wie viel eigenverantwortung brauchen wir?

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Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir? Deutsche Fragen Symposium des Bundesverbandes deutscher Banken und der Universität des Saarlandes Bundesverband deutscher Banken

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Page 1: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Deutsche FragenSymposium des Bundesverbandes deutscher Bankenund der Universität des Saarlandes

Bundesverband deutscher Banken

Page 2: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Wie viel Eigenverantwortungbrauchen wir?

Deutsche Fragen

Symposium des Bundesverbandes deutscher Bankenund der Universität des Saarlandes

Page 3: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

I n h a l t

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Dr. Manfred Weber

Chancen erschließen durch Eigenverantwortung –

Begrüßung und Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Professor Dr. Margret Wintermantel

Grußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Peter Müller

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergesellschaft . . . . . . . . 20

Professor Dr. Wolfgang Franz

Wie wird der Arbeitsmarkt wieder zu einem Markt? . . . . . . . . . 36

Professor Dr. Dr. h.c. Otfried Höffe

Der Mensch zwischen Risiko und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Zusammenfassung der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Kurzbiographien der Redner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Teilnehmer des Symposiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Page 4: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Vorwort

Mit dem Eintritt in die Wissensgesellschaft bestimmen Mobilität und Flexi-

bilität unser Leben. Immer seltener folgen Biographien vorgezeichneten

Mustern, immer häufiger können und wollen die Menschen mehr Verant-

wortung für ihr eigenes Leben übernehmen. Der traditionelle Sozialstaat,

noch immer am Weltbild und der Wirtschaftsstruktur des Industriezeitalters

orientiert, hat auf die neuen Herausforderungen allerdings keine Antwort;

er bremst Eigeninitiative und hat sich zudem finanziell übernommen.Grund-

legende Reformen mit dem Ziel größerer Eigenverantwortung sind notwen-

dig. Doch vielfach wird Eigenverantwortung in Deutschland als bedrohlich

empfunden und zu wenig als Chance begriffen.

„Nicht weil es schwer ist,wagen wir es nicht, sondern weil wir es

nicht wagen, ist es schwer.“ Diese Einsicht des römischen Staatsmannes und

Philosophen Seneca trifft die Einstellung unserer Gesellschaft zum Thema

Eigenverantwortung. Grund genug, uns der Frage zu stellen: Wie viel Eigen-

verantwortung brauchen wir?

Dieses Thema stand im Zentrum des 7. Symposiums in der Reihe

„Deutsche Fragen“, das der Bundesverband deutscher Banken am 5. Septem-

ber 2001 in Saarbrücken gemeinsam mit der Universität des Saarlandes ver-

anstaltet hat. Mit den „Deutschen Fragen“ laden wir seit 1998 regelmäßig

zum Gespräch über gesellschaftsspolitische Themen, die für die Zukunft

Deutschlands von Bedeutung sind.

7D e u t s c h e F ra g e n

Dr. Manfred WeberHauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandesdes Bundesverbandes deutscher Banken

Page 5: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

D r. M a n f r e d We b e r

Chancen erschließen durch Eigenverantwortung –Begrüßung und Einführung

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

herzlich willkommen zu unserem heutigen Symposium

„Deutsche Fragen“. Ich freue mich, dass Sie in das Saar-

brücker Schloss gekommen sind, um mit uns die Frage zu

diskutieren: „Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?“

Mit der Veranstaltungsreihe „Deutsche Fragen“

leistet der Bundesverband deutscher Banken einen Beitrag

zum gesellschaftlichen Dialog. Zweimal pro Jahr greifen

wir ein gesellschaftspolitisches Thema auf, und dies

jeweils in einem anderen Bundesland. Das hat seinen

Grund, denn unser Land lebt ja nicht zuletzt von seinen

Regionen. Mit anderen Worten: Meinung sollte sich nicht

nur in der Bundeshauptstadt bilden, sondern eben auch in

den Regionen. Dabei haben wir uns bereits mit einer ganzen Reihe von The-

men beschäftigt: beispielsweise in Bremen mit Fragen des Mittelstandes, in

Dresden mit der Bildungspolitik und in Stuttgart mit dem Thema Globalisie-

rung. Wir waren, wenn Sie so wollen, im Norden, im Osten und im Süden,

und sind – um im Bild der Himmelsrichtungen zu bleiben – heute im Westen,

hier in Saarbrücken.

Als Diskussionsteilnehmer heute Abend begrüße ich ganz herz-

lich den Ministerpräsidenten des Saarlandes, Herrn Peter Müller. Ferner Frau

Professor Dr. Margret Wintermantel, die Präsidentin der Universität des Saar-

landes. An dieser Stelle danke ich Ihnen, Frau Professor Wintermantel, herz-

lich dafür, dass die Universität als Kooperationspartner an dieser Veranstal-

tung mitwirkt. Ich begrüße des Weiteren Herrn Professor Dr.Wolfgang Franz,

den Präsidenten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in

9D e u t s c h e F ra g e n

Dr. Manfred WeberHauptgeschäftsführer und Mitglieddes Vorstandes des Bundesverbandesdeutscher Banken

Page 6: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

11D e u t s c h e F ra g e n

Mannheim, und Herrn Professor Dr. Otfried Höffe, den Leiter der For-

schungsstelle Politische Philosophie an der Eberhard Karls Universität in

Tübingen. Als Moderator haben wir Herrn Michael Jungblut gewonnen,

Ihnen allen bekannt als Leiter der Hauptredaktion Wirt-

schafts-, Sozial- und Umweltpolitik des ZDF in Mainz.Herz-

lich willkommen heiße ich schließlich Herrn Karl-Heinz

Groß, den Vorstandsvorsitzenden des Bankenverbandes

Saarland.

Mein Thema heißt „Chancen erschließen durch Eigenverantwor-

tung“. Es kommt nicht von ungefähr, dass wir dieses Thema im Saarland

behandeln, denn das Saarland ist ein gutes Beispiel für Eigenverantwortung.

Es ist ein Land im Strukturwandel weg von der Schwerindustrie hin zu Wis-

senschaft und Innovation,und damit auch hin zu mehr Eigenverantwortung.

Auch die Verkürzung der Gymnasialzeit, die das Saarland jetzt beschlossen

hat, ist ein gutes Beispiel für Eigenverantwortung und Reformbereitschaft.

Kurzum: Welcher Ort wäre für unser Thema besser geeignet?

„Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?“ Zu dieser Frage ha-

ben wir eine demoskopische Umfrage durchgeführt. Die

Ergebnisse sind interessant: So sagen 61 Prozent der Deut-

schen, dass es die Aufgabe jedes Einzelnen ist, unseren

Wohlstand zu sichern. Nur 29 Prozent halten dies primär

für eine Aufgabe des Staates. Das war vor einigen Jahren

noch ganz anders. 1994 beispielsweise war noch die

Hälfte der Bürger der Meinung, hier sei der Staat in der Pflicht. Man könnte

aus diesen Ergebnissen den Schluss ziehen,der Sinn für Eigenverantwortung

und das Verständnis für alles das, was dahinter steht, sei auf dem Vormarsch.

D r. M a n f r e d We b e r

Chancen ersch l ießen durch E igenverantwor tung – Begrüßung und E in führung

10D e u t s c h e F ra g e n

A n d e r e L ä n d e r – e t w a d i e U S A ,N e u s e e l a n d , D ä n e m a r k o d e r

d i e N i e d e r l a n d e – h a b e n u n s g e z e i g t ,w e l c h e E r fo l g e m a n a m A r b e i t s m a r k t

e r z i e l e n k a n n , w e n n m a n v e r k r u s t e t eS t r u k t u r e n a u f b r i c h t .

Die Verkürzung der Gymna-

sialzeit, die das Saarland jetzt

beschlossen hat, ist ein gutes

Beispiel für Eigenverantwor-

tung und Reformbereitschaft.

61 Prozent der Deutschen

sagen, dass es die Aufgabe

jedes Einzelnen ist, unseren

Wohlstand zu sichern. Nur 29

Prozent halten dies primär für

eine Aufgabe des Staates.

Page 7: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

13D e u t s c h e F ra g e n

Auch bei einer anderen Umfrage, die kürzlich in der „Zeit“ veröffentlicht

wurde, zeigt sich, dass den Deutschen in ihrer überwiegenden Mehrheit der

Begriff „Eigenverantwortung“ sympathisch ist. 93 Prozent sagen dies, nur

fünf Prozent finden: „Nein, mit Eigenverantwortung habe ich nicht viel am

Hut,das ist mir unsympathisch.“ Auch dies ist eigentlich ein positiver Befund.

Ich fürchte allerdings, ganz so eindeutig ist die Lage in unserem

Lande nicht. Denn wir erleben immer wieder, wie der Ruf nach dem Staat

aufs Neue erschallt, und das nicht ohne Folgen. Die Staatsquote, ein Indiz

dafür, in welchem Umfang der Staat Aufgaben an sich gezogen hat, ist – mit

Ausnahme weniger Jahre zwischen 1980 und 1990 – stetig gestiegen. Unsere

sozialen Sicherungssysteme sind immer komplexer geworden, aber ihrer

eigentlichen Aufgabe werden sie kaum noch gerecht. Trotz aller Reformen,

die es gegeben hat, ist auch unser Steuersystem immer komplexer gewor-

den. Es ist für die meisten Bürger nicht mehr überschaubar und immer noch

stark geprägt von dem Gedanken der Umverteilung.Auch kann man mit Fug

und Recht die Frage stellen, ob an unseren Schulen und

Universitäten überhaupt noch zur Eigenverantwortung

erzogen wird.

„Die Scheu vor der Verantwortung ist eine

Krankheit unserer Zeit.“ Dieses Zitat stammt nicht etwa

aus dem beginnenden 21. Jahrhundert. Es war Otto von Bismarck, der den

Satz 1870 gesagt hat. Er tat dies vielleicht in weiser Vorausschau. Heute spre-

chen wir zwar nicht von einer Krankheit. Trotzdem haben wir allen Grund,

Eigenverantwortung zu stärken. Die Scheu vor der Eigenverantwortung

kommt heute leicht im Gewand des Wohlfahrtsstaates daher. Da dieser

Begriff weitgehend positiv besetzt ist, leuchtet nicht unbedingt allen sofort

D r. M a n f r e d We b e r

Chancen ersch l ießen durch E igenverantwor tung – Begrüßung und E in führung

12D e u t s c h e F ra g e n

ein, warum der Wohlfahrtsstaat reformiert werden muss. Gleichwohl bin ich

überzeugt: Wir brauchen mehr Eigenverantwortung.

Dabei darf nicht gefragt werden: Wie viel Eigenverantwortung

gesteht der Staat uns, den Bürgern, zu? Wir müssen umgekehrt fragen: Wie

viel Eigenverantwortung darf der Staat den Bürgern nehmen, wie viel Ver-

antwortung darf er für sich beanspruchen? Ich sage das auch deshalb, weil

ich zutiefst überzeugt bin, dass Eigenverantwortung eben

nicht nur Risiko, sondern vor allem Chancen bedeutet.Die

Angst vor dem Risiko führt nach aller Erfahrung bei uns in

Deutschland zu einem überzogenen Niveau an Staatstätig-

keit, zu einem überzogenen Niveau etwa in der sozialen

Sicherung. Hier werden Mittel über Gebühr gebunden –

Mittel, die wir eigentlich nicht mehr haben, die der Staat

sich ja auch immer erst beschaffen muss, sei es über Steu-

ern oder Verschuldung. Letztendlich ersticken wir auf

diese Weise jede Dynamik. Schnell geraten wir in einen Teufelskreis, wenn

die Politik einer solchen Versicherungsmentalität nachkommt und ihr viel-

leicht noch Vorschub leistet.

Der Bundeskanzler scheint dies erkannt zu haben. Im Juni sagte

er dem „manager-magazin“: „Jene Vorstellung, die den Staat als eine Agentur

begreift, die umfassende Glückseligkeit zu vermitteln hat, gehört zu Recht

abgeschafft. Diese Form von Staat ist einfach zu teuer. An mehr Eigenvor-

sorge des Einzelnen führt kein Weg vorbei.“ So weit, so gut, ist man geneigt

hinzuzufügen. Die Bilanz der Reformen in Deutschland spricht allerdings

eine andere Sprache.Noch immer hat die Politik zu wenig Mut zu Reformen.

Einiges ist geschehen, zugegebenermaßen. Ich könnte die Steuerreform

Unsere sozialen Sicherungs-

systeme sind immer komplexer

geworden, aber ihrer eigent-

lichen Aufgabe werden sie

kaum noch gerecht.

Es darf nicht gefragt werden:

Wie viel Eigenverantwortung

gesteht der Staat uns, den

Bürgern, zu? Wir müssen

umgekehrt fragen: Wie viel

Eigenverantwortung darf der

Staat den Bürgern nehmen,

wie viel Verantwortung darf

er für sich beanspruchen?

Page 8: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

erwähnen, ebenso die Alterssicherung, aber auch hier muss man sofort wie-

der feststellen, dass wir die Probleme nicht dauerhaft gelöst haben. Auf bei-

den Gebieten bedarf es weiterer Reformen. Insbesondere die Reform der

Alterssicherung ist so komplex und kompliziert geraten,

dass dies nicht das letzte Wort sein kann. Auf anderen

Gebieten sind wir überhaupt nicht vorangekommen, im Gegenteil. Auf dem

Arbeitsmarkt sind mit der Ausweitung der Mitbestimmung, im Zusammen-

hang mit befristeten Arbeitsverhältnissen und mit dem erweiterten Recht

auf Teilzeitarbeit Schritte in die falsche Richtung gemacht worden.

In diesen Tagen wird zu Recht die Vereinba-

rung „5000 mal 5000“ bei VW gefeiert. Ich halte dies aller-

dings nicht für ein Modell, das allgemein auf unsere Volks-

wirtschaft anwendbar wäre. Nach wie vor brauchen wir

eine Öffnung der Tarife, mehr Verantwortung für die Tarif-

partner auf der betrieblichen Ebene.Andere Länder – etwa

die USA, Neuseeland, Dänemark oder die Niederlande –

haben uns gezeigt, welche Erfolge man am Arbeitsmarkt

erzielen kann,wenn man verkrustete Strukturen aufbricht.Wir werden nicht

umhin kommen, dies zu tun. Je länger wir warten, desto schwieriger wird es

freilich und desto höher sind die volkswirtschaftlichen und gesellschaft-

lichen Kosten.

An mehr Eigenverantwortung führt letztlich kein Weg vorbei.

Dabei ist Eigenverantwortung keine unangenehme Notwendigkeit, keine

unumgängliche Aufgabe, die wir widerwillig anpacken müssten. Vielmehr

sollten wir die Chancen sehen, die in der Eigenverantwortung liegen, die

Chancen für jeden Einzelnen, seine Lebensumstände zu verbessern,und dies

15D e u t s c h e F ra g e n

D r. M a n f r e d We b e r

Chancen ersch l ießen durch E igenverantwor tung – Begrüßung und E in führung

14D e u t s c h e F ra g e n

We r ke i n e Ve r a n t w o r t u n g z u b i l l i g t ,n i m m t F r e i h e i t .

Noch immer hat die Politik

zu wenig Mut zu Reformen.

Auf dem Arbeitsmarkt sind

mit der Ausweitung der Mit-

bestimmung, im Zusammen-

hang mit befristeten Arbeits-

verhältnissen und mit dem

erweiterten Recht auf Teilzeit-

arbeit Schritte in die falsche

Richtung gemacht worden.

Page 9: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

P r o f e s s o r D r. M a r g r e t Wi n t e r m a n t e l

Grußwort

Meine Damen und Herren,

sehr herzlich begrüßen möchte ich Sie im Namen der Uni-

versität zu diesem Symposium, das vom Bundesverband

deutscher Banken gemeinsam mit der Universität des Saar-

landes veranstaltet wird. Die hier aufgeworfene Frage „Wie

viel Eigenverantwortung brauchen wir?“ ergibt sich zu-

nächst angesichts der Überforderung unserer sozialen Siche-

rungssysteme, deren Reform zu den großen Herausforde-

rungen unserer Zeit gehört. Doch betrifft sie allgemeiner

noch das Verhältnis zwischen dem Individuum und seinem

gesellschaftlichen Umfeld. Die Frage der Eigenverantwor-

tung stellt sich in den Universitäten sowohl im Umgang mit

der Wissenschaft als auch mit den beteiligten lehrenden, forschenden und ler-

nenden Personen. Im Bereich wissenschaftlichen Arbeitens und im Studium

gehört Eigenverantwortung zur Grundvoraussetzung des Erfolgs.

