wilhelm tell

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 German Studies Association Recht auf Widerstand: Pflicht zum Widerstand: Der Fall "Wilhelm Tell" Author(s): Hildburg Herbst Reviewed work(s): Source: German Studies Review, Vol. 21, No. 3 (Oct., 1998), pp. 429-445 Published by: German Studies Association Stable URL: http://www.jstor.org/stable/1431230  . Accessed: 08/02/2012 03:41 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at  . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. German Studies Association is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to German Studies Review. http://www.jstor.org

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German Studies Association

Recht auf Widerstand: Pflicht zum Widerstand: Der Fall "Wilhelm Tell"Author(s): Hildburg HerbstReviewed work(s):Source: German Studies Review, Vol. 21, No. 3 (Oct., 1998), pp. 429-445Published by: German Studies AssociationStable URL: http://www.jstor.org/stable/1431230 .

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Recht auf Widerstand Pflicht zum

Widerstand: Der Fall WilhelmTell

Hildburg Herbst

Rutgers University

WilhelmTellgewannnochzuLebzeitenSchillersdenRuf,seinzuginglichstesundin vielerHinsichtbeliebtestesDramazu sein. Die bunte,aberrelativeinfache

Handlung,die mythischeNaivitit, die Alpenromantik, ie poetischeAtmosphareundnichtzuletztderschierunerschopflicheVorrat neingangigenFormulierungen,die langstzu gefliigeltenWortengewordensind,haben Generationen on Leser

und Zuschauer entziickt- und doch ist es gerade die entscheidendeTat des

Protagonisten,die Tat,die ihniiberhaupt rst zumlegendirenNationalheldender

Schweizgemachthat,die immerwiederfurUnbehagen,wennnichtgarfurmassive

Kritiksorgt.So berichtetIringFetscheretwa von einemheftigenStreitzwischen

seinem Sohnund MarcelReich-Ranicki,"der n Tell einenriipelhaftenSA-Mann

sah,den Schillerzu UnrechtalsFreiheitsheldportratiertabe."'WilhelmTellwurde

auf Hitlers Wunschhinwahrenddes Kriegesvon den deutschenBiihnenund aus

deutschenTextbuchemverbannt.2Wiesoeinemaber,wennmanschoneinenBezugzum DrittenReich herstellenwill, die SA einfallt,die meist in Gruppen,nicht als

Einzelganger,auftauchteundkaumfurskrupulosesAbwagenihrerTatenbekannt

ist, und nicht der deutscheWiderstand, or allem die Mannerdes 20. Juli,die in

iuBersterGeheimhaltung nd erst nach schweren nnerenKampfendenAnschlagaufHitlerals letztenAuswegakzeptierten,st kaumeinzusehen.Es ist nichtnurdie

Agonie der Rechtfertigungeines politischen Mords, die Schillers Tell mit den

deutschenAttentatem eilt, sonder auch dasBewuBtsein,daB urdie notwendigeTatein hoherpersonlicherPreis zu zahlen ist.3

Die "aktualisierendenolitischenAuslegungen,"4

ie FritzMartinimit einem

halbenSatzbeseiteschiebt,machendie Minderheit nterdenTell-Untersuchungender ungerenZeitaus;trotzdem st es verwunderlich, aBes bisherkeineArbeiten

zugebenscheint,dieiiber poradischeNebenbemerkungeninausderprinzipiellenVerwandtschaft wischen Tell und den Mannemdes 20. Juli ihreAufmerksamkeit

widmen.5Die vorliegendeUntersuchungtrebtkeinepolitischeAktualisierung es

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SchillerschenStiickesan,will aber- angeregtdurchgrundsatzlicheAhnlichkeitenin derethischenAuseinandersetzung aufzeigen,wie Schiller n WilhelmTellmit

systematischerSorgfaltklart,daBein Recht aufWiderstand u einerPflicht zum

Widerstandwerdenkann.DaBSchillerselbst die Hauptideedes Stiickes als "Das

Nothwendigeund Rechtliche der Selbsthilfe in einem strengbestimmtenFall"6

bezeichnet,wird vielfachanerkannt; a3erjedochimfolgendenSatz auchvon der

"tragischenDignitatderCharactere"7pricht,bleibtdurchwegunerwiihnt.Martinis

Behauptung,Tellkonneden Mord"unverst6rtn derEinheitseines Wesenshinter

sichlassen,"8ollte manwidersprechen, ennSchillerklartnichtnur,unterwelchen

Umstainden inpolitischerMordgerechtfertigteinkann,sondernveranschaulichtauch(waszahlreicheKritikeribersehen),daBzumindest mBewuBtseindesTaters

eine Rickkehr in den Zustand naiver Un-Schuld nicht mehr m6glich ist. Zur

Stitzung dieserThesesoll dievorliegendeUntersuchungich auf diedrei ndieser

Hinsicht entscheidendenSzenen- Tells Monolog vor derTotungGeBlers,die

Begegnung mit Parricidaund Tells endgiiltiges Ablegen der Armbrust -

konzentrieren. ie erstenbeidenSzenenwerden n derTell-Kritikaufig,wenngleichmitsehrunterschiedlichen chluBfolgerungen, esprochen; iedritteaberspieltso

gut wie keine Rolle, obwohl erst hier derlogische SchluBstein ir die durchden

Monologunddie Parricida-SzenenGanggesetzteethischeDebattegeliefertwird.GertSautermeister ezeichnet denMonologvor GeBlersT6tungtreffendals

"eineArtzentraleGelenkstelle" m Drama;9 nd dochwurdevon Anfangandiese

groBeSzene besonderskritischbeurteilt.Aus Ifflands ruherAnmerkung cheint n

ersterLiniederBiihnenpraktikeru sprechen:

Da derMonologzu Endewar,bemeisterteichmeiner inewundersame

Empfindung.DasBildnisTellshatteden ieblichenSchimmerverloren,die Vemunft konnte den langsamen,vesten Vorsatz des Mordes

begreifen, aber ich weiB nicht, was sich inwendig regte und mir

zufluisterte:o langesollte Tellvor dem Mordenichtdastehenundmit

sich allein dabei reden.Freilichheif3tdies Redeneigentlichdencken

undsoll nicht Redenbedeuten;alleindiese BemerkungvergiBt ich

und Tell verliertdariiber.'0

Schiller,der oftmitgroBerKonzilianzaufAnderungsvorschlageinging,lieB

sich in diesem Fall nicht zu Abstrichenbewegen; taktvollzog er sich auf eine

Antwortzuriick,die schwer zu widerlegenwar:"GegenEmpfindungenaiBtich

durchArgumentenichtstreiten.Tells Monolog,das beste im ganzenStuck,muB

sich also selbst erklarenund rechtfertigen.""Dennoch wurde die Breite des

Monologs mmerwiederals ndramatischetadeltundgelegentlichogarparodiert.

Typisch fir eine Verlagerungder Kritikaufs Asthetischeist etwa die Reaktion

Eichendorffs,dersichander"langen ch6nrednerischen ntschuldigung," ie dem

Mord"alleUnmittelbarkeitrischerNaturgewalt" ahme,'3 tieB,undauchEmil

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StaigersHinweis darauf,daBTell sprachlich"aufeinmal denKothumbesteigt."'4AberStaigererkenntdenGrundurdiesenradikal eranderten onund iefertdamit

den SchliisselzurKlarung inguistisch-asthetischerrobleme:"DerStil bestimmt

sich nach den Anforderungender Szene."'5Der liebliche Schimmer,den Iffland

vermi3t,oderdie frischeNaturgewalt, ieEichendorfffehlt,warenbeiderplanvollen

Vorbereitungauf einen MordhbchstbefremdlicheElemente.

