werkzeuge für die verkehrssimulation...aimsun ist wie corsim und vissim ein verkehrssimulationstool...

18
Werkzeuge für die Verkehrssimulation Seminararbeit von Panos Pavlidis Ausgewählte technische, rechtliche und ökonomische Aspekte des Entwurfs von Fahrerassistenzsystemen Interdisziplinäres Seminar im Sommersemester 2007 Institut für Programmstrukturen und Datenorganisation Lehrstuhl für Systeme der Informationsverwaltung (Prof. Böhm) Universität Karlsruhe (TH) Betreuender Mitarbeiter: Dipl.-Inform. Heiko Schepperle Abstract In diesem Paper werden Werkzeuge zur Verkehrssimulation vorgestellt. Zu Beginn wird auf die verschiedenen Arten und auf ihre möglichen Einsatzbereiche eingegangen. Es folgt eine Abhandlung über die kommerziell verbreiteten Simulationswerkzeuge VISSIM, CORSIM und AIMSUN. Dabei werden insbesondere die zugrunde liegenden Fahrzeugfolge- und Spurwechselmodelle erläutert. Im Anschluss wird das Verkehrssimulationsprogramm PELOPS gesondert vorgestellt, welches vorwiegend zum Testen von Fahrerassistenzsystemen entwickelt wurde. Abschließend wird noch das Konzept des Verkehrssimulators KAKUMO präsentiert. 1

Upload: others

Post on 16-Mar-2020

2 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Werkzeuge für die Verkehrssimulation

Seminararbeit von Panos Pavlidis

Ausgewählte technische, rechtliche und ökonomische Aspekte des Entwurfs von Fahrerassistenzsystemen

Interdisziplinäres Seminar im Sommersemester 2007

Institut für Programmstrukturen und DatenorganisationLehrstuhl für Systeme der Informationsverwaltung (Prof. Böhm)

Universität Karlsruhe (TH)

Betreuender Mitarbeiter: Dipl.-Inform. Heiko Schepperle

Abstract

In diesem Paper werden Werkzeuge zur Verkehrssimulation vorgestellt. Zu Beginn wird auf die verschiedenen Arten und auf ihre möglichen Einsatzbereiche eingegangen. Es folgt eine Abhandlung über die kommerziell verbreiteten Simulationswerkzeuge VISSIM, CORSIM und AIMSUN. Dabei werden insbesondere die zugrunde liegenden Fahrzeugfolge- und Spurwechselmodelle erläutert. Im Anschluss wird das Verkehrssimulationsprogramm PELOPS gesondert vorgestellt, welches vorwiegend zum Testen von Fahrerassistenzsystemen entwickelt wurde. Abschließend wird noch das Konzept des Verkehrssimulators KAKUMO präsentiert.

1

Ich versichere wahrheitsgemäß, die Arbeit selbstständig angefertigt, alle benutzten Hilfsmittel vollständig und genau angegeben und alles kenntlich gemacht zu haben, was aus Arbeiten anderer unverändert oder mit Abänderungen entnommen wurde.

Karlsruhe, den 03.07.2007

2

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung2 Verbreitet kommerziell eingesetzte mikroskopische Simulationswerkzeuge

2.1 VISSIM2.1.1 Fahrzeugfolgemodell und Spurwechselmodell2.1.2 Weitere Eigenschaften2.1.3 Gesamtpaket PTV Vision

2.2 CORSIM 2.2.1 Fahrzeugfolgemodell und Spurwechselmodell

2.2.2 Weitere Eigenschaften2.3 AIMSUN

2.3.1 Fahrzeugfolgemodell und Spurwechselmodell2.3.2 Weitere Eigenschaften

3 Verkehrssimulationsprogramm PELOPS3.1 Umweltmodell3.2 Fahrermodell3.3 Fahrzeugmodell3.4 Hardware-in-the-Loop und Software-in-the-Loop3.5 Ausgabedaten

4 KAKUMO4.1 Verkehrssimulator4.2 KAKUMO-Bereich4.3 Fahrsimulator

5 Vergleich6 FazitAbbildungsverzeichnisLiteraturverzeichnis

455566677777888910111213131414151616

3

1 Einführung

Untersuchungen im laufenden Verkehr zu Maßnahmen und deren Auswirkungen bzw. Prognosen sind aus vielen Gründen (Kosten, Verkehrsbehinderungen, Sicherheitsrisiken) nur eingeschränkt möglich. Daher bietet die Simulation am PC eine sinnvolle Alternative dazu. Einsatzbereiche sind unter anderem Stauforschung, Verkehrstechnik, Fahrerassistenz und Routenplanung.

