen 143 A. 149: "Politik und Religion waren in Byzanz wohl kaum je­mals inniger verknüpft als im Hesychastenstreit." 702 Kant. IH, 6: H, 51. IH, 9: 11, 69. Nik. Greg. XII, 6: 595; XII, 8: 600. 708 Nik. Greg. XIV, 3: 700. 704 Kant. IH, 22. Die von P. J OANNOU edierte Rede des Patriarchen zur Krönung des Kaisers JOANNES V. (OCP 27 [1961] 43-45) ist als Dokument der offiziellen Propaganda nach dem Abzug der Jo. Kant. zu werten. 705 Für diese zeitliche Festsetzung der Urkunde, die keine nähere Datierung enthält, sind zwei Stellen aus der Polemik des P ALAMAS bekannt. Diese zitiert bei MEYENDORFF Palamas 84 A. 83. 708 MM I, 201/2. 707 MEYENDORFF Palamas 80-82 gegen USPENSKIJ und JUGIE für BOIS. 708 K.ALEKAS Erklärung PG 150 Sp. 901 B 10 ff. P .ALAMAS bezeugt selbst in seiner Wider-

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DER, TOMOS VON 1341 109

MEYENDORFF interpretiert diese Stelle 709: "Il parle bien de la pression de Canta­cuzene, mais cette pression concerne la publication du document et non pas son contenu. " Es ist höchst unwahrscheinlich, daß der mächtige Großdomestikos die nachträgliche Ausfertigung eines Synodaltomos erzwingen konnte, ohne nicht auch auf den Inhalt Einfluß zu nehmen. Gerade der Inhalt atmet die überlegene diplomatische Schlauheit des Staatsmannes. Die Situation der Junisynode wird im Schriftstück wachgerufen: Der Kaiser ANDRONIKOS 111. wird selbst als Spre­cher angeführt 710. Sein Tod wird ausdrücklich erwähnt. Die ol'Xovoftla der Juniver­handlungen ist ebenfalls im Tomos enthalten: BARLAAM ist persönlich geschont, die Mönche geschützt. Aber der Tomos ist doch eindeutig mehr als eine reine Disziplinarentscheidung, wie KALEKAS später darzulegen suchte. Die Vielzahl der Väterzitate sind dogmatische Beweise für die Göttlichkeit des Lichtes bei der Verklärung und für die Berechtigung des J esusgebetes. P ALAMAS konnte später nicht zu Unrecht behaupten, im Tomos sei seine ganze Theologie in nuce enthalten. Gewiß, auf Einzelheiten der Theologie des PALAMAS (z. B. die Unterscheidung zwischen Usie und Energie) ist nicht eingegangen. Aber es geht doch letztlich um seine Theologie, wie das Zögern des ATHANASIOS VON KYZIKOS zeigt, der sich erst über die Theologie des P ALAMAS informieren wollte, ehe er den Tomos unter­schrieb 711. Persönliche verletzte Eitelkeit mag im Spiele gewesen sein. Die von MEYENDORFF zwar zitierte 712, aber nicht ausgewertete Stelle im Bericht des AKINDYNOS behauptet, die Palamiten hätten nach den skandalösen Vorfällen der Augustsynode zur Abfassung des Tomos gedrängt, waTe ft~ anoß}../jTOVr; elvat ~o'Xeiv713. Mit anderen Worten: JOANNES KANTAKUZENOS wollte durch die Aus­fertigung des Tomos das angeschlagene Ansehen der Palamiten wieder bessern. Einfach war auch die Sammlung der Unterschriften nicht. Zuerst haben nur sechs Bischöfe unterzeichnet, dann ATHANASIOS VON KYZIKOS714. Soviel steht fest: Der Patriarch mußte bei der Ausfertigung des Tomos nachgeben. Er mußte in einem weiteren Punkt nachgeben: Wenn er auch die Augustsynode vielleicht nicht selbst einberufen hat, wie JOANNES KANTAKUZENOS behauptet71li,

legung des Tomos des KALEKAS, daß der Tomos "enawet'o!;" erst nach der Augustsynode vom Patriarchen unterzeichnet wurde (Cod. Coisl. 99 fol. 140 r/vO) ön ~B p", povov ",p{j)'/) t'e 'Xal UL)V äAAWV dnavt'wv ovt'or; dAAU 'Xallavt'ov 'Xat'a1peV~et'at A8YWV dprptyvoeiv ",pa!; evOv!; en' e'Xelv1J!; t'ijr; ll(!c!nov (sic Cod.) O'vvo~ov 'Xal n(!oiwv sn nA80v dprptßOAOV!; ",yeiO'Oat ne(!l t'o 0'8ßa!;, avt'o!; 0 t'oPO!; t'Qavw!; na(!lO't'1JO't 'Xal yey(!appevo!; 'Xal vnoyey(!appevo!; avup pet'u t''''v vO'U(!OV yeyovviav 'A'XtV~vvov O'VVO~t'X"'v 'Xat'aM'X1Jv ... Auch die Darstellung des "Ent­wurfes" sagt (Cod. Vat. 2335 fol. 1), daß der Patriarch seine Unterschrift "ßtaO'Oel!;" und "dyvo~O'a!; t'ov ey'Xelpevov ~OAOV" gegeben hat. 709 Meyendorff Palamas 82. 710 MM I, 214, 21. 711 PG 151 Sp. 692 C/D. Im Brief an DANIEL VON .ArNos zitiert PALAMAS wörtlich die Erklärung des ATHANASIOS (Cod. Coisl. 99 fol. 99 VO linke Spalte = PG 151 Sp. 692 ab C5). 712 MEYENDORFF Palamas 89 A. 101. Richtig .JUGIE Controverse Palamite DTC XI, 2 Sp.1783. 713 AKrnDYNOS Bericht 89 unten. 714 Zur verwickelten Überlieferungsgeschichte der Unterschriften: MERCATI Not,izie 206-209. 716 Kant. II, 40: I, 556.

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110 DER P ALAMITISCME STREIT BIS 1341

SO war er doch wenigstens an ihr beteiligt. KANTAKUZENOS führte den Vorsitz. Ob der Patriarch damals schon die politische Bedeutung des Vorgangs erkannte, daß der Großdomestikos an Stelle des Kaisers die Synode leitete, wie KALEKAS es 1345 darstellte 716, ist fraglich. Abgeleugnet hat KALEKAS seine Anwesenheit bei der Synode nie, worauf MEYENDORFF mit Recht hinweist 717. Vor dem endgültigen Bruch des Patriarchen mit den Palamiten heben sowohl der Mönch MARKos718, wie J OSEPH KALOTHETOS 719 die Anwesenheit des KALEKAS rühmend hervor. Es wäre sehr aufschlußreich, wenn wir eine Stelle in dem unedierten Brief des AxINDYNOS an GEORGIOS LAPITHES 720 chronologisch genauer fixieren könnten, in dem dieser von dem Frontwechsel des Patriarchen gegenüber den Palamiten spricht. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß der Wechsel Ende September 1341 stattfand, als J OANNES KANTAKUZENOS die Hauptstadt verließ und der Patriarch dessen Anhänger verfolgte. überall zeigt sich die Ohnmacht des Patriarchen in den entscheidenden Monaten zwischen Mitte Juni und Ende September 1341. War er nicht fähig, die von ihm gesammelte Gefolgschaft einzusetzen ~ War sie zu klein ~ Jedenfalls ist er - vom palamitischen Streit her betrachtet - ein Spielball des mächtigen Adeligen in der ersten Phase des Thronnachfolgestreites. J OANNES KANTAKUZENOS hat die religiösen Streitigkeiten skrupellos für seine politischen Ziele ausgenützt. Gab es solche Streitigkeiten überhaupt noch, nach­dem BARLAAM wohl kurz nach der Junisynode die Hauptstadt verlassen hatte und seine Streitschriften vernichtet wurden ~

718 PG 150 Sp. 901B. 717 MEYENDORFF Palamas 86 A. 89. 718 MARKOS an KALEKAS Cod. Coisl. 288 fol. 305 V O (vgl. MEYENDORFF Palamas 87 A. 91). MARKOS zitiert einen Brief des .Ax:rNDYNOS: 1] l56 Y8VOpev'Yj ne(}l 'l'OV'l'OV q)'YJui e~hauu; "ai l5uiÄ,e~t~, ov nvwpa'l't"~ päÄ.Ä.ov yeyove1j ua'l'avt"~ "al oiav eßovÄ,e'l'o 0 "al Oeo,,'l'ovo~ l5uißoÄ,o~. W 'l'ij~ pavta~. l5uißoÄ,o~ 'l'~V Odav e"dv'Yjv uV7Je,,(}o'l''Yjue uVvol5ov, f} 'l'OV navayu[na'l'ov 1]Paw "al Oi"OVP8Vt"oV na'l'(}td(]x'Yjv elX8V enl O(}OvOV "aO~p8Vov, l5t"au'l'~v 'l'WV Ä,eyopevwv d,,(}tßeu'l'a-rov, u'l'aOp~v dÄ,'YjOeta~ eIne 'l't~ üv, näut VOpo08'l'ov'/J'l'a qmÄ,a-ruL'/J 'l'a na'l'(}ona(}al5o'l'a l5oypa-ra wune(} utwnwua "al rpOeyyopev'Yj na(}atv8Ul~ "al 'l'~V teeav "al Odav op~yveL'/J 'l'WV Oeouorpwv le(}a(}xwv "al 'l'~11 uV7JeÄ,wuL'/J 'l'WV Ä,oyal5wv dvl5(}wv 'l'WV 'l'e ev 'l'eÄ,et "al 'l'WV Ä,oytwv "al 'l'WV rptÄ,ouorpwv val;teatwv nÄ,ijOo~ "al nav'l'o~ 'l'OV xetU'l'WVVPOV Ä,aov; Ot navu~ "auyvw"etuav av-rov P'Yjl5' ov'l'tvaoVv wnOe~uav'l'o~ 'l'fj UV7Jo&p Ä,oyov 1j povov "eva 'l'etuvnou'l'a-rov Oeov l5o~al;w" rpau"ov'l'o~ "al "ov l5exopat enl Oeov eveeyetav äÄ,Ä,o "al ovutav eueov ovl5e l5vo Oeov~ eva vne(}"dp8VOV "al vrpdpevov üÄ,Ä,ov." rov eve"a M'YjMyXO'Yj u "al evenatxO'Yj na(}a 'l'WV e~e'l'al;ov'l'wv ... Nach dem Zusammenhang ist hier ohne Zweifel von der Augustsynode gesprochen. Wichtig ist, daß die Anwesenheit des J o. Kant. und sein Vorsitz bei der Synode mit Stillschweigen über­gangen wird. nu J. KALOTHETOS an KALEKAS Cod. Angel. 66 fol. 135 r/vo• KALOTHETOS spricht vorher von den vier Monate dauernden Bemühungen, AKINDYNOS mnzustimmen, unter anderem auch von der Zusammenkunft im Athanasiosk1oster (die Stelle zitiert bei MEYENDORFF Palamas 86 A. 86). Als diese Bemühungen erfolglos blieben .. . neoU~Ä,OOP8V 'l'fj ufj OetO'l''Yj'l't "ai 'l'oi~ ev 'l'tÄ.et. uvvol5ov iJ-r~uapev Y8VeUOat enl 'l'oi~ Ä,eyopevOt~ avnp. enevevua~ -roi~ Ä,oYot~. ovX ij"tu-ra "al av-ro~ noOwv 'l'0 neo~ uW'l''Yj(}tav 'l'etvov 'l'OV dl5eÄ,rpov. ep'YJvVOrJUav ol 'l'OU 'l'a 'Pwpatwv l5tBnovu~ 'l'OV ßautMw~ e~ dvO(}wnwv Y8VOpevOV naeetvat 'l'fj UV7Jo&p, or "al 'l'fj neo-reeg. naeijuav. neo~ -rov-rOt~ "al deXteeei~, oUot 'l'OU naeovu~ 17uav 'l'fj Kwvu-rav'l'tvov, or "al 'l'~v n(}o-reeav enÄ,~ewuav uVvol5ov povov MOV'l'O~ 'l'OV 'l'OV ßtov d,Ua~av'l'o~ wueßeu'l'a'l'ov ßaUtÄ,­ew~ . .• Wieder ist bemerkenswert, daß die Teilnahme des J o. Kant. mit keinem Wort erwähnt ist. 7110 Zitiert MEYENDORFF Palamas 87 A. 93.

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AKIND"YN0S UND PALAMAS 111

Aru:NDYNOS wal den theologischen Formulierungen seines alten Freundes GRE­GORlOS P ALAMAS gegenüber zurückhaltend gewesen. Palamas hat sein Versprechen, seine dogmatische Position nochmals zu überprüfen, nicht gehalten721•

Standen Machtkämpfe in der Partei des P ALAMAS im Hintergrund, in der AKIN­DYNOS zurückgedrängt werden sollte? Der alte Gefährte des P ALAMAS, J OSEPH KALoTHETos, berichtet sehr salbungsvoll von vier Monate dauernden Bemühun­gen, die Differenzen zu beseitigen 722. Falls die Randnotiz zweier Kopien des Syno­daltomos von 1347 wirklich ein autentisches Handschreiben wiedergibt, hat AKINDYNOS sich unterworfen 723. MEYENDORFF führt die folgenden skandalösen Geschehnisse darauf zurück, daß AKINDYNOS zu seiner Zusicherung nicht ge­standen hat und die Wut der Palamiten heraufbeschworen hat. Es gibt eine andere Deutung, die wahrscheinlicher ist: AKINDYNOS hat sein Schreiben in der Zusam­menkunft im Athanasioskloster wohl unter Druck abgegeben. Der Text gleicht einer bedingungslosen Unterwerfung, ein Zug, der durchaus nicht zur Persönlich­keit des AKINDYNOS paßt. Als man so nicht zum Ziel kam, drängten die Palamiten wieder auf eine Synode. Es kommt zu einem Mordversuch an AKINDYNOS. Zu diesem Zeitpunkt ergreift JOANNES KANTAKUZENOS die Gelegenheit und präsi­diert an der Stelle des Kaisers der Synode. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er den jungen J OANNES P ALAIOLOGOS beigezogen hat, um seine Haltung als Thronver­weser auf diese Weise deutlich zu zeigen 724 •

Dieser Prestigegewinn im Thronnachfolgestreit war bitter erkauft. Die Sitzung nahm einen tumultuarischen Verlauf. Zwei der Anhänger des AKINDYNOS werden beinahe von den P ALAMITEN ermordet. AKINDYNOS wird von der gleichen Gruppe angegriffen, "indem sie mich vor der Menge (nÄij(Jof;) als Barlaamiten bezeichne­ten" 726. Wieder tritt das Volk in Erscheinung, diesmal durch Demagogie aufge­wiegelt, ein Vorzeichen für künftige Ereignisse im Bürgerkrieg. AKINDYNOS kommt mit knapper Not mit dem Leben davon. Auch weiterhin sind seine An­hänger einem handfesten Terror ausgesetzt 726 • Ein Synodaltomos kommt nicht zustande. AKINDYNOS wird gezwungen, sich zu unterwerfen 727, um später um so

721 M.-Th. DlSDlER Art. "Akindynos" in: DS I Sp. 263/264 mit Belegen. 7112 Siehe A. 719. 728 MEYENDORFF Palamas 86 A. 86 nach der Edition von USPENSKIJ. 72( PALAMAS gegen AKINDYNOS Cod. Coisl. 98 fol. 150 r/vo (PALAMAS polemisiert vorher gegen die widersprüchlichen Äußerungen des AKlNDYNOS über BARLAAM) dAA' avro~ 3UZAW rrvL'Xa (Jwndat~ äpa 'Xat &heot~ 'XAbpa~ 't'ov~ neo~ avra 'XeXrJvara~ 't'oi~ tv 't'ep aen't'ep ßfJpan avve~enia(JrJ 'Xal nae' av't'a cpwea(Jel~ naea növ s'X'XeLrwv deXteeewv Byyeacpw~ dnexeteo't'ovei't'o 'Xal naea 't'rov eVaeßrov ßaatAeWv 'Xai rrov ev 't'eAet 'Xal 't'rov ae(Jor5a~wv dnAro~ dnav't'wv &k n pvao~ rrov 't'ij~ leeä~ s'X'XArJaLa~ neetßaAwv ?jAavvero ALßeAAov avyyea1papevo~ rij~ eavroiJ raxa r5a~rJ~ (Jaeerov dnarijaat nav't'a~ elnee eavr.ov 'Xara1pwaatro, 'Xllv el prJr5' ofJrw~ s'Xcpvyeiv sr5vvfJ(JrJ r~v 'Xarar5l'XrJv navrwv avveyvw'Xarwv leycp rdArJ(Je~ w~ bdnav r5f}pov avvar50v ßeßalw~ dvacpavev. Bni 't'ovrov roLvvv avroiJ roiJ AtßeAAov naAtV cprJaLv . .. Die Stelle ist u. a. ein Beleg für Ver­suche des AKlNDYNOS, im August eine Gruppe zu bilden. Es folgt das von MEYENDORFF Palamas 87 A. 95 zitierte Schriftstück des AKINDYNOS. 726 AKINDYNOS Bericht 89. 726 Die zu Beginn des "Aufrufes zum Widerstand" geschilderten Verfolgungen und Leiden der Palamasgegner (Cod. Marc. 155 fol. 17) dürften sich nicht erst auf die Zeit nach Februar 1347 beziehen. 727 Siehe A. 724.

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112 DER P .ALAMITISCHE STREIT BIS 1341

energischer zum Widerstand zu rufen. Die während des Bürgerkriegs erschienenen Streitschriften der Palamiten haben die Beteiligung und den Vorsitz des J OANNES KANTAKUZENOS mit Stillschweigen übergangen. Erst viel später hat PHILOTHEOS davon berichtet. J OANNES selbst hat in seinem Geschichtswerk die ihn kompro­mittierende Synode vom August unerwähnt gelassen 728 •

Vom Juni bis zum September 1341 vollzieht sich die Wendung des JOANNES KANTAKUZENOS zu PALAMAS. Sie kommt am deutlichsten in dem Gerücht zum Ausdruck, daß der Großdomestikos P ALAMAS an die Stelle von KALEKAS einsetzen wollte 729

• Vielleicht steckte in dem Gerede einige Wahrheit. Durch diese Wendung hatte der künftige Kaiser viel gewonnen und nichts verloren. Das Problem, das der ehemalige Schützling BARLAAM darstellte, war durch die von den Antipala­miten später bedauerte730 Abreise des Philosophen gelöst, die Gefahr, alte Freunde wie NIKEPHOROS GREGORAS zu verlieren, trat 1341 noch nicht auf. Gewonnen hatte der Thronanwärter eine rücksichtslos agierende Gruppe, deren Anwesenheit in der Hauptstadt von unschätzbarem Wert sein konnte, war sie auch noch so klein. Männer wie ISIDOR gehörten zu ihr. Der Kantakuzene konnte sogar hoffen, die Athosmönche hinter sich zu bringen.

728 Es ist bezeichnend, daß J o. Kant. in seiner Darstelhmg des palamitischen Streites im Brief an den Bischof von Karpasia auf Zypern die Augustsynode mit Stillschweigen übergeht (J. DARROUZES Lettre inedite de Jean Cantacuzene relative a la controverse PalaInite, REB 17 [1959] 8-27). 729 Kant. III, 17: II, 107. 780 So der Anonymus des Cod. Vat. 1823 fol. 262 V O (MEROATI Notizie 227 A. 2).

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x. Der palamitische Streit und die innenpolitische Entwicklung im Bürgerkrieg

Durch den Auszug des J OANNES KANTAKUZENOS und seiner treuesten Anhänger verliert dieser unmittelbaren Einfluß auf das innenpolitische Kräftespiel in der Hauptstadt. Zurück ließ er GREGORIOS P ALAMAS, dem er gegen AlrrNDYNOS zum Sieg verholfen, mit einer kleinen Schar von Getreuen. Wie klein diese Gruppe war, zeigt eine wertvolle Bemerkung des P ALAMAS in seinem Brief an die Athosmönche, der zusammen mit dem Brief an PHILOTHEOS eine fast gleichzeitige Hauptquelle für die Vorgänge und die Haltung des Führers der Hesychasten zu Beginn des Bürgerkrieges bildet. Nur mit 16 Anhängern flieht PALAMAS im Herbst 1342 in die Hagia Sophia als Schutzflehender, wo er zwei Monate lang bleibt731 • Natürlich hat P ALAMAS nach dem Endsieg sich gerühmt, offen für J OANNES KANTAKUZENOS gegen die "Verleumder" eingetreten zu sein, die Panegyrik hat ihm dies nachge­sprochen 732. In seinen Briefen an die Athosmönche und an PmLOTHEOS ist er viel vorsichtiger. Er plädiert für den Frieden, gegen den verderblichen Bürgerkrieg, nicht für J OANNES KANTAKUZENOS! In den scharfen Verhören, die der Patriarch anstellt, gibt P ALAMAS an, kein "Parteigänger für jenen zu sein" (uowwvo~ vnef! iuelvov)733. Ist aber die Anschuldigung gänzlich aus der Luft gegriffen, man habe einen Mönch mit Briefen des Palamas an die zwei Asanbrüder (MANUEL und JOANNES), an den Kantakuzenen selbst und eine ungenannte Person seiner Um­gebung aufgegriffen 1 Der sonst unbekannte in! avaflvf;a8wv SKUTARIOTES durch­sucht die Zelle nach Briefen des J OANNES KANTAKUZENOS. Die Anschuldigungen des Patriarchen sind sehr präzis. Ist P ALAMAS unfreiwillig in die Wirren der hohen Politik geraten 1 In Hofkreisen riet man dem Theologen, die Hände von der Politik zu lassen, von der er nichts verstünde 734•

Vom Frühjahr 1343 an ist PALAMAS gefangen, nicht aber sein alter Freund ISIDOR, der nun viel energischer politisch für J OANNES KANTAKUZENOS zu arbeiten be­ginnt als früher der Hesychastenführer. ISIDoRwar im Jahre 1341 noch in der Zeit der Anwesenheit des J OANNES KANTAKUZENOS in der Hauptstadt zum Bischof von Monemvasia gewählt worden, ohne seinen Sitz einnehmen zu können. Zum Ärger der Akindynosanhänger tritt er nun offen für P ALAMAS ein 736. Aber erst im November 1344 wird ISIDOR seiner Bischofswürde entsetzt, "da er auch nicht zur kaiserlichen Majestät (d. h. dem Palaiologenhause) reines Wohlwollen nährt und mehr dem gegenwärtigen Abfall und der Tyrannis (d. h. der Partei des Jo. Kant.) zugeneigt ist" 736.

Warum wurde er nicht gefangen genommen 1 Es ist möglich, daß der Patriarch

731 Text bei MEYENDORFF Palamas 104 A. 39. 782 Tomos 1347 Z. 145ff.; PHILOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 601D/602. Kant. IV, 3: IH, 25, 10f. "188 An die Athosmönche Cod. Coisl. 99 fol. 174. 784 An PHILOTHEOS Cod. Coisl. 99 fol. 170 vo. 785 Belege bei MEYENDORFF Palamas 103 A. 36; 106 A. 48. 786 MERCATI Notizie 200 Z. H.

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114 DER P ALAMITISOHE STREIT 1341-1347

mit ihm eb~nso verfahren wollte wie mit dem Patriarchen LAZAROS von Jerusalem, der wegen eines schwebenden Verfahrens gegen seine Person im Jahre 1341 in die Wirren des beginnenden Bürgerkrieges hineingeriet. Auch LAZARos stand im Ver­dacht, die Partei des Kantakuzenen ergriffen zu haben. Auf der Flucht zum neuen Kaiser gerät er in die Hände der Genuesen, deren "Bekehrungsversuchen " zum römischen Glauben er standhaft widersteht. Nach Konstantinopel zurückgekehrt, empfängt der Patriarch den erklärten Freund des J OANNES KANTAKUZENOS zu­vorkommend, gewährt ihm aber keine Unterstützung. Aus Not ist LAZARos ge­zwungen, die Hauptstadt zu verlassen und ins Lager des neuen Kaisers überzu­gehen737 • Die finanzielle Frage, die Frage nach dem Lebensunterhalt der kirch­lichen Würdenträger, die durch den außenpolitischen Niedergang des Reiches ohne Pfründe in der Hauptstadt sitzen und auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen des Patriarchen abhängig sind, ist bei dem gesamten palamitischen Streit nicht zu vergessen, so wenig im einzelnen Quellen darüber vorhanden sind. Bei ISIDOR hat die Methode des Patriarchen nicht gewirkt, unbequeme politische Gegner wirtschaftlich unter Druck zu setzen. Noch vor seiner Absetzung im November 1344 bildet ISIDOR mit den Monemvasioten, die als Händler und Solda­ten vorübergehend oder ständig die Hauptstadt bewohnen, eine axoA?J und teea rpaTela738, in der sie - wie der Hagiograph salbungsvoll schildert - von ISIDOR ein heiligmäßiges Leben lernen konnten. Die Vorsorgung der Gruppe war einiger­maßen gesichert. Wir erfahren zum Beispiel zufällig, daß ein gerade aus seiner Heimat zurückkehrender Händler aus Monemvasia ISIDOR Öl schenkt, das wieder­um unter "den Armen und Bedürftigen unter den Freunden (nTwxo'i~ Te xat TO'i~ TW'V q;lAW'V l'VtJe8cJt)" 739 verteilt wird. Nur ein Lebensschicksal dieser Gruppe lernen wir näher kennen; es gibt sowohl Aufschluß über den wahren Charakter der Verbindung, die nicht nur ein "heiliges Leben" führte, sondern politisch aktiv tätig war, wie über die soziale Zusammen­setzung: NIKOLAOS von Monemvasia stammte aus gehobenen Schichten (TW'V ovx aa?Jp,w'V) 740 und war mit seinem Vater und dem gesamten Familienclan (so möchte ich p,eTa naTe6~ Te xat TW'V olxelw'V interpretieren) in die Hauptstadt über­gesiedelt (nebenbei ein seltenes Beispiel, daß Konstantinopel trotz des allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Niedergangs noch eine gewisse Anziehungskraft besaß). Durch ein flottes Leben gerät er in Armut und kommt in den Kreis des ISIDOR. Er bekommt von dort Unterstützung und leistet dafür nicht ungefährliche Dienste: "Als der Kaiser (d. h. J o. VI. Kant.) die Stadt damals noch nicht einge­nommen hatte" (Sommer 1346 in Selymbria weilend 1), finden wir NIKOLAOS außerhalb der Stadt in der Umgebung (To'i~ neel TO'V ßaatABa avyye'Vop,B'Vlp)741 des Kantakuzenen. ISIDOR, der von der Abwesenheit des NIKoLAos nichts gewußt haben soll, wie PHILOTHEOS ausdrücklich betont, rettet das Haus seines Schütz­lings vor der "wilden Wut des Volkes'·' (()eaae'ia oep,~ TOV tJ?Jp,ov), das über den Verräter aufgebracht ist.

737 Kant. IV, 14: III, 9lf. 738 Vita ISIDORI Kap. 31 S. 89, 26 und 27. Was heißt ebenda Z. 2, daß sich Monemva­sioten xa()' hate1ar; il6yov xal avyyevelar; in der Hauptstadt aufgehalten hätten? 789 A. a. O. Kap. 41 S. 103 Z. 24f. 740 A. a. O. Kap. 40 S. 102 Z. 4f. 741 Vita ISIDORI Kap. 42 S. 104 Z. 19.

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DIE HALTUNG DES HOHEN KLERUS 115 I

Die Handlungsfreiheit der Palamiten in der Hauptstadt war weitgehend einge­schränkt, worüber PALAMAS große Klage erhebt7<l2; sie konnten nur unter der Decke für J OANNES KANTAKUZENOS agieren und ihm dabei vor allem vor der Ein­nahme der Stadt wertvolle, Dienste leisten. War die propalamitische Haltung des J OANNES KANTAKUZENOS ausschlaggebend für die Stellungnahme des Klerus und des Mönchtums im Bürgerkrieg1 Der Metropolit von Serrai, MAKAruos, der ein eifriger Gegner des Adeligen J OAN­NES KANTAKUZENOS im Bürgerkrieg war, wird im Antipalamitenverzeichnis ge­nannt 748• Nie erscheint sein Name in den Synodaltomoi. JOSEPH KALOTHETOS muß später gegenüber NIKEPHOROS GREGORAS ausdrücklich betonen, daß MAKA­RIOS im Muttergotteskloster (interniert 1) eines natürlichen Todes gestorben ist7U•

Hat in diesem Fall die politische Gegnerschaft (Serrai gelangte nie in die Herr­schaft des Kantakuzenen und war das Hauptquartier des GUY DE LUSIGNAN!) die Stellung zur palamitischen Frage bedingt 1 Weniger eindeutig mit der Hesychastenfrage zusammenzubringen ist die Haltung des JAKOBOS, Bischofs von Makre. 1344 erscheint der Bischof als Gesandter des ALEXlOS APOKAUKOS 746 , 1347 unterschreibt er den propalamitischen Synodalto­mos. Vielleicht aus Anerkennung für diese Haltung wird der Bischofssitz Metro­pole746 • 1351 unterschreibt kein Metropolit von Makre den Tomos, obwohl ein Inhaber des Stuhles ohne Namen 1353 (Dezember) und 1354 (März) bezeugt ist 747 •

Der Metropolit von Didymoteichos, des "Hauptquartiers" des Kantakuzenen, mit Namen THEOLEPTOS, machte zwar schon bald nach Beginn des Bürgerkrieges für den neuen Kaiser durch Weissagungen und Briefe politische Propaganda, konnte sich aber erst am Ende des Bürgerkrieges entschließen, seine Unterschrift unter den Tomos "br;aweT6~" zu geben 748. Er unterzeichnet dann die Tomoi von 1347 und 1351, behält also offiziell seine propalamitische Haltung bei. Merkwürdig ist, daß ein Bischof von Didymoteichos ohne Namen (es handelt sich dabei wohl schon um THEOLEPT) mitten im Bürgerkrieg im April 1345 in der "Endemusa" er­scheint749 • Konnte ein so erklärter Kantakuzenosanhänger in der Hauptstadt sich zeigen 1 NEOPHYT von Philippi, einer Stadt, die wie Serrai nie während des Bürgerkrieges in die Hände des Kantakuzenen gelangte, wird zweimal von ANNA in wichtigen

742 Brief an PAUL ASAN Cod. Coisl. 99 fol. 118; an DANIEL von Aino8 fol. 100; an ARSENIOS fol. 125 vo; an GAB RAS fol. 81 va. 748 Nr. 38. MEROATI Notizie 223. Er hat in seiner Stadt residiert und sich nur in den Jahren 1329-1331 in der Hauptstadt aufgehalten, wo er an der "Endemusa" teil­nimmt (MM I, 149, 151, 155, 157, 164) vgl. MM 1,144 (Sept. 1327 bereits MAKARIOS?). Zu seiner Gegnerschaft gegen Jo. Kant.: Kant. III, 37: II, 228,17. 744 Cod. Angel. gr. 66 fol. 199 va. 746 Kant. III, 71: II, 435, 16. 746 H. GELZER Ungedruckte ... Texte der Notitiae episcopatuum, Abh. bayr. Akad. Wiss. Phil.-histor. Kl. (1. Kl.) III. Abt. 21 Bd., München 1901, 601 Z. 137. BEOK Kirche 174. 747 MM I, 326; 335/6 = Reg. 3018. 748 MEROATI Notizie 207. Mit TISOHENDORF und Cod. Laur. VIII, 8 ist mit Sicherheit THEOLEPTOS zu lesen. Auch MEYENDORFF setzt in seiner kritischen Ausgabe des Tomos von 1347 THEOLEPTOS in den Text. 749 MM I, 242.

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116 DER PAL.AMITISCHE STREIT 1341-1347

Gesandtsch~ften nach Didymoteichos geschickt 750. Wie MAK.ARIOS von Serrai wird er in der Antipalamitenliste genannt (Nr. 43) und sein Name erscheint nie in den Synodalentscheidungen für PALAMAS. Noch mehr wie sein Amtsbruder in Serrai tritt er J OANNES KANTAKUZENOS offen entgegen durch seine Parteinahme für J OANNES KALEKAS im August 1347 751 • Auch bei ihm wie bei MAK.ARIOS muß J OSEPH KALOTHETOS gegenüber NIKEPHoRos GREGORAS ausdrücklich betonen, daß NEOPHYT (ebenfalls interniert1) im Basileioskloster eines natürlichen Todes gestorben ist. Es wäre zu erwarten, daß eine Stadt wie Adrianopel, die sich durch ihre Kanta­kuzenosfeindschaft auszeichnete, auch einen Feind des neuen Kaisers an ihrer kirchlichen Spitze hatte, ähnlich wie in Philippi und Serrai. Doch ist über eine politische Tätigkeit des Metropoliten nichts bekannt. J OSEPH von Adrianopel unterzeichnet am 4. November 1344 die Absetzung ISIDORS, eine eindeutig anti­palamitische Handlung 752. 1347 aber steht sein Name unter dem Tomos "ÖY1:w~ ovflelr;". Mit V. LAURENT möchte man vermuten, daß er durch diesen Schritt der Rache ISIDORS entgangen ist753 •

Die politische Stellungnahme des Mönchtums im Bürgerkrieg ist nur in der Athos­gesandtschaft vom März 1342 greifbar, einer Friedensgesandtschaft, zu der J OANNES KANTAKUZENOS selbst, wie er ausdrücklich betont, die Mönche veran­laßt hat 754. Sie steht mit dem palamitischen Streit nicht direkt im Zusammenhang. Bemerkenswert ist die Stellung, die der heilige SABAS einnimmt. J OANNES KANTA­KUZENOS rechnet ihn zu seinen fPLAOl755, das heißt hier zu seiner politischen Ge­folgschaft. Die Stellung des Heiligen zu P ALAMAS blieb aber immer reserviert756•

SABAS hatte den Mißerfolg der Friedensgesandtschaft vorhergesagt757 , war aber dann trotzdem nach Konstantinopel mitgereist. Er zeigte sich unzugänglich für politische "Bekehrungsversuche" durch die Palaiologenpartei und wurde während des Bürgerkrieges im Chorakloster interniert 758. Er mußte also für seine politische Haltung bezahlen. Daß dieser "Freund" des J OANNES KANTAKUZENOS mit dem Briefpartner des AKrNDYNOS, SABAS LOGARAS, identisch ist, der Einfluß auf die Hofkreise der Hauptstadt hatte und sie für AKrNDYNOS beeinfiußte, ist äußerst un­wahrscheinlich 769. Die Friedensgesandtschaft scheint von der Palaiologenpartei als politisch feindlicher Akt aufgefaßt worden zu sein. Auch der Protos ISAAK, der schon 1312 auf tritt 760 und im Juli 1322 eine wichtige Friedensgesandtschaft für

750 Kant. IH, 73: H, 445, 2 und IH, 99: H, 609, 12. Vgl. P. VAIL:s::E Les eveques de Philippe, EO 3 (1899/1900) 267. 751 Tomos gegen MATTHAlOS von Ephesos 730. 752 MERCATI N otizie 202. 753 V. LAURENT La liste episcopale du synodicon d'Adrianople, EO 38 (1939) 24. 754 Kant. III, 34: H, 209, 1 f. 755 Kant. IH, 35: H, 213, 9. 756 MEYENDORFF Palamas 107. 757 Vita SABAE Kap. 61 S. 322. 758 PHILOTHEOS geht darüber in merkwürdig zweideutigen Wendungen hinweg: a. a. O. Kap. 62 S. 325/6. 759 Gegen MEYENDORFF Palamas 107 mit A. 55. 760 J. DARROUZES Liste des Prötes de l' Athos, in: Le Millenaire du Mont Athos 963-1963 I, 1963, 423. MEYENDORFF Palamas 74 A. 32.