Vor allem sind es aber psychologische Gesichtspunkte,unter denen der

Monologkritisiertwird.DasgegenEndedes 18.Jahrhundertseutlichzunehmende

Realismus-Bediirfnispiegeltsich in derBeurteilung inesanonymenZeitgenossen

Schillers wieder, der lapidarbehauptete:"Tell fuhlt nur, er raisonnirtnicht.Offenbarwidersprichtdaher der Monolog...dem ihm gegebenen Charakter."'6

Sobaldmanversucht,daspsychischeProfil Tells aus demerstenAkt mit demdes

MonologszurDeckungzubringen,wirdmanallerdings nttauscht;s seidenn,man

gehtvor wie Lesley Sharpe,die meint: "Tellis not aperceptiveman";'7"[Tellis]a man little used to thinkingoutsidethe realmof proverb, liche,andaxiom";'8 nd

durchdieses einmalgewahlteFilter auchdas Selbstgesprachbeurteiltundfindet,was sie erwartet:"Tell'sthoughts hen areconfused and evenconflictingfromthe

point of view of strictlogic butquiteunderstandablen the characterwith whom

Schillerhasacquaintedus in theplay."9GerhardKaisersprichtabermitRechtvoneiner"falschlichenAnwendungpsychologischerKategorienaufTell."20Kritiker,die sichanderInkonsistenzderpsychologischenZeichnung t6ren,verkennen,daB

es sich trotzallerliebenswiirdigenKonkretheitTells "wenigerum die Darstellungvon Charakteren ls von Denkungsarten"2'andelt,wie WalterHindererbetont.

SchillersTell des viertenAkts,derseinenT6tungsplan echtfertigt,st einanderer,als derTelldes erstenAkts,derBaumgartenpontanundunreflektierturHilfeeilt.

Aber der liebliche Schimmer,den Iffland in derhohlen Gasse vermi3t,also das

ungebrochenNaive, ist Tellja nicht auseigenemMutwillenabhanden ekommen.

Sein groB3es elbstgesprach erdeutlicht,daBerden ZustandderIdylle,wo Wille,Tat undVollzug wie beim antikenoder beim Marchenhelden ine ungebrocheneEinheitbilden,endgiiltigverlassenhat.

Fur das 18. Jahrhundertwar der Tyrannenmord in Konzept von grof3erFaszination,bevorer durchdieFranzbsischeRevolutionauferschreckend onkrete

Weise indenAlltagEuropas inbrach. mGegensatzzur inkenKritik22eigtDieter

Borchmeyeraber auf exemplarischeWeise, da3 Schiller in WilhelmTellgeradekeine Verherrlichung, ondem ein Gegenmodellzur FranzbsischenRevolution

anbietet.23 o gesehenerfordert s in der Tat eine iiberdurchschnittlichorgfaltige

Legitimierung,den Tyrannenmordmit positivem Vorzeichen auf die Buhne zubringen.SchillersDilemmabestanddarin,da3dieUberlieferunghmeinen"naiven"

Helden beschert hatt!, die Rechtfertigung der Totung aber nach einem

"sentimentalischen"eldenverlangte.DiesennotwendigenTypen-Wechsel rkennt

Sautermeister,ndemer feststellt:"Vomkonzisen,sentenzibsenSprechenals Form

eines in sich ruhenden,an NaturgesetzenorientiertenDaseins gelangt Tell im

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Monolog zu einem ausftihrlichbegriindenden,den Gedankenvariationsreich

abwagenden Sprechenals Form einer geschichtlich gebrochenen,reflektierten

Existenz."24 ertUedingerkennt m groBenReflexionsmonologeine neuzeitliche

Problembewaltigungund argumentiert,Tell teile Ziige mit einem modemen

Freiheitskimpfer,"dernachweisenmuB,daB er bewuBtund absichtlichhandelt,unterBeriicksichtigung ller hmeinsichtigenBedingungenundUmstinde."25 lle

Befiirworter inerTotungGeBlersn spontanerAufwallungdes Zoms gleichnach

dem ApfelschuB oder statt dessen verkennen, wie wichtig es fir Schillers

Rechtfertigungskonzeptst, daB Tell bewuJft, bsichtlichund die Konsequenzen

akzeptierendhandelt. as Selbstgesprach or GeBlersT6tung st dasVehikel,TellsVerlust an Un-Schuld klarzumachen,gleichzeitig aber auch den Zuwachs an

tragischerDignitatzuzeigen,aufdie Schillerso viel Wert egt.DafJGeBler u Tode

kam, war,als SchillerdenMythosaufgriff,schon eine uralteGeschichte;wieseine

T6tung in diesem Drama im Voraus durchreflektiertwird, macht die uralte

Geschichteganzmodem.

Der Monolog mag vielen als zu lang erscheinen;aber derVorwurf,er sei zu

unsicher nderLogikundzu diffusimFokus aBt ich bei sorgfiltigerUberprifungdes Textesnicht aufrechterhalten. llein schon die auBereStruktureigt einen so

klarenAufbau,eine so weitgehende Symmetrie,daBes erlaubt ein sollte, daraus

auf eine ahnlicheKlarheitderArgumente u schlieB3en. nstattvon Konfusionzu

sprechen, ollteman iebersagen,daBderbereitsgefaBteEntschlul3 ocheinmalam

gesamtenHorizontTells abgetastetwird: von derGegenwart n der hohlen Gasse

bewegenseine Gedanken ichzuriick n dieVergangenheit;rstzu sichselbst,dann

zurFamilie,dannzumgrol3erenKreis,derdenKaiserundGeB3lerinschlieB3t.n der

Mittelachsedes Monologswendet Tell sich derArmbrust u, ohne die er nicht der

Mannware, als der er bekannt st, ohne die der schicksalhafteApfelschuB3icht

moglich gewesenware, ohne die er sein

jetzigesVorhaben,die T6tungGeBlers,

nichtwiirdedurchfiihren 6nnen.Von hier aus gehtes abermals n die Weite der

Welt,unddannzuriick urFamilieundsich selbst.Als ergedanklichwieder mHier

und Jetztangekommen st, wird der Entschlu3zurT6tungemeutbestatigt.Aber

nichtnur die Struktur,ondemauchdie sprachlicheVielschichtigkeitverrit eine

sorgfaltigeArbeit am Monolog. Neben dem schlichtenBerichtsstil,der fiir die

ErinnerungennFrauundKinderunddaseigene bisherigeLeben ypisch st,finden

sich Anklinge an eine geradezu religi6s gefarbte Inbrunst,wenn Tell seine

Armbrust nspricht; beram klarsten rittdie Sprache ationalisierender emunft

in denVordergrund.

ielsicherwie als SchiitzewahltTell seine Worte.Knapp

und

sachlich konstatierter Fakten. Seine Argumente sind unerbittlichdualistisch

aufgebaut. Der Kontrast zwischen seiner harmlos-heilen Welt und der

menschenverachtendenTyranneiGeBlerswird mit einer kasuistischen Scharfe

verdeutlicht,die weit fiberdasVerm6geneinesschlichtenAlpenjaigersinausgeht.Inhaltlichsorgtbereitsder AuftaktzumMonologbei manchenKritikemfir

Schwierigkeiten, denn sie entdecken darin mit Recht etwas Hinterhaltiges,

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Kalkuliertes.Max Frisch,der sich in seiner ironischenNacherzahlung"WilhelmTell fir die Schule"allerdingsausschlieBlich ufden SchweizerMythos,nicht auf

SchillersWilhelmTellbezieht, tellteineVerbindung wischenTell undTerroristen

des 20. Jahrhundertser:

Nicht zu Unrecht,wenn auch zurallgemeinenEmporung,habendie

palastinensischenAttentiter,die in Zuricham 18. Februar1969 aus

demHinterhalt in startendesEL-AL-Flugzeugbeschossen,sich auf

Wilhelm Tell berufen; die Vogt-T6tung bei Kiifnacht, wie die

schweizerischenChroniken ie darstellen,entsprichtden MethodenderEL-Fatah.26

Die Methodenm6gen auchbei SchillersTell der EL-Fatah ntsprechen,aber

sein Motivund die Konzentration ufeinganzbestimmtesOpfermachendeutlich,daB es sich bei ihm nicht um einen Terrorakt, ondem um ein Attentathandelt.