Nur in einem Klima von Freiheit und Eigenverantwortung kann

Wissenschaft gedeihen, geht es hier doch nicht nur um die Weitergabe

bereits von anderen gefundener Erkenntnisse, sondern um die Reflexion die-

ser Erkenntnisse unter immer wieder veränderten Perspektiven und um die

Beteiligung an der Erweiterung des Wissens. Dies aber kann nicht einfach

verordnet werden.Hier bedarf es der Freiräume des Suchens,die schon Hum-

boldt in seiner Universitätsreform eingefordert hat und deren Erhalt daran

geknüpft ist, dass die Universität und ihre Wissenschaftler in hohem Maße

Eigenverantwortung übernehmen.

Die akademische Freiheit ist ein Vertrauensbeweis der Gesell-

schaft gegenüber einer geistigen Elite,dem diese auch gerecht werden muss.

17D e u t s c h e F ra g e n

nicht nur materiell. Es wäre zu begrüßen, wenn wir hier Fortschritte erzie-

len würden – Fortschritte in Richtung auf eine richtig verstandene soziale

Verantwortung, auf mehr bürgerschaftliches Engagement und auf eine wirk-

liche Solidarität. Ansonsten wird der Staat leicht allmächtig, jedenfalls zu

mächtig. Und wahre Mitmenschlichkeit bleibt dann rasch

auf der Strecke.

„Wer mit den Wölfen heult, wird Wolf.“ Das ist

ein Romantitel des saarländischen Literaten Ludwig Harig,

an den ich mich hier erinnert fühle. Man kann auch sagen:

Wer keine Verantwortung zubilligt, nimmt Freiheit. Der Staat kann keine

absolute Sicherheit bieten. Er steht selbst Grenzen gegenüber; dies ist in den

letzten Jahren sehr deutlich geworden. Es ist Zeit für mehr Eigenverantwor-

tung, und ich würde mich freuen, wenn diese Erkenntnis von diesem Sym-

posium befördert wird.

D r. M a n f r e d We b e r

Chancen ersch l ießen durch E igenverantwor tung – Begrüßung und E in führung

16D e u t s c h e F ra g e n

Eigenverantwortung ist keine

unangenehme Notwendigkeit.

Vielmehr sollten wir die

Chancen sehen, die in der

Eigenverantwortung liegen.

Professor Dr. Margret WintermantelPräsidentin der Universität desSaarlandes

Page 10: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Kein Wissenschaftler kann sich heute mehr in „Einsamkeit und Freiheit“

nach der Humboldtschen Maxime richten, „die Wissenschaft als noch nicht

ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes zu betrachten und unabläs-

sig als solches zu suchen“.

Und, was die staatliche Einflussnahme auf die Universität und ihre

Mitglieder betrifft, so bin ich der Meinung, dass die autonome, mit dem Staat

partnerschaftlich verbundene Universität als Organisationsform für Lehrende

und Lernende am besten geeignet ist, jedenfalls besser als

eine Hochschule, die als nachgeordnete Behörde verstan-

den wird. Wir haben immer noch zu viele Reglementie-

rungen in der Universität, sicher fehlt es uns häufig aber

auch an Mut, uns dem Wettbewerb konsequent zu stellen.

Umso wichtiger ist es, die Universität in ihrer

Eigenverantwortung zu stärken und sie als Ort der Freiheit

und der wissenschaftlichen Neugier, aber auch des kriti-

schen Umgangs mit Wissen und fest gefügten Meinungen zu bewahren. Ent-

sprechend besteht eine zentrale Aufgabe der Lehre in der Erziehung zu Frei-

heit, Eigenverantwortung und Respekt gegenüber dem anderen im Denken

und Handeln. Die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft hängt davon ab,

inwieweit uns die Bewältigung dieser Aufgabe gelingt.

19D e u t s c h e F ra g e n

Und hier hat gerade in den letzten Jahren ein Prozess begonnen, in dem

zunehmend kritisch gefragt wird, in welchem Umfang dieses Vertrauen

gerechtfertigt ist und ob tatsächlich genügend Dynamik

und Verantwortung auf Seiten der Universitäten vorhan-

den sind, um sich erfolgreich den hoch komplexen

Zukunftsfragen zu widmen, die hier auf der Basis wissen-

schaftlicher Erkenntnisse zu beantworten sind.Doch wäre

es verfehlt, eine noch stärkere Kontrolle vorzunehmen und dadurch die Ver-

antwortung einzuschränken.Gerade in den Institutionen der Forschung und

Wissenschaft muss eine Kultur der Kreativität,der Risikobereitschaft und der

Produktivität herrschen.

Die Eigenverantwortung der Wissenschaftler ist klar. Ihre eigent-

liche Triebfeder und gleichzeitig auch Verantwortlichkeit ist die Suche nach

intersubjektiv nachvollziehbaren neuen Erkenntnissen. Doch müssen sie

heute, mehr als dies früher der Fall war, den Dialog mit der Öffentlichkeit

führen. Sie müssen der Gesellschaft erklären, warum wel-

ches Projekt begonnen wird, und sie müssen ihre Vorge-

hensweisen und ihre Befunde verständlich vermitteln

können. Die Resultate der Wissenschaft werfen immer

wieder neue ethische und rechtliche Probleme auf,die die

Berechtigung der Forschung unter Umständen in Frage

stellen. Insoweit hat sich die Verantwortung der Forscherinnen und For-

scher nachhaltig geändert: Die Frage der Legitimation wird zu Recht nach-

drücklicher gestellt, als dies früher der Fall war.

Daran schließt sich die Frage der Verantwortung der Wissenschaft

gegenüber der Notwendigkeit des Wissens- und Technologietransfers an.

D r. M a r g r e t Wi n t e r m a n t e l

Grußwor t

18D e u t s c h e F ra g e n

Die akademische Freiheit

ist ein Vertrauensbeweis der

Gesellschaft gegenüber einer

geistigen Elite, dem diese

auch gerecht werden muss.

Die Verantwortung der For-

scherinnen und Forscher hat

sich geändert: Die Frage der

Legitimation wird zu Recht

nachdrücklicher gestellt, als

dies früher der Fall war.

Die autonome, mit dem

Staat partnerschaftlich

verbundene Universität ist

als Organisationsform für

Lehrende und Lernende besser

geeignet als eine Hochschule,

die als nachgeordnete

Behörde verstanden wird.

Page 11: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Wir stehen sicherlich am Beginn des 21. Jahrhunderts vor der Heraus-

forderung, das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft neu zu bestim-

men. Die Globalisierung, die Individualisierung der

Lebensstile, aber auch die zunehmend erkennbare Ineffi-

zienz staatlicher Regulierungstätigkeit in einer ganzen

Reihe von Handlungsfeldern erfordert Umdenken, erfor-

dert neues Nachdenken.Wir müssen akzeptieren, dass der

moderne demokratische Staat heute viele gesellschaftli-

che und ökonomische Entwicklungen nur noch begrenzt beeinflussen kann.

Eigentlich ist die Situation ein Stück weit paradox. Auf der einen Seite regis-

trieren wir eine zunehmende faktische Ohnmacht des Staates gegenüber

den Prozessen der Globalisierung, auf der anderen Seite gibt es aber nach

wie vor eine reformresistente Allzuständigkeitserwartung an den Staat, ins-

besondere im Bereich der sozialen Absicherung. Ich glaube, dass vor diesem

Hintergrund sicherlich die Aufgabe besteht, neu zu definieren, wo die Gren-

zen staatlicher Handlungsmöglichkeiten verlaufen und in

welchem Umfang in diesem Zusammenhang Eigenverant-

wortung und aktive Bürgergesellschaft neu zu definieren

sind. Notwendig ist sicherlich, klassische Formen staat-

licher Tätigkeit zu überprüfen. Notwendig ist zu überprü-

fen, ob in der heutigen Zeit eine Ausweitung staatlicher

Regelungstätigkeit sinnvoll ist und zu vernünftigen Ergebnissen führt oder

ob vernünftige Ergebnisse nicht viel eher dadurch möglich gemacht werden,

dass staatliche Regulierungstätigkeit, dass staatliche Normsetzungstätigkeit

zurückgenommen wird. Ich glaube, dass gerade eine Reihe aktueller Bei-

spiele – etwa das 630-DM-Gesetz, die Novellierung des Betriebsverfassungs-

21D e u t s c h e F ra g e n

Wir müssen akzeptieren, dass

der moderne demokratische

Staat heute viele gesell-

schaftliche und ökonomische

Entwicklungen nur noch

begrenzt beeinflussen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich als Ministerpräsident des Saarlandes, dass

der Bundesverband deutscher Banken als Ort für sein

Symposium zur Frage der Eigenverantwortung die

saarländische Landeshauptstadt ausgewählt hat. Erstens,

weil wir Sie sehr gerne in der Hauptstadt des jüngsten

alten Bundeslandes begrüßen; zum Zweiten, weil es die

Gelegenheit gibt, zu einem der zentralen Felder der poli-

tischen und gesellschaftlichen Debatte einige Gedanken

auszutauschen; und zum Dritten, weil ich glaube, dass

wir auch gerade in der Politik dieses Landes versuchen,

die Frage nach der Bedeutung des Verhältnisses von

Eigenverantwortung und staatlicher Betreuung neu zu diskutieren, weil

wir dabei auch versuchen, neue Wege zu gehen. Herr Weber, Sie haben in

diesem Zusammenhang ja dankenswerterweise in Ihrer Einführung ein

paar Stichworte genannt.

„Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergesellschaft“ – das ist das

Thema, zu dem ich gebeten worden bin, ein paar Sätze zu sagen. Ich tue es

sehr gerne, ist es doch ein Thema,das ein zentrales Spannungsfeld sehr deut-

lich beschreibt: das Spannungsfeld zwischen klassischen wohlfahrtsstaat-

lichen Konzepten umfänglicher Betreuung und der Vorstellung, dass mögli-

cherweise die Unfähigkeit des Staates, diesem Betreuungsanspruch gerecht

zu werden, der Kompensation durch aktive bürgerschaftliche Konzepte und

Ideen bedarf. Beides – Betreuungsstaat und Bürgergesellschaft – scheint mir

in Reinkultur problematisch zu sein, und ich will versuchen, deutlich zu

machen, warum dies aus meiner Sicht so ist.

20D e u t s c h e F ra g e n

Wir stehen am Beginn des

21. Jahrhunderts vor

der Herausforderung, das

Verhältnis zwischen

Staat und Gesellschaft neu

zu bestimmen.

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergesellschaft

Peter MüllerMinisterpräsident des Saarlandes

Page 12: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

an dieser Stelle gibt, dann ist das für mich ein Beleg dafür, dass auch hier die

Zeichen der Zeit nicht ausreichend erkannt worden sind.

Meine Damen und Herren,

die Gleichzeitigkeit von behaupteter staatlicher Allmacht und faktisch teil-

weise vorhandener Ohnmacht drängt mal den Bürger, mal den Staat in eine

Zuschauerrolle zurück. Der mit dieser Divergenz einhergehende Kompe-

tenz- und Autoritätsverlust des Staates berührt wesentliche Sicherheitsbe-

dürfnisse der Bürgerinnen und Bürger. Eine Ökonomisie-

rung unserer Gesellschaft, die dazu führt, dass Menschen

nicht mehr Subjekt, sondern nur Objekt mächtiger, kom-

plexer und für den Außenstehenden kaum durchschauba-

rer Marktprozesse werden, entspricht nicht dem Grund-

verständnis der sozialen Marktwirtschaft, entspricht nicht dem Verständnis

der sozialen Marktwirtschaft, wie es von Ludwig Erhard, Alfred Müller-

Armack oder Walter Eucken entwickelt worden ist. Für sie war klar:

Wirtschaft hat dem Menschen zu dienen und nicht umgekehrt. Dieses muss

nachvollziehbar, dieses muss transparent sein. Und wenn heute viele wirt-

schaftliche Prozesse nicht mehr nachvollzogen werden, wenn sie Angst pro-

duzieren und wenn daraus eine in ihren extremen Ausprägungsformen mili-

tante Ablehnung des Prozesses der Globalisierung wird, dann liegt dies auch

daran, dass es Versäumnisse in der Aufarbeitung dieser Ängste gibt. Sicher-

lich ist es Aufgabe der Politik, diese Ängste aufzugreifen, diese Ängste ernst

zu nehmen, über die Risiken der Globalisierung genauso zu reden, wie über

die Chancen der Globalisierung und über diesen Dialog die Prozesse zu steu-

ern, damit sie nicht zu Äußerungsformen führen, die wir beim letzten Welt-

wirtschaftsgipfel leider gemeinsam erleben mussten.

23D e u t s c h e F ra g e n

gesetzes, die Ökosteuer oder der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit – eine

staatliche Steuerungsfähigkeit vortäuschen, die faktisch längst nicht mehr

vorhanden ist. Der Staat kann in vielen Bereichen gar nicht mehr so steuern,

wie es möglicherweise von ihm erwartet wird, und deshalb sollte er sich

davor hüten,mit derartigen Gesetzen Fähigkeiten vorzutäuschen,über die er

längst nicht mehr verfügt.

Natürlich muss neben staatlicher Rechtsetzungstätigkeit auch

sonstige staatliche Tätigkeit überprüft und neu bestimmt werden. Wir füh-

ren in diesem Lande beispielsweise eine Debatte um staatliche Subventions-

tätigkeit, auch dies ja unter Betreuungsgesichtspunkten. Eine Frage, die

immer wieder an uns herangetragen wird, lautet: Ist ein betreuender Staat

nicht verpflichtet, durch den Einsatz staatlicher Mittel auch Arbeitsplätze

dort zu halten, wo unter den Bedingungen des Marktes diese Arbeitsplätze

wegfallen müssten? Für mich ist die Debatte, beispielsweise um die Subven-

tionierung der Steinkohleförderung, die dieses Land ja in besonderer Weise

betrifft, eine Debatte, die nach wie vor belegt, dass in vielen Bereichen der

Politik die Unsinnigkeit von Erhaltungssubventionen nach wie vor nicht ver-

innerlicht ist, dass in vielen Bereichen die Notwendigkeit von Anpassungs-

subventionen nicht genügend thematisiert wird. Wenn es uns bis zum heu-

tigen Tage, obwohl wir dies nun wirklich nicht seit Jahren, sondern

mittlerweile seit Jahrzehnten einfordern, nicht gelungen ist, in einen Dialog

mit anderen politischen Entscheidungsträgern darüber einzutreten, wie wir

denn schrittweise Beihilfen zur Förderung von Steinkohle umwandeln kön-

nen in Strukturhilfen, um auf dieser Basis die Entstehung von Arbeitsplätzen

zu begünstigen, die sich dann im Wettbewerb behaupten können, und wenn

es bis zum heutigen Tag eine Diskussionsverweigerung der Bundesregierung

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergese l lschaf t

22D e u t s c h e F ra g e n

Wirtschaft hat dem

Menschen zu dienen und

nicht umgekehrt. Dieses

muss nachvollziehbar, dieses

muss transparent sein.

Page 13: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Die Menschen des 21. Jahrhunderts sind Augenzeugen einer Zeitenwende,

die die Steuerungsfähigkeit der Politik, aber auch die Kompensationsfähig-

keit unserer Gesellschaft auf eine Weise herausfordert, die

in der Geschichte ohne Beispiel ist. Resignation ist zur

Bewältigung dieser Herausforderung ebenso wenig geeig-

net wie wohlfahrtsstaatlicher Regulierungswahn und die

Vision der Allzuständigkeit des Staates. Es ist eine Illusion

zu glauben, dass die Krise des Sozialstaates ohne grundle-

gende Verhaltensänderungen und mit einer Mentalität der Besitzstandswah-

rung zu bewältigen ist. Es ist eine Illusion zu glauben, dass einseitige

Beschränkungen des internationalen Wettbewerbs und protektionistische

Barrieren die Beschäftigtenentwicklung und die Wettbewerbschancen einer

Exportnation verbessern können. Und es ist eine Illusion zu glauben, dass

von einer Umverteilung der Arbeitszeit positive Beschäftigungseffekte zu

erwarten sind, wenn die Beschäftigten zwar die Arbeit, vom Prinzip her aber

nicht den Lohn mit den Unbeschäftigten teilen sollen. Die betreuungsstaat-

liche Debatte ist, dies zeigt sich gerade in der Arbeitszeitdebatte, typischer-

weise immer auch eine Umverteilungsdebatte. Bevor wir

aber über die Frage der Verteilungsgerechtigkeit reden

können, die eine wichtige Frage ist, ist die Frage nach der

Leistungsgerechtigkeit zu stellen. Leistungsgerechtigkeit

ist die vorrangige Frage, vor der Frage nach der Vertei-

lungsgerechtigkeit. Bevor die Frage der Verteilung gestellt wird, muss die

Frage gestellt werden, wie durch eine Organisation von Wachstumsprozes-

sen der anschließend zur gerechten Verteilung anstehende Kuchen mög-

lichst groß gemacht wird.