Die Verkehrssimulationen lassen sich in folgende drei grundlegende Modelle unterteilen: Makro-, mikro- und mesoskopische Modelle [18]. Unser Fokus liegt dabei auf den mikroskopischen Modellen, da den anderen Modellen die Möglichkeit fehlt, komplizierte Straßengeometrien und detaillierte Verkehrs(signal)anlagen zu modellieren [3].

Bei mikroskopischen Modellen, werden die Verkehrsteilnehmer jeweils einzeln dargestellt. Auch die Interaktionen zu anderen Teilnehmern werden visualisiert. In dieser Arbeit erfolgt dazu insbesondere eine Betrachtung der Fahrzeugfolge- und Spurwechselmodelle.

Bei mesoskopischen Modellen werden zwar einzelne Fahrzeuge simuliert, allerdings sind Verkehrsnetz und Topologie in der Regel nicht so detailliert.

Bei makroskopischen Modellen werden keine einzelnen Fahrzeuge betrachtet, es kommt viel mehr auf die Verkehrsmengen an. Solche Modelle werden beispielsweise bei der Hochrechnung der Verkehrslage verwendet (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Verkehrslage in NRW – Hochrechnung für Bundesautobahnen

Für detailliertere Erläuterungen zu den Modellen siehe „Simulationsmodelle im Verkehr“ von Michael Reimann [10].

4

2 Verbreitet kommerziell eingesetzte mikroskopische SimulationswerkzeugeNachfolgend erfolgt eine Betrachtung von drei mikroskopischen Simulationsprogrammen, die von Verkehrsingenieuren weltweit genutzt werden. Diese zeichnen sich durch ihre vielseitigen Einsatzbereiche aus. Alle Verkehrsteilnehmer (motorisierte, Radfahrer, Fußgänger) interagieren miteinander.

2.1 VISSIM

VISSIM („Verkehr in Städten – Simulation“) wird seit 1979 von der PTV Planung Transport Verkehr AG (http://www.ptv.de/) entwickelt. Die Einsatzbereiche erstrecken sich von Knotenpunktgestaltungen über Untersuchungen zur Verkehrsleittechnik bis zu Visualisierungen zur Entscheidungsfindung vor politischen Gremien [20]. Es sind verschiedene Darstellungen möglich. Beispielsweise zeigt Abbildung 2 die anschauliche 3D-Animation.

Abbildung 2: Detaillierte 3D-Animation

2.1.1 Fahrzeugfolgemodell und Spurwechselmodell

Bei VISSIM wird das psycho-physische Fahrzeugfolgemodell nach Wiedemann [17] eingesetzt. Entsprechend diesem Modell gibt es vier Fahrmodi: freies Fahren, Annäherung, Folgen und Bremsen [1]. Bei einem gewissen Schwellwert wird jeweils von einem in den anderen Modus „umgeschaltet“ (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Fahrzeugfolgemodell nach Wiedemann

5

Das Fahrzeugfolgeverhalten wird durch fahrerspezifische Merkmale beeinflusst. Aus diesem Grund existieren in VISSIM die Parameter CC0 bis CC9 [1,2]. Zum Beispiel gibt CC1 den zum Vordermann einzuhaltenden Abstand abhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit an (Zeitlücke). Dieser Parameter ist ein Maß für das Sicherheitsbedürfnis des Kraftfahrzeugführers. Der Wert von CC3 bestimmt dann, ab welchem Zeitpunkt vor Erreichen des „Sicherheitsabstandes“ der Verzögerungsvorgang eingeleitet wird. CC7-CC9 markieren verschiedene Wunschbeschleunigungen.

In VISSIM gibt es zwei Arten von Spurwechsel: notwendige und freie. Der notwendige Spurwechsel erfolgt um die nächste Verbindungsstrecke einer Route zu erreichen, der freie dient dem Zweck des schnelleren und/oder komfortableren (mehr Abstand zum Vordermann, siehe Abbildung 3) Vorankommen.

Diese Vorgänge sind regelbasiert, zum Beispiel herrscht in Deutschland außerorts Rechtsfahrgebot. Damit ein Wechsel des Fahrstreifens stattfindet, muss eine ausreichende Zeitlücke gefunden werden. Diese berechnet sich aus den Geschwindigkeiten des potentiellen Spurwechslers und des von hinten auf der Wunschspur kommenden Fahrzeuges. Die Entscheidungen dabei sind wiederum abhängig von den Parametern CC0-CC9 (siehe oben).