TerroristischeMorde an Unschuldigen sind Erpressungenan die Adresse der

Machthaber;Tells T6tung zielt auf die Eliminierungdes Machthabersselbst.

Schiller hatte natiirlichein Szenariumschaffen k6nnen, das das Ruchlose der

TellschenTatminimierthatte.Stattdessen chufer sich denWiderstand, egendener anschreibenmul3te,elbst:"DieGelegenheit stgiinstig," 2562)27 eiBtes;"Dort

der Holunderstrauch erbirgtmich ihm";(2564) "Des Weges Enge wehret den

Verfolgem."(2566) Ge3lergleich in Altdorf zu erschiel3en,ware eine heroische,aberfir alle anwesendenSchweizerverhangnisvolleGestegewesen;GeBler n der

hohlen Gasse abzupassen, st eine effektive, aberh6chst unheroischeHandlung.Wir sollen Tell jedoch offenbar nicht deswegen zustimmen, weil er ein so

liebenswiirdigerMann st, sondemweil wirseine entsetzlicheZwangslageSchritt

fiirSchrittsogargegen urspriinglicheVorbehaltenachvollziehenk6nnen.

SchillersUberzeugungsarbeit eruhtauf derVorstellung,da3 es die hbchstePflicht eines Mannesund Vaterssei, die Familie zu beschiitzen.Tell ist schon als

guterEhemannundsorgenderVatervorgestelltworden,bevor er imMonologdas

"treueWeib" (2579) erwahntund von den "lieben"(2632) den "unschuldigen"

(2578) undden"armenKindlein" 2578)spricht.Es istglaubwiirdig, aBerniemals

heimkehrte,ohne etwasmitzubringen, war'seine sch6neAlpenblume,war's / ein

seltnerVogel oderAmmonshom";2626/67)mitknappenStrichenwirdeine in sich

ruhende,heile Familiegezeichnet.Auch er selber lebtefriiher"stillund harmlos"

(2569) und n "Frieden"2572);seine "Gedankenwarenreinvon Mord." 2571) Es

war GeB3lermit seiner Aufforderung um ApfelschuB,der ihn aus dieser Idylle

herausgerissenund in "H6llenqualen"2589) gestiirzthatte.Tell wendet sich aber

nicht gegen das Systemals solches; er betont vielmehrausdriicklich,daB er den

Vogtdes Kaisersals seinenHermanerkennt; urgegendiemenschenverachtenden

UbergriffeGeBlerswill er sich zu Wehrsetzen. DaBTell zu demgeworden st, der

erjetzt ist, dafiirist GeBlerverantwortlich: Duhast aus meinem Friedenmich

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heraus Geschreckt;"2572/73) "ZumUngeheurenhastdu michgew6hnt." 2575)NachdemTell imMonologdargelegthat,daB rFrauundKindervor desLandvogts"Wut Beschiitzen"muB 2579/80) undbereit st, sie zu"verteid'gen," 2633) ihre

"holde Unschuld / Zu schiitzenvor der Rache des Tyrannen" 2633/34) dient

Armgardwenig spaterzurSpiegelungseinesProblems;edoch ist ihreLagenoch

verzweifelter, enn hrMann,dessenvomehmsteAufgabees nachdenVorstellungender Schillerzeitware,sieund die Kinderzubeschiitzen, iegtschon seit Monaten n

GeBlersKerker.Tells eigenen Argumentewerdenalsovon einerAul3enstehenden

validiert,und GeB3lerelbst wirdkurzvor seinem Tode noch einmalGelegenheit

gegeben, sich in seiner ganzen machtvollen Grausamkeitzu produzierenundweitaus schlimmereZeiten,als sie schonherrschen,anzudrohen.

ObwohlTell nichtausspricht,daBer mit dem Mord iber die eigene Familie

hinausauchseineMitbiirger on derTerrorherrschaftesLandvogtsbefreienwill,ist HelmutKoopmann uzustimmen, erbehauptet: OffentlicheundprivateSache

gehen nebeneinanderher....Spatestens on derErschieBungGeBlersan stehtdas

eine stellvertretendurdas andere."28 ach demTodesschuB3roklamiertTelldenn

auchselber,"Frei inddieHiitten;"(2794) ndallerufen:"DasLand stfrei!" 2822)TellsprivaterKreiswirdalso ausdriicklichrweitert, on derFamiliezudenHiitten,

d.h. derGemeinde,diedurchArmgard eprdsentiert ird,bis hin zumganzenLand.GelegentlichwirdTellsMotiv zurT6tungGeBlers lsprivateRacheaufgefaBt;

so heiBtes bei Fetscher,"daBTell im Grundegarkeine politischenMotive hat,sondempsychologischverstandlich inepers6nlicheRechnungbegleicht,"29 erde

oftiibersehen;FrankG.Rydervermutet,dieTbtunggeschieht"inalargelypersonalrevenge,"30 ahrendF. J.Lamportdas Motiv als "blendof'Notwehr' and 'Rache'"

bezeichnet.3'AberdiehaufigeAnrufungGottessprichtgegenpersbnlicheRacheals

Motiv. Schon fruh im Stuck wird Tells zuversichtlicherGlaubeeingeftihrt; m

Gesprachmit dem Fischererwahnter "Gottesgnad'geFiihrung,"2212) "Gottes

Hilfe"(2246) und "GottesGnade." 2262) SeinenEidschwur ormApfelschuB, o

sagter,habe "nurGottgeh6rt," 2586) und es sei "eineheil'ge Schuld" 2590) ihn

nunmehreinzulosen.Die Wamungdes Fischers,"Nicht zweimal hilft EuchGott

aus[GeBlers]Hand" 2282) erinnert n den"Taucher";berdessen zweiterSprungin den Schlund des Meeres ist eine HerausforderungGottes zu selbstischen

Zwecken,wahrendTell ftir andereeintrittund die geplanteHandlungmit seinem

GottesverstandnisurDeckungbringt:"Es ebteinGottzu strafenundzu rachen."

(2597) Nicht Tell rachtsich also, sondemGottstraftund rachtdurchTell als sein

Werkzeug. Dem Landvogt attestiert Tell kaprizi6senMutwillen, denn dieser

"erlaubt" ich Dinge (2592), "erfrecht" ich (2596) undhat"m6rderischeLust";

(2595) fir sich selber aber spricht er vom "fiirchterlichenErnst"(2605) der

momentanenSituation.Dreimal betonter, daB er tun will, was er meint, tun zu

miissen;dreimalnennter sein Vorhabenbeim schrecklichenNamen,Mord.Nichts

deutetauftriumphierendeelbstbefriedigung,lles deutetaufemstePflichterftillungim Nameneiner hoherenInstanz.Manmagdie Ausfiihrlichkeit es Monologsaus

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dramaturgischen,sthetischenoderpsychologischenGrundenkritisieren;um dasethischeProblem,das hierabgehandeltwird,zu erfassen, st Tells SelbstgesprachabsolutunerliaBlich;ierkristallisiertich,wie Schiller elbstbetont,die"Hauptideedes Stiicks:"32Mord st nurals derletzte,notwendige,undsorgfaltig abgewogene

Ausweg auseiner m weitestenSinnepolitischenZwangslagevertretbar, achdem

alle "sanftenMittel," 1315)an dieRedingaufdemRiitligemahnt,nichtsgefruchtethaben.Der Impulszum iuBerstenWiderstanddarfsich,wie hierin WilhelmTell,

ausEmotionenpeisen;dieDurchfiihrungerlangtnachvollkommenerNiichternheit."Widerstand egen die Obrigkeithat es gegeben,seit es die Obrigkeitgibt,"33

stelltderHistorikerPeterHoffmann apidar est undweist daraufhin,daBseit demMittelalter n der deutschen wie in der europaischenGeschichteimmerwieder

aktiveAuflehnunggegenstaatlichesRechtvorgekommen ei, "wennes das Leben

zerstorte,statt es zu schiitzen."34 er mittelalterlich-mythischeHeld Tell gehortebenso in diese Traditionsreihewie die Widerstandskampferm DrittenReich.