25D e u t s c h e F ra g e n

Wenn es so ist, dass Wirtschaft dem Menschen zu dienen hat, wenn es des-

halb so ist, dass Wirtschaft einen Ordnungsrahmen braucht, innerhalb des-

sen sich Markt und Wettbewerb entfalten, dann ist dies eine Frage, die

heute nicht mehr nur national, auch nicht mehr nur europäisch gestellt

werden kann, sondern dann ist dies eine Frage, die heute

international gestellt werden muss. Und deshalb ist die

Frage wichtig, was der soziale Ordnungsrahmen eines

marktwirtschaftlichen Systems unter den Bedingungen

der Globalisierung ist. Die Frage der sozialen Marktwirtschaft ist heute zur

Frage der internationalen sozialen Marktwirtschaft geworden. Insofern ist

die Forderung, eine neue soziale Marktwirtschaft zu definieren, eine

berechtigte Forderung.

Mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Deutschland muss ein

Reformkonzept all diesen Entwicklungen Rechnung tragen. Führungsstruk-

turen und Unternehmenskulturen müssen sich im Interesse der Wettbe-

werbsfähigkeit an internationalen Standards und der neuen Qualität welt-

wirtschaftlicher Interdependenzen orientieren. Auch der institutionelle

Rahmen unserer Volkswirtschaft muss neu bemessen werden, damit die

Funktionsfähigkeit des Marktes und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirt-

schaftsstandortes gewahrt werden. Das heißt, der Wirtschaftsstandort

Deutschland braucht ordnungspolitisch konsistente Rahmenbedingungen

für die markt- und wettbewerbsfähige, aber auch für die faire und gemein-

wohlverträgliche Gestaltung von Marktbeziehungen. Dies entspricht dem

klassischen Verständnis von sozialer Marktwirtschaft, die unter den Bedin-

gungen der Globalisierung, der Digitalisierung und der Individualisierung

neu definiert werden muss.

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergese l lschaf t

24D e u t s c h e F ra g e n

Der moderne Sozialstaat

muss in Zukunft stärker auf

ein ausgewogenes Verhältnis

von Subsidiarität und Soli-

darität achten.

Bevor wir aber über die

Frage der Verteilungs-

gerechtigkeit reden können,

die eine wichtige Frage ist, ist

die Frage nach der Leistungs-

gerechtigkeit zu stellen.

Die Frage der sozialen Markt-

wirtschaft ist heute zur Frage

der internationalen sozialen

Marktwirtschaft geworden.

Page 14: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

27D e u t s c h e F ra g e n

Der moderne Sozialstaat muss in Zukunft stärker auf ein ausgewogenes Ver-

hältnis von Subsidiarität und Solidarität achten. Er muss stärker die Bereit-

schaft zur Wahrnehmung von Eigenverantwortung stimulieren. Vollkasko-

mentalität und missbräuchliche Inanspruchnahme von

sozialen Versorgungsleistungen gefährden nicht nur den

materiellen Unterbau der sozialen Sicherungssysteme, sie

gefährden auch in hohem Maße den Grundkonsens, auf

dem diese Gesellschaft aufgebaut ist. In der Abwandlung

des berühmten Kennedy-Zitats, das Sie alle kennen, gilt

heute mehr denn je: „Bevor du fragst, was der Staat für

dich tun kann, frage, was du selber für dich tun kannst.“ Subsidiarität geht

vor Solidarität. Das Subsidiaritätsprinzip verlangt von jedem Einzelnen, dass

er die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Fähigkeiten nutzt,

bevor er Ansprüche an die Solidargemeinschaft formuliert. Diese Bereit-

schaft zur Eigenverantwortung ist nicht nur ein richtig verstandenes Aufar-

beiten des Begriffes der Solidarität, sondern garantiert auch ein Stück Libe-

ralität im Sinne eines grundsätzlich staatskritischen Freiheitsverständnisses.

Sie entspricht einem Menschenbild, das dem Einzelnen

seine Eigenverantwortung nicht zumutet,sondern zutraut.

Reformpolitik für Deutschland braucht deshalb

nach meiner Überzeugung eine konsequente Rückbesinnung auf das Subsi-

diaritätsprinzip auf allen Verantwortungsebenen. Dies bedeutet für den

Staat, sich weitestmöglich auf das Setzen von Rahmenbedingungen zu

beschränken, Kompetenzen klar zuzuordnen und die notwendigen Gestal-

tungsspielräume für eigenverantwortliches Handeln freier und mündiger

Bürger zu schaffen. Wir brauchen nicht mehr Staat. In einem Staat mit einer

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergese l lschaf t

26D e u t s c h e F ra g e n

Das Subsidiaritätsprinzip

verlangt von jedem Einzelnen,

dass er die ihm zur Verfügung

stehenden Möglichkeiten

und Fähigkeiten nutzt, bevor

er Ansprüche an die Solidar-

gemeinschaft formuliert.

Eigenverantwortung ist nicht

Zumutung, sondern etwas, das

jedem zugetraut werden sollte.

E s i s t e i n e I l l u s i o n z u g l a u b e n ,d a s s d i e K r i s e d e s S o z i a l s t a a t e s o h n e

g r u n d l e g e n d e Ve r h a l t e n s ä n d e r u n g e n u n d m i t e i n e r M e n t a l i t ä t d e r

B e s i t z s t a n d s w a h r u n g z u b e w ä l t i g e n i s t .

Page 15: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Die zweite Verantwortungsebene für Reformpolitik betrifft die Tarifpar-

teien. Hier ist konsensorientierter Zusammenarbeit der Vorzug vor gegen-

seitiger Blockade zu geben. Bei Tarifabschlüssen ist die gesamtwirtschaftli-

che Leistung zu berücksichtigen. Tarifabschlüsse sollten

sich überbetrieblich auf die Festlegung von Eckwerten

beschränken. Die betriebsnahe Lösung, von den Handelnden im Unterneh-

men ausgehandelt, sollte Vorrang haben vor denjenigen Regelungen, die auf

überbetrieblicher Ebene stattfinden. Wir brauchen mehr Tarifverträge mit

Öffnungsklauseln. Wir müssen in diesen Bereichen durchgängig dazu kom-

men, dass betriebliche Vereinbarungen, die mit Zustimmung der dortigen

Arbeitnehmervertretungen getroffen worden sind, nicht verhindert werden

dürfen durch das Veto von Funktionärseliten, die außerhalb des Unterneh-

mens nach der gegenwärtigen Rechtslage im Zweifel in der Lage sind,

betriebliche Vereinbarungen zu torpedieren.

Die dritte Verantwortungsebene sind die Unternehmen. Hier

wird es notwendig sein, Führungsverantwortung zu delegieren, mehr Mit-

sprachemöglichkeiten für Arbeitnehmer zu eröffnen,dadurch Arbeitnehmer

zu motivieren und die Verantwortungsbereitschaft für betriebliche Belange

zu fördern.

Viertens schließlich sind auch die Bürger gefordert. Die Bürger

müssen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass es zunächst einmal darum

geht, durch Leistung und Eigenvorsorge im Rahmen dessen, was jeder Ein-

zelne leisten kann, Ansprüche zu begründen, dass es notwendig ist, Mit-

sprachemöglichkeiten aktiv wahrzunehmen, sich für das Gemeinwesen zu

engagieren, bevor die Frage nach staatlichen Leistungen gestellt wird. Die

Diskussion um die aktive Bürgergesellschaft ist eine notwendige Debatte.

29D e u t s c h e F ra g e n

Staatsquote von etwa 50 Prozent kann man sich ja ernsthaft fragen, ob wir

überhaupt noch in einem marktwirtschaftlichen System leben.Wir brauchen

weniger Staat. Wir brauchen eine deutliche Rücknahme staatlicher Regulie-

rungstätigkeit.Und ich darf sagen,dass wir vor diesem Hintergrund versucht

haben, in diesem Bundesland erste Schritte zu gehen. Ich habe in meiner

Regierungserklärung gesagt, das Saarland, die neue saar-

ländische Landesregierung, wird die erste Landesregie-

rung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

sein, die mindestens doppelt so viele Gesetze aufhebt, wie sie neue Gesetze

schafft. Im Moment sind wir mit einer Totalrevision der Verwaltungsvor-

schriften dieses Landes beschäftigt. Wir haben in einem ersten Schritt von

den gut 3.000 Verwaltungsvorschriften, die es im Saarland gibt, 1.365 ersatz-

los aufgehoben. Das waren 40 Kilo Vorschriften, die in diesem Lande nicht

mehr gelten – und keiner hat’s gemerkt, meine sehr ver-

ehrten Damen und Herren. Ich glaube, dass genau dieses

ein Weg ist, den es weiter zu gehen gilt. Die Präsidenten

aller deutschen Parlamente freuen sich, wenn sie am Ende

des Jahres – die letzte Parlamentssitzung im Jahr ist die Sit-

zung des Parlamentspräsidenten –, wenn sie in dieser Sit-

zung darauf hinweisen können, in wie vielen Sitzungen

wie viele Gesetze durch das Landesparlament beschlossen

worden sind. Auf dem richtigen Weg in Deutschland sind

wir dann, wenn die Präsidenten aller deutschen Parlamente am Jahresende

mit Freude verkünden,wie viele Gesetze im zurückliegenden Jahr durch den

Landesgesetzgeber aufgehoben worden sind, statt zu verkünden, wie viele

geschaffen worden sind.

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergese l lschaf t

28D e u t s c h e F ra g e n

Wir brauchen mehr Tarif-

verträge mit Öffnungsklauseln.

Wir brauchen nicht

mehr Staat. Wir brauchen

weniger Staat.

Auf dem richtigen Weg

sind wir dann, wenn die

Präsidenten aller deutschen

Parlamente am Jahresende

mit Freude verkünden, wie

viele Gesetze im zurück-

liegenden Jahr durch den

Landesgesetzgeber aufgehoben

worden sind.

Page 16: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

31D e u t s c h e F ra g e n

Nicht selten entsteht dabei der Eindruck, dass die Forderung nach der ak-

tiven Bürgergesellschaft so etwas ist wie die Forderung nach einem Aus-

fallbürgen in denjenigen Bereichen, in denen der Staat seine Handlungsfä-

higkeit verloren hat. Genau darum geht es aber nicht, sondern es geht

darum, zur Kenntnis zu nehmen, dass es bestimmte Zielsetzungen gibt,

deren Verwirklichung in den staatlichen Händen sinnvoll

nicht gelingen kann.

Wenn Sie es orientieren an den klassischen

Werten der Französischen Revolution,also an Liberté,Ega-

lité und Fraternité, dann ist die Herstellung der Liberté, der Freiheit, sicher-

lich Aufgabe des Staates, die er auch erfüllen kann durch entsprechendes

gesetzgebendes Verhalten, durch normatives Verhalten und den Vollzug des-

selben.Auch die Herstellung der Egalité, die Herstellung der Gleichheit, ver-

standen als Chancengerechtigkeit, ist etwas, was auch

durch staatliches Handeln wesentlich beeinflusst werden

kann. Die Herstellung der Fraternité, der Brüderlichkeit –

ich glaube, das ist jetzt politisch unkorrekt, das heißt Geschwisterlichkeit

mittlerweile –, die Herstellung der Geschwisterlichkeit kann der Staat nicht

leisten. Und es war sicherlich einer der großen Fehler der Politik in den ver-

gangenen Jahren und Jahrzehnten, dass der Staat immer wieder so getan hat

und sich dem Anspruch unterworfen hat, Fraternité, also Geschwisterlich-

keit zu organisieren. Genau daraus resultieren wohlfahrtsstaatliche Betreu-

ungskonzepte, die ökonomisch höchst ineffizient sind und uns unter

Gesichtspunkten der Humanität am Ende nicht weitergebracht haben. Und

deshalb glaube ich, dass genau hier der Punkt ist, an dem die aktive Bürger-

gesellschaft in besonderer Weise gefordert ist.

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergese l lschaf t

30D e u t s c h e F ra g e n

Es gibt Zielsetzungen,

deren Verwirklichung

in staatlicher Hand nicht

sinnvoll gelingen kann.

Die Herstellung der Fraternité,

der Geschwisterlichkeit, kann

der Staat nicht leisten.

D i e B e r e i t s c h a f t z u r E i g e n v e r a n t w o r t u n gi s t n i c h t n u r e i n r i c h t i g v e r s t a n d e n e s

A u fa r b e i t e n d e s B e g r i f f e s d e r S o l i d a r i t ä t ,s o n d e r n g a r a n t i e r t a u c h e i n S t ü c k

L i b e r a l i t ä t i m S i n n e e i n e s g r u n d s ä t z l i c hs t a a t s k r i t i s c h e n F r e i h e i t s v e r s t ä n d n i s s e s .

Page 17: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

ken – das ist ja eines der Versprechen, das im Raume stand mit Blick auf die

laufende Legislaturperiode –, wenn diese Ankündigung nicht wahr gemacht

werden kann und wenn ganz im Gegenteil davon auszugehen ist, dass wir

im nächsten Jahr eine deutliche Anhebung der Beitragssätze im Bereich der

Gesundheitsvorsorge erhalten, dann deshalb, weil es uns letztlich nicht

gelungen ist, dieses grundsätzliche Umdenken in unsere Gesundheits-

systeme hineinzutragen.

Das zweite Beispiel ist die subsidiäre Arbeitsmarktpolitik. Ich

glaube,dass wir auch in diesem Bereich mehr Anreize setzen müssen,um die

Motivation zur Arbeitsaufnahme zu fördern. Wir müssen fragen, ob wir in

diesem Bereich nicht einzelne Systeme haben, die anstatt

Motivation zur Arbeitsaufnahme zu sein, Motivation sind,

Arbeit nicht aufzunehmen. Subsidiäre Arbeitsmarktpolitik

im Sinne einer konsequenten Umsetzung des Lohnab-

standsgebotes heißt, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass es in

Deutschland nicht an Arbeit fehlt.Das Problem,das wir haben,besteht darin,

dass die Preise, die für diese Arbeit verlangt werden, so sind, dass die Arbeit

zu diesen Preisen in vielen Bereichen nicht abgenommen werden kann.Des-

halb werden wir an einer grundsätzlichen Debatte von Kombi-Lohnmodel-

len nicht vorbeikommen. Davon bin ich fest überzeugt.

Nennen Sie das Kind wie Sie wollen, nennen Sie es nega-

tive Einkommensteuer, nennen Sie es Kombi-Lohn: Wenn

es uns nicht gelingt, Systeme zu schaffen, in denen es eine

vernünftige Kombination von Transfereinkommen und Arbeitseinkommen

im Bereich gering qualifizierter Tätigkeit gibt, werden wir dauerhaft be-

stimmte Probleme im Bereich der Beschäftigung nicht lösen können. Das

33D e u t s c h e F ra g e n

Aus dieser Überlegung, aus der Wiederbelebung des Subsidiaritätsprinzips

auf allen Verantwortungsebenen ist eine Vielzahl von Reformkonzepten

abzuleiten, die, wenn sie umgesetzt werden, geeignet sind, dem Spannungs-

feld zwischen staatlichem Handeln auf der einen Seite und Wahrnehmung

der Eigenverantwortung auf der anderen Seite Rechnung zu tragen und die

Position der Bundesrepublik Deutschland auch im internationalen Maßstab

zu stabilisieren und zu verbessern. Wir brauchen sicherlich, um wenige Bei-

spiele zu nennen, eine subsidiäre Sozialpolitik. Subsidiäre Sozialpolitik

heißt: Es gilt im Grundsatz das Prinzip von Leistung und Gegenleistung. Die

großen Risiken Alter, Invalidität, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeits-

losigkeit müssen abgesichert werden. Bei der Frage nach den Absiche-

rungsstandards muss aber nach meiner Überzeugung sehr viel stärker auf

die Eigenverantwortung mündiger Bürgerinnen und Bürger vertraut wer-

den. Dazu gehört dann in der Folge mehr Wettbewerb zwischen sozialen

und gesundheitlichen Diensten, mehr Wahlmöglichkeiten auch für den Ein-

zelnen an Stelle von Einheitsleistungen. Dazu gehört eine Ausgestaltung bei-

spielsweise unserer Gesundheitspolitik, bei der es die Möglichkeit differen-

zierter Selbstbehalttarife gibt, bei der es die Möglichkeit gibt, in einem

System von Beitragsermäßigungen und Beitragsrückzahlungen Zuwahlmög-

lichkeiten zu eröffnen,bei denen ein Stück weit diejenigen,die Bezieher die-

ser Leistungen sind, zu Kunden gemacht werden, die als Kunden preisbe-

wusst Leistungen einkaufen können und entsprechende Leistungen auch in

ihrer Qualität garantieren. Die gesamte Debatte um die Senkung der Lohn-

nebenkosten, die eine wichtige Debatte mit Blick auf den Wirtschaftsstand-

ort Bundesrepublik Deutschland ist,wird sich an diesem Punkt entscheiden.