Es werden bei der Simulation Zeitstufen von bis zu 0.1 Sekunden fein verwendet [20], diese sind wichtig für die Qualität der Simulationen. Kurze Zeitstufen bedeuten mehr Rechenaufwand aber auch eine realistischere Abbildung von Verhalten.

2.1.2 Weitere Eigenschaften

Es ist ein komplexes Verkehrsnetzmodell implementiert. Außerdem werden unterschiedliche Routenverläufe je nach Fahrzeugtyp und mit drei unterschiedlichen Umlegungsverfahren (stochastisch, dynamisch, benutzerdefiniert) angeboten. Der öffentliche Verkehr ist sehr aufwändig modelliert und erlaubt dadurch Untersuchungen zur Beschleunigung des ÖV beispielsweise durch intelligente Lichtsignalsteuerungen [20].

2.1.3 Gesamtpaket PTV Vision

Das Softwarepaket beinhaltet auch das makroskopische Planungswerkzeug VISUM („Verkehr in Städten Umlegung“) und Schnittstellen zu anderen Programmen, zum Beispiel zur Lichtsignalsteuerung (verkehrsabhängige Programmierung, Festzeitsteuerung etc.). [20]

2.2 CORSIM

In den USA ist CORSIM [22] das am häufigsten genutzte mikroskopische Verkehrs-simulationsprogramm. Dieses Simulationswerkzeug wird von der Federal Highway Administration (FHWA) seit den 70er Jahren fortlaufend weiterentwickelt. Es besitzt viele Ähnlichkeiten zu VISSIM. Sein makroskopisches Pendant heißt CORFLO [3].

6

2.2.1 Fahrzeugfolgemodell und Spurwechselmodell

Die Fahrzeuge versuchen einen minimalen Folgeabstand bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Geschwindigkeitsbegrenzung einzuhalten [8]. Es wird laufend die Position zu anderen Fahrzeugen berechnet, somit werden Geschwindigkeit, Beschleunigung und Status laufend aktualisiert.

Der Spurwechsel wird individuell je nach Fahrertyp und Situation (rechts abbiegen, wenden etc.) vollzogen [8].

2.2.2 Weitere Eigenschaften

Viele verschiedene Straßengeometrien, Verkehrssituationen und spezielle Verkehrstechniken sind bei CORSIM implementierbar [8]. Schnittstellen zu externen Programmen (z.B.: zur Lichtsignalsteuerung) sind vorhanden [3,8]. Dadurch kann CORSIM zur Evaluierung von ITS-Technologien (Intelligent Transport Systems) beitragen [4].

2.3 AIMSUN

Der Hersteller von AIMSUN (Advanced Interactive Microscopic Simulator for Urban and Non-urban Networks) ist die Firma TSS Transport Simulation Systems aus Barcelona (http://www.aimsun.com/site/). Dieses Simulationsprogramm ist ebenfalls mikroskopisch, es hat ähnliche Einsatzbereiche wie CORSIM und VISSIM [5].

2.3.1 Fahrzeugfolgemodell und Spurwechselmodell

Das in AIMSUN verwendete Gipps-Modell arbeitet folgendermaßen [9]: Der sichere Folgeabstand berechnet sich aus einer Funktion der Geschwindigkeiten des Vorderen und des Folgefahrzeuges in Kombination mit der Reaktionszeit des Folgenden. Es liefert sehr realistische Ergebnisse bei Fahrzeugpaaren oder einer Reihe von Fahrzeugen. Fahrzeuge beschleunigen bis zur Wunschgeschwindigkeit. Sie verzögern um eine Kollision zu vermeiden, während sie ihre Wunschgeschwindigkeit fahren möchten. Die Geschwindigkeit ist abhängig vom Fahrzeugmodell und von der Geschwindigkeit des voraus Fahrenden.

In AIMSUN verwendet ein sehr weit entwickeltes Spurwechselmodell. Es basiert auf dem GIPPS-Spurwechselmodell [6]. Ein Fahrtreifenwechsel wird nach drei verschiedenen Kriterien beurteilt: Ist er notwendig? Ist er gewünscht? Und ist er möglich? Dabei wird eine vorausschauende Fahrweise eingesetzt und drei Zonen werden eingerichtet (je nach Distanz zur letztmöglichen Spurwechselmöglichkeit). Der eigentliche Spurwechsel hängt dann wie bei den anderen Simulationswerkzeugen von fahrerspezifischen Parametern wie beispielsweise den akzeptierten minimalen Zeitlücken ab.