Selbstwenn dieAttentiterdes20. Juli mit einem modemenmilitirischenApparat,den es sowohl zu nutzen als auch zu unterlaufengait, und Schillers schlichter

Alpenjagermit der Armbrustunendlichweit voneinander ntfemtsind,was ihren

Aktionsmodus betrifft, sind sie einander nahe in der Intensitat ihrer

GewissensbefragungundRechtfertigung ineran sich verabscheuenswerten at.Der deutscheWiderstandhattenatiirlichviele Gesichter,abergeradedie Manner

des20. Juliwaren n ihrerkonservativenGrundhaltungemSchillerschenCharakter

ahnlich, wie zahllose Briefe, Berichte, Tagebucheintragungen nd iiberlieferte

Gesprachebelegen. Eine an Tell erinnemdeenge Bindungan die Familie und die

Sorgeum die ZukunftderKindergiltalswesentlicher mpuls ir ihrenVersuch,das

totalitareSystemdurchEliminierungdes Hauptverantwortlichenu zerschlagen.Von BertholdGrafvonStauffenbergstderAusspruchiberliefert: DasFurchtbarste

ist zu wissen, daBes nichtgelingenkannund daBman es dennochfurunser Land

und unsere Kinder tun mu3."35AuBer der Familie und einem ganz konkretenPatriotismus, ersich dem Tellsvergleichena1i3t,pieltebeiderGruppeum den20.

Julider christlicheGlaubeeine entscheidendeRolle.Die Vorstellungdes schlicht-

gliiubigenTell, daBGott sich seiner als Werkzeugbediene,um GeBlerzu t6ten,findet ein Echo in DietrichBonhoeffer,einem der differenziertestenDenker des

protestantischenWiderstands;rdefinierte inenWiderstandskiimpferlsMenschen,der "im Glauben und in alleiniger Bindung an Gott zu gehorsamer und

verantwortlicher atgerufen st."36 bensowie beiTell,deres ersteinmalmit einer

Art passiven Widerstandsund dannmit diplomatischemAusweichen versucht,

dauerte s bei vielen derMannerdes 20. Juli ange,bis sie durchHitlerszunehmendsinnloser werdende Ubergriffe und Fehlentscheidungenaus ihrem "Frieden

herausgeschreckt"2572) wurden;allerdings fiihltensich keineswegs alle zum

"Ungeheuren,"2575) d.h. zurT6tungHitlersbereit.37nnerhalb ervorliegenden

Untersuchung6nnenaberdieimengerenSinnpolitischenAspektedesWiderstands,diekeineswegs homogenenVorstellungen,wie unddurchwen eineMachtablosung

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stattfinden ollte, sowie nationaleund internationaleVerflechtungenkeine Rollespielen. Was Schillers Kunstfigurund die tatsachlichenAttentiter des Dritten

Reiches verbindet, st die Intensitatder Selbsbefragung,ob die geplanteT6tungeines Menschenaul3erhalbines sozial sanktioniertenRahmens(erklirterKrieg,

Justizt6tung,pontanendividuelleNotwehr)gerechtfertigtei. DainTellsMonologdas Allgemeingultige und das Grundsatzliche politischen Widerstands

durchreflektiertwird, ist keine miihsameAktualisierungn6tig, um Schillers im

friihesten 19. Jahrhundertgeschaffene, auf einem mittelalterlichen, fast

miirchenhaften orbildberuhendeTell-Figurals "modem" ubezeichnenund mit

denAttentatemdes DrittenReichs in Beziehungzu setzen.Das frei erfundeneZusammentreffenmit Parricidawar, wie Klaus Berthel

anmerkt,"seitje einmit KritikbedachterPartdes Dramas."38 ie Szene wurdeals

"Biirde,"39ls "wenigdienlich"40nd sogarals uberfliissigbezeichnet,weil Tell

bereitsdurchdenMonolog hinlanglichgerechtfertigt ei.41Wie beimMonolog ist

auch fur die Parricida-Szenedie friihe Kritik Ifflands besondersaufschlul3reich,weil sie mit den handschriftlichenAnmerkungenSchillers erhaltengebliebenist.

Ifflandgabzu,"DieErscheinungParricidas efremdetemich;wasmitihmvorgeht,

gab mir MiBgefiihl,"42nd schlug vor, "Parricida ollte garnicht erscheinen."43

Schiller ieBsichaberauchhiernichtbeirrenundverteidigtedieWichtigkeitgeradedieser Szene:

Tells Mordthatwirddurch[Parricida] llein moralischundpoetisch

aufgelost. Neben dem ruchlosen Mord aus Impietit und Ehrsucht

stehtnunmehrTells notgedrungeneThat,sie erscheintschuldlosin

derZusammenstellung it einem hrsoganzunahnlichenGegenstiick,und die Hauptidee des ganzen Stiicks wird eben dadurch

ausgesprochen,nehmlich:"Das Nothwendige und Rechtliche der

Selbsthilfein einemstrengbestimmtenFall."44

Eine Verkniipfungvon Monolog und Parricida-Szene st offensichtlich;

Schliisselbegriffeaus demMonologwerdenwiederaufgegriffen:FrauundKinder,HiitteundHerd,die ReinheitderHande,die SelbstlosigkeitderTat,GottalsZeugeund Inspirator. n herzlicherSelbstlosigkeitwollen Hedwig und die Kinder den

Fremden"erquicken"3101) und "laben" 3103) und zeigen damit,daB sie die

schiitzenswerteFamiliesind,von derTell in derhohlenGassegesprochenhatte.In

seinerdialektischenRedegewandtheiteigt TelljetztnocheineSteigerung egeniiberseinem Selbstgesprich.Aber nunmehrhandelt es sich nicht um einen Monolog,sonder trotzTells anfanglichpontifizierendemTonumeinenDialog, in dem die

beidenungleichenManner atsachlich ufeinander 6ren.AmAnfangundam Ende

desMonologssindTell undsein EntschluB inandergleich;am EndedesDialogs

dagegensindbeide, Parricidaund auchTell, wesentlichandereals amAnfang.Geradeweil die Pflicht,die Familie zu schiitzen,ein wesentlicherGrund ur

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GeBlersT6tung war, ist es jetzt in Tells Augen so verwerflich, daB Parricidainnerhalbder eigenen Familie gemordethat:"Ihrhabt den Kaiser / Erschlagen,Euren Ohm und Herm."(3163/64) Scharfund erbarmungslosarbeitetTell den

Gegensatz zwischen sich und Parricidaheraus;er attestiertdem anderen "der

Ehrsuchtblut'ge Schuld"; 3176) er selbst dagegenhat aus "gerechterNotwehr"

(3177) gehandelt, derKinderiebesHauptverteidigt,"3178)"desHerdesHeiligtumbeschiitzt." 3179) SeinedualistischaufgebauteArgumentationst vonungeheurer

Schlagkraftundgipfelt in derBehauptung:"Gericht Hab' ich die heilige Natur,die du/ geschandet Nichts teil ichmit dir- Gemordet Hastdu, ich habmein

Teuerstesverteidigt." 3182-85) Diese vemunftgemiae Erkliarungirdallerdingsvon grol3emPathosbegleitet, etwa wenn Tell Parricidaals vom "Blutetriefend"

(3170) bezeichnetoder voll Abscheu ausruft:"Euchtragt Die Erde noch! Euch

leuchtet noch die Sonne!"(3166/67) Der emotionelle Ton macht verstandlich,wieso Berthel zu dem SchluBkommen kann, "Allerdingsreicht diese mit viel

TheatralikeinhergehendeMa3regelung der Tell-Figur kaum zum Vorteil."45

Andererseitswirktgeradediese Theatralikwennmandocheinmalpsychologische

Kategorienanwendenwill) glaubwiirdiger ls die kiihle Ruhedes Monologs.Die

noch ganz frischeErinnerungan die eigene Tat, die ja - das wird geradedem

schlicht-redlichenTell nicht entgangen sein - bei aller Rechtfertigungeine

Verletzungdes ftinftenGebots st, sowie das ersteBeispieleinerMil3interpretationdurchandereerh6henohneFragedenAdrenalinflu3.