Und wenn die Ankündigung, die Lohnnebenkosten unter 40 Prozent zu sen-

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergese l lschaf t

32D e u t s c h e F ra g e n

Wir müssen in der Arbeits-

marktpolitik mehr Anreize

setzen, um die Motivation zur

Arbeitsaufnahme zu fördern.

An einer grundsätzlichen

Debatte von Kombi-Lohn-

modellen werden wir nicht

vorbeikommen.

Page 18: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

schleunigst und endgültig verabschieden sollten.Wir sollten uns orientieren

am Leitbild des mündigen, eigenverantwortlichen und aus sich selbst heraus

solidarisch handelnden Bürgers.Die Umsetzung dieses Leitbildes in konkrete

Politik wird sicherlich zu heftigen Auseinandersetzungen führen. Aber ich

denke, diese Auseinandersetzungen sind notwendig. Wir

können und wir sollen auf die Tragfähigkeit der grundle-

genden Tugenden der aktiven Bürgergesellschaft ver-

trauen. Wir brauchen dafür anreizorientierte Rahmenbe-

dingungen im Sinne des aktivierenden Staates.Aufgabe des

Staates ist nicht die Rundumbetreuung. Aufgabe des Staa-

tes ist das Setzen von Rahmenbedingungen zur Entfaltung einer aktiven Bür-

gergesellschaft. Oder lassen Sie es mich abschließend mit einem Zitat sagen,

einem Zitat von Ludwig Erhard aus dem Jahre 1957 aus seinem Buch „Wohl-

stand für alle“. Er schreibt dort: „Ich will mich aus eigener Kraft bewähren.

Ich will das Risiko des Lebens selbst tragen, ich will für mein Schicksal selbst

verantwortlich sein. Sorge du, Staat, dafür, dass ich hierzu in der Lage bin.“

35D e u t s c h e F ra g e n

dritte Beispiel ist die subsidiäre Tarifpolitik, also der Vorrang für betriebliche

Lösungen, ich habe dies im Einzelnen bereits angesprochen.

Ich glaube, dass wir in der Debatte um das Verhältnis von Betreu-

ungsstaat auf der einen Seite und aktiver Bürgergesellschaft auf der anderen

Seite eine grundsätzliche Besinnung auf das Prinzip und den Grundsatz der

Subsidiarität brauchen. Auf diesem Weg wird Eigenverant-

wortung stärker eingefordert werden können, auf diesem

Weg wird es möglich sein, den Staat auf die Erfüllung der-

jenigen Aufgaben zu reduzieren, die er sinnvollerweise

erfüllen kann und die er sinnvollerweise erfüllen soll. Auf

diesem Weg wird es möglich sein,ordnungspolitische Sün-

denfälle, die überall stattfinden, künftig zu vermeiden. Ich

glaube, dass einer der größten ordnungspolitischen Sündenfälle in den letz-

ten Jahren, der Fall Holzmann, in seinen psychologischen Wirkungen über-

haupt nicht unterschätzt werden kann. Denn auch hier wurde wieder ein

Stück weit die Illusion geschürt,dass der Staat am Ende der Nothelfer ist, der

bestimmte Probleme lösen kann. Es wird sich auch in die-

sem Fall zeigen, dass dem nicht so ist.

Das moderne Deutschland des 21. Jahrhunderts

braucht ein umfassendes Reformprogramm, um im Zeit-

alter der Globalisierung wirtschaftliche Prosperität und

Wettbewerbsfähigkeit, um auf Dauer Solidarität und soziale Gerechtigkeit

sichern zu können. Wir müssen den Teufelskreis aus Wachstumsschwäche,

stagnierender Arbeitslosigkeit, Haushaltsdefiziten und unbeherrschbaren

Sozialausgaben durchbrechen. Diese Abwärtsspirale ist das zwangsläufige

Ergebnis wohlfahrtsstaatlicher Machbarkeitsvisionen, von denen wir uns

Pe t e r M ü l l e r

Zwischen Betreuungsstaat und Bürgergese l lschaf t

34D e u t s c h e F ra g e n

Wir sollten uns orientieren

am Leitbild des mündigen,

eigenverantwortlichen und

aus sich selbst heraus solida-

risch handelnden Bürgers.

Aufgabe des Staates ist nicht

die Rundumbetreuung. Auf-

gabe des Staates ist das Setzen

von Rahmenbedingungen

zur Entfaltung einer aktiven

Bürgergesellschaft.

Einer der größten ordnungs-

politischen Sündenfälle der

letzten Jahre, der Fall Holz-

mann, kann in seinen psycho-

logischen Wirkungen über-

haupt nicht unterschätzt

werden.

Page 19: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

dass dann die Arbeitslosigkeit völlig beseitigt wird.Andere Maßnahmen müs-

sen darüber hinaus ergriffen werden, mit anderen Worten: Die Bekämpfung

der Arbeitslosigkeit stellt eine wirtschaftspolitische Paketlösung dar.

Lassen Sie mich zunächst etwas zu einigen Möglichkeiten sagen,

das institutionelle Regelwerk auf dem Arbeitsmarkt zu flexibilisieren, und

dabei ganz konkret einige Punkte ansprechen.

Adressaten eines Werbens für flexiblere Regelungen auf dem

Arbeitsmarkt sind nicht nur die Tarifvertragsparteien, sondern zunehmend

auch die Arbeitsgerichtsbarkeit, vor allem das Bundesarbeitsgericht. Dies

kann man sehr gut am Beispiel der Rechtsprechung zum

Günstigkeitsprinzip verdeutlichen, denn das Bundesar-

beitsgericht hat in seinem Urteil vom 20. April 1999 zum

Unterlassungsanspruch der Gewerkschaften bei tarifwidrigen betrieblichen

Regelungen sinngemäß Folgendes zum Ausdruck gebracht: Eine Beschäfti-

gungsgarantie ist nicht geeignet, Verschlechterungen beim Arbeitsentgelt

oder bei der Arbeitszeit zu rechtfertigen.

Abgesehen von der in diesem Satz zum Ausdruck kommenden

Bevormundung des Arbeitnehmers erscheint diese Aussage aus ökonomi-

scher Sicht höchst problematisch. Selbst die Gewerk-

schaften anerkennen den Zusammenhang zwischen Lohn-

höhe und Beschäftigung, denn sonst wäre ihr vehementes

Eintreten für eine Reduktion der Lohnzusatzkosten nicht

verständlich. Problematisch ist nun, dass das Bundesar-

beitsgericht Arbeitnehmern untersagt, abzuwägen zwi-

schen einer temporären Lohnzurückhaltung, etwa dadurch, dass man etwas

länger ohne Lohnausgleich arbeitet, und einer Arbeitsplatzsicherheit. Das ist

37D e u t s c h e F ra g e n

36D e u t s c h e F ra g e n

Die Bekämpfung der Arbeits-

losigkeit stellt eine wirtschafts-

politische Paketlösung dar.

Adressaten eines Werbens für

flexiblere Regelungen auf

dem Arbeitsmarkt sind nicht

nur die Tarifvertragsparteien,

sondern zunehmend auch

die Arbeitsgerichtsbarkeit.

P r o f e s s o r D r. Wo l f g a n g F ra n z

Wie wird der Arbeitsmarkt wieder zu einem Markt?

Meine Damen und Herren,

angesichts der hohen und persistenten Arbeitslosigkeit in

Deutschland und der öffentlichen Diskussion über geeig-

nete Maßnahmen zur Bekämpfung der Unterbeschäfti-

gung kommt dem Arbeitsmarkt eine herausragende

Bedeutung zu. Wir sind uns sicherlich einig, dass die

Hebung des Beschäftigungsstandes ein wirtschaftspoliti-

sches Ziel höchster Priorität darstellt. Auch die Bundes-

regierung sieht das so, denn der Bundeskanzler will den

Erfolg seiner Regierung bekanntlich an der Anzahl der

Arbeitslosen im Herbst nächsten Jahres messen lassen. Ich

lasse einmal dahingestellt, ob es ratsam war, eine konkrete

Zahl zu nennen, weil immer die Gefahr besteht, dass der bloßen Erfüllung

einer solchen quantitativen Vorgabe halber dann zu ungeeigneten Maßnah-

men gegriffen wird. Dessen ungeachtet kommt aus der Zielvorgabe des

Bundeskanzlers das energische Bemühen der Bundesregierung zum Aus-

druck, einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu leisten.

Vor diesem Hintergrund trifft es sich gut,dass der Bundesverband

deutscher Banken dem Arbeitsmarkt auf diesem Symposium einen so hohen

Stellenwert einräumt. Ich möchte auf zwei Aspekte eingehen, nämlich zum

einen auf Möglichkeiten der Flexibilisierung des institutionellen Regelwer-

kes des Arbeitsmarktes und zum anderen auf das Erfordernis einer beschäf-

tigungsfreundlichen Lohnpolitik. Beide Aspekte sind sehr wichtig, auch

wenn man hervorheben muss,dass die Arbeitslosigkeit nicht allein auf Grund

zu hoher Löhne oder zu inflexibler Arbeitsmarktregelungen entstanden ist

und eine Remedur dieser Fehlentwicklungen noch keine Garantie darstellt,

Prof. Dr. Wolfgang FranzPräsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung

Page 20: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

39D e u t s c h e F ra g e n

I c h h a l t e d e n F l ä c h e n t a r i f v e r t r a g n i c h t f ü r ü b e r h o l t , a b e r f ü r

g r ü n d l i c h ü b e r h o l u n g s b e d ü r f t i g .

schon bedenklich, aber es kommt noch mehr hinzu. Das Bundesarbeitsge-

richt glaubt nämlich, diese für Arbeitnehmer unter Umständen wichtige

Abwägung mit einem Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen kritisieren zu

müssen. Dies belegt einmal mehr, dass der ökonomische

Sachverstand in der Arbeitsgerichtsbarkeit vereinzelt

noch steigerungsfähig zu sein scheint. Das Bundesarbeits-

gericht darf sich dann auch nicht wundern, wenn auf

Grund einer solchen Wortwahl sein Urteil unter die Kate-

gorie „Fallobst“ abgetan wird. Unzureichend ist in diesem

Zusammenhang, wenn auch richtig, der Hinweis in dem

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes auf den Gesetzgeber. Das Bundesarbeits-

gericht hätte beispielsweise selbst die Regelungen des Günstigkeitsprinzips

auf den Prüfstand stellen können. In anderen Fällen war das Bundesarbeits-

gericht auch nicht gerade zimperlich, wenn es um die Weiterentwicklung

von Rechtsnormen ging.

Gemäß Paragraph 77, Absatz 3, des Betriebsver-

fassungsgesetzes sind Betriebsvereinbarungen nicht zuläs-

sig und damit unwirksam, wenn sie in Tarifverträgen nicht

vorgesehen sind und Tatbestände erfassen, die dort gere-

gelt werden. Dies hat zur Folge, dass es selbst einem nicht tarifgebundenen

Unternehmen rechtlich untersagt ist, mit dem Betriebsrat Verträge über

Arbeitsentgelte oder Arbeitsbedingungen abzuschließen, sofern diese

Gegenstand des Tarifvertrages sind.Ein solches Unternehmen muss derartige

Vereinbarungen mit jedem Arbeitnehmer einzeln treffen.Aus ökonomischer

Sicht behindert dieser Paragraph 77, Absatz 3, die notwendige Flexibilisie-

rung in untragbarer Weise.Wenn der Gesetzgeber nicht zu einer ersatzlosen

P r o f e s s o r D r. Wo l f g a n g F ra n z

Wie wi r d der Arbe i tsmarkt wieder zu e inem Markt?

38D e u t s c h e F ra g e n

Dies belegt, dass der ökono-

mische Sachverstand in der

Arbeitsgerichtsbarkeit ver-

einzelt noch steigerungsfähig

zu sein scheint.

Selbst die Gewerkschaften

anerkennen den Zusammen-

hang zwischen Lohnhöhe und

Beschäftigung, denn sonst

wäre ihr vehementes Eintreten

für eine Reduktion der Lohnzu-

satzkosten nicht verständlich.

Page 21: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

41D e u t s c h e F ra g e n

Streichung dieses Paragraphen schreiten will, dann sollte er zumindest vor-

schreiben, dass die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit von Betriebsver-

einbarungen in den Tarifverträgen vorsehen müssen.

Reformbedarf besteht auch bei anderen Regelungen des Tarifver-

tragsgesetzes. Nach wie vor harrt die Legaldefinition des Paragraphen 5 des

Tarifvertragsgesetzes ihrer Präzisierung, nämlich einer Präzisierung der

Frage, worin das öffentliche Interesse bei einer Allgemeinverbindlicherklä-

rung besteht. Dieses Ärgernis ist umso bedeutender ange-

sichts der Fehlentwicklungen in der Bauindustrie,wo eine

lästige ausländische Konkurrenz mit Hilfe protektionisti-

scher Maßnahmen unter dem Deckmantel der Allgemein-

verbindlicherklärung abgewehrt wurde. Der Gesetzgeber

sollte eindeutig klarstellen, worin genau ein öffentliches Interesse bei einer

Allgemeinverbindlicherklärung liegen kann, und damit eine Wiederholung

solcher Fehlentwicklungen ausschließen.

Eine Verkürzung der Fristen bei der Nachwirkung von Tarifver-

trägen, insbesondere bei Manteltarifverträgen, steht ebenfalls auf der Reform-

agenda für den Gesetzgeber. Die geltenden Fristen entsprechen nicht den

Flexibilitätserfordernissen an den Flächentarifvertrag und wären im besten

Fall überflüssig, nämlich dann, wenn die Tarifvertragsparteien von sich aus

für eine hinreichende Flexibilität des Flächentarifvertrages Sorge trügen.

Damit bin ich bei dem wichtigen Punkt der Flexibilisierung des Flä-

chentarifvertrages angelangt. Ich halte den Flächentarifvertrag nicht für über-

holt, aber für gründlich überholungsbedürftig. Für viele Unternehmen würde

ein flexibler Flächentarifvertrag die Kosten der Lohnverhandlungen reduzie-

ren und möglicherweise zu einem höheren Betriebsfrieden führen. Denn

P r o f e s s o r D r. Wo l f g a n g F ra n z

Wie wi r d der Arbe i tsmarkt wieder zu e inem Markt?

40D e u t s c h e F ra g e n

Der Gesetzgeber sollte eindeu-

tig klarstellen, worin genau

ein öffentliches Interesse bei

einer Allgemeinverbindlich-

erklärung liegen kann.

wenn man auf rein betriebliche Lohnfindungsprozesse setzt, muss man Fol-

gendes bedenken: Nicht immer ist das Unternehmen mit einem hoch koope-

rativen Betriebsrat konfrontiert, der ganz Ohr für die wirtschaftlichen Sorgen

der Unternehmensleitung ist,vielfach hört man genau das Gegenteil.Des Wei-

teren würde eine rein betriebliche Lohnfindung dazu führen, dass der

Betriebsrat über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens genau

Bescheid wissen will, das heißt, die Bücher müssten völlig offengelegt wer-

den, was dann zu einem Tarif der gläsernen Taschen führt. Schließlich ist zu

bedenken, dass Lohnverhandlungen nahezu zwangsläufig mit Konflikten ein-

hergehen. Bisher habe ich es stets als Vorteil des deutschen Systems der

Lohnfindung empfunden, wenn diese Konflikte aus dem Betrieb heraus und

auf die Verbandsebene verlagert werden konnten. Insoweit wundert mich

schon, wie behände einige Kommentatoren ausschließlich auf die betrieb-

liche Lösung von Lohnverhandlungen setzen wollen. Selbstverständlich muss

der Flächentarifvertrag flexibilisiert werden, am besten durch eine wirksame

Öffnungsklausel. Diese könnte vorsehen, dass, wenn Unternehmensleitung,

Betriebsrat und die Mehrheit der Beschäftigten einverstanden sind, unmittel-

bar von den Regelungen des Tarifvertrages abgewichen werden kann, ohne

dass ein Einspruchsrecht der Tarifvertragsparteien zwangsläufig vorgesehen

ist.Will man trotzdem ein Einspruchsrecht der Tarifvertragsparteien, so müss-

te vorher ein neutraler Schlichter bestellt werden und ein sehr zügiges

Schlichtungsverfahren mit Unterwerfungszwang beider Parteien vereinbart

werden. So weit einige Bemerkungen zu Flexibilitätserfordernissen auf dem

Arbeitsmarkt im Hinblick auf eine Änderung des institutionellen Regelwerkes.