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DIE HALT"?N"G DES MÖNCHTUMS 117

den Kaiser ANDRoNIKos 11. unternimmt761, wird interniert. Das gleiche Schicksal traf sicher auch die übrigen Glieder der Gesandtschaft, darunter den späteren Patriarchen KALLISTOS. Nur der Hegumene der großen Laura, MAxAru:os, findet sich bereit, offen für die Palaiologenpartei einzutreten und wird zum Dank mit dem Metropolitenstuhl von Thessalonike belohnt. Im August 1342 nimmt er an einer Gesandtschaft an den Serbenkral teil, die die Auslieferung des JOANNES KANTAKUZENOS erbitten so1l762. Ein Antipalamit scheint er nicht gewesen zu sein, obwohl uns sein Name merkwürdigerweise in den Unterschriften unter den "tomos hagioreitikos" 1340 nicht begegnet. Zusammenfassend läßt sich aus diesen Nachrichten schließen, daß die politische Entscheidung des Klerus und des Mönchtums für oder gegen J OANNES KANTAKU­ZENOS nicht von der Stellung zu PALAMAS abhängig war, daß aber durch die Hal­tung, die der Patriarch und der Kantakuzene im Krieg PALAM.AS gegenüber ein­nahmen, eine Gleichsetzung "PALAMAS - KANTAKUZENOS" sehr gefördert wurde. Die Gruppe um AKINDYNOS, deren Handlungs- und Redefreiheit von den Palami­ten so beklagt wurde, hat trotz ihrer freien Stellung in den Gang der politischen Ereignisse weniger eingegriffen als die Gruppe um P ALAMAS und um ISIDoR. Gleichwohl gibt die Geschichte dieser Gruppe im Bürgerkrieg wertvolle Aufschlüsse über personale Verbindungen in Byzanz. Aus dem historisch sehr wertvollen Brief des AKINDYNOS an GEORGIOS LAPITHES 783 geht nicht einwandfrei hervor, wann der Patriarch nach und nach die Freiheit des AKINDYNOS erweitert hat 764. SABAS LOG ARAS soll, wie ihn AKINDYNOS in mehreren Briefen preist, ANNA mit ihrem Sohn, den Patriarchen, den Protosebastos (JOAN­NES GABALAS) und den Megas Dux ALExIOS APOKAUKOS zur Stellungnahme gegen P ALAMAS veranlaßt haben 766. Leider ist dieser in Hofkreisen offensichtlich sehr einflußreiche Mann nur aus vier Briefen des AKINDYNOS bekannt. Auch die Familie tritt in dieser Zeit wenig hervor766. SABAS hat auch gegen P ALAMAS zur Feder gegriffen und nicht nur die Theologie, sondern auch den "Barbarismus" des Neuerers angegriffen. Beachtenswert sind die Namen und die Reihenfolge der Personen, auf die SABAS einwirkte, um den Umschwung herbeizuführen. Bei der Aufzählung fehlen die drei Brüder ASAN (KONSTANTINOS, ISAAK und ANDRONI­KOS), auch GEORGIOS CHUMNOS. Ist dies ein Zeichen für die Palamitenfreundlich­keit der Familie Asan ~ ApoKAuKos wird an letzter Stelle genannt, wohl nicht ohne Grund. AKINDYNOS hat sich an ihn brieflich gewandt 767: Von den Abwehrkämpfen gegen die Barbaren heimgekehrt, wendet sich APOKAUKOS kirchlichen Fragen zu. AKINDYNOS erwartet von ihm Unterstützung. Doch zeigte der Megas Dux P ALA­MAS gegenüber eine merkwürdig freundliche Haltung. An diesem Punkt ist deut­lich eine Spannung zwischen APOKAUKOS und dem Patriarchen zu verspüren, von der wir nur durch den palamitischen Streit erfahren. Wie den Brüdern Asan hatte

761 Reg. 2477. 762 Reg. 2879. 768 Brief 28; hier Cod. Mare. 155 fol. 54 va. 764 MEYENDORFF Pa.lamas 105 setzt diesen Umschwung erst in den Herbst 1342. 766 Unediert sind Br. 14 (Cod. Mare. 155. fol. 44 VO); 22 (fol. 49-49 VO); 39 (fol. 69 Vo-

70). Von Br. 16 hat LOENERTZ OCP 23 (1927) S. 128/9 unter Nr. 6 ein Regest gegeben. 766 MATTHAIOS von Ephesos schreibt an einen PHILIPPOS Lo GARAS , an den MICHAEL GABRAS 27 Briefe richtet. 767 Br. 8. Cod. Mare. 155 fol. 41 r u. va.

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118 DER PALAMITISCHE STREIT 1341-1347

im Oktober 1341 APOKAUKOS dem Patriarchen versprochen, "Geldmittel, Diener ( oluh:at), die Verwandtschaft und sozusagen die Seele selbst bereitwillig für dich dahinzugeben"768. Anders als gegenüber den Asanbrüdern werden auch "Wohl­taten" (svsf2.ysalat) erwähnt, die der Patriarch für seine freundliche Haltung be­kommen wird. Wie den drei Adeligen bietet APOKAUKOS also auch dem in der Ge­seIlschaftshierarchie höher stehenden Patriarchen seine Gefolgschaftsdienste an, obwohl APOKAUKOS der eigentliche politische Führer ist. Doch war J OANNES KALEKAS als politischer Rivale ungleich gefährlicher als die übrigen Adeligen, die der Megas Dux im Laufe der Zeit kalt stellte. Die politischen Ambitionen des Patriarchen hatten dem Großdomestikos schon vor Beginn des Bürgerkrieges Kummer gemacht. Die h:atf2.sla avyuArj1:tUWv, die KALEKAS vereinigt hatte, war zwar nicht stark genug, dem Großdomestikos Widerstand zu leisten, ApoKAuKos dagegen hat nie einen ernsthaften Angriff auf die Stellung des Patriarchen unter­nommen; denn der Patriarch hat es geschickt verstanden, durch Gruppenbildungen seine Macht zu stärken. Aus einer tendenziösen Schilderung, die wir aus der Feder des P ALAMAS besitzen, erfahren wir von einer Synode im Sommer 1342 769. JOANNES KALEKAS scheint nur den ihm genehmen Klerus eingeladen zu haben, dann aber auch einflußreiche Laien. Es ist wahrscheinlich, daß die af2.XoV7:sC;, von denen der Bericht spricht, bereits zu der politischen h:atf2.sla des Patriarchen vor Oktober 1341 gehörten. Sie waren zum großen Teil Verwandte (avyyevsic;) der IRENE-EULOGIA CHUMNOS P ALAIOLOGINA, der Tochter des NIKEPHOROS CHUMNOS und Gemahlin des früh verstorbenen Despoten J OANNES P ALAIOLOGOS, Gründerin des Frauenklosters 'mv C{JtAav(}f2.wnov aorrijf2.oc; 770. Es ist die früheste Nachricht für das energische Auf­treten der alten Dame für AKINDYNOS und seine Gruppe, von der sie in hohen Tönen als "Frau, der Natur nach, nicht dem Wesen nach, die es den edelsten Männern gleichtut", gepriesen wird 771. Konnte im Jahre 1354 SEJAN damit rech­nen, daß die Gemahlin des J OANNES KANTAKUZENOS noch als Nonne ihre "Freun­de" einsetzen werde, so kann ähnlich die adelige Nonne EULOGIA die Verwandten im Bedarfsfall einsetzen, die ihrerseits wieder "einen entsprechenden Schwarm von Dienern mitbringen" (c5ovAwv uaraAA'YjAov Ba!1,()'JI enay6p,svol), wie PALAMAS aus­drücklich erwähnt. In Byzanz machen Gruppenbildungen nicht an der Kloster­pforte Halt. AKINDYNOS seinerseits soll Barlaamschüler und Mönche mit Knütteln unter den Kutten mitgebracht haben. Wenn PALAMAS mit Abscheu von dieser "Pseudosynode" berichtet, so ist nicht zu vergessen, daß seine Gruppe im August 1341 nicht weniger "schlagkräftig" war. Die Parallelen zu dem politischen Stoß­trupp des Adelstriumvirats vom Jahre 1321 sind auffallend.

768 Kant. III, 17: II, 108, 6. 769 Brief an PHILOTHEOS Cod. Coisl. 99 fol. 171 r/vo. Der Text: MEYENDORFF Palamss 101 A. 26. Ist diese Synode nicht identisch mit der von AKINDYNOS überlieferten Sy­node, die die Schriften des P ALAMAS vernichten läßt und an der auch ISlDoR teilge­nommen hat 1 AKINDYNOS Bericht 91; vgl. MEYENDORFF Palamas 103. 770 V. LAURENT Une princesse byzantine au cloitre, EO 29 (1930) 29-60 passim. PAPADOPULOS Palaiologen Nr. 61. 771 Brief des AKINnYNOS an LAPITHES (ed. USPENSKIJ Sinodik) S. 77 Z. 3 (siehe Ver­zeichnis der Quellen unter AKINDYNOS Bericht). Antipalamitenverzeichnis Nr. 26. Vgl. Br. 18 Cod. Marc. 155 fol. 46 VO (ebenfalls an LAPITHES 1): IRENE hat dem AKIN­DYNOS den "Logos" des Adressaten verschafft, den er über alles lobt.

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ALEXIOS APOK4UKOS UND DER PATRI.Al:tCH 119

IRENES Einfiuß auf die vornehme Frauenwelt Konstantinopels machte sich bald geltend. Mit ihren bösen Zungen bilden sie "eine Art Verschwörung" (cpai(!lav iW6.) gegen den Hesychastenführer772 • Der EinHuß der hochgestellten Dame war für die Palamitenpartei um so bedenklicher, als ihr geistlicher Führer vielleicht der Hesychast IGNATIOS gewesen ist 773 • Nach ihrem Tod wurde das Grab der ge­schworenen Antipalamitin Jahre nach dem endgültigen Sieg des Palamismus vom Volk als wundertätig gepriesen 77(.

Gegenüber einer solchen Macht mußte sich APOKAUKOS mit kleinen Gesten begnü­gen, die seinen Widerstand gegen den Patriarchen zeigten. Bei seinem ersten Ver­hör vor KALEKAS im Oktober 1341 hätte PALAMAS das Schlimmste zu befürchten gehabt, wäre nicht APOKAUKOS für ihn eingetreten775 • Nach seiner Verhaftung im Herbst 1342 beschwert sich der Hesychastenführer beim Megas Dux und dieser läßt die Soldaten, die das Kloster bewachen, abziehen - eine eindeutige Spitze ge­gen den Patriarchen 776. Vielleicht ist auch die Einschärfung des Asylrechtes in der Hagia Sophia, das der Patriarch gegenüber Palamas kurz zuvor eindeutig verletzt hatte, ein versteckter Angriff gegen den Patriarchen 777. AI'OKAUKOS hat im Früh­sommer 1344 versucht, den mißglückten Handstreich von 1341 nachzuholen und den jungen Palaiologenkaiser in seine Hand zu bekommen, wenn NIKEPHOROS GREGORAS recht hat 778. Fest steht, daß der Patriarch damals mit mehreren "Sena­toren" mehr oder weniger gezwungen am Feldzug gegen JOANNES KANTAKuzENos teilnehmen mußte. Offensichtlich wollte AI'OKAUKOS eine Verschwörung hinter seinem Rücken vermeiden. Nach der Kurzchronik von 1352 779 hat der Patriarch den jungen Kaiser gegen den Willen des APOKAUKOS auf Befehl der Kaiserin ANNA in die Hauptstadt zurückgebracht. Der Patriarch arbeitete also im Jahre 1344 mit ANNA zusammen gegen den Megas Dux. Wieder ist die Spannung zwi­schen dem Patriarchen und ALEXIOS APOKAUKOS deutlich. Sie tritt das letzte Mal vor dessen Ermordung im Juni 1345 bei der Priesterweihe des AKrnDYNOS hervor. Nach einem Brief des JOSEPH KALOTHETos hat AI'OKAUKOS den Patri­archen nach diesem Akt heftig getadelV80 • Beseitigen konnte AI'OKAUKOS den

772 PmLOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 642A-C. 773 V. LAURE NT La direction spirituelle a Byzance, REB 14 (1956) 48-86 hier S. 86 A. 2: "Si le directeur dont nous parlons fut bien le moine Ignace, on peut dire que leur action conjugee rendit longtemps incertaine la victoire definitive du palamisme." 774 Nik. Greg. XXIX, 22: UI, 238. 776 Br. an PmLOTHEOS Cod. Coisl. 99 fol. 169 vO; vgl. MEYENDORFF Palamas 97 mit A.8. 776 Br. an die Athosmönche Cod. Coisl. 99 fol. 175; vgl. MEYENDORFF Palamas 104. 777 Reg. 2886. 778 Nik. Greg. XIV, 5: 710/1. Der Handstreich von 1341, wie Jo. Kant. ihn schildert, ist so fest mit den übrigen Ereignissen verknüpft, daß J o. Kant. in diesem Fall keinen chronologischen Irrtum begangen haben kann. Auffallenderweise bringt Nik. Greg. den Plan nicht an der hier passenden Stelle zum Jahr 1341 (Nik. Greg. XII, 9: 602f.), sondern schweigt darüber völlig. 779 Kurzchronik 1352 ed. P. SCHREINER OCP 31 (1965) Nr. 42 und 43 S. 337 und 355f. Dort die Parallelquellen. 780 J OSEPH KALOTHETOS an SABAS Cod. Angel. gr. 66 fol. 159 V O : ä. Oe neo!;' aVTov (sc. Kalekas) <5 piya!;' oov~ <5 'Ano"av"o!;' "ai p,d)' öa'Y/!;' .fj!;, ep,ßetIJ:rJO'eW!;' OteO.e".at 0'11" ova'Y/!;' ev up nae6vn axo).fj!;' atwnfi np,aa()w.

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120 DER PALAMITISOHE STREIT 1341-1347

politischen Einfluß des Patriarchen nie und J OANNES KANTAKUZENOS faßt die Lage nach der Ermordung des Megas Dux im Juni 1345 zusammen 781: "Der Patriarch nahm wie früher (WC1ne(! n(!6-re(!o'V) an der Regierung teil." In diesem Zusammenhang ist die schwierige Frage zu stellen: Seit wann tritt der Zwiespalt zwischen der Kaiserin ANNA und dem Patriarchen in Erscheinung und welche Folgerungen lassen sich im Hinblick auf die Gruppenbildungen in der Hauptstadt zwischen Juni 1345 bis zum Februar 1347 ziehen 1 Ein Punkt steht fest: ANNA war bis zum letzten Augenblick nicht zum Nachgeben bereit. In Gesandtschaften an ausländische Mächte suchte sie noch im Herbst 1346 Waffenhilfe 782 • Als JOANNES KANTAKUZENOS bereits in der Stadt steht und die Lage völlig aussichtslos für einen weiteren Widerstand geworden war, ruft sie die Genuesen aus Galata zu Hilfe 783 • Von dieser unnachgiebigen Haltung her gesehen ist die Meinung des NIKEPHoRos GREGORAS wahrscheinlich richtig, daß der Rat des Patriarchen im Sommer 1346, Frieden mit JOANNES KANTAKUZENOS zu schließen, den Zwiespalt zwischen ANNA und KALEKAS heraufbeschworen habe 784 •

Hat bereits die Priesterweihe des AKrnDYNOS zu Beginn des Jahres 1345 den Konflikt verursacht 1 Die Palamiten, vor allem GREGORIOS P ALAMAS und J OSEPH KALOTHETOS, behaupten, nicht nur ANNA und ihr Sohn, auch einflußreiche Re­gierungskreise (0 l B'V -rBAel) 785 hätten sich heftig gegen die Weihe gewehrt und zweimal Botschaften zu KALEKAS entsandt. Nach PAL.AMAS hat ein Senatsbe­schluß die Weihe rückgängig gemacht, AKrnDYNOS wurde zu Gefängnis und Schlägen (sic) verurteilt und die "Verfolgungen" (~lwYflot) durch O(!lC1fl6r; be­endet 786, eine Darstellung, die in den offiziellen Tomos von 1347 aufgenommen wurde. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Behauptung der Palamiten über eine starke Senatsopposition gegen den Patriarchen. Diese Gegenpartei würde auch verständlich machen, weshalb ANNA Ende 1346 so leichtes Spiel hatte, den Patriarchen kaltzustellen 787.

Diese Opposition wurde verstärkt durch eine Gruppe von Metropoliten und Erz­bischöfen, die interniert wurden und im September 1346 an ANNA eine Klage­schrift gegen den Patriarchen richteten. Der Patriarch wird des Nepotismus und

781 Kant. III, 89: II, 549, 15f. 782 Reg. 2911/2. 788 Nik. Greg. XV, 8: 775; Kant. III, 99: II, 607. 784 Im Anschluß an die Erwähnung des teilweisen Einsturzes der Hagia Sophia (19. Mai 1346) (siehe Kurzchronik 1352 ed. P. SOHREINER S. 360f.) berichtet Nik. Greg. vom Brief des J o. Kant. an den Patriarchen und dessen Stimmungsumschwung : Nik. Greg. XV, 3 und 4: 753-762. D. MURATORE Una principessa Sabauda sul trono di Bisanzio, Chambery 1906, 215 meldet starke Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des GREGO­RAS an. Dagegen übernimmt Ch. DIEHL Figures Byzantines II, Paris8 1927, 265 ohne Bedenken die Nachricht des GREGORAS. 786 P ALAMAS gegen den Tomos des KALEKAS Cod. Coisl. 99 fol. 127. Nochmals fol. 132 vii erwähnt PAL.AMAS, daß JOANNES V. gegen KALEKAS aufgetreten sei. KALOTHE­TOS wirft KALEKAS vor, er habe weder den Kaiser (JOANNES V.), noch die Augusta geachtet: Cod. Vat. 704 fol. 153 va. 786 Siehe die Exzerpte bei MEYENDORFF Palamas 113 A. 84. Von dem oeu1p.6~ spricht P AL.AMAS im Anschluß an die von MEYENDORFF zitierte Stelle im 2. Brief an MAKARIOS (Cod. Coisl. 99 fol. 179 vii). 787 Nik. Greg. XV, 9: 781, 18f.; 783, 9f.

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DIE KAISERIN ANNA UND DER PATRIARCH 121

der Simonie bezichtigt788 . Es wird getadelt, daß er "in lästiger Weise sich lange im Kaiserpalast aufgehalten hat" ( xeovla, uaTapova, b-colrwe f(J0eTtUW, Toi, ßaatÄelot,). Sein Eingreifen in die Politik in der Zeit des Bürgerkrieges wird also als eines Patriarchen unwürdig verurteilt. Die dogmatischen Vorwürfe decken sich mit den Vorwürfen der Palamiten gegen ihre Gegner. Waren also die kirch­lichen Würdenträger als Palamasanhänger interniert? Bei MATTH.AIOS von Ephesos ist dies keineswegs gewiß. Er war in dem Prozeß gegen den Metropoliten von Pyrgion, den MATTH.AIOS wegen Mord und Meineid verurteilt hatte, vom Patriarchen im Jahre 1343 stark brüskiert worden 789. MAKARIOS von Philadelphia, der ebenfalls zur Gruppe der internierten Würden­träger gehört, wird von AKrnDYNOS in einem Brief als neOan1.TTj, TWV evaeßwv bezeichnet 790, also als Antipalamit. Durch die eigenhändigen biographischen Notizen des Metropoliten MAKARIOS, die M. 1. MANUSAKAS jüngst ediert hat, erfahren wir, daß der Kirchenfürst im Februar 1345 nach Konstantinopel gekommen ist. Im September 1346 unterschreibt er die Klageschrift an ANNA und am 23. Oktober nachträglich den Tomos von 1341 791. 1347 unterschreibt er den propalamitischen Tomos als einer der ersten elf Unterzeichner. ÜHARITON von Apros, ein weiterer Angehöriger der gegen den Patriarchen KALEKAS stehenden Gruppe, erscheint im Antipalamitenverzeichnis (Nr.42). Der Umschwung ist erst nach 1347 erfolgt, denn im Tomos von 1347 erscheint er unter den ersten elf Unterschriften. So läßt sich aus der Klageschrift gegen KALEKAS nur so viel entnehmen, daß der Patriarch nicht nur gegen ANNA, eine Senatsopposition und die Palamiten sich wehren mußte, sondern auch gegen eine Reihe von kirchlichen Würdenträgern, die aus undurchsichtigen Gründen gegen ihn Partei bezogen. Gegen eine solch vielfältige Opposition war der Patriarch und seine Anhänger, also vor allem IRENE CHUMNOS und ihr Gefolge, zu schwach. Gegen MEYENDORFF ist festzuhalten, daß der Patri­arch nicht den unverständlichen Fehler gemacht hat, einen Bruch mit den Akindy­nosanhängern herbeizuführen. Der Brief 10 des AKrnDYNOS"OIl, an den Patriarchen adressiert, klagt darüber, daß PALAMAS den Patriarchen dem AKrnDYNOS ent­fremdet habe. In dem Brief ist auch der Mordversuch erwähnt, der in das Jahr 1341 fällt. Die Entfremdung, von der der Brief spricht, fügt sich gut in die Vorgänge in der Zeit der Augustsynode 1341 ein. Ein weiterer Brief an den Patriarchen 793 spricht von einer Abwesenheit des Patriarchen, während der die "palamitische Hydra" ihr Haupt erhebt. Eine Abwesenheit des Patriarchen von der Hauptstadt ist im Frühsommer 1344 bezeugt (siehe A.778). Von einer Entfremdung des Patriarchen gegenüber AKrnDYNOS ist im Brief nicht die Rede. JOSEPH KALOTHE­TOS erwähnt ausdrücklich eine verstärkte antipalamitische Tätigkeit des Patriar­chen nach der Weihe des AKINDYNOS704. Die Rechtfertigungsversuche seiner Hal-

788 PG 151 Sp. 767-770. 789 MM I, 235-7. Seine Stellung zu den Synoden von 1341 ist aus der Kapitulations­urktmde vom April 1350 PG 151 Sp. 772-774 nicht zu erschließen. Gegen TREU

Matthaios von Ephesos 9. 790 Br. 34 Cod. Marc. 155 fol. 65. 791 M. 1. MANUSAKA8 Biographische Aufzeichnungen des Makarios Chrysokephalos von Philadelphia (ngr.), Thesaurismata 4, Venedig 1967, 7-19. 792 MEYENDORFF Palamas 118/9. Br. 10 in Cod. Marc. 155 fol. 41 vO-42. 798 Br. 23 in Cod. Marc. 155 fol. 49 yO-50. 794 An SABAS in Cod. Angel. gr. 66 fol. 159: ßov),r]f)el~ (sc. Kalekas) Yelt? r-YJv "ara 'A"lvt5vvov

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122 DER PALAMITISCHE STREIT 1341-1347

tung, die der Patriarch der Kaiserin ANNA gegenüber unternahm, sind nicht als akindynosfeindlich zu betrachten. Die Haltung der Kaiserin ANNA ist aus der innenpolitischen Situation nach der Ermordung des Megas Dux APOKAUKOS leicht verständlich. Nach der Beseitigung des mächtigen Rivalen war ein allzu starker politischer Einfluß des Kirchenmannes zu befürchten, der eine ANNAS Anschauungen entgegengesetzte Politik Mitte 1346 zu betreiben begann. So war sie gezwungen, um die Opposition zu stärken, sich den Palamiten zu nähern. Trotzdem bleibt ihre Haltung zu P ALAMAS mehr als kühl. Daran können auch die heftigen Beteuerungen der Palamiten über die "Recht­gläubigkeit" der ANNA nichts ändern. PALAMAS bleibt bis zum Einzug des JOAN­NES KANTAKUZENOS im Gefängnis 796 • Es kommt sogar im Herbst 1346 zu einer ge­meinsamen Aktion von ANNA und dem Patriarchen: Den Athosmönchen wird von beiden versichert, daß P ALAMAS nicht als politischer Parteigänger des J OANNES KANTAKUZENOS, sondern wegen seiner dogmatischen Neuerungen im Gefängnis sitze 796. ANNA läßt sich über die Dogmatik des PALAMAS unterrichten. Das Ant­wortschreiben des Hesychasten 797 - ein kleines Kompendium seiner Lehre - ent­hält aber keinen überschwänglichen Dank für die Erleichterungen, die ANNA der Palamitenpartei gewährt hat. Nach dem angeblichen o(]u]ft6~ von 1345 wäre dies zu erwarten gewesen. Das Schreiben ist kühl und höflich. Ob es der geheimen Agenten des JOANNES KANTAKUZENOS bedurft hat, ANNA der palamitischen Partei näher zu bringen, wie der Entwurf einer antipalamitischen Synode später behauptet, ist fraglich. Das gleiche Dokument gibt an, daß "Kanta­kuzenos in die Mauern der Stadt gelangt ist, wobei die Gruppe um Palamas am Verrat mitwirkte" 798 (... xat 0 Ka'lJ7;axovCrr"o~ siaw TWV Tfj~ n6Asw~ TelxwV ytvsTat TWV nS(]t TOV II aAaftiiv T~V n(]oboatav avaxsvaaaftBvwV aVTqJ). Das Gleiche sagt NIKEPHoRos GREGORAS: "Sie (sc. die Palamiten) arbeiteten deshalb auch eifrig mit den Verrätern (TOr~ n(]o&bovO't) zusammen für den Einzug des Kanta­kuzenos in Byzanz." Mit den "Verrätern" ist wohl FAZZOLATI und seine Gefolg­schaft gemeint 799 • Nach den oben erörterten Nachrichten über ISIDOR und seinen Kreis werden wir in dieser Gruppe diese "Mitarbeiter" und "Mitwirkenden" suchen dürfen. Nochmals am Schluß des Bürgerkrieges zeigt sich die wichtige Erscheinung: Ein religiöser Kreis wird zur politischen Gefolgschaft.

neä~w dxlvt5vvov 1Wtijaat end nOAA~v lt5ea T~V xwp,w(Jtav xat Taeax~v eneyeteop,evrJV aVToi~ xal dd entn'YJt5ovaav, Tl note;; xal Tl p,'YJxaväTat; Ä:uew emxeteei dTomp TO äTonov. lyvw Tolvvv nae' eavTf!i> , w~ einee fJp,ä~ exrpavA{aet xat näv öVett5o~ neoaTeBtpet neo~ Toi~ (sic Cod.) xal dnoX'YJeVXTOV~ n0L17aet, anoAvl117aeTat p,iv aVTo~ Tij~ {jßeew~, avvanoAVaet t5i xal TOP 'Axlvt5vvov TWV xaT'aVTov eyxA'YJw1.TWV. 795 Dies scheint mir aus Kant. III, 100: II, 613, 3 eindeutig hervorzugehen. Auch Nik. Greg., der vom Wohlwollen der ANNA gegen PALAMAS spricht, den sie im Kampf gegen KALEKAS braucht, erwähnt nicht seine Freilassung (Nik. Greg. XV, 7: 768). 796 Reg. 2910. 797 Cod. Coisl. 99 fol. 181-182. 798 Cod. Vat. 2335 fol. 1. MEYENDORFF Palamas 118 A. 112. Der zitierte Text anschlie­ßend an das von MEYENDORFF gegebene Zitat. 799 Nik. Greg. XV, 10: 785, 20f.

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XI. Joannes Kantakuzenos und der Sieg der Palamiten

Die näheren Umstände, die zur Verurteilung des Patriarchen J OANNES KALEKAS vor dem Einzug des JOANNES KANTAKUZENOS in die Hauptstadt am 2.2.1347 führten, bleiben sehr undeutlich. Der Kantakuzene scheint schlecht unterrichtet oder verschweigt absichtlich nähere Einzelheiten 800. Zwei Jahrzehnte später be­hauptet er im Brief an den Bischof von Karpasia auf Zypern, die von ANNA ver­sammelten Bischöfe hätten bereits vor dem Einzug des J OANNES KANTAKUZENOS einen Tomos ausgefertigt, der den Tomos von 1341 bestätigte 801. Nach NIKEPHO­ROS GREGORAS stand die Versammlung unter dem Diktat der Gruppe des P ALA­MAS (ÖCJot Tfj~ TOV IIaAaf"a q;aTe{a~ vnfjexOV) 802. Die Fürsprecher des Patriarchen wurden nicht zugelassen, ihm selbst keine Gelegenheit gegeben, sich zu recht­fertigen. Daß die Darstellung des GREGORAS wenigstens teilweise der Wahrheit entspricht, zeigt die Tatsache, daß KALEKAS nach dem zweiten Februar auf eine neue Untersuchung drängen konnte, da er vor der Synode der ANNA nicht gehört worden sei803 • Neben dem Klerus und den Archimandriten waren auch b,uetTot Tfj~ nOAtTe{a~ bei der Synode vom ersten Februar anwesend, in diesem Falle die politische, vielleicht auch die engere Gefolgschaft der Kaiserin ANNA 804.

In der Synode, die JOANNES KANTAKUZENOS im Februar oder März (vor Reg. 2917) anberaumt, hinter der die ganze Macht des Kaisers steht, wird KALEKAS er­neut verurteilt. Daß der Patriarch trotz persönlicher Aufforderung durch J OAN­NES KANTAKUZENOS nicht erscheint, ist verständlich. Denn über den Ausgang der Synode konnte kein Zweifel herrschen. KALEKAS handelt: "Er scharte eine Hetaireia aus Klerikern, Erzbischöfen und Laien um sich" (TWV Tfj~ EuuArJC1{a~ neoaeTatetaapev6~ Ttva~ uat EU TWV aeXtee8cOV uat TWV ll5wnwv) 805. Er bildet also eine Gefolgschaft, um gegen KANTAKUZENOS zu wühlen. Im Geschichtswerk des Exkaisers fällt der Ausdruck aTaat~ (Aufruhr). Der Expatriarch konnte dabei bestimmt auf seine Gruppenbildungen vergangener Jahre zurückgreifen. KANTA­KUZENOS spricht von drei Erzbischöfen, die KALEKAS die Treue hielten. Der neue Herr der Hauptstadt schlägt zu: Der unglückliche Patriarch wird nach Didymo­teichos gebracht und nach einer zeitgenössischen Notiz in strenger Haft (EV Tfl adJ'YJefl. qJVAaufl) gehalten 806, ein Zeichen, daß ihn der Kantakuzene als gefähr­lichen Gegner einschätzte. Geistig verwirrt stirbt KALEKAS im Dezember 1347. Eine neue Hetaireia bildet sich gegen die Regierung des Kantakuzenen bei der

800 Kant. III, 99: II, 606/7. 801 Ed. DARRouzES, REB 17 (1959) 16. Dieser Nachricht scheint M. JUGIE (DTC XI, 2 Sp. 1788/9) zu folgen. Um den erhaltenen Tomos von 1347 handelt es sich nicht, wie MEYENDORFF Palamas 129 A. 3 mit Recht betont. 802 Nik. Greg. XV, 9: II, 783. 803 Reg. 2917. Tomos gegen MATTHAlOS von Ephesos 730. 804 Tomos 1347, 218 Z. 245. 805 Kant. IV, 3: III, 24, 11 f. 806 Randnotiz in Cod. Vat. 778 fol. 1 bei MERCATI N otizie 228 A. 1.