Erst als Tell gewahrwird,daBer Parricidamit seinen hartenWortenan den

Rand des Selbstmordsgetriebenhat,wird sein Blick frei,den anderennicht nurals

Schuldigen,sondemauchals Erbarmungswiirdigenu sehen;und erst als Tell die

Position des iiberlegenenRichtersaufgibt, st es Parricidam6glich, sich von einer

Rechtfertigung einerruchlosenTatzul6sen undUngeduld,Neidund Ehrsucht ls

seinewahrenMotivezubenennen.Dieses Schuldbekenntnisedeutetnichtnurfir

Parricida inen weiteren SchrittzurSelbsterkenntnis,ondembewirktdasgleichebei Tell. Gott ist wieder in seine Gedankeneinbezogen,und Tell fragtin echter

Demut: "Kann ich Euch helfen? Kann's ein Mensch der Siinde?"(3223) In

UberwindungseinerurspriinglichenSelbstgerechtigkeit esteht er: "Ihrseid ein

Mensch- Ich bin es auch- Vom Tell soil keinerungetr6stet cheiden." 3225/

26)46Wenn David B. Richardsmeint, Tells "pharasaical reatment s now as

repellent o himself as ithas been forgenerations f spectators ndreaders,"47ann

ist das im Hinblick auf den ersten Teil des Dialogs nicht ganz von der Hand zu

weisen; jedoch scheint er den Text gegen Schillers Intentionzu lesen, wenn er

behauptet,Tell "has confessed to an equal guilt."48Tell hat sich keineswegs zu

gleicherSchuld,erhat sich zu gleicherMenschlichkeit ekannt.LawrenceO.Frye

bringtTellsneue Positionaufden treffenderenNenner:"Althoughhorror eparatesthem,their humanenessbinds them."49

Hin und wieder wird daranerinnert,daB der moralisch verwerflicheMord

Parricidasmehr zur Befreiungder Schweiz beigetragenhabe, als die moralisch

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akzeptablereTatTells.50Das diirfteauchSchiller,demHistoriker, ichtentgangensein; um so mehr muBte sich Schiller, der Dichter, bemiihen, die "politischeBedencklichkeit,"'aufdie Ifflandhingewiesenhatte,auszuraumen. ieDiskussion

um die Rechtsproblematik es Tyrannenmords ar ein gutes Jahrzehntnachder

Hinrichtung des franzosischen Konigs noch nicht abgeschlossen, und ein

aufinerksamesPublikum konnte durchaus Parallelen entdecken zwischen der

schlechten"Vaterschaft"es6sterreichischenKaisers,derseinemNeffendas Erbe

vorenthielt,und der schlechten "Vaterschaft" es franzbsischenKbnigs, der auf

torichteWeiseverpraB3te,as seinemVolk zustand.ObwohlSchillermanchesvom

grundsatzlichenGedankengutder Franz6sischenRevolution in Wilhelm Telleingeschmolzenhat,verdammte rgeradedieT6tungdesK6nigsmit vehementem

Nachdruck."IchkannseitvierzehnTagenkeine franz6sischeZeitungmehr esen,"schrieber anK6mer,"soekelndieseSchindersknechtemichan."52 s muB hm also

viel daraufangekommenein,denMordan einem egitimenHerrscher eradenicht

zurechtfertigen.Das,wasSchillerhierauszusagen ersucht, cheintmil3verstanden

zusein,wennmanTellamEndedesDialogsals "condoner fregicide"53ezeichnet.

SchillerklagteIfflandgegeniiber,derStoffbringeihn"beinahe urVerzweiflung,denndie historischenElemente seien]rechtzumFluchderPoesiezusammengeweht

worden."54 rhattealso auf die historischnichtbelegteBegegnungzwischen Tellund Parricida erzichtenk6nnen,hattediese sichnichtso besondersgeeignet,eine

"souveraneUnterscheidung wischenMordundMord"zu machen."55

ImMonologgrenztTell sichgegenseinenWidersacher b,imDialog tuter es

gegenjemand,dersich alsGleicheranzubiedem ucht.DadurchkannTell nichtnur

die Totungdes Landvogtsnoch einmalals solche rechtfertigen, ondernaucham

BeispielvonParricidas nredlichenMotivendieRedlichkeit einereigenenerharten.

AuBerdem rm6glichtdie Parricida-Szene, ie sich in drei Schrittenvollziehende

Entwicklung erbeidenMorder uerkennen;iirParricidaomtrotzigenVerteidiger

seinerUntat iberden Lebensmiiden umreuigenBekenner einerSiinde,wodurcheine spatereAbsolutionerst in den Bereich derM6glichkeit tritt;fur Tell vom

strengenRichter iberdenMitleidigenzumHelfenden,der durchseine tr6stenden

Worte den Heilungsprozel3n Gangsetzt. Tells Anderung eines Verhaltensvom

erstenzum letztenAktistaul3erdemine Variation ufeines derwichtigenThemen

in WilhelmTell,die Abl6sungderVaterordnung urcheine Briiderordnung.56u

Beginn des Stiickes setzt Tell Baumgarten ast wie ein unmiindigesKind in den

Kahn und rudert hn in Sicherheit;am Ende zeigt er Parricida n menschlich-

christlicherBriiderlickeitdenWeg, sich selbstzu retten.

EineVerbindung wischenderParricida-SzenenddemdeutschenWiderstand

aufzuzeigen, ist insofer problematisch,als Hitler, ebenso wie der Kaiser in

WilhelmTell,derrechtmaiig gewahlteersteMann m Staatwar,dem die Attentater

ihren Offizierseidgeschworenhatten.Aber in Schillers Stuckdrehtes sichja um

ethische,nichtumjuristischeodermilitarischeFragen.Die Rechtfertigung ines

Tyrannenmordes, ie hier durchreflektiert ird,hangtnicht vom Autoritiitsniveau

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desOpfersab,sondemvonderQualitatderMotive. TatsachlichwarderhistorischeKaisereine weniger positive Figurals bei Schiller;sein Verlangen,die Schweiz

wegenderPassenachItalienunter eineOberhohheitu stellenunddasrechtswidrigeVorenthalten esParricida-ErbesindeinBeweis furseinriicksichtslosesBestreben,die eigene Hausmachtzu vergroBem.Aber in WilhelmTell ist es GeBlerund

(abgesehen von marginalen Andeutungen) nicht der Kaiser, der das

menschenfeindlicheystemreprasentiert.nterdiesemGesichtspunkterschwinden

die Unterschiede.Claus Graf von Stauffenberg,der personlichdas mislungeneAttentatauf Hitlerdurchfiihrte nddafiirmit seinem Lebenbezahlte,sagte nach

langemundsorgfaltigemAbwagen:"WirhabenunsvorGottundunseremGewissengepriift,es muBgeschehen,denndieserMann st das B6se an sich."57Schillerhitte

es nicht treffender ormulierenk6nnen.