Was die Notwendigkeit einer beschäftigungsfreundlichen Lohn-

politik angeht, so stellt sich zunächst die Frage, ob und inwieweit die Tarif-

Page 22: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

43D e u t s c h e F ra g e n

M i t u n t e r w i r d s u g g e r i e r t , d i e l ä s t i g e nA n p a s s u n g s z w ä n g e l i e ß e n s i c h d u r c h

n a t i o n a l e S c h u t z b e s t i m m u n g e n u n di n t e r n a t i o n a l e Ü b e r e i n k ü n f t e v e r m e i d e n .

D i e s e r We g f ü h r t i n d i e I r r e .

P r o f e s s o r D r. Wo l f g a n g F ra n z

Wie wi r d der Arbe i tsmarkt wieder zu e inem Markt?

42D e u t s c h e F ra g e n

lohnpolitik dem Erfordernis nachgekommen ist, einen Beitrag zu mehr

Beschäftigung zu leisten. Dazu sind zwei Elemente erforderlich:

Es muss ein Abschlag von den Lohnerhöhungen vorgenommen

werden, die im Fall eines hohen Beschäftigungsstandes beschäftigungsneu-

tral wären, das heißt, eine Reallohnerhöhung muss deutlich unterhalb der

Fortschrittsrate der Arbeitsproduktivität bleiben, um die Schaffung neuer

Arbeitsplätze zu unterstützen. Dabei ist zu bedenken, dass man die trend-

mäßige Entwicklung der Arbeitsproduktivität diesen

Berechnungen zugrunde legt, weil man sonst das absurde

Resultat erhält, dass sich jede noch so übermäßige Lohn-

erhöhung im Nachhinein rechtfertigt.Denn wenn eine sol-

che übermäßige Lohnerhöhung stattfindet, reagieren die

Unternehmen mit Entlassungen, und allein dadurch steigt

schon die statistisch gemessene Arbeitsproduktivität. Mit anderen Worten:

Der Anstieg der Arbeitsproduktivität muss um die so genannte Entlassungs-

Produktivitätszunahme korrigiert werden.

Ein Ausgleich für Preissteigerungen kann gegebenenfalls nur par-

tiell gewährt werden. Auf jeden Fall können Preissteigerungen, die auf eine

Erhöhung indirekter Steuern, etwa der Mineralölsteuer, oder eine relative

Verteuerung importierter Güter wie etwa Erdöl zurückgehen, nicht über

Lohnerhöhungen kompensiert werden. Denn diese Beträge sind längst ver-

teilt, an den Staat und an die OPEC, und im Zweifelsfall schon längst ausge-

geben, stehen also nicht erneut zur Verteilung zur Verfügung. Außerdem

kann kein Ausgleich für Preissteigerungen gewährt werden, wenn inländi-

sche exportierende Unternehmen keine Preiserhöhungsspielräume auf den

Weltmärkten besitzen. Schließlich darf die erwartete Preissteigerungsrate,

Wenn eine übermäßige Lohn-

erhöhung stattfindet, reagieren

die Unternehmen mit Entlas-

sungen, und allein dadurch

steigt die statistisch gemessene

Arbeitsproduktivität.

Page 23: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

45D e u t s c h e F ra g e n

die der Laufzeit des Tarifvertrages zugrunde liegt, nur mit geringeren Wer-

ten angesetzt werden, wenn die Rückführung einer Preissteigerungsrate

geboten ist.

Angesichts des internationalen Standortwettbewerbes kann der

notwendige Anpassungsbedarf von den Arbeitnehmern in vielfältiger Weise

bewältigt werden, nämlich durch Steigerung der Arbeitsproduktivität und

durch Lohnzurückhaltung. Vermehrte Ausbildungs- und Weiterbildungsan-

strengungen gehören dazu ebenso wie flexible Arbeitszeitregelungen und

eine berufliche und regionale Mobilität der Arbeitnehmer. Insoweit, als dies

nicht in hinreichendem Maße bewerkstelligt wird,müssen die Arbeitskosten

ins Blickfeld genommen werden. Damit kommt – wie gesagt – der Lohnpo-

litik eine wichtige Rolle zu.

Mitunter wird den Arbeitnehmern suggeriert, zumindest ein Teil

der sicherlich lästigen Anpassungszwänge ließe sich durch nationale Schutz-

bestimmungen und internationale Übereinkünfte vermeiden, also beispiels-

weise durch die Errichtung einer Sozialunion möglichst in

Anlehnung an in Deutschland herrschende Standards.Die-

ser Weg führt in die Irre.

Soweit es sich bei einer geplanten Sozialunion

um allgemein akzeptierte Mindestanforderungen handelt,

ist sie überflüssig,da diesbezügliche Bestimmungen bereits

von der International Labour Organization verbindlich

festgelegt wurden, und es somit höchstens um die Durchsetzung dieser

Regeln gehen kann. Gefordert wird aber häufig eine über Mindeststandards

hinausgehende Sozialunion, wobei nach Möglichkeit deutsche Standards als

Vorbild dienen sollen. Zu bezweifeln ist zunächst, ob eine solche EU-Sozial-

P r o f e s s o r D r. Wo l f g a n g F ra n z

Wie wi r d der Arbe i tsmarkt wieder zu e inem Markt?

44D e u t s c h e F ra g e n

Durch eine beschäftigungs-

freundliche Lohnpolitik und

eine Flexibilisierung des

institutionellen Regelwerkes

kann ein wirksamer Beitrag

zu mehr Beschäftigung

geleistet werden.

union überhaupt zustande kommt, würde sie doch die Arbeitnehmer in Län-

dern mit geringerer sozialer Absicherung ihres Wettbewerbsvorteils berau-

ben. Darauf werden sich diese Staaten kaum einlassen.Aber selbst wenn eine

Sozialunion errichtet würde, bedeutete sie je nach festgeschriebenen Stan-

dards einen mehr oder weniger schweren Eingriff in die Wahlfreiheit der

Arbeitnehmer. Ihnen würde vorgeschrieben, welchen Teil ihres Leistungsent-

gelts sie für ihre soziale Sicherung ausgeben müssen und wie viel sie als Bar-

lohn erhalten,und zwar ohne Berücksichtigung ihrer eigenen Präferenzen. In

der EU verfügt jedes Land über eine soziale Mindestabsicherung,und es muss

der Entscheidung der betreffenden Arbeitnehmer überlassen bleiben,wie sie

Einkommenszuwächse verwenden wollen.

Fassen wir zusammen: Durch eine beschäftigungsfreundliche

Lohnpolitik und eine Flexibilisierung des institutionellen Regelwerkes kann

ein wirksamer Beitrag zu mehr Beschäftigung geleistet werden. Gewiss:

Lohnhöhe, Lohnstruktur und Rigiditäten auf Arbeitsmärkten sind nicht die

alleinige Ursache unserer Beschäftigungslosigkeit, und mit entsprechenden

Gegenmaßnahmen werden wir unsere Arbeitslosigkeit nicht völlig beseiti-

gen können. Aber der Beitrag beider Bereiche zur Schaffung neuer wettbe-

werbsfähiger Arbeitsplätze ist unerlässlich.

Page 24: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

ner noch gefährdet: durch das Klima, durch die Mitglieder anderer Arten,

durch die eigenen Artgenossen, beispielsweise durch Gewalt und Betrug,

nicht zuletzt durch sich selbst, etwa durch seine Pleonexia, sein Mehr-und-

immer-mehr-Wollen.

Trotz dieser Mängel ist der Mensch aber keine Fehlkonstruktion

der Natur. Denn – so fährt Platon fort – aus der Verlegenheit hilft ihm die

kunstreiche Weisheit von zwei Göttern, von Hephaistos, dem Gott des Feu-

ers und der Schmiedekunst, und von Athene, der Göttin

des Ackerbaus, der Wissenschaft und der Künste. Dazu

kommen,erneut von göttlicher Seite,Recht und Scham,da

der Mensch mit seinesgleichen in Ordnung und Zunei-

gung lebt. Somit lautet meine erste These: Die modernen Gesellschaften

haben beide „Hilfsmittel“ gegen die Risiko-Natur auf ein beispiellos hohes

Niveau gebracht.Auch wenn mancherlei Feinkritik geboten bleibt, lässt sich

schwerlich leugnen, dass einerseits die wissenschaftlich-technische Zivilisa-

tion die Wissenschaft, Medizin und Technik und dass andererseits der demo-

kratische Rechtsstaat Recht und Gerechtigkeit bewundernswert hoch ent-

wickelt haben.

Ein demokratischer Rechtsstaat lässt seinen Bürgern viel Freiheit.

Denn er weiß um seine nur subsidiäre Legitimation. Er ist kein Selbstzweck,

sondern dient dem, der letztlich allein zählt: der selbstständigen und

selbststverantwortlichen Person. Politiker und Politikwissenschaftler neigen

bei ihrer neueren Wertschätzung dazu, die Subsidiarität mit Delegieren und

Dezentralisieren gleichzusetzen. Wer delegiert, gibt aber Kompetenzen ab,

die ihn vielleicht überfordern, die er jedoch im Prinzip besitzt. Das Subsidi-

aritätsprinzip schlägt die Gegenrichtung ein und beginnt alle Rechtfertigung

47D e u t s c h e F ra g e n

Meine Damen und Herren,

wer sich wissenschaftlich gibt, definiert das Risiko quasi-

mathematisch als die Größe einer Gefahr,multipliziert mit

der Wahrscheinlichkeit, dass sie eintrifft. Geht es bei-

spielsweise um Leben und Tod, so verlangt die Vernunft,

die Rationalität, höchste Sicherheitsvorkehrungen. Be-

rühmt ist die Überlegung eines Theoretikers der Wahr-

scheinlichkeitsrechnung und Erfinders einer Rechenma-

schine, Blaise Pascal. Auf die Frage, ob es rational ist, an

Gott zu glauben und aus diesem Glauben heraus zu leben,

antwortet er mit der „Pascalschen Wette“: Im Wissen, dass

man zwei Dinge von unendlichem Wert verlieren könnte,

die Wahrheit – dass Gott existiert – und das höchste Gut – das himmlische

Leben –, lohnt es selbst bei einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass Gott

nicht existiert, trotzdem auf Gott zu setzen. Hier soll der Leser aber nicht in

eine spekulative Religionsphilosophie entführt werden, sondern nur in

philosophische Anthropologie und Sozialphilosophie. Für sie ist der Mensch

beides: ein Risikowesen und ein Sicherheitswesen zugleich.

Vergleicht man den Menschen mit höher entwickelten Tieren, so

erscheint er auf den ersten Blick als stiefmütterlich behandelt. Schon bei Pla-

ton im Dialog Protagoras (321c) lesen wir, dass die Tiere mit allerlei nütz-

lichen Kräften ausgestattet sind,der Mensch ist dagegen „nackt,unbeschuht,

unbedeckt, unbewaffnet“. In der Tat hat er nur relativ schwache Organe und

Sinne, ihm fehlen natürliche Waffen, seine Instinkte sind – soweit überhaupt

vorhanden – verarmt und verunsichert. Überdies kann er ohne die Hilfe

Erwachsener sich erst gar nicht entwickeln und bleibt selbst als Erwachse-

P r o f e s s o r D r. D r. h . c . O t f r i e d H ö f f e

46D e u t s c h e F ra g e n

Der Mensch zwischen Risiko und Sicherheit

Prof. Dr. Dr. h.c. Otfried HöffeLeiter der Forschungsstelle Politische Philosophie an der UniverstitätTübingen

Ein demokratischer Rechtsstaat

lässt seinen Bürgern viel Frei-

heit. Denn er weiß um seine

nur subsidiäre Legitimation.

Page 25: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Die Freiheit bietet nicht bloß Chancen, sondern auch Risiken, was die Frage

aufdrängt: Wie viel Sicherheitsstreben ist rational? Zweifellos gehört ein

gewisses Sicherheitsstreben zu den Bedingungen für ein

gutes, ein gelungen-glückliches Leben. Denn dank seiner

Sprach- und Vernunftbegabung schaut der Mensch in die

Zukunft, erwartet schon heute den Hunger von morgen

und hat Angst, morgen vielleicht nicht genügend Nah-

rungsmittel zu haben. Darin unterscheidet er sich von den

biblischen „Vögeln des Himmels“, dass ihn der Hunger von

morgen schon heute plagt. Um nun die gegenwärtige Angst zu überwinden,

sucht er die Befriedigung der künftigen Bedürfnisse schon heute sicherzu-

stellen,weshalb das Sicherheitsstreben einen doppelten Zweck erfüllt.Direkt

dient es dem Genuss von morgen, indirekt dem heutigen Genuss,nämlich der

Überwindung der gegenwärtigen Angst. Das Sicherheitsstreben ist allerdings

erst dann in einem weiteren Sinn rational, wenn man es nicht nur ökono-

misch und sozial definiert als Sparbuch, Rentenanspruch, Arbeitslosengeld

und Sozialhilfe.Eine umsichtigere Definition berücksichtigt auch Fähigkeiten

wie Klugheit,mit der man sich intellektuell,wie psychische Mobilität,mit der

man sich emotional auf eine neue Situation einstellt, nicht zuletzt die Fähig-

keit zum Verzicht, um gegebenenfalls auch mit weniger als dem bisher

Üblichen auszukommen. Denn ein weitsichtiges, aufgeklärtes Sicherheits-

denken klammert sich nicht an Besitzstandswahrung und das im Tarifrecht

herrschende Günstigkeitsprinzip. Im Gegenteil lässt es sich auf Güterabwä-

gung ein und hält beispielsweise die Arbeitsplatzsicherung für wichtiger.

Aus der Rationalität des Sicherheitsstrebens folgt nicht,dass es als

rastloses Streben sinnvoll sei. Im Gegenteil geriete man in eine Falle, die

49D e u t s c h e F ra g e n

von unten. Ihretwegen hat das Subsidiaritätsprinzip zwei Seiten, es ist ein

„Zuständigkeitsrecht“ und zugleich ein „Wegnahmeverbot“: Was der Ein-

zelne aus eigener Initiative und mit eigenen Kräften leisten kann, darf seiner

Zuständigkeit nicht geraubt und der Gemeinschaft zugewiesen werden. Das

Individuum hat das Recht, als Kehrseite freilich auch die Pflicht zur Eigen-

verantwortung und zur Selbsthilfe. Ein Staat, der dagegen verstößt, indem er

beispielsweise den Sozialstaat zum Fürsorgestaat ausbaut,handelt nicht bloß

töricht, da er sich finanziell überfordert. Er handelt vor allem illegitim, denn

er macht sich einer Kompetenzanmaßung schuldig.

Wer die Kompetenz als erstes beim Staat vermutet und sie nur bei

dessen Überforderung abgibt, denkt „etatistisch“ und antisubsidiär. Nach

dem Subsidiaritätsgedanken werden nicht etwa untere Sozialeinheiten wie

Familien, Wohlfahrtsverbände und Kommunen in den Dienst der oberen

genommen, weil diese allein nicht mehr zurechtkommen, die oberen Ein-

heiten müssen vielmehr ihre Zuständigkeit nach unten,

letztlich vor den betroffenen Individuen, rechtfertigen.

Überschießende Kompetenzen werden nicht delegiert,

sondern als angemaßte Kompetenzen an den rechtmäßi-

gen Inhaber zurückgegeben:Das Wegnahmeverbot enthält

gegebenenfalls ein Rückgabegebot. Dass dann die oberen

Instanzen ihre verbleibenden Aufgaben umso besser erfüllen, ist wohltuend,

aber nicht der Zweck, sondern die willkommene Nebenwirkung. Die Folge

für den Sozialstaat liegt auf der Hand, und das ist meine zweite These: Der

legitime Sozialstaat ist freiheitsfunktional und überlässt vieles der Freiheit

seiner Bürger, der illegitime, paternalistische, zudem maternalistische Für-

sorgestaat entmündigt die Bürger.

P r o f e s s o r D r. D r. h . c . O t f r i e d H ö f f e

Der Mensch zwischen R is iko und S icherhe i t

48D e u t s c h e F ra g e n

Was der Einzelne aus eigener

Initiative und mit eigenen

Kräften leisten kann, darf

seiner Zuständigkeit nicht

geraubt und der Gemeinschaft

zugewiesen werden.

Der legitime Sozialstaat ist

freiheitsfunktional und

überlässt vieles der Freiheit

seiner Bürger, der illegitime,

paternalistische, zudem

maternalistische Fürsorgestaat

entmündigt die Bürger.