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124 DER SIEG DER P ALAMITEN

Wahl des neuen Patriarchen s07• Führer ist MATTHAIOS von Ephesos. "Er verband sich mit Akindynosanhängern, verleitete einige andere Erzbischöfe und bildete eine Hetaireia." sos

Fast jede Gruppenbildung, die wir in der Geschichte - nicht nur in Byzanz im 14. Jh. - verfolgen können, vereinigt verschiedene Strömungen und Zielsetzungen in sich, Gegensätze, die früher oder später die Gruppe wieder auseinanderfallen lassen. Bei der Hetaireia des MATTHAIOS ist diese Beobachtung besonders deut­lich: Grundsätzliche Gegnerschaft gegen den Eingriff des Staates in die Patriar­chenwahl, persönliche Abneigung gegen 1SIDOR, Furcht vor seiner großen Gefolg­schaft, persönlicher Ehrgeiz, Feindschaft gegen J OANNES KANTAKUZENOS und Haß gegen PALAMAS bringen eine ziemlich uneinheitliche Gruppe zusammen, deren Hauptvertreter wir leider nur mit Namen kennen. Die durchweg palamas­und kantakuzenosfreundlichen Quellen (NIKEPHoRos GREGORAS ausgenommen) verschweigen, daß die Gruppe ziemlich groß gewesen sein muß. Es werden immer­hin zwei Synoden abgehalten, deren Charakter unzureichend mit der Bezeichnung "antipalamitisch" erfaßt ist 809 • Sie anathematisieren vor allem 1SIDOR. Grund­sätzlich wird das Thema "Kaisermacht in der Ostkirche" wieder angeschnitten. Von der Hetaireia wird im Kampf gegen KANTAKUZENOS und seinen Schützling 1SIDOR auf alte, in der staatlichen Praxis längst vergessene Kanones wie Nicae­num 11 can. 3 zurückgegriffen, die das Eingreifen des weltlichen Armes auf die Bischofswahlen verbieten s1o• "Sie (die Mitglieder der Hetaireia) erinnern auch an Kanones, die verbieten, daß Archonten Bischöfe wählen dürfen." Sl1 MATTHAIOS klagt an, die Wahl sei "durch Regierungsgewalt" (f5t' aeXO'PTt"'ijf; e~OV(]laf;) er­folgt S12 • Die Gegner 1SIDORS klagen: "Zur Patriarchenwahl aufgefordert, werden wir vom weltlichen Arm gehindert, den zu bestimmen, den die göttliche Gnade mit brüderlicher Hilfe auswählt; vielmehr müssen wir den bestimmen, zu dem wir ge­zwungen werden." S18

Die Motive, die MATTHAIOS von Ephesos bewogen, sich zum Haupt einer Gruppe aufzuwerfen, die dem regierenden Kaiser die Stirn bieten wollte, sind wenig deut­lich. Das Verhältnis zum Patriarchen KALEKAS war mindestens vom Jahre 1344 an denkbar schlecht. Er ist einer der Ankläger des Patriarchen bei ANNA. Wollte er selbst Patriarch werden und wendet sich die Bemerkung des J OANNES KANTA­KUZENOS gegen ihnsu, daß enttäuschter persönlicher Ehrgeiz einige Würdenträger zur Opposition trieb 1 Ein grundsätzlicher Palamasgegner scheint MATTHAIOS zu­nächst nicht gewesen zu sein. Daß er den Tomos von 1347 nicht unterschrieb, ist

807 Gute Darstellung bei MEYENDORFF Palamas 130-4. Mir kommt es hier auf die Struktur der Gruppe an. 808 TomosgegenMATTHIAOS von Ephesos 730 Z. 7 u. 6 von unten: p.e.o.Twv.o. .0iJ'A;Jt:tV­t5vvov rpeovovv.wv evwOelr; ;Jt:at T:Lvar; ereeovr; dexteeear; &arpoetear; ;Jt:al neO€18TateL€1ap.evor;. 809 Nik. Greg. XV, 10: II, 786, Uf. 810 Vgl. A. MIOHEL Die Kaisermacht in der Ostkirche, Darmstadt 1959, 32 A. 198. 8ll Tomos gegen MATTIHAOS von Ephesos 732 Z. 24f.: d,l,lo. ual uav6vwv p.ep.v1]v7:a& .•. , oZ neet .e .0iJ p.i} t5eiv äexovrar; "P1]rptCe€10aL lm€1;Jt:6novr; &a;Jt:e,le.vov.aL ... 812 A. a. o. Z. 30. 818 PG 150 Sp. 881 B 3f.: Kat yo.e neo.eanb·ur; aexaLee€1tav nOL~€1a€10aL l~eLey6!teOa -Uno .i}r; ;Jt:O€1p.L;Jt:i}r; l~ov€1tar; p.i} äv nou nOLi}€1aL, OV äv 1] OEta XUeLr; p.e.d .i}r; dt5e,lrpL;Jt:i}r; €1vp.novtar; (PG false €1vp.noetar;) l;Jt:U~1]raL, d,l,l' OV äv neoranet1]p.Ev. 814 Kant. IV, 3: III, 26.

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DAS LEHRER~ SCHÜLER-VERHÄLTNIS 125

schon aus seiner Opposition gegen ISIDOR zu verstehen. Den Schlüssel für das Ver­halten des MATTHAIOS scheint das Dokument vom 22. 4. 1350 zu bieten, in dem er nach dem Tode ISIDORS seinen Willen zur Rückkehr in die Kirchengemein­schaft bekundet 815. Jetzt erst erkennt er an, daß die Anklagen gegen ISIDOR, P ALAMAS und andere Mönche unhaltbar sind. War also die Person ISIDoRs der Hauptgrund für die Opposition des MATTHAIOS 1 Ein Jahr später kämpft er an der Seite des NIKEPHOROS GREGORAS gegen P ALAMAS. Außerdem bleibt zu fragen, ob er sich nur daran stieß, daß ISIDOR seit 1344 aus der Kirchengemeinschaft ausge­schlossen war, ob die angebliche Verbindung ISIDORS mit den Bogomilen ihn ver­dächtig machte oder ob schließlich die politische Tätigkeit und der große Anhang ihn als Patriarchen dem Metropoliten von Ephesos ungeeignet erscheinen ließen. Von den übrigen bekannten Gliedern der Gruppe um MATTHAlOS von Ephesos war der im vorigen Kapitel erwähnte NEOPHYT von Philippi ein alter Kanta­kuzenosgegner, dessen Tod den Palamiten verdächtig gelegen kam. METROPHANES von Patras steht im Antipalamitenverzeichnis (Nr.41). Er unterschreibt zwar noch 1346 den Tomos von 1341, nicht mehr aber den von 1347. Undurchsichtig sind die Motive des Metropoliten CHARITON von Apros, der im September 1346 KALEKAS bei der Kaiserin ANNA anklagt, im Tomos vom Februar 1347 noch unter den ersten elf Unterschriften erscheint, dann aber zur Gruppe des MATTHAlOS übergeht. Auch er steht im Antipalamitenverzeichnis (Nr. 42). Neu als kirchen­politische Figur erscheint im Kreis des MATTHAlOS J OSEPH von Ganos, später ein eifriger Antipalamit. Aus dieser Hetaireia des MATTHAlOS schält sich immer mehr die Antipalamiten­partei nach 1347 heraus. Sie ist von vorneherein die Partei der Unterdrückten, nachdem PALAMAS und seine Lehre offiziell anerkannt sind. Nicht die Aussicht auf Vorteile - sonst der Hauptbeweggrund für personale Zusammenschlüsse -führt diese Gruppe zusammen, sondern persönliche Überzeugung, der Glaube an eine gerechte Sache, der Kampf gegen PALAMAS. Dies gilt auch von NIKEPHOROS GREGORAS, wenn auch die Gegner behaupteten, er habe aus Ehrgeiz die Führung der Antipalamiten übernommen. Verscherzt hat er sich damit immerhin das alte Freundschaftsverhältnis (be naAawv qJlAla) zu J OANNES KANTAKUZENOS 816, das ihn vielleicht auf den Patriarchenstuhl gebracht hätte 817. Mit Recht hat GUIL­I.AND 818 die Aufrichtigkeit dieser Freundschaft betont, die nicht nur in den für Byzanz typischen enkomiastischen Briefen an seinen adeligen Gönner zum Aus­druck kam (vgl. Kap. I), sondern im Ton gegenüber JOANNES KANTAKUZENOS in seinem Geschichtswerk, der sich erst vom 28. Buch an ändert. Es geht GRE­GORAS - wie er selbst versichert - um das Seelenheil seines Freundes (cplAO~)819. Auch den 80jährigen MATTHAlOS von Ephesos dürften keine egoistischen Ab­sichten bewogen haben, schon nach einem Jahr nach seiner Rückkehr in die Kirchengemeinschaft offen im Konzil von 1351 die Partei des NIKEPHOROS GRE­GORAS zu ergreifen 820.

815 PG 151 Sp. 772-4. 818 Nik. Greg. XVIII, 4: 884, 7. 817 Nik. Greg. XVII, 1: 871. 818 Essai 95. 819 Nik. Greg. XVI, 5: 821, 18. 8110 Besonders aufschlußreich sind die von DEXIOS überlieferten Antworten des MATTHA­

IOS an J o. Kant. MERCATI N otizie 267.

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126 DER SIEG DER PALAMITEN

Die Bedeutung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses wird bei der Parteien bildung ebenso wichtig, wie für die soziale Mobilität in der byzantinischen Gesellschaft. Vor dem Beginn der ersten Sitzung des Konzils von 1351 bemerkt NIKEPHoRos GREGORAS: "Zusätzlich (d. h. zu den übrigen Antipalamiten) fand sich auch die Zahl meiner Schüler ein und dazu diejenigen, die bei diesen Unterricht genos~ sen ... "821 Sie "kämpften mit"822. Sie "umstehen" (ne(}llfn:aa()al) ihren ange­griffenen Lehrer, und erst handfeste Drohungen der Gegner können den Kreis sprengen 823. Dieser Schülerstamm also, der sich nach dem Schneeballsystem ver­mehrt, bildet für den byzantinischen Literaten also eine Art Gefolgschaft, die er in kritischen Situationen in ähnlicher Weise einsetzt wie der Adelige seine engere Gefolgschaft. THEODOROS DEXIos, einer der Hauptstreiter gegen P ALAMAS nach 1347, schon vor 1347 von AKrnDYNOS in hohen Tönen gelobt, war wohl "geist­licher Sohn" des MATTHAIOS von Ephesos. Enge Beziehungen wiederum bestehen zwischen DEXIOS und GREGORAS, der von DEXIOS das Mönchskleid empfängt. DE­XIOS steht ihm beim Sterben bei. Hier erscheint der Literat eher als geistlicher Schüler, denn als Lehrer. ISAAK ARGYROS, ebenfalls Antipalamit, war Schüler (fla()rJ1:ev­()el~)824 des NIKEPHOROS GREGORAS auch in den weltlichen Wissenschaften. Mehr noch als die politische und die engere Gefolgschaft eines Adeligen sind die kirchenpolitischen Parteibildungen von einem Netz von personalen Bindungen geistiger wie geistlicher Art durchzogen. Durch Briefe und Streitschriften will man nicht nur neue Anhänger gewinnen, sondern man stärkt sich gegenseitig. So entwickelt sich in der verfolgten Partei der Antipalamiten eine Art Märtyrerideologie heraus, für die die unedierte Schrift des GREGORIOS AKINDYNOS, die die Brüder zum Widerstand und zum Ausharren aufruft 826 , und das Geschichtswerk des NIKE­PHOROS GREGORAS die besten Beispiele sind. Sind auch die Führer der Antipalamiten NIKEPHOROS GREGORAS, MATTHAIOS von Ephesos, dessen rhetorische und philosophische Kenntnisse sein Gesinnungs­genosse rühmt 826 , und der Magistrosschüler AruNDYNOS hochgebildete Literaten, eine "Partei der Humanisten" waren deshalb die Palamasgegner keineswegs. Im Folgenden ist die soziale Struktur der Gruppe näher zu betrachten. Eine Anzahl Antipalamiten finden wir unter den Mönchen. Im Antipalamiten­verzeichnis des Cod. Vat. 1096 sind allein 17 Mönche und Priestermönche auf­gezählt, Männer also, deren Namen im religiösen Kampf in Erscheinung getreten sind. Die Namen einiger Mönche, die der Lehre des AKINDYNOS abschwören, hat das Patriarchatsregister erhalten827. Zu den Antipalamiten zu zählen ist auch ein Mönch des Isaakklosters in Thessalonike namens MATTHAIOS, der aber schon 1346 schwankend geworden zu sein scheint 828 . Weiter zu nennen ist der Studitenmönch

821 Nik. Greg. XVIII, 5: 894, 5. 822 A. a. O. XXI, 4: 1012, 8. 823 A. a. O. XX, 7: 994. 824 MERCATI Notizie 229 A. 6 aus einem Scholion im eod. Vat. 176 zu den Harmoniea des Ptolemaios. 826 Ine.: ävoee~ evaeße;;~ 'Kal qnÄ.6()eot eod. Mare. 155 fol. 17-34. Siehe auch die unten zitierte Stelle aus eod. Vat. 2335. 826 Nik. Greg. XVIII, 5: 892, 12f. 827 MM I, 530, 568, 574. 828 AKINDYNOS Br. 35 des eod. Mare. 155 ed. LOENERTZ, EEBS 27 (1957) 97-101; vgl. S. 106 Z. 36 (Br. 20).

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MÖNCHE, ALS ANTIPALAMITEN 127

ARsENIOS, der mit antipalamitischen Schriften hervortrat~29. NIKEPHOROS GRE­GORAS zählt Reklusen (vor allem vom Ganos1), die bereits mehr als 30 Jahre in Abgeschiedenheit gelebt hatten, zu den antipalamitischen Teilnehmern der Synode von 1351 83°. Von einigen dieser antipalamitischen Mönche ist gewiß, daß sie einen hohen Bildungsstand besessen haben Das Antipalamitenverzeichnia nennt zwei Priestermönche GALAKTION, von denen einer mit dem Korresponden­ten des DEMETRIOS 'KYDONES gleichzusetzen ist831 • DEMETRIOS rechnet ihn zu den "Männern der Philosophie". Er hat sich von Kind an nur mit diesen Dingen beschäftigt und steht den Erfordernissen des Alltags hilflos gegenüber. Er benötigt dringend seinen jungen ()e(!aneVl:,Ij~, der ihm die Sorge um das tägliche Leben ab­nimmt. Man könnte in diesem ()e(!aneV1:Ij~ einen Mönchsschüler sehen, der mit seinem Meister bereits in der Mitte des 14. Jh. in einer Art idiorrhythmischen Lebensform lebte. Der hohe Bildungsstand des Mönches IGNATIOS, unter Nr.8 im Antipalamitenverzeichnia aufgeführt, kommt in dem Zusatz ,,0 f{JtÄ6(]of{Jo~" zum Ausdruck. IGNATIOS nimmt als Antipalamit an der Synode von 1351 teil 832 •

Auch der Priestermönch ATHANASIOS, im Antipalamitenverzeichnia unter Nr. 9 stehend, wird von .Aru:NDYNOS als hervorragender Jünger der Philosophie (0 TW'V f{JtÄo(]ocpla~ ()e(!aneVTW'V TCl n(!WTa)833 bezeichnet. Könnte hier auch "Philosophie" nur das Mönchtum bezeichnen 834

, so geht der Bildungsstand des Mönches daraus hervor, daß er im Jahre 1347 vom Kaiser, dem Palamasanhänger J OANNES KANTAKUZENOS, mit einer Gesandtschaft an den Serbenkral betraut wird, er, der Antipalamit835 • 1351 ist er unter den hervorragenden Sprechern der Antipala­miten zu finden 836. Leider läßt sich der Wohnort der antipalamitischen Mönche nicht mehr sicher feststellen. Lebte der Antipalamit ATHANASIOS auf dem Athos 1 ATHANASIOS bringt AKINDYNOS Bericht über MAXIMOS LASKARIS KALOPHEROS, den Bruder des bekannten JOANNES LASKARIS KALOPHEROS . .Aru:NDYNOS preist die Gegnerschaft des MAXIMos gegen P ALAMAS: Im Kaiserpalast selbst, also so­zusagen unter den Augen des JOANNES KANTAKUZENOS, hatte er einen Zusammen­stoß mit dem Hesychastenführer. MAXIMOS wurde 1347 Mönch auf dem Athos 837

und ATHANASIOS berichtet, MAXIMOS habe seine feindselige Haltung PALAMAS gegenüber auch auf dem Athos beibehalten. Nach drei Jahren schwört er der Lehre des .Aru:NDYNOS ab 838 • Der Wortlaut der Urkunde weist darauf hin, daß

829 BECK Kirche 722. 830 Nik. Greg. XVIII, 5: 892. 881 Br. 341 vgl. Br. 45. 882 Sicher ist dieser IONATIOs nicht mit dem Hesychasten IONATIOs identisch, dem geistl. Lehrer des BARLAAM, an den dieser zwei Briefe (IV, V ed. SCHIRO Epistole) schreibt. Br. 49 des AxINDYNOS (Cod. Marc. 155 fol. 76 V O u. 77) ist lemmatisiert Ma~lflCP i} 'lyvarlcp. Aus unbedeutendem Grund hat der Adressat die Freundschaft auf­gesagt. 838 Ed. LOENERTZ, EEBS 27 (1957) 103 Z. 31. 884 F. DÖLoER Zur Bedeutung von qnA6aQ(pot; und qnAoaorpla in byzantinischer Zeit, in: Byzanz u. d. europ. Staatenwelt, Darmstadt 1964, vor allem hier S. 199. 836 Br. d. AKrnnYNOS wie A. 833 hier Z. 33f. 888 Nik. Greg. XVIII, 5: 894, 4. V gl. den Auszug aus dem Entwurf einer antipalamiti­schen Synode bei MERCATI Notizie 223 zu Nr. 8. 887 Vgl. Br. 72 d. Dem. Kyd. 888 MM I, 295 Sept. 1350. Vgl. den Brief des AxINDYNOS an ihn ed. LOENERTz EEBS, 27 (1957) 107/8.

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128 DER SIEG DER PALAMITEN

MAXIMOS unter dem Druck des Patriarchen und des Kaisers J OANNES VI. KANTA­KUZENOS sein Versprechen abgegeben hat839 • Ihm wurde Amnestie gewährt für die begangene Verfehlung, vielleicht für seinen Zusammenstoß mit P ALAMAS im Kaiserpalast. Auffallend ist, daß MAXIMOS versprechen muß, nicht nur keine lateinischen Lehren anzunehmen (diese Verbindung ist in den Formularen, die die Abwendung von AKrnDYNOS fordern, üblich), sondern das byzantinische Reich nicht zu verlassen "unter dem Vorwand der Erfüllung einer Verpflichtung" (neo­epaaet "vßee1Jfj(Jew~). MAX1MOS, die Nonne IRENE CHUMNAINA, der Mönch GERASI­MOS ÜHUMNOS und sein Sohn 840 wie auch PROCHOROS KYDONES führen die be­kannte Tatsache vor Augen, daß der byzantinische Mönchsstand ganz verschie­dene soziale Schichten umfaßt. Unter den antipalamitischen Mönchen begegnen wir Mönchen aus Adelskreisen, Mönchen aus den gehobenen Gesellschaftsschichten, gebildeten und begüterten Mönchen unbekannter Herkunft. Ganz fehlen unter den antipalamitischen Mönchen so bemerkenswerte Erscheinungen wie die palamiti­schen UnAovaTeeot. Die Erklärung liegt m. E. im Wesen der theologischen Rich­tung der Antipalamiten. Die palamitische Lehre unterbaute theologisch eine be­stimmte praktische Religionsausübung und Frömmigkeitserfahrung innerhalb des Mönchtums, eine Religiosität, die auch von einfacheren und ungebildeteren Mön­chen praktiziert wurde mit bestimmten Übertreibungen und Auswüchsen, die BARLAAM ja gerade anstößig gewesen sind. Die Antipalamiten gehen umgekehrt nicht von einer religiösen Erfahrung, sondern von der traditionellen Theologie aus, die sie erhalten und bewahren wollen. So haftet ihnen ein konservativer, intellektueller Zug an. Die Zugehörigkeit zu dieser Richtung setzt eine gewisse Bildung, eine Kenntnis der traditionellen kirchlichen Überlieferung unbedingt voraus. Bei den Palamiten konnten auch die aus niederen Schichten stammenden ungebildeten Mönche ihre Frömmigkeit praktizieren, ohne von tieferer Einsicht in die theologische Tradition gehindert zu sein. Die Verteidigung übernahmen die Gebildeten unter den Palamiten (siehe S. 153). Der konservative Zug der antipalamitischen Richtung (ein Wesensmerkmal byzan­tinischen Denkens!) macht es auch verständlich, daß wir viele Adelige in dieser Richtung finden. NIKEPHOROS METocIDTEs, der alte Parteigänger des J OANNES KANTAKUZENOS, sprach sich, wie aus einem Brief des JOSEPH KALOTHETOS her­vorgeht, offen gegen- den Palamismus aus 8H• KONsTANTIN ASAN, (Je;;O~ des Kai­sers 842 , gehört nicht mehr zur Umgebung des Kaisers JOANNES VI. KANTAKUZENOS,

889 A. ESSER ist in seiner ungedruckten Diss. über "Das abenteuerl. Leben des J ohan­nes Laskaris Kalopheros" (Rom 1965) der Ansicht, an der eigentlichen Meinung des MAXIMOS habe sich nichts geändert. Hat MAXIMos seine Meinung so gut verborgen, um später bis zum Protosynkellos des Patriarchen aufzusteigen? 840 V gl. VERPEAUX N otes 262. 841 Cod. Angel. 66 fol. 169: Ei p,ev ov f5txn Ta ßeßaC1aVtC1p,eva dva:nof5et",m wr; aVTo:ntC1m övm .u:no ui)v ()e{wv Äoylwv, dÄÄ' sn d:noeeir;, yevfJC1eTal aot 1] ",aÄ~ d:noela ev:noelar; p,f}T'YJe ",al :noÄÄovr; e-o oM' ön aT'YJel~etr; a",aCovTar; TOV oe()ov Äoyov Tfi afi dywyfi ",al :natf5wC1et ",al f5ui :navTwv e-o 1]"'O'I)an aorplq. ... fol. 170: ei f5' ov'" e:nf}a"''YJtpar;, ovf5' ","'eIßw",ar; Ta :nae' dp,rpodewv, S"'C1T'YJfh TOV f5t",aaT'YJelov, d:noam TOV avÄÄoyov, drplC1Taao TOV :neel TOtDVTOV f5'YJp,'YJyoeeiv. ov yde p,t"'eor; 0 ",lvf5vvor; . .. Als "Übung" folgt eine lange dogm. Belehrung mit vielen Väter­steIlen. Am Schluß (fol. 173 r/vO) nochmals die Versicherung, daß KALOTHETOS seinen "Freund" retten will. 842 MM II, 56 unten.

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ANTIP AL~ITISCHE ADELIGE 129

sondern zuder des JOANNES V.8U. Er steht im Antipalamitenverzeichnis (Nr. 30) und bittet DEMETRIOS KYDONES um eine antipalamitische Schrift8U. Noch 1371 steht er zu seiner Meinung und DEMETRIOS KYDONES warnt, als KONSTANTIN bei den Kantakuzenen auf der. Peloponnes weilt, daß "dies (der Unterschied der Haltung zu Palamas) euch vielleicht wider Willen voneinander trennen kann" 84.6. Dieser Satz ist ein Beleg dafür, wie die palamitische Richtung bei den Kantakuze­nen im Süden Griechenlands vorherrschte. Nur zögernd änderte KONSTANTIN ASAN seine Haltung 846. Der junge THEODOROS ATuEMEs, Glied einer dem Kaiser­haus verbundenen Familie 847, steht im Antipalamitenverzeichnis (Nr. 15), wird von AxINDYNOS als a~eA9?O~ bezeichnet848 und steht noch 1351 an der Seite des NIKEPHOROS GREGORAS849. Später scheint er eine Wendung zu PALAMAS vollzogen zu haben860. Einen anderen ATuEMEs (0 "'Ovßov"'Aaeto~) erwähnt JOANNES KANTAKUZENOS selbst in seinem Brief an den Bischof von Karbasia als Antipala­miten 861. Auch die in Thessalonike neben den Kydones zu den bedeutendsten Familien zählende Familie der Kabasilas scheint zuerst Palamas mehr als zurück­haltend gegenübergestanden zu haben. NIKEPHOROS GREGORAS behauptet, NEI­LOS KABASILAS sei ursprünglich ein eifriger Antipalamit gewesen862. Der Neffe des NEILOS, NIKOLAOS KABASILAS, steht mit AKrnDYNOS im Briefwechsel 863, doch wird sich dieses Verhältnis bald getrübt haben, nachdem NIKOLAOS erklärter Parteigänger des JOANNES KANTAKUZENOS wird. Die beiden Brüder KYDONES sind erklärte Antipalamiten. Die antipalamitische Haltung des ehemaligen Hof­beamten MAXIMos LASKARIS KALOPHEROS ist bereits oben erwähnt. Der Ex­kaiser J OANNES KANTAKUZENOS hat vergeblich versucht, den jungen Adeligen (evye'VrJC;) RAUL PALAIOLOGOS (Vorname unbekannt) von seiner antipalamitischen Haltung abzubringen 864. Zur Aufstellung der antipalamitischen Adeligen gehören auch die obengenannten Mönche aus der Familie der ChuInnos, Vater und Sohn. Der Adelige (t'w'V e-6 yeyO'VOt'W'V ",at (J'V'Vet'W'V el~) ANDRoNIKos TZIMISKES866, ein Schüler des AKrnDY­NOS und eifriger Palamasgegner, soll sich erst nach dem Tod des P ALAMAS durch ein Wunder zu dem neuen Heiligen bekehrt haben. ANDRONIKOS war in der Zeit des Bürgerkrieges it'ateetaex'YJ~866. GEORGIOS ISARIS (siehe S. 92), Großgrund­besitzer in Thessalonike, war zur Zeit des Bürgerkrieges Antipalamit867. Nach 1347

848 Vgl. Dem. Kyd. Br. 3 und Reg. 3054. 8U MERCATI N otizie 128 A. 2. 846 Dem. Kyd. Br. 71 Z. 38. 846 MM TI, 267. 847 MARTINI im Kommentar zu Manuel Philes 45. 848 AKINDYNOS Br. 33 Cod. Mare. 155 fol. 64-65. 849 Cod. Vat. 2335 fol. 2. Exzerpt bei MEYENDORFF Palamas 142 A. 71. 860 PIDLOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 633C. 861 REB 17 (1959) 17 (ed. DARROUZEs). 862 Nik. Greg. XXII, 4: 1052, Hf. Vgl. G. SOHIRO Il paradosso di Nilo Cabasila, in: Silloge in on. di S. G. Mereati, Rom 1957, 362-388. 868 Br. 6 des Cod. Mare. 155 ed. I. SEVOENKO in BZ 47 (1954) 53 A. 4. 864 MERCATI Notizie 277 Z. 4. 866 PHILOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 650D-651B. 868 AKINDYNOS Br. H in Cod. Mare. 155 fol. 42 r/vo. Derselbe Adressat wie Br. I? 867 AKINDYNOS Br. 1 in Cod. Mare. 155 fol. 36-38. Vgl. LOENERTZ, OCP 23 (1957) 125-127.

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130 DER SIEG DER PALAMITEN

wird er (aus Opportunismus 1) ein eifriger Palamasanhänger. JOANNES KANTA­KUZENOS hat seine Wendung honoriert. 1350 erscheint er als ol"'eio~ des Kaisers. Neben ISARIS nennt AKmDYNOS als Antipalamiten einen "Edlen" ('Ye'V'Vaio~), ÄNDRONIKOS, ebenfalls aus Thessalonike8fi8 • Der Archidiakon BRYENNIOS, aus einer angesehenen Familie stammend, die im Bürgerkrieg zwei getreue Gefolgs­leute des J OANNES KANTAKUZENOS stellte, war Antipalamit, wie aus einem Brief des .Ax:rNDYNOS, hervorgeht 859 • Auffallend ist, wie viele adelige Damen eine anti­palamitische Haltung einnehmen. Neben IRENE CHUMNAINA ist im Antipalamiten­verzeichnis die Kralaina SIMONrS genannt (Nr. 28), die unglückliche Tochter des Kaisers ANDRONIKOS 11. 86°, außerdem THEoDoRA PALAIOLOGINA, wohl die Toch­ter MrOHAELS IX., die als Nonne in der Hauptstadt lebte 861 • Auch IRENE ASAN, die Gattin des JOANNES KANTAKUZENOS, war mindestens bis zum Jahre 1348 nicht palamitenfreundlich862 • Wie oben S. 119 erwähnt, war die vornehme Frauen­welt Konstantinopels nicht gut auf PALAMAS zu sprechen. Nach diesem kurzen Durchblick durch die Prosopographie der Antipalamiten er­geben sich zwei Folgerungen deutlich: Erstens: Im Mönchtum, vor allem in den gebildeteren Schichten, ist eine starke Opposition gegen die palamitische Richtung erkennbar. Es ist deshalb falsch, P ALAMAS als den Vertreter des byzantinischen Mönchtums und der im späten Byzanz im Mönchtum lebendigen Religiosität schlechthin zu betrachten, wie die Unterschriften unter den "tomos hagioreitikos" nahelegen könnten. P ALAMAS wollte auch selbst in seinen Briefen diesen Anschein erwecken. Zweitens: Die antipalamitische Richtung wird vor allem in den ersten Zeiten des Kampfes nicht nur von gebildeten Literaten, sondern von Mitgliedern gehobener, sogar adeliger Familien getragen, weit mehr als die palamitische Richtung. Dies zeigt die Gegenprobe: Die Eltern des GREGORIOS P ALAMAS waren eVye'Vei~ (vgl. S. 154), nicht allzu hoch stehender emigrierter kleinasiatischer Adel, der am Kai­serhof Aufnahme fand 863 • DIONysros, ein Adeliger (evnaTel(j'YJ~) aus Konstanti­nopel, wurde von DA VID DrsHYP ATOS zum Kreis des P ALAMAS beigezogen 864.

Nach 1341 verlieren sich seine Spuren. DAVID DrsHYPATos entstammte einer Familie, die öfter in kaiserlichen Diensten zu finden ist865 • Auch DA VID besaß trotz seines Mönchtums Beziehungen zum Hof und widmete sein propalamitisches Geschichtswerk der Kaiserin Anna. ALExros .AJ>OKAUKOS war in erster Ehe mit der Tochter eines DrsHYP ATOS verheiratet, der zum Klerus der Hagia Sophia ge­hörte 866 • Ein MANUEL RAuL gibt sich zur Zeit des Kaisertums des JOANNES

868 A. a. O. fol. 36 Z. 3. 869 Ed. LOENERTZ, EEBS 27 (1957) 92 u. 93. Er stand auch in Korrespondenz mit Nik. Greg. Br. VII (GUILLAND) an Gregoras. BRYENNIOS als (julxovo~ und aaxiAAw~ in Thessalonike: MM I, 174. 860 M. LASKARIS Vizantiske princese ... , Belgrad 1926, 53f. 861 PAPADOPULOS Palaiologen Nr. 71; vgl. MERCATI Notizie 511. 862 Nik. Greg. XVI, 5: 825. GUILLAND vermutet, daß Br. 151 des Nik. Greg. an METRO­PHANES auf IRENE anspielt. Der Moment sei günstig, den wahren Glauben zu verteidi­gen, da die Basilissa für ihn eintrete. 863 V gl. MEYENDORFF Palamas 45 mit Belegen. 864 PHILOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 597D. 866 SCHIRO Epistole 9-11. 886 Kant. IU, 19: U, 120, 14.

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pALA1tpTISCHE ADELIGE 131

KANTAKUZENOS eindeutig als Palamit867 • Neben NIKOLAOS MA.TARANGOS und CHARATZAS, die unten noch in anderem Zusammenhang zu erwähnen sind, ist da­mit schon die Reihe der Palamiten aufgezählt, die eindeutig aus gehobenen oder adeligen Familien stammen. Die Zahl der vornehmen Familien nimmt erst im Laufe der Zeit zu, vor allem nach dem Endsieg des JOANNES KANTAKUZENOS, da etliche Männer ihre ursprüngliche Haltung aufgaben, ob aus Überzeugung oder aus Opportunismus, bleibt zu fragen. Nicht aus Standesinteressen also hat der Adelige J OANNES KANTAKUZENOS den Palamiten zum Sieg verholfen; denn die Palamiten sind - wie oben gezeigt - vor­wiegend keine adelige Gruppe, während die antipalamitische Bewegung vor allem in der Anfangszeit gerade von den vornehmen Kreisen unterstützt wird. Politische Erwägungen gaben den Ausschlag; vielleicht spielte wirklich persönliche Über­zeugung mit, auch der Einfluß durch seine Mutter THEODORA - nach NIKEPHOROS GREGORAS eine eifrige Palamitin 868. Den ersten Schritt zur Unterstützung der Palamiten tat der Adelige im August 1341, als ein neues Konzil seinen innenpoli­tischen Plänen günstig war. Die Unterstützung palamitischer Gruppen hat dann wesentlich dazu beigetragen, dem neuen Kaiser die Hauptstadt in die Hände zu spielen. Die kirchenpolitische Lage, die er bei seinem Einzug im Februar 1347 vorfand, ließ dem Kantakuzenen, der jede unnötige Komplikation vermeiden wollte, gar keine andere Wahl, als die Linie, die mit der Verurteilung des Patri­archen KALEKAS eingeschlagen war, weiter fortzusetzen. NIKEPHOROS GREGORAS behauptet, er habe noch 1347 gehofft, sein alter Freund werde den rechten Glau­ben aus der "Belagerung" erlösen 869. War zu dieser Zeit wirklich noch ein Zweifel an der Haltung des J OANNES KANTAKUZENOS möglich? MEYENDORFF hat den Satz aufgestellt 870 : "Parmi les partisans les plus enthousia­stes de Cantacuz€me, on trouve egalement des partisans et des adversaires de Palamas, mais aussi des hesitants." Zur dritten Gruppe zählt er DEMETRIOS KYDONES und NIKOLAOS KABASILAS. Für die ersten beiden Gruppen bringt MEYENDORFF bezeichnenderweise keine Beispiele. NIKEPHOROS METOCHITES, auch IRENE ASAN wären höchstens als "partisans les plus enthousiastes" und zugleich als Antipalamiten zu nennen. Die Namen, denen wir in der Geschichte der politischen wie der engeren Gefolg­schaft des Adeligen begegnen, stehen nicht mit den theologischen Streitigkeiten in Verbindung. Natürlich unterstützt die Gefolgschaft ihren Führer bei wichtigen religiösen Entscheidungen, die ja zugleich auch politisches Gewicht haben. Die Anwesenheit des Schwiegervaters des J OANNES KANTAKUZENOS, ANDRoNIKos ASAN, und des Schwagers des JOANNES KANTAKUZENOS, MANUEL ASAN, eines

867 Br. 1 Z. 291 ed. LOENERTZ, EEBS 26 (1956) 139. 868 Nik. Greg. XVIII, 4: 886, 12-15. 869 A. a. O. XVI, 5: 821, 4f. Nach ANGELOVund B. T. GORJANOV hat E. WERNER (Die Bogomilen in Bulgarien, in: Studi Medievali III, 3 [1962] 272 und ders. Umur 260) betont, daß die Lehre des P .ALAMAS den Interessen des Großgrundbesitzer entgegen­kam. Die Predigt der vita contemplativa. und jenseitiger Güter habe die Abwehrkraft des Volkes gelähmt und die sozialen Gegensätze verschleiert. So anregend diese Thesen sind, unsere Quellen erlauben nicht eine Entscheidung, ob für J o. Kant. solche Über­legungen wichtig geworden sind. Außerdem steht fest, daß die Lehre der palamitischen Bewegung primär keine sozialen Ideen zum Inhalt hatte. 870 Palamas 124.

