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Hengist Wanderweg / Etappe Wildon Sie befinden sich hier www.hengist.at l www.wildon.steiermark.at l Tel.: 03182 - 3227 Wildoner Schlossberg: Die Burgen Nach drei „dunklen Jahrhunderten“ sind am Wildoner Schloss- berg wieder Funde aus dem 8. bis 10. Jahrhundert nachweisbar. Im Jahre 892 wird Hengistfeldon schriftlich genannt, vielleicht bereits eine (zweiteilige?) Befestigungsanlage am Schlossberg. Nach dem Sieg über die Ungarn (955), die um 900 Teile der Ost- und Weststeier- mark erobert hatten, wurde an der mittleren Mur zum Schutz der Reichsgrenze die Karantanermark eingerichtet, 1042 auch „Graf- schaft Hengest“ genannt. Der Markgraf aus dem Hause der Eppen- steiner saß auf der Hengistburg , die aus strategischen Gründen am ehesten wohl am Wildoner Schlossberg gelegen sein wird. Nach einer Zerstörung der Burg 1053/54 wird die Burgkirche um das Jahr 1066 letztmalig erwähnt. Im Hochmittelalter sperrten hier vier Burgen die vorbeiführende alte Reichsstraße. Ful (urkundlich um 1215) und Hengst (genannt zuletzt 1624) auf halber Höhe im Norden, das landesfürstliche Wildon (1173, mit Burgkapelle St. Johannes der Täufer) im Westen und das erzbischöflich-salzburgische „Neue Haus Wildon“ (1265, mit Burgkapelle St. Michael) im Osten des Bergplateaus. Inhaber der oberen Burgen waren die Herren von Wildon , die sich vor 1173 nach Hengist und nach der Riegersburg zubenannt hatten. Als mächtigste steirische Minis- terialenfamilie des 12. und 13. Jahrhunderts wirkten sie maßgeblich an der Einsetzung des jeweiligen Herzogs mit. Die Wildonier waren landesfürstliche Truchsesse (Hofküchenmeister) und Marschälle (Führer des militärischen Aufgebotes) und errichte- ten das Chorherrenstift Stainz als ihre Grablege. Ihre Wappenfarben Silber/Grün gingen auf das Land Steiermark über. Herrand II. von Wildon (urkundlich 1248–1278), Schwiegersohn Ulrichs von Liechtenstein, wirkte als Politiker und Dichter . Ihre Stammburg ging den Wildoniern aller- dings nach einem Aufstand 1292 an die Habsburger verloren, die sie durch Pfleger verwalten und ausbauen ließen und 1624 an die Fürsten von Eggenberg verkauften. Die Grafen Stampfer von Walchenberg verlegten im frühen 18. Jahrhundert den Sitz der Herrschaft in das Freihaus (Untere Schloss) im Markt Wildon. Die Burgen verfielen zu Ruinen, Steine des 1856 eingestürzten Berg- friedes von „Neuwildon“ dienten zum Bau des Pfarrhofes. Seit 1955 sind Schlossberg und Burgen Eigentum der Familie Frizberg. Von den Kalksteinbrüchen am Schlossberg stammt nicht nur das Baumaterial für die örtlichen Burgen – noch im 16. und 17. Jahr- hundert wurden hier Steine für die Grazer Festung gebrochen und auf der Mur nach Norden transportiert. Siegel Ulrichs von Wildon, 1242. Die Damaszierung oben meint Silber, die drei Seeblätter unten stehen für Grün. Der Stich G. M. Vischers aus dem Jahre 1681 zeigt eindrucksvoll die Burgenmassierung am Schlossberg. MG Wildon Der schütter bewaldete Schlossberg mit der Murbrücke, um 1910. MG Wildon Der sog. „Heidenturm“ der Burg Wildon auf einer historischen Postkarte (um 1910) und einer Fotografie des Jahres 2002.