Page 26: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

51D e u t s c h e F ra g e n

Sicherheitsfalle, die sich an einem Gedankenexperiment erläutern lässt: Man

stelle sich einen Menschen vor, der ausschließlich nach Sicherheit und

immer mehr Sicherheit strebt. Dieser „Sicherheitsfanati-

ker“ übersieht, dass eine Verabsolutierung der Zukunfts-

angst die Erfüllung vieler anderer Bedürfnisse und Inter-

essen gefährdet. Hier tut sich eine Spannung im

Sicherheitsstreben auf, die der Sicherheitsfanatiker verdrängt – mit dem

Erfolg, dass er einem kleinen Teil des Glücks, der Beschwichtigung der

Zukunftsangst, den größeren Teil des Glücks, die Erfüllung aller anderen

Wünsche und Hoffnungen, opfert. Da das heutige Glück mindestens teil-

weise im Konflikt mit dem Glück von morgen liegt, andererseits das Glück

von morgen über die heutige Angst vermittelt schon in die Gegenwart ein-

greift, scheint ein „vollkommenes Glück“ gar nicht möglich zu sein. Hat Sig-

mund Freud mit seiner resignativen Diagnose – „Die Absicht, dass der

Mensch glücklich sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten“ – Recht?

Der Ausweg liegt in einer rationalen Güterabwägung: Weil es sowohl ratio-

nal ist, an die Zukunft zu denken, als auch, die Zukunfts-

gedanken nicht wuchern zu lassen, empfehlen sich weder

die Verdrängung des Sicherheitsstrebens noch seine

Unbegrenztheit. Statt die eine oder aber andere Seite zu

maximieren,kommt es auf eine Optimierung an:Einerseits

weiche ein grenzenloses Streben nach dem je gegenwärti-

gen Genuss einem rationalen Triebverzicht, auf dass in der

Zukunft nicht das Erschrecken folgt, weil mangels Sicherheitsvorkehrungen

die Mittel für die Befriedigung der neuen Bedürfnisse fehlen. Andererseits

begrenze man das Sicherheitsstreben, damit nicht immer genügend Mittel

P r o f e s s o r D r. D r. h . c . O t f r i e d H ö f f e

Der Mensch zwischen R is iko und S icherhe i t

50D e u t s c h e F ra g e n

Aus der Rationalität des

Sicherheitsstrebens folgt nicht,

dass es als rastloses Streben

sinnvoll sei.

Weil es sowohl rational ist,

an die Zukunft zu denken, als

auch, die Zukunftsgedanken

nicht wuchern zu lassen, emp-

fehlen sich weder die Verdrän-

gung des Sicherheitsstrebens

noch seine Unbegrenztheit.

D e r S i c h e r h e i t s fa n a t i ke r o p f e r t e i n e mk l e i n e n Te i l d e s G l ü c k s , d e r

B e s c h w i c h t i g u n g d e r Z u k u n f t s a n g s t , d e ng r ö ß e r e n Te i l d e s G l ü c k s , d i e E r f ü l l u n g

a l l e r a n d e r e n W ü n s c h e u n d H o f f n u n g e n .

Page 27: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

gewünschte Ergebnis, den Wohlstand, mit weniger Anstrengung zu errei-

chen, indem sie den Wettbewerb zu den eigenen Gunsten verzerrt. Auf dem

im empirischen Sinn freien, dem sich selbst überlassenen Markt sind daher

Wettbewerbsverzerrungen so gut wie unvermeidbar. Paradoxerweise sind

sie sogar von der ökonomischen Rationalität geboten.Vorausgesetzt,man hat

die entsprechende Macht, erhöhen sie nämlich die eigene Effizienz. Entwe-

der verbucht man bei gleichen Mitteln einen größeren Gewinn oder man

erreicht denselben Gewinn schon mit geringerem Einsatz.Nennen wir es das

Gesetz der rationalen Wettbewerbsverzerrung: Für den

Homo oeconomicus sind Wettbewerbsverzerrungen, die

dem eigenen Interesse dienen, also egoistische Verzerrun-

gen, rational.

Der gröbsten, kriminellen Wettbewerbsverzer-

rung, Betrug und Gewalt oder „Mafia-Methoden“, tritt

schon der gewöhnliche Rechtsschutz entgegen. Eine

Marktordnung widersetzt sich anderen Verzerrungen: Monopolen und Oli-

gopolen,Kartellen und dem unlauterem Wettbewerb,damit jener tatsächlich

freie Markt entsteht, dessen Wettbewerb dem vieldimensionalen kollektiven

Wohlstand dient. Somit ist meine vierte These: Innerhalb der einschlägigen

Marktordnung sprechen das aufgeklärte Selbstinteresse und ebenso das auf-

geklärte Sicherheitsinteresse zugunsten eines Wettbewerbs auf allen Ebe-

nen: nicht nur zwischen den Unternehmen und den Parteien, sondern auch

in Wissenschaft und Kunst, auch auf dem Arbeitsmarkt, im Gegensatz zum

deutschen Konkordanzföderalismus auch zwischen den Bundesländern – in

der Schweiz: den Kantonen – und nicht zuletzt für den Wettbewerb zwi-

schen Wirtschaftsordnungen.

53D e u t s c h e F ra g e n

für einen möglichen Genuss bereitliegen, von der Angstüberwindung abge-

sehen aber nie ein wirklicher Genuss stattfindet. Daher lautet meine dritte

These:Die Sicherheitsfalle besteht in der Gefahr,dass man der Zukunftsangst

die Gegenwart opfert und zusätzlich einen Großteil der Zukunft verspielt.

Gegen ein zu hohes Sicherheitsstreben spricht auch die Mängel-

natur.Als Ausgleich gegen teils artspezifische, teils individuelle Mängel, auch

zur Arbeits- und Lebenserleichterung, ferner um sich gegen Unfälle und

Krankheiten zu wappnen,nicht zuletzt gegen eine oft defizitäre und destruk-

tive Natur, entwickelt der Mensch Wissenschaft,Technik und Medizin, da sie

ihm Trockenperioden, Sturmfluten, Überschwemmungen,

Erdbeben und Lawinen beschert. Zu deren Voraussetzung

gehören Kreativität, Wagemut und Anstrengung und als

Antriebs- und Steigerungsfaktoren Konkurrenz. Durch

Wettbewerb und Leistungsanreize eine nicht bloß ökono-

mische, sondern auch wissenschaftliche und kulturelle

Blüte herbeizuführen, ist die Aufgabe dessen, was – pars pro toto – freier

Markt heißt. In der Tat stachelt er nicht bloß Kreativität, Wagemut und

Anstrengung an, sondern auch Arbeitsethos und Sparen, und er erhöht über

sie die Fähigkeit und Bereitschaft zur Leistung,er senkt die – nicht nur finan-

ziellen – Kosten, er drängt zu einem bedarfsgerechten Angebot an Gütern

und Dienstleistungen und deren wirksamer Zuteilung und tritt schließlich

durch höhere Preise der Verschwendung entgegen.

Deshalb auf jede geplante Ordnung zu verzichten, ist schon des-

halb unvernünftig, weil Wagnis und Anstrengung einer natürlichen Trägheit

abzuringen sind, gemäß dem biblischen Wort: „Im Schweiße deines Ange-

sichts sollst du dein Brot verdienen“.Eine „aufgeklärte Trägheit“ versucht,das

P r o f e s s o r D r. D r. h . c . O t f r i e d H ö f f e

Der Mensch zwischen R is iko und S icherhe i t

52D e u t s c h e F ra g e n

Innerhalb der einschlägigen

Marktordnung sprechen das

aufgeklärte Selbstinteresse

und ebenso das aufgeklärte

Sicherheitsinteresse zugunsten

eines Wettbewerbs auf

allen Ebenen.

Der freie Markt stachelt nicht

bloß Kreativität, Wagemut

und Anstrengung an, sondern

auch Arbeitsethos und Sparen,

und er erhöht die Fähigkeit

und Bereitschaft zur Leistung.

Page 28: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

unterstützt,ein großzügiges Mäzenatentum,allerdings wachsen auch die Ein-

kommens- und Vermögensunterschiede. Mit einem stärkeren Akzent auf das

Soziale verbindet das „kontinental-europäische Modell“ weit höhere Sozial-

ansprüche mit einem deutlich geringeren Spielraum von

Wettbewerb und Unternehmensgeist.Die Folge sind gerin-

gere Einkommens- und Vermögensunterschiede, aber

auch langsamere Innovationen, höhere Arbeitslosigkeit –

zumal in Deutschland – und ein schwächeres Mäzenaten-

tum. Erstaunlicherweise fällt auch die ökonomisch-soziale Mobilität, das

heißt die Chance, vom unteren Einkommensfünftel ins mittlere, sogar das

oberste Fünftel aufzusteigen, deutlich geringer als in den USA aus. Daher

meine fünfte These: Der „Systemvergleich“ bestärkt das aufgeklärte Sicher-

heitsdenken in seiner Skepsis gegen zu hohe Sicherheit. Selbst der Gedanke

der Chancengleichheit plädiert,wenn er auf die soziale Mobilität in den USA

achtet, für mehr Eigenverantwortung.

In einer Hinsicht erscheint dagegen ein höheres Sicherheitsden-

ken als dringend geboten: im Verhältnis der Generationen zueinander. Weil

keine Generation die natürliche Umwelt geschaffen hat, ist es auch keiner

erlaubt, ihren Kindern und Kindeskindern eine ökologisch ärmere Welt zu

hinterlassen. Dasselbe gilt für Errungenschaften der Kultur, einschließlich

Sprache, Literatur, Kunst und Musik, dasselbe für die zivilisatorische Infra-

struktur: von Verkehrswegen über das Bildungs- und das Gesundheitswesen

bis zur architektonischen Qualität der Städte und den Erholungswert der

Landschaft, dasselbe für die Wissenschaft und Technik, für rechtliche und

soziale Institutionen, für Kapitalakkumulation statt wachsender Staatsver-

schuldung, schließlich für die Bevölkerungsentwicklung. Die sechste These:

55D e u t s c h e F ra g e n

Nicht nur ein berühmter Kollege, der Inhaber des Glasgower Lehrstuhls für

Moralphilosophie, Adam Smith, plädiert für Wettbewerb. Innerhalb einer

Weltrechts- und Weltfriedensordnung fordert auch Immanuel Kant einen

starken Wettstreit, auf dass die Kreativitätskräfte der Menschen nicht ein-

schlafen. Die dahinter stehende These von den segensreichen Wirkungen

des Wettbewerbs innerhalb von Staaten und zwischen ihnen bildet heute

den Kern einer Neuen Wirtschaftsgeschichte, der „New Economic History“.

Die These wird als eine wissenschaftliche Hypothese ver-

standen, die an geschichtlichen Fallstudien, etwa zum Auf-

stieg und Niedergang von Staaten überpüft – und bestätigt

– wird. Untersuchungen zum Aufstieg etwa von Sumer,

Phönizien und Griechenland, der Niederlande und von

England in der industriellen Revolution zeigen, dass der Wettbewerb für

Erneuerung und Wachstum und mit ihnen für Wohlstand sorgt, während das

Streben nach Sicherheit sie unterminiert.

Ein Kernelement politischer Gerechtigkeit, die Menschenrechte,

gebietet nicht bloß das Recht auf persönliches Eigentum zu gewährleisten

und einen freien Wettbewerb zuzulassen: Es verlangt auch gewisse soziale

und ökologische Mindestkriterien, die soziale und ökologische Marktwirt-

schaft hat einen menschenrechtlichen Rang.Trotzdem bleibt ein relativ wei-

tes Spektrum legitimer Möglichkeiten offen. Idealtypisch gibt es zwei

Modelle, die im Rahmen des gemeinsamen Obermodells, der sozialen Markt-

wirtschaft, zwei konkurrierende Akzente setzen. Mit relativ geringen Sozial-

ansprüchen, also einem geringeren Sicherheitsdenken zufrieden, erreicht

das „US-amerikanische Modell“ durch das höhere Maß an Unternehmens-

geist und Wettbewerb raschere Innovationen und, durch das Steuerrecht

P r o f e s s o r D r. D r. h . c . O t f r i e d H ö f f e

Der Mensch zwischen R is iko und S icherhe i t

54D e u t s c h e F ra g e n

Selbst der Gedanke der

Chancengleichheit plädiert,

wenn er auf die soziale Mobi-

lität in den USA achtet, für

mehr Eigenverantwortung.Der Wettbewerb sorgt für

Erneuerung und Wachstum

und mit ihnen für Wohlstand,

während das Streben nach

Sicherheit sie unterminiert.

Page 29: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

57D e u t s c h e F ra g e n

In all diesen Bereichen muss jede Generation die Fähigkeit eines zukunfts-

gerichteten Sicherheitsdenkens pflegen und sich auf ein dreidimensionales,

nicht bloß ökonomisches Sparen einlassen: erstens auf ein „präventives

Ersparen“, also ein Verhindern von Kriegen, ökologischen Katastrophen,

wirtschaftlichen oder sozialen Zusammenbrüchen, zweitens auf ein

„konservierendes Aufsparen“, also ein Bewahren von Institutionen und Res-

sourcen, und drittens auf ein „investives Ansparen“ von Kapital, Infrastruk-

tur, Zukunftstechniken und so weiter.

In der politischen Wirklichkeit findet das genaue Gegenteil statt,

nämlich ein Bevorzugen des Konsumtiven.Während innerhalb des Bruttoin-

landsprodukts die Gegenwartsausgaben,also die Soziallasten und die Kosten

für das Gesundheitswesen, für die Altersvorsorge und die Tilgung der Staats-

schulden, gestiegen sind, haben die Zukunftsausgaben

abgenommen, nämlich die Investitionen in das Bildungs-

wesen und in andere Bereiche kultureller, sozialer und

materieller Infrastruktur. Dass der konsumtive Anteil sich

zu Lasten des investiven Anteils vermehrt, ist aber eine

krasse Ungerechtigkeit gegen die künftigen Generationen.

Man muss es schon einen intergenerationalen Imperia-

lismus und Sozialdarwinismus nennen: Die gegenwärtig dominierenden

Generationen leben kräftig auf Kosten der zukünftigen.

Im antiken Griechenland blieb der griechische Bürger, selbst in

Zeiten der Demokratie, noch lange an den Normen der altgriechischen

Adelsgesellschaft ausgerichtet.Er war vor allem Landbesitzer,Krieger und an

den politischen Geschäften beteiligt. Der Sphäre der Arbeit abgeneigt, sogar

feindlich eingestellt, überließ er die Landarbeit den Sklaven, während vor-

P r o f e s s o r D r. D r. h . c . O t f r i e d H ö f f e

Der Mensch zwischen R is iko und S icherhe i t

56D e u t s c h e F ra g e n

Man muss es schon einen

intergenerationalen Imperia-

lismus und Sozialdarwinismus

nennen: Die gegenwärtig

dominierenden Generationen

leben kräftig auf Kosten der

zukünftigen.

D u r c h We t t b e w e r b u n d L e i s t u n g s a n r e i z ee i n e n i c h t b l o ß ö k o n o m i s c h e ,

s o n d e r n a u c h w i s s e n s c h a f t l i c h e u n dk u l t u r e l l e B l ü t e h e r b e i z u f ü h r e n ,

d a s i s t d i e A u f g a b e d e s s e n , w a s – p a r s p r o t o t o – f r e i e r M a r k t h e i ß t .

Page 30: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Für den wichtigsten Moralphilosophen der Neuzeit, Kant, ist die Entfaltung

der eigenen Talente ein moralisches Gebot. In der Regel genügt das norma-

tiv bescheidenere Argument, dass die für den Menschen unverzichtbare

Anerkennung, sowohl die Selbstanerkennung – das Selbstwertgefühl – als

auch die Fremdanerkennung, sich in hohem Maß vom Platz in der Berufs-

und Arbeitswelt bestimmt. Das aufgeklärte Selbst- und Sicherheitsinteresse

meldet deshalb gegen ein zu hohes Sicherheitsdenken

erneut Widerspruch an.Eine Wirtschafts- und Sozialpolitik

sollte jedenfalls beides prämieren, und zwar durch die tat-

sächliche Politik statt bloß durch „fromme Worte“: durch

die Schaffung von Arbeitsplätzen und jene Suche nach

ihnen, die auch Mühen und Durststrecken in Kauf nimmt. Wer diese Politik

nicht schon aus Subsidiaritäts- und Gerechtigkeitsdenken einschlägt, der

sollte sie zumindest aus einem aufgeklärten Paternalismus verfolgen.Schließ-

lich meine siebte These: Ein höheres Maß an Freiheit in der Berufs- und

Arbeitswelt dient so wesentlichen Zwecken wie der Selbst- und Fremdaner-

kennung.