Wahrend der Monolog und die Parricida-Szenevon der Kritik meist als

wichtige Glieder in Schillers Argumentationskette rkanntwerden, spielt die

AblegungderArmbrust ine erstaunlich eringeRolle in derTell-Diskussion.Die

beiden grol3en Gesprache haben jeweils den etwa fiinffachen Umfang und

iiberstrahlendie kleine Szene der HeimkehrauBerdemdurch hrenrhetorischen

Glanz und ihr Pathos; und doch wird gerade hier am unauffalligen Ort der

enthiillendsteEinblick n die tragischeDignitatdes TellschenCharakters ewahrt,um die es Schillerso sehrzu tun war.

Der aul3ere Rahmen tauscht eine Riickkehr in die Idylle vor. Die

Biihnenanweisungbesagt:"Tells Hausflur.Ein Feuer brenntauf dem Herd. Die

offenstehendeTiir zeigt ins Freie. Hedwig. Walter und Wilhelm."(vor 3088)

Stichwortartigst das angegeben,wofiirTell den Mordan GeBlerbegangenhat:

Familie, Heim und Herd. Aber durchdie offene Tiir wird auch wieder an die

Erweiterungdes intimsten Kreises erinnert,auf die schon friiherhingewiesenwordenwar.MancheKritiker chlieBenausdiesemauBerlich nveranderten rtauf

einen auch innerlichunveranderten, der zumindest n seinen altenZustandderNaivitatzuriickkehrenden ell. Benno von Wiese sprichtdavon,daBTell "in eine

tragischeBrandung ineingerat nd rotzallerGefahrdungmEndeunversehrt..aus

ihrhervorgeht";58 artinimeint,Tell konne"ineineunverstbrteHarmoniemit sich

und den Seinenzuriickkehren"59;uch Kaiser kommt zu dem SchluB,Tell bleibe

"bei entschiedenerWeiterungdes BewuBtseinsnaiv,...jenseitsdes Konflikts."60

Tells liebevolles Verhaltniszu Frauund Kindem ist offensichtlichungebrochen,aber das endgiiltigeAblegen der Waffe sollte doch wohl nicht nur fur ihn, den

vormaligen agerundMeisterschiitzen,ondemauch urseineFamilieweitreichende

Konsequenzenhaben.FurTell dientdieArmbrust ls einwichtigesDingsymbol;mit Ausnahme ines

einzigenkurzenGesprachswirdfiirjedenAuftrittbis zu diesemPunktausdriicklich

in den Biihnenanweisungenbetont, daB Tell mit der Armbrusterscheint;der

ApfelschuB nddieTotungGeBlerswarenohnedie Armbrust nd hreungew6hnlichsichereHandhabung arnichtmoglich gewesen. ImMonolog sprichtTell mit der

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Armbrustwie mit eineminnigenFreund; einer Fraugegeniiberbezeichneter siesogarals Teil seiner selbst: "Mir ehlt derArm,wenn mir die Waffe fehlt." 1535)Selbstseine S6hnespielen autRegieanweisung"miteinerkleinenArmbrust."vor

1466)DadieArmbrust or dem Mordalsso wesentlicherBestandteilderTellschen

Existenzeingefuhrtworden st,muBes auffallen,da13ie nach dem Mordfehlt. Der

kleine Wilhelmerfal3t ies sofort:"WohastdudeineArmbrust,Vater? Ich sehsie

nicht." 3137/38) TellsAntwortdeutetaufeine Veranderung in,derenBedeutungnicht starkgenugbetontwerdenkann:"Du wirstsie nie mehrsehn. / An heil'gerStitte ist sie aufbewahrt, sie wirdhinfortzu keinerJagdmehrdienen." 3138/40)

Es ist erstaufdiese Ankiindigunghin und nichteher,daBHedwig"O Tell! Tell!"(3141)ausruft nd autBiihnenanweisungeineHand oslaBt ndvon ihmzuriicktritt.

(vor3142)Martinimeint,daB s derMord st, der"fir einenAugenblick elbst seine

Gattinundgeradesie vor ihm zuriickschrecken1i3t."61ber die Tatsache,daBsie

jetztundnichtfriiher or ihmzuriichschaudert,egtnahe,daB ie damitnichtauf den

Mordreagiert.Kurzvor seinerHeimkehrhattesie nochfrohlockt:Heutkommtder

Vater.Kinder, iebeKinder! Er ebt,ist freiundwirsindfrei und alles! / Und euer

Vater st's,der'sLandgerettet." 3088/90)Als Telleintritt,"zittert ie fir Schrecken

undfir Freude,"3130) aberoffenbarnichtaus SchreckeniberdieTbtungGeB3lers,

sondern iiber die Gefahren,die ihr Mann iiberstandenhat, denn im nachstenMomenthangt ielautRegieanweisung an einemHalse" vor3133)undversichert,"OTell! Tell! WelcheAngst litt ich um dich!"(3133) Es kommtalso alles auf die

in den Regieanweisungen sorgfaltig festgelegte Zeitenfolge und Hedwigs

Korpersprache n,umihreWorteangemessen uinterpretieren. edwigsieht hren

Mann- wie alle anderen als Retterseines Landes.IhreBetroffenheit st also

nichtaufdieT6tungdesLandvogts uriickzufiihren,onder aufdieKonsequenzen,die ihr Mann darausgezogen hat."Wie", ragtsie, "wie kommstdu mir wieder?"

(3143) Diese Frageallein deutetschondaraufhin,daBes sich bei Tell nichtnurum

eine BewuBtseins-Erweiterung, ie Kaisermeint,sondem um eine Bewul3tseins-Anderunghandelt.

Die Widerspriichlichkeit ieserSzene a1Bt ich nicht leugnen.Einerseitshat

Tell die existenziell einschneidendeEntscheidung getroffen, sich von seiner

Armbrust utrennen; ndererseits ntwortet r "herzlichundmutig" vor 3144), er

habe das Land gerettet.Die entsetzlicheDiskrepanzzwischen dem, was nach

christlich-ethischen esichtspunktenir dieLebensfihrung inesEinzelnenbindend

ist,unddem,was inVerletzungchristlicherMoralzum Wohl desgro63eren anzen

notig sein kann,wirdhier ohne dramatischeFanfarensto3e erdeutlicht; on einer

"unversehrten"der"unverst6rten" eimkehrn dieHarmonie ollte also nichtdieRede sein.Die Erarbeitunginerneuen,allerdingsnichtmehrungebrochen aiven

Harmonie st aberaufgrundderHeimkehr-Szene orstellbar,und einen Schritt n

diese Richtungk6nntemanim SchluBtableauusmachen:Die anderen eiem Tell

als ihrenFreiheitshelden, r hindert ie nichtdaran,hiilltsich aberdennoch selbst

in Schweigen. Dies erinnerteher an den Tell, der sich in aller Stille von seiner

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Armbrust etrennthat,als an dengroBartigen edner nMonologundDialog. Hierzeigtsich,daB s nichtunbedingt inerTrag6diebedarf,umdietragischeDimension

eines Charakters nzudeuten;welcherPreis furdie heldenhafte"Untat" on Tell

personlichzu zahlen ist, liegt allerdings enseits des Stiickes.Man mag sich an

SchillersDiktumaus seiner"Ibykus"-Diskussionmit Goetheerinner; dieserhatte

fureinekleineErklarung essen,was spaterpassierenwiirde,pladiert;Schilleraber

meinte, das habeer "mit FleiBnicht umstindlicherdarstellen"wollen, denn "das

andere[sei] nichtsmehrfurdenPoeten."62

WilhelmTellkannauf einerhoffnungsvollenNote enden,weil Tells Tatden

Schweizem als StartschuB u weiteren Befreiungsaktendiente. Ein ahnlichesZusammenfassen llerEnergienzumgemeinsamenZweck bliebdem Attentatam