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132 DER SIEG DER P.ALAMITEN

I

treuen Anhängers des Kaisers, ist bei der Synode von 1351 ausdrücklich bezeugt871•

Bezeichnenderweise fehlt JOANNES ASAN, der sich bereits von JOANNES KANTAKU­ZENOS abgewendet hat und in der Gefolgschaft des Matthaios steht (vgl. S. 46). Ak­tiv, aus eigener Initiative, greifen aber die Glieder der Gefolgschaft des Kantaku­zenenkaisers nicht in die theologischen Streitigkeiten ein. Dies gilt auch von der Gegenseite beim Gefolge der ANNA und ihres Sohnes. Man kann noch einen Schritt weitergehen und feststellen, daß überhaupt die hohen Staatsbeamten sich weit­gehend aus dem Streit heraushalten. Es gibt Ausnahmen wie den uaOoÄtuo!; Uett'~~ NmoLAos MATARANGOS, der von P .ALA.MAS in der Zeit des Bürgerkrieges als eifriger Anhänger des Hesychastenführers gekennzeichnet wird 872 • CHARATZAS, 1352/3 Primikerios der Exkubiten 873, war in der Zeit des Bürgerkrieges ein c5ewo!; IIaÄaftlt''YJ!;. Stand SABAS LOGARAs, dessen Einfluß auf Hofkreise AKrnDYNOS so hoch einschätzt, selbst im Staatsdienst 1 Der mächtige Mystikos KrnNAMOS scheint AKrnDYNOS gewogen gewesen zu sein. AKrnDYNOS bittet um Unterstüt­zung für seine Partei ebenfalls bei einem hohen Richter 874 •

Auch diese hochgestellten Männer nehmen nur Partei, sie beteiligen sich nicht aktiv am Kampf, etwa durch Streitschriften und dergleichen. Durchmustert man die Namen der Antipalamiten und Palamiten aus vornehmen Familien, so ergibt sich, daß sie fast alle nicht in der Politik oder im Militärdienst standen. Für diese Beobachtung bieten sich m. E. drei Erklärungsversuche. Erstens: Unsere prosopographischen Kenntnisse sind zu gering und unsere Quellen zu lückenhaft, um die Tätigkeit der Militärs und Politiker im theologischen Streit noch richtig zu erfassen. Zweitens: Die Gefolgsleute des JOANNES KANTAKUZENOS und der Palaiologen waren in den unruhigen Zeiten des 14. Jh. mit anderen Aufgaben beschäftigt als mit der Abfassung von Streitschriften. Vielfach wird auch die theologische Vor­bildung nicht genügt haben. Auch der Kaiser JOANNES KANTAKUZENOS selbst be­ginnt seine theologische Schriftstellerei erst nach seiner Abdankung. Dri ttens : Die politische Führungsschicht in Byzanz hielt das theologische Ge­zänk in der schwierigen Lage des byzantinischen Reiches für schädlich. JOANNES KANTAKUZENOS hat im Juni 1341 für den Ausgleich der streitenden Parteien ge­arbeitet, als er sich aus dem Konflikt noch keinen politischen Vorteil ersah. Die ironische Herablassung, mit der die Umgebung der ANNA PALAMAS im Jahre 1342 behandelt, zeigt die GrundeinsteIlung dieser Kreise ebenso deutlich wie die Hal­tung des Juristen HARMENoPuLos, der sich von beiden Parteien fernhält und sie in gleicher Weise beschuldigt 875 •

Alle drei Erklärungsversuche enthalten einen Wahrheitskern. Jedenfalls wird deutlich, daß die Frage, ob die Gefolgschaft des J OANNES KANTAKUZENOS und der Palaiologen "palamitisch" bzw. "antipalamitisch" war, eigentlich falsch gestellt

871 MEYENDORFF Palamas 141 A. 70. 872 Brief des P.ALAMAS an DANmL: Exzerpt bei MEYENDORFF Palamas 122 A. 123. Br. 11 des AKrNDYNOS in Ood. Mare. 155 fol. 42. 878 MM 1,325. AKrNDYNOS an BRYENNIOS ed. LOENERTZ, EEBS 27 (1957) 92 Z. 4. 874 Br. 3 des Ax:rNDYNOS Ood. Mare. 155 fol. 39 va, 40 ist unlemmatisiert. Der Adressat wird angeredet als .. t5l'Xa{w~ ",ai .d~ a1hov .ov t5t'Xatov 'Xa.d .i'j~ dya(}i'j~ ßa(JtÄeta~ ~vta~ evexetet(J(}'YJ~' 876 MEYENDORFF Palamas 123 A. 136. Exzerpt aus der Schrift des AKrNDYNOS an HIEROTHEOS im Ood. Mare. 155.

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HAUFTPERSONEN IM THEOLOGISCHEN STREIT 133

ist. Die meisten aktiven Politiker und Militärs standen dem Streit persönlich indifferent, wenn nicht feindselig gegenüber. Da sie aber der Gefolgschaft des Kantakuzenen oder des Palaiologen angehörten, bildeten sie auch bei den reli­gionspolitischen Maßnahmen ihrer Führer den "Umstand". Sie sind die meist un­benannten aexov7:e~ und avyuA'YJ7:tuol, die bei den Synoden in Erscheinung treten, nicht nur zur Repräsentation, sondern als Demonstration der realpolitischen Macht ihres Führers .. Wie die meisten theologischen Streitigkeiten nicht nur in Byzanz, sondern auch in anderen Bereichen geschichtlichen Lebens wird also der palamitische Streit ausge­tragen von Theologen, theologisch oder philosophisch interessierten Laien, von Mönchen, dem hohen Klerus, von nicht in der Politik stehenden Adeligen, schon weniger von Literaten, die oft mehr oder weniger unfreiwillig in den Streit hinein­gezogen werden. Es ist also eine Gesellschaftsschicht, die "Zeit hat", die sich auch finanziell den Luxus leisten kann, riesige Abhandlungen über Tiefgründigkeiten der Gotteslehre zu verfassen, die die nötige Bildung besitzt. Die übrigen Gesell­schaftsschichten, sowohl die hohen Politiker wie unbemittelte oder verarmte Kreise, treten im Streit erst dann in Erscheinung, wenn die theologischen Parteien politisch aktiv werden, Gruppen bilden und innenpolitische Veränderungen her­beiführen wollen. Dann tritt auch der Mjp,o~ in Aktion. Die Bedeutung der Synode von 1351, die im palamitischen Streit einen gewissen Abschluß bildet, beruht für die Gesellschaftsgeschichte des späten Byzanz neben den wiederaufgenommenen grundsätzlichen Erörterungen über die Stellung des Kaisers in der Kirche vor allem in der Aktivität des Volkes und der Tätigkeit der siegreichen religiösen Gruppe der Palamiten. Die Versicherung des J OANNES KANTAKUZENOS ist durchaus glaubwürdig, er habe die Synode auf das Drängen des Patriarchen KALLISTOS, der übrigen palamitischen Erzbischöfe und der "Mönchsscharen" hin zusammengerufen, um der Wühlarbeit der Antipalamiten ein Ende zu setzen876. Nach Ansicht der Antipalamiten fürch­tete der Kantakuzene ein Erstarken ihrer Gruppe 877 . Wenn GREGORAS bei der Wahr­heit bleibt, war die Synode bereits seit vier Jahren als ökumenisches Konzil ge­plant gewesen878, d. h. der Konzilsentscheid von 1347 war nicht als endgültig ge­dacht. Wie es um die "naee'YJala" der Antipalamiten aussah, zeigt das Verhalten des .Aru:NDYNOS879. Er bleibt trotz des kaiserlichen esantap,a, das ihm Redefreiheit zusicherte, im Verborgenen. Er hatte gute Gründe, dem Kaiser und den Palamiten nicht zu trauen. Die Erfahrungen im August 1341 waren ein übles Vorzeichen. Die Ereignisse auf der Synode von 1351 gaben dem Mißtrauen des .Aru:NDYNOS recht: Die von vorneherein überlegene Palamasgruppe wendet auch noch heute wohlbe­kannte Methoden an. Die Gegner werden durch systematisches Lärmen mundtot gemacht; durch handfeste Drohungen soll die gegnerische Gruppe gesprengt wer­den 880. Ob die Antipalamiten wirklich - wie GREGORAS versichert - um ihr Leben bangen mußten, bleibt dahingestellt 881. Es kommt zu tätlichen Ausschreitungen882.

876 Kant. IV, 23: III, 166. 877 MERCATI Notizie 211 aus Cod. Vat. 2335. 878 Nik. Greg. XVIII, 3: 882. 879 Reg. 2913 ist mit Sicherheit in die Vorbereitungs zeit des Konzils von 1351 zu setzen. 880 Nik. Greg. XX, 7: 994; XXI, 3: 1008/9. 881 A. a. O. 1007. 882 A. a. O. XXI, 3: 1011.

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134 DER SIEG DER PALAMITEN

Dieses Verhalten einer siegreichen und überlegenen Personengruppe ist eine allge­meine geschichtliche Erscheinung, die in der frühbyzantinischen Kirchengeschichte auf den Synoden besonders augenfällig wird, aber durchaus nicht auf den kirch­lichen Bereich beschränkt bleibt. Ebenso typisch wie das Verhalten der überlege­nen Gruppe ist die Stellung der "Verfolgten". Sie suchen Verstärkung durch Per­sonen, die eigentlich nicht zur Gruppe gehören. Der religiöse Streit bekommt eine politische Färbung, eine immer wiederkehrende Erscheinung, die im palamitischen Streit an vielen Punkten sichtbar wurde. Der Tomos von 1351 ist wie der Tomos von 1347 nicht nur eine dogmatische Entscheidung, sondern "un document d'Etata lagloiredel'empereurJean Cantacuzene", wie MEYENDORFF mit Recht bemerkt883 •

Durch die unedierte Schrift des Anonymus des Cod. Vat. UU pars IV erfahren wir, JOANNES KANTAKUZENOS habe vor der Synode behauptet, daß die Antipala­miten ihm nachstellen und ihn stürzen wollen884 • Nach dem unten edierten Ab­schnitt aus dem Entwurf einer antipalamitischen Synode wurden die Antipalamiten als "Aufständische" und "Widersacher gegen sein Kaisertum" bezeichnet. Waren die Anschuldigungen ganz aus der Luft gegriffen 1 Der antipalamitische Synodalentwurf des Cod. Vat. 2335 hat als einzige Quelle sehr aufschlußreiche Hinweise über die Verbindung der Antipalamiten mit dem <5fjflo~. Der Entwurf behauptet, JOANNES KANTAKUZENOS habe die Synode von 1351 einberufen, um den <5fjflo~ auf seine Seite zu ziehen 885.

Das Volk habe sich in großer Menge am ersten Sitzungstag eingefunden 886. Die Rolle des Volkes zwischen dem ersten und zweiten Sitzungstag beschreibt eine bisher unedierte Stelle des Synodalentwurfes, die ich hier wegen ihrer Bedeutung im griechischen Wortlaut mit Übersetzung wiedergebe 887 : ov yae <5l' 'A"lv-jl ~ B ' \ \ \ , , I \ I, I () ", \ jl \ \ uVvov,/ aelLaafl T'YJV a'YJv e""IL'YJalaV "al "Ot'VWVlaV anoaeWfle a, alLILa ula TOV n aÄaflav "at T~V aVTov ye ~oAv()etav "a"w~ el~ T~V 8""Ä'YJalav naeelaeÄ()6vTa. noÄÄwv o15v 8nt TOVTlP nae' aflqJoTeeWV AeX()evTwv Ä6ywv "at &a<5l"aala~ ov fll"ea~ yeVoflev'YJ~ w~ T~V fJfleeav änaaav naeeÄ()e'iv TeÄo~ b<5l<5wat'V 0 ßaalÄeV~ TCp Te "eaTel Tij~ aÄ'YJ()ela~ 8nl. noÄv fl~ <5vva.fleVO~ avTtßalVet'V "at äfla TWV nae6VTWV dnavTwv ala()6fleVO~ öaov Te b äexOV(]l "at öaov 8V <5~flCP avvat'VOVVTWV flBV "eVqJa TOl~ vno TWV aV()laTaflevwv Tfj nOÄv()etq. e'YJ()el(]l, TOl~ <5'vno TWV neoa"elflevwV Tfj a'ieea8l fleflqJOflevwv Te "at vn' c)<56vTa "a"oÄoyoVVTWV. "at ylVeTat naeaa'YJflelW(]l~ EyyeaqJO~ w~ av yeVoflev'YJ~ ß' avv6<5ov elaeVeX()eVTa Ta Tij~ naÄafllTt<5o~ ßlßÄov naee"ßÄ'YJ()evTa "eqJaÄala naea TWV Tfj nOÄv()etq. aV()laTaflevwv avayvwa()wat'V el~ 8n~,,00v navTwv "at fleTa T~V avayvw(]lv OiSTOl flBV äe~WvTal Tij~ TOVTWV flefl1peW~

883 MEYENDORFF Palamas 149. 884 Cod. Vat. 1111 pars IV fol. 225 r O'V <5', ih ßamÄsv, -dO't <5~no7:C 7:Cxf1:rJetot~ Xe1JO'ap,evo~, Ttva <5i dyvwp,oO'Vv1JV fJWßv r; üÄÄ1Jv <5vO'votav nsel Ta O'a xaTayvov~ ofhw Tai~ otaßoÄai~ dvenet­a01J~, wa7:C xal neo~vsyxa~ w~ dÄ1JOw~ exov enl Tij~ O'vv6oov, ön o~nov O'ol noÄsp,ovp,ev xal TO~eVop,ev xat O'S Ä1JcpOijvat navTa neaTTop,ev xal xaTaO'xsvaCop,ev; 885 Nach dem bei MERCATI Notizie 211 zitierten Satz (des. noÄvOsov dOetav) folgt im Codex (bisher unediert): ofhw yae cl>~01J xal TOV oijp,ov vnayaysiv Tfi eavTov dO'sßelq. xal o~ avvaOeot­CU TOV~ anavTaXov Tij~ ewp,atoo~ emO'x6nov~ Tij~ naÄap,txij~ öVTa~ navTa~ cpaTeta~ TS xai a[eeasw~. 886 Unedierter Zusatz am linken Rand zu dem beiMERcATI Notizie 223 zu Nr. 8-9 zitier­ten Satz: wv p,iv [seei~ 7:C xal p,ovaCov7:C~ neo~ oe xal TWV Tij~ O'VYXÄ~TOV üp,a Te xal TOV o~p,OV nÄijOo~ ÖV!~~ ovx svaetOp,1JTOV yae dÄÄ' ovoe p,~v O'vveO'swr; dp,oteovv. 887 Cod. Vat. 2335 fol. 2 (6. Bild· meines Mikrofilms).

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C~D. VAT. 2335 135

xat xaT'YJY0f!lar;, 80e'V a'V ßOVAO'V7:at, IIaAap'{ir; l5' ai)Otr; 7:fjr; MOAoylar;, 80e'V a'V ßOVAOtTO. Xat bd TOV7:0V fJ a' l5taA8AV7:at O'V'Vol5or;. l5vo l5i f-le7:' av TTJ 'V l5teAOOVO'W'V fJf-lef!W'V Tfj e;fjr; nf!oO'7:aYf-la7:L ßaO'tAtXfj fJ ß' O'V'Vol5or; O'VYXf!07:eiTat. nf!o l5i TavT'YJr; ol IIaAaf-lfj7:at nf!oO'eA06'V7:e~ Tf{> ßaO'tAei T<I l5et'V6TaTa eß6w'V xaT'aVTW'V nenf!aYf-la­TeVO'Oat TO'V l5fjf-lo'V. nf!6cpaO't'V yaf! EAeyO'V Aaß6'VTer; ol TOV l5fJf-lOV TTJ'V yeyo'Vvla'V exel'V'YJ'V naf!aO''YJf-lelwO't'V, e'V Ti xaT80'T'YJO'a'V ol fJ,ü'V a'V7:LA8YO'VTer; äl5eta'V EXeW xaT'YJY0f!ei'V, 80e'V a'V ßOVAOt'VTO, xaO' fJf-lQyp ßaf!8Wr; en80e'VTO r) TO'V IIaAafta'V a'Va08f-la7:L xaOvnoßaAei'V MatTOV'VTer; fJf-lar;, r) T<I Xelf!tO'Ta l5f!aO'eW ftTJ naf!atTOVf-le­'Vot xaO'fJf-lw'V. TOVTW'V axovO'ar; 0 ßaO'tAeVr; TTJ'V f-li'V naf!aO''YJf-lelwO't'V exel'V'YJ'V axvf!wO'at ßeßOVAeVTat. Tf{> l5i l5fJf-lfP l5ta TW'V l5'YJf-laf!Xw'V MetA'YJO'af-le'Vor; OVO'tW'V Te acpalf!eO'W xat TTJ'V e'V l5eO'f-lWT'YJf!lfP xaOetf!;t'V. Ta MO TOVl5e na'VTOr; l58ovr; TOVr; TaAa'Var; M'YJAAax-O ' , , , , ,..!: \ \ \ ß' '..!: " , I, - ß " \ at nenot'YJXe'V, aAA OVUe xaTa T'YJ'V O'V'VOuO'V etaO'e'V aXWAVTO'V TfP OVAOf-le'VfP T'YJ'V eiO'ol5o'V wr; xa'V Tfj nf!OT8f!f!- l5eet TOV f-lTJ ai)Otr; TOVr; naf!aTvx6'VTar; xaTa1p'Y}cplO'aO'Oat TOV IIaAaf-lo., xaOanef! xOir; xat nf!6Tf!tTa nenotfJXeO'a'V. O'v'VaX08vTw'V f-l8'VTot na'VTw'V (überschrieben: 80'ovr; l5i xat naf!eXWf!fJO'YJ yaf! clO'eAOei'V) 0 ßaO'tAeVr; öpa Tf{> xaOlO'at TO'V Of!ytC6f-le'Vo'V vnol5etX'Vvr; xat O'XfJf-laTl Te xat nf!aYf-la7:L O'TaO'taO'­Tar; XUt l5'YJf-laYVf!Tar; TOVr; Tfjr; e1JO'eßelar; a'VTtnotoVf-l8'VOVr; anocpat'V6f-le'Vor; n'V. äf-la l5i xat Tfjr; ßaO'tAelar; aVTfjr; entßOVAOVr; aVTOVr; anexaAet Ol6f-le'Vor; excpoßfJO'et'V aVTOVr; l5ta TOVTOV xat f-laAaxWT8f!OVr; ef!yaO'eO'Oat Tfjr; vnif! TOV OeOV xat TW'V Oelw'V l5oyfta­TW'V e'VO'TaO'eWr;. oll5i xat oihwr; Tfjr; nf!OT8f!ar; eiX0'VTO Y'VWf-l'YJr; xat f-laf!TVf!er; nO'a'V cl xat a'Valf-laxTOt ... Übersetzung dieses Abschnittes: (die Palamiten zu J o. Kant. am ersten Verhand­lungstag) : " ... Nicht wegen Akindynos und Barlaam kündigen wir die Kirchen­gemeinschaft mit dir auf, sondern wegen Palamas und seiner Vielgötterei, da er in verderblicher Weise in die Kirche eingedrungen ist." So wurden dabei beider­seits viele Worte gewechselt und lange Streitgespräche geführt, so daß der ganze Tag darüber hinging. Schließlich gab der Kaiser der Durchschlagkraft der Wahr­heit nach, da er nicht länger Widerstand leisten konnte. Zugleich merkte er auch, wie viele aller Anwesenden, sowohl unter den Archonten wie unter dem Volk, heimlich den Worten der Gegner gegen die Vielgötterei zustimmten und andrer­seits die Ausführungen der Anhänger der Häresie tadelten und insgeheim schmäh­ten. Ein schriftlicher Entscheid wurde formuliert, daß in der zweiten Sitzung die in der Palamasschrift niedergelegten Lehrsätze von den Gegnern der Vielgötterei vorgebracht und öffentlich verlesen würden und daß sie mit ihrem Tadel und mit ihrer Anklage an einem beliebigen Punkt beginnen könnten, desgleichen könne auch Palamas mit seiner Verteidigung beginnen, wo es ihm beliebe (die Angabe wird bestätigt vom palamitischen Tomos von 1351: PG 151 Sp. 723A). Damit schloß der erste Sitzungstag. Zwei Tage verstrichen und am dritten Tag wurde auf Grund eines kaiserlichen Prostagmas (vacat in Dölgers Regesten) die zweite Sitzung einberufen. Zuvor aber kamen die Palamiten zum Kaiser und beklagten sich aufs heftigste, daß das Volk gegen sie Machenschaften plane. Sie sagten: "Die Vertreter des Volkes (ol TOV l5fJf-lov) haben jenen Entscheid, nach dem unsere Widersacher in der Lage sind, ohne Furcht von beliebigen Punkten her Anklage zu führen, als Vorwand benutzt. Sie setzten uns schwer zu, indem sie von uns fordern, Palamas mit dem Anathem zu belegen, andernfalls aber, wenn ihnen diese Forde­rung abgeschlagen wird, mit den schärfsten Mitteln gegen uns vorzugehen." Daraufhin hat der Kaiser bestimmt, jenen Entscheid ungültig zu machen. Dem Volk aber drohte er durch die Demarchen mit dem Entzug des Besitzes und mit

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136 DER SIEG DER PALAMITEN

Gefängnisstrafen und befreite von da an die Elenden (d. h. die Palamiten) von jeglicher Furcht. Auch gestattete er in der zweiten Sitzung nicht jedem Beliebigen den Zutritt wie bei der vorhergegangenen Sitzung aus Furcht, beliebige Personen könnten ihr negatives Urteil über Palamas fällen wie in den vergangenen Tagen. Als alle versammelt waren (d. h. denen der Zutritt gestattet wurde), zeigte sich der Kaiser, als er Platz nahm, zornig in seinem Gehaben und seinen Maßnahmen und nannte die Antipalamiten Aufständische und Volksaufwiegler. Desgleichen nannte er sie Widersacher gegen sein Kaisertum. Er glaubte sie so einschüchtern zu können und nachgiebiger zu machen in ihrem Kampf für Gott und die göttlichen Lehren. Die Antipalamiten beharrten aber auf ihrer früheren Meinung. Sie waren Märtyrer, wenn auch ohne Blut ... (Es folgt eine Rede an den Kaiser). Aus dieser Quelle geht einmal hervor, daß es im Belieben des Kaisers stand, den ~fjp,oe; zu den Synodalverhandlungen zuzulassen oder auszuschließen. Ein "ver­fassungsmäßiges" Recht des Volkes an der Teilnahme bestand jedenfalls nicht. Weiter ist die Organisation des Volkes gut zu erkennen. Die Verhandlungen mit den Palamiten über die Anathematisierung des P ALAMAS mußten notwendig mit ausgewählten Volksvertretern geführt werden. Es ist anzunehmen, daß diese Volksvertreter die ~np,a(!xot sind, durch die der Kaiser die Verhandlungen mit dem Volke führte (siehe zu diesem Begriff S. 76). Mag die Palamasfeindschaft des Volkes in dem Synodalentwurf auch übertrieben sein, das kraftvolle Eingreifen des organisierten Volkes in die kirchenpolitischen Verhandlungen ist deutlich: eine gute Ergänzung zu den Nachrichten über die Bedeutung des ~ijf'oe; zur Zeit des JOANNES KANTAKUZENos. Auch 1351 wird wie 1347 von der unterlegenen Partei dem Kaiser das Recht abgesprochen, in Glaubenssachen zu entscheiden. NIKEPHOROS GREGORAS hat in seinem Geschichtswerk solche Gedanken angedeutet 888 • Viel klarer ist die Stellungnahme des bereits erwähnten Anonymus des Cod. Vat. UU pars IV. In seiner Rede an den Kaiser sagt er gleich am Anfang 889: cl p,B'V YU(! na(!6.~uyp,a vra(!aaT'YJaG.p,8'VOe; TOVe; in~ TW'P nlIAat aV'P6&v'V t8(!W'P ßaatABae; T~'V ()'vp,8TB(!a'V av'Po~o'V rj()(!otC8e; uaT'besl'Vove; ua~ TO'P in~ TOLOVTOte; 'V6flo'P ua~ TO'V

TOV axnp,aTOe; öyuo'V T'YJ(!W'V aU(!OaT~'V op,olwe; iU8l'Vote; ua~ TW'V ~t8Y'PwaflB'Vw'V , \' " , , " \ \ , '() r ~ () , " . \ n(!OaTaT'YJ'V uat T8A8atoV(!Yo'V, aAA OV U(!tT'YJ'V a8aVTo'P 8ua t~8e; 'I ua taae; 8T'YJ(!Ue; T'YJ'V

iuuA'YJala'V, icp' ~e; n'P a'Vw()8'V p,BPOvaa ~6~'YJe; ua~ uaTaaTaa8We;, n'V a'V TW'V uOftt~ij flaUa(!lw'P we; aA'YJ()We; TO x(!fjp,a. Hier eine freie Übersetzung: "Die Kaiser bei den früheren heiligen Synoden hättest du dir zum Vorbild nehmen und in ihrer Weise eure Synode einberufen sollen, indem du das bei diesen (Synoden) geltende Gesetz und die Würde der (kaiser­lichen) Stellung bewahrtest, als Zuhörer wie jene, als leitendes ausführendes Organ für die Beschlüsse. Aber nicht das Richteramt hättest du dir anmaßen dürfen. In diesem Falle hättest du wenigstens die Kirche bei ihrem hergebrachten Glauben und ihrer alten Verfassung belassen sollen. Dann wäre dein Handeln wahrhaft aller Heiligen würdig gewesen." Im Grunde genommen sprechen diese Sätze den alten bis auf KONSTANTIN den Großen zurückweisenden Grundsatz aus, daß der Kaiser nur der Bewahrer der Orthodoxie sei, aber nicht Herr des Dogmas. Wichtig ist dabei, daß sich J OANNES

888 Nik. Greg. XIX, 1: 913. 889 Cod. Vat. 1111 pars IV fol. 223 r/vo.

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UNTERDRÜCK1(NG DER .ANTIP ALAMITEN 137

KANTAKUZENOS durch seine palamitische, d. h. "ketzerische" Haltung nach Meinung der Antipalamiten als Kaiser selbst disqualifiziert und "sich selbst von der kaiserlichen Höhe herabzieht" .. (av yde avt'(); -r:ov ßaatAelov aav-r:oy v1jJov; ua-r:aanaaa; ... )890. Die Gegnerschaft in religiösen Fragen bekommt eindeutig politischen Akzent. Von diesem ideologischen Hintergrund her gesehen erhält die Verbindung der Antipalamiten mit dem kantakuzenosfeindlichen ~fjf-lo; ein be­sonderes Gewicht. So wird es verständlich, daß die Unterdrückung der Antipala­miten für J O.ANNES KANTAKUZENOS je länger je mehr unbedingt notwendig wurde, wollte er sein schon sehr schwankendes Kaisertum weiter behaupten. Die Nachgeschichte des palamitischen Streites ist für die byzantinische Gesell-8chaftsgeschichte im 14. Jh. nur noch wenig aufschlußreich. Durch den Tod der Führer, wie AKrnDYNOS, NIKEPHOROS GREGORAS, MATTHAIOS von Ephesos, durch Abfall und inneren Zwist wird die Gruppe der Palamasgegner immer schwächer. In Gegenden, die dem byzantinischen Reich nicht unterstellt sind, wie in Rußland, Syrien, Zypern und Korinth bleibt der Widerstand lange rege. Es ist kennzeich­nend für den massiven Druck, der gegenüber den Antipalamiten im byzantinischen Reich selbst in der zweiten Hälfte des 14. Jh. ausgeübt wurde, daß alle bedeuten­den Antipalamiten als Konvertiten zum römisch-katholischen Glauben im Aus­land zu leben gezwungen sind. Ich nenne DEMETRIOS KYDONES, MANUEL KALE­RAS und JO.ANNES KYPARISSIOTES. MANUEL KALERAS klagt 1397, daß die Anti­palamiten in der Hauptstadt heftig verfolgt würden 891. Auch als Exkaiser bleibt JO.ANNES KANTAKUZENOS nach dem Urteil des JOANNES KYPARISSIOTES Führer der Palamiten 892; die Patriarchen handeln in seinem Sinn. NIKOLAOS KABASILAS jubelt, daß mit der neuerlichen Thronbesteigung des PHILOTHEOS KOKKINOS der Sieg der Palamiten sicher sei 893 •

Es steht fest, daß der palamitische Streit, vor allem auch die Starrheit, mit der er geführt wurde, einen unheilbaren Riß in die byzantinische Gesellschaft gebracht hat in einer Notzeit, in der Einigkeit das größte Gebot der Stunde gewesen wäre. Bedeutende Persönlichkeiten wurden dem byzantinischen Reich entfremdet. Das Abendland freilich zog aus dem unseligen Zwist Gewinn: Noch mehr wurde der Strom griechischer Gelehrter nach Italien verstärkt und die Renaissance gefördert.

890 Der ganze Satz lautet (Ood. Vat. 1111 pars IV) fol. 223 V O ••• viiv ~e Tmv Ti'j~ e",,},:rJG{a~ d}"a<1TOeaW e~eteya(]/tevwv t5td (]oii nav{) , änee eßov}"ovTO. (]V YUe aVTo~ Toii ßa(]t}"e{ov (]aVTOV {jtpov~ "aTa(]na<1a~ "etT"'~ ov" e~ov "ai dVTÜkxo~, e7ttTt/t1JT'IJ~ Te "ai "a{}aLeeT1J~ "ai navTa o/toii xe'IJ/taTa "aTa(]Ti'jvat neoe{}"ov ~td ~n "ai Tmv etp1JQ)t(]fLEvWV }"oyov~, wi.}"a äv el"oTw~ vnexoL~ dnatTov/tevo~ ov" eni ~t"a(]TmV TOVTWV /tovwv d}"}"d "ai Tmv ä}"}"wv navTwv dv{}edmwv. 891 Br. 21, vgl. Br. 17 u. 49 (ed. R.-J. LOENERTZ Oorrespondance de Manuel Oalecas, Studi e Testi 152, Rom 1950). 802 OOP 25 (1959) 130 Z. lf. (ed. M. O.ANDAL). 808 Ed. LOENERTZ in Dem. Kyd. Oorrespondance I Appendix I Nr. 4 S. 171.

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Xll. Die Struktur der Gefolgschaft

Es war notwendig, bei der Betrachtung des J OANNES KANTAKUZENOS als Adeligen und der Entwicklung seiner "Gefolgschaft" diese vorläufig "als den JOANNES KANTAKUZENOS ergebenen Anhang von Verwandten, Freunden und Dienern" zu bestimmen. Das Wort ist im deutschen Sprachgebrauch bereits mit festumgrenzten Vorstellungen verknüpft. Die Mediävistik bezieht das Wort "Gefolgschaft" spe­ziell auf eine im germanisch-keltischen Bereich auftretende Vereinigung eines adeligen Gefolgsherren mit jungen Standesgenossen, verbunden mit gegenseitiger, durch Eid bekräftigter Treueverpflichtung 894 • Zwar haben Historiker der spät­römischen Republik wie GELZER und PREMERSTEIN 895 und für die byzantinische Zeit H.-G. BEcK den Begriff unbedenklich im Sinn der etymologischen Grundbe­deutung ähnlich der oben gegebenen Definition gebraucht. Trotzdem scheint es nötig, darauf hinzuweisen, daß mit der Wahl dieses Wortes noch nichts über die Struktur der Personengruppen, die mit dem Adeligen in personaler Verbindung standen, ausgesagn ist. Der geschichtliche überblick über die Entwicklung der Gefolgschaft des Adeligen und Kaisers JOANNES KANTAKUZENOS sollte zeigen, daß die Bindungen, die der Adelige mit anderen Personen eingeht, ganz verschiedener Natur sein können. Schon die aus einer bestimmten Notlage und mit bestimmter Zielsetzung gebilde­ten politischen Zusammenschlüsse, die bei diesem überblick zu untersuchen waren, zeigen verschiedenartigen Charakter. Im Herbst 1320 war es ein Dreier­bund von mächtigen Adeligen mit einem Kronprätendenten an der Spitze, zu der nur als "Außenseiter" später ALEXIOS APOKAUKOS stieß. SYRGIANNES bildete einen Zusammenschluß aus cplAOt und obd-cat. ALEXlOS ApoKAuKos versuchte, ihm sozial höherstehende Adelige und Beamte an sich zu binden; der Patriarch schart eine Anzahl von Senatoren, verstärkt durch die religiöse Gruppe der Akindynosanhänger (siehe Kap. X), um sich. Diese Zusammenschlüsse werden im Sprachgebrauch des Kantakuzenen h:ateela, aVPwl-"oala, cpa7:ela seltener ava7:'Yjl-"a 896 genannt. Alle vier Wörter bezeichnen be­reits in der Zeit der "klassischen" Staatsform der griechischen Polisdemokratie eine politische Vereinigung und Verschwörung, die vor allem den Umsturz der

894 Grundlegende Zusammenfassung bei W. SCHLESINGER Herrschaft und Gefolgschaft in der germanisch-deutschen Verfassungsgeschichte, HZ 176 (1953) 225-275; zur Definition der Gefolgschaft vor allem S. 235. Wiederabdruck im Sammelband Bei­träge zur deutschen Verfassungsgeschichte des MA I, Göttingen 1963, 9-52. Weiter im Sammelband Herrschaft u. Staat im MA hrsg. von H. KÄMPF (Wege der Forschung Bd. Ir), Darmstadt 1964, 135-190. 896 M. GELZER Die Nobilität der römischen Republik, Berlin 1912 z. B. S. 88; ders., Caesar, Wiesbaden 1960. A. v. PREMERSTEIN Vom Werden und Wesen des Prinzipats, Abh. Bayer. Akad. Wiss. NF Heft 15 (1937). In der englischen Sprache bietet sich ein weniger vorbelastetes Wort für "Gefolgschaft" an: "following". Der Begriff wird z. B. verwendet von R. SYME The Roman Revolution, Oxford Paperbacks 1960, 68. 896 Kant. IrI, 93: Ir, 569, 13.