2.3.2 Weitere Eigenschaften

AIMSUN ist wie CORSIM und VISSIM ein Verkehrssimulationstool mit Routenwahlmodell, dynamischer Verkehrsumlegung, ÖV-Unterstützung, Verkehrsmanagement, verschiedenen graphischen Darstellungen und Auswertungsanalysen [5].

7

3 Verkehrssimulationsprogramm PELOPS

PELOPS (Programm zur Entwicklung längsdynamischer, mikroskopischer Prozesse in systemrelevanter Umgebung) wird von der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (kurz: fka) in Kooperation mit BMW entwickelt. In dieser Simulation werden submikroskopische Fahrzeugmodelle (fahrzeugorientiert) mit mikroskopischen Modellen verknüpft. Das Produkt ist modular aufgebaut: Es existieren die drei Modelle Fahrer, Fahrzeug und Umwelt. Die Einsatzbereiche umfassen Verkehrssimulationen und Fahrsimulatoren. Es folgt eine graphische Übersicht und anschließend jeweils genauere Erläuterungen zu den einzelnen Modellen [11,13].

Abbildung 4: Modularer Aufbau von PELOPS

3.1 Umweltmodell

Dargestellt im Umweltmodell sind der Verlauf von Straßen, die Breite von Spuren, Markierungen, Verkehrszeichen und Verkehrsbedingungen. Verkehr kann aus mikro- oder makroskopischen Verkehrsdaten erzeugt werden.

3.2 Fahrermodell

Das Fahrermodell besteht aus einem Entscheidungsteil und einem Handlungsteil. Im Entscheidungsteil wird eine Fahrstrategie aus dem aktuellen Fahrzustand und der Fahrzeugumgebung bestimmt. Diese Entscheidung ist wiederum auch abhängig von der Umwelt und dem jeweiligen Fahrzeugmodell. Im Handlungsteil wird diese Strategie in Lenken, Pedalbetätigungen, Gangwahl und Blinken umgesetzt.

8

Folge- und Spurwechselmodell

Das Folgemodell basiert auf den Arbeiten von Wiedemann, siehe Abschnitt 2.1.2. Es wurde vom fka überarbeitet, da das Wiedemann-Modell vorwiegend für den Autobahnverkehr konzipiert wurde. Es wurden kooperative und vorausschauende Fahrweisen sowie taktische Spurwechsel implementiert. Zudem werden verschiedene Rechenschrittweiten und Reaktionszeiten unterstützt (beträgt in der Regel eine Sekunde).

Gründe für einen Spurwechsel sind folgende: 1. Überholen; 2. taktische Erwägungen; 3. ein schnelleres Fahrzeug nähert sich von hinten. Die Entscheidungen zum Spurwechsel sind abhängig von der Zufriedenheit auf der aktuellen Spur im Vergleich zu den anderen Spuren. Individuelle Wunschgeschwindigkeit und Geschwindigkeiten auf Nachbarspuren beeinflussen diese. Es erfolgt ein ständiger Abgleich, welche Spur einen "zufriedener" stellt, dabei wird aber ein Schwellwert berücksichtigt, um Oszillation zwischen Spuren zu verhindern. Beim Spurwechsel fließen auch folgende fahrerindividuelle Parameter aus detaillierten Fahrermodellen ein: Wunschgeschwindigkeit, max. Verzögerung, Ausnutzung der Fahrzeugbeschleunigung, Sicherheitsbedürfnis, Schätzvermögen, Gaspedalsensibilität, Geschwindigkeitsbegrenzungs-Befolgung, Überholverbot-Befolgung, max. Fußbremskraft etc. [11,15].

3.3 Fahrzeugmodell

Das Fahrzeugmodell basiert auf dem ‘Ursache-Wirkungs-Prinzip’: Über Kupplung, Getriebe und Differential wird die Änderung der Motormomentes berechnet (Ursache). Unter Berücksichtigung von Fahrwiderständen bewirkt die Antriebskraft eine Geschwindigkeitsänderung (Wirkung). Es handelt sich hier zu einem Teil um fahrzeugspezifische Größen. Das querdynamische Fahrverhalten wird auch modelliert.