59D e u t s c h e F ra g e n

wiegend Nichtbürger – Sklaven, niedergelassene Ausländer und Ausländer –

Handel und Gewerbe betrieben. Dieser weitgehend personalen Trennung

von Staat und Gesellschaft tritt die Neuzeit mit einer institutionellen Tren-

nung entgegen, die sich mit einer personalen Einheit verbindet. Anders als

der antike Bürger muss der neuzeitliche Bürger nämlich in

der Regel beides in einem sein: sowohl Arbeitssubjekt

beziehungsweise Wirtschaftsbürger als auch Staatsbürger,

also Bourgeois – in einem weiten, auch Angestellte und

Arbeiter umfassenden Sinn – und Citoyen zugleich. Diese

Einheit beweist nicht bloß ein hohes Maß an sozialer

Demokratisierung, sie eröffnet auch jedem große Chancen zur Selbstver-

wirklichung.Die Arbeit besteht nämlich nicht bloß in einer planvollen Tätig-

keit zum Zweck, den Lebensunterhalt zu sichern und die Lebensbedingun-

gen zu verbessern, was eine wohlhabende Gesellschaft einem Teil der

Bevölkerung überlassen könnte, um den anderen Teil zu alimentieren, etwa

unter dem so schön klingenden Titel „Bürgerlohn“. In der modernen Welt lei-

stet die Arbeit aber weit mehr als die Sicherung materiellen Lebens. Das

Mehr beginnt mit der Bildung und Ausbildung. Um später einen angemesse-

nen Arbeitsplatz zu finden, muss der Jugendliche Kenntnisse, Fähigkeiten

und Fertigkeiten erwerben, einschließlich der Fähigkeit zum beruflichen

und sozialen Weiterlernen und zur beruflichen und sozialen Mobilität, ein-

schließlich Einstellungen wie Arbeitswillen, Leistungsbereitschaft und

Kooperationsbereitschaft, nicht zuletzt Kreativität. Auf diese Weise kann er

aber seine Begabungen entfalten, sie sogar zu bewundernswerten Höchst-

leistungen fortbilden, und zwar zu begabungsrelativ, nicht absolut bewun-

dernswerten Leistungen.

P r o f e s s o r D r. D r. h . c . O t f r i e d H ö f f e

Der Mensch zwischen R is iko und S icherhe i t

58D e u t s c h e F ra g e n

Ein höheres Maß an

Freiheit in der Berufs- und

Arbeitswelt dient so wesent-

lichen Zwecken wie der Selbst-

und Fremdanerkennung.

Anders als der antike Bürger

muss der neuzeitliche Bürger

beides in einem sein:

Wirtschaftsbürger als auch

Staatsbürger, Bourgeois und

Citoyen zugleich.

Page 31: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

61D e u t s c h e F ra g e n

Menschenwürde und E igenverantwor tung

Michael Jungblut warf die Frage auf,wo im Hinblick auf die ver-

fassungsrechtlich geschützte Würde des Menschen die Grenze zwischen der

Eigenverantwortung des Einzelnen und seinem Anspruch auf die Hilfe der

Solidargemeinschaft verlaufe.

Ministerpräsident Peter Müller plädierte dafür, sich an dem

Grundsatz zu orientieren,dass jeder,der in der Lage sei, für sich selbst zu sor-

gen, in die Lage versetzt werden müsse, dies auch zu tun. Ihm dürfe nicht so

viel genommen werden, dass er nicht mehr zur Selbsthilfe fähig sei. Diesen

Grundsatz müsse die Politik in der Praxis der Gesetzgebung mit Leben fül-

len. Mittlerweile bestehe ein Grundkonsens darüber, dass kapitalgedeckte

Elemente und Eigenvorsorge stärker als bisher Eingang in die soziale Siche-

rung finden müssten, dieser Prozess sei aber nur schrittweise zu vollziehen.

Professor Dr. Otfried Höffe warnte davor, den Rückgriff auf

das Argument der Menschenwürde zu missbrauchen, um die Inanspruch-

nahme der sozialen Sicherung in den Fällen zu rechtfertigen, wo sie unbe-

rechtigt ist. Die Gefahr, dass die Solidarität der Gesellschaft von Einzelnen

überbeansprucht werde, resultiere auch aus der Anonymität und der Intrans-

parenz der großen staatlichen Sicherungssysteme.

Dr. Manfred Weber wies auf die Problematik der praktischen

Politik hin. In der Theorie entspreche es sicher eher der Würde des Men-

schen, nicht auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, doch Hilfe könne der

Staat in der Praxis auch dem nicht ohne Weiteres verweigern, bei dem nicht

klar sei, ob er durch eigenes oder fremdes Verschulden in Not geraten sei.

Vorrangig müsse es aber darum gehen, eine Wirtschaftsordnung zu etab-

lieren, die den meisten Menschen die Möglichkeit gebe, ein eigenes Ein-

60D e u t s c h e F ra g e n

kommen zu verdienen, so dass sie gar nicht erst nicht der Hilfe anderer

bedürften.

Eigenverantwor tung und R is ikobere i tschaf t

Michael Jungblut wies auf einen Widerspruch hin: Einerseits

sei die große Mehrheit der Bevölkerung der Meinung, die Deutschen seien

zu zögerlich,wenn es um Reformen ginge.Gleichzeitig verweigerten sie sich

mehrheitlich gegen Abstriche am Niveau der sozialen Sicherung.

Professor Dr. Margret Wintermantel sagte, sie kenne keine

wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Deutschen stärker risikoscheu als

andere Nationen seien. Generell habe der Mensch ein hohes Sicherheitsbe-

dürfnis,und in Deutschland sei man an ein besonders hohes Niveau der sozi-

alen Sicherung gewöhnt. Das erkläre die Aversion gegen Einschnitte im sozi-

alen Netz. Andererseits setze sich in den Köpfen der Menschen zunehmend

die Einsicht durch, dass Reformen notwendig seien. Diese kognitive Disso-

nanz spiegele sich in den demoskopischen Befunden.

Michael Jungblut fragte, ob die seit einiger Zeit zu beobach-

tende Entwicklung der Deutschen von risikoscheuen Sparern zu stärker

chancenorientierten Anlegern durch die Abwärtsbewegung an den Aktien-

märkten zu einem frühen Ende kommen könne und ob, etwa in der Alters-

vorsorge, der Ruf nach dem Staat daher wieder lauter werden könne.

Dr. Manfred Weber teilte diese Befürchtung nicht.Nach wie vor

bleibe der Aktienmarkt für die längerfristige Geldanlage attraktiv, gerade für

Zwecke der Alterssicherung. Das belegten auch die langfristigen Erfahrun-

gen anderer Länder.Weber betonte aber den Widerspruch zwischen dem all-

gemeinen Bewusstsein für die Notwendigkeit von Reformen und der man-

Zusammenfassung der Diskussion

Page 32: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

63D e u t s c h e F ra g e n

gelnden Bereitschaft der Deutschen, eigene, persönlich Besitzstände aufzu-

geben. Andere Länder zeigten in dieser Hinsicht mehr Flexibilität, dort sei

auch die Reformbereitschaft der Politik oft größer.

Eigenverantwor tung und Arbe i tsmarkt

Professor Dr. Wolfgang Franz vertrat die Auffassung, viele

Unternehmen und auch ihre Belegschaften seien zunehmend zu größerer

Flexibilität bereit. Doch das institutionelle Regelwerk des Arbeitsmarktes

halte mit dieser Entwicklung nicht Schritt. Die Folge sei beispielsweise, dass

in Ostdeutschland rund 15 Prozent aller tarifgebundenen Unternehmen,

häufig mit stillschweigender Zustimmung des Betriebsrates, von den tarif-

vertraglichen Regelungen abwichen, um ihr wirtschaftliches Überleben zu

sichern.

Michael Jungblut wies auf die fehlenden Anreize zur Aufnahme

einer Beschäftigung hin,weil der Abstand zwischen der Sozialhilfe und nied-

rig bezahlter Beschäftigung sehr gering sei. Dies werde insbesondere zu

einem Problem, wenn Sozialhilfeempfänger ihre Bezüge durch Schwarzar-

beit aufbesserten.

Professor Dr. Wolfgang Franz plädierte dafür, den Lohnab-

stand zwischen Sozialhilfe und niedrig bezahlter Beschäftigung so weit wie

möglich einzuhalten. Derjenige, der arbeitsfähig sei, aber eine zumutbare

Beschäftigung oder Qualifizierung ablehne, verdiene nicht mehr die Solida-

rität der Gesellschaft. Notwendig sei auch eine größere Lohnspreizung. Die

Tarifautonomie führe häufig dazu, dass die Tarifparteien gerade im unteren

Lohnbereich überproportionale Lohnsteigerungen aushandelten. Dies habe

oft den Abbau von Arbeitsplätzen zur Folge mit der weiteren Konsequenz,

62D e u t s c h e F ra g e n

Zusammenfassung der D iskuss ion

dass dann der Staat in der Pflicht sei, weil Menschen in die Arbeitslosigkeit

oder die Sozialhilfe rutschten.

Eigenverantwor tung und soz ia le S icherung

Ministerpräsident Peter Müller unterstrich den Grundsatz,es

müsse so viel Eigenverantwortung wie möglich und so viel Grundversor-

gung wie nötig geben, machte aber auf die Schwierigkeit der praktischen

Umsetzung dieser Maxime aufmerksam. Wahrscheinlich werde es nicht

gelingen, einen Positivkatalog dessen zu definieren, was eine für alle ver-

bindliche Grundversorgung umfassen müsse, möglicherweise könne man

aber festlegen, was nicht zu ihr gehören solle. Alles, was über die Grundver-

sorgung hinausgehe, müsse teils in die Dispositionsfreiheit des Einzelnen

gestellt werden. Für die Grundversorgung aber sei eine Pflichtversicherung

notwendig, um zu vermeiden, dass Menschen, die nur unzureichend

Vorsorge betrieben,nicht am Ende zu Sozialfällen würden.Voraussetzung für

die Dispositionsfreiheit des Einzelnen sei es, ihm auszuweisen, welche

Anteile seines Lohns und welche Arbeitgeberanteile in die Sozialversiche-

rung flössen.

Professor Dr. Margret Wintermantel gab zu bedenken, dass

die Menschen heute in weiten Teilen zwar bereit seien, stärker als bisher

Eigenvorsorge zu betreiben, dass es jedoch auch notwendig sei, die Men-

schen nachhaltig von der Notwendigkeit der Eigenverantwortung zu über-

zeugen.

Professor Dr. Otfried Höffe wies darauf hin, dass eine Versi-

cherungspflicht der Menschen im Umfang einer Grundversorgung nicht

gleichbedeutend sein müsse mit einer in staatlicher Hand organisierten

Page 33: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Wolfgang Franz, geboren 1944 in Nassau an der Lahn, ist

Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in

Mannheim.Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre und der Promotion

an der Universität Mannheim forschte er an der Harvard University und dem

National Bureau of Economic Research in den USA. Im Anschluss an die

Habilitation 1981 sowie Stationen in Mainz und Stuttgart folgte Franz 1988

einem Ruf an die Universität Konstanz. Seit 1997 ist er Präsident des ZEW

und Inhaber eines Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Universität

Mannheim.Franz ist Mitglied zahlreicher internationaler Forschungsinstitute

und Mitglied im „Rat für Nachhaltige Entwicklung“ der Bundesregierung

sowie im wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium.

Otfried Höffe, geboren 1943 in Leobschütz, Oberschlesien,

ist Leiter der Forschungsstelle Politische Philosophie an der Universität

Tübingen. Das Studium der Philosophie, Geschichte,Theologie und Soziolo-

gie führte ihn nach Münster,Tübingen, Saarbrücken und München. Nach der

Promotion 1970 ging Höffe für ein Jahr nach New York,dann nach München.

Nach der Habilitation in Philosophie lehrte er zunächst in Duisburg; 1978

ging Höffe als Lehrstuhlinhaber sowie als Direktor des Internationalen Insti-

tuts für Sozialphilosophie und Politik nach Freiburg / Schweiz.1992 folgte er

dem Ruf nach Tübingen. Höffe ist Gastprofessor an mehreren international

renommierten Universitäten und Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher

und Schriften.

65D e u t s c h e F ra g e n

Pflichtversicherung, sondern dass die Menschen sich auch privat pflichtver-

sichern könnten. Zudem gebe es Ansätze von Medizinethikern, eine Grund-

versorgung auch positiv zu definieren.

Ministerpräsident Peter Müller kritisierte, in der Debatte um

die Sozialhilfe werde vielfach übersehen, dass die überwiegende Mehrheit

der Sozialhilfeempfänger wegen Krankheit,Behinderung oder Alter gar nicht

arbeitsfähig sei. Für die arbeitsfähigen Leistungsbezieher sehe das Gesetz

bereits heute Sanktionsmöglichkeiten für den Fall der Beschäftigungsver-

weigerung vor. Diese Mittel, etwa die Verpflichtung zu gemeinnütziger

Arbeit, würden bei einem großen Teil der Sozialhilfeempfänger auch ange-

wendet, bei einem anderen Teil nicht. Das eigentliche Problem liege jedoch

an anderer Stelle, nämlich in den mangelnden Anreizen zur Aufnahme einer

regulären Beschäftigung, weshalb man stärker über Bürgergeld- oder Kom-

bilohn-Modelle nachdenken müsse. Müller betonte, generell werde Eigen-

verantwortung häufig zwar als Erweiterung der eigenen Rechte verstanden,

nicht aber als Erweiterung auch der eigenen Pflichten. Das „Günstigkeits-

prinzip“ sei nicht nur ein tarifvertragliches Prinzip,es beherrsche auch noch

immer zu sehr das Denken, zumal in der Politik.

Zusammenfassung der D iskuss ion

64D e u t s c h e F ra g e n

Kurzbiographien der Redner

Page 34: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Manfred Weber, geboren 1950 in Altenkofen / Bayern, ist seit

1992 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken und seit

März 1997 Mitglied des Vorstandes. Nach seinem Studium der Nationalöko-

nomie und der Promotion an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in

Frankfurt am Main arbeitete er von 1980 bis 1985 in der Hauptabteilung

Volkswirtschaft der Deutschen Bundesbank.Von 1986 bis 1991 war er als Lei-

ter des Büros des Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank sowie von

1991 bis 1992 bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel

tätig. Seit November 2000 ist Weber Chairman of the Executive Committee

der Europäischen Bankenvereinigung.

Margret Wintermantel, geboren 1947 in Bruchertseifen/Wes-

terwald, ist seit November 2000 Präsidentin der Universität des Saarlandes.

Nach der Promotion 1972 habilitierte sie sich 1986 in Psychologie an der

Universität Heidelberg. Seit 1992 ist Margret Wintermantel Professorin für

Psychologie an der Universität des Saarlandes. Ihr Arbeitsschwerpunkt ist

die Theorie der interpersonalen Kommunikation. 1995/96 war Frau Winter-

mantel Mitglied der Sachverständigen-Kommission „Forschung und Techno-

logie“ im Saarland, ebenso gehörte sie der Hochschulstrukturkommission

Baden-Württemberg sowie der Evaluationskommission für das Fach Psycho-

logie an den Universitäten im Nordverbund an. Im Juli 2001 übernahm sie

das Amt der Vizepräsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nach-

wuchs der Hochschulrektorenkonferenz.

67D e u t s c h e F ra g e n

Michael Jungblut, geboren 1937 in Düsseldorf, ist Moderator

und Redakteur beim Zweiten Deutschen Fernsehen. Er studierte Volks- und

Betriebswirtschaftslehre sowie Soziologie in Köln und Hamburg und schloss

als Diplom-Volkswirt ab. Seine berufliche Laufbahn begann er 1965 als Wirt-

schaftsredakteur bei der Wochenzeitung „Die Zeit“.Dort leitete Jungblut von

1977 bis 1986 die Wirtschaftsredaktion, bis er 1986 zum ZDF nach Mainz

wechselte und Leiter der Hauptredaktion Wirtschafts-, Sozial- und Umwelt-

politik wurde. Jungblut ist dem Publikum vor allem als Moderator von Sen-

dungen wie WISO und ZDF -Spezial oder der 3sat Börse bekannt. Er ist aber

auch Autor mehrerer Bücher und Preisträger renommierter Auszeichnungen,

unter anderem des Ludwig-Erhard-Preises für Wirtschaftspublizistik und des

Herbert-Quandt-Medienpreises.

Peter Müller, geboren 1955 in Illingen, ist Ministerpräsident des

Saarlandes. Müller studierte Rechts- und Politikwissenschaften in Bonn und

Saarbrücken. Während seines Rechtsreferendariats war er als wissenschaft-

licher Assistent an der Universität des Saarlandes tätig. Ab 1986 wirkte Mül-

ler als Richter am Landgericht in Saarbrücken.Von 1983 bis 1987 war er Lan-

desvorsitzender der Jungen Union, 1990 wurde Müller Abgeordneter der

CDU-Fraktion im saarländischen Landtag. Vier Jahre lang bekleidete er das

Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers, bis er 1994 Vorsitzender der

CDU-Landtagsfraktion wurde. Seit 1995 ist Müller Landesvorsitzender der

CDU Saar und gehört seit November 1998 dem Präsidium der CDU Deutsch-

lands an. Im Jahre 1999 wurde er zum Ministerpräsidenten des Saarlandes

gewählt.