20. JuliauseinerReihe von Umstandenversagt.Nicht derErfolgalso, sonder die

AuradespersonlichTragischenstes,was denerfolgreichenTell unddieerfolglosenAttentatermiteinandererbindet.Alles,was Tellauszeichnet,einGewissenskampf,sein EntschluB,das Notwendige im Alleingang durchzufuhren, ber auch das

Gefihl des trotzallerRechtfertigungUnrechtlichen piegelt sich im Brief eines

jungerenOffizierswieder,der die tragischeKomponente m Kampfgegen Hitler

erkannthatte:

Das Einzigartigeund,um ein oftmi3brauchtesWort n seinemstrengenSinne

anzuwenden,das TragischeihrerLage bestanddarin,daB ein Ausweg nur

m6glich erschien,wennsie selbstdurcheinenAkt der Gewaltdas Odiumdes

Eid-, Treu-undRechtsbruches uf sich nahmen....[Sie]nahmenals Einzelne

fir die Allgemeinheiteine Tataufsich,die in ihrerAnfechtbarkeit, berauch

in ihrerunausweichlichenNotwendigkeitihnen klarvor Augen stand.Wie

schwerderDoppelcharaktererTataufihnengelastethat,zeigtdasletzteWort

desGeneralmajorson Tresckowvondem"Kainsmal," as alletriigen,die mit

ihmzusammengearbeitet atten.63

Tell hat zwar mit niemandemzusammengearbeitet, ber auch er fiihlt sich

offenbarvon einer Art "Kainsmal"gezeichnet; so ist am ehesten der religi6seUntertonzu verstehen,wenn er erklirt,seine Armbrust ei nunmehr"Anheil'ger

Statte...aufbewahrt."3139)ImFriihling1789wurdeSchillerbereitsvon seinerspiiterenFrauauf den Tell-

Stoffaufmerksam emacht;abererfuhltesichnichtangezogenundantwortete:"ch

danke dem Himmel, daB ich unter Menschen lebe, die einer so groBen

Handlung...nicht ahig sind. Ohnedas, was die Franzosenferocitenennen,kann

man einen solchen Heldenmuthnicht iuBem.r"64 otte wollte aber nichts von

ferocite h6renundbetonte,daBes sich um "eineganzreiflichiiberwogene hat"65

gehandelthabeunddaBhrSchweizerHeld"esnichtuniiberlegterweise hat."66 ls

Schillerdannnach ast infzehnweiteren ahren nLebens-undGeschichtserfahrung

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dochandieAusarbeitung

es WilhelmTellging,

scheinen eineeigeneurspriinglicheReaktion und diejenige, die seine Frau reprasentierte, inanderiiberlagertzu

haben.67Er hatteoffensichtlicheingesehen,daBMenschenin Umstandegeratenkonnen,wo reiflicherwogeneferocitedereinzigeAuswegist undwarsichiiberden

Doppelcharakter er Tellschen Tatund der ChanceeinerMiBdeutung 6llig imklaren.KarlAugustBottigerberichtet,Schillerhabe nGesellschaftnachdriicklich

erklirt, es sei sein Anliegen, "dem boslich angefochtenenSchattenTells dieriihmlichste Ehrenerklarung, das wohlgefalligste Siihn- und Totenopferdarzubringen.68

Schillererreichtdasnicht, indemer die TotungGeBlersals etwas historischnicht zu Leugnendes,aberdie IdylledocherheblichStorendesandenRanddriickt,

wie mancheKritiker s in falschverstandenemWohlwollen un.Er stvielmehrzur

Rechtfertigungdes Tyrannenmordes ineinem strengbestimmtenFall"69bereit,erfindet edoch als GegengewichteinelapidareGeste derSiihne,die derIdeenachin gleicherWeise ins Mittelalter,n die Schillerzeitoderins 20. Jahrhundertal3t.Auf ein paradiesischschuldfreiesLebenk6nnenwir, so zeigt Schillers Wilhelm

Tell,nichtmehrrechnen.WenigeTagevor seinerHinrichtung agteClausGrafvon

Stauffenberg u seinerFrau,die kurzdarauf hrfiinftesKind in Sippenhaftgebar:

"Derjenigeallerdings,deretwaszutunwagt,mu3sichbewuBt ein,daBerwohl alsVerrater n die deutsche Geschichteeingehenwird. UnterlaBt rjedoch die Tat,dannwareereinVerrater orseinemeigenenGewissen."70DerlegendareWilhelm

Tell hatte mehrGliick als die deutschenWiderstandskimpfer; erAufstandwar

erfolgreichund er avanciertezum SchweizerNationalhelden.Schiller war aber

nicht darangelegen, ein weiteresFestspielzu schaffen;er hinterfragteden "Fall

Tell" und kam zu dem Schlu3:Unser RechtaufWiderstandkann sich zurPflichtzum Widerstand erfestigen,aberohne die Bereitschaft, inenpersonlichenPreis

fiirdie unvermeidlicherocite zu zahlen, ist so ein Widerstand thisch nicht zu

rechtfertigen.

'IringFetscher, Philister, erroristderReaktionar?chillers Tell'und seinelinken

Kritiker,"LiteraturundKritik,rsg.Walter ensStuttgart:eutsche erlagsanstalt,980),219.

2Vgl. den Geheimbefehlvom 12. 12. 1941, zitiert in Erlduterungenund Dokumente.

Friedrich Schiller. WilhelmTell. Reclam-Universalbibliothek 102. (Stuttgart:Reclam,1969; rganzt 979),106,undPeterHoffmann,WiderstandegenHitler Miinchen:iper,1979), 18.

3ZumdeutschenWiderstand . PeterHoffmann,Widerstand, taatsstreich,Attentat.Der

KampfderOppositionegenHitlerMiinchen:iper, 969),ders.WiderstandegenHitler(Miinchen:Piper, 1979),AnnedoreLeber,Das Gewissen tehtauf(Berlin:MosaikVerlag,1954),DorotheevonMeding,MitdemMutdesHerzens.Die Frauendes 20.Juli (Miinchen,Goldmann,1992).4FritzMartini,"WilhelmTell, derasthetischeStaatundderasthetischeMensch,"Schiller:ZurTheorieundPraxisderDramen,Hrsg.KlausBerghahn ndReinholdGrimmDarmstadt:WissenschaftlicheBuchgesellschaft, 1972),368.

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5Unter twa40 konsultiertenArbeitenzumvorliegenden

Thema stFetscherdereinzige,

der

diesemAspektkurzAufmerksamkeitchenkt;aberer betont ediglich,daBseinesWissens

keinerderWiderstandskiimpferichzurLegitimierung ufTell berufenhabe;Fetscher,233.

Borchmeyerbehauptet war,"ZumalHitlerhatte alienGrund,das Dramades Widerstands

zufiirchten,"uhrtdiesenPunktabernichtniheraus.DieterBorchmeyer,"Umeinenanderen

Wilhelm Tell fir die Schulebittend,"Der Deutschunterricht 5. 1 (1983): 80.

6"IfflandsBemerkungenundSchillersGegenbemerkungen," eclam UB 8102. 93.

7ibid.,93.

8Martini, 97.

9GertSautermeister,dyllikundDramatikimWerkFriedrich chillers:Zumgeschichtlichen

Ort seiner klassischenDramen(Stuttgart:Kohlhammer,1971), 146.'Reclam UB 8102. 92.

"ibid.,91.

'2Vgl.GerhardStorz,DerDichterFriedrichSchiller(Stuttgart:Klett, 1959;3. Aufl. 1963),419.

13Josephreiherr onEichendorff,Literarhistorische chriften Stuttgart:Cotta,1958),595.

ReclamUB 8102. 95.

'4EmilStaiger,Friedrich Schiller(Zurich:Atlantis,1967), 385.

'5ibid.,386.

'Reclam UB 8102. 95.