Das Sensormodul erlaubt die Platzierung von Sensoren am Fahrzeug. Dabei sind Sensorlage, und Erfassungsgeometrie zu berücksichtigen. In der Abbildung 5 (links) sind die Bezugskoordinatensysteme der Sensoren, rechts daneben die Erfassungsgrenzen eingezeichnet:

Abbildung 5: Definition der Sensorlage (links); Definition der Erfassungsgeometrie (rechts)

9

3.4 Hardware-in-the-Loop und Software-in-the-Loop

PELOPS kann als Rapid-Prototyping-Werkzeug in der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen eingesetzt werden [12,13]. Sowohl Hardware als auch Software können über Schnittstellen in die Simulation eingebunden werden.

Bei Software-in-the-Loop erfolgt die Synchronisierung der Simulationsmodelle von PELOPS mit MATLAB/Simulink [12,13] über eine vorhandene Schnittstelle. Dabei wird Multicast eingesetzt, so kann eine PELOPS-Prozess mit mehreren MATLAB-Prozessen kommunizieren. In MATLAB/Simulink sei beispielsweise eine Fahrzeugmodell mit ACC-Regler (Active Cruise Control) realisiert: Dieses Fahrerassistenzsystem erhält von PELOPS die Relativgeschwindigkeit und den Abstand zum Vordermann. Mit diesen Daten berechnet der ACC-Regler eine Beschleunigung bzw. Verzögerung. Dieser Wert wird dann von MATLAB wiederum zurück nach PELOPS gesendet und bewirkt dort die Aktualisierung der Fahrzeugposition im Verkehrsraum. In Abbildung 6 ist so eine Simulation visualisiert. Zu erkennen ist wie sich das Fahrzeug mit einer anfänglichen Differenzgeschwindigkeit von 20km/h dem Zielfahrzeug nähert, langsamer wird und schließlich bei einem Abstand von ca. 43 Metern den Fahrstreifen wechselt. Auf diesem Fahrstreifen befindet sich auch ein Fahrzeug, allerdings in größerem Abstand (anfänglich laut Sensor ca. 64 Meter), der ACC-Regler passt die Geschwindigkeit des Versuchsfahrzeuges so an, dass sich der Abstand auf 43 Meter ein pendelt.

Abbildung 6: Simulationsergebnisse (Abstand, Geschwindigkeit)

Die Synchronisierung der Software (MATLAB <-> PELOPS) muss nicht in Echtzeit erfolgen. Um die Konsistenz der beteiligten Programme zu gewährleisten, müssen sich die beteiligten Programme nur stets über die Datenschnittstelle synchronisieren [12].

10

Der Hardware-in-the-Loop-Einsatz verlangt dagegen eine Simulation in Echtzeit. Die Komponenten sind den gleichen Bedingungen ausgesetzt wie in der Realität. Die Synchronisation erfolgt beispielsweise durch eine quarzgesteuerte Echtzeituhr im PC.

Die Kommunikation zwischen dem PELOPS Simulationsprogramm und der Fahrerassistenz-Hardware erfolgt über CAN-Bus Anschlüsse. Dabei existieren in der Regel mindestens zwei getrennte CAN-Bus Netzwerke, in der Abbildung 7 sind es der Antriebsstrang-CAN (in jedem modernen Serienfahrzeug vorhanden) und der Sensor-CAN (zur Entwicklung von FAS, siehe Kapitel 3.3) [12].

Abbildung 7: Prinzip der Kopplung von Antriebsstrang- und Sensor-CAN in FAS-Versuchsträgern

3.5 Ausgabedaten

Sowohl statische als auch graphische Ausgaben und Animationen sind möglich. Darunter sind folgende besonders erwähnenswert: Fundamentaldiagramme, Häufigkeitsverteilungen von Geschwindigkeiten und Abständen, Betrachtung von oben („Bird's Eye“) und dreidimensionale Animationen aus Fahrersicht.