Kur zb iograph ien der Redner

66D e u t s c h e F ra g e n

Page 35: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Flegel, Ernst Geschäftsführer, Saarländische Investitions-Kreditbank AG, Saarbrücken

Flesch, Hans-Jürgen Geschäftsführer, GEKOBA Gesellschaft fürGewerbe- und Kommunalbauten GmbH,Saarbrücken

Folz, Artur Landesvorsitzender, DBB – Beamtenbundund Tarifunion, Landesbund Saarland,Saarbrücken

Franke, Dr. Dirk Bundesverband deutscher Banken, Berlin

Franz, Prof. Dr. Wolfgang Präsident, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim

Ganzinger, Prof. Dr. Harald Max-Planck-Institut für Informatik,Saarbrücken

Geisler, Dr. Joachim Vorsitzender des Vorstandes,RAG Saarberg AG, Saarbrücken

Gelzleichter, Eberhard Präsident, Rechtsanwaltskammer des Saarlandes, Saarbrücken

Girardet, Dekan der Fakultät I – Philosophie,Prof. Dr. Klaus Martin Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Girst, Anita Mitglied des Saarländischen Landtages,Saarbrücken

Görner, Dr. Regina Ministerin, Ministerium für Frauen, Arbeit,Gesundheit und Soziales des Saarlandes,Saarbrücken

Götzinger, Hermann Stv. Hauptgeschäftsführer, Industrie- und Handelskammer des Saarlandes,Saarbrücken

Groll, Oliver Stv. Geschäftsführer, Industrie- und Handels-kammer des Saarlandes, Saarbrücken

69D e u t s c h e F ra g e n

68D e u t s c h e F ra g e n

Teilnehmer des Symposiums

Adt, Prof. Diethard Rektor, Hochschule der Bildenden KünsteSaar, Saarbrücken

Ames, Dirk Mummert + Partner Unternehmens-beratung AG, Köln

Backes-Miller, Dr. Eva Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheitund Soziales des Saarlandes, Saarbrücken

Bartmann, Warnfried Prälat, Leiter des Katholischen Büros Saarland, Saarbrücken

Batzl-Hartmann, Geschäftsführerin, Pharmacelsus GmbH,Dr. Christine Saarbrücken

Bellstedt, Dr. Hans Geschäftsführender Gesellschafter,Plato Kommunikation Berlin/BrüsselGmbH, Berlin

Bender, Jürgen Präsident, Landessozialgericht für das Saarland, Saarbrücken

Brehmer, Werner Arbeitgeberverband des SaarländischenHandwerkes, Saarbrücken

Breuer, Agilbert Leiter, Landesinstitut für Pädagogik undMedien, Saarbrücken

Brück, Alwin Ehrensenator der Universität des Saarlandes, Parlamentarischer Staatssekretär a.D., Heusweiler

Bruewer, Klaus W. Mitglied des Vorstandes, Deutsche BankSaar AG, Saarbrücken

Bürklin, Prof. Dr. Wilhelm Geschäftsführer, Bundesverband deutscher Banken, Berlin

Edlinger, Peter Geschäftsführer, Bankenverband Saarland e.V., Saarbrücken

Feth, Prof. Reiner Rektor, Katholische Hochschule für SozialeArbeit, Saarbrücken

Page 36: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Hudlet, Norbert Verwaltungsdirektor, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes,Saarbrücken

Jütte, Dr. Heiko Hauptgeschäftsführer, Vereinigung derSaarländischen Unternehmensverbändee.V., Saarbrücken

Jungblut, Michael Leiter der Hauptredaktion Wirtschafts-,Sozial- und Umweltpolitik, ZDF, Mainz

Kaltenbach, Bernd Oberst und Kommandeur,Graf-Werder-Kaserne, Saarlouis

Kipper, Otmar Ltd. Ministerialrat, Ministerium für Inneresund Sport des Saarlandes, Saarbrücken

Kirsch, Direktor der Universitätskliniken,Prof. Dr. Carl-Martin Abteilung Nuklearmedizin,

Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Klein, Gerd Ltd. Ministerialrat, Ministerium für Inneresund Sport des Saarlandes, Saarbrücken

Klingen, Dr. Heino Stv. Geschäftsführer, Industrie- und Handels-kammer des Saarlandes, Saarbrücken

Knich-Walter, Helga Leiterin der Stabsstelle Kultur,Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Krämer, Manfred Technologieberater, Wirtschaftsförderungs-verband Untere Saar e.V., Saarlouis

Kruppke, Helmut Vorstandssprecher, IDS Scheer AG,Gesellschaft für integrierte Datenverar-beitungssysteme mbH, Saarbrücken

Lang, Christoph Stv. Abteilungsleiter, Staatskanzlei des Saar-landes, Saarbrücken

Laux, Walter Abteilungsleiter, Ministerium für Inneresund Sport des Saarlandes, Saarbrücken

71D e u t s c h e F ra g e n

Gros, Manfred Leiter des Kabinetts- und Parlaments-referates, Ministerium für Inneres undSport des Saarlandes, Saarbrücken

Groß, Karl-Heinz Vorsitzender des Vorstandes,Bankenverband Saarland e.V., Saarbrücken

Häcker, Eberhard Stv. Geschäftsführer, Industrie- und Handels-kammer des Saarlandes, Saarbrücken

Hafner, Dr. Mathias Industrie- und Handelskammer des Saarlandes, Saarbrücken

Hager, Dr. Oswald Hager Electro GmbH, Blieskastel

Hartung, Klaus R. Vorsitzender des Vorstandes,Saarland Versicherungen, Saarbrücken

Hayo, Manfred CDU-Fraktionsvorsitzender,Stadtverbandstag Saarbrücken

Heinemann, Klaus Mario Regierungsvizepräsident,Bezirksregierung Dessau, Kleinblittersdorf

Heller, Klaus J. Geschäftsführer,Peter Gross GmbH & Co. KG, St. Ingbert

Herkenhoff, Heiner Geschäftsführer,Bundesverband deutscher Banken, Berlin

Hoffmann, Susanne Fraunhofer Institut für zerstörungsfreie Prüfverfahren, Saarbrücken

Höffe, Leiter der Forschungsstelle Politische Prof. Dr. Dr. h.c. Otfried Philosophie, Eberhard Karls Universität

Tübingen

Hönn, Prof. Dr. Günther Universitätspräsident a.D., Universität desSaarlandes, Saarbrücken

Hötger, Peter Saarbrücker Zeitung, Saarbrücken

Huber, Herbert Direktor, Commerzbank AG, Saarbrücken

Tei lnehmer des Sympos iums

70D e u t s c h e F ra g e n

Page 37: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Müller, Heidi Regierungsrätin, Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Müller, Peter Ministerpräsident des Saarlandes,Saarbrücken

Oldenburg, Dr. Uwe Ministerium für Umwelt des Saarlandes,Saarbrücken

Peter, Ralf Zi Consult GmbH, Neunkirchen

Plaetrich, Manfred Abteilungsleiter, Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Pott, Arne Mitglied des Vorstandes, Cosmos DirektVersicherungen, Saarbrücken

Rabel, Stefan Büroleiter des Ministerpräsidenten,Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Radin, Anja ProtectCom, Saarbrücken

Rau, Carsten Geschäftsführer, ProtectCom, Saarbrücken

Recktenwald, Udo Regierungssprecher, Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Reichrath, Dr. Susanne Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft des Saarlandes, Saarbrücken

Reimann, Ulrike Pressesprecherin, Deutsch-FranzösischeHochschule, Saarbrücken

Römer, Dr. Anselm Ministerium für Wirtschaft des Saarlandes,Saarbrücken

Rosche, Manfred Angewandte Sprachwissenschaften,Philosophische Fakultät, Universität desSaarlandes, Saarbrücken

Rupp, Gerd Geschäftsführer, WFUS-Wirtschaftsförde-rungsverband, Saarlouis

73D e u t s c h e F ra g e n

Lavall, Rudolf Geschäftsführer, Carl Mettler Elektrogroß-handel GmbH, Saarbrücken

Lennartz, Jürgen Abteilungsleiter, Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Luckas, Martin Geschäftsführer, Landkreistag Saarland,Saarbrücken

Mailänder, Josef Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Malberg, Jürgen Vorsitzender, Regionalkreis Saar, Bundes-verband Junger Unternehmer, Saarbrücken

Malter, Joachim Stv. Hauptgeschäftsführer, Vereinigung der Saarländischen Unternehmensver-bände e.V., Saarbrücken

Maurer, Rigobert Mitglied des Vorstandes, Saarland Lebensversicherung AG, Saarbrücken

Mayer, Franz Vorsitzender des Vorstandes,Markant-Südwest AG, Pirmasens

Mazzetti-Wysk, Beatrice Regierungsdirektorin, Ministerium fürWirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken

Meineth, Dr. Michael Geschäftsführer, ASKO Europa-Stiftung,Saarbrücken

Meister, Dietmar Vorsitzender des Vorstandes, CosmosDirekt Versicherungen, Saarbrücken

Moll, Prof. Dr. Peter Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Möller, Heidrun Mitglied des Saarländischen Landtages,Saarbrücken

Müller, Andre Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg

Tei lnehmer des Sympos iums

72D e u t s c h e F ra g e n

Page 38: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Seel, Christian Persönlicher Referent der Ministerin,Ministerium der Justiz des Saarlandes,Saarbrücken

Stegmaier, Wolf Direktor, Arbeitsamt Saarland, Saarbrücken

Steimer, Patrik Geschäftsführer, GEK Gmünder Ersatz-Kasse, Saarlouis

Strobel, Eva Präsidentin, Landesarbeitsamt Rheinland-Pfalz/Saarland, Saarbrücken

Theobald, Erhard Vorsitzender des Vorstandes, Handels-verband der Marktkaufleute Südwest e.V.,Merchweiler

Trapp, Hans-Joachim Abteilungsleiter, Ministerium für Frauen,Arbeit, Gesundheit und Soziales des Saarlandes, Saarbrücken

Vehoff, Prof. Dr. Horst Stv. Dekan, Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät III, Universität desSaarlandes, Saarbrücken

Vogel, Dr. Ludwin Abteilungsleiter, Saarland Öffentlichkeits-arbeit, Staatskanzlei des Saarlandes,Saarbrücken

Weber, Dr. Manfred Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstandes,Bundesverband deutscher Banken, Berlin

Weber, Susanne Personalberatung, Saarbrücken

Weber, Wolfgang Abteilungsleiter, Ministerium der Justiz desSaarlandes, Saarbrücken

Wehrum, Volker Vorsitzender, Europäische Immobilien Akademie, Saarbrücken

Weltrowski, Thomas Geschäftsführer, debis Finanz ServiceGmbH, Saarbrücken

75D e u t s c h e F ra g e n

Sahm, Ralf-Dieter Generalstaatsanwalt, Generalstaatsanwalt-schaft Saarbrücken

Salz, Clemens Abteilungsleiter, Ministerium für Finanzenund Bundesangelegenheiten des Saarlandes, Saarbrücken

Sand, Martin Vorsitzender, AStA, Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Sand, Ulrike Stv. Vorsitzende des Vorstandes, Handels-verband der Marktkaufleute Südwest e.V.,Merchweiler

Scheer, Dieter Geschäftsführender Gesellschafter,Scheer Assekuranz VersicherungsmaklerGmbH, Saarbrücken

Scheid, Dr. Dieter Vorstand, Scheid AG & Co. KG, Überherrn

Schild, Wolfgang Staatssekretär, Ministerium der Justiz desSaarlandes, Saarbrücken

Schlegel-Friedrich, Daniela Staatssekretärin, Ministerium für Wirt-schaft des Saarlandes, Saarbrücken

Schmidt, Heinz Günter Bürgerbeauftragter, Ministerium für Inne-res und Sport des Saarlandes, Saarbrücken

Schmidt, Martin Direktor, Commerzbank AG, Saarbrücken

Schmitt, Ernst Abteilungsleiter, Ministerium für Wirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken

Schoenen, Kurt Vizepräsident, Landtag des Saarlandes,Saarbrücken

Scholz, Eckhard Geschäftsführer, ZF Getriebe GmbH,Saarbrücken

Schröder, Christoph Persönlicher Referent des Staatssekretärs,Staatskanzlei des Saarlandes, Saarbrücken

Tei lnehmer des Sympos iums

74D e u t s c h e F ra g e n

Page 39: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Wintermantel, Präsidentin, Universität des Saarlandes,Prof. Dr. Margret Saarbrücken

Woerner, Michael Personalberatung, Saarbrücken

Zeiger-Malberg, Beatrice Saarbrücken

Zitt, Rüdiger Abteilungsleiter, Public Relations,Wirtschaftsjunioren Saarland e.V.,Saarbrücken

Tei lnehmer des Sympos iums

76D e u t s c h e F ra g e n

Page 40: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

79D e u t s c h e F ra g e n

78D e u t s c h e F ra g e n

Welche Zukunft hat der Mittelstand?

Symposium des

Bundesverbandes deutscher Banken

und der Universität Bremen

Mai 2000

81 Seiten, mit Illustrationen, kartoniert

Schutzgebühr: 8,– DM

Welche Zukunfthat der Mittelstand?

Deutsche FragenSymposium des Bundesverbandes deutscher Bankenund der Universität Bremen

Welche Bildung für morgen?

Symposium des

Bundesverbandes deutscher Banken

und der Technischen Universität Dresden

Oktober 2000

Printausgabe leider vergriffen.Welche Bildungfür morgen?

Deutsche FragenSymposium des Bundesverbandes deutscher Bankenund der Technischen Universität Dresden

Was bringt die digitale Zukunft?

Symposium des

Bundesverbandes deutscher Banken

und der Technischen Universität Hannover

April 2001

75 Seiten, mit Illustrationen, kartoniert

Schutzgebühr: 8,– DM

Was bringtdie digitale Zukunft?

Deutsche FragenSymposium des Bundesverbandes deutscher Bankenund der Universität Hannover

Alle bisher erschienenen Dokumentationen sind im Internet unter

www.deutsche-fragen.de im PDF-Format verfügbar und können dort auch

(sofern nicht vergriffen) als Printausgabe bestellt werden.

In der Reihe „Deutsche Fragen“ bisher erschienen:

Wohin jetzt, Europa?

Deutsche FragenSymposium des Bundesverbandes deutscher Bankenund der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Wohin führt derglobale Wettbewerb?

Deutsche FragenSymposium des Bundesverbandes deutscher Bankenund der Universität Hohenheim

Wohin führt der

globale Wettbewerb?

Symposium des

Bundesverbandes deutscher Banken

und der Universität Hohenheim

März 1999

Printausgabe leider vergriffen.

Wohin jetzt, Europa?

Symposium des

Bundesverbandes deutscher Banken

und der Heinrich-Heine-Universität

Düsseldorf

August 1999

76 Seiten, mit Illustrationen, kartoniert

Schutzgebühr: 8,– DM

Was ist soziale Gerechtigkeit?

Symposium des

Bundesverbandes deutscher Banken

und der Universität Erfurt

August 1998

75 Seiten, mit Illustrationen, kartoniert

Schutzgebühr: 8,– DM

Page 41: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Wer wegweisende Antworten sucht, muss die richtigen Fragen stellen. Dies ist

der Leitgedanke der Symposienreihe „Deutsche Fragen“ des Bundesverbandes

deutscher Banken. Das 7. Symposium am 5.September 2001 in Saarbrücken

widmete sich der Frage: „Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?“

Der Staat hat in vielen Bereichen die Grenze seiner Leistungsfähigkeit erreicht.

Das Verhältnis zwischen der Eigenverantwortung der Bürger und dem Einfluss

des Staates ist aus der Balance geraten.Vertreter aus Politik, Wirtschaft,

Wissenschaft, Kultur und Medien haben diskutiert, welche Reformen notwen-

dig sind, um individuelle und kollektive Verantwortung sinnvoll auszutarieren.

Page 42: Wie viel Eigenverantwortung brauchen wir?

Impressum

Herausgeber: Bundesverband deutscher BankenInternet: www.bankenverband.de

www.deutsche-fragen.de

Redaktion: Dr. Dirk FrankeBundesverband deutscher BankenTel.: 0 30/16 63-15 40E-mail: [email protected]

Gestaltung: Scholz&Friends Berlin

Illustrationen: Janusz Kapusta

Lithografie:Appel Grafik Berlin

Satz: MetaDesign, Berlin