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EIDE 139

bestehenden Ordnung bezweckt897 • Beachtenswert ist, daß der Ausdruck q;a-re[a, 8-raleS[a und uvu-r'YJf-la in positiver Bedeutung eine Gruppe verschiedenartigen, vor allem religiösen Charakters bezeichnen kann 898. In dem Wort uV'Pw!l0u[a ist etymologisch das Element v.erbunden, das seit der Antike einen wesentlichen Be­standteil der politischen Verbindung darstellt: der Eid899 • Bei allen uns noch greif­baren politischen Zusammenschlüssen zur Zeit des JOANNES KANTAKUZENOS wurden Eide gesprochen. Vergleicht man den Wortlaut der im Jahre 1320 ge­sprochenen Eide der adeligen "Triumvirn" mit den Eiden des ALEXlOS APOKAU­KOS im Jahre 1341 an die Asanbrüder und an den Patriarchen, so läßt sich un­schwer ein Eidesformular rekonstruieren: Zuerst wird Hilfe und Beistand ver­sprochen mit der gesamten persönlichen Hausmacht, die umschrieben wird mit Besitz (Geld, Waffen), Freunden, Verwandten und Dienern. In dieser Umschrei­bung kann das eine oder andere Element variieren, immer aber sind sowohl Besitz wie persönlicher Anhang genannt. Dann folgt die Versicherung des persönlichen Gehorsams bis in den Tod. Eine zeitliche Abgrenzung des Gehorsamsverhältnisses wird nie gegeben. Die soziale Schichtung der Gruppe, die SYRGIANNES aus Die­nern und Freunden zusammenbringt, also teilweise von Personen, die keine Haus­macht ihr eigen nennen, und die, wie die Erwähnung der "Diener" beweist, schon vorher zu der engeren Gefolgschaft des Adeligen gehörten, ist wohl der Grund, daß in diesem Fall von der Hilfe mit der eigenen Hausmacht bei den Eiden nicht be­sonders gesprochen wird. Diese Eide, in der 8-raleS[a gegeben, gehen über die Treueide hinaus, die der byzantinische Untertan dem Kaiser vor allem bei Thronwechsel gab, die von politischen Gegnern abverlangt wurden, um sich ihrer Treue zu versichern, wie es vor allem im Jahre 1341 mehrfach ohne jede Wirkung geschah. Sie sind am nächsten zu vergleichen mit den Eiden, die unsichere Parteigänger zum Beweis ihrer Zuverlässigkeit abgaben, wie SYRGIANNES bei seiner Kehrtwendung zu Kaiser ANDRONIKOS 11. 900 und KOMlTOPULos und VATATZES gegenüber der Kai­serin IRENE in Didymoteichos 901 • Gerade die Erwähnung der Hilfe und des Bei-

1197 Zur Bedeutung von paie{a, Eiateela, avvwpoa{a in mittelbyz. Zeit: BEcK Gefolg­schaft, 14 A. 4 und 15 A. l. 898 Vita SAB.AE Kap. 13 (S. 211, 13-14): die Gruppe um SABAS erhält die Botschaft des Kaisers ANnRONIKOS Ir. (Reg. 2300): iaVia pa06vi8~ oE iij~ pByd).TJ~ ",al OBOqJt).OV~ paie{a~ e"'B{VTJ~' A. a. O. Kap. 58 (S. 303, 22f.): iOV (jB xoeov iij~ nBel aVi6v it~ liateela~ kommt zu SABAS und will in die tieferen Geheimnisse der mystischen Schau eingeweiht werden. Vita GREGORII SIN., 15, 29f.: GERASIMOS bildet um sich ein LBeOV avaiTJpa paOTJiwv. Vita SAB.AE Kap. 63 (S. 328, 3): der Zelotenführer ANDREAS bittet den Vor­steher der M. Laura, SABAS seine Anwesenheit zu melden: p", av dnoaiijvaL ",aOdna~ laXVeLC6pBVO~ iijr; LBe6.~ e",elvTJ~ paiela~. PHILOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 603A: als der Patriarch Kalekas sich Akindynos zuzuwenden beginnt, ist GREGORIOS P ALAMAS abwesend: reTJyoelov (je ",al iij~ ",ai' aViOV IBe6.~ liateBla~ ",aTaieexWV ",al p", nae6ViWV ... Kant. III, 53: II, 313, 23: paiela~ ).apne6.~ avyyBVwv ",al p{).wv. Vgl. THOMAS MAGI­STROS IIBel nO).Liela~ PG 145 Kap. 3 Sp. 501B. 899 RE IV A 2 (1932) Sp. 1445-1450: Art. avvwpoala (SEIDL) vor allem Sp. 1447. 900 Nik. Greg. VIII, 11: 352, 17 (Reg. 2464) peL",(MBL~ Öe"'OL. 901 Kaut. III, 47: II, 286. Diese Eide erwähnt N. G. SVORONOS Le serment de fideliM a empereur byzantin et sa signification constitutionelle, REB 9 (1951) 106-142 hier S. 113. Svoronos geht leider zu wenig auf die Eide ein, die nicht einem Kaiser, sondern Gefolgsherrn gegeben wurden.

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140 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

standes durch die Hausmacht im Eidesformular der b:ateela offenbart im Gegen­satz zu den verschiedenen Formen des Treueides den offensiven Charakter des Bündnisses. Beim Eid der b:ateela sind im 14. Jh. Spuren von Eiden des Gefolgs­heITen gegenüber den Gefolgsleuten greifbar, so in den Zusicherungen des ANDRO­NIKOS 111. an SYRGIANNES im Jahre 1320 und in den gegenseitigen Eiden des Syrgiannes und seiner Leute. Eine Sonderstellung nimmt der Eid ein, den der ProvinzialheIT MICHAEL GABRIELOPULOS den Archonten von Phanari im Jahre 1342 gab. Er sichert ihnen ihre Privilegien weiterhin zu. Diesem Eid dürfte ein Eid der Archonten parallel gegangen sein, der die Rechten und Pflichten dieser Per­sonen, vielleicht besonders im Hinblick auf den Bürgerkrieg festlegte 902. Mit einer b:ateela hat der Eid nichts zu tun. Wer eine b:ateela bildet, will - wie das Formular des Eides eindeutig zeigt -seinen Anhang vergrößern. Er kann damit rechnen, daß die Mitglieder der Gruppe ihrerseits die Personen beiziehen, die wiederum mehr oder weniger eng mit diesen Mitgliedern verbunden sind. Alle diese Personen sind dann nach dem Zustande­kommen der b:ateela in den lockeren Verband eingegliedert, den ich die "poli­tische" oder" weitere" Gefolgschaft nennen möchte. Der allgemeinste Aus­druck für die Glieder dieser schwer abgrenzbaren Gruppe ist das seit der Antike in seiner Bedeutung vielschichtige Wort "fP{)..or;" 903. Diese fPlAot treten als politische Parteigänger immer wieder bei Belagerungen von Städten im Bürgerkrieg in Er­scheinung. Als erste unter den fPlAot verlangen die Provinzgouverneure von JOAN­NES KANTAKuzENOS, daß sie bei politischen Entscheidungen beigezogen werden. Zur politischen Gefolgschaft gehört auch teilweise das weitverzweigte Netz der "Verwandten". Gerade durch Verwandtschaftspolitik suchte man sich den poli­tischen Anhänger näher an sich zu binden. Sie war ein Element der dynastischen Familienpolitik904. Wie der Verlauf der Bürgerkriege zeigt, gilt auch für das 14. Jh. der Satz SYMES über den Bürgerkrieg der spätrömischen Republik: "civil war might cut across families"906. Es sei an die Spaltung innerhalb der Familien der Asan, der Kabasilas, in geringem Maße auch der Palaiologen und der Kantaku­zenen erinnert. Der Verlauf der Bürgerkriege zeigt deutlich, daß in der "politischen Gefolgschaft", zu der auch die Regimentskommandeure byzantinischer wie ausländischer Her­kunft mit ihren Truppen zu rechnen sind, in schwierigen Situationen die Gefahr

002 MM V, 260/1. SOLOVJEV Archonten 163/4. ZAKYTHINOS Processus 505/6. C. P. KYRRHIS The socialstatus of the archontes of Phanari in Thessaly, Hellenika 18 (1964) 73-78. Ist MICHAEL der Sohn des 1333 verstorbenen STEPHAN GABRIELOPULOS? 008 Hervorzuheben ist, daß ept}.or; ursprünglich-ähnlich wie oi'Xeior; - adjektivischen Charakter hat und bereits im klassischen Griechisch in bestimmten Fällen mit cogna­tus, propinquus zu übersetzen ist. M. LANDFESTER Das griechische Nomen "philos" und seine Ableitungen, 1966 (Spudasmata XI Olms) vor allem S. 71-74. P. A. EERNST­MANN Oi'Xeior;, h;aieor;, E1urf}oetor;, ep{}.or;, Diss. Utrecht 1932 mit engl. Zusammen­fassung. E. betont die Verwendung dieser Wörter für soziale und politische Gruppen­bildungen im klass. Sprachgebrauch. 804 Zur Komnenzeit: A. HOHLWEG Beiträge zur Verwaltungsgeschichte des oströmi­schen Reiches unter den Komnenen (Miscellanea Byzantina Monac. 1) 1965, 15-34. Zur Palaiologenzeit: F. DÖLGER Die dynastische Familienpolitik des Kaisers Michael VIII. Palaiologos, in: Paraspora, Ettal 1961, 178-188. CHARANIS Aristocracy 354. 005 SYME a. a. O. S. 64. Siehe A. 895.

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DIE "POLI'f'!SCHE GEFOLGSCHAFT" 141

des Abfalls am größten war. Es ist nicht zufällig, daß gerade in der politischen Gefolgschaft der Eid anzutreffen ist. Die Frage nach feudalen Zügen in dieser politischen Gefolgschaft zeigt ihre Struk­tur noch deutlicher. Nur in den Eiden des ANDRONIKOS III. war nach GREGORAS auch von Verspre­chungen bedeutender materieller Vorteile die Rede. Besteht hier der für das hohe westliche Mittelalter' charakteristische Feudalnexus 906 1 Zur Beantwortung dieser Frage ist noch das Chrysobull des JOANNES VI. KANTAKUZENOS an JOANNES ANGELOS vom Jahre 1342 heranzuziehen, in dem ANGELOS auf Lebzeiten zur 'XscpaAIj von Thessalien ernannt wird. Er schwört, cptAor; TOV cptAov 'Xat TOV ex()eov ex()eor; zu sein 907. So scheint die kürzeste Form des Treueides zu lauten. Der jüngste Sohn des Despoten MICHAEL KUTRULES II. von Neopatrai MICHAEL (DEMETRIOS) hat kurz vor dem Jahre 1305 die aus Kleinasien geflohenen Soldaten mit den gleichen Worten an sich gebunden, wobei diese Eide wechselseitig gegeben wurden 908. Die Heeresfolge, zu der sich J OANNES ANGELOS verpflichtet, ist abge­stuft: Nur bei Feldzügen bis Christupolis hat er mit seinem gesamten Heer ein­schließlich dem der Albaner Heeresfolge zu leisten. Darüber hinaus hat er nur selbst zu erscheinen "mit einem möglichst großen Heer" 909.

Faßt man die von ANDRONIKOS III. an SYRGIANNES versprochenen materiellen Vorteile als Bedingung für den Gefolgschaftsdienst, als "zukünftiges Lehen", nicht nur als "Wohltat" und "Belohnung", den Eid der BTatesta als "Homa­gium" , dann kommt dieser Vorgang wirklich dem westlichen Feudalnexus sehr nahe. Da SYRGIANNES als Adeliger wieder cptAot und Diener neben und unter sich hatte, ließe sich sogar eine "Lehenspyramide" konstruieren. Anders liegen die Verhältnisse bei J OANNES ANGELOS: Er war ein getreuer Partei­gänger des neuen Kaisers vom Beginn des Bürgerkrieges an. Ausdrücklich wird in der Urkunde von 1342 betont, daß die Amtsverleihung als svseysa[a aufzufas~en ist, mit der treue Gefolgschaftsdienste belohnt werden. Der Eid kann als Amtseid aufgefaßt werden gegenüber dem regierenden Kaiser, der J OANNES KANTAKUZE­NOS im Jahre 1342 nach seiner Auffassung bereits war. Er erinnert stark an den ßaatAt'XOr; öe'Xor; im Traktat des MOSCHOPULOS über dieses Thema. Er wird von denen gegeben, die lua()or; empfangen91o • Vom Genuß der Einkünfte aus dem ver­liehenen Gebiet ist in der Urkunde an JOANNES ANGELOS nicht ausdrücklich die Rede - worauf ZAKYTHINOS mit Recht hingewiesen hat911 • Der Adelige hat nach der Übergabe Thessaliens an ihn 1343 wirklich in entscheidungsvoller Lage dem Kantakuzenen mit einem ReiterheerGefolgschaftsdienste geleistet912 • Nach 1347 tritt er nicht mehr in Erscheinung.

806 F. L. GANSHOF Was ist das Lehnswesen? 2. rev. deutsche Aufl. Darmstadt 1967, 163-169: Beziehungen zwischen Vasallität und Lehen. 807 Kant. III, 53: II, 320, 14-16. 908 Pachymeres: Andronikos 11. V, 20: II, 408, 5. 809 Kant. III, 53: II, 322, 10f. F. DÖLGER hat zuletzt darauf hingewiesen, daß kein voraussetzungsloser Heeresdienst verlangt wurde: Der Feudalismus in Byzanz, in: Vorträge u. Forschungen hrsg. von Th. MAYER Bd. V, Konstanz 1960, 185. 810 J. LEVI Cinque lettere inedite di Emanuele Moscopulo, in: Studi italiani di Filologia classica X (1902) 65. 811 ZAKYTHINOS Processus 509/10. 812 Kant. III, 58: II, 359.

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142 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

Es ist eine allgemeine, durchaus nicht auf Byzanz beschränkte Erscheinung, daß mit solchen "Wohltaten", die nach den Empfängern abgestuft wurden 913 (die vornehmeren Gefolgsleute bekamen Ehrenränge, Geschenke, Verwaltungsstellen, die Soldaten Geld und "jährliche Emkünfte"), die Anhängerschaft in ihrer Treue gestärkt und neue Anhänger geworben werden sollten. Die Brüder J OANNES und MANUEL ASAN sollen mit der eidlichen Zusicherung, Güter und Einkünfte zu er­halten, zum Abfall von JOANNES KANTAKUZENOS gelockt worden sein9U• Der Vorgang erinnert an die eidlichen Versprechungen des Kaisers ANDRONIKOS II!. an SYRGIANNES. Diese Wohltaten können gefordert werden als Bedingung für eine bestimmte politische Haltung. So verlangen die einflußreichen Bürger (~V'JIaTW­TE(!Ol) von Thessalonike 1345 für sich Ehrenstellungen und Einkünfte, für das Heer und die übrigen Bürger entsprechende Leistungen und Steuerfreiheit für die ganze Stadt, falls das Gemeinwesen zu J OANNES KANTAKUZENOS übergehen werde 9l5 •

In sechs Urkunden aus der Zeit der Bürgerkriege können wir erkennen916 , wie die Übergabe von "Gut und Einkünften" aussah. Die Merkmale sind überraschend ähnlich. Die eiJ"ola, d. h. die früheren Gefolgschaftsdienste im Bürgerkrieg, wird mehr oder weniger ausführlich gelobt. Dann folgt die Bestimmung, daß der Emp­fänger ein Gut, das durchweg nach der Aussage der Urkunden früher den Status einer oluopop,[a hatte, nun "haben und besitzen" (uaTeXEw uat pep,Ea()al) solle und daß dieses Recht auf die Kinder übergehen solle. Auf die Erblichkeit dieser Verleihungen hat ÜSTROGORSKY mit Recht hingewiesen 917. Niemals sind die Privilegien soweit ausgedehnt, daß von einer freien Verkäuflichkeit der Güter durch den Besitzer gesprochen wird. Trotz der Erblichkeit sind sie also kein volles Eigentum - wenigstens in der juristischen Auffassung nach dem Text der Urkun­den. In der Praxis mögen sie als volles Eigentum gewertet worden sein. Die Über­tragungen sind niemals mit irgendwelchen Treueverpflichtungen verknüpft, auch wird niemals auf vorher eingegangene personale Bindungen Bezug genommen. M. MLADENOVIo hat in einem grundlegenden Aufsatz gerade dieses Fehlen einer Treueverpflichtung und einer Lehenspyramide angeführt, um einen "Feudalismus" in Byzanz abzustreiten. E. WERNER weist dagegen auf die Gleichheit der Produk­tionsverhältnisse in Üst und West hin 918. Vielleicht könnte man doch, wie oben versucht, Ansätze zu einer Lehenspyramide und einem Homagium im späten

918 Z. B. Kant. I, 24: I, 119; I, 56: I, 287; III, 21: II, 132. 814 Reg. 2871. Wieder ist nur GREGORAS die Quelle wie bei den Versprechungen an SYRGIANNES. 916 Kant. III, 94: II, 574. 916 Reg. 2884; 2887; 2900; 2933; 2968; im Praktikon an J OANNES MARGARITES ed. LEMERLE ist der Güteranteil des ARSENIOS TZAMPLAKON ebenfalls eine ol'Xovopta. 917 FeodaliM 122. Vgl. G. T. GORIANOV Spätbyz. Feudalismus (russ.), Moskau 1962 99f. Vorsichtig, ohne juristische Folgerungen zu ziehen über die "yovt'X67:1}t;" auch ZAKYTIDNOS Crise 60. Auch in den Verleihungsurkunden ("Wt; YOVt'Xlj) des Kaisers ANDRONIKOS II. von den Jahren 1307 und 1318 (Reg. 2307, 2407), die ganz nach dem gleichen Schema wie die Urkunden der vierziger Jahre konzipiert sind, ist von freiem Verkauf nicht die Rede. 918 WERNER Volksbewegung 78 mit A. 292 in der Auseinandersetzung mit M. MLADE­NOVIO (Zur Frage der Pronoia und des Feudalismus im byzantinischen Reich, Südost­forschungen 15 [1956] 123-140).

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DIE .. EN?ERE GEFOLGSCHAFT" 143

Byzanz entdecken. Zur Erfassung der Struktur der politischen Gefolgschaft er­scheint aher der Vergleich mit dem westlichen Feudalsystem weniger gewinn­bringend als der Vergleich mit der amicitia der römischen Republik, die sich als freiwillige Gefolgschaft dokumentierte, im politischen Beistand für den Gefolgs­herrn und in den Gefälligkeiten gegenüber den amici. In der römischen amicitia (ich erinnere nur an die coniuratio Catilinae!) wie in der byzantinischen politischen Gefolgschaft ist der Eid anzutreffen. Die soziale Streuung dieser politischen Ge­folgschaft ist groß. Sie umfaßt den einfachen Soldaten, den Handwerker in einer Stadt, der vielleicht z. B. bei Verrat wichtige Dienste leisten kann, den Truppen­kommandeur , den Provinzstatthalter , den mächtigen Adeligen. Das Kennzeichen dieser politischen Gefolgschaft ist, daß die Mitglieder dem Gefolgsherren ursprüng­lich frei und unabhängig gegenüberstehen, von ihm erst gewonnen und in ihrer Treue gestärkt werden müssen. Es ist ein immer schwankender, nie eindeutig ab­grenzbarer, locker zusammengefügter Personenverband, der durchaus Züge einer neuzeitlichen Partei trägt, natürlich ohne die parlamentarische Komponente. Von der politischen Gefolgschaft zu scheiden ist eine zweite Gruppe. Deren Mit­glieder sind nicht immer scharf von der ersten Gruppe zu trennen, da die Personen beider Gruppen teilweise mit derselben unscharfen Terminologie bezeichnet wer­den und da die zweite Gruppe innerhalb der ersten wirkt. Ich möchte diese Gruppe als "engere Gefolgschaft" bezeichnen. Neben dem allgemeinen Ausdruck gy[)..o~ und Superlativen wie el)'JJOV(1iaTO~ und nl(1i6TaTO~ werden die Personen dieser Gruppe als olUeiot, O'vyyepei~, olUBTat bezeichnet. Der sehr verschwom­mene Begriff der "Verwandten" bedarf keiner besonderen Erörterung. Es ist selbstverständlich, daß Glieder der weitverzweigten Verwandtschaft des Kanta­kuzenenhauses in ein näheres Verhältnis zum Adeligen traten als nur in der Stel­lung des politischen Anhängers. Unter den 42 Exulanten, die im Herbst 1341 die Hauptstadt verlassen mußten, waren gerade viele "Verwandte". Sie erscheinen immer wieder neben den gy lJt.o t, den olUeiot und olUBTat. Die beiden letztge­nannten Termini bedürfen näherer Betrachtung. Olueio~919, häufig Ersatz für das Possesivpronomen der dritten Person, wird im 14. Jh. teilweise noch adjektivisch verstanden wie der öfter bei JOANNES KANTA­KUZENOS, aber auch bei NIKEPHOROS GREGORAS und DEMETRIOS KYDONES auf­tretende Superlativ oluet6TaTo~ zeigt 920. J. VERPEAUX hat den Gebrauch dieses Begriffes vor allem in den Urkunden untersucht. Er kommt zu dem Schluß, daß die olueiOt als Verwandte und Verbündete eine echte "Kaste" bilden, die den Kaiser umgibt und aus welcher er seine Beamten und Würdenträger auswählt. Wichtig ist hier besonders die Feststellung, die VERPEAUX trifft 921 : "Mais il faut bien noter qu'ils ne sont pasles seuls (sc. die Kaiser) et que les personnages impor­tants ont autour d'eux des oikeioi." Um diese richtige Bemerkung für das 14. Jh. zu erhärten, ist es angebracht, auf die Zeit des Kaisers ANDRONIKOS II. zurückzu­greifen. Um die Gemahlin des von Kaiser THEoDoRos 11. LASKARIS geblendeten

DlD Zur Geschichte des Wortes: BECK Gefolgschaft 8 A. 1. D20 Z. B. Dem. Kyd. Br. 200, 32; Nik. Greg. VIII, 5: 302, 12; Kant. III, 29: II, 184,8; III, 22: II, 138, 8f.; II, 22: I, 436, 24. DU J. VERPEAUX Les oikeioi. Notes d'histoire, institutionelle et sociale, REB 23 (1965) 89-99, hier S. 91.

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144 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

KONST.ANTINOS STRATEGOPULOS ZU demütigen 922 , läßt KONSTANTINOS PORPHYRO­GENETOS 923, dessen Gestalt für das byzantinische Gefolgschaftswesen wertvolle Aufschlüsse gibt, ihren ol",eio~ KONSTANTINOS MAUROZONES, mit dem die alte Dame angeblich intime Beziehungen gehabt hat, durch seine eigenen ol"'eiot öffentlich verspotten. Sind diese Ol"'BlOt mit den "Dienern" ((jB(!anBVO'PrB~) identisch, von denen er auf Grund seiner reichen Apanage eine große Zahl um sich gehabt haben soll 924 1 Jedenfalls sind diese ol",eiot mit Personen verbunden, die nicht die Kaiserwürde tragen. PACHYMERES berichtet weiter über den Unmut des piya~ ä(!xo)'J' MARULES, dessen Ol"'BlOt von ROGER DE FLOR schlecht behandelt wurden 926. Ein ol",eio~ des Katalanenführers wird mit Namen genannt926 •

Wenn JOANNES KANT.AKUZENOS von seinen Ol"'BlOt vor seiner Erhebung zum Kaiser spricht, so könnte man an einen Anachronismus denken. Diese Deutung versagt, wenn in seinem Geschichtswerk Ol"'BlOt gerade in Verbindung mit mäch­tigen Adeligen erwähnt werden, so bei SYRGIANNES 927 und MICHAEL MONOMA­CHOS 928. Vom Gesandten JOANNES POTHOS wird erwähnt, daß "er eingereiht war in die Ol"'BlOt des ntY"'B(!'P'YJ~ Angelos" (rol~ 'AyyBAq.> rtp ntY"'B(!'Pn ol",elot~ (]vy",a­rBt).Bypi'Po~)929. In der Rede des APOKAUKOS wird zu ANDRONIKOS ASAN gesagt, er könne nicht nur sein Geschlecht und seine Ol"'BlOt, sondern auch seine übrigen f{JtAOt berühmt machen 930. In Bizye wohnen viele "Verwandte" und ol"'eiot des THEoDoRos SYNADENOS 931, dessen Frau im Jahre 1342 für sich, ihre Kinder und Ol"'BlOt in Konstantinopel das Schlimmste befürchtet 932. Diese Belege zeigen eindeutig, daß der Satz von J. VERPEAUX, Ol"'BlOt seien nicht nur in der Umge­bung des Kaisers, sondern auch anderer Mächtiger anzutreffen, auch für das 14. Jh. gilt. Aus dem Wortsinn von Ol"'BlO~ (Eigenmann, familiaris, domesticus) ist für den personalen Stand dieser Personen noch nichts zu erschließen. Spuren von Leib­eigenschaft lassen sich aus dem Wort keineswegs erkennen. Die Ol"'BlOt des Kaisers als hohe Staatsbeamte aus Adelsfamilien, teilweise mit dem Kaiser selbst verwandt, waren bestimmt nicht in irgendeiner Weise "leibeigen". So viel ist aber dem Wortsinn doch zu entnehmen, daß der ol",eio~ in einem besonders engen Verhältnis zu seinem Herrn steht. In wenigen Urkunden des 14. Jh. begegnet der Begriff ä'P(j(!())no~ wie in mittel­byzantinischer Zeit durchaus im Sinne von ol",eio~933. Zu Beginn des Jahres 1330 streiten sich zwei Brüder wegen einer Erbschaftsangelegenheit934 • Der eine be­waffnet seine Leute (hier ist kein Terminus angegeben), überfällt das Gut des

9211 Vgl. zu ihm: Akropolites Kap. 75: S. 154 (HErsENBERG).

928 PAPADOPULOS Palaiologen Nr. 37. 9114 Pachymeres Andronikos II. II, 19: II, 154-6. 926 A. a. O. V, 21: II, 417. 926 A. a. O. V, 24: II, 429, Uf. BII7 Kant. II, 25: I, 456, 17 f. 928 Kant. III, 38: II, 236, 12. BII9 Kant. III, 29: II, 183, 13f. 980 Kant. In, 18: II, U5. B8l Kant. III, 79: II, 431, 21. B82 Kant. In, 37: II, 227, 15. B88 BECK Gefolgschaft 8. BU Vgl. Reg. 2730a/2731.

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Olxeio~ 145

Bruders und tötet eva 'l'wa TWY ay(Jecfm;WY aVTov935 . In den Prozeßakten gegen den Metropoliten von Philippi steht die Aussage, eine Dame sei zu nächtlicher Stunde zum Würdenträger gebracht worden naea TOV ay(Jewnov TOV ft'YJTeonoAlrov TOV 'AAßaYlrov Mtxa1]A936. Wie. aus dem Vertrag mit Venedig vom November 1332 hervorgeht 937, hat ANDRONIKOS ASAN, dessen olueiot auch JOANNES KANTA­KUZENOS in seinem Geschichtswerk erwähnt, seinen ay(Jewnol; GEORGIOS MAGULAS nach Venedig entsandt, um Anleihen zu machen. Aber auch die Gleichsetzung von ay(Jewnol; und olueiol; hilft zur Bestimmung des Begriffes nicht viel weiter, da es sich schwer nachweisen läßt, ob der Byzantiner des 14. Jh. in das Wort ay(Jewnol; die Bedeutung von homo(lizius) als Vasallen im Sinne des westlichen MA hineingelegt hat, eine Bedeutung, die er sicher wenig­stens aus der Tradition gekannt hat 938 • Wie beim Wort olueiol; betont der termi­nus ay(Jewnol;, den ich bei den Historikern des 14. Jh. nicht finde, das nahe Ver­hältnis zwischen dem Herrn und seinem "Mann". Daß der olueiol; kein "Leibeigener" ist, zeigt weiter der erwähnte Aufstieg des Patriarchen JOANNES KALEKAS. Der Großdomestikos gliedert ihn seinen olueiot ein. KALEKAS scheint damals bereits Priester gewesen zu sein. Er tritt freiwillig in ein näheres Verhältnis zum Adeligen. J OANNES KANTAKUZENOS bezeichnet an zwei Stellen selbstverständlich ohne weitere Hinweise "Diener" (oluBTat) als olueiot939. Der Schluß liegt nahe, daß die OlUBTat eine Untergruppe der olueiot bilden, nicht aber umgekehrt. Damit stellt sich aber die Frage erneut, ob unter den olueiot, zu denen die oluBTat ge­hören, sich nicht doch, ,Leibeigene" befunden haben. Denn unter dem Wort OlUBT'YJ1; bzw. t5ovAol; verbirgt sich eine sehr uneinheitliche soziale Schicht, die den Adeligen umgibt. Gerade unter den Dienern, die niedrige Dienstleistungen verrichten, müßten rechtlose Sklaven ohne Freiheit anzutreffen sein. Es gibt jedoch keinen Beleg, daß sich unter den "Dienern" des Adeligen noch Haussklaven befunden hätten 940. Auch der o lUBT'YJ I; , dessen Anhänglichkeit an seine Gattin dem Jungge­sellen DEMETRIOS KYDONES Bewunderung abnötigt, braucht kein Sklave zu sein. Er droht seinem Herrn, ihn zu verlassen und weit weg zu fliehen 941. Ein anderer OlUBT'YJ1; des Humanisten hat Grundbesitz. Um ihm in einem Grenzstreit zu helfen, wendet sich KYDONES an einen befreundeten Richter 942. KONSTANTINOS HAR-

986 MM I, 153. 986 MM I, 169. 987 Reg. 2787 hier MM IU, 107. 988 VERPEAUX Oikeioi (siehe A. 921) S. 94. J. FERLUGA La ligesse dans I'Empire by­zantin, ZRVI 7 (1961) 97-123. Im Roman Belthandros und Chrysantza (14. Jh.) ist von den ävOewnot des Königs von Antiochien die Rede (V. 801; 937 ed. E. KRIARAS in BaatxTj BtßÄwOljx'YJ 2, Athen 1955). 939 Vgl. Kant. UI, 1: II, 14, 10f. mit U, 40: I, 560, 9f. Die olxlrat des ANDRONIKOS IU. (Kant. III, 46: U, 282, 6) bezeichnen sich als olxeiot des Kaisers: Kant. !II, 47: II, 284, 3. 940 Die zwei Belege, die H. KÖPSTEIN Zur Sklaverei im ausgehenden Byzanz, Berlin 1966, 47 A. 3 für olxb:'YJ~ = Haussklave in den Werken des DEMETRIOs KYDONES bringt, sind nicht eindeutig. Anders die Stelle bei DEMETRIOS CHOMATIANOS (S. 882 ed. PITRA Analecta sacra VI, 1891). Ist sie wie das Zeugnis des HARMENOPULOS zu beur­teilen? 941 Br. 218 Z. 20f. 942 Br. 330.

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146 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

MENOPULOS wiederholt zwar im 14. Jh. in seinem Gesetzeswerk merkwürdig aus­führlich die von der Antike herrührenden Bestimmungen über die Rechtsstellung der Sklaven, die er sowohl c5oiJÄotwie OlU87:at nennt 9U

• Die Feststellung von HADJINIKOLAou-MoRAvA dürfte aber doch berechtigt sein: "Mais il n'est pas probable que le titre concernant les esclaves corresponde a une realiM contempo­raine 9U • "

Es ist trotzdem an der Möglichkeit festzuhalten, daß in der byzantinischen Gesell­schaft des 14. Jh. ebenso wie bei den Genuesen in Pera die Sklaverei (es handelt sich dabei wohl meist um Andersgläubige) fortbestand, wenn auch die unscharfe Terminologie der Byzantiner wie die antikisierenden Reminiszenzen keine ein­deutige Entscheidung zulassen. DEMETRIOS KYDONES spricht an einer freilich stark rhetorischen Stelle seiner Monodie eindeutig von käuflichen Sklaven in Thessalonike 9'6 und JOANNES KANTAKUZENOS definiert in seinem bisher unedier­ten Werk gegen die Juden c5ovÄo~ an erster Stelle als "käuflich" und "kriegsge­fangen" 948. Die Kirchenbehörde in Konstantinopel versuchte offensichtlich mil­dernd zu wirken 9'7.

Die Dienerschaft umgibt den Adeligen wie den Kaiser in der Feldschlacht. So fin­den wir die f}eeanela des Kaisers ANDRONIKOS II1. um ihn treu ausharrend nach der Schlacht bei Philokrene 9'8. Ein OlU8T'YJ~ des JOANNES KANTAKUZENOS namens Aa')lTCae8TO~ rettet seinen Herrn in sehr bedenklicher Situation9'9. Sie verrichten kleinere, aber teilweise sehr wichtige und verschwiegene Dienste. Die "treuesten

848 Z. B. I, 14 (S. 168-173) (immer ed. HEIMBACH, Leipzig 1851) (nef!l <5ovAaw); III, 8 § 38/9 S. 444/5 (<5ovAO~); III, 9 § 11/12 S. 450/1; V, 8 § 46 S. 638/9 (Gegenüberstellung iAeV(Jef!o~ - <5ovAO~). ou A. HADJINICOLAOU - MORAVA Recherehes sur la, vie des eselaves dans le monde by­zantin, Athen 1950, 27. 946 PG 109 Sp. 648 D: 'Evrav(Ja <5ovAo~ fl6V rov <5ean6rrJV w(Jet· rov <56 nf!U:lflBVOV ro dV<5f!cLno<5oV· rov <56 arf!arTJYov 6 dYf!oiuo~. Vgl. Nik. Greg. XVII, 3: 851, 3f.: dAAU ual <5ovAOL nf!o~ rwv <5eanorwv wnAtCovro (im Kampf gegen Genua 1348); hier könnte <5ovAo~ auch "Diener" heißen. 048 Joannes Kantakuzenos 1. Rede gegen die Juden Cod. Paris. 1242 fol. 293 vo, 294: ual aot YUf! avv<5oueiv olflat navro<5anov elVat ro Xf!fjfla rfj~ <5ovAela~ ual fl-Yj anAovv. <5ovAov~ YUf! av elnOtflBV ual <50f!vaAwrov~ uai dW1Jrov~. elal <5' oE ual eavrov~ eu6vTB~ ÖVTB~ lv<5elq. rwv lmrTJ<5elwv aAAOt~ vnon(Jeaaw. <5ovAela <5' a-o ual af!xovat ro vn~uoov. rf!6nov <5' eTBf!ov uai <5ovAov~ aflaf!rla~ ovu e~w A6yov rpalTJ n~ av, rov~ fl-Yj AoYtaflip UeXf!TJfleVoV~ f}yeflovevovn rwv na(Jwv flTJ<5' eavrov~ el<56ra~ w~ uar' eluova eeov nenAaarovf!YTJvrat dAA' f}<5ovwv dAoylarw~ uai na(Jwv f}rrwflevov~ aAAwv uarw TB vevovra~ ua(JcLnef! dvayuTJv aaxoA6v nva ueurTJflevoV~ rai~ f}<5ovai~ <5ovAeVew del. cP YUf! fjrrTJral- n~ rwv f}fleref!WV (Je i6~ n~ dv-Yjf! elne - rovnp uai <5e<5ovAWrat. oMa <5' eywye ual <5ovAetaV eref!av r-Yjv rfj~ dYcLnTJ~ lnawer~v. uai a-o eref!av flelCw naaTJ~ lAw(Je­f!la~ ual d<5tmpof!wref!av. i}v ei n~ urwro (sie Cod.), navrwv <5vvatr' av vnef!avw ylvea(Jat. rlva ravrTJv; ro nav eavrov (JeATJfla nef!teAeiv uai naaav nva nef!tu6tpat nf!oalf!eatv, eavrov vno(Jeivat uai vnora~at dv<5f!l rtvt (Jeltp rwv lmar~flTJV lxovrwv nf!oaayew (Jeip rov~ avroi~ uaAw~ l(JtAovra~ enea(Jat. 047 Dies zeigt im Jahre 1401 die Versicherung des GEORGIOS TEBRATZES, dessen <5oVATJ in die Hagia Sophia geflohen war. Durch mehrmalige Intervention des genuesischen Podesta bekommt TEBRATZES zwar seine Sklavin zurück. Er muß sich aber verpflich­ten, sie weder zu züchtigen, noch zu töten, noch zu verkaufen. MM II, 462. 048 Kant. H, 8: I, 360. 0'9 Kant. III, 70: II, 431.