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Hengist Wanderweg / Etappe Wildon

Sie befinden sich hier

www.hengist.at l www.wildon.steiermark.at l Tel.: 03182 - 3227

Wildoner Schlossberg:Die Burgen Nach drei „dunklen Jahrhunderten“ sind am Wildoner Schloss-berg wieder Funde aus dem 8. bis 10. Jahrhundert nachweisbar. Im Jahre 892 wird Hengistfeldon schriftlich genannt, vielleicht bereits eine (zweiteilige?) Befestigungsanlage am Schlossberg. Nach dem Sieg über die Ungarn (955), die um 900 Teile der Ost- und Weststeier-mark erobert hatten, wurde an der mittleren Mur zum Schutz der Reichsgrenze die Karantanermark eingerichtet, 1042 auch „Graf-schaft Hengest“ genannt. Der Markgraf aus dem Hause der Eppen-steiner saß auf der Hengistburg, die aus strategischen Gründen am ehesten wohl am Wildoner Schlossberg gelegen sein wird. Nach einer Zerstörung der Burg 1053/54 wird die Burgkirche um das Jahr 1066 letztmalig erwähnt.

Im Hochmittelalter sperrten hier vier Burgen die vorbeiführende alte Reichsstraße. Ful (urkundlichum 1215) und Hengst (genannt zuletzt 1624) auf halberHöhe im Norden, das landesfürstliche Wildon (1173,mit Burgkapelle St. Johannes der Täufer) im Westenund das erzbischöfl ich-salzburgische „Neue HausWildon“ (1265, mit Burgkapelle St. Michael) im Ostendes Bergplateaus. Inhaber der oberen Burgen warendie Herren von Wildon, die sich vor 1173 nach Hengist und nachder Riegersburg zubenannt hatten. Als mächtigste steirische Minis-terialenfamilie des 12. und 13. Jahrhunderts wirktensie maßgeblich an der Einsetzung des jeweiligenHerzogs mit. Die Wildonier waren landesfürstliche Truchsesse (Hofküchenmeister) und Marschälle(Führer des militärischen Aufgebotes) und errichte-ten das Chorherrenstift Stainz als ihre Grablege. IhreWappenfarben Silber/Grün gingen auf das LandSteiermark über. Herrand II. von Wildon (urkundlich 1248–1278), Schwiegersohn Ulrichs von Liechtenstein, wirkte alsPolitiker und Dichter. Ihre Stammburg ging den Wildoniern aller-dings nach einem Aufstand 1292 an die Habsburger verloren, diesie durch Pfl eger verwalten und ausbauen ließen und 1624 an dieFürsten von Eggenberg verkauften. Die Grafen Stampfer vonWalchenberg verlegten im frühen 18. Jahrhundert den Sitz der Herrschaft in das Freihaus (Untere Schloss) im Markt Wildon. Die Burgen verfi elen zu Ruinen, Steine des 1856 eingestürzten Berg-friedes von „Neuwildon“ dienten zum Bau des Pfarrhofes. Seit 1955 sind Schlossberg und Burgen Eigentum der Familie Frizberg.

Von den Kalksteinbrüchen am Schlossberg stammt nicht nur das Baumaterial für die örtlichen Burgen – noch im 16. und 17. Jahr-hundert wurden hier Steine für die Grazer Festung gebrochen und auf der Mur nach Norden transportiert.

Siegel Ulrichs von Wildon, 1242. Die Damaszierung oben meint Silber, die drei Seeblätter unten stehen für Grün.

Der Stich G. M. Vischers aus dem Jahre 1681 zeigteindrucksvoll die Burgenmassierung am Schlossberg.MG Wildon

Der schütter bewaldete Schlossberg mit derMurbrücke, um 1910. MG Wildon

Der sog. „Heidenturm“ der Burg Wildon auf einerhistorischen Postkarte (um 1910)und einer Fotografie des Jahres 2002.