11

4 KAKUMO

KAKUMO ist ein an der Universität Tokio entwickeltes mikroskopisches Verkehrssimulationsmodell, dessen Ziel es ist interaktive Verkehrsszenarien zusimulieren [16]. Diese eignen sich dafür intelligente Verkehrssysteme (ITS) zu evaluieren. Dabei wird der Fokus auf das Fahrverhalten und die Routenwahl der Verkehrsteilnehmer gelegt. Ähnlich wie bei PELOPS basiert das Modell auf der Interaktion von Fahrern, Fahrzeugen und der Infrastruktur miteinander. Der Verkehrssimulator (TS) bezieht Daten aus Messungen und Bildern, die in der realen Welt aufgenommen wurde. Nachfolgend eine Übersicht dieses Forschungsansatzes mit „gemischter Realität“:

Abbildung 8: Versuchslabor mit „gemischter Realität“

Das Fahrverhalten wird durch einen Fahrsimulator (Driving Simulator) analysiert. Der Zusammenhang mit dem weiteren Umfeld wird durch einen Verkehrssimulator (Traffic Simulator) hergestellt. Diese beiden Module kommunizieren untereinander. Da allerdings in der Präzision große Unterschiede bestehen, dient KAKUMO als Bindeglied. Die drei Simulatoren haben also unterschiedliche Spezifikationen: Der Verkehrssimulator, welcher einen größeren Bereich abdeckt (mindestens einige hundert Meter), wird nur einmal pro Sekunde aktualisiert und die Position ist nicht so genau bestimmt (bis auf einen Meter). Dagegen sind KAKUMO (das Bindeglied) und der Fahrsimulator deutlich präziser in der Positionsbestimmung (bis auf einen Zentimeter!). Die Abtastraten sind entsprechend höher (20 bzw. 60 Hz).

12

4.1 Verkehrssimulator

Ein Verkehrsflussmodell bekommt als Eingabe seine Verkehrsdaten aus Quelle-Ziel-Matrizen, dadurch werden für verschiedene Strecken die Reisezeiten berechnet. Diese beeinflussen die Routenwahl des Routenwahlmodelles, welche dann wiederum die Reisezeiten unter Umständen verändert:

Abbildung 9: Struktur des Verkehrssimulators

Außerdem sind bei Routenentscheidungen auch Kriterien wie Straßensperrungen oder Mautgebühren von Bedeutung und werden berücksichtigt.

4.2 KAKUMO-Bereich

KAKUMO ist, wie bereits erwähnt, das Bindeglied zwischen Verkehrs- und Fahrsimulator, somit verantwortlich für die Anpassung der unterschiedlichen Genauigkeiten und für die Reproduktion der Verkehrslage im Fahrsimulator. Der KAKUMO-Bereich umfasst stets nur ein paar "Links" bzw. wenige hundert Meter um das Fahrzeug im Fahrsimulator herum. Während der Simulation betreten oder verlassen laufend Fahrzeuge den KAKUMO-Bereich, dabei wird jeweils die Kontrolle vom Verkehrssimulator an KAKUMO und umgekehrt übergeben. KAKUMO bestimmt in seinem Bereich auch die Routenwahl, die Daten dazu erhält er jedoch vom Verkehrssimulator (KAKUMO erhält jeweils eine Liste der nächsten drei Abzweigungen).

Abbildung 10: Kommunikationsdaten bei Eintritt in den KAKUMO-Bereich

[16]

13

Folge- und Spurwechselmodell

Infos liegen bisher nicht vor.

4.3 Fahrsimulator

Die Entwickler verwenden eine hybride Darstellung [19]: Nahe Objekte wie Fahrzeuge und Fußgänger werden durch Computer-erzeugte Grafiken dargestellt. Für weiter entfernte Objekte werden dagegen reale Aufnahmen genutzt.

5 Vergleich

Verkehrssimulationswerkzeuge werden heutzutage sehr verbreitet eingesetzt. Ein Vergleich der drei kommerziellen Simulationswerkzeuge VISSIM, AIMSUN und CORSIM ergibt folgendes:

Es gibt durchaus Unterschiede bei der Kodierung des Straßennetzes, und die Programme nutzen auch verschiedene Fahrzeugfolgemodelle. Die Netzmodelle sind auch nicht gleich: Bei CORSIM findet sich ein Knoten-Kanten Modell, bei VISSIM sind die Kanten jeweils direkt miteinander verbunden [8]. Die verschiedenen Verkehrsregeln je nach Land wirken sich auch auf die Ergebnisse aus: Beispielsweise herrscht in USA keine so strikte Spurwahl, im Gegensatz zum in Deutschland außerorts geltenden Rechtsfahrgebot. Dies in Kombination mit dem Tempolimit in den Vereinigten Staaten führt dazu, dass dort in der Regel deutlich höhere Kapazitäten bei ansonsten ähnlichen Bedingungen erreicht werden können [21]. Die berechneten Fahrzeiten der drei Modelle ergeben relativ ähnliche Werte (in der Regel Unterscheidung um einstellige Prozentwerte). AIMSUN erzielt in einer Studie von Fang und Elefteriadou [7] die besten Resultate. Es wurden Simulationsergebnisse mit echten Feld-Messwerten von verschiedenen Arten von Kreuzungen verglichen. Bei der Unterstützung verschiedener in der Simulation implementierbarer Fähigkeiten gibt es keine nennenswerten Unterschiede. So unterstützen sowohl AIMSUN als auch VISSIM mehr oder weniger die gleichen Straßengeometrien, Verkehrstechniken, Ereignisse/Vorfälle und Durchgangsverkehr [14].