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80ZIOLOG~ DER "DIENERSOHAFT" 147

Diener" retten heimlich ANDRONIKOS P ALAIOLOGOS 960, sie schicken einen Mörder heimlich aus dem Lager961. Ein ol'Xb:'YJf; des APOKAUKOS versah zu dessen Leb­zeiten das Amt des Scharfrichters 962. Häufig übernehmen sie sehr wichtige Ge­sandtschaften, wie zum Beispiel JAKOB BRULAs, DEMETRIOS SGUROPULOS, die zwei ungenannten ol'XB-rat, die zu SYNADENOS geschickt werden 963. Zu den Die­nern dürften auch die Namen zu rechnen sein, deren Kenntnis wir nur dem Zufall, etwa einer Gesandtschaft oder einem Giftanschlag, verdanken und die nicht aus­drücklich als ol'Xb:at bezeichnet werden 96': 'A<5eta,,6f;, IIoTafttaT'YJf;, IIely'Xt1p, MneanÄof; . Wie sehr die deutsche Bezeichnung "Diener" irreführt, zeigt die Nachricht, daß die ol'XBTat des ANDRONIKOS 111., IIIERAX, MAGKAPHAS und PARASPONDYLOS Archonten wichtiger Städte waren 066 und die ol'XBTat KOMITOPULOS und V ATAT­ZES je eine Tausendschaft anführten 966. Bei der Bezeichnung dieser Personen könnte J OANNES KANTAKUZENOS mit Ol'XBT'YJf; einfach den <5oVÄOf; des Kaisers gemeint haben, die vor allem in Urkunden übliche Bezeichnung für alle, auch höchstgestellte Personen, die im Dienst des Kaisers standen. Die "Diener" stammten, soweit wir erkennen können, aus sozial niederen Schich­ten. Bei dem Ol'XBT'YJf; APELMENES, dessen Aufstieg in Kapitel 11 kurz geschildert wurde, ist dies ausdrücklich bezeugt. Auch die übrigen überlieferten Namen der Diener sind mit keiner vornehmen Familie in Verbindung zu bringen. Eine Aus­nahme bildet der Ol'XBT'YJf; DEMETRIOs SGUROPULOS. Die Sguropuloi sind im 14. Jh. im Klerus zu finden067, in der zweiten Hälfte des 13. Jh. ist MANUEL SGUROPULOS Domestikos der Anatolischen Themata 968, ein JOANNES SGUROPULOS ist ol'Xerof; des Kaisers 959 . Die Diener waren durchaus nicht immer gebürtige Rhomaier060. Der Name des Ol'XBT'YJ~ Aa"TCaeBTO~ deutet auf italienischen Ursprung, MneanÄof; deutet in das slavische Gebiet; von der Umgebung des MARTINOS ZAOOARIA werden etliche den ol'XBTat des Kaisers ANDRONIKOS 111. eingegliedert961, der Vlache SIRE BAN ge­hörte zu den <5ovÄ8vo"n;~ des Großstratopedarchen ANDRoNIKos PALAIOLOGOS 962. Es gab in der Dienerschaft eine Rangordnung. Der erwähnte APELMENES steigt

960 Kant. II, 15: I, 398, 12f. 961 Kant. III, 79: II, 489, 12. 962 Kant. III, 88: II, 544, 24f. 968 Kant. III, 64: II, 395, 7; III, 23: 11, 140; III, 29: II, 183; III, 37: II, 227, l. 964 Kant. III, 96: II, 592; III, 97: II, 597; III, 63: 11, 383; III, 47: II, 286. 966 Kant. IlI, 85: II, 526. 966 Kant. III, 46: II, 282. 967 MM I, 374/5. 968 Reg. 2115, 2151-2153. 969 MM IV, 254. V. LAURENT Les sceaux byzantins du medaillier Vatican, Vatikan­stadt 1962, Nr. 193 zählt 5 verschiedene Joannes Sguropuloi auf. 960 Der lateinische Söldnerführer GIOV ANNI PERALTA, der bereits den Auszug nach Serbien 1342 mitgemacht hatte, wird als "einer der treuesten Diener des Ka.isers" (r:wv mG-r:o-r:a:r:wv öv-r:a OlXE-r:WV np ßaatAei) bezeichnet. Hier scheint olxBr'YJr; für t5ovAor; des Kaisers zu stehen: Kant. IV, 41: III, 303, 3. 961 Kant. II, 11: I, 379, l. 962 Kant. I, 30: I, 148, 7.

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148 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

zum "Aufseher über die Dienerschaft" empor963 (TcO'V äAA(()'V oz,.,eTcO'V {m;eeexo'VTa " ) anecpawe . Die Dienerschaft, als eine Gruppe innerhalb der engeren Gefolgschaft, macht deren Struktur am besten deutlich. Der Führer der Gefolgschaft hat ihr gegenüber die Pflichten des pater familias; denn die "Sorge für die Diener" (olueTcO'V int­piAeta) gehört in den Tugendkatalog des byzantinischen Hausvaters, wie ihn PHILOTHEOS schildert964 • DEMETRIOS KYDONES hat sich um den Grenzstreit seines olueT'YJ~ gekümmert, der Kaiser gewährt den Kindern des früh verstorbenen Prin­zenerziehers KONSTANTIN PALAMAS Unterstützung 965, JOANNES KANTAKUZENOS nimmt (schon als Kaised) sich der Kinder des Kydones an, der im. kaiserlichen Dienst nach einer Gesandtschaftsreise stirbt und zu den cplAot des Kantakuzenen gehörte 966 • Der bereits mehrfach erwähnte olueT'YJ~ APELMENES wurde auf Kosten des Großdomestikos erzogen, der olueio~ JOANNES KALEKAS verdankt dem Adeli­gen seinen Aufstieg. MICHAEL KABASILAS (der spätere aaueAAlov?) wurde von dem katholischen Richter und Metropoliten von Apros von Kind an erzogen, heiratete in seine Verwandtschaft ein und stand später kraft eines kaiserlichen oetap,6~ in seinen Diensten (vn'YJeeTO'IJp,e'Vo~) 967. Als die Anhängerschaft des adeligen Kantakuzenen nach Didymoteichos fliehen mußte, wird sie auf seine Kosten unterhalten. Gerade in den Gegenden, in denen Adelige wie J OANNES KANTAKu­ZENOS und THEODOROS SYNADENOS ihre großen Besitzungen hatten, saßen ihre olueiot, cplAot und Verwandte 968 •

Aus allen diesen Nachrichten möchte ich das erste Merkmal der engeren Gefolg­schaft ableiten: Ihre Glieder stehen zum Gefolgsherrn in einem Dienstverhältnis oder sind wenigstens mehr oder weniger wirtschaftlich von ihm abhängig. Gerade hier liegt der Grund für die Unbeständigkeit der engeren Gefolgschaft. Schwindet die finanzielle Leistungsfähigkeit des Gefolgsherren oder haben die Glieder der Gefolgschaft eine gewisse Selbständigkeit erlangt, so ist die Gefahr des Abfalls sehr groß. Eng mit dieser wirtschaftlichen Abhängigkeit verknüpft ist ein zweites Merkmal der engeren Gefolgschaft. Wie die Glieder der politischen Gefolgschaft Vorteile für ihre Position, materiellen Nutzen und politischen Einfluß erwarten, so fordert die engere Gefolgschaft alle diese Vorteile in noch größerem Maße. Der erklärte Ge­folgsmann, der für seine Haltung Gut und Leben aufs Spiel setzt, fordert ange­messene Belohnung. Daneben steht selbstverständlich die Forderung nach Schutz und Sicherheit. Das Verlangen an J OANNES, dann an MATTH.AIOS KANTAKUZENOS, die Kaiserwürde anzunehmen, ging gerade von der engeren Gefolgschaft aus und entsprang nicht zuletzt dem Bedürfnis nach Sicherheit. Ein drittes Merkmal der engeren Gefolgschaft liegt darin, daß im. Denken des Byzantiners diese Personengruppe einen abgegrenzten Kreis bildet. Der oben er-

963 Kant. III, 40: II, 247, 10f. 964 Vita SABAE Kap. 3 S. 195, 29. 966 PHILOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 559 C. 966 Dem. Kyd. or. I S. 3, 3 ed. LOENERTZ in Dem. Kyd. Correspondance 1. 967 MM I, 226: Reg. 2743. DÖLGER interpretiert: "als Sekretär unterstellt". Vgl. P. LEMERLE Documents et problemes nouveaux concernant les Juges generaux, Ttp:rrr:t'Xoc; kan'T}e{ov, Athen 1964, 32 A. 1. 968 Kant. III, 31: IJ, 192, 19; Kant. III, 79: IJ, 491.

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MERKMALE DER I,ENGEREN GEFOLGSOHAFT" 149

wähnte J OANNES POTHOS wurde "eingereiht" unter die olueiot des Adeligen J OANNES ANGELos, J OANNES KALEKAS wurde "eingegliedert" in die olueiot des Adeligen J OANNES KANTAKUZENOS. Die engere Gefolgschaft konnte nicht ein "Leben im Verborgenen" führen wie die namenlosen cplAot in den Städten, die im Stillen für den Mann ihrer Wahl arbeiteten. Die engere Gefolgschaft war bekannt: So müssen die 42 Kantakuzenosanhänger gleich nach Ausbruch der Feindselig­keiten die Hauptstadt verlassen (vgl. S. 36). Obwohl aus diesen drei Merkmalen die Nähe und Bindung der Glieder der engeren Gefolgschaft an den Gefolgsherrn klar hervorgeht, ist doch das vierte Merkmal dieser Personengruppe nicht zu übersehen, die im Widerspruch zum Begriff der "engeren" Gefolgschaft zu stehen scheint: die lockere und lose Bindung der Ge­folgsleute an ihren Herrn. Sowohl das germanische Gefolgschaftswesen wie das Vasallitätssystem des westlichen MA war mit dem Eid verbunden. Dagegen sind keine Anzeichen vorhanden, daß die olueiot, olub:at und "Verwandten" des J OANNES KANTAKUZENOS durch Treueverpfiichtungen mit ihm verbunden waren. Durch die Treueide nehmen die kaiserlichen olueiot in diesem Punkt eine Sonder­stellung ein. Beim Abfall von olueiot oder olue-rat beschwert sich JOANNES KANTAKUZENOS nicht über den Bruch irgendwelcher Eide, die etwa beim Eintritt ins Gefolgschaftsverhältnis gegeben wurden, sondern allein über die Undankbar­keit, mit der die Abtrünnigen "Wohltat" und Gunst belohnten. Es ist bezeichnend, daß SYRGIANNES in einer kritischen politischen Situation von seinen oluh:at einen politischen Eid schwören läßt, offensichtlich, um das lockere Verhältnis, das ihn mit seinen olub:at verband, zu festigen 969.

Bestimmt nicht aus reiner Nächstenliebe brachten die byzantinischen Adeligen beträchtliche finanzielle Opfer, um eine Gefolgschaft um sich aufzubauen. Einmal erhöht eine große Schar der Verwandten und Freunde und eine zahlreiche Dienerschaft das Sozialprestige des byzantinischen Adeligen (siehe Kap. I). Zum "nAOV(TtO~" gehört, wie MAKREMBOLITES sagt, die "Schar der Diener" (TWV olueTwv ()eeanela) 970. Es war üblich, daß hochgestellten Herren wie dem Megas Dux ALEXlOS APOKAUKOS "viele folgten und ihm dienten" (elw()6Te~ nOAAOt eneu()at uat ()eeanevet'JI )971. Als APOKAUKOS zeitweise in Ungnade fällt, ist der Anhang plötzlich verschwunden I Für DEMETRlos KYDONES ist es ein Gradmesser des Reichtums, daß jemand ein Privatheer aufstellen kann - eine Erscheinung, die im 14. Jh. offenbar nicht selten war 97:!.

Dazu kommt ein weiterer Gesichtspunkt: Die politische wie die engere Gefolg­schaft bilden die reale politische Macht des Adeligen. In bestimmten kritischen Situationen wie im Jahre 1321 dient gerade die kleine Schar von wohl nicht über 100 Mann, bestehend aus "Freunden und Dienern", als politischer Stoßtrupp. Der Kreis um FAZZOLATI leistet im Jahre 1347 ähnliche Dienste. Auf der Burg des

1189 Spuren von Treueiden in der engeren Gefolgschaft glaube ich im Emirlied des Di­genes-Akritasepos zu entdecken: Die "Archonten, Genossen, Freunde und Brüder" des Emirs haben ihm "viele Versprechungen" (noititd~ vno(Jxe(JeL~) bis in den Tod ge­geben (MAVROGORDATO III, 40f.). Auch die Achilleis (HESSELING V. 262f.) wäre in dieser Hinsicht näher zu untersuchen. 970 Dialog S. 209, 16f. 971 Kant. III, 16: II, 102, 2 f. 87B Dem. Kyd. Monodie PG 109 Sp. 645 D 2-5.

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150 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

ALEXIOS ~OKAUKOS sitzen die "Verwandten und oZ,a;t6TaTOL." Wie im mittel­alterlichen Westen sichert die mit ergebenen Leuten besetzte Burg die Herr­schaft. IRENE schützt im Jahre 1353 mit "Verwandten und treuesten Freunden und deren Anhang" die Hauptstadt. Im Jahre 1357 erscheinen die Diener dem Kaiser MATTHAlOS KANTAKUZENOS immer noch als die sicherste Gruppe. In allen diesen Fällen handelt es sich um die engere Gefolgschaft, die als eine Art "Kern­truppe" in Erscheinung tritt und auch in Krisenzeiten immer noch sicherer ist als die politische Gefolgschaft, wenn auch in der engeren Gefolgschaft Untreue und Abfall nicht ausgeschlossen waren. JOANNES KANTAKUZENOS hat auf die Fähig­keiten des jungen APELMENES Wert gelegt, den er sich zu seinem ol"8T'YJr; erzieht; ebenso hat er auf die Gaben geachtet, die sein ol"eior; KALEKAS mitbrachte. Der Adelige suchte seine engere Gefolgschaft zu einer Elitegruppe auszubilden. überblickt man die Merkmale der engeren Gefolgschaft und ihre Bedeutung für den Adeligen, so zeigt sich deutlich, daß auch die Struktur dieser Personengruppe den antiken römischen Verhältnissen näher steht als dem westlich-mittelalter­lichen Vasallitäts- und Feudalsystem. Der byzantinische Gefolgsherr des 14. Jh. ist durchaus mit dem römischen patronus der ausgehenden römischen Republik zu vergleichen, der für seine Klientel, seiner erweiterten familia, sorgte, die ihrerseits als Um- und Beistand bei Wahlen und anderen politischen Aktionen für ihren Schutzherrn einstand. Mit der Betrachtung der politischen und der engeren Gefolgschaft ist das vielver­schlungene Netz der personalen Beziehungen, das die byzantinische Gesellschaft des 14. Jh. durchzieht, noch keineswegs vollständig behandelt. In diese Bezie­hungen ist das byzantinische Gefolgschaftswesen eingebettet. In der Geschichte der Gefolgschaft des Adeligen J OANNES KANTAKUZENOS sind uns einige "Adelsfreundschaften" begegnet. Es sei erinnert an die " starke " Freundschaft zwischen THEODOROS SYNADENOS und dem Kantakuzenen, an die Freundschaft des Adeligen mit dem jungen Kaisersohn, an die Familienfreund­schaft der Kalothetoi mit den Kantakuzenen. Gerade aus diesen Freundschaften entwickelt sich häufig die politische Gefolgschaft. Wie in jeder hochentwickelten Gesellschaft, so gibt es in Byzanz die mehr oder weniger lockeren Freundschaftsbeziehungen, "alte Bekanntschaften" aus der Jugendzeit, gemeinsamen Dienst usw., die selbstverständlich zum eigenen Vorteil genutzt werden. Als "alter Freund" (q;O.or; aexaior;) erinnert DEMETRIOS KYDO­NES z. B. eine unbekannte, dem Kaiser nahestehende Persönlichkeit an das kaiser­liche Geschenk, d. h. die kaiserliche Unterstützung 973 •

Aufschlußreicher als diese rein persönlichen Bitten sind die Briefe, in denen der Schreiber selbst für einen Schützling eintritt. An einer Briefstelle legt DEMETRIOS KYDONES seine Grundsätze dar: "Ich brauche die Freunde für die Freunde und die Mächtigen für die Notleidenden" (XeWflat t5~ q;lAotr; vnee q;lAW'V, Toir; laXveoir; vnee TW'V nO'VOV'VTW'V )974. Das Gefühl, für andere "patronus" zu sein, ist durchaus nicht auf den adeligen Gefolgsherren beschränkt. Hier scheint ein Grundzug byzantinischen Gesellschaftsdenkens sichtbar zu werden. Der als Bettelbrief­schreiber verschrieene THEODOROS H YRTAKENOS, den das Schicksal mit Gütern

078 Br. 407. V gl. die Briefe des THEODOROS H YRTAKENOS an den Großlogotheten; auch die Briefe 361, 446, 449 des Dem. Kyd. 074. Br. 62 Z. 7 u. 8; vgl. Br. 60.

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BITTBRIEFE 151

nicht reich gesegnet hatte, tritt für einige Schützlinge ein, so für einen Priester (Brief 12) und noch deutlicher für einen Arzt, der seinen Schwiegersohn sucht, der in die Peloponnes ausgewandert ist und seine Frau verlassen hat. Er schreibt an den Großlogotheten den bezeichnenden Satz: "Er (der Arzt) bittet den Kaiser durch dich und dich durch mich." (Brief 20) (~Ei:r:af, TOf,yaeovv ßa(]f,}iwr; fLiv ~t(I (JOV, (JOV ~e ~f,' efLov). In diesen Bittbriefen läßt sich eine durchaus uneinheit­liche Gruppe (im byzantinischen Sprachgebrauch fLOlea genannt) um einfluß­reiche Adelige greifen, die weder mit der engeren, noch der politischen Gefolg­schaft, noch mit der Adelsfreundschaft zusammenfällt. Es ist die Schar derer, die entweder in ihrer Jugend Förderung bedürfen oder als "Arme" (:rctv'Yjr;) und "Notleidende" (:rcOvoiJvTEr;) der U'Yj~EfLovta, xe'Yj(J"C6T'Yjr;, ß01]()ELa eines mächtigen Gönners nahegebracht werden. Auch in diesen Fällen entwickelt sich eine Art Patronat, freilich in viel bescheidenerem Maße als in der engeren Gefolgschaft. Es geht in diesen Bittbriefen meist um einmalige Geldunterstützung, Stellengesuche, Rechtsschutz. Der Fall ist freilich durchaus denkbar, daß sich aus solch einem Stellengesuch ein Dienstverhältnis als "olutT'Yjr;" entwickelt hat. DEMETRIOs KYDONES empfiehlt seinen mittellosen Schüler dem kaiserlichen Prinzen 975. Der Anonymus der Florentiner Briefsammlung berichtet, daß ein Verwandter ihn in seinen Schutz nahm. Durch dessen Vermittlung wurde der Großlogothet (THEO­DOROS METOCHITES) sein Beschützer, Pate und Lehrer 976. Der frühverwaiste NIKEPHOROS GREGORAS kam mit vier Jahren unter die Obhut seines Onkels, des Metropoliten von Herakleia 977 , der Einfluß am kaiserlichen Hof besaß und ihm dort neben anderen einflußreichen Personen wie DEMETRIOS KABASILAS die Wege zum Großlogotheten METOCHITES und dann zum Kaiser selbst ebnete. Die Bittbriefe, von denen sich vor allem in den Briefen des NIKEPHOROS GREGORAS etliche erhalten haben, sind oft sehr kurz gefaßt. In vielen Fällen ist auch der Name des Adressaten verloren 978. Der Protasekritis erhält zum Beispiel eines dieser Briefchen. Er soll einem "Armen" helfen, der sich in großer Notlage be­findet und "geeignet ist, alles, was du ihm aufträgst, zu tun" 979. Ähnlich wird in einem wesentlich längeren Schreiben dem Großdrungar ein Landsmann empfoh­len, "der sowohl im Gebrauch der Waffen nicht unerfahren ist, als auch einen praktischen Verstand besitzt" 980. Der katholische Richter (MANUEL) ANGELOS soll zwei ehrenhafte Männer unterstützen 981. In einem gewundenen Brief bittet GREGORIOS AKmDYNOS den Mystikos KmNAMOS, einem gewissen EupHEMIANOS die Stelle eines ßa(Jf,Af,UOr; yeafLf-laTEVr; zu verschaffen 982.

Aus dem Umstand, daß sich keines dieser kurzen Empfehlungsschreiben an eine so hochgestellte Persönlichkeit wie JOANNES KANTAKUZENOS erhalten hat, ist zu

976 Br. 239, 28-36. 976 Br. 3. REIN Anonymus 46/7. 977 Vita Joannis (ed. LAURENT) in 'Aexeiov II6vTov 6 (1934) 55. Nik. Greg. an DEME­TRIOS KABASILAS Br. 8 (GUILLAND) = BEZDEKI XXII S. 275. Vgl. GUILLAND Essai 6. 978 Br. 138 (GUILLAND) = BEZDEKI XVIII S. 280; Br. 113 (GUILLAND) = BEZDEKI LXX S. 281; Br. 139 (GUILLAND) = BEZDEKI LXXI S. 285; Br. 141 (GUILLAND) = BEZDEKI LXXIII S. 285. 979 Br. 64 (GUILLAND) = BEZDEKI LVIII S. 316. 980 Br. 89 (GUILLAND) = BEZDEKI XLIV S. 301/2. 881 Br. 21 (GUILLAND) = BEZDEKI 11 S. 286/7. 8811 Ood. Mare. gr. 155 fol. 75 vO-76 V o (Br. 48).

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152 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

schließen, daß es nicht zur byzantinischen Etikette gehörte, den Adeligen knapp und direkt mit derartigen Bitten zu belästigen. Je höher der Adressat in der so­zialen Rangordnung steht, je länger werden die Bittbriefe, desto mehr wird die Bitte in einem literarischen Werk versteckt 983 . Nicht immer wird ein Fürsprecher benötigt, um Schutz und Hilfe des Adeligen zu erbitten. Vor allem die Literaten stellen sich in kunstvollen Briefen selbst vor. Der Anonymus Florentinus ist J OANNES KANT.A.KUZENOS noch niemals persönlich be­gegnet und hat noch nicht seine Großmut erfahren. Doch hält er sich nicht für un­würdig, in den Kreis derer, die mit dem Adeligen verkehren (TWP O/-ttAovPTWP /-toleq.), sich einzureihen. Ähnlich MIOHAEL GABRAS : Er erklärt weitschweifig 984.,

weshalb er als der Ältere unaufgefordert den Briefverkehr aufgenommen hat. Wer GABRAS tadelt, vergißt die deBTr/ des Adeligen. Die cptAml}ewnla des hohen Herren hat schon andere dazu veranlaßt, ihn anzusprechen. Er wird weiter die Vorzüge (nABoPB"'Tr//-taTa) des Adeligen verherrlichen, um desto mehr seiner Gnadenerweise teilhaftig zu werden. Er erwartet ein Echo auf die Verherrlichung der ()av/-taTa des Adeligen. Noch mehr als die Schützlinge, für die die kurzen Bittbriefe eintreten, sind die Literaten den Gliedern der engeren Gefolgschaft ähnlich. Gegenüber dem reichen Steuereinnehmer P ATRIKIOTES bezeichnet sich der Literat ALEXIOS MAKREMBO­LlTES in der Widmung eines theologischen Werkes als () Be 6.nwp , eine Bezeichnung, die sehr an die ol",eTat der engeren Gefolgschaft erinnert 986. In ähnlicher Bezie­hung wie MAKREMBOLITES zu P ATRIKIOTES steht der Philosoph BARLAAM als cplAOr; zum Adeligen J OANNES KANT.A.KUZENOS. Förderung und Schutz sind die zwei Merkmale, die dieses Verhältnis kennzeichnen. Die gelehrten Briefschreiber erwarten vom Mächtigen Unterstützung, weshalb nicht nur dessen Liebe zu den Wissenschaften gepriesen wird, sondern auch immer wieder die Niedrigkeit und Armut des Literaten erwähnt ist. Als Gegenleistung erwartet der Mächtige die Verherrlichung seiner Vorzüge und Taten. Die uns heute so inhaltsleer erscheinenden Lobreden in Briefen und Gedichten sind Aus­druck eines Klientelverhältnisses. "Die Menge der Freunde" zeichnet nach den Worten des MAKREMBOLITES den Reichen aus "und deren wohlgefällige Lobprei­sungen"986. (fJ TWP cplAWP nA'Yj()vr; ",al Ta TOVTWP 1teOr; xaew ly",w/-tta). Die an der Briefliteratur und in der Struktur des Gefolgschaftswesens gemachte Beobach­tung, daß im " Klienteldenken " ein Grundzug des Gesellschaftsempfindens des Byzantiners wenigstens im 14. Jh. sichtbar wird, findet eine überraschende Be­stätigung in den religiösen Gemeinschaften des 14. Jh. Von der religiös-geistlichen Seelenführung im Mönchtum her betrachtet ist diese Feststellung nicht erstaunlich. Seit dem Wirken des Mönchsvaters ANTONIOS im 4. Jh. war die individuelle religiöse Seelenführung, sozusagen das "geistliche Patronat", die Grundlage des östlichen Mönchtums, viel mehr als Mönchsregel

888 Umgekehrt ist das soziale Element in der Rhetorik so stark, daß die Lobrede zum Bittvortrag wird. Vgl. BACHMANN-DöLGER Rede 356 A. l. 884 Cod. Mare. 446 fol. 229-230 VO (Br. 345). 886 Cod. Sabbaitieus gr. 417 fol. 22r. Vgl. SEVOENKO in der Einleitung zu MAKREM­BOLITES Dialog 190/l. 886 Dialog S. 209, 16f.

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RELIGIÖSE GRUPPENBILDUNGEN 153

und festgelegte Klostergemeinschaft 987 . Gerade im 14. Jh. ist die "direction spiri­tuelle" in Byzanz eine ausgeprägte Erscheinung. Ich erinnere an IRENE CHUM­N.AINA und ihre Lehrmeister, ein Verhältnis, das V. LAURENT gültig erhellt hat. Einer dieser geistlichen Väter der IRENE war auch Lehrmeister des GREGORIOS PALAMAS. Es war THEOLEPT von PHILADELPHIA. Der heilige GERMANOS hatte zuerst als geistlichen Vater den strengen Asketen J OANNES, der von seinem eigenen vn'Yj(!e-c'Yj~ und p,a()'Yjilj~ erschlagen wird 988, dann den Athoniten HIOB. In der vita ISIDORI des PHILOTHEOS 989 erscheint GERASIMOS als geistlicher Vater ISIDORS, noch vor seiner eigentlichen Mönchszeit und seinem Aufenthalt auf dem Athos. Auf dem Athos wird ISIDOR dann Schüler des geistlichen Vaters des GERASIMOS, nämlich GREGORS des SINAITEN990. ISIDOR hat also auf dem heiligen Berg den­selben geistlichen Vater wie sein erster Lehrmeister GERASIMOS. Hier wird das Netz der sich kreuzenden personalen Beziehungen, die das byzantinische Mönch­tum des 14. Jh. durchziehen, besonders gut sichtbar. Die hesychastische Methode des 14. Jh. war ohne Lehrmeister schwer erlernbar; ohne Lehrer bestand die Ge­fahr, in die Fänge des Satans zu geraten, wie GREGOR der SINAlTE immer wieder betonte. Auch das Eintreten des GREGORIOS P ALAMAS für die dnÄOVO'-Ce(!Ot ist als eine Art "geistliches Patronat" zu verstehen. Zum Leidwesen der Hesychasten hatte BARLAAM gerade die handfesten und religiös primitiven Anschauungen dieser dnÄOVO'-Ce(!Ot angegriffen, die wir uns nicht nur als "geistliche Arme", son­dern auch als die sozial und bildungs mäßig tief stehenden Schichten im Mönchtum vorzustellen haben. "Ich schreibe nicht für mich selbst," sagt PALAMAS, "sondern für die verachteten Brüder, die dnÄOVO'-Ce(!ot, selbst ihre Last tragend nach der Weisung des Apostels (Ga!. VI, 2)"991. Der Anhang, der die geistlichen Führer umgibt, stand zu ihnen nicht nur in einem geistlichen Klientelverhältnis. Sie bildeten eine Art Gefolgschaft. Dies zeigt sich schon an der Bezeichnung dieser Gruppen als e-cat(!ela, cpa-c(!la und O'vO'-c'Yjp,a, Termini der politischen Gefolgschaft. In seiner Gefangenschaft erhält P ALAMAS von seinen olxeiot die Nachrichten über die Gegenpartei (axOVel na(!a -cmv olxelwv eXei xa-ca p,e(!o~ nav-ca xal 0 (ju5dO'xaÄo~)992. Der Gebrauch des Wortes olxeio~ geht in diesem Zusammenhang über die rein adjektivische Bedeutung hinaus und kommt dem Terminus olxeio~ der engeren Gefolgschaft nahe. Wie in der engeren Gefolgschaft gibt es auch in den religiösen Gruppen eine Rang­ordnung. Ein Glied der Gruppe um SABAS, das für den Heiligen eintritt, "zählte damals noch unter die Diener beim Vater der Gemeinschaft und war noch nicht unter seine Schüler eingereiht" 993 (na(!lO'-ca-co ya(! vn'Yj(!e-cmv e-cl -ci[> xal'lli[> na-c(!l, p,ljnw xa-caÄeyek ev -coi~ exelvov p,a()'Yj-cai~). GREGOR war in der Gemeinschaft

887 Das inhaltsreiche Buch von I. HAUSHERR Direction spirituelle en Orient autrefois, Rom 1955 (Orientalia Christiana Analecta 144) berücksichtigt leider nicht den reli­gionssoziologischen Aspekt. 888 Vita sancti GERMANI ed. P. JOANNOU AB 70 (1952) § 13 S. 73, 28. D88 Kap. 15 u. 16 S. 70/71. In der vita GREGORII SIN. S. 15, 13 ist GERASIMOS Schüler ISIDoRs. Die vita ISIDORI erscheint hier zuverlässiger. 890 Vita ISIDoRI Kap. 22 S. 76/7. 881 Triaden II, 1, 14 ed. MEYENDORFF D8fense des saints hesychastes (Spicilegium sacrum Lovaniense fasc. 30/1) Paris 1959, 253, 19-22. 882 PmLOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 609D 2-4. 888 Vita SABAE Kap. 60 S. 308, 25f.

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154 STRUKTUR DER GEFOLGSCHAFT

des oben erwähnten strengen Asketen JOANNES :Tl(!iin:o~ TWV ftaO'YJTwv 994 , ebenso GERASIMOS im Kreise GREGORS des SINAITEN 995 • Wie in der engeren Gefolgschaft sorgt der Führer der religiösen Gemeinschaft vor allem für die wirtschaftlich schwachen Glieder. Ein Beleg dafür ist die Sorge ISIDORS um NlKoLAos (siehe Kap. X). Wenn man die soziale Herkunft der großen religiösen Führer des 14. Jh. be­trachtet, dann ergibt sich, daß sie aus den wohlhabenden Kreisen der byzantini­schen Gesellschaft stammen, also aus Kreisen, für die ein Anhang von Dienern und Freunden selbstverständlich war. Der heilige GERMANOS stammte aus der reichen und angesehenen Familie der Marules 996 • PHILOTHEOS zählt die EItern des heiligen SABAS zu den BV:TlaT(!l~at und dem e:Tll(J'YJfto~ ft8(!O~997, die des GREGORIOS PALA­MAS waren BVYBVBi~998. Die Eltern GREGORS des SINAITEN waren begütert in dem kleinasiatischen Provinzstädtchen Kukules bei Klazomenai 999, sein Schüler GERASIMOS war königlichen Geblüts 10oo • Dessen Schüler ISIDOR wiederum gehörte zu den e:Tlupavol und e:Tll~o~ot in Thessalonike 1001.

Man könnte ISIDOR als ein "Genie der Gruppenbildung" bezeichnen. Schon vor seiner Verbindung mit Mönchskreisen bildet er einen Kreis um sich "nicht aus Niedrigen, sondern besonders aus Vornehmen und Begüterten" (ov TWV a(J~ftwv, aAAa ",a~ TWV e:Tlupavwv ",a~ :TlAOVTCP "'0ftWVTWV) 1002. Durch die Katalaneneinfälle (oder wegen seiner Neigung zu bogomilischen Anschauungen~) zur Rückkehr vom Athos nach Thessalonike gezwungen, bildet sich wieder ein Kreis um ihn nicht nur aus Männern, sondern auch aus Frauen, deren Vornehmheit (TWV B15 YBYO­VOTWV) wieder betont wird. Diesmal gehörte GREGORIOS P ALAMAS zum Kreis 1003.