'7LesleySharpe,Schillerand the HistoricalCharacter:PresentationandInterpretationnthe Historiographical Worksand in the Historical Dramas (Oxford:OxfordUniversity

Press, 1982), 151.

'8ibid.,155.

'9ibid.,156.

20Gerhard aiser, VonArkadiennach Elysium:Schiller Studien(G6ttingen:Vandenhoek

undRuprecht,1978), 192.

21Walter inderer, Jenseits onEden:Zu SchillersWilhelmTell".Geschichte lsSchauspiel:Deutsche Geschichtsdramen:nterpretationen,Hrsg.WalterHinck(Frankfurt: uhrkamp,

1981), 135. Es sei auBerdemdaranerinnert,daB Schiller bereits im Verbrecheraus

verlorenerEhre zu einer ihnlich "unrealistischen" rtikulierungn einemstofflichh6chst"realistischen"Rahmengegriffenhatte.

22Vgl.Hans-Giinther halheim,"Notwendigkeit ndRechtlichkeit erSelbsthilfe nSchillers

'WilhelmTell'," GoetheJahrbuchNF (1956): 216-57.

23Vgl.DieterBorchmeyer, AltesRechtundRevolution. chillers WilhelmTell',"Friedrich

Schiller:Kunst,HumanitdtundPolitikin erspdtenAuJkldrung,rsg.WolfgangWittkowski

(Stuttgart:Niemeyer, 1982) und ders. "Um einen anderenWilhelm Tell fir die Schule

bittend,"Der Deutschunterricht 5.1 (1983).24GertSautermeister,152. Von "confusedthoughts",wie bei Sharpe(s. S.151) kann in

SautermeistersBeurteilungkeine Rede sein.

"GertUeding, "Wilhelm Tell". Schillers Dramen: Neue Interpretationen,Hrsg. WalterHinderer Stuttgart:Reclam, 1979),285.

26MaxFrisch,"WilhelmTell fir die Schule,"Schweizals Heimat?(Frankfurt: uhrkamp,

1990), 362.

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27Friedrich chiller, Sdmtliche Werke I (Miinchen:Winkler, 1983); FriedrichSchiller,WilhelmTell(Stuttgart:ReclamUniversalbibliothek 2, 1986);dieserBandhat denVorteil,die Zeilen durchzunummerieren.ortanZeilen in () innerhalbdes Textes.

28Helmut oopmann,FriedrichSchillerII: 1794-1805(Stuttgart:Metzler,M 51, 1966),76.

29Fetscher,34.

30FrankG. Ryder, "Schillers Tell and the Cause of Freedom",The GermanQuarterly

XLVIII.4(1975):501.

3'F.J. Lamport,"TheSilence of WilhelmTell",TheModernReview 76.4 (1981): 865.

32ReclamUB 8102. 93.

33Hoffmann,Widerstand, taatsstreich,9.

34ibid.,11.

35ibid., 42;DaBdasenormeRisikoeinerethischverantwortungsvollen andlung ealistisch

eingeschatztwurde, zeigt die Bemerkungvon DonataHelmrich,einer Muttervon vier

Kindem,die im Widerstand erwickeltwar;sie erklarte: UnsereKinderhabenbesser tote

als feige Eltern;" itiertnachThomasKleine-BrockhoffundDirkKurbjuweit, Dieanderen

Schindlers,"Die Zeit1.April1994;vonMedingzeichnetden Widerstandn einerReihevon

Interviewsaus der SichtderbetroffenenFrauenund Kindernach.

36DerNationalsozialismus.okumente 933-1945,Hrsg.WaltherHofer Frankfurt:ischer,

1957), 325.

37Der riihereBiirgermeister

onLeipzig

Dr.CarlFriedrichGoerdeler,

deralsReichskanzler

einerm6glichenNachfolge-Regierungorgesehenwar,befiirwortetetetsnureineVerhaftung,keine TotungHitlers;auch von Moltke,vonHaeften,Steltzer,u.a. sahendie TotungHitlers

nicht alsVoraussetzungir einenUmsturzan;Vgl. Hoffmann,WiderstandgegenHitler45.

38Klaus erthel,"ImSpiegelderUtopie: 'WilhelmTell',"Schiller.Das dramatischeWerk

inEinzelinterpretationen, rsg.Hans-DietrichDahnkeundBerndLeistnerLeipzig:Reclam,

1982), 260.

3Berthel,262.

40Storz, 21.

4'Vgl. Sharpe,159.

42ReclamUB 8102, 92.43ibid., 3.

44ibid., 3.

45Berthel,62.

46Es st interessant,dabfich die Anredeformn Analogiezu dendrei Phasendes Gesprachs

andert;als Tell den Fremdenerkennt, edet er ihn mit Ihran;in seinerPhilippika, n derer

ihnwie ein b6sesKindschilt,verfallter nsDu;sobalder hnals"Menschen" nerkennt, ehrt

er zum h6flichen Ihr zuriick.

47DavidB. Richards,"Tellin the Dock:ForensicRhetoric n theMonologueand Parricida-

Scene in WilhelmTell,"TheGermanQuarterlyXLVIII.4(1975): 483.

48ibid. 84.49LawrenceO. Frye, "Schiller,Jugglerof Freedoms n WilhelmTell,"Monatshefte.76. 1

(1984): 76.

50S.JeffreyL. Sammons,"TheApple-Shotand the Politics of WilhelmTell,"Friedrich von

SchillerandtheDramaofHumanExistence,ed. Alexej Ugrinsky(New York: Greenwood

Press, 1985), 84.

51ReclamUB 8102. 91.

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52Friedrichchiller,Briefe,Hrsg.ReinhardBuchwald(Leipzig:InselVerlag, o.J.), 318.53Richards,72.

54Dichteruber ihre Dichtungen: Friedrich Schiller II, Hrsg. Bodo Lecke (Munchen:

Heimeran,o.J.),497.

55Sautenneister,64.

56Borchmeyerdersichu.a. aufGerhardKaiserund PeterMichelsenberuft),"AltesRecht",102 ff.

57Leber,28.

58Benno on Wiese, Schiller(Stuttgart:Metzler,1957),770.

59Martini,05.

60Kaiser,15.61Martini,04.

62JohannWolfgang Goethe, Gedenkausgabeder Werke,Briefe und Gesprdche,Bd 20,

BriefwechselmitFriedrichSchiller(Zurich:Artemis,1964),416.

63Hofer, 57.

64Briefwechselwischen Schiller und Lotte 1788-1805, Hrsg. Wilhelm Fielitz (Stuttgart:Cotta,o.J.), 231.

65ibid., 33.

66ibid., 33.

67Esk6nnte sein, daBGoethe sich im Gesprachmit Eckermannam 16. 3. 1831 auf die

KenntnisdieserZusammenhangeezog.Eckermann atte ichnegativ iberdieRechtfertigungTellsinderParricida-Szeneusgesprochen ndGoethestimmte hm autEckermann u:"'Es

ist kaumbegreiflich,'sagteGoethe, allein SchillerwardemEinfluB3onFrauenunterworfen

wie andereauch;undwenn erindiesemFallso fehlenkonnte,sogeschahesmehraus solchen

Einwirkungen ls aus seinereigenengutenNatur.'"Es ist mit Sicherheitanzunehmen,daB

Eckermann ich in diesem Zusammenhang icht iiberdie M6glichkeiteines spezifischenEinflusses von einer (namlich Schillers eigener) Frau klar war. Ob Goethe sich daran

erinnerte,muBoffenbleiben.In:Goethe,Gedenkausgabe er Werke,BriefeundGesprdche,Bd 24. (Ziirichund Miinchen:Artemis,3. Aufl. 1976),480.

68DichteriberDichtungen,516.

69ReclamUB 8102. 93.

7"Hoffmann,Widerstand,Staatsstreich, 42.

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