PELOPS und KAKUMO bleiben in dem Vergleich außen vor, da sie speziellere Einsatzbereiche haben.

14

6 Fazit

Mit den vorgestelleten Simulationswerkzeugen sind sehr komplexe Verkehrssituationen realisierbar. Die Güte der Ergebnisse der drei viel genutzten Werkzeuge ist meist nur gering voneinander abweichend und häufig realitätsnah. Mögliche Probleme treten beispielsweise bei sehr dichtem Verkehr auf [8]. Die Geometrie von Außerorts-Straßen ist vor allem in Bezug auf Steigung/Gefälle berücksichtigt [7]. Individuelle Radien beim Links-, Rechtsabbiegen oder Wenden sind in den Programmen nicht zu finden [7]. Vorausschauende Fahrweisen sind bei AIMSUN (die nächsten zwei Abbiegevorgänge) und VISSIM (Sichtweite) teilweise implementiert [7]. Verbesserungsmöglichkeiten: Einarbeitung menschlicher Einflussgrößen bei KAKUMO mit Hilfe von Daten, die aus den Fahrsimulatoren gewonnen werden [16]. Berücksichtigung von Gegenverkehr; unter Umständen rückgängig machen von schon getroffenen Überholentscheidungen (PELOPS). PELOPS ist bisher auch nur auf autobahnähnlichen Strecken einsetzbar [15].

15

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Verkehr.NRW – Hochrechnung für Bundesautobahnen, [Online]. Available: http://www.autobahn.nrw.de/olsim3_1/nrw.html

Abbildung 2: Detaillierte 3D Animation (nach [20], Seite 2)

Abbildung 3: Fahrzeugfolgemodell nach Wiedemann (nach [1], Seite 20)

Abbildung 4: Modularer Aufbau von PELOPS (nach [11], Seite 3)

Abbildung 5: Definition der Sensorlage und der Erfassungsgeometrie (nach [11], Seiten 7,8)

Abbildung 6: Simulationsergebnisse (Abstand, Geschwindigkeit, Spur) (nach [13], Seite 10)

Abbildung 7: Prinzip der Kopplung von Antriebsstrang- und Sensor-CAN inFAS-Versuchsträgern (nach [12], Seite 11)

Abbildung 8: Versuchslabor mit „gemischter Realität“ (nach [16], Seite 2)

Abbildung 9: Struktur des Verkehrssimulators (nach [16], Seite 3), übersetzt

Abbildung 10: Kommunikationsdaten bei Eintritt in den KAKUMO-Bereich(nach [16], Seite 6)

Literaturverzeichnis

[1] PTV Planung Transport Verkehr AG, "VISSIM 4.10 Benutzerhandbuch".

[2] Nicholas E. Lownes, Randy B. Machemehl P.E., "VISSIM: A MULTI-PARAMETER SENSITIVITY ANALYSIS," in Proceedings of the 2006 Winter Simulation Conference, L. F. Perrone, F. P. Wieland, J. Liu, B. G. Lawson, D. M. Nicol and R. M. Fujimoto, eds.

[3] United States Department of Transportation - ITS, "CORSIM User Manual Version 1.01," [Online]. Available: "www.itsdocs.fhwa.dot.gov/JPODOCS/REPTS_TE/6408.pdf," Stand: März 2007.

[4] Larry E. Owen, Yunlong Zhang, Lei Rao, Gene McHale, "Traffic Flow Simulation Using CORSIM," in Proceedings of the 2000 Winter Simulation Conference, J. A. Joines, R. R. Barton, K. Kang and P. A. Fishwick, eds., pp. 1143-1147.

[5] TSS-Transport Simulation Systems, [Online]. Available: "www.kldassociates.com/pdf_files/ANG_Brochure.pdf," Stand: März, 2007.