Wenn die Behauptung der Antipalamiten nicht gänzlich aus der Luft gegriffen ist, dann war eine gewisse IRENE eng mit ISIDOR in Verbindung. AKINDYNOS bezeich­net ISIDOR als ihren Schüler (q;otT'YJT~~) 1004 • Nach der Vita des heiligen THEO­DOSIOS von TRNOVO scharten sich um sie Bettelmönche, die den heiligen Berg heimsuchten 1005. Wichtig ist die breite soziale Streuung der Gruppe, eine Be­obachtung, die sich auch am Zirkel um GREGOR dem SINAITEN machen läßt: Vom königlichen Prinzen GERASIMOS bis zum bulgarischen Schafhirten KLEMENS sind verschiedene Nationen und soziale Schichten in ihr vertreten. Zum dritten Mal

UU4 Vita sancti GERMANI (ed. JOANNOU) AB 70 (1952) § 13 S. 72, 4. UU6 Vita GREGORII SIN. Kap. 9 S. 15, 12. U98 Vgl. zur Familie V. LAURENT in REB 10 (1952) 114-116 und EO 30 (1931) 483/4. UU7 Vita SABAE Kap. 2 S. 192, 20f. U98 PHILOTHEOS Enkomion PG 151 Sp. 553D. U9U Vita GREGORII SIN. Kap. 3 S. 3, 14f. 1000 Vita GREGORII SIN. Kap. 5 S. 7, 7f. Er stammt e; Ev(!tnov rij~ v1]O'ov "ara yevo~ ~e n(!oO'1]"ovra eTJyl e"etvep riß t1>arl;ep. Ich möchte seinen Vater mit BONIFACIO DA VERONA (gest. 1317) verh. mit AGNES von CARYSTOS identifizieren. Siehe HOPF Chroniques Greco-Romanes, Berlin 1873, Tafel III (Herren von Negropont); R.-J. LOENERTZ Les Seigneurs Tierciers de Negropont, B 35 (1965) 265/6 Reg. 107, 109, HO. 1001 Vita ISIDORI Kap. 17 S. 72, 14. 1002 A. a. O. Kap. 12 S. 68, 19f. 1008 A. a. O. Kap. 23 S. 78. MEYENDORFF Palamas 53f. 1004 Ed. LOENERTZ EEBS 27 (1957) Br. 1 S. 91. IIo(!tvTJ ist eine absichtliche Entstellung von Irine, um den Gleichklang mit nO(!VBta (Unzucht) zu erzeugen. 1006 Kap. 14 S. 19 ed. ZLATARSKI (Sbornik za narodni umotvorenija, nauka i kniZnina 20 [1904] Sofia).

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HERKUNFT pER RELIGIÖSEN FÜHRER 155

bildet ISIDOR, erwählter Metropolit von Monemvasia, eine Gruppe um sich in der Hauptstadt (vgl. Kap. X). Das Auftreten dieser religiösen Gruppen in bestimmten kritischen Situationen ähnelt dem politischen Stoßtrupp, den die engere Gefolgschaft bilden konnte. Das Verhalten der Palamasgruppe auf der Augustsynode 1341 ist dafür ebenso ein Be­leg wie die Gruppe um Akindynos im Jahre 1342, die sich schlagkräftig ausrüstet. Auch das Auftreten der Palamiten auf der Blachernensynode 1351 gehört hierher. Nur die personalen Bindungen in der byzantinischen Gesellschaft, die ein Licht auf die Struktur des byzantinischen Gefolgschaftswesens werfen können, galt es in diesem Rahmen zu behandeln. Es zeigte sich, daß diese Struktur in vielfältigen Abwandlungen und Brechungen im sozialen und gesellschaftlichen Denken des Byzantiners immer wiederkehrt. Die ethisch am höchsten stehende, häufig in den Briefen des 14. Jh. aufklingende Freundschaft, die uneigennützige Seelengemein­schaft zum Mitmenschen, die sich eins weiß in der Begeisterung für Literatur, Kunst und Wissenschaft, wäre getrennt zu behandeln als ein wesentliches Ele­ment in der spätbyzantinischen Gesellschaft und Kultur.

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Schluß betrachtung

Das gesellschaftliche Denken der Byzantiner des 14. Jh. kennt eine soziale Rang­ordnung, die mehr gefühlsmäßig als logisch erlaßt wird, aber doch trotz aller Ver­schwommenheit der Terminologie in den Äußerungen der Byzantiner klar zu Tage tritt. Daneben sind Ansätze eines Standesdenkens erkennbar. Die oberste Gesell­schaftsschicht wird der Historiker mit Recht als "Adel" bezeichnen, vorausge­setzt, daß er in diesen Begriff nicht neuzeitliche Vorstellungen hineinlegt. JOAN­NES KANTAKUZENOS ist ein typischer Vertreter dieser Schicht. In Umrissen kön­nen wir nicht nur seinen Charakter und die Größe seiner Hausmacht, sondern auch seine adeligen Leitbilder erkennen. Im Denken wie in der realen Macht rückt der Adelige schon vor seinem eigenen Kaisertum ganz nahe an die kaiserliche Majestät. Von der sozialen Wirklichkeit her ergibt sich, daß die byzantinische Kaiserideolo­gie, die den Herrscher weit über alle Untertanen hlnaushebt, die wahren Verhält­nisse nicht beschreibt. Sicher ist, daß in der Zeit des J OANNES KANTAKUZENOS der Kaiser eher wie der westliche König und Kaiser primus inter pares neben den mächtigen Großen des Reiches ist und in der politischen Realität nicht "Selbst­herrscher" ist. Ich glaube, daß diese Beobachtung bei genauer Analyse auf weite Teile der frühen und mittleren byzantinischen Geschichte ausgedehnt werden kann, wenn die Mächte und Personengruppen jeweils untersucht werden, die neben dem Kaiser stehen und von denen er abhängt. Unscharf ist diese oberste Gesellschaftsschicht von einer Mittelschicht zu trennen, die sich weitgehend dem Zugriff des Historikers entzieht. Welche Familien, welche Berufe, welche Vermögensklassen gehörten dieser Schicht an 1 Die Quellen bleiben die Antwort weitgehend schuldig. Besser ist, wenigstens als Gesamtheit, als "Volk", die unterste Gesellschaftsschicht erkennbar: die "Unedlen", die "Unbekannten", die "Niederen". Dieses Volk war weit weniger von Agitatoren beeinflußt, als tendenziöse Geschichtsschreibung der Zeit, vor allem auch die des J OANNES KANTAKUZENOS selbst, glaubhaft machen will. Klare politische Linien in der Urteilsbildung des Volkes werden deutlich, Linien, die sich vom Volk in den Provinzstädten bis hln zum Volk von Konstantinopel durchgehend verfolgen lassen. Das Volk ist im 14. Jh. eine Macht, die das innere Geschick des byzantinischen Reiches nachhaltiger bestimmt als die Adeligen. Der Einfluß des Volkes erscheint im 14. Jh. noch größer als im frühen Byzanz und ist durchaus mit dem Einfluß des populus Romanus in der römischen Republik zu vergleichen. Es fragt sich, ob die erhaltenen Quellen den Historiker auch bei der Auswertung der kleinsten Quellenhinweise in die Lage versetzen, eine Kontinuität des "demokratischen Elementes" durch die gesamte byzantinische Geschichte sichtbar zu machen. Das Volk hat keine verfassungsmäßig verbrieften Rechte wie in der modernen demokratischen Verfassung. Das Recht des Volkes ist Gewohn­heitsrecht, das immer wieder von anderen Gesellschaftsschichten in Frage gestellt wird und notfalls gewaltsam verteidigt und erkämpft werden muß. Darum geht es in erster Linie in den sogenannten "Volksaufständen" im 14. Jh., nicht um Auf­richtung sozialistischer Kommunen und Abschüttelung der Oberhoheit der Zen­tralregierung. Weitere Momente sind für die Unruhen verantwortlich: Unzufrieden-

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VOLKSAUFSTÄNDE. GRUPPENBILDUNGEN 157

heit der Unterschichten mit ihren Lebensbedingungen und politische Stellung­nahme für das angestammte Herrscherhaus in den Thronnachfolgestreitigkeiten. Wie zu allen Zeiten der byzantinischen Geschichte ist auch im 14. Jh. der Aufstieg von niederen zu höheren Schichten möglich, doch zweifellos ist er durch die gesell­schaftliche Rangordnung, die im Denken der Byzantiner verwurzelt ist, stark ein­geschränkt. Nur bedingt kann man deshalb von einer "offenen byzantinischen Gesellschaft" sprechen. Die soziale Mobilität wird weitgehend ermöglicht durch die vielfältigen personalen Bindungen, die die byzantinische Gesellschaft durchziehen. Diese Beziehungen, die in der Entstehung verschiedenartiger Gruppen zum Ausdruck kommen, er­scheinen als ein wesentliches Merkmal der byzantinischen Gesellschaft des 14. Jh., ja aller Epochen der byzantinischen Geschichte, wie schon an einigen Punkten in der jüngsten Forschung sichtbar gemacht wurde. Als politisch, aber auch gesell­schaftlich wirksamste Gruppe erscheint der Kreis, der sich eng einem Adeligen an­schließt. Ich habe in dieser Untersuchung versucht, diese "engere Gefolgschaft" näher in ihrer Struktur zu entwickeln. In dieser Gefolgschaft - von einem Adeligen geprägt - macht sich eine Struktur bemerkbar, die am stärksten unter allen gesell­schaftlichen Erscheinungen in Byzanz an das westliche Mittelalter mit seiner vom Adel gesprägten Gesellschaft erinnert 1006. Locker an diese Gruppe anschließend steht neben ihr die "weitere" oder die "politische" Gefolgschaft. Auch ihre Struk­tur und Geschichte wurde eingehend untersucht. Es seien hier nur noch einmal die wichtigsten Gruppen genannt, die im Laufe dieser Arbeit begegneten: die "Adels­freundschaft", die "alte Bekanntschaft", die Gelehrtenfreundschaft, der um den Lehrer gescharte Schülerkreis, die Gruppe mit religiösen und kirchenpolitischen Zielen. Gerade um die Struktur und die Tätigkeit dieser letztgenannten Gruppen näher zu erfassen, ging die vorliegende Untersuchung näher auf die religiösen Streitigkeiten im 14. Jh. ein. Es zeigt sich einmal, daß diese Gruppen sowohl in der politischen Aktion wie im inneren Aufbau Züge an sich tragen, die der Struktur der engeren Gefolgschaft ähnlich sind, zweitens, daß diese Gruppen sozial wie bildungsmäßig sehr uneinheitlich sind und nicht mit wenigen Worten charakteri­siert werden können. Drittens wurde deutlich, daß die religiösen Streitigkeiten durchaus nicht alle Gesellschaftsschichten in Byzanz in gleicher Weise beschäftigt haben, daß vor allem in den politisch führenden Oberschichten Gleichgültigkeit gegen diesen Hader, wenn nicht sogar Abneigung spürbar ist. Von der Interessenpolitik dieser Gruppen, von denen jede ihre Ziele und Pläne durchsetzen will, ebenso wie vom Willen des Volkes, ist das innere Leben von Byzanz im 14. Jh. bestimmt. Ist also diese byzantinische Gesellschaft bereits mit einer modernen Gesellschaft in einem demokratischen Staat zu vergleichen 1 Auch in einer modernen hochentwickelten Gesellschaft spielt die Verwandtschaft und die Großfamilie, die in Byzanz immer wieder in den Gruppenbildungen in Er­scheinung tritt, eine wichtige Rolle 1007. Auch die politischen wie religiösen Gruppen

1000 Vgl. K. BosL Die aristokratische Struktur der ma. Gesellschaft, in: Die Gesell­schaft in der Gesch. des MA., Göttingen 1966, 25-43. O. BRUNNER Adeliges Landleben und europ. Geist, Salzburg 1949. 1007 R. J. WAHLEN Der Kennedy-Olan, Düsseldorf 1965 (vor allem das 5. Buch). Ein­schränkungen für die amerikan. Gesellschaft macht: R. M. WILLIAMS JR. Die amerikan. Gesellschaft. Soziologie einer Nation, Stuttgart 1953, 59.

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158 SCHLUSSBETRACHTUNG

in Byzanz arbeiten bereits mit den Mitteln der schriftlichen wie mündlichen Pro­paganda. Gerade durch die Schrift, den Brief, das Pamphlet, das Memoirenwerk werden die Gruppen in ihrem Zusammenhalt gestärkt und die gegnerische Gruppe diffamiert. Wie im modernen Staat sucht in Byzanz jede Interessengruppe an die Macht zu kommen und ihren Einfluß auf die Regierungsgeschäfte auszuüben. Hier werden natürlich die Grenzen des historischen Vergleichs sichtbar: Die Grup­pen werden im Byzanz des 14. Jh., einem zentralistisch regierten kleinen Beamten­staat mit einem Kaiser an der Spitze, anders agieren als die Interessengruppen und Verbände in einem vom Parlament regierten, hochdifferenzierten Staatsapparat, in dem die Entscheidungen häufig hinter den Kulissen durch ein schwer durch­schaubares Gespinst von Einflüssen zustande kommen 1008.

Der 700 Jahre später lebende Historiker muß sich mit einem winzigen Quellen­material begnügen im Vergleich zu dem Material, das dem modernen Politologen und Soziologen zur Verfügung steht. Vielleicht erscheinen nur deshalb die Vor­gänge in Byzanz leichter überschaubar, da sie nur noch in Umrissen erkennbar sind. Das Gewirr der personalen Bindungen und Gruppeneinflüsse war dem wohl­unterrichteten Byzantiner oft ebensowenig durchschaubar wie die Arbeit des Par­laments dem heutigen Staatsbürger. Das geht aus den Briefen des DEMETRIOs KYDONES hervor, der oft nicht weiß, was am Kaiserhof gespielt wird. Auch JOAN­NES KANTAKUZENOS gelingt es während seiner Abwesenheit von der Haupt­stadt nicht, die Hintergründe für die Vorgänge im gegnerischen Lager ganz auf­zudecken. So sehr also dem historischen Vergleich Grenzen gezogen sind: M. E. können die Beobachtungen an der byzantinischen Gesellschaft nicht nur dazu beitragen, all­gemeine Grundstrukturen menschlicher Verhaltensweise aufzudecken, sondern sie können dem modernen Politologen und Soziologen als historisches Vergleichs­material dienen für Erscheinungen im gesellschaftlichen Leben der neuesten Zeit.

1008 Aus der umfangreichen neueren Literatur seien genannt: V. BETHUSy-Huc Demo­kratie und Interessenpolitik, Wiesbaden 1962 (Einfluß der Verbände und der öffent­lichen Meinung auf die parlamentar. Willensbildung analysiert a,n Hand wirtschafts­polit. Gesetze). H. ECKSTEIN Pressure Group Politics, London 1960 (Einfluß der British Medical Associa,tion auf die Politik). V. O. J. KEy Politics, Parties and Pressure Groups, New York" 1958 (Struktur der politischen Parteien Amerikas). S. EHRLICH Die Macht der Minderheit. Die Einflußgruppen in der politischen Struktur des Kapi­talismus, Europa Verlag 1966.

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Verzeichnis der Quellen, Quellensammlungen und Abkürzungen

Im Verzeichnis der Quellen und der Sekundärliteratur werden nur mehrfach zitierte Werke verzeichnet, weitere Hinweise finden sich im Text. Zu den allgemeinen Abkürzungen siehe das Abkürzungsverzeichnis in: The Cambridge Medieval History IV, 1 (The Byzantine Empire) 1966, 803-807; OSTROGORSKY Ge­schichte XIX-XXVIII; BECK Kirche XII-XVI. Wenn nicht anders angegeben, wer­den die byzantinischen Historiker nach dem Bonner Corpus zitiert. Da leider wichtige Periodica in der Spezialliteratur nicht einheitlich angeführt werden, bringe ich hier einige oft in der Arbeit gebrauchte Abkürzungen. Ich folge vor allem der Cambridge Medieval History .

AchiIleis (HESSELING)

Acta Benedicti XII.

Acta Clementis VI. Acta Innocentii VI. Acta Urbani V. AKINDYNOS Bericht

Akropolites (HEISENBERG)

B BS Chilandar

Dem. Kyd. Br ...

L'AchilIeide byzantine pub!. D. C. HESSELING, Verhande!. koninkl. Akad. van Wetenschapen, Amsterdam, MdeeI. Letterkunde NF XIX, 3, 1919. Pontificia commissio ad redigendum Codicem iuris Canonici orientalis, Vatikanstadt 1943 f. Fontes. Series III Vol. VIII. Editor: A. L. TAUTU. a. a. O. Vo!. IX. a. a. O. Vol. X. a. a. O. Vo!. XI. Gregorios Akindynos Logos an den Patriarchen Kalekas, in: F. USPENSKIJ Sinodik v nedtHju pravoslavija, Odessa 1893, 85-92. Georgios Akropolites, XeoVtuYJ t1vyyeaQJ1], ed. A. HEISENBERG, Georgii Acropolitae Opera I, Leipzig (Teubner) 1903. Byzantion Byzantinoslavica L. PETIT-B. KORABLEV Actes de Chilandar, Petersburg 1911 (VV 17 Suppl.). Briefe des Demetrios Kydones ed. R.-J. LOENERTZ Deme­trius Cydones Correspondance Bd. I und II, Vatikanstadt 1956, 1960 (Studi e Testi 186,208).

Digenes Akritas J. MAVROGORDATO Digenes Akritas (Version des Grotta-(MAVROGORDATO) ferratacodex), Oxford 1956.

DÖLGER Schatzkammern F. DÖLGER Aus den Schatzkammern des hl. Berges, Mün­chen 1948.

Esphigmenu L. PETIT- W. REGEL Actes d'Esphigmenou, Petersburg 1906 (VV 12 Supp!.).

EusTATHIOs Eroberung De Thessalonika a Latinis capta, Bonner Ausgabe in der von Thessalonike Edition des Leo Grammatikos. Ed. St. 'KYRIAKIDES in:

Istituto Siciliano di Studi Bizantini e N eoellenici; Testi e monume~ti, Testi 5 (1961).

Kutlumus (LEMERLE) P. LEMERLE Actes de Kutlumus (Archives de I'Athos pu­blioos sous la direction de G. MILLET II), Paris 1945.

LOENERTZ Ambassadeurs R.-J. LOENERTZ Ambassadeurs grecs aupres du pape Clement VI (1348), OCP 19 (1953) 178-196.

Page 170: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

160 VERZEIOHNI8 DER QUELLEN, QUELLENSAMMLUNGEN UND ABKÜRZUNGEN

Magistros Prosphonema Eine bisher ungedruckte Rede Thomas Magisters (lleou-(LENZ) q)(VVTJlla Tq> p,eyaJ..qJ ~op,euTL'Xq» ed. F. W. LENZ, in: La Parola

deI Passato 18 (1963) 64-72. Wiederabdruck: F. W. LENZ Fünf Reden Thomas Magisters, Leiden 1963.

MAKREMBOLITES Dialog I. SEVOENKO Alexios Makrembolites and his "dialogue bet­

Matthaios (HUNGER)

Matthaios V. Ephesos (TREu)

MERCATI N otizie

MEYENDORFF Projets

Nik. Greg. Br ... (GUlLLAND)

Nik. Greg. Br ... (BEZDEKI)

OCP Philes (MARTINI) Philes (MrLLER) Philotheu

Praktikon (LEMERLE)

ween the rich and the poor", ZRVI 6 (1960) 187-228. H. HUNGER Das Testament des Patriarchen Matthaios I. (1397 bis 1410), BZ 51 (1958) 288-309. M. TREu Matthaios, Metropolit von Ephesos, Programm des Victoria-Gymnasiums, Potsdam 1901. G. MERCATI N otizie di Procoro e Demetrio Cidone, Manuele Caleca e Theodoro Meliteniota ed altri appunti, Vatikanstadt 1931 (Studi e Testi 56). J. MEYENDORFF Projets de Concile Oecumenique en 1367: un dialogue inedit entre J ean Cantacuzene et le legat Paul, DOP 14 (1960) 149-177. Nikephoros Gregoras Briefe in Edition oder Regest bei R. GUILLAND Correspondance de Nicephore Gregoras, Paris 1927 (Les "BeIles Lettres", Collection Byzantine). St. BEZDEKI Nicephori Gregorae Epistolae XC, Ephemeris Dacoromana. Annuario della Scuola Romena di Roma II (1924) 239-377. Orientalia Christiana Periodica. A. MARTINI Manuelis Philae carmina inedita, Neapoli 1900. E. MILLER Manuelis Philae carmina I u. II, Paris 1855/7. W. REGEL - E. KURTZ - B. KORABLEV Actes de Philothee, Petersburg 1913 (VV 20 Suppl.). P. LEMERLE Un praktikon inedit des archives de Karakala (Janvier 1342) et la situation en Macedoine orientale au moment de l'usurpation de Cantacuzene. Charisterion für S. Orlandos, Athen 1964, 278-298.

Prodromos (GUILLOU) A. GUILLOU Les archives de Saint-Jean-Prodrome sur le mont Menecee, Paris 1955.

Psellos Chron. Michael Psellos, Chronographie ed. E. RENAULD, Paris "Les (RENAULD) beIles lettres" 1926/8.

Ps.-Kodinos (VERPEAUX) J. VERPEAUX Pseudo-Kodinos. Traite des offices (Le monde

REB Reg.~ .

REIN Anonymus

SCHLUMBERGER Sigillographie

SOHIRO Epistole SOLOVIEV - MOSIN

THEOCHARIDE8 Kabasilas

byzantin 1), Paris 1966. Revue des etudes byzantines. F. DÖLGER Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches. 5 fasc. Berlin-München 1924ff. E. REIN Die Florentiner Briefsammlung Cod. Laur. S. Marco 356 (Annales Academiae Scientiarum Fennicae Ser. B. XIV, 2) 1915. G. SOHLUMBERGER Sigillographie de l'empire byzantin, Paris 1884. G. SCHIRO Barlaam Calabro. Epistole Greche, Palermo 1954. A. SOLOVIEV - V. MOSIN Griechische Urkunden serbischer Herrscher. Textausgabe, Übersetzung und Kommentar (serbokr.) (Fontes Rer. Slavor. Meridion., Sero VI, tom. 1), Belgrad 1936. G. THEOCHARIDES Demetrios Dukas Kabasilas und andere prosopographische Nachrichten aus einem unedierten Chry­sobull des Kantakuzenos (ngr.), Hellenika 17 (1962) 1-23.

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VERZEIOHNIS DER QUELLEN, QUELLENSAMMLUNGEN UND ABKÜRZUNGEN 161

THEODOROS Briefe des Theodoros Hyrtakenos ed. LA PORTE DU THEIL. HYRTllNOS Br. .. Notices et extraits des rnss. de la Bibliotheque Nationale 5

(1797) 709-744; 6 (1801) 1-48. TornosgegenMATTHAIOS Tornos gegen Matthaios v. Ephesos aus d . .Jahr 1347 ed.

von Ephesos P. USPENSKIJ Geschichte des Athos Teil III, 2. Belege für die

Tornos 1347

Vita GREGORII SIN.

Vita ISIDORI

Vita SABAE

WAGNER Carmina Xenophon

Geschichte des Athos (russ.), Petersburg 1892, 728-735 . .J. MEYENDORFF Le torne synodal de 1347, ZRVI 8, I (1963) (Melanges G. Ostrogorsky I) 209-228. Vita Gregorii Sinaitae Callisti patriarchae Cpl. ed. 1. POMJA­LOVSKIJ, in: Sapiski ist. - fil. facult. S. Peterburg. Universi­teta 35 (1895). Vita Isidori Philothei patriarchae Cpl. ed. A. P APADOPULOS­KERAMEUS in: Sapiski ist.-fil. facult. S. Peterburg. Univer­siteta 76 (1905). Vita Sabae Philothei patriarchae Cpl. ed. A. PAPADOPULOS­KERAMEuS Analecta Hierosolymitikis Stachylogias V, Peters­burg 1898, 190-359. G. WAGNER Carmina graeca rnedü aevi, Leipzig 1874. L. PETIT Actes de Xenophon, Petersburg 1903 (VV 10 Suppl.).

Xeropotarnu (BOMPAlRE).J. BOMPAlRE Actes de Xeropotamou (Archives de l'Athos

Zographu III), Paris 1964. W. REGEL-E. KURTZ-B. KORABLEV Actes de Zographou, Petersburg 1907 (VV 13 Suppl.).

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AHRWEILER Smyrne

BACHMANN-DÖLGER Rede

BECK Gefolgschaft

BECK Kirche

BEOK Metochites

BEOK Volk

BINON Guy

BINON Prostagma

Sekundärliteratur

H. AHRWEILER-GLYXATZI L'histoire et la geographie de la region de Smyrne entre les deux occupations turques (1081 bis 1317) particulierement au XIHe siecle. Travaux et Memoires I, Paris 1965, 1-204. A. BACHMANN-F. DÖLGER Die Rede des Gregorios Antiochos, BZ 40 (1940) 353-405. H.-G. BECK Byzantinisches Gefolgschaftswesen. Bayer. Akad. Wiss. phil.-hist. Kl. Sitzungsb. 1965, 5. H.-G. BECK Kirche und theologische Literatur im byzantini­schen Reich, München 1959. H.-G. BECK Theodoros Metochites. Die Krise des byz. Welt­bildes im 14. Jh., München 1952. H.-G. BECK Senat und Volk von Konstantinopel. Probleme der byzantinischen Verfassungsgeschichte. Bayer. Akad. Wiss. phil.-hist. Kl. Sitzungsb. 1966, 6. ST. BINON Guy d'Armenie et Guy de Chypre, AlPHO 5 (1937) 125-142. ST. BIN ON Apropos d'un prostagma inedit d'Andronic IH. Paleologue, BZ 38 (1938) 133-155, 377-407.

BOGIATZIDES Chronikon I. BOGIATZIDES Ta xeO'J",eav Tmv Meuwewv, EEBS I (1924) 139-175.

BOSCR Andronikos IH. U. V. BOSCR Kaiser Andronikos IH. Palaiologos, Amsterdam 1965.

BRATIANU Privileges G. 1. BRATIANU Privileges et franchises municipales dans l'empire byzantin, Paris 1936.

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CHARANIS Aristocracy P. CHARANIS The aristocracy of Byzantium in the thirteenth century (Studies in Roman Economic and Social History in honor of A. E. Johnson), Princeton N. J. 1951, 336-355.

CRARANIS Strife P. CHARANIS Internal strife in Byzantium during the four­teenth century, B 15 (1940/1) 208-230.

DENNIS Manuel G. T. DENNIS The reign of Manuel H. Palaeologus in Thes­salonica 1382-1387 (Orientalia Christiana Analecta 159), Rom 1960.

DÖLGER Legitimist F. DÖLGER J ohannes VI. Kantakuzenos als dynastischer Legitimist, in: Paraspora, Ettal 1961, 194--207.

Du CANGE Historia Ch. DU FRESNE DU CANGE Historia Byzantina duplici com­mentario illustrata, Paris 1680 (1964).

FRANoEsVolksbewegung E. FRANCES Die Volksbewegung im Herbst 1354 in Kon­stantinopel und die Absetzung des J oannes Kantakuzenos (russ.), VV 25 (1964) 142-147.

GAY Clement J. GAY Le pape Clement VI. et les affaires d'orient, Paris 1904.

GUILLAND Dignitaires R. GUILLAND Sur quelques grands dignitaires byzantines du XIVe siecle, Tomos Konstantinu Harmenopulu, Thessa­lonike 1952, 179-195 = Recherches I, 594--607.

Page 173: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

GUILLAND Essai GUILLAND Recherches

lIALECKI Empereur

HaOCHOV A Zeloten

KALLFELZ Standesethos

KASDAN Agrarverhältnisse

LEMERLE J uge

LEMERLE Philippes

LEMERLE Sire Guy

SEK~ÄRLITERATUR 163

R. GUILLAND Essai sur Nicephore Gregoras, Paris 1926. R. GUILLAND Recherches sur les institutions byzantines I, 11, Berlin 1967 (Berliner Byzantinische Arbeiten 35). 0; lIALECKI Un empereur de Byzance a Rome, Warschau 1930. A. HaOCHOV A La revolte des Zelotes a Salonique et les com­munes italiennea, BS 22 (1961) 1-15. H. KALLFELZ Das Standesethos des Adels im 10. und 11. Jh., phil. Dias., Würzburg 1960. A. P. KASDAN Die Agrarverhältnisse in Byzanz im 13. und 14. Jh. (russ.), Moskau 1952. P. LEMERLE Le juge general des grecs et la reforme judiciaire d'Andronic 111. Memorial L. Petit, Bukarest 1948, 292-316. P. LEMERLE Philippes et la Macedoine orientale a l'epoque chretienne et byzantine. (BibI. des Ecoles franQ. d' AthEmes et de Rome 158) Paris 1945. P. LEMERLE Autour d'un prostagma inedit de Manuel 11. L'aule de Sire Guya Thessalonique. Silloge ... G. MERCATI, Rom 1957 271-286.

MAxSIMovr6 Abdication L. MAKSIMOvr6 The political role of J ohn Cantacuzenos after his abdication (serbokr. mit engl. Zusfsg.), ZRVI 9 (1966) 121-193.

MEYENDORFF Palamas J.MEYENDORFF Introduction al'etude de Gregoire Palamas, Paris 1959.

OSTROGORSKY FeodaliM G. OSTROGORSKY Pour l'histoire de la feodaliM byzantine (Corpus Bruxellense Historiae Byzantinae Subsidia I), Brüs­seI 1954.

OSTROGORSKY Geschichte

PAPADOPULOS Palaiologen

P ARISOT Cantacuzene

SEVCENKO Supposed colony

SOLOVJEV Archonten

G. OSTROGORSKY Geschichte des byzantinischen Staates, Münchens 1963. A. Th. PAPADOPULOS Versuch einer Genealogie der Palaio­logen, phil. Diss., München 1938 (1962). V. PARISOT Cantacuzene, homme d'Etat et historien, Paris 1845. I. SEVCENKO The zealot revolution and the supposed Geno­vese colony in Thessalonica. Festgabe für St. Kyriakides (Hellenika, Beilage 4), Thessalonike 1953, 603-617. A. V. SOLOVJEV Die Archonten Thessaliens im 14. Jh. (russ. mit engl. Zusfsg.), BS 4 (1932) 159-174.

STEIN Untersuchungen E. STEIN Untersuchungen zur spätbyz. Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte, Mitteilungen zur osman. Gesch. Bd. 11 (1923-25) 1. u. 2. Heft, 1-62.

TAFRALI Thessalonique O. TAFRALI Thessalonique au quatorzieme siecle, Paris 1913. TREITINGER Kaiseridee O. TREITINGER Die oströmische Kaiser- und Reichsidee nach

VERPEAUX Chumn08

VERPEAUX Notes

WERNER Osmanen

ihrer Gestaltung im höfischen Zeremoniell, Darmstadt2 1956. J. VERPEAUX Nicephore Choumnos. Homme d'etat et hu­maniste byzantin (ca 1250/1255-1327), Paris 1959. J. VERPEAUX N otes prosopographiques sur la familIe Choum­nos, BS 20 (1959) 252-266. E. WERNER Die Geburt einer Großmacht - die Osmanen (1300 bis 1481), Berlin 1966.

WERNERVolksbewegung E. WERNER Volkstümliche Häretiker oder sozial-politische Reformer? Probleme der revolutionären Volksbewegung in

Page 174: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

164

WERNER Umur

ZAKYTHINOS Crise

ZAKYTHINOS DespotRt ZAKYTHINOS Processus

SEKUNDÄRLITERATUR

Thessalonike 1342 bis 1349, Wiss. Zs. Univers. Leipzig Gesellsch. u. sprachw. Reihe 8 (1958/9) 45-83. E. WERNER Johannes Kantakuzenos, Umur Pa.8R und Orchan, BS 26 (1965) 255-276. D. A. ZAKYTHINOS Crise monetaire et crise economique a Byzance du XIlle au XVe siecle, Athen 1948. D. A. ZAKYTHINOS Le Despotat grec de Moree I, Paris 1932. D. A. ZAKYTBINOS Processus de feodalisation, in: L'Hellenis­me contemporain 2. ser. 2. Jhg. Athen 1948, 499-514.

Page 175: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

Index der wichtigsten Personennamen, Ortsnamen und Begriffe

Ges. = Gesellschaft. Jo. = Joannes. K. = Kaiser, Kaiserin. Kant. = Kantakuzenos. Kpl. = Konstantinopel. Metr. = Metropolit. P. = Patriarch. Pal. a = Palaiologina. Pal. Palaiologos. S. = Sohn. s. a. = siehe auch.

Achilleis A. 27, A. 969 Adel, s. a. Standesdenken

Begriff, s. a. eVyev1](;, hclG'Y]flO(;, J..aflneO(;, ne(!upav1](; 5-8, 54, 156 Bildung 14-17, 104 Hausmacht 11-13, 2lf., 25, 36 Leitbilder 17f., 34, 61 Religiosität 17, 63,128-133 Staatsdienst 6f., 9-11, 13 Uradelsdenken 5f.

Adel u. Kaisermacht 6f., 10f., 19f., 156 Adelsfreundschaft 24, 37, 150 Adrianopel, s. a. Joseph 10, 40, 47, 71,

75-78, 83-85, 100, 116 'A6(!tavo(;, Diener d. Jo. Kant. 147 Akindynos, Gregorios 97, 104f., ll1f.,

116-121, 126-130, 132, 137, 151, 154f. Alexios I. Komnenos, K. 8 Alexios III. Angelos, K. 9, 55 amicitia, s. a. Gefolgsch. "römische" Ele­

mente 143 Andronikos, Adeliger aus Thessalonike

130 Andronikos I. Komnenos, K. 9, 71 Andronikos II. Pa!., K. 10, 18, 23f., 26,

44, 57f., 87, 89, 117, 130, 139, 143. A. 497, A. 917

Andronikos III. Pa!., K. 7, 10f., 13, 18, 23f., 27-29, 32, 36-39, 44, 57, 66, 70, 72, 78, 87, 89, 103f., 106, 109, 140f., 146f.

Andronikos IV. Pa!., K. 52f. Angelitzes, Volksführer in Gratianopel 76,

80 Angeloi, Familie 9, 11, 36 Angelos, Jo., Großstratopedarch 14, 24 Angelos, Jo., my-xe(!v'Y](; 10f., 36f., 39, 42,

45, 79, 141, 144, 149. A. 210 Angelos, Manuel, "katholischer" Richter

52, 151 Angelos, Markos Bardales 92 Anna v. Savoyen, Gattin d. K. Androni-

kos III. 33, 43, 45, 58f., 63, 67f., 81, 95,115,117,120-122, 124f., 132

Anna Komnena 8 avOewno(; (sozialer Begriff) 144f. An tipalamiten, Sozialstruktur 124-130 Antonios, Mönchsvater (4. Jh.) 152 Apelmenes, Diener d. J o. Kant. 30, 41,

56, 59, 147f., 150 (J.(pav* (sozialer Begriff) 54-56, 58 Apokaukos, Familienname 55 Apokaukos, Alexios, Megas Dux 11, 19,

25-29, 32-36, 38, 4lf., 45, 55-59, 67, 81-83, 89, 94f., 108, 115, 117-119, 122, 130, 138f., 144, 147, 149f.

Apokaukos, Jo., S. d. Alexios A. 88, 95-98, 101

Apokaukos, Manuel, S. d. Alexios A. 81 Argyros, Isaak, Antipalamit 126 aewro(;, s. a. 6vvaro(; 7, 18, 42, 72, 75f.,

79f., 83f., 97, 100 Arsenios, Mönch d. Studiuklosters, Anti­

palamit 127 aexwv, a(!XOVTE(;, Archon 26, 79, 81, 83,

87, 94-96, 99, 118, 124,. 133-135, 140, 144, 147

Asan, Familie 117, 140 Asan, Andronikos, Schwiegervater d. J o.

Kant. 25f., 33-35, 44, 46, 49, 58, 63, 117, 131, 144f.

Asan, Irene, Gattin d. J o. Kant. als N on­ne: Eugenia 14, 30,40,48,50,59, 130f., 139, 150. A. 499

Asan, Isaak, Bruder d. Andronikos A. 33, 45, 51, 117

Asan, J 0., Bruder d. Irene A. 34, 45f., 50, 63, 113, 132, 142

Asan, Konstantinos (2. Hälfte 14. Jh.) 128f.

Asan, Konstantinos, Bruder d. Androni­kos A. 33, 117

Asan, Manuel, Bruder d. Irene A. 34, 45, 50, 63, 113, 131, 142

Page 176: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

166 INDEX DER· WICHTIGSTEN PERSONENNAMEN. ORTSNAMEN UND BEGRIFFE

Asan, Mi~hael, Bruder d. Andronikos A. 35

äaTJlw~ (sozialer Begriff) 31, 54-56, 80,114, 154

Athanasios, Diakon d. Pantokratorklo­sters 65. A. 427

Athanasios, Priestermönch, Antipalamit 127

Athanasios, Metr. v. Kyzikos 109 Athanasios 1., P. v. Kpl. 76f. A. 497 Atuemes, <5 xovßovx).deto~ 129 Atuemes, Theodoros 129 Atumanos, Simon 69 Axuch, Großdomestikos (12. Jh.) 68

Barlaam v. Kalabrien 16, 63, 65, 67, 82, 97, 103-110, 112, 128, 134f., 152f.

Basileios, Vertrauter K. Manuels 1. Kom-nenos 54

Basileios 1., K. 5, 54 Bauern 1, 72-74, 95. A. 374 Belisarlied A. 27, A. 36 Benedikt XI1., Papst 65 Berrhoia (Verria) 42, 75f. A. 487, A. 522 Bizye 25, 42, 50, 72, 75f., 78f., 144.

A. 343, A. 548 Branas, Familie 11 Branos, Volksführer in Adrianopel 71,

76f., 80f., 83 Briefliteratur als Quelle zur Gesellschafts-

gesch. 18-20, 125, 150-152 Brulas, Diener d. Jo. Kant. 147 Bryennios, Archidiakon, Antipalamit 130 Bryennios, Michael, Archon v. Pamphylos

79 Bryennios, Nikephoros (11. Jh.) 5 Bulgaren, Bulgarenzar 42, 48, 81

Charatzas, Primikerios d. Exkubiten 131 f. Chariton, Metr. v. Apros 121, 125 Charsianitenkloster (Kpl.) 12, 17, 82 Chilandar (Athos) 92f. Chios 7, 37, 43. A. 475, A. 487 Choniates, Niketas 5-7, 9, 55, 70, 73, 80 Chora (Thrakien) 42 Christupolis 37, 41, 141 Chrysokephalos, Makarios 15 Chumnaina, Irene-Eulogia Pal.a 118f.,

121, 128, 130, 153 Chumnos, Georgios, Großstratopedarch

28, 32f., 35, 38, 91, 117 Chumnos, Gerasimos = Chumnos, Geor­

gios? 128. A. 218

Chumnos, Kasianos, S. d. Gerasimos? A. 218

Chumnos, Nikephoros 6, 13, 18, 91, 118. A.50

Clemens VI., Papst 63

Demarchen 76, 134-136 Mj!lo~ 42, 70-76, 78f., 82, 84, 88-90, 95,

97, 99f., 102, 133-136. A. 34 Dexios, Theodoros, Antipalamit 126 Didymoteichos, s. a. Theolept 30, 35-42,

47, 56, 72f., 79, 115, 123, 139, 148. A. 497, A. 520

Diener, Dienerschaft, s. a. olxe.TJ~, vnTJee-7:TJ~, c50VAO~ 24, 37, 39, 41, 50, 56, 58,67, 139, 145-150

Digenes Akritas-Epos A. 27, A. 969 Dionysios, Adeliger aus Kpl. 130 Dishypatoi, Familie 28 Dishypatos, David, Palamit 105, 130 Dominikaner 64 c50VAO~, c50vAda 18, 34, 52, 59, 67, 90, 118,

146f. Dukas, Familie 58 c5vva7:6~ (sozialer Begriff) 7, 41, 51, 72f.,

76, 78-81, 84, 90-92, 94, 96, 99, 101 f. Dusan, Stephan, s. a. Serben 2, 41. A. 62

Eid 24, 29, 33f., 45, 108, 139-142, 149 eAeV(}eeO~, lAsv(}ee[a, s. a. Freiheit 18, 34,

60 en[aTJ!lo~ (sozialer Begriff) 7, 154. A. 15 Esphigmenu (Athos) 92 evyev~~, evyevem, evyevtx(k 6f., 28, 32, 39,

41, 58f., 129f. A. 13, A. 321 €veeyea[a s. a. Wohltaten 118, 141 evna7:etc5TJ~ 7f., 25, 56, 130, 154 Euphemmnos 151 Eustathios v. Thessalonike 71, 73

Familie, Familienclan, s. a. Verwandt­schaft 38f., 43, 57, 140

Fazzolati (d)axewA(ho~), Flottenführer genues. Herkunft 43f., 67, 82f., 122, 149

Feudalismus, S. a. Gefolgschaft 141-143, 149f.

Franyois "de Pertuxo" 67 Frau, Stellung in d. Gesellschaft 13f. Frederigo Spinola, Genuese 66 Freiheit U. Unfreiheit, S. a. Diener, dOVAO~

eAsv(}ee[a, olxeio~ 54, 145f.

Page 177: WEISS, Günther, Joannes Kantakuzenos – Aristokrat, Staatsmann, Kaiser und Mönch in der Gesellschaftsentwicklung von Byzanz im 14. Jahrhundert

INDEX DER WIOHTIGSTEN PEiRSONENNAMEN. ORTSNAMEN UND BEGRIFFE 167

Gabalas (Vorname unbekannt) 95 Gabalas, Jo., Großdrungar, s. a. Raul, Jo.

33, 35, 117 Gabras, Michael, Literat (14. Jh.) 18, 152 Gabrielopulos, Michael 140 . Galaktion, Mönch, Antipalamit 127 Galata, s. Pera Gattilusio, Francesco 67. A. 329 Gefolgschaft

Definition 11, 23, 138f. "politische" Gef. 116, 123, 140-143, 157 "engere" Gef. 36, 39, 41, 48, 50, 67f., 123, 126, 143-150, 157 Größe, B. a. Privatheer 27, 32, 36, 39, 41, 43, 94 Gef. u. soziale Mobilität 30f., 59 Gef. u. Feudalismus 141-143, 150 "römische" Elemente in d. Gef., B. a. amicitia, patronuB 143, 148, 150 Gef. in religiösen Gruppen 104f., 107f., 122-126, 152-155 Gef. u. Sozialprestige 11, 149 Stelhmg d. Literaten in d. Gef. 19, 152 Forderungen d. Gef. 40, 47, 148 Aktivität d. Gef. 27, 43, 48, 50, 67, 118, 122, 133, 149f.

Genua 2, 43, 65-67, 82, 85f., 114. A. 475, A. 497, A. 499

GeorgioB v. Larissa, Bogomile 97 Gerasimos, S. d. Bonifacio da Verona?

154 Gerasimos, geistl. Vater Isidors 153 Germanos, Athonite 153f. Glabas, Georgios 39 Gorgoepekoukloster (Kpl.) 12 Gratianupolis 76, 80, 83 Gregor XL, Papst 62 Gregor, Schüler d. Joannes 153f. Gregor, d. Sinaite 153f. Gregoras, Nikephoros als Geschichts­

schreiber passim Aufstieg 60, 151 Bittbriefe 18, 76f., 151 Stellung im palam. Streit 125 Stellung zu Jo. Kant. 125, 131. A. 93

Gruppenbildung, s. a. Partei, b:at(!eta, rpaT:(!ta, avaT:TJp.a, avvwp.oata 3, 23-29, 32-35, 103, 105, 114, 118-126, 154f. A.724

anÄovaU(!OL (religiöser Begriff) 128, 153 Harmenopulos, Konstantinos, Jurist in

Thessalonike 100, 132 Heinrich, Guardian d. Franziskaner in

Pera 67 Hesychasmus 2, 108f., 128, 153 BT:at(!eta 29, 32, 46, 81, 107, 118, 123f.,

138-141, 153 Hierax, Diener d. K. Andronikos III. 37,

147 Hiob, Athonite 153 Holobolos, Manuel (Zeit K. Manuels 11.)

56 Hyakinthos, Metr. v. Thessalonike 98 iJn'YJ(!6T:'YJ1; 34, 55, 153 Hyrtakenos, Theodoros, Literat (14. Jh.)

18, 150f.

Ignatios, antipalam. Mönch, "Philosoph" 127

Ignatios, Hesychast 119. A. 832 Innozenz VI., Papst 62, 65. A. 406 Inquisition 64 Irene (Jolante) v. Montferrat 87 Irene, "Lehrerin" Isidors 154 Isaak II. Angelos, K. 9 Isaak, Pro tos d. Athos 116 Isabella de la Rochette, Hofdame d. K.

Anna 33,63 Isaris, Georgios 92, 129 Isidor, Metr. v. Monemvasia, P. v. Kpl.

42, 77, 82, 98, 105, 112-114, 116, 124f., 153f.

Isidor v. Thessalonike (2. H. 14. Jh.) 73, 102

Ivironkloster (Athos) 25, 93. A. 400

Jakob, Bischof v. Makre 115 Joannes v. Putze (12. Jh.) A. 13 J oannes 11. Komnenos, K. 54 J oannes III. Dukas Vatatzes, K. 55, 87 Joannes V. Pal., K. 44, 46, 48-53, 63, 66f.,

82, 85, 99, 102, 111, 120, 129 Joannes, geistl. Vater d. Germanos 153f. J oannes Orphanotrophos (11. Jh.) 54 Joannina 87 J oseph, Metr. v. Adrianopel 116 Joseph v. Ganos, Antipalamit 125 J oseph, d. "Philosoph" 6 J uan de Spinola 17 Justin 1., K. 58

Kabasilas, Familie 93, 129, 140 Kabasilas, Demetrios (1. H. 14. Jh.) 151 Kabasilas, Demetrios Dukas 52

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168 INDEX DER WICHTIGSTEN PERSONENNAMEN, ORTSNAMEN UND BEGRIFFE

Kabasilas, Michael, Sakelliu 44, 46, 148 Kabasilas, Neilos 63, 129 Kabasilas, Nikolaos 16, 45, 77, 87, 92, 96,

100f., 129, 131, 137. A. 550 Kaisermacht und Kirche 124, 136 Kalekas, Jo. XIV., P. v. Kpl. 3lf., 57,59,

104, 107-110, 112, 118-123, 125, 145, 148-150

Kalekas, Manuel 137 Kallipolis 10. A. 200 Kalliatos L, P. v. Kpl. 44, 117, 133 Kalopheros, Jo. Laskaris 53, 63, 127 Kalopheros, Maximos 63, 127, 129 Kalothetos, Joseph, Palamit 104, 106,

111, 115, 119f., 128 Kalothetos, Leon 37, 50 Kantakuzenoi, Familie 6f., 38f., 140 Kant., Andronikos (12. Jh.) 9 Kant., Andronikos (14. Jh.) 9 Kant., Andronikos Pal., Großdomestikos

(15. Jh.) 53 Kant., Demetrios Pal. (15. Jh.) 53 Kant., Georgios Pal. (15. Jh.) 53 Kant., Helena, Tochter d. Jo. Kaut. 13,

63 Kant., Jo. (12. Jh.) 9 Kant., Manuel, Schwiegersohn d. Geor­

gios Chumnos 38 Kant., Manuel, S. d. Jo. Kant. 9, 30, 51,

88,97 Kaut., Maria, Tochter d. J o. Kant. 30 Kant., Matthaios, ältester S. d. Jo. Kaut.

46f., 49-52, 148, 150 Kant., Nikephoros, Sebastokratos A. 256 Kant., Theodora, Mutter d. J o. Kant.

12f., 36, 131 Kant., Theodoros (15. Jh.) 53 Karakallu (Athos) 92 Karaman, Familienname ( ?) 68 Kasandrenoi, Familie A. 258 Kasandrenos, Demetrios 39 Katalanen 49 Katzaras, Georgios 44 Kekaumenos, Adeliger (11. Jh.) 11, 13f.,

73 Kinnamos, Jo., Geschichtsschreiber (12.

Jh.) 54 Kinnamos, Manuel, Mystik os 43f., 132,

151 Kleidas, Gregorios, Dikaiophylax 44 Klerus, Stellung zu d. Lateinern 66

polit. u. gesellsch. Stellung 73-77, 115-118, 123

Kokalas, Zelot 97 Komitopulos, Diener d. K. Andronikos

IIl. 37, 139, 147 Konstantin IX. Monomachos, K. 6, 54f. Konstantinopel 12, 27f., 35f., 39, 42, 46,

6lf., 71, 75f., 79-83, 94, 96, 101, 105f., 108, 114, 116, 119, 121, 130, 144, 146

Konversion 63, 66, 137 Konzilspläne 62f., 133 Kutlumuskloster (Athos) 12 Kydones, Demetrios 16-18, 52, 60, 64,

67f., 85, 100, 127, 129, 131, 137, 143 145f., 148-151, 158

Kydones, Prochoros, Bruder d. Demetrios 52, 128f.

Kyparissiotes, Joannes, Antipalamit 137

Äapne6r; (sozialer Begriff) 5, 7, 28. A. 15, A.381

AavrCaelror;, Diener d. J o. Kaut. 146f. Lapithes, Georgios aus Zypern 117 Äa6r; 65. A. 476, A. 497 Lateiner, Eindringen in d. byz. Gesell­

schaft 40, 63-67, 147 Lazaros, P. v. Jerusalem 114 Lehenswesen, westl., s. a. Gefolgschaft u.

Feudalismus 141-143, 150 Lehrer-Schülerverhältnis 60, 126 Leo IIl., K. 58 Lichtsymbolik 20 Logaras, Philippos A. 766 Logaras, Sabas 116f., 132 Lusignan, Guy de 12, 30, 37f., 79, 92, 94,

115

"Mächtige", s. a. t5vvar6r;, äetarOr; 25, 36f., 70, 72, 75, 78-81, 9lf., 144, 150, 152

Magkaphas, Diener d. K. Andronikos IIl. 37, 147

Magulas, Georgios, üv(}ewnor; d. Androni­kos Asan 145

Makarios, Hegumene d. großen Laura, Metr. v. Thessalonike 98, 117

Makarios, Chrysokephalos, Metr. v. Phila­delphia 121

Makarios, Metr. v. Serrai 115f. Makrembolites, Alexios 57, 71, 76, 91,

149, 152. A. 499, A. 550 Makrenos, Konstantinos, Domestikos 25 Makrenos, Steuereinnehmer 25 Manganakloster (Kpl.) 12, 49, 51 Manikaites, Georgios, Kanzler d. K.

Joannes V. 63

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INDEX DER WICHTIGSTEN PERSONENNAMEN. ORTSNAMEN UND BEGRIFFE 169

Manuel I. Komnenos, K. 9, 55, 68 Manuel II. Pal., K. 53 Margarites, Georgios A. 297 Margarites, Jo. 44. A. 916 Markos, Mönch, Palamit 110 Marules, Familie 154 Marules, p.eyar;, äexwv. (A. 14. Jh.) 144 Matarangos, Nikolaos, "katholischer"

Richter 131 f. Matrosen (ro vav'Tlx6v) 72, 82 Matthaios, Mönch d. Isaakklosters in

Thessalonike 126 Matthaios 1., P. v. Kpl. 82 Matthaios, Metr. v. Ephesos 18, 121,

124f., 137 Maurozones, Konstantinos, olxeior;, (2. H.

13. Jh.) 144 pi,yar;, (sozialer Begriff) 71, 77 Melikes, Familie türk. Herkunft 68 Melnik 40f. Mesopotamites, Manuel, "Ritter" 67 peaor;, (sozialer Begriff) 71 f. Metochites, Alexios, Archon v. Thessalo­

nike 63, 98f., 101 Metochites, Demetrios 63 Metochites, Nikephoros 45, 52, 63, 128.

A.660 Metochites, Theodoros, Großlogothet 13,

18f., 44, 60, 68, 90, 151 Metrophanes, Metr. v. Patras 125 Michael 11., K. 58 Michael VIII. Pal., K. 45, 65f. Michael IX. Pal., K. 10, 14, 23, 29, 45,

130 Michael, S. d. Despoten Michael Kutrules

141 plXe6r;, (sozialer Begriff) 30, 56, 71, 77 Mönchtum 73f., 105-108, 112f., 115-117,

130, 133 soziale Schichtung 126-128 Stellung zu den Lateinern 65f.

poiea (sozialer Begriff) 34, 71, 89, 151 Monomachos, Michael 10, 37f., 4lf., 44,

94f., 144 Moschopulos, Manuel, Philologe (13. Jh.)

141 Mn(]U'TlAor;" Diener d. Jo. Kant. 147 Mugduphes, Volksführer in Adrianopel 76 POV(]iO:Wl, Palastgarde 69 Muzalon, Georgios (13. Jh.) 55

TO vav'Tlxov s. Matrosen N ea Moni, Kloster in Thessalonike 92

Neilos, P. v. Kpl. A. 657 Neophyt, Metr. v. Philippi 115f., 125 N estongoi, Familie 11 N estongonissa, Eudokia 59 Niederschichten, s. a. äa'YJpor;" q:>avAor;, PlX(]Or;,

54-60, 77f., 89f. Nikephoros III. Botaneiates, K. 5. A. 463 Nikolaos v. Monemvasia, Gefolgsmann d.

Isidor 114, 154 vopor;, lptjJvxor;, 19

olxeior;" olxeloraior;, 23, 25, 28, 3lf., 43, 45, 52, 75, 92, 114, 130, 143-145, 149f.

o lXBr'YJr;, , olxE'l"lo'YJr;, 27, 29, 33f., 37, 41, 43, 50, 58-60, 67f., 118, 138, 143, 145-152

olxovopla (besitzrechtl. Begriff)142 ürsini, Nikephoros 30, 45, 49 f. 0XAOI; 106. A. 476

Palaiologen, Familie 6f., 38, 92, 140 Pal.a, Theodora Asanina 58 Pal.a, Theodora, Tochter K. Michaels IX. ?

130 Pal., Alexios (15. Jh.) A. 455 Pal., Andreas, Archon v. Thessalonike

97-99 Pal., Andronikos, Protovestiar 36 Pal., Andronikos, Großstratopedarch 94,

147. A. 228 Pal., Demetrios, Despotes A. 223 Pal., Demetrios, Großdomestikos 92 Pal., Jo., Despotes 118 Pal., J 0., Panhypersebastos 87 Pal., J 0., Hofprimikerios 38 Pa!., Konstantinos, Despotes 89 Pal., Konstantinos, Despotes (15. Jh.) 53 Pal., Konstantinos, S. d. Michael Kutru-

les 38 Pal., Konstantinos, Prophyrogenetos (2.

H. 13. Jh.) 144 Pal., Konstantinos, Protosebastos 38 Pal., Michael, Archon v. Thessalonike 96,

101 Pal., Michael Katharos 15 Pal., Nikephoros (11. Jh.) 9 Pal., Thomas 94 Palamas, Gregorios 16, 65, 98f., 103-105,

107-109, 111-113, 115-125, 128-132, 135f., 153f.

Palamas, Konstantinos, Vater d. Grego­rios Palamas 148

Palamiten, Sozialstruktur 105, 130-133, 154

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170 INDEX DER WIOHTIGSTEN PERSONENNAMEN, ORTSNAMEN UND BEGRIFFE

Pamphylos 79 Panteleemonkloster (Athos) 92 Paraspondylos, Diener d. K. Andl'onikos

II1. 147 Partei, Parteienbildung, s. a. Gruppen­

bildung 32, 38f., 104, 125, 143 Patrikiotes, Apographeus (14. Jh.) 57, 152 patronus, Patronat, s. a. Gefolgschaft,

"römische" Elemente 150f., 153 Peloponnes lf., 35, 51, 129, 151 :nevTJr; (sozialer Begriff) 76, 89f., 151 Pera 46, 53, 64, 66f., 120, 146 Peralta, Giovanni, lat. Söldnerführer

A.960 :neetcpav",r; (sozialer Begriff) 5 Peritheorion 50, 76, 79, 94 Peter Thomas, Inquisitor 63 Petraliphai, Familie 56 Phakrases, Familie 91. A. 259 Phakrases, Georgios 39, 91 Phanari 140 Vharmakes, Georgios 37 cparela 11, 24, 73, 114, 119, 122, 138f., 153.

A.885 cpavÄor; (sozialer Begriff) 54-56, 58, 60, 80 cptÄavf)ew:nla 19, 152 Philaret, paphlagonischer Großgrundbe-

sitzer (8. Jh.) 21 Philes, Manuel 18 Philipp de Bindo Incontri, Inquisitor 64 Philippe de Mezieres, Biograph d. Peter

Thomas 63 Philippi 115, 145 Philotheos Kokkinos, P. v. Kpl. 52, 60,

71, 73, 77, 82, 112-114, 137, 148, 153f. cplÄor;, cptÄla 19, 23-27, 29f., 32f., 35-38,

40, 42f., 46, 48-50, 63f., 66f., 81, 104f., 114, 116, 125, 138, 14Of., 143, 148-150, 152. A. 316

Philotheukloster (Athos) 93 Phokas, Familie 6, 11, 58 Phrangopulos, Volks führer in Adrianopel

76 :nÄijf)or; 111. A. 476, A. 497 Plethon, Georgios Gemistos 74. A. 550 :nÄovO'tor; 71, 90, 149. A. 27 Polystylos 41, 94 IIorap.uirTJr; Diener d. Jo. Kant. 147 Pothos, J 0., ol"eior; d. J o. Angelos 144,

149 Primat d. Papstes 6lf., 66 IIely"up, Diener d. Jo. Kant. 147 Privatheer 21, 150

:neoaol5or; s. a. Wohltaten 57, 72 IIeoaovx, Personenname 68 Psellos, Michael 5f., 54

Raffo Doria, Genuese 66 Raffo de Mari, Genuese 66 Raul, J o. A. 216 Raul, Manuel 18, 99, 130 Raul Palaiologos (Vorname unbekannt)

129 Revolution, Problematik d. Begriffes 70,

84f., 10lf. Rhentina 41, 79 Rita-Maria-Xene, Mutter d. K. Androni-

kos III. 29, 89 Roger de Flor, Katalanenführer 144 Romanos 1. Lakapenos, K. 58. A. 34 Romanos IV. Diogenes, K. 6,9

Sabas, Athonite 116f., 153f. Eap.ovXTJr;, Personenname 68 Sejan, Diener d. J o. Kant. 50, 118 Selymbria 43, 114 Senat (oren), s. a. avy"ÄTJu"o{ 40, 46, 49,

65, 106f., 119. A. 499, A. 575, A. 886 Serben, s. a. Dusan, Stephan 41, 47f. Serrai, s. a. Malrarios 12, 25, 37f., 41,

115f. Sguropuloi, Familie 147 Sguropulos, Demetrios, Diener d. J o.

Kant. 147 Sigeros, Nikolaos 76 Simonis, Tochter d. K. Andronikos II.

130 Sire Ban, Vlache 78f., 147 Skleroi, Familie 11, 58 Skopelos 79 Skutariotes, e:nl avap.v"'aewv 113 awr",e 20 Spyridanakes, Diener d. K. Alexios II!.

55 Stände 72-75 Standes denken 18, 28, 34, 56, 73f. Strategopulos, Konstantinos 144 Strategos, Stephanos 26, 59 avyyeveir; (Verwandte) 28, 32, 43, 45, 48,

75, 118. A. 738 avy"ÄTJu"ol 32,40,49, 107, 118, 133. A. 307,

A.321 Synadenoi, Familie 25 Synadenos, TheodoroR, Protostrator 10f.,

24-27, 35, 37f., 40, 72, 75, 94f., 101, 144, 147f., 150, A. 548

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INDEX DER WICHTIGSTEN PEJitSONENNAMEN, ORTSNAMEN UND BEGRIFFE 171

Synoden 1.1. Volk 106, Ill, 133-137 avvwp,oata 29, 108, 138f. Syrgiannes 10f., 23f., 26f., 33, 138-141,

144, 149 ava-r1Jp,a 138f., 153

Tagaris, Georgios, Großstratopedarch 58, 63

Tagaris, Manuel, Großstratopedarch 44, 56,58

Tagaris, Paulos, Mönch (14. Jh.) 58 Tarchaneiotes, Konstantinos A. 497 Tarchaneiotes, Manuel 39, 52 Tebratzes, Georgios, Genuese A. 947 (Jeio~ (Königsprädikat ) 20 Theodoros H. Laskaris, K. 55, 74, 143 Theolept, Metr. v. Philadelphia 153 Theolept, Metr. v. Didymoteichos ll5 Theologites, Nikolaos 26, 59 (Jeeanela 32, 59, 146, 149 Thessalien 37, 41, 141. A. 293 Thessalonike 2, 27, 29, 37f., 40, 42, 45f.,

52, 70f., 78f., 85-102, 105, ll7, 142, 146, 154. A. 293

Thomas, Vertrauter d. K. J o. I. Komne-nos 54

Thomas Magistros 18, 60, 71, 89-91 Tornikes, Demetrios 37 Traianupolis 12 Trochos, Theodoros (12. Jh.) 6 Türken s. a. Umur

Eindringen in d. byz. Gesellschaft 67-69 Hilfstruppen 41-43, 47-50, 85

Turkopuloi 68 Tzamplakon,Alexios,p,eya~ 1lanta~ 32, 36f.,

91 TCefPf!e, Diener d. Alexios Apokaukos 67 Tzimiskes, Andronikos, Akindynosschü­

ler 129

Tzykandyles, Manuel, Kopist (14. Jh.) 16 Tzyrakes, Diener d. K. Anna 43, 68

Umur, Emir v. Aydin 4lf., 67f., 95 Urban V., Papst A. 439 Urchan, Sultan d. Osmanen 42, 48, 50,

67

Vatatzes, Familie 55 Vatatzes, Jo. ll, 41, 57, 83, 95 Vatatzes, Diener d. K. Andronikos IH.

139, 147 Vatopedikloster (Athos) 12, 92f. Venedig, Venezianer 2, 67, 86, 145 Verwandte, Verwandtschaft s. a. aVYYBVe'i~

ll, 34, 39, 43, 47f., ll8, 139f., 143f., 148-150

Vierfüßlergeschichte 64. A. 27 Villani, Matteo, italien. Geschichtsschrei­

ber 49, 53 Volksversammlung 42, 71, 74--76, 80, 82,

88, 97f., 102 Volk, s. a. Synode, Mip,o~, Ä.a6~, öXÄ.o~, 1lÄ.fj(Jo~

45, 47, 49, 64f., 70-102, 106, 133-136, 156f. Organisation 74--76, 88f., 136 politischer Einfluß 74--76, 78-83, 94--102 soziale Lage 76-78, 89-91

Wohltaten 32, 45f., 57, 72, ll8, 14lf., 149

Xenophonkloster (Athos) 93

Zeloten 70, 86, 88f., 94--101 Zichnai 25. A. 63 Zoe, K. A. 16 Zographukloster (Athos) 92 Zonaras, Jo. (12. Jh.) 54 Zünfte 88

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Index der zitierten Handschrüten

gr. T. = ein Exzerpt des griechischen Textes auf dem genannten Blatt der Hs. ist wörtlich zitiert. Die Bezeichnung "gr." bei der Angabe der Codices ist stets wegge­lassen.

Cod. Angel. 66 J oseph Kalothetos an Kalekas

J oseph Katothetos an Sabas

J oseph Kalothetos an Nikephoros Metochites J oesph Kalothetos gegen Nikephoros Gregoras

Cod. Ambros. E 64 sup. Gregorios Akindynos an Barlaam Gregorios Akindynos an Gregorios Palamas

Cod. Coisl. 88 Mönch Markos an Kalekas

Cod. Coisl. 98 Palamas gegen Akindynos

Cod. Coisl. 99 Palamas an Gabras Palamas an Daniel v. Ainos

Palamas an Paulos Asan Palamas an Arsenios Palamas gegen d. Tomos d. Kalekas

Palsmas an Philotheos

Palamas an d. Athosmönche

Palamas an Bessarion Palamss, 2. Brief an Makarios

Palamas an Anna Cod. Mare. 155

Akindynos, Aufruf zum Widerstand (fol. 17-34) Br. 1 (ohne Lemma) (fol. 36-38) Br. 3 (ohne Lemma) Br. 8 an Alexios Apokaukos Br. 10 an Jo. Kalekas

A. 686 (fol. 132: gr. T.) A. 691 (fol. 132vo: gr. T.) A. 719 (fol. 135rJvo: gr. T.) A. 780 (fol. 159vo: gr. T.) A. 794 (fol. 159: gr. T.)

A. 841 (fol. 169, 170: gr. T.)

A. 744 (fol. 199vO)

A. 685 (fol. 67-73vO) A. 688 (fol. 73vL 74)

A. 718 (fol. 305vo: gr. T.)

A. 724 fol. 150rJvo: gr. T.)

A. 742 (fol. 81 VO) A. 711 (fol. 99 VO) A. 742 (fol. 100) A. 742 (fol. 118) A. 742 (fol. 125vO) A. 708 (fol. 140rJvo: gr. T.) A. 785 (fol. 127; 132VO) A. 734 (fol. 170vO) A. 769 (fol. 171rJvO) nach MEYENDORFF Palamas A. 775 (fol. 169vO) A. 733 (fol. 174) A. 776 (fol. 175) A. 675 (fol. 177vo: gr. T.) A. 786 (fol. 179vO) nach MEYENDORFF Palamas A. 797 (fol. 181-182)

A.726 A.825 A. 857; A. 858 A. 874 (fol. 39vo: gr. T.) A. 767 (fol. 41 rJvO) A. 792 (fol. 41 v L 42)

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INDEX DER ~ITIERTEN HANDSOHRIFTEN

Br. 11 (ohne Lemma)

Br. 18 an Georgios Lapithes (1) Br. 23 an Jo. Kalekas Br. 28 an Georgios Lapithes Br. 33 an Tzakonopulos Br. 34 an Makarios v. Philadelphia Br. 48 an d. Mystikos Kinnamos Br. 49 an Ignatios (1) Br. 14, 16, 22, 39 an Sa.bas Logaras

Cod. Mare. 446 Briefe d. Michael Gabras Br.190 Br. 345 (fol. 229-231) Br.365 Br.382 Br.403

Cod. Monac. 10 Briefe d. Nikephoros Gregoras

Cod. Monac. 198 Anonymus Florentinus Br. 2 an den Großdomestikos (fol. 340-341)

Mir auch die Vorlage von Br. 2 des Cod. Monac. 198 in Cod. Florent. S. Marco 356 fol. 5-11 in Mikrofihn vorliegend. Cod. Paris. 1242

JoanneR Kantakuzenos, Brief an d. la.t. Patriarchen Paul I. Rede gegen d. Juden

Cod. Paris. 2629 Rede d. Thomas Magistros "Über die Einigkeit" (fol. 127-130vO)

Cod. Vat. 176 Scholion nach MEROATI N otizie

Cod. Vat. 704 J oseph Kalothetos gegen Kalekas

Cod. Vat. 778 Randnotiz nach MEROATI N otizie

Cod. Vat. 1096 Antipalamitenverzeichnis (fol. 29vO)

nach MEROATI N otizie Cod. Vat. 1111 pars IV

Anonymus, Mahnrede an J oannes Kantakuzenos

Cod. Vat. 1823 Anonymus (Theodoros Dexios 1) gegen die Palamiten nach MEROATI N otizie

A. 856 (fol. 42r/vO)

A. 872 (fol. 42r) A. 771 (fol. 46vO)

A. 793 (fol. 49vD-50) A. 763 (foI. 54vO)

A. 848 (fol. 64-65) A. 790 (fol. 65) A. 982 (fol. 75vO-76vO)

A. 832 (fol. 76vo/77) A.765

A. 167 (fol. 124vO)

A. 50; A. 984 A. 130 (fol. 241: gr. T.) A. 130 (fol. 257) A. 57 (fol. 269: gr. T.) A. 132 (fol. 268vO)

A. 123 (pag. 412)

A. 36; A. 121; A. 131

S. 52 (fol. 81) A. 946 (fol. 293 V O /294: gr. T.)

S. 89 f.

A.824

A. 785 (fol. 153vO)

A.806

Kap. X und XI passim

A. 104 (fol. 235vo/236: gr. T.) A. 884 (fol. 225r: gr. T.) S. 136 (fol. 223r/vo: gr. T.) A. 890 (fol. 223vo: gr. T.)

A. 730 (fol. 262vO)

173

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174 INDEX DER ZITmRTEN HANDSOHRIFTEN

Cod. Vat. 2335 Entwurf einer antipalamitischen Synode (fol. 1 und 2) A. 697 (gr. T.)

A.708 S. 122 mit A. 798 (gr. T.) A. 848 (nach MEYENDORFF

Palamas) A. 877 (nach MEROATI Notizie) A. 885 (gr. T.). S. 134 f. (gr. T.) A. 886 (gr. T.)

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Lebenslauf

Am 22. 1. 1937 wurde ich, Georg Heinrich Gün ter WEISS, als Sohn des Land­gerichtsrats Hans WEISS in Hof/Saale geboren. 1956 legte ich die Reifeprüfung am hum. Gymnasium in Hof/Saale ab. Nach einem drei Semester dauernden "studium generale" an der Universität München stu­dierte ich sechs Semester Theologie, Altphilologie und Geschichte in Neuen­dettelsau und Erlangen. Im Frühjahr 1962 bestand ich das erste Examen der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern. In der Folgezeit setzte ich meine philologischen und historischen Studien an der Universität München fort. Unter der Leitung von Herrn Professor H.-G. BECK und Herrn Professor W. v. LOEwENICH arbeitete ich eine Arbeit über das Leben, die Schriften und die Theologie des Patriarchen Anastasius I. von Antiochien aus. Mit dieser Untersuchung promovierte ich im Sommer 1965 an der evangelisch­theologischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg. Seit 1965 wurden meine Studien in München neben Arabistik (Prof. SPITALER) in Byzantinistik bei Herrn Professor H.-G. BECK, in Geschichtlichen Hilfswissenschaften bei Herrn Professor ACHT und in Bayerischer Geschichte bei Herrn Professor BOSL fortgesetzt.