[6] J. Barceló and J.Casas, "Dynamic Network Simulation With Aimsun," in International Symposium Proceedings on Transport Simulation, Yokohama 2002. Ed. Kluwer.

[7] Fang Clara Fang, Lily Elefteriadou, "Some Guidelines for Selecting Microsimulation Models for Interchange Traffic Operational Analysis," in Journal of Transportation Engineering, Vol. 131, No. 7, July 2005, pp. 535-543.

16

[8] Loren Bloomberg, Jim Dale, "A Comparison of the VISSIM and CORSIM Traffic Simulation Models On A Congested Network," [Online]. Available: "www.english.ptv.de/download/traffic/library/2000%20TRB%20VISSIM-CORSIM.pdf", Stand: April, 2007.

[9] Sakda Panwai and Hussein Dia, "Comparative Evaluation of Microscopic Car-Following Behavior," IEEE Transactions on intelligent Transportation Systems, vol. 6, no. 3, september 2005f, pp. 314-325.

[10] Michael Reimann, "Simulationsmodelle im Verkehr,“ Seminar am IPD, Fakultät für Informatik, Universität Karlsruhe (TH), Sommersemester 2007.

[11] Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbh Aachen, "PELOPS White Paper Version 1.0", [Online]. Available: "http://www.pelops.de/publikationen.htm," Stand: April, 2007.

[12] Christen, D. Sandkühler, A. Benmimoun, K. Breuer, "Verwendung des Verkehrsflusssimulationswerkzeugs PELOPS mit HiL- Funktionalität bei der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen," VDI Kongress "Berechnung und Simulation im Fahrzeugbau" Würzburg, 29.09.2004.

[13] Breuer, K.; Christen, F., "Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen unter Verwendung von SiL- und HiL-Techniken im Verkehrsflusssimulationsprogramm PELOPS," 11. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik 2002, Aachen.

[14] Haifeng Xiao, Ravi Ambadipudi, John Hourdakis, Panos Michalopoulos, "Methodology for Selecting Microscopic Simulators: Comparative Evaluation of AIMSUN and VISSIM,“ Intelligent Transportation Systems Institute, Center for Transportation Studies, University of Minnesota, Mai 2005.

[15] Hochstädter, A.; Zahn, P.; Breuer, K., "Ein universelles Fahrermodell mit den Einsatzbeispielen Verkehrssimulation und Fahrsimulation," 9. Aachener Kolloquium Fahrzeug- und Motorentechnik, 2000.

[16] Tomoyoshi Shiraishi, Hisatomo Hanabusa, Masao Kuwahara, Edward Chung, Shinji Tanaka, Hideki Ueno, Yoshikazu Ohba, Makoto Furukawa, Ken Honda, Katsuyuki Maruoka, Takatsugu Yamamoto, "Development of a microscopic traffic simulation model for interactive traffic environment," in Intelligent Transportation Systems Conference, 2006. ITSC '06. IEEE.

[17] Rainer Wiedemann. Simulation der Straßenverkehrsflusses. Schriftenreihe am Institut für Verkehrswesen, Institut für Verkehrswesen, Universität Karlsruhe (TH), Heft 8, 1974.

[18] Ulrich Brannolte, "Simulationsmodelle im Verkehrswesen – Analyse und spezifische Weiterentwicklungen," Straßenverkehrstechnik, 2000(6):265-269, 2000.

[19] Daniel Dencker, "Simulation von Verkehrssituationen," Seminar am Institut für Technische Informatik und Fehlertoleranz Prof. Dr.-Ing. R. Dillmann, Universität Karlsruhe (TH), Sommersemester 2006.

17

[20] PTV Planung Transport Verkehr AG, VISSIM Produktbroschüre, [Online]. Available: "http://www.ptv.de/download/traffic/software/vissim.pdf," Stand: Juni, 2007.

[21] Martin Fellendorf, Peter Vortisch, "Validation of the Microscopic Traffic Flow Model VISSIM in Different Real-World Situations“, PTV AG, Karlsruhe, [Online]. Available: http://ptvag.com/download/traffic/library/2001%20TRB%20VISSIM%20Validation.pdf, Stand: Juni, 2007.

[22] Federal Highway Administration Corridor Simulation (CORSIM), [Online]. Available: "www-mctrans.ce.ufl.edu/featured/TSIS/Version5/corsim.htm," Stand: Juni 2